SPD will verkehrspolitisches Profil schärfen

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SPD will verkehrspolitisches Profil schärfen
Politik + Wirtschaft Bericht aus Berlin
SPD will verkehrspolitisches
Profil schärfen
Dialogpapier vorgestellt: Mit
mehr Bürgerbeteiligung und
schnelleren Planungsverfahren
will die SPD neue Wege in der
Infrastrukturpolitik gehen.
SPD-Fraktion
M
„Mehr Beteiligung steht
nicht im Widerspruch zum
wirtschaftlichen Interesse“
Sören Bartol,
verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
nicht im Widerspruch zu kurzen Planungsund Bauzeiten stehen, heißt es dort. Die
nach der deutschen Einheit vom Bundestag
mit Zustimmung der SPD und gegen Bündnis 90/Die Grünen verabschiedeten Beschleunigungsgesetze mit zum Teil deutlich
verkürzten Einspruchsrechten werden in
dem Papier nicht infrage gestellt.
Im Gespräch mit Bürgerinitiativen und der
Verwaltung soll ausgelotet werden, wie betroffene Anwohner früher und wirkungs-
Große Infrastrukturprojekte
stoßen in der Bevölkerung
oftmals auf Kritik
16 44/2011 VerkehrsRundschau
Imago/Euroluftbild
it Blick auf die Bundestagswahl
2013 versucht die SPD, ihr Profil
als Infrastrukturpartei zu schärfen, die die Notwendigkeit entsprechender
Projekte im Verkehrs- und Netzbereich
anerkennt und gleichzeitig die frühzeitige
Mitsprache betroffener Bürger sicherstellen will. Führende Verkehrspolitiker der
SPD-Bundestagsfraktion haben ein Dialogpapier der Projektgruppe „Infrastrukturkonsens“ vorgestellt, das in der Partei
aber auch mit Bürgerinitiativen diskutiert
werden soll.
Die Verkehrspolitiker der SPD-Fraktion
suchen jetzt die Offensive, zumal entsprechende Initiativen der Koalitionsfraktionen
noch auf sich warten lassen. „Wir arbeiten
an einem neuen gesellschaftlichen Konsens
für eine moderne Infrastruktur“, betonte
der neue verkehrspolitische Sprecher der
Fraktion, Sören Bartol. In dem 23-seitigen
Papier wird vorgeschlagen, die Öffentlichkeit in jeder Phase, also bereits im Raumordnungsverfahren, ausführlich über den
Stand der Planung zu informieren. Eine
umfassende Beteiligung der Bürger müsse
voller in die Planung einbezogen werden
können. Konflikte sollen nach Ansicht der
SPD mittels eines externen Mediators gelöst
werden. Dabei müsse geklärt werden, wie
verbindlich das Mediationsverfahren für
die anschließende, rechtlich verbindliche
Planungsphase sein soll. Der Bürger müsse
bereits im Raumordnungs- und nicht erst
im Planfeststellungsverfahren gehört werden, forderte der SPD-Verkehrspolitiker
Hans-Joachim Hacker. Dem ergebnisoffenen Raumordnungsverfahren könnte ein
öffentlicher „Vorerörterungstermin“ vorausgehen. Den Umweltverbänden wird
neben den Bürgern und der Verwaltung
eine „Schlüsselposition“ zuerkannt.
Frühzeitige Bürgerbeteiligung
Fraktionsvize Florian Pronold verwies auf
die massiven Proteste gegen den neuen Berliner Hauptstadtflughafen und sprach von
einem unauflösbaren Konflikt zwischen den
unmittelbaren Anwohnern und der übrigen
Bevölkerung. Eine frühzeitigere Bürgerbeteiligung könne dazu beitragen, die während
der Planungsphase großer Bauvorhaben
immer häufiger auftretenden Konflikte zwischen Bürgern und Staat zu entschärfen, gab
Bartol zu bedenken. Dies gelte für die Linienführung einer Bundesstraße ebenso wie
für Stromtrassen. In dem Papier wird davon
ausgegangen, dass eine verstärkte Bürgerbeteiligung die Projekte verteuert.
Die SPD-Verkehrspolitiker widersprachen
der Ansicht, mehr Bürgerbeteiligung verzögere die ohnehin schon langen Planungs- und Bauzeiten im Straßenverkehr
weiter. Nur eine breite Akzeptanz der Vorhaben sichere deren rasche Umsetzung,
hieß es mit Blick auf die Proteste gegen
„Stuttgart 21“. Ausdrücklich einbezogen in
die Überlegungen für eine bessere Bürgerbeteiligung werden auch plebiszitäre Elemente wie Volksentscheide auf Bundeseb­
ene. So wird zur Diskussion gestellt, ob die
Bürger über die Bundesverkehrswegeplanung und das Verkehrskonzept Deutsch❙❚■
lands abstimmen sollen. Jörg Kürschner,
VR-Korrespondent in Berlin