Loin du 16 ème
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Loin du 16 ème
Otto-Michael Blume (Gerresheimer Str. 23, 40721 Hilden) [email protected] „Loin du 16ième“ – kompetenzorientiertes Arbeiten mit der Episode aus „Paris, je t’aime“ zu Beginn des 2. Lernjahres (3. FS/A2) Vorspann “Filme in der Spracherwerbsphase, das geht nicht!“ Diese längst überholte Fehleinschätzung möchte dieser kleine Beitrag endgültig aus der Welt räumen. Seit « Paris, je t’aime » erschienen und in einer rechtlich unbedenklichen Vorführversion erhältlich ist1, gibt es keine Gründe mehr, auch in den ersten Jahren des Sprachlehrgangs mit motivierenden Filmszenen zu arbeiten. Die Episoden dieses Films eignen sich in den meisten Fällen weniger für die jungen Schülerinnen und Schüler, die in Klasse 5, 6 oder 7 mit Französisch als zweiter Fremdsprache einsteigen, sondern eher für die, die in 8/9 oder zu Beginn der S II die Sprache neu erlernen. Erprobt wurde die kleine, in der Folge vorgestellte Sequenz in einem Grundkurs des neu beginnenden Französischunterrichts im Kontext von Leçon 9 des alten « Découvertes, Cours Intensif 1 » von Klett2. Der Inhalt der Episode « Loin du 16ième » erzählt von Ana, einer jungen, ursprünglich wohl hispanophonen Mutter, die in einer der vielen gesichtslosen Hochhaussiedlungen der Pariser banlieue lebt und morgens, bevor sie zur Arbeit fährt, ihr wenige Wochen altes Baby in einer Krippe für Kleinstkinder abgibt. Sie selbst macht sich danach auf den Weg zu ihrer Arbeitsstätte im fernen 16. Arrondissement der Hauptstadt, wo sie in der schönen und repräsentativen Altbauwohnung einer berufstätigen Dame deren ebenfalls sehr kleines Baby während ihrer beruflich bedingten Abwesenheit behütet. Sachanalytische Überlegungen Die Episode (wie alle Episoden von Paris je t’aime umfasst auch diese insgesamt rund 5 Minuten), die ohne jede Filmmusik unterlegt ist, besteht aus drei Teilen. Zunächst (1:40 Minuten) sieht der Zuschauer, wie Ana nach dem Wachwerden in aller Frühe ihr Kind in die Krippe bringt. Da es bei ihrem Weggehen zu weinen beginnt, singt sie ihm ein spanisches Kinderlied vor, das dem Baby offensichtlich bekannt ist, ihm Freude bereitet und es beruhigt. Dieses Lied ist der einzige Hinweis auf die spanische oder eher wohl lateinamerikanische Herkunft der jungen Mutter. In dem nun beginnenden Mittelteil (1:16 Minuten) – Dehnung der Erzählzeit, um dem Zuschauer einen Eindruck von der Länge des zurück- zulegenden Weges zu vermitteln – sehen wir, wie Ana mit verschiedenen Transportmitteln (Bus, RER, Metrozüge) aus der banlieue ins ferne 16. Arrondissement reist. Während der gesamten Fahrzeit wird kein Wort gesprochen. Man hört nur die typischen Geräusche der Transportmittel während der Fahrt und die in Bahnhöfen bzw. auf Bahnsteigen. Mit der Ankunft im 16. beginnt der Schlussteil (2:00 Minuten). Ana und ihre Arbeitgeberin sprechen sich in zwei, drei Sätzen organisatorisch ab, bevor letztere die Wohnung verlässt. Danach muss Ana zu deren weinenden Baby, das sie mit dem gleichen Lied wie am Morgen bei ihrem eigenen Kind erfolgreich beruhigt, wobei sie nachdenklich, melancholisch aus dem Fenster schaut. Didaktisch-methodische Schlussfolgerungen Die Machart dieser Episode – kaum Dialoge, keine Musik außer dem zweimal zu hörenden Kinderlied, viele Geräusche – legt eine erste Präsentation der Szene ohne Bild nahe. Die Schüler werden entsprechend der TPS-Methode3 in Vierergruppen aufgeteilt und mit einem Placemat4 (fdt1) versorgt. Folgende consignes sind zu beachten: Ecoutez toute la scène sans prendre de notes. Dans une phase d‘un silence absolu, notez ensuite, chacun pour soi, sur votre secteur de la fiche de travail, tous les bruits que vous venez d‘entendre. Si vous ne savez pas le mot français, écrivez le mot allemand. Ensuite, en groupe, expliquez les mots inconnus des autres ou trouvez leur signification dans le dictionnaire. Puis comparez les quatre résultats individuels, discutez-les en français et notez, au milieu de la fiche de travail, le résultat du groupe. Nach dieser ersten Phase, die der Förderung des durch die Stillarbeit vorbereiteten dialogischen Sprechens im geschützten Raum dient und auf dem Niveau A 2 natürlich noch nicht vollständig in der Zielsprache verläuft (eine kleine Vokabelhilfe für alle Schüler kann das Sprechen in der Zielsprache allerdings unterstützen, s. doc. 1), werden die Gruppenergebnisse kurz im Plenum verglichen. Dann bekommt die Lerngruppe folgenden Auftrag: En partant des bruits, imaginez l‘histoire qui y correspond. Parlez-en dans vos groupes. Es geht darum, die Klangbilder, die bei allen Schülern automatisch aus der Aneinanderreihung der Geräusche entstanden sind, zu einer weiteren Förderung des Sprechens zu nutzen, indem sie versuchen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten diese auditiv gewonnenen Eindrücke in der Gruppe auszudrücken. Auch hier wird eine Vokabelhilfe auf kleinen Zetteln vorbereitet, die die Möglichkeit eröffnet, entweder die eigenen Bilder in der Ich-Form zu formulieren (Je vois…) oder aus der Metaperspektive die Eindrücke zusammenzufassen (doc. 2). Diese hypothetischen Geschichten, die sich ausschließlich aus der Kenntnis der Tonspur ergeben, können, müssen aber nicht im Plenum vorgestellt und besprochen werden. Anschließend sehen die Schüler die Episode mit Klang und Bild. Um die Eindrücke zu ordnen und zu vertiefen (Förderung des Sehverstehens), erhalten sie anhand eines Arbeitsblattes mit Standbildern aus der Szene die nächsten Arbeitsaufträge, die wieder in den Vierergruppen bearbeitet werden: 1. Mettez les photos dans l’ordre qui convient. (fdt. 2) 2. Sur la base des photos, racontez l’histoire du film. 3. Cherchez un titre pour l’épisode. Die anschließende Diskussion der verschiedenen Titelvorschläge könnte im fortgeführten Grundkurs sicherlich eine sehr ergiebige Phase sein, während sie in einem solchen Anfängerkurs nur elementar in der Zielsprache abläuft. Die Eingabe und Analyse des wirklichen Titels Loin du 16ème macht nur mit Zusatzinformationen zum 16. Arrondissement Sinn, die entweder in einer vorbereitenden Phase bereits erarbeitet wurden oder jetzt ad hoc von der Lehrkraft bereit gestellt werden. Bis hierhin sind alle vorgestellten Arbeitsschritte problemlos in einer Doppelstunde durchführbar. Die Überlegungen zu dem Titel eignen sich als Hausaufgabe für die nächste Stunde. In der Folgestunde (Einzelstunde) wird in einer Plenumsphase auf der Basis der Hausaufgabe inhaltlich und sprachlich an der Distanz zwischen den beiden Lebenswelten gearbeitet, wobei deutlich wird, dass es bei aller Unterschiedlichkeit auch Überschneidungen gibt (s. doc. 3). Da diese Episode aus Paris, je t’aime vor allem Ana und ihr Schicksal thematisiert, wird am Ende der kurzen Sequenz, wiederum in einer Hausaufgabe, eines der letzten Bilder als Impuls für eine kreative Ausweitung vor dem Hintergrund der Förderung der Schreibkompetenz gegeben (fdt. 3): Que pense Ana à ce moment-là ? Ecrivez un monologue intérieur. Nach den gemachten Erfahrungen ist erstaunlich, wie stark die Schüler von dem kurzen Film beeindruckt sind und wie intensiv sie versuchen, sich in Ana hineinzuversetzen. Der Episode gelingt es somit, die Distanz zwischen Paris und den Vorstädten eindrucksvoll zu verdeutlichen, ohne dass Autos brennen und Menschen miteinander kämpfen, und zugleich die Empathiefähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler zu stärken. 1 Der Film kann bei Lingua Video als Vorführversion für 45 € bestellt werden 2 Gérard Alamargot u.a.: Découvertes, Cours intensif I, Stuttgart: Klett 1997 Norm Green/Kathy Green: Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium. Das Trainingsbuch. Seelze-Velber: Kallmeyer 2005, 130 3 4 Norm Green/Kathy Green a. a. O. 136 Fdt 1 PLacemate Schüler 1 Schüler 4 Gruppenergebnis Schüler 2 Schüler 3 Doc 1 J’ai entendu … Moi, je pense avoir entendu aussi … Peut-être que j’ai entendu … Je ne suis pas sûr(e), mais je pense avoir entendu … Doc 2 Je vois … A mon avis, Je crois que Peut-être que D’après les bruits que j’ai entendus, je suis sûr(e) pense crois suppose (vermute) le film raconte l’histoire de … le film va/peut parler de … le film va présenter l’histoire de... que le film va montrer que … Fdt 2 1 2 3 4 5 6 7 9 8 10 Doc. 3 ne travaille pas chez elle chante une chanson pour enfants/une chanson enfantine espagnole d’origine espagnole/sudaméricaine/née en Espagne /en Amérique du Sud immigrée née de parents espagnols /sudaméricains deuxième génération ne doit pas déposer son bébé à la crèche mais peut se payer une babysitter habite dans un des plus beaux quartiers de Paris semble être très riche semble être stressée (elle claque la porte quand elle sort de la maison) a aussi un petit bébé Ana a un petit bébé, mais ne semble pas être mariée père absent, mère seule, famille monopa rentale habite dans une cité grise de la banlieue parisienne n’est pas riche, plutôt pauvre travaille comme baby-sitter chez une dame riche à Paris, au 16ème arrondissement semble être aussi mère seule (famille monopa rentale) n’est pas heureuse parce qu’elle doit garder l’enfant d’une autre femme et ne peut pas s’occuper de son propre bébé qu’elle aime beaucoup La dame qui emploie Ana comme baby-sitter souffre de la situation doit déposer, tôt le matin, son bébé à une crèche le trajet pour aller au 16ème est très long Loin du 16ème Fdt 3