2009_1_Lungenkrankheiten_Risikoprüfung_Bergsteiger

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2009_1_Lungenkrankheiten_Risikoprüfung_Bergsteiger
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Risikoprüfung bei Extrem-Bergsteigern
Dr. med. Alexander J. Turk
Chefarzt Pneumologie
Zürcher Höhenklinik Wald
8639 Faltigberg-Wald
[email protected]
Dans le monde entier, de plus en plus de
gens passent leurs loisirs à la montagne,
pratiquant la randonnée, l'alpinisme, la
varappe ou le ski de randonné ou en raquettes à neige. Cette tendance est observable non seulement dans les Alpes, mais
également dans les plus hautes monta­
gnes du monde. De 1970 à 2007, le nom­
bre de personnes qui se sont lancées dans
l'ascension des sommets de 6000, 7000
et 8000 mètres d'altitude dans le massif
de l'Himalaya a connu une augmentation spectaculaire, passant d'environ 200
à 1700. Le risque d'accidents, de blessures et de décès auquel ces personnes
s'exposent en altitude extrême est très
difficile à estimer. Il dépend de nombreux facteurs qu'elles ne peuvent souvent pas influencer. Outre les conditions
météorologiques imprévisibles, le timing,
l'expérience, le savoir-faire et le respect
de la montagne jouent un grand rôle. A
cela s'ajoutent différents aspects médicaux de l'altitude qui influencent le risque
en montagne : les maladies classiques de
l'altitude, comme le mal aigu des montagnes, l'odème cérébral et l'odème pulmonaire d'altitude. L'article suivant éclaire
les problèmes médicaux qui peuvent être
liés à ces activités de loisirs.
Weltweit verbringen immer mehr Menschen ihre Freizeit in den Bergen mit
Wandern, Bergsteigen, Klettern oder
Ski- und Schneeschuhtouren. Dieser
Trend ist nicht nur in den Alpen sondern
auch in den höchstgelegenen Gebirgen
der Welt zu beobachten. Zwischen 19702007 hat sich die Anzahl Personen, welche die Sechs-, Sieben und Achttausender im Himalaya besteigen wollten von
ca. 200 Personen pro Jahr auf 1700 pro
Jahr dramatisch gesteigert1 (Abbildung
1). 2006 haben 480 Bergsteiger und
Träger den Gipfel des höchsten Berges
der Welt, den Mount Everest (8848m),
erreicht. 2007 waren es bereits über
500 Personen. Die Anzahl derer jedoch,
welche den Gipfel nicht erreichen liegt
weit höher. Die Erfolgsrate einen Sechsbis Achttausender zu besteigen, liegt
bei ca. 43%. Auf den Gipfel des Mount
Everest schaffen es nur 30% der Bergsteiger. Die Bergsteigerei hat sich im
Lauf der letzten Jahrzehnte stark ge-
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weniger erfahrene Bergsteiger begannen in solche Höhen vorzudringen. Dies
bringt einige Gefahren für diese Bergsteiger mit sich. Interessanterweise
führte dieser Trend aber nicht zu mehr
Todesfällen im Himalaya. Im Gegenteil,
auf Grund der Erfahrungen erfahrener
Bergsteiger, welche sichere Routen vorgaben sowie der Installation von Fixsei-
wandelt. In den 50er Jahren hatten die
Besteigungen noch Expeditions- und
Erkundungscharakter. Ab den 1990er
Jahren hat sich die Bergsteigerei im Himalaya zunehmend kommerzialisiert.
Mit der Kommerzialisierung waren es
nicht mehr nur Spitzenathleten vom
Format eines Reinhold Messners, welche 8000er bestiegen, sondern auch
Abbildung 1: Anzahl Bergsteiger auf allen 6000 – 8000er des Himalayas von 1970 bis 2006
(mit freundlicher Genehmigung von R. Salisbury, The Himalaya Database)
Climbing Activity and Ascents for All Peaks (1970 – 2006)
2000
1800
1600
1400
1200
1000
800
600
400
200
Anzahl Bergsteiger oberhalb Basislager mit Trendlinie
Anzahl Bergsteiger welche Gipfel erreichten mit Trendlinie
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06
04
20
20
02
20
00
98
20
96
Member Ascent Count
19
94
19
19
92
19
90
88
Members Above BC
19
86
19
19
84
19
82
80
19
78
19
76
19
19
74
19
72
19
19
70
0
43
baren Wetterbedingungen, spielt das
Timing, die Erfahrung, das bergsteigerische Können und der Respekt vor dem
Berg eine grosse Rolle. Zusätzlich kommen höhenmedizinische Aspekte dazu,
welche das Risiko am Berg beeinflussen. Hierzu zählen die klassischen Höhenkrankheiten, wie die akute Bergkrankheit, das Höhenhirnödem und
das Höhenlungenödem. Aber auch Un-
len an schwierigen Stellen, hat sich die
Todesrate im Verlauf der Jahre deutlich
gesenkt. (Abbildung 2)
Das Unfall-, Verletzungs- und Todesrisiko, welchem man sich in extremen
Höhen ab 6000m aussetzt, ist sehr
schwierig abzuschätzen. Es hängt von
vielen, teilweise nicht beeinflussbaren
Grössen ab. Neben den unvorherseh-
Abbildung 2: J ährliche Todesrate für Bergsteiger im Himalaya von 1950 – 2006
(mit freundlicher Genehmigung von R. Salisbury, The Himalaya Database)
Member Death Rates by Expedition Year (1950-2006)
6.0
5.0
4.0
3.0
2.0
1.0
0.0
1950-1954
1955-1959
1960-1964
1965-1969
1970-1974
1975-1979
All Peaks
1980-1984
8000ers
1985-1989
1990-1994
1995-1999
2000-2004
2005-2006
Everest
Todesrate auf allen Gipfeln mit Trendlinie
Todesrate aller 8000er mit Trendlinie
Todesrate am Mount Everest mit Trendlinie
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terkühlung, Erfrierungen und Schäden
durch hohe Ultraviolettstrahlung. Dank
hochwertigen Textilien kann man sich
heutzutage gut gegen Erfrierungen, Unterkühlung und extremer Sonneneinstrahlung schützen.
In einer kürzlich publizierten Studie
wurde die Todesrate am Mount Everest
von 1921 – 2006 mit 1.3% aller Bergsteiger inklusive Träger (Sherpas) angegeben2. Die Todesrate bei den Bergsteigern ist mit 1.6% um 0.5% höher als bei
den Trägern. Die meisten Todesfälle bei
den Bergsteigern ereignen sich oberhalb von 8000m und meistens während
dem Abstieg nach dem Erreichen des
Gipfels. Hier wird der Unterschied zwischen Bergsteigern und Trägern noch
deutlicher. Die Todesrate in über 8000m
Höhe liegt bei 2.5% für die Bergsteiger
deutlich höher als bei den Trägern, wo
sie nur 0.2% beträgt. Über den Grund
dieser Verteilung kann nur spekuliert
werden. Bei den Verstorbenen lagen
häufig erhebliche kognitive Einschränkungen und eine Ataxie vor. Dies sind
typische Symptome des Höhenhirnödems. Diese Symptome können zu
einer grösseren Erschöpfung am Berg
führen, so dass möglicherweise der
Aufstieg nicht genügend schnell erfol-
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gen kann, um nach dem Erreichen des
Gipfels noch sicher absteigen zu können. Die Aufenthaltszeit über 8000m
verlängert sich dadurch, womit sich
das Risiko an einer Höhenkrankheit zu
sterben wiederum erhöht. Verlängert
sich die Aufenthaltszeit in dieser Höhe
muss auch mehr Sauerstoff in Form von
Sauerstoffflaschen mitgeführt werden.
Nicht selten kommt es vor, dass die zusätzliche Sauerstoffversorgung nicht
mehr gewährleistet ist. In diesen Fällen
kommt es zu einer akuten Hypoxämie.
Dies erklärt möglicherweise, warum
die Bergsteiger meistens beim Abstieg
umkommen. Die wenigsten Bergsteiger gehen ohne supplementären Sauerstoff in Höhen über 8000m. Beim
Mount Everest zum Beispiel haben erst
144 Personen (bis 2006) ohne zusätzlichen Sauerstoff den Gipfel erreicht, gegenüber 2972 Personen welche ihn mit
Sauerstoff erklommen haben. Die Todesrate ist dementsprechend auch viel
höher. Beim Mount Everest und dem K2
(8611m) beträgt das Risiko am Berg zu
sterben ohne zusätzlichen Sauerstoff
8.3% respektive 18.8% und ist somit
deutlich höher als wenn man mit zusätzlichem Sauerstoff unterwegs ist3.
Die Erfolgschancen den Gipfel des Eve-
45
rest ohne Sauerstoffflaschen zu erreichen, sind mit 19% ebenfalls deutlich
geringer als mit zusätzlichem Sauerstoff (Erfolgschance 30%).
Höhenkrankheiten
In der Folge wird auf die aus höhenmedizinischer Sicht relevanten akuten Höhenkrankheiten eingegangen. Zu diesen gehören im Wesentlichen die akute
Bergkrankheit, und die lebensbedrohlichen Formen: das Höhenhirnödem und
das Höhenlungenödem. Auf die Diskussion der höhen-assoziierten retinalen
Blutungen wird hier nicht eingegangen.
Diese sind in 4500m Höhe häufig und
meistens asymptomatisch. Ein Zusammenhang mit dem Höhenhirnödem besteht nicht.
Die Grundlage aller höhenmedizinischen Probleme, abgesehen von Erfrierungen und Unterkühlungen, ist
der Umstand, dass mit zunehmender
Höhe der Luftdruck abnimmt. Diese
Beziehung beschreibt die barometrische Höhenformel (PB = exp(6.632680.1112h – 0.00149h2)). Auf ca. 5000m
verringert sich der Luftdruck um die
Hälfte verglichen mit dem Luftdruck
auf Meereshöhe. Dies resultiert in einer beträchtlichen Abnahme des Sauerstoffpartialdruckes. So beträgt dieser
auf dem Mount Everest noch lediglich
53mmHg im Vergleich zu 149mmHg auf
Meereshöhe.
Die genauen Mechanismen, welche zur
Entstehung der Höhenkrankheiten führen, sind nicht gänzlich bekannt. Eine
inadäquate Antwort auf die hypobare
und sauerstoffgeminderte Umgebung,
die Erhöhung des cerebralen Blutflusses, der Anstieg des pulmonal-arteriellen Drucks und Veränderungen des
Säure-Base Haushalts im zentralen
Nervensystem sind Gründe für die Entstehung der Höhenkrankheiten.
Laut der Himalaya Database kommen
die meisten Bergsteiger in ca. 2/3 der
Fälle bei Abstürzen und Lawinen ums
Leben. 7,3% der Todesfälle werden auf
eine akute Höhenerkrankung zurückgeführt. (Tabelle 1) Diese Anzahl ist eher
konservativ angelegt, da in vielen Fällen retrospektiv nicht beurteilt werden
kann, ob nicht doch eine Höhenkrankheit vorlag, welche direkt oder durch
entsprechendes Fehlverhalten durch
zum Beispiel ein Höhenhirnödem zum
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Tod führte. In 8.8% der Todesfälle spielte eine Höhenkrankheit eine wichtige
zusätzliche Rolle.
Akute Bergkrankheit
Die akute Bergkrankheit (AMS= acute
mountain sickness) ist die häufigste Höhenkrankheit und betrifft 10 – 40% der
Tieflandbewohner (<900m) welche in
Höhen bis 3000m aufsteigen. Die akute Bergkrankheit nimmt mit zunehmender Höhe zu. In 4000-6000m Höhe tritt
die akute Bergkrankheit bei 40-60% der
Bergsteiger auf4. Sie manifestiert sich
meistens innerhalb von 6 – 12h nach Ankunft mit unspezifischen Beschwerden:
Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Erbrechen, Schwäche, Müdigkeit und Schlafstörungen. Meistens ist
sie selbstlimitierend. Kommen neurologische Symptome hinzu wie Ataxie, Verwirrtheit und Somnolenz muss von der
Entwicklung eines lebensbedrohlichen
Höhenhirnödems ausgegangen werden.
Die Inzidenz der akuten Bergkrankheit
ist abhängig von der Akklimatisationszeit, der Aufstiegsgeschwindigkeit und
der individuellen Empfindlichkeit. Das
Ausmass und die Häufigkeit der akuten
Bergkrankheit kann durch den Aufent-
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halt von mindestens 12 Übernachtungen über 2500m vor dem weiteren Aufstieg auf über 2800m deutlich gesenkt
werden. Somit kann die Erkrankung
mit einer guten Akklimatisation verhindert bzw. gemildert werden. Es wird
allgemein empfohlen, nicht schneller
als 300m/Tag aufzusteigen, d.h. die
Schlafhöhe am nächsten Tag soll maximal 300m höher sein als in der Nacht
zuvor. Personen, welche bereits früher
einmal an einer Höhenkrankheit litten,
sind besonders gefährdet erneut höhenkrank zu werden und sollten daher
diese Empfehlung dringend befolgen.
Kann diese Aufstiegsgeschwindigkeit
von maximal 300m/Tag nicht eingehalten werden, kann das Auftreten der
akuten Bergkrankheit medikamentös
mit Acetazolamid verringert werden. In
einer kürzlich publizierten Arbeit konnte gezeigt werden, dass mit der Einnahme von 250mg Acetazolamid pro Tag
die Inzidenz der akuten Bergkrankheit
auf 4300m Höhe von 45% auf 14% um
Zweidrittel gesenkt werden konnte5.
Die Behandlung der akuten Bergkrankheit umfasst wie bei allen Höhenkrankheiten in erster Linie den raschen Abstieg. Ist dies nicht möglich, kann mit
gutem Erfolg Acetazolamid oder Dexa-
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methason zur Behandlung eingesetzt
werden.
Höhenhirnödem
Wenn die Symptome einer leichten bis
mittelschweren akuten Bergkrankheit
nicht innerhalb von 1 – 2 Tagen im Rahmen der Akklimatisation verschwinden, kann sich die Erkrankung in eine
schwere Form, dem Höhenhirnödem
(HACE= high altitude cerebral edema)
weiterentwickeln. Gesellen sich neben den Kopfschmerzen, welche sich
auf Schmerzmittel nicht bessern und
dem Erbrechen zusätzliche neurologische Symptome wie Ataxie oder kognitive Störungen hinzu, muss von einem
Höhenhirnödem ausgegangen werden. Innerhalb von Stunden oder Tagen kommt es unbehandelt zum Koma
bzw. zum Tod. Die Inzidenz des Höhenhirnödems ist schwierig abzuschätzen,
da die genaue Definition fehlt und die
Abgrenzung zur akuten Bergkrankheit
nicht leicht ist. In einer Untersuchung
bei Trekkern in Nepal auf 4243m hatten
1.8% ein Höhenhirnödem. Unabhängig
vom Alter und Geschlecht, kann jeder
ein Hirnödem entwickeln. Möglicherweise haben jüngere Männer ein er-
höhtes Risiko, weil sie die Symptome
verkennen und sich weiter in höhere Lagen vorkämpfen. Die Behandlung umfasst: sofortiger Abstieg oder Evakuation, Sauerstoffgabe und die Einnahme
von Dexamethason. Die Prävention ist
gleich wie für die akute Bergkrankheit.
Höhenlungenödem
Das Höhenlungenödem (HAPE= high
altitude pulmonary edema) ist ein potentiell tödliches nichtkardiales Lungenödem. Es tritt selten unterhalb von
3500m auf. 2 – 4% der Bergsteiger entwickeln auf 4559m innerhalb von 2 – 5
Tagen typischerweise in der Nacht ein
Höhenlungenödem6. Es ist verantwortlich für die meisten Todesfälle, welche
auf Grund einer Höhenkrankheit auftreten. Der Pathomechanismus ist im Detail nicht bekannt. Sicher ist, dass dem
Höhenlungenödem eine überschiessende inhomogene Hypoxämie-bedingte
pulmonale Vasokonstriktion zu Grunde liegt. Dies führt zu einem erhöhten
pulmonalen Druck in den Kapillaren
mit konsekutivem Austritt proteinreicher Flüssigkeit in den Alveolarraum. Es
manifestiert sich mit plötzlichem Leistungseinbruch, hartnäckigem Husten,
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Dyspnoe und schaumigem, rötlichen
Sputum. In der Untersuchung findet man
eine Tachykardie, Tachypnoe, Fieber
und auskultatorisch Rasselgeräusche.
Das Höhenlungenödem kann auch ohne
akute Bergkrankheit auftreten. Die Prävalenz ist abhängig von der Aufstiegsgeschwindigkeit, von der körperlichen
Anstrengung und der individuellen Empfindlichkeit. Personen welche in Höhen
zwischen 3000 – 4000m bereits früher
ein Höhenlungenödem durchgemacht
haben, haben eine Wiederholungsrate
von 60% wenn sie erneut rasch in ähnliche Höhen aufsteigen. Bei diesen Leuten ist eine Prophylaxe zwingend indiziert. Wie bei allen Höhenkrankheiten
wird zur Prävention ein langsamer Aufstieg (<300m/d) ab 2500m empfohlen. Mehrere Medikamente wurden zur
Prophylaxe des Höhenlungenödems untersucht: Nifedipin (30 – 60mg pro Tag)
kann die Inzidenz des Lungenödems
deutlich reduzieren. Bei Personen welche bereits früher ein Höhenlungenödem durchgemacht haben, konnte mit
Tadalafil und Dexamethason ein erneutes Auftreten verhindert werden. Während sieben von neun Personen unter
Placebo ein Lungenödem entwickelten,
lag ein Höhenlungenödem lediglich bei
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einer von acht in der Tadalafil Gruppe
beziehungsweise bei keiner Person in
der Dexamethason Gruppe vor7. Nifedipin und Tadalafin schützen im Gegensatz zu Dexamethason nicht vor der
akuten Bergkrankheit. Wie beim Höhenhirnödem muss zur Behandlung des Höhenlungenödems in erster Line versucht
werden, rasch abzusteigen. Ist dies
nicht möglich, kann die betroffene Person in eine portable Überdruckkammer
gelegt werden. Mittels einer Fusspumpe
kann ein Überdruck generiert und so ein
Abstieg um ca. 2000m simuliert werden.
Desweiteren soll, sofern vorhanden,
Sauerstoff gegeben werden. Obwohl
es keine guten kontrollierten Studien
zur medikamentösen Behandlung gibt,
wird Nifedipin 10mg-20mg gefolgt von
30-60mg der langwirksamen Formulierung empfohlen. Eine allenfalls gleichzeitig vorhandene akute Bergkrankheit
soll mit Dexamethason 8mg i.v. behandelt werden.
Das Bergsteigen in extremer Höhe
(6000-8000m) ist verglichen mit anderen Freizeitbeschäftigungen eine
sehr gefährliche Sportart, welche jedes Jahr viele Todesopfer fordert. Die
meisten sterben bei Abstürzen und
in Lawinen. Wenige erleiden eine Hö-
49
henkrankheit, welche zum Tod führen
kann. In den letzten Jahren wurden die
Mechanismen der Höhenkrankheiten
intensiv erforscht. Entscheidend zur
Vermeidung von Höhenkrankheiten
ist eine gute Akklimatisierung und ein
langsamer Aufstieg. Bereits eine Verlängerung der Aufstiegszeit um einige
wenige Tage in Höhen über 5000m reduziert die Inzidenz und den Schweregrad einer akuten Bergkrankheit signifikant8. Zusätzlich kann die Inzidenz der
Höhenkrankheiten mit Medikamenten,
vor allem mit Acetazolamid und Dexamethason prophylaktisch deutlich verringert werden. Bei Personen, welche
eine bekannte Empfindlichkeit gegenüber akuten Höhenkrankheiten haben,
sollen die Empfehlungen zur Prophylaxe, inklusive der Einnahme von Medikamenten, dringend umgesetzt werden.
Tabelle 1: Todesursache für alle Gipfel im
Himalaya 1950 – 2006 (mit freundlicher Genehmigung von R. Salisbury, The Himalaya
Database)
Todesursache
Höhenkrankheit
Erschöpfung
Erfrierung
Absturz
Sturz in Gletscherspalte
Eisfall Abbruch
Lawine
Stein-/Eisschlag
Verschollen
Krankheit
(nicht Höhenkrankheit)
Anzahl
57
20
36
255
16
17
272
19
29
32
%
7.3
2.6
4.6
32.6
2.0
2.2
34.8
2.4
3.7
4.1
Andere
Unbekannt
23
6
2.9
0.8
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
50
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