Denn der Mensch fährt dahin. wo er ewig bleibt
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Denn der Mensch fährt dahin. wo er ewig bleibt
Denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt Predigt über Prediger 12, 1-12 für den 20. Sonntag nach Trinitatis, 18. Oktober 2015 Ich habe mir ein Buch gekauft obwohl ich es mir verboten hatte, aber ich habe das Buch zum zweiten Mal bewusst in der Buchhandlung gesehen und es war um mich geschehen ich musste es haben Das Buch mit dem Titel „Man muss auf dem Grund gewesen sein“ von Cecely Corti, der Witwe von Axel Corti. Es war der Titel und die Aufmachung des Buches. und auch das Wissen, dass Cecily Corty die Vincy-Rast in Wien leitet. Ja, und was die Aufmachung des Buches betrifft, da meine ich den Blick der Frau Corti, wie sie nach unten sieht, als wollte sie mit der Blickrichtung zeigen, dass sie dorthin sieht, wohin es uns zieht, eigentlich zieht: Auf den Grund. „Man muss auf dem Grund gewesen sein.“ Der Satz stammt von Rainer Maria Rilke Und sie hat ihn von ihrem verstorbenen Mann, dessen Stimme die Älteren unter uns noch ganz im Ohr haben: diese raue Asthmastimme. Mit diesem Satz vom Grund von Rilke hatte Axel Corti seine Sendung „der Schalldämpfer“ nach 24 Jahren beendet: „Wir wissen’s ja oft nicht, dass wir im Schweren sind bis über die Knie, bis an die Brust, bis ans Kinn,“ schreibt Rilke. „Aber sind wir denn im Leichten froh, sind wir nicht fast verlegen im Leichten? Unser Herz ist tief, aber wenn wir nicht hineingedrückt werden, gehen wir nie bis auf den Grund. Und doch, man muss auf dem Grund gewesen sein, darum handelt sich’s.“ Ich blättere durch das Buch, weil eine Ahnung mit einem Andrang sich in mir breit gemacht hatte – des Predigtwortes wegen – und noch auf der Straße, im Graben, lese ich davon, 1 dass Frau Corti ihren Mann zur Aufnahme in den Rundfunk begleitet hatte, weil er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Sie musste ihn stützen. Als wir das Funkhaus verließen, meinte er: „Jetzt werden es alle wissen. An meiner Stimme werden sie es merken“ Ich halte ja unser Predigtwort in der Hand, denke ich das Wort von dem Prediger Kohelet, der sammelt das Erkannte, Erkenntnissammler der all das sammelt, was zusammen gehören soll an Weisheit, an praktischen Lebensratschlägen an Warnungen, die ausgesprochen werden müssen vor einer falscher Lebensweise. Immer wieder ruft er die Warnung aus über allem menschlichem Eigensinn und allem, was uns vergeht: Alles ist eitel. Das Buch des Predigers ist nach dem Exil entstanden, vermutlich in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts vor Christus, der Tonfall lässt eine Beeinflussung von der griechischen Populär-Philosophie vermuten. Sein berühmtestes Zitat ist wohl jenes: „Alles hat seine Zeit und ein jegliches Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde…“ Der Prediger bringt mich auf den Grund der Dinge Nimm ihn an Nimm Dich an in dem, wovon eine Welt der Wirtschaft und ihrer Produkte ablenken wollte „Das Leben ist eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zur Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt.“ (Franz Kafka) Nimm Dich an Und gehe nicht auf in einem Leben, das sich rechnen sollte und soll zwischen Preis und Leistung das aufgehen soll in einem Preis- Leitungsverhältnis der Preis für diese Gleichung aber war und ist, dass wir um dem Grund betrogen werden so oft… dass wir uns selbst betrügen und die Menschen Das biblische Buch des Predigers bringt in Ordnung Und fordert seinen Leser, seine Leserin dazu auf, Ordnung zu machen. Ja, das müssen wir Ordnung machen in uns Theologen sehen die eine tief pessimistische Grundhaltung, bis hin zum Nihilismus und einer „Philosophie des Absurden“, Camus lässt grüßen…, die anderen hingegen betonen die Überwindung dieser Gedanken. 2 Mich aber, liebe Gemeinde, hat am Prediger immer nur eines interessiert. Wissen Sie was? Gott. Ich glaube nämlich, dass Kohelet mit seinem Denken und Glauben und Irritiert sein so zur Neige, auf den Grund gehen kann, weil er glaubt und nicht, weil er aufgeht in der Nichtigkeit im Fatalismus. Und ich kann es beweisen: Wenn wir ein paar wenige Verse voran blicken, nur hinüberschielen ins 11. Kapitel, vor dem 12., das wir heute lesen werden, dann sehen wir einen wunderbaren Aufruf des Gedankensammlers: „Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und lass dein Herz guter Dinge sein in deinen jungen Tagen. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird. Lass den Unmut fern sein von deinem Herzen und halte fern das Übel von deinem Leibe; denn Kindheit und Jugend sind eitel. Aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird. Alles, was wir tun, hat Konsequenzen, Konsequenzen bis in die Ewigkeit. Und nun das Predigtwort, ein poetisches Wortwerk: > Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre sich nahen, da du wirst sagen: »Sie gefallen mir nicht«; ehe die Sonne und das Licht, Mond und Sterne finster werden und Wolken wiederkommen nach dem Regen, – zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind, und wenn finster werden, die durch die Fenster sehen, und wenn die Türen an der Gasse sich schließen, dass die Stimme der Mühle leiser wird, und wenn sie sich hebt, wie wenn ein Vogel singt, und alle Töchter des Gesanges sich neigen; wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt, 3 und die Klageleute gehen umher auf der Gasse; – ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale zerbricht und der Eimer zerschellt an der Quelle und das Rad zerbrochen in den Brunnen fällt. Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. < Und ein Lied hat gesungen in mir „Die alten Weiberlein Ich liebe die alten Weiberlein, am Markttag, da stehn sie zum Warten bereit. Diese uralten Mäntel mit verbogenen Schultern, die frieren in jeder Jahreszeit. Sie husten und wanken, torkeln und fliehn, halten sich wie kleine Inseln, die im Dunkeln weiterziehn, und die Augen dieser Adler blicken dich ganz ruhig an, und sie lächeln leicht verbittert, starren deine Jugend an. Sie sind fast wie ein Sommernachtstraum, der verging, wie er kam, verflog, wie man sah, nur ein Blatt, das vermodert am Baum. Und ich seh' sie in ihrer Vergangenheit mit Lametta im Haar und Pumps an den Füßen, seh' die blühenden Körper zu allem bereit, im siebzehnten Jahr und in Schönheit zerfließen. Und sie gurren und schmachten, turteln sind kokett, treiben mit berauschten Herzen die Knaben in ihr Bett, und die Augen dieser Rehe blicken dich verlockend an, sie lächeln kaum errötend, preisen ihre Jugend an. Sie sind fast wie ein Sommernachtstraum, der verging, wie er kam, verflog, wie man sah, nur ein Blatt, das vermodert am Baum. Und sie halten ihn fest, diesen Sommernachtstraum, sie zweifeln nicht mehr, 4 sehn die Wolken ziehn, erwarten den letzten Termin.“ Das gefällt mir so. „Sie zweifeln nicht mehr sehn die Wolken ziehn, erwarten den letzten Termin.“ Nicht mehr zweifeln … denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt. Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. „Was aber dem Leben Sinn verleiht, gibt auch dem Tod Sinn. Es ist leicht zu sterben, wenn es in der Ordnung der Dinge liegt.“ Antoine de Saint Exupéry Es ist das Gesetz Gottes in allem. Dieses Muss Mensch Du wirst sterben Es muss sein. Von diesem Muss ist der Prediger durchzogen bis auf den Grund seiner Existenz Und es muss sein, weil am Ende alles zusammen gehört. Alles, weil Gott sein wird: Alles in allem und aufhört, was wir nicht verstehen und wir eingehen ins große Ganze in Gott, darum ist alles andere, alles aus uns, das uns nur zu uns selbst bringt, eitel, vergeblich, umsonst und darum viel Unzufriedenheit und Unglück unter uns Menschen. Unser Weg aber führt dahin, wo wir ewig bleiben. Ewig. Und ich sage meinem Vater am Telefon: Weißt Du: ich möchte immer mehr und nur ins Wesen kommen und er versteht mich. Ich glaube das wollen wir alle… ins Wesen kommen, ins wahre Sein in Gott hinein geboren werden. Und das wird so sein. Es ist Dir gesagt, Mensch! + Amen. 5