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82 WORKSHOP Was war das? Rheinwein? Oui,Monsigneur. Ein schwedisches Trinklied andré schmidt Die Geschichte der Musik ist so alt wie die Geschichte der Menschheit, das Trinklied so alt wie die Geschichte des Lieds selbst. Besonders in den frühen Jahrhunderten der menschlichen Entwicklung ist die Musizierpraxis eng an den Tagesablauf gebunden, und die Riten und Bräuche gehören zum Lebensalltag wie das Sammeln und Jagen. Formenlehre und strenger vierstimmiger Satz spielen da noch lange keine Rolle. Emotionen erhalten künstlerisch-kreative Gestalt und die Suche nach der Erkenntnis der Welt eine rhythmisch-melodische Dimension. Das Trinklied selbst ist allerdings bis heute wenig erforscht. Das liegt wohl vor allem an seiner Nähe zum Alkoholgenuss, zur Orgie und auch heute noch zur Party- und Feierkultur. 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Arbeitsblätter ▲ ▲ Bort allt vad oro gör – Liedblatt – S. 83 Bort allt vad oro gör – Klavierbegleitung – S. 84 Hörbeispiele – CD ▲ HB 20: Bort allt vad oro gör – Playback musikpädagogik-online.de ▲ Beitrag als PDF-Datei Dabei hat die Musikgeschichte wunderbare Kompositionen dieses Genres hervorgebracht, die bis heute insbesondere im Repertoire der Chöre ihren festen Platz haben – von Melchior Francks (15801639) Bierlied bis zu den zahllosen Chorsätzen der Liedertafel im 19. Jahrhundert. Auch im 20. und 21. Jahrhundert wurde und wird das Genre fleißig weiter bedient. Ob man sich schließlich karnevalistischen Schunkelgesängen, überschäumenden „Wein-Weib-Gesang“-Liedern oder lieber tiefsinnigen Songs der Popularmusik (Alkohol von Herbert Grönemeyer, Unterm Säufermond von Udo Lindenberg, Wasser und Wein von Michael Heubach …) hingibt, wird wohl immer der Situation und dem Anspruch geschuldet sein. Dabei verbindet sich Freude am Singen mit den unterrichtlichen Möglichkeiten (auch) zur kritischen Reflexion der Texte. fort alles, was unruhe macht … Carl Michael Bellmann (1740-1795) ist in Deutschland kaum bekannt, obwohl er im Schweden des 18. Jahrhunderts ein echter „Singer-Songwriter“ war. Er schrieb seine eigenen Texte, vertonte sie und sang sie selbst. Geboren in Stockholm, wuchs er in der Mittelschicht streng erzogen heran. Seine späteren Bürotätigkeiten in der Reichsbank, bei der Zolldirektion und in einer Manufaktur konnten ihn jedoch nicht davon abhalten, seinen dichterischen Ambitionen nachzugehen. Schließlich gab er sich vollends der Dichterei hin und verdiente seinen Unterhalt als Sänger und Regisseur in der Stockholmer Vergnügungsszene. Dennoch genoss er auch am Königshof ein hohes Ansehen. So konnte er – wie kaum ein anderer – hohe Popularität von den Unterschichten über die höheren Klassen bis zur Aristokratie für sich in Anspruch nehmen. Seine Lieder hat er zumeist für Orchesterbesetzungen vorgesehen, sich als Sänger aber öffentlich mit der Zither (schwedisch: Cittra) begleitet. Musikalisch sieht er sich selbst in der Nähe von Händel und Mozart. So geht er auch recht freizügig mit deren melodischen und harmonischen Einfällen um. Als wichtigstes Werk gilt die Liedersammlung Fredmans Epistlar, in der er selbst als berühmter Stockholmer Uhrmacher ohne Uhr, Werkstatt und Geschäft auftritt. Bis heute entstehen immer wieder neue Arrangements der Lieder von Bellmann. Für den Klaviersatz von Bort allt vad oro gör (dt. „Fort alles, was Unruhe macht“; s. Arbeitsblatt „Bort allt vad oro gör – Klavierbegleitung“) habe ich mich von Daniel Helldéns vierstimmigem Chorsatz inspirieren lassen. Helldén (1917-1998) war ausgebildeter Kantor und Schulmusiker. Besondere Erfolge feierte er mit dem Lidingö Kammerchor, den er von 1948 bis 1980 leitete. Als Musikpädagoge setzte er sich mit den Methoden Carl Orffs auseinander und führte sie im skandinavischen Unterrichtssystem ein. Für die SchülerInnen steht das Liedblatt zur Verfügung, und als Hilfe für das Singen in der Originalsprache dient die beigefügte Umschrift (s. Arbeitsblatt „Bort allt vad oro gör – Liedblatt“). ARBEITSBLATT 83 Bort allt vad oro gör – Liedblatt Carl Michael Bellmann (1740-1795) 2. Bort allt vad oro gör, allt är ju stoft och aska. B (r)t alt wa: u:ru: jö:r, alt e: jü: ßt ft (k) aßka. c Bort allt vad oro gör, bort allt vad hjärtat kväljer! B (r)t alt wa: u:ru: jö:r, b (r)t alt wa: järtat kwäljer! c c c c Bäst att man väljer bland desse buteljer sin maglikör. Bäßt mann wäljer bland deßße: bü:teljer ßin maglikö:r. Låt oss bli raska och tömma vår flaska bland bröderna. L :t ß bli: raßko (k) töma w :r flaßka bland bröderna:. Granne! Gör du just som jag gör, vet denna oljan ger humör. Grane:! jö:r dü: jüßt ßomm ju jö:r, we:t dena ljan jer hü:mör. Granne! Gör du just som jag gör, vet denna oljan ger humör. Grane:! jö:r dü: jüßt ßomm ju jö:r, we:t dena ljan jer hü:mör. Vad det var läckert! Vad var det? Rehnskt Bläckert? Oui, Monseigneur. Wa: de: wa:r läkke(r)t! Wa: wa:r de:? Rhenßkt Bläkkert? Oui, Monseigneur. Vad det var mäktigt! Vad var det? Jo präktigt. Malaga, ja. Wa: de: wa:r mäkti(g)t! Wa: wa:r de:? Ju: präkti(g)t. Malaga, ja:. c c c c c c c (Aussprachehilfe: Hans-Joachim Lewerentz) zur Aussprache (vereinfacht): Betonung liegt auf der ersten Silbe : = Vokale lang aussprechen (sonst kurz) = offener, kurzer Laut, wie das „o“ in Motte () = „verschmilzt“ mit dem folgenden Konsonanten, „stumm“ deutsche Übersetzung: 1. Fort alles, was Unruhe macht, fort alles, was das Herz quält! Am besten wählt man sich aus diesen Flaschen seinen Lieblingslikör. Kamerad, tu so wie ich, weißt du, dieses Öl macht Laune. Was das lecker ist! Was war das? Rheinwein? Oui, Monsigneur. c 1. 2. Fort alles, was Unruhe macht, alles ist ja Staub und Asche. Lasst uns schnell unsere Flaschen unter Brüdern leeren. Kamerad, tu so wie ich, weißt du, dieses Öl macht Laune. Was das mächtig ist! Was war das? Ja, prächtig. Malaga,* ja. (Autor unbekannt) * ein süßer Dessertwein 84 ARBEITSBLATT Bort allt vad oro gör – Klavierbegleitung Carl Michael Bellmann / Daniel Helldén Klaviersatz: André Schmidt