Ev. Kirchengemeinde Bad Honnef Antwort

Transcription

Ev. Kirchengemeinde Bad Honnef Antwort
Evangelische Kirchengemeinde Bad Honnef
Umweltpolitik
1. Wie kommentieren Sie die post-Fukushima-Atompolitik der Bundesrepublik Deutschland im
Vergleich zur zitierten Vorgehensweise des Bundeswirtschaftsministers?
Befürworten Sie auch dass die deutsche Energiewende entsprechend durch Inkaufnahme von
AKW-Bau im Ausland (unter Nutzung von Hermes-Bürgschaften) realisiert wird?
Hermes-Bürgschaften tragen sich aus den Beiträgen der die Versicherung in Anspruch nehmenden
Unternehmen in toto selbst. Vor allem mittelständische Unternehmen nutzen die HermesBürgschaften zur Absicherung ihrer Exportgeschäfte; die Bürgschaften tragen so – quer durch die
breite Palette der deutschen Wirtschaft – zur Sicherung von Arbeitsplätzen von Ingenieuren und
Facharbeitern in Deutschland bei.
Auch in Zukunft werden wir uns für ein Verbot von Hermes-Bürgschaften für den Export von
Komponenten der Kernkraftwerkstechnologie nicht einsetzen. Wer dies fordert, spricht den
importierenden Ländern (also zum Beispiel Schwellenländern Lateinamerikas) die Fähigkeit und
letztlich sogar das Recht ab, ihren eigenen Weg bei der Sicherung ihrer Energieversorgung zu gehen.
Die Menschen in den aufstrebenden Schwellenländern lehnen die Missachtung ihrer
Entscheidungsfähigkeit durch besserwisserische Europäer entschieden ab – und zwar zu recht.
2. Wie stehen Sie zu dem Gebilde aus mangelnder Informationsverbreitung und offener bzw.
verdeckter Unternehmensförderung (der energieversorgenden Unternehmen) im Kontext der
(alternativen) Stromgewinnung und –preisgestaltung? welche Schritte werden Sie unternehmen,
um hier eine nachhaltigere und bezahlbare Situation für uns als BürgerInnen und die Umwelt zu
garantieren?
Die Kosten der Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen ist auf der Ebene der variablen
Kosten wesentlich günstiger als die konventionelle Stromerzeugung. Wenn die Strompreise dennoch
steigen, so hat dies mit der von Ihnen insinuierten „Stromlüge“ aus verschiedenen Gründen dennoch
nichts zu tun, weil zu den reinen Erzeugungskosten u. a. noch die Kosten der Netzanbindung und der
Netzstabilisierung hinzugerechnet werden müssen. Auch die Gewährleistung von
Versorgungssicherheit gehört als – nicht zuletzt auch soziale – Zieldimension gleichberechtigt zu
einer nachhaltigen Stromversorgung.
Eine weitere Dimension der Nachhaltigkeit betrifft, wie Sie wissen, die Wirtschaftlichkeit. Hier ist zu
beachten, daß neben den Arbeitsplätzen, die durch die Energiewende geschaffen werden, auch die
Arbeitsplätze in energieintensiven Branchen berücksichtigt werden müssen, die durch allfällig
steigende Stromkosten wegfallen oder gar nicht erst entstehen.
Die FDP will, dass Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie erhalten bleiben. Weil der
Ausbau erneuerbarer Energien viel schneller voran geht als geplant, muss nachgesteuert werden,
damit die Netze stabil bleiben. Produzenten müssen dabei mehr Verantwortung übernehmen, und
die Erneuerbaren an den Markt herangeführt werden. Wir Liberalen schlagen u.a. vor, dass die
Förderung weg von der festen Einspeisevergütung und hin zur Direktvermarktung umgestellt wird.
Produzenten mit neuen Anlagen sollen sich einen Kunden suchen müssen, statt den Strom
unabhängig vom Bedarf beim Netzbetreiber abzuliefern. Dabei soll Strom aus erneuerbaren Energien
mit einem Preiszuschlag unterstützt werden, aber generell sollen die Erlöse am Markt erzielt werden.
Die Mindestpreise des EEG, die unabhängig von den Börsenpreisen gezahlt werden, sind nicht
zukunftsfähig. Außerdem befürworten wir automatische Förderkürzungen bei Überschreiten
vorgegebener Ausbauziele. Langfristig ist für uns ein europäisches Mengenmodell ein Ziel, um einen
Mindestanteil erneuerbarer Energien an den kostengünstigsten Standorten Europas zu produzieren.
Ein sofortiges Mengenmodell fordert die FDP jedoch nicht, sondern einen gleitenden Übergang in
den Markt, um allen Technologien eine Chance zu geben und eine mittelständische
Erzeugungsstruktur zu fördern. Dessen ungeachtet ist voller Vertrauensschutz in getätigte
Investitionen unverzichtbar. Alle Änderungen dürfen sich deshalb nur auf künftige Investitionen
beziehen. Die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen des Bundes aus der steigenden EEG-Umlage
sollen über die Stromsteuer an die Bürger zurückgegeben werden, damit der Staat sich nicht an der
Energiewende bereichert.
Neben dem Vertrauensschutz für die Investoren ist der FDP wichtig, dass die Energiewende nicht ihre
breite Akzeptanz bei den Menschen verliert, weil Einzelne sich in überzogener Höhe und ohne jede
Rücksichtnahme bereichern. Das alternativ diskutierte Mengenmodell ist ein langfristiges Projekt für
einen europäischer Binnenmarkt, welches nicht für den kurzfristigen Planungshorizont diskutiert
wird. In jedem Fall will die FDP grundsätzlich den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien
erhalten.
3. Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass mehr verantwortungsbewußte, unabhängige Forschung
zur Folgenabschätzung solcher Technologien ihre Ergebnisse in die Öffentlichkeit tragen kann und
wird?
Wie werden Sie notwendige Kennzeichnungspflichten (Minimal-Lösung) oder gar Verbote
(Maximal-Lösungen) durchsetzen?
Nanotechnologie
Die Nanotechnologie ist ein Schlüssel zum technologischen Fortschritt im 21. Jahrhundert. In der
Schnittmenge verschiedener Disziplinen, von der Physik über Chemie, Biologie und
Ingenieurswissenschaften bis hin zur Medizin, entstehen auf der Nanoebene synergetisch neues
Wissen und neue Möglichkeiten. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Basistechnologie („enabling
technology“) verspricht die Nanotechnologie weitreichende Anwendungen. Produktivitäts- und
Wachstumssteigerungen bei geringerem Ressourcenverbrauch werden dadurch ebenso möglich, wie
quantitative und qualitative Verbesserungen der medizinischen Versorgung und des Zugangs zu
lebenswichtigen Gütern.
Bereits heute gibt es eine Vielzahl an Regelwerken, die auch für Nanomaterialien gelten; so gibt es in
den Bereichen Chemikalien, Biozide, Lebensmittel, Lebensmittelkontaktmaterialien und kosmetische
Mittel Regelungen auf EU-Ebene. Zu der europäischen Chemikalienverordnung REACH werden
derzeit in den entsprechenden Fachgremien der EU Vorschläge für mögliche Anpassungen an
Nanomaterialien erarbeitet.
Es gelten die Regelungen für den Arbeitsschutz. Speziell für den Umgang mit Nanomaterialien hat die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gemeinsam mit der Verband der Chemischen
Industrie einen Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz herausgegeben.
Zudem greifen Europäische Regelungen zur Einstufung und Kennzeichnung (unter der 2008
verabschiedeten sog. GHS/CLP-Verordnung - Global Harmonized System/ Regulation on
Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures) ohne jedwede Mengenschwelle.
Das heißt, es besteht für alle Stoffe die Pflicht, die Gefährlichkeit zu bewerten, unabhängig von der
hergestellten Menge.
Wir werden den „Aktionsplan Nanotechnologie 2015“ auch für die nächsten Jahre fortführen und
dabei die Ergebnisse von Grundlagenforschung, Informationen zum Technologietransfer und das
Fazit begleitender Studien durch Dialogmaßnahmen einem möglichst umfassenden
Interessentenkreis transparent vermitteln. Wir setzen uns dafür ein, vor allem auf europäischer
Ebene, einen angemessenen regulatorischen Rahmen zu definieren, welcher den Bedürfnissen der
Verbraucher entgegenkommt und gleichzeitig den Innovationsprozess nicht behindert. Dabei steht
das Prinzip der Produzentenverantwortung im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung
REACH im Mittelpunkt. Im Zusammenspiel mit den Vorschriften des sektoralen Produktrechts –
beispielsweise den lebensmittelrechtlichen Vorschriften, der ab 2013 geltenden umfassenden
Kennzeichnungspflicht für Kosmetika, den Zulassungsrichtlinien für Futtermittel,
Pflanzenschutzmittel sowie Arzneimittel und Medizinprodukte – wird ein hohes Schutzniveau für
Mensch und Umwelt sichergestellt.
Es gibt bereits Kennzeichnungspflichten bei Kosmetika. In Kosmetika ist ab dem 11.07.2013 die
Kennzeichnung von nanoskaligen Bestandteilen verpflichtend. Rechtsgrundlage ist die im Jahr 2009
erlassene Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.
November 2009 über kosmetische Mittel. So ist bei diesen Stoffen in der Liste der Bestandteile der
Zusatz „(nano)“ nach der jeweiligen „INCI-Bezeichnung“ erforderlich.
Auch für Lebensmittel ist eine Kennzeichnung vorgeschrieben. Es wurde eine
Kennzeichnungsregelung für technisch hergestellte Nanomaterialien, die als Zutaten Lebensmitteln
zugesetzt werden, in die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates
betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel aufgenommen. Sie gilt ab dem
13.12.2014.
Biozide: Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 tritt am 01.09.2013 in Kraft, damit wird die
Kennzeichnung von nanoskaligen Bestandteilen Pflicht.
Generelle Kennzeichnungspflichten: GHS/CLP – Global Harmonized System/ Regulation on
Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures: Europäische Regelungen zur
Einstufung und Kennzeichnung (unter der 2008 verabschiedeten sog. GHS/CLP-Verordnung) greifen
ohne jedwede Mengenschwelle. Das heißt, es besteht für alle Stoffe die Pflicht, die Gefährlichkeit zu
bewerten, unabhängig von der hergestellten Menge. GHS spricht explizit von „allen physischen
Formen“ in denen ein Stoff in Verkehr gebracht wird.
Forschungsförderung
Wir werden die Diskussion um die Nanotechnologie auf nationaler und europäischer Ebene nutzen,
um eine für Forschung, Verbraucher und Unternehmen geeignete Definition des Begriffs
Nanotechnologie zu erreichen. Diese soll der Anwendungsbreite der Technologie gerecht werden
und die Unterschiede nanotechnologischer Produkte und Materialien angemessen berücksichtigen.
Wir werden die gezielte KMU-Förderung im Bereich Nanotechnologie fortsetzen und weiter stärken.
Wir werden, ergänzend zu den bestehenden projektorientierten Instrumenten der
Forschungsförderung und Begleitforschung zusätzliche Ressourcen für Langzeitvorhaben zur
Erschließung der Zukunftstechnologie bereitstellen. Dies schließt eine Entwicklung nachhaltiger
Nanotechnologien ebenso ein wie Risikoforschung.
Wir werden alle notwendigen Ressourcen für die Risikoforschung bereitstellen, um eine nachhaltige
Analyse aller Vorteile und Risiken der Nanotechnologie zu ermöglichen. Die im Aktionsplan
beschriebene Erhöhung der Fördermittel für die Risikoforschung muss ausreichend sein, um die
derzeit offenen Felder Umweltverhalten, Lebenszyklusanalysen und Langzeituntersuchungen
abzudecken.
Wir setzen uns dafür ein, im Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ der Europäischen Union
innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für die Nanotechnologie zu schaffen. Dabei geht es uns
darum, die Aktivitäten zur Förderung der Forschung und des Wissens- und Technologietransfers
durch eine begleitende wissenschaftliche Analyse der Auswirkungen und Risiken der
Nanotechnologie zu unterstützen.
Wir werden die begleitenden Dialogaktivitäten mit allen Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und
Gesellschaft deutlich ausbauen Es ist jedoch notwendig, die verschiedenen derzeit bestehenden
Dialogergebnisse unter dem Dach der Hightech-Strategie zu bündeln, um mehr Transparenz zu
schaffen und einen hohen öffentlichen Bekanntheitsgrad zu erreichen, um eine Partizipation aller am
Bereich Nanotechnologie interessierten Gruppen anzuregen und ihre Ergebnisse im Sinne von
Handlungsempfehlungen für die Politik zusammenzuführen.
Gentechnisch veränderte Organismen
Die Biotechnologie stellt eine große Chance für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort
Deutschland und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit dar. Wir setzen uns für eine in sich
geschlossenen Strategie für die „rote“, „grüne“, „weiße“ und zunehmend auch „blaue“
Biotechnologie, für eine bessere medizinische Versorgung, gesunde landwirtschaftliche Produkte,
Ressourcen schonende und umweltverträgliche Produktionsprozesse und Medikamente und
Wirkstoffe ein.
Die Biotechnologie bietet viele Lösungen: für die Medizin neuartige Medikamente, für die Industrie
umweltschonende Verfahren. Das volle Potential der Biotechnologie wurde bislang noch nicht
ausgeschöpft. Dies kann sich aber durch eine engere Verzahnung von Bio- und
Ingenieurwissenschaften ändern. Mit dem Strategieprozess "Nächste Generation biotechnologischer
Verfahren" werden Visionen entwickelt, die die notwendigen Forschungs- und Entwicklungsschritte
erarbeitet und Forscher aus den Bio- und Ingenieurwissenschaften zusammengebracht. Es sind Ideen
für Produkte, die vielleicht erst in 10, 15 oder 30 Jahren auf den Markt kommen werden. So ist zum
Beispiel eine künstliche Bauchspeicheldrüse denkbar, die als Implantat bei Diabetes-Patienten den
Blutzucker-Spiegel misst, Insulin herstellt und selbst ins Blut abgibt. Das könnte gegenüber heutigen
Medikamenten eine große Erleichterung für Patienten darstellen.
Wirtschaft und Finanzen
1. In welchem Umfang sind Sie dafür, den Finanzsektor – über die bisher getroffenen Maßnahmen
hinaus – zu regulieren?
In der laufenden Legislatur wurden zahlreiche Maßnahmen zur Regulierung von Finanzmärkten
umgesetzt, weitere Initiativen angestoßen. Eine Vielzahl von EU-Richtlinien und Verordnungen muss
jetzt finalisiert und verabschiedet oder- soweit schon geschehen - in der Praxis effektiv umgesetzt
werden. Dazu zählen die Einführung der höheren Risikovorsorge bei Banken (CRDIV), Versicherungen
(Solvency II) und Fonds (OGAW, AIFM) sowie die bessere Kontrolle und Haftung beim Handel und der
Vermittlung von Finanzprodukten einschließlich Derivaten (MIFID und EMIR, Hochfrequenzhandel).
Bereits umgesetzte Maßnahmen zur Erhöhung des finanziellen Verbraucherschutzes
(Finanzanlagevermittlergesetz, Honorarberatung) wollen wir fortentwickeln, um insbesondere beim
Thema Transparenz von Risiken und Kosten für alle Produkte gleiche Voraussetzungen zu schaffen.
Hierfür muss vor allem die Novelle der Versicherungsvermittler-RL genutzt werden. Die neuen EUFinanzmarktsaufsichten müssen ebenfalls fortentwickelt werden. Effektive grenzüberschreitende
Mechanismen zur Bankensanierung und Abwicklung müssen ebenso vorangebracht werden wie die
effektive Bankenaufsicht, die im Jahre 2014 unter enger Einbindung der EZB ihre Arbeit aufnimmt.
Schließlich bedarf es in Deutschland wie auch in Europa einer mittel- und langfristig sinnvollen
Strategie, um Finanzinstituten mit tragfähigen Geschäftsmodellen eine faire Chance im Wettbewerb
zu geben, gleichzeitig aber die Steuerzahler zu schützen und nicht mehr zukunftsfähige Institute
abzuwickeln. Insgesamt muss vor allem der Finanzplatz Deutschland so aufgestellt werden, dass er
seiner Aufgabe der Finanzierung einer weltweit führenden Wirtschaftsnation in seiner Finanzierungsund Dienstleisterfunktion ebenso gerecht wird wie der verlässlichen Alters-und Vermögensvorsorge.
Die risikoadäquate Ausgestaltung, die Wettbewerbsfähigkeit dienende Funktion des Finanzsektors
für die Kunden und eine damit verbundene neue Bankenkultur sind Richtschnur für liberale
Finanzmarktpolitik.
2. Wo sehen Sie die Grenzen der Privatisierung von öffentlichen Gütern (z.B. Wasser- und
Energieversorgung)?
Grundsätzlich besteht im Bereich der Wasser- und Energieversorgung keine Notwendigkeit, diese
durch öffentliche Unternehmen zu erbringen. Aufgabe des Staates ist es hingegen, die notwendigen
Rahmenbedingungen so zu formulieren und durchzusetzen, dass eine im demokratischen
Willensbildungsprozess definierte Qualität zu den niedrigsten Kosten bereitgestellt wird. Dabei
sollten im Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen jene zum Zuge kommen,
die eine geforderte Norm preisgünstig – also effizient – erbringen können.
3. Welche Schritte halten Sie in der Sozialpolitik für vordringlich (z.B. Altersarmut, Mindestlohn,
Kinderbetreuung, Pflege) und wie sind diese Maßnahmen finanzierbar?
In der Sozialpolitik wollen wir Chancen schaffen statt Mangel verwalten. Wir wollen die
Voraussetzungen schaffen, dass sich jeder Mensch in unserem Land frei entfalten, Hindernisse
überwinden und nach seinen Vorstellungen glücklich werden kann. Die faire Chance auf die Erfüllung
des eigenen Lebenstraums muss von der Herkunft abgekoppelt werden. Deshalb haben Investitionen
in Bildung für uns Priorität.
Wir schaffen Chancen, indem wir die Sozialsysteme weiter verlässlich ausgestalten und den
tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen anpassen. Bis 2009 wurde in den Sozialsystemen der
Mangel verwaltet. Allein in der gesetzlichen Krankenversicherung fehlten damals Milliarden. Wir
haben die Trendwende geschafft und die Sozialkassen wieder auf stabile Beine gestellt. Wir wollen
die Kosten im Griff behalten und damit die Voraussetzung schaffen, dass auch in Zukunft jedem
geholfen werden kann, der diese Hilfe benötigt.
Der demographische Wandel stellt die Frage der Finanzierung zwischen den Generationen neu.
Deshalb brauchen wir eine Stärkung der Kapitaldeckung in allen Sozialversicherungszweigen. In der
privaten Pflege-Vorsorgeförderung haben wir einen ersten wichtigen Schritt erreicht. Diesen Weg
gehen wir weiter. Wir wollen die Lohnzusatzkosten weiter bei deutlich unter 40 Prozent stabilisieren
und Überschüsse in den Sozialversicherungen in geeigneter Weise an die Beitragszahler zurückgeben.
Arbeitsmarktpolitik ist Chancenpolitik, die mehr Menschen den Einstieg in Arbeit ermöglicht – und
damit Chancen für das eigene Leben schafft. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Jugendarbeitslosigkeit ist
so niedrig wie in keinem anderen europäischen Land. Seit dem Herbst 2009 sind in Deutschland 1,6
Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Das ist ein Erfolg der Menschen, die
in Deutschland durch ihren Fleiß Wachstum und neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Aber es ist
auch ein Erfolg der Liberalen. Den Weg für mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt wollen wir
fortsetzen.
Teilantwort: Auch in der nächsten Wahlperiode wird der Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur
eine wichtige Rolle spielen. Mit dem Rechtsanspruch auf Betreuung für die unter 3jährigen und dem
Kita-Ausbau, der bis 2015 fortgesetzt wird, sind wir einen großen Schritt vorangekommen. Für die
FDP ist besonders wichtig, dass die Qualität der Betreuung verbessert und die Öffnungszeiten
ausgeweitet werden. Dies ist für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine
elementare Voraussetzung. Wir wollen deshalb die Qualifizierungsoffensive fortsetzen; ebenso die
Förderung von Betriebskitas und das Festanstellungsprogramm. Wichtig ist auch die Stärkung von
Tagesmüttern und Tagesvätern, die einen wichtigen Pfeiler in der Kinderbetreuung darstellen. Für
den weiteren Ausbau ist die gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen
notwendig, da der Bund nach unserer föderalen Ordnung die Kommunen nicht direkt unterstützen
kann.
Zweitens wird es darum gehen, die über 150 ehe-und familienpolitischen Leistungen aufgrund der
Erkenntnisse der Evaluation neu auszurichten, zu bündeln und zielgenauer zu gestalten. Da die
Evaluation noch nicht abgeschlossen ist, wäre es verfrüht, hier Einzelvorschläge herauszugreifen.
Angesichts von 200 Mrd. €, die für ehe- und familienpolitischen Leistungen jährlich ausgegeben
werden, müssen wir uns aber fragen, welche Ziele mit den einzelnen Leistungen verfolgt werden und
mit welchen Indikatoren wir den Erfolg der Leistungen messen. Es geht nicht darum, den
Leistungskatalog zusammenzustreichen, sondern darum, das Geld zielgenau einzusetzen und die
Leistungen transparent zu machen.
Entwicklungspolitik
1. Was muss sich ändern, damit sich Deutschland zu einem Einwanderungsland entwickelt, das
Menschen aufnimmt, die bei uns Asyl beantragen. Welches ist Ihr politischer Beitrag dazu, dass
AsylbewerberInnen entgegen der derzeitigen Regelung im Asylbewerberleistungssetz
a) ein Recht aus Sozialhilfe und Grundsicherung (Hartz IV) erhalten,
b) die Leistung des notwendigen Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Kleidung usw. nicht mehr
durch diskriminierende Wertgutscheine, sondern durch Geld erhalten?
Der Zugang zu Asyl in Deutschland müssen alle Personen bekommen, die Anspruch darauf haben.
Dieses Recht wird nicht in Frage gestellt.
Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz angehoben werden müssen. Das war längst überfällig.
Asylbewerber sollen darüber hinaus ab dem ersten Tag ihres legalen Aufenthalts arbeiten dürfen. Es
entspricht unserem liberalen Selbstverständnis, dass Menschen nicht zum Bezug von Leistungen des
Staates gezwungen werden.
2. Wie können Sie dazu auf der politischen Ebene helfen, dass Verletzungen der Menschenrechte
an Flüchtlingen aus Afrika an den außengrenzen der Europäischen Union und in den Staaten
Nordafrikas unterbleiben? (Abschottung Europass durch FRONTEX, Ertrinken von Flüchtlingen im
Mittelmeer, Misshandlungen bis zum Mord?)
Die Mitglieder des Deutschen Bundestages informieren sich regelmäßig insbesondere im
Innenausschuss über die Einsätze von FRONTEX. Dazu gibt es Berichte der Bundesregierung. Auch die
Möglichkeit der Nachfrage besteht. Allerdings sind die Möglichkeiten auf nationaler Ebene auch
begrenzt. Aber die Möglichkeiten, die bestehen, werden konsequent genutzt.
3. Welche Möglichkeiten sehen Sie, durch Einflussnahme des Bundestages ein gemeinsames
europäisches Asylsystem auf der Grundlage menschenrechtlicher Standards zu schaffen. Welchen
Beitrag kann Deutschland dazu leisten?
Verhandlungen zu Neuregelungen auf europäischer Ebene werden grundsätzlich unter den
Regierungen der Mitgliedstaaten in Abstimmung mit dem Europäischen Parlament und der
Europäischen Kommission getroffen. Auch bei den Verhandlungen des europäischen Asylsystems
wird entsprechend vorgegangen. Ein Abschluss der Verhandlungen ist zeitnah zu erwarten.
Frieden und Gerechtigkeit
1. Welche politischen Maßnahmen gedenken Sie konkret zu veranlassen, um der zivilen
Krisenbewältigung wie –nachbereitung mehr Wirkung zu verschaffen und wie wollen Sie erreichen,
dass nachhaltig wirksame politische Konfliktlösungskonzepte erarbeitet werden, bevor der Einsatz
militärischer Kräfte beschlossen wird?
Treten Sie für einen vollständigen Abzug aller BundeswehrsoldatInnen – einschließlich der
AusbilderInnen – ein und befürworten Sie stattdessen en verstärktes Engagement der
Bundesrepublik Deutschland beim zivilen Aufbau (Polizei, Schulen, Gesundheitswesen,
Infrastruktur)?
Gerade die FDP tritt seit vielen Jahren für das Primat der Politik und für eine Kultur der militärischen
Zurückhaltung ein. Die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Ministerien wurde durch die
Bundesregierung in dieser Legislaturperiode umfassend verbessert und dabei vor allem der zivile
Anteil bei der Krisen- und Konfliktbewältigung in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt. Der
Wechsel in der Afghanistanstrategie, die Einbindung aller Aktivitäten in ein politisches
Gesamtkonzept sowie die Reduzierung der militärischen bei gleichzeitiger Weiterführung und
Verstärkung der zivilen Ansätze unterlegen diese praxisorientiere Politik. Die Beschlüsse der BonnKonferenz zu Afghanistan in 2011 und der Tokio-Konferenz in 2012, die beide den Rahmen für die
internationale Zusammenarbeit mit Afghanistan nach Beendigung des ISAF-Einsatzes 2014 bildeten,
machten mehr als deutlich, dass künftig den zivilen Mitteln und Instrumenten zur
Konfliktbewältigung der absolute Vorrang eingeräumt werden soll.
Auch in der Frage nach dem deutschen Beitrag zur Bewältigung der Mali-Krise war es v. a.
Außenminister Westerwelle, der klar machte, dass wir uns zwar im Rahmen der UN-Resolution 2085
durch Transport und Ausbildung militärisch beteiligen werden, aber den Schwerpunkt der
Anstrengungen auf den politischen Prozess, den Wiederaufbau und die Entwicklungszusammenarbeit
legen.
Manchmal ist es aber einfach nicht möglich, ohne ein gewisses militärisches Engagement die
Voraussetzungen für eine ungehinderte Anwendung der zivilen Krisenbewältigungsinstrumente zu
schaffen. Dieser Einsicht kann man sich realistischer Weise nicht verschließen. Deswegen tritt die FDP
auch für eine entsprechend ausgebildete und ausgerüstete Bundeswehr ein, die – neben ihren
Aufgaben zur Landes- und Bündnisverteidigung – ihren festen Platz in den außen- und
sicherheitspolitischen Überlegungen der Bundesregierung und ihrer internationalen Partner zur
Krisenvorbeugung, Konfliktbewältigung und Konfliktnachbereitung hat. Ihr Status als
Parlamentsarmee sorgt dafür, dass ihre Einsätze durch das Parlament im Vorfeld diskutiert,
entschieden und eng parlamentarisch begleitet werden.
2. In welchen Grenzen und nach welchen Normen sind Rüstungsexporte vertretbar? Wie stehen Sie
zur Forderung nach einer konsequent restriktiven Genehmigungspraxis, grundsätzlicher
Veröffentlichungspflicht aller geplanten und durchgeführten Rüstungsexporte sowie zur Vergabe
von Hermes-Bürgschaften für diese?
Für die FDP steht eine Aufweichung der derzeit geltenden restriktiven Rüstungsexportrichtlinien
nicht zur Debatte. Sie geben unverändert die Grenzen und Normen vor, nach denen es einer
Bundesregierung möglich ist, Rüstungsexporte zu genehmigen. Jeder Einzelfall muss entsprechend
abgewogen und entschieden werden. Dies wird bisher in einem geheimen Verfahren im
Bundessicherheitsrat durchgeführt und das Parlament erst im Anschluss, teilweise mit erheblichen
Verzögerungen, informiert. Hier sehen wir Änderungsbedarf und setzen uns für eine zeitnähere
Veröffentlichung von Berichten über abgeschlossene Exportentscheidungen sowie für eine
vertrauliche Vorabinformation des Bundestages über anhängige Rüstungsexportentscheidungen in
einem dafür gesondert zu bestimmenden Gremium ein – vergleichbar dem Parlamentarischen
Kontrollgremium für die Geheimdienste.
3. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat sich in ihrer Denkschrift „Aus Gottes Frieden leben –
für gerechten Frieden sorgen“ (2007) gegen Atomwaffen im Verteidigungskonzept ausgesprochen.
In Büchel – also im Gebiet der Ev. Kirche im Rheinland - lagern Atomwaffen. Welche Möglichkeit
sehen Sie als Abgeordnete / r, darauf hinzuwirken, dass alle Atomwaffen aus Deutschland
abgezogen werden?
Der Abzug der taktischen Atomwaffen aus Deutschland ist und bleibt eine Forderung der FDP.
Allerdings verbunden mit der Einsicht, dass wir dies nur gemeinsam mit unseren Partnern in der
NATO beschließen und umsetzen können. Die NATO ist nach wie vor unser wichtigster
sicherheitspolitischer Anker. Wir können es uns politisch nicht leisten, einseitige oder nicht
abgestimmte Entscheidungen, die dann auch das gesamte Bündnis betreffen, isoliert zu fällen. Ein
System kollektiver Verteidigung und Sicherheit setzt eine entsprechende Abstimmung mit den
Partnern voraus. Ein Austritt aus der NATO wird gerade angesichts der sicherheitspolitischen
Herausforderungen in einer globalisierten Welt von der FDP abgelehnt.
Bundesaußenminister Westerwelle ist es dennoch gelungen, das Thema Abrüstung wieder auf die
politische Tagesordnung der NATO zu setzen. Im neuen strategischen Konzept der NATO wurde das
Ziel der nuklearen Abrüstung gerade auf deutsches Drängen hin prominent aufgenommen und
diesem wichtigen Thema wurde dabei ein eigener Abschnitt gewidmet. Allerdings werden ohne die
Bereitschaft der USA und Russlands signifikante Abrüstungsschritte nur schwer zu erreichen sein.
Nach der Wiederwahl von Präsident Obama könnten sich aber neue Chancen zur weiteren
Reduzierung der strategischen und taktischen Nuklearwaffen im Dialog mit Russland ergeben, die
ggf. einen schrittweisen Abzug dieser Waffen aus Europa ermöglichen. Das formulierte Ziel einer
nuklearwaffenfreien Welt wird von der FDP außenpolitisch nachhaltig unterstützt.