9. Videokonferenz am Freitag, 22.11.2013 (Protokoll) - Maria

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9. Videokonferenz am Freitag, 22.11.2013 (Protokoll) - Maria
9. Videokonferenz am Freitag, 22.11.2013 (Protokoll)
Maria-Ward-Schule Aschaffenburg
(Aschaffenburg, Bayern, Deutschland)
mit “Fe y Alegría 17” Villa el Salvador
(Villa el Salvador, Lima, Peru)
Beginn:
(Peru)
Ende:
(Peru)
Ort:
14:08 Uhr (Deutschland) / 8:08 Uhr
14:44 Uhr (Deutschland) / 8:44 Uhr
Raum 234 Neubau
Anwesende:
Lehrkräfte:
Deutschland:
Peru:
Sonja Becker
Eva Kleinschnitz
Antonio Orestes Cerna Reyes
Judith Narda Peña Zuñiga
Freiwillige:
Natalie
(Freiwillige aus Tübingen)
SchülerInnen: 10 Schülerinnen der Q12
6 Schülerinnen der Q11
3 Schülerinnen der 10a
Schüler und Schülerinnen
aus dem “4° año Secundaria” (10. Klasse)
Thema:
Jugendkriminalität
1. Begrüßung
Kurze Begrüßung von peruanischer Seite durch Antonio und Judith, sowie durch die
Freiwillige Natalie aus Tübingen, die gerade ein freiwilliges Jahr in der Schule Fe y
Alegría absolviert.
Kurze Begrüßung auch von einer peruanischen Schülerin, die ein paar deutsche
Grußworte vorträgt.
Kurze Begrüßung von deutscher Seite durch Sonja Becker und Eva Kleinschnitz.
2. Was verstehen wir unter dem Begriff “Jugendkriminalität” (delincuencia juvenil)
FyA: Unter Jugendkriminalität versteht man sämtliche Straftaten, die durch
Jugendliche jeden Tag in Villa El Salvador verübt werden. Der Prozentsatz steigt
aufgrund des Misstrauens der Bevölkerung gegenüber Leuten, die von außerhalb in
die Stadt kommen.
MWS: Jugendliche unter 14 Jahren sind nicht strafmündig. Der Begriff der
Jugendkriminalität bezieht sich auf kriminelle Straftaten von Jugendlichen zwischen 14
und 17 Jahren. Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren können nach dem Jugendoder nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Die Art der Bestrafung hängt
davon ab, ob es sich um ein Delikt handelt, das auf die noch nicht ausreichend
entwickelte Reife eines Jugendlichen zurückzuführen ist oder ob eine schwere Straftat
begangen wurde, wie sie auch von reifen Erwachsenen verübt wird. Zu den am
häufigsten von Jugendlichen verübten Straftaten zählen Diebstahl, Einbruch,
Körperverletzung, Alkoholmissbrauch und Vandalismus.
3. Alter und Geschlecht der kriminellen Jugendlichen
FyA: Die meisten straffälligen
Jugendlichen sind junge Männer
zwischen 13 und 17 Jahren. Die
entsprechenden Delikte sind
Handtaschendiebstahl, Schnüffeln
giftiger Substanzen, Rauchen von
Marihuana und das Aufhalten in
Banden. Die jungen Frauen, die
straffällig werden, sind häufig
zwischen 14 und 16 Jahre alt,
allerdings verüben diese deutlich
seltener Straftaten als ihre
männlichen Kollegen.
MWS: Etwa 26 % der begangenen
Straftaten begehen Personen unter 21 Jahren. Die Jugendlichen sind die Gruppe
innerhalb der Bevölkerung, die am häufigsten Straftaten begeht. Dabei handelt es sich
hauptsächlich um Jugendliche zwischen 17 und 18 Jahren. Die Mehrheit der Straftäter
sind Männer. Etwa 80 % der Jungen haben bereits mindestens ein Delikt hinter sich.
4. Ursachen und Folgen der Jugendkriminalität in unserem Land
FyA: Die Armut ist im Grunde die Hauptursache sämtlicher Delikte. Sie führt dazu,
dass Eltern die meiste Zeit ihre Kinder vernachlässigen, da sie einen großen Teil des
Tages mit Arbeiten verbringen müssen. Den Kindern und Jugendlichen fehlt es an
Freizeitangeboten. In Villa El Salvador gibt es kaum sichere öffentliche Aufenthaltsorte.
Den Medien fehlt es an gesellschaftlichen Werten. Außerdem mangelt es den
Familienvätern an nötigem Wissen und Erfahrung, um angemessen mit den
psychologischen und körperlichen Veränderungen ihrer Kinder umzugehen. Der
Mangel an Arbeit führt dazu, dass die Jugendlichen immer weniger Möglichkeiten
haben.
Die Folgen sind schwangere Mädchen und jugendliche Väter, die weiterhin in Armut
leben. Außerdem kommt es immer wieder zu familiärer Ausgrenzung, da viele Väter
ihre Töchter verlassen. Die Jugendlichen rutschen in kriminelle Milieus ab, trinken
Alkohol und beginnen schon in jungem Alter zu rauchen. Insgesamt eine Gesellschaft
mit wenigen gesellschaftlichen Werten.
MWS: Jugendkriminalität hat nicht nur eine Ursache, vielmehr spielen viele Faktoren
eine Rolle. Eine Ursache könnte eine unzureichende Schulausbildung sein. Fast 80 %
der jugendlichen Straftäter haben ihre Schulausbildung nicht zu Ende geführt und dies
hat zur Folge, dass sie keine vernünftige berufliche Ausbildung machen können. Aus
diesem Grund fehlen ihnen Erfolgserlebnisse und sie sind frustriert, da sie keine
Perspektive sehen. Außerdem haben sie dementsprechend ohne Arbeit auch kein
Geld.
Ein weiterer Faktor ist die schlechte Erziehung, wenn manche Kinder in einer nicht
intakten Familie leben. Es ist in der Tat ein Problem, wenn die Person fehlt, die ihnen
die Werte des Lebens beibringt, die ihnen lehrt, was Geduld, Hilfsbereitschaft und
Vertrauen bedeutet, was es heißt, eine Meinung zu haben und zu vertreten.
Außerdem erhöht sich die Gewalttätigkeit, wenn die Eltern keine klaren Regeln
vorgeben bzw. deren Einhaltung nicht einfordern. Auf diese Weise können die Kinder
nicht lernen, was richtig und was falsch ist, wenn ihre Eltern jedes Mal unterschiedlich
reagieren.
Weiterhin hat es schwerwiegende Konsequenzen, wenn Jugendliche in ihrer Kindheit
seelische und körperliche Gewalt spüren mussten. Wenn zum Beispiel Eltern ihre
Probleme mit Gewalt gelöst haben, so sehen die Kinder diese Gewalt als normal an
und lernen, so auch ihre eigenen Probleme zu lösen. Außerdem hat es einen
traumatischen Effekt, wenn Kinder misshandelt werden, zum Beispiel sexuell.
Weitere Probleme sind Alkohol und Drogen. Die meisten Jugendlichen sind betrunken,
wenn sie eine Straftat begehen.
Wenn Jugendliche eine Straftat begangen haben, kann dies verschiedene Folgen nach
sich ziehen. Zum Beispiel kann es dazu führen, dass sie ins Gefängnis müssen oder
dazu verpflichtet werden, in einer sozialen Einrichtung zu arbeiten. Außerdem haben
es die Jugendlichen schwer, eine Arbeit zu finden, da potenzielle Arbeitgeber oft keine
vorbestraften Jugendlichen einstellen wollen. Haben die Jugendlichen keine Arbeit,
haben sie auch kein Geld, zum Beispiel für eine Wohnung. Dann müssen sie bei den
Eltern leben und wenn sie dort kein unabhängiges und strukturiertes Leben führen
können, kann diese unzufriedenstellende Situation dazu führen, dass sie weitere
Straftaten begehen. Oft ist dies ein Teufelskreis. Natürlich gibt es aber auch die
Möglichkeit, dass jemand den Jugendlichen hilft, sofern sie dies auch wollen und diese
Hilfe annehmen.
5. Die häufigsten Straftaten in unserem Land (Lima und VES bzw. Berlin und
Aschaffenburg
FyA: Die häufigsten Straftaten sind Handtaschendiebstahl, Eintritt in Banden, die
andere überfallen, schlagen, Fensterscheiben von Häusern einschlagen, der Verkauf
von giftigen Substanzen, usw. In letzter Zeit wurden auch immer wieder Minderjährige
als Auftragskiller angeheuert, vor allen in den Provinzen.
MWS: Die meisten Straftaten sind weniger schwerwiegend. Die Schwere der Delikte
wächst mit zunehmendem Alter. Diebstahl in Geschäften sowie Diebstahl von Taschen
und Fahrrädern sind die häufigsten Straftaten. Diese nehmen etwa 50 % der
Jugenddelikte ein. Etwa 30 % der jugendlichen Straftäter sind in Drogengeschäfte
involviert. Außerdem kommt es bei Jugendlichen immer wieder zu Körperverletzungen,
Beleidigungen, Sachbeschädigungen.
Auffallend ist es, dass es sich bei 20 % der Straftäter um Immigranten handelt, vor
allem aus der Türkei. Etwa 75 % der Straftäter sind Männer.
Frankfurt (eine große Stadt in der Nähe von Aschaffenburg) ist die Stadt mit den
meisten Straftaten Deutschlands. Hier ist das häufigste Verbrechen der Drogenhandel.
In unserer Hauptstadt Berlin sind die häufigsten Delikte Diebstahl und Vandalismus.
6. Juristische Beschlüsse, die es zu diesem Thema gibt
FyA: Das Gesetz schreibt für die Jugendlichen, die schwere Straftaten (schweren
Diebstahl, verbotenen Drogenhandel, Vergewaltigung und Totschlag) begangen haben,
eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.
Das große Problem ist, dass die Jugendlichen, nachdem sie aus der Haft entlassen
werden, im Grunde genommen noch mehr Erfahrung mit Verbrechen haben als zuvor.
Das Land Peru ist nicht darauf vorbereitet, sie in die Gesellschaft einzubeziehen.
MWS: In Deutschland gibt es ein Gesetz zum Schutz der Minderjährigen, das regelt,
dass Jugendliche unter 16 Jahren vor 22 Uhr zuhause sein müssen. Die Jugendlichen
zwischen 16 und 18 Jahren dürfen bis Mitternacht ausgehen, danach dürfen sie nicht
mehr ohne Eltern unterwegs sein. Im Allgemeinen ist es meistens so, dass die meisten
Feierlichkeiten für Leute ab 18 Jahren sind und wer keinen Ausweis dabei hat, der ihm
seine Volljährigkeit bestätigt, darf nicht an der Feier teilnehmen.
In Deutschland gibt es Altersbeschränkungen für vieles. Beispielsweise darf man keine
Zigaretten kaufen, wenn man unter 18 ist. Außerdem dürfen keine brutalen Filme
angeschaut sowie sehr gewalttätige Videospiele gekauft werden. An den Filmen ist es
in der Regel mit einem Zeichen vermerkt, ob man den Film kaufen darf oder ob man zu
jung dafür ist.
In Deutschland gibt es ein Jugendstrafgesetz, das den Umgang mit jugendlichen
Straftätern regelt. Es gilt vor allem für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren,
manchmal ebenso für 18 bis 21 Jährige, abhängig von den jeweiligen Umständen.
Wenn verschiedene Erziehungsmaßnahmen nicht die gewünschte Wirkung erzielen,
müssen die Jugendlichen ihre Haftstrafe im Gefängnis absitzen. Mögliche Strafen für
Jugendliche gemäß diesem Gesetz: Arbeiten bzw. eine Ausbildung beginnen,
Abfindungszahlungen an das Opfer, Hausverbote für bestimmte Orte oder
Einrichtungen, Geldstrafen zugunsten sozialer Einrichtungen, Arbeiten in sozialen
Einrichtungen ohne dabei Geld zu verdienen.
7. Was schlagen die Politiker zu diesem Thema vor?
FyA: Manche peruanischen Politiker schlagen vor, per Gesetz härtere Strafen für
schwere Delikte festzulegen. Die Politiker in Peru sind sich jedoch nicht einig, ob sie es
vorziehen sollten, die jugendlichen Straftäter zur Abschreckung hart zu bestrafen oder
ob sie in erster Linie den Schutz der Kinder und Jugendlichen im Sinn haben sollten.
MWS: Die Politiker schlagen vor, dass die Jugendlichen bei schwerwiegenden Delikten
zur Abschreckung für vier Wochen ins Gefängnis gehen sollten. Außerdem könnten
jugendliche Straftäter für eine gewisse Zeit im Heim untergebracht werden. Wenn die
Jugendlichen nicht in die Schule gehen, sollen die Eltern 5000 € Strafe zahlen.
Weiterhin schlagen sie eine psychologische Betreuung für die jugendlichen Straftäter
vor. Ganz aktuell wird diskutiert, dass der Führerschein entzogen werden soll, wenn
Geldstrafen nicht die gewünschte Wirkung erzielen.
8. Abschließende Frage: Sollen jugendliche Straftäter wie Erwachsene bestraft
werden?
FyA: Statt zu bestrafen, sollten unsere Länder vielmehr am Schutz und an der
Vermeidung von Straftaten durch Kinder und Jugendlichen arbeiten. Man sollte ihnen
öffentliche Plätze für ihre Freizeitaktivitäten anbieten, den jugendlichen Familienvätern
helfen, ihre Eingliederung in die Gesellschaft fördern, sowie den Jugendlichen
Erziehung und Arbeit bieten.
MWS: PRO: Sobald in Deutschland jemand 18 Jahre alt ist, so ist er verantwortlich für
das, was er tut. Außerdem hat jeder einzelne Verpflichtungen und Rechte. Man darf an
politischen Wahlen teilnehmen, eine Wohnung mieten, eine Eheschließung eingehen.
Aus diesem Grund wäre es nur logisch, dass jugendliche Straftaten wie die der
Erwachsenen bestraft werden, da die Jugendlichen in Überstimmung mit dem Gesetz
bereits zu allem berechtigt sind, wozu auch die Erwachsenen berechtigt sind.
Es gibt viele Gründe, warum Jugendliche andere Personen angreifen und oft erzeugen
sie dabei großen Schaden. Das Problem ist häufig, dass die anderen vorher nichts
getan haben. Viele Jugendliche, die anderen Schaden zufügen, kommen aus der einer
anderen Schicht und haben weder Arbeit noch Geld. Deshalb sind sie verzweifelt,
aggressiv und gemein zu anderen Personen.
Jedoch ist das natürlich nicht akzeptabel, andere Personen zu verletzen, nur weil sie
Probleme haben. Niemand ist verantwortlich für deren Probleme. Eben diese Straftaten
müssen wie bei Erwachsenen bestraft werden, denn so dürfen Menschen nicht
behandelt werden und man muss ihnen die Grenzen aufzeigen.
CONTRA:
In Deutschland gibt es einen Unterschied zwischen dem Jugendstrafrecht und dem
Erwachsenenstrafrecht. Es gibt Gründe, warum Jugendliche und Erwachsene
unterschiedlich behandelt werden. Bei der Beurteilung einer Straftat ist es wichtig, die
geistige Reife der Jugendlichen zu berücksichtigen. Ist diese noch nicht ausgeprägt
wie bei Erwachsenen, soll den Jugendlichen die Möglichkeit zur Reflexion gegeben
werden. Für die Jugendlichen, die bereit sind, sich zu verändern, ist es nicht gerecht,
dass das Gericht die Jugendlichen wie Erwachsene verurteilt. Es ist zu beachten, dass
harten Strafen nicht bedeuten, dass kriminelle Personen in Zukunft nicht trotzdem
weitere Delikte begehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jugendliche ab 18 Jahren aufgrund ihrer
verantwortungsvollen Rolle in der Gesellschaft wie Erwachsene zu behandeln und
auch zu bestrafen sind, wenn sie die Straftat mit vollem Bewusstsein begangen haben.
9. Verabschiedung beider Schulen
Beide Schulen bedanken sich für die Videokonferenz.
Wir freuen uns auf das nächste Mal!
10. Fazit für uns
Die Bildqualität war dieses Mal besser als das letzte Mal. Die Tonqualität an sich war in
Ordnung – nachdem anfangs die Soundkarte gestreikt hatte – jedoch müssten prinzipiell
beide Seiten lauter sprechen und näher ans Mikrofon gehen. Es gab dieses Mal keine
Übersetzung zwischen den Beiträgen, dies hat Zeit gespart, so dass wir diesmal in einem
angenehmen Zeitrahmen bleiben könnten.
Protokoll: Sonja Becker