Bundestag beschließt Bundeswehrreform

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Bundestag beschließt Bundeswehrreform
Bundestag beschließt Bundeswehrreform-Begleitgesetz
Der Deutsche Bundestag hat am 14. Juni 2012 das Bundeswehrreform-Begleitgesetz verabschiedet. Am 6. Juli 2012 soll das Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat abgeschlossen
werden.
Das Gesetz stellt in erster Linie die notwendigen Instrumente zur Verringerung und
Verjüngung des Personalbestandes der Bundeswehr bereit und soll gleichzeitig die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber sichern.
Die neue Zielstruktur der Bundeswehr sieht einen künftigen Personalumfang von bis zu
185.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 55.000 Haushaltsstellen für zivile Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter vor. Der Abbau des Personalüberhangs (etwa 6.200 Soldatinnen und Soldaten
sowie 3.000 Beamtinnen und Beamte) soll vorrangig durch eine Weiterbeschäftigung von
Soldatinnen und Soldaten sowie Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst oder in der
Privatwirtschaft erfolgen. Nur wenn keine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, kommt für eine begrenzte Personenzahl (bis zu 3.100 Soldatinnen/Soldaten und bis zu
1.500 Beamtinnen/Beamte) eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand in Betracht.
Das Gesetz sieht hierzu folgende wesentliche Regelungen vor:
1. Beurlaubungsregelungen
a) Berufssoldatinnen und Berufssoldaten können sich unter Belassung ihrer Dienstbezüge bis zu drei Jahre beurlauben lassen, um die für eine zivile Beschäftigung im
öffentlichen Dienst erforderliche Qualifikation zu erwerben oder um eine Erprobungszeit abzuleisten.
Unter Fortfall der Dienstbezüge ist eine Beurlaubung für längstens drei Jahre möglich,
um eine Beschäftigung in der Privatwirtschaft zu erproben. Diese Zeit ist grundsätzlich ruhegehaltfähig.
Für eine dauerhafte Beschäftigung in der Privatwirtschaft oder als Tarifbeschäftigte
bzw. Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst kann der Soldatin oder dem Soldaten ebenfalls unter Fortfall der Dienstbezüge - Urlaub bis zum Beginn des Ruhestands
gewährt werden. Diese Zeit ist nicht ruhegehaltfähig. Soweit die verbleibende Beschäftigungszeit bis zum Beginn des Ruhestands nicht ausreicht, um einen Rentenanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen, besteht die Möglichkeit
einer außerordentlichen Nachzahlung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen.
Die Zahlung dieser Beiträge übernimmt der Bund.
b) Zur Aufnahme einer Tätigkeit in der Privatwirtschaft stehen den Beamtinnen und
Beamten dieselben Optionen offen wie den Soldatinnen und Soldaten:
Sie können sich zunächst befristet - längstens für drei Jahre - zum Zwecke der Erprobung beurlauben lassen, wobei diese Zeit grundsätzlich ruhegehaltfähig ist. Für eine
dauerhafte Beschäftigung in der Privatwirtschaft erfolgt eine Beurlaubung unter Fortfall der Besoldung bis zum Beginn des Ruhestands. Diese Zeit ist nicht
ruhegehaltfähig. Den Beamtinnen und Beamten stehen dieselben Möglichkeiten zum
Aufbau einer Regelaltersrente offen wie den Soldatinnen und Soldaten.
Darüber hinaus können Beamtinnen und Beamte im Rahmen einer Weiterverwendung
bei anderen Dienstherren oder einer Bundesbehörde vor der Versetzung bis zu sechs
Monate zur Erprobung dorthin abgeordnet werden.
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2. Weiterbeschäftigung bei einem anderen Dienstherrn
Der Wechsel in eine anderweitige Verwendung im öffentlichen Dienst bzw. zu einem
anderen Dienstherrn kann mit Einbußen in der Besoldung verbunden sein. Für diesen Fall
erhalten die betroffenen Soldatinnen und Soldaten sowie Beamtinnen und Beamten als
Ausgleich eine Einmalzahlung. Die Höhe berechnet sich in Abhängigkeit von der Dauer der
bisher geleisteten Dienstzeit aus dem 18- bis maximal 27-fachen des Unterschiedsbetrages
zwischen alter und neuer Besoldung zum Zeitpunkt des Wechsels.
3. Vorzeitige Versetzung in den Ruhestand und Hinzuverdienstregelung
a) Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand nach dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz erfolgt mit Zustimmung der Soldatin oder des Soldaten bzw. auf Antrag der Beamtin oder des Beamten, nachdem festgestellt wurde, dass eine zumutbare Weiterverwendung des Betroffenen weder im Geschäftsbereich des BMVg noch bei einer
Bundesbehörde oder bei einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn möglich ist.
b) Für Berufssoldatinnen und Berufssoldaten ist eine vorzeitige Zurruhesetzung ab
dem 40. Lebensjahr möglich.
Erfolgt die Zurruhesetzung vor Vollendung des 50. bzw. 52. Lebensjahres
(Berufsunteroffiziere vor Vollendung des 50. Lebensjahres, Berufsoffiziere vor
Vollendung des 52. Lebensjahres), erhalten die Soldatinnen und Soldaten monatliche
Versorgungsleistungen in Höhe der bis dahin erworbenen Anwartschaften sowie einen
einmaligen steuerpflichtigen Ausgleich. Dieser beträgt 10.000 Euro für jedes Dienstjahr, um das die Versetzung in den Ruhestand vor dem regulären Zurruhesetzungszeitpunkt liegt.
Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, die nach Vollendung des 50. bzw. 52. Lebensjahres (Berufsunteroffiziere ab Vollendung des 50. Lebensjahres, Berufsoffiziere ab
Vollendung des 52. Lebensjahres) in den Ruhestand versetzt werden, beziehen die
Versorgung, die ihnen auch bei regulärem Ausscheiden zugestanden hätte.
c) Beamtinnen und Beamte müssen für eine vorzeitige Zurruhesetzung das 60. Lebensjahr vollendet haben. Ihre Versorgung bemisst sich nach der bis dahin abgeleisteten
Dienstzeit unter (fiktiver) Hinzurechnung der Zeit, die sie noch bis zum Erreichen der
für sie geltenden Altersgrenze hätten Dienst leisten müssen (sog. Erhöhungszeit). Abweichend vom regulären Steigerungssatz in Höhe von 1,79375 Prozent für jedes abgeleistete Dienstjahr beträgt der Steigerungsfaktor für die Erhöhungszeit 1,19583 Prozent.
d) Einkommen, das die vorzeitig ausgeschiedenen Soldatinnen und Soldaten sowie
Beamtinnen und Beamten neben ihrer Versorgung aus einer Beschäftigung in der Privatwirtschaft beziehen, wird nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet.
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4. Einmaliger Ausgleich beim Statuswechsel von der Berufssoldatin oder dem Berufssoldaten zur Soldatin oder zum Soldaten auf Zeit
Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, deren Dienstverhältnis nach § 45a Soldatengesetz in
das einer Soldatin oder eines Soldaten auf Zeit umgewandelt wird, erhalten als einmaligen
Ausgleich 10.000 Euro für jedes Jahr der abgeleisteten Wehrdienstzeit, höchstens jedoch für
20 Jahre. Dieser Ausgleich ist zu versteuern.
Die vorgenannten Instrumente kommen zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2017
zur Anwendung. Ausnahme ist Nummer 3 d (Hinzuverdienst), diese Regelung gilt für die
Betroffenen unbefristet. Ende 2014 wird eine erste Bilanz gezogen (Evaluierung), um die
Wirkung der Instrumente zu prüfen.
5. Weiterentwicklung der Berufsförderung für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit
Soldatinnen und Soldaten auf Zeit steht zum Ende ihrer Dienstzeit ein umfangreiches
Leistungspaket zu, das ihnen eine individuelle schulische und berufliche Qualifizierung
unter finanzieller Absicherung ermöglicht und so zu einer angemessenen
Wiedereingliederung in das zivile Erwerbsleben verhilft (Berufsförderung und befristete
Dienstzeitversorgung). Durch das Bundeswehrreform-Begleitgesetz wird dieses Leistungssystem den militärischen Forderungen nach einer Verlängerung der Stehzeiten angepasst
sowie modernisiert, flexibilisiert und erweitert:
a) Die Ansprüche auf Berufsförderung werden aus der aktiven Dienstzeit in die Zeit nach
Dienstzeitende verlagert.
b) Die bisher in zeitlichen Stufen gestaffelten Berufsförderungsleistungen werden künftig
linear gesteigert. Damit verbunden ist eine Erhöhung der Berufsförderungsansprüche
für fast alle Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, insbesondere für Kurzdiener.
c) Die monatlichen finanziellen Leistungen, die ehemalige Soldatinnen und Soldaten auf
Zeit während der Qualifizierungsphase erhalten (Übergangsgebührnisse), sowie die
Einmalzahlung am Ende der Dienstzeit (Übergangsbeihilfe) sind neu strukturiert und
moderat erhöht worden.
d) Ehemaligen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit mit Wehrdienstzeiten von mehr als 20
Jahren wird bei entsprechender Bedürftigkeit ein Unterhaltsbeitrag zur Unterstützung
des Lebensunterhalts gewährt, wenn die Wiedereingliederung in das zivile
Erwerbsleben keinen Erfolg hatte.
Die Neuregelungen zum Berufsförderungsrecht gelten im Wesentlichen für diejenigen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, die nach dem Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes neu in die Bundeswehr eintreten.
6. Verpflichtungsprämie für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit
Die Bundeswehr muss im zunehmenden Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs konkurrenzfähig bleiben. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, im Bedarfsfall zielgerecht und
zeitnah Verpflichtungsprämien für den Dienst als Soldatin oder Soldat auf Zeit zu gewähren. Die Prämie kann für bestimmte Laufbahnen oder bestimmte militärische
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Fachtätigkeiten, gegebenenfalls regional begrenzt, vorgesehen werden. Die Höhe der Prämie beträgt 1.000 Euro für jedes Jahr der Verpflichtungsdauer.
7. Erstattung von Kinderbetreuungskosten bei Aus-, Fort- und Weiterbildung
Der Soldatenberuf ist durch das Prinzip der dienstzeitlangen Aus-, Fort- und Weiterbildung
gekennzeichnet. Um die Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu stärken, wurde eine
Rechtsgrundlage geschaffen, die die Erstattung von zusätzlich anfallenden Kinderbetreuungskosten bei einer Teilnahme an Aus- Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen ermöglicht.
8. Sonstige Regelungen des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes
Die Neuausrichtung der Bundeswehr erfordert zahlreiche Organisationsänderungen einschließlich der Schaffung neuer Bundeswehrbehörden. Das Gesetz berücksichtigt den sich
daraus ergebenden gesetzlichen Änderungsbedarf insbesondere im Wehr-, Beamten- und
Besoldungsrecht.
Das Bundeswehrreform-Begleitgesetz enthält ferner eine wichtige Ergänzung zum Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz vom 5. Dezember 2011. Die dort vorgesehene Erhöhung
der im Falle eines Einsatzunfalls (bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens
50 Prozent) zu zahlenden einmaligen Entschädigung von 80.000 € auf 150.000 € gilt nunmehr rückwirkend ab dem 1. Dezember 2002.
Das Bundeswehrreform-Begleitgesetz wird voraussichtlich Ende Juli/Anfang August 2012
im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht.