Begleitmaterial

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Begleitmaterial
Die Welt ist rund Fussballträume – Fussballrealitäten
Balljungs – Woher kommen unsere Fussbälle?
Inhalt
Eine Alltagsszene aus Deutschland: Zwei Jungs schauen sich im Kaufhaus Fussbälle an. Sie
sind wählerisch, aber kaufen einen und gehen. Im Hintergrund hört man Geräusche einer Fankulisse im Stadion. Jetzt zeigt die Kamera, wie ein Fussball beim Training in den Abendhimmel
geschossen wird. Er fliegt – und schon die nächste Szene beginnt mit Alltagsszenen aus Pakistan, einem Land, in dem Fussbälle hergestellt werden.
Es ist früh am Morgen in Sadrana, einem kleinen Dorf im Nordosten Pakistans. Assan, sein
Alter wird auf 11 Jahre geschätzt, wacht mit seinen Geschwistern und seinem Freund Sagir auf.
Assan hat keinen Vater mehr, er ist vor kurzem gestorben. Der Film erzählt in den folgenden
Minuten von den Lebensbedingungen Assans. Es ist Ramadan. Man sieht Assan beim Morgengebet. Der Glaube, so wird berichtet, gehört zum Alltag der Jungen und bestimmt ihn. Es gibt
Fladenbrot – die einzige Mahlzeit bis zum Abend. Dann beginnt ihr Arbeitstag: Assan und Sagir
nähen Fussbälle zusammen.
Sadrana liegt in der Nähe der Industriestadt Sialkot im Pandschab. Die Landwirtschaft hat an
Bedeutung verloren. Produziert werden vor allem Fussbälle. In Sialkot werden drei Viertel der
Weltproduktion an Fussbällen hergestellt, rund 20 Millionen Bälle pro Jahr. Der Film zeigt
beeindruckende Bilder, wie Bälle das Alltagsbild bestimmen. Verpackt in grossen Säcken werden sie mit kleinen Lastwagen oder auf dem Esel transportiert und auf den Weg nach Europa
gebracht. Die Fussballproduktion ist ein Teil der Kultur in dieser Region geworden.
Kinder, die wie Assan und Sagir an der Fussballproduktion beteiligt sind, sieht man auf den
ersten Blick in Sabrana nicht. Sie bleiben verborgen. Dafür, so wird berichtet, sorgen die Herstellerfirmen, darunter alle grossen Namen: Adidas, Puma, Nike. Sie sorgen sich um ihren
guten Ruf, möchten nicht, dass ihr Name mit Kinderarbeit in Verbindung gebracht wird.
Assan und Sagir sitzen auf dem Dach ihres kleinen Hauses und nähen. Der Film zeigt sie bei
ihrer schweren Arbeit. Sie nähen im Durchschnitt 4 Bälle pro Tag, jeder Ball hat 32 Teile, für
den Ball benötigen sie 750 Nadelstiche. Pro Ball verdienen sie weniger als einen Euro, häufig
wird ihnen aber Geld abgezogen, mit der fadenscheinigen Begründung, sie seien nicht gut
genäht. «Mafia-Steuer», nennen dies die Jungs. «Ich mache die Arbeit schon seit sechs Jahren,
das ist schon in Ordnung», sagt der eine, «Wie kann man die Arbeit nicht o.k. finden», sagt der
andere, «schliesslich bringt sie uns Essen und Trinken». Doch im Verlauf des Gesprächs sind
auch andere Töne zu hören: «Wenn es ginge, würde ich gerne eine andere Arbeit machen».
Und weiter: «Wenn ich weiter zur Schule gegangen wäre, hätte ich jetzt eine andere Arbeit».
Schliesslich auch dieses: «Wenn ich an die denke, die mit den Fussbällen das grosse Geld
verdienen, fluche ich auf sie.» Aussagen, die authentisch klingen.
Am Abend verlässt eine Eselfuhre mit Bällen Sadrana in Richtung Sialkot. Der Film zeigt, wie in
der «Hauptstadt des Fussballs» in grossen Fabriken gearbeitet wird, in der in der Regel nur
Männer tätig sind. «Deutschland» wird auf die Bälle einer Produktionsserie gedruckt. Rund
400 Herstellerfirmen sind in Sialkot tätig, rund 40 von ihnen haben sich zum Zeitpunkt der
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Filmaufnahmen (1999) verpflichtet, auf Kinderarbeit zu verzichten.
Noch einmal blendet der Film zurück zu Assan und Sagir und berichtet über einen anderen
Aspekt ihrer Arbeitsbedingungen: Die beiden Jungen bekommen von den Mittelsmännern, die
ihnen die Ballteile zum Nähen bringen, Geld als Vorschuss bezahlt und müssen es dann abarbeiten. Beide Familien sind hoch verschuldet, weil sie zum Beispiel Geld für ihr Haus benötigen. Mit der Verschuldung aber kommt die Abhängigkeit: «Selbst wenn wir eine andere Arbeit
finden würden, könnten wir sie nicht annehmen. Dann würden sie uns bedrohen.» Jetzt berichten die beiden auch über ihre Schmerzen in den Knien, über die Schwierigkeiten mit dem
Atmen, wenn die Ballteile voller Staub angeliefert werden und von ihnen verarbeitet werden
müssen. Verlegenheit, als einem von ihnen die Tränen in die Augen kommen.
Doch es gibt auch Hoffnung. Assan und Sagir können an einem Schulprogramm der International Labour Organization (ILO) teilnehmen, welches sich an Kinder wendet, die in der Fussballproduktion tätig sind. Nach der Arbeit versuchen sie, sich mit anderen Kindern aus Sabrana
auf das Lernen zu konzentrieren.
Das Ende des Filmes schlägt einen Bogen zum Anfang: Assan und Sagir kaufen sich von ihrem
mühevoll gesparten Geld einen kleinen Drachen. Er steigt in den Abendhimmel von Sabrana –
während sich in der Schlusssequenz ein Fussball in einem deutschen Stadion im Tornetz verfängt. «Gott weiss, wohin die Bälle gehen», sagt Assan irgendwann im Film.
Zum Film
Der Film «Balljungs» wurde 1999 gedreht, ein Jahr nach der Fussballweltmeisterschaft in
Frankreich. Dieser Megaevent war mit ein Anlass für eine verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit für die Arbeitsbedingungen in der Fussballproduktion, für die wachsende Kritik an den
grossen Herstellerfirmen, für die Initiierung von Massnahmen gegen die Kinderarbeit in der
Fussballproduktion und schliesslich für den Aufbau einer kleinen Ballproduktion zu fairen
Produktions- und Handelsbedingungen.
«Balljungs» schildert präzise am Beispiel der beiden Jungen Assan und Sagir die Lebens- und
Arbeitsbedingungen der vielen Kinder, die auch noch heute in der Fussballproduktion in Pakistan arbeiten. Der Dokumentarfilm weist einen klaren, nachvollziehbaren Aufbau auf, in dem er
sich am Tagesablauf der Kinder orientiert. Die Schauplätze wechseln nur selten zwischen
Sadrana und Sialkot, und doch wird der Film nie langweilig. Dies liegt mit an den eindrucksstarken Bildern von der Region Sialkot und der Art und Weise, wie diese durch die Fussballproduktion geprägt wird. Es liegt aber vor allem daran, wie authentisch die beiden Jungen über
ihren Alltag, ihre Sorgen, Nöte und Hoffnungen berichten. Sie dürfen dies in diesem Film auch
tun und darin liegt die grosse Stärke des Films. Lange Sequenzen zeigen die Jungen beim
Nachdenken, beim Formulieren ihrer Sätze und eben bei ihrer Arbeit. Diese langen Sequenzen
mit ihren Grossaufnahmen lassen erahnen, wie mühsam es ist, die Nadel beim Ballnähen zu
führen. Der Film wird so zu einer Anklage gegen Kinderarbeit – aber ohne jedes moralisches
Pathos. Auch dazu tragen die beiden bei, wenn sie erzählen, wie wichtig ihre Arbeit für sie ist,
wenn sie sich ihren Drachen kaufen oder wenn sie mit Begeisterung nach der schweren Arbeit
in die Schule gehen können. Ihre Situation scheint hoffnungslos, vor allem wegen der Schulden und der Abhängigkeit vom Arbeitgeber. Und doch ist zum Beispiel durch das Schulprojekt
der ILO auch die Hoffnung greifbar, dass sich etwas ändern kann.
Neben der Konzentration des Films auf die Situation der beiden Jungen erfährt man in den kurz
gehaltenen Kommentaren einiges über den Alltag in Pakistan, den Stellenwert der Religion
und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der industriellen (Fussball-)Produktion in der
Region Sialkot. Thematisiert wird auch die langjährige Bereitschaft der grossen Herstellerfirmen –
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genannt werden Adidas, Nike oder Puma – Kinderarbeit in Kauf zu nehmen bzw. ihre Existenz
zu ignorieren. Der Film benennt die Ängste der Firmen, mit dem öffentlichen Vorwurf der Kinderarbeit in Verbindung gebracht zu werden. Der Film verzichtet dabei aber auf offizielle Stellungnahmen der Verantwortlichen, sei es in Europa oder vor Ort. Dies ist auch gut so. Denn
Leerformeln, um die es sich häufig bei derartigen Statements handelt, würden den filmischen
Aufbau nur stören und zur inhaltlichen Vertiefung kaum beitragen.
So werden viele, auch die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Themen und Aspekte im
Umgang mit Kinderarbeit durch die Äusserungen der Jungen, die Kommentare und die Kameraführung zwar angesprochen, aber nicht in ihrer Tiefe behandelt. Dies gilt zum Beispiel auch für
die Rolle des jugendlichen Kaufverhaltens in Deutschland, Oesterreich oder der Schweiz.
Diese wird aber in Form der knappen, einleitenden Sequenz angetippt und somit zur kritischen
Auseinandersetzung geöffnet. Informationsvermittlung und Diskussionsanstösse auf diese
Art wirken nie aufdringlich und somit auch nicht belehrend.
Bedauerlich ist allerdings, dass durch die Konzentration auf die Biographien von Assan und
Sagir nicht deutlich werden kann, dass selbstverständlich auch Mädchen in der Ballproduktion
tätig sind. «Balljungs» wird so zwar seinem Titel gerecht, führt aber auf eine etwas falsche
Fährte. Der Film leistet auch keinen Beitrag zu der Frage nach den Handlungsmöglichkeiten in
Europa, in den Ländern, wo die von Assan und Sagir genähten Bälle zum Einsatz kommen. Dies
kann er in seinen beeindruckenden 28 Minuten auch nicht. Dies anzusprechen und zum Thema
zu machen, ist eine der zentralen Aufgaben beim Einsatz des Filmes.
Zum Einsatz
Der Film «Balljungs» ist im Unterricht und in der ausserschulischen Bildungsarbeit vielfältig
des Films
verwendbar. Schon Zehnjährige können dem Film ohne Probleme folgen, sich von den Aufnahmen fesseln lassen und seine inhaltlichen Aussagen wahrnehmen. Mit der Anfangsszene mit
Kindern bzw. Jugendlichen in Deutschland werden sie schon einleitend in ihrem eigenen Verhalten angesprochen, die Schilderungen der beiden elf- oder zwölfjährigen Jungen aus Pakistan
schliessen sich daran nahtlos an.
Die Länge des Films lässt den Einsatz in einer Unterrichtsstunde zu, mit einer kurzen Vor- und
Nachbesprechung. Gleichwohl kann die Stärke des Films vor allem im Projektunterricht, aber
auch bei Konfirmanden oder in anderen Formen ausserschulischer Bildung entfaltet werden,
eingebettet in vertiefende Informationen zu den Themen «Kinderarbeit», «Globalisierung»,
«Welthandel» und «Fairer Handel». Dabei lässt sich bei der Sportbegeisterung von Kindern und
Jugendlichen ansetzen. So macht es sicherlich Sinn, den Einsatz des Filmes – wenn möglich –
mit aktuellen sportlichen bzw. fussballerischen Ereignissen abzustimmen, von denen Kinder
und Jugendliche fasziniert sind. Fussballevents gibt es genügend – kleine (Fussballturniere an
der Schule, Vereinsmeisterschaften) und natürlich grosse. Schliesslich steht im Jahr 2006 die
Fussballweltmeisterschaft in Deutschland auf dem Programm, 2008 die EM in der Schweiz und
Oesterreich, und 2010 folgt dann die nächste WM in Südafrika.
Was muss bei der Vorbereitung inhaltlich beachtet werden? Der Film eröffnet genügend Möglichkeiten für kontroverse Auseinandersetzungen. Vertiefende Informationen über die angesprochenen Themen müssen aber eigenständig recherchiert werden, da der Film sie nicht
bietet.
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Hintergrund-
Beachtet werden muss vor allem auch, dass sich einiges verändert hat, seit der Film abgedreht
informationen
wurde. So hat sich die Produktion fair gehandelter Fussbälle zumindest zu einer kleinen
Erfolgsstory entwickelt, die es wert ist aufgegriffen zu werden. Auch nach Einschätzung
der Organisation «Global March against child labour» hat die verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit in den letzten Jahren insgesamt positive Ergebnisse gebracht. Gemäss dem
«Atlanta-Abkommen» von 1997 unterstützt die ILO mit verschiedenen NGOs, UNICEF und dem
Fussballweltverband FIFA vor allem in Pakistan und Indien Programme zur Abschaffung der
Kinderarbeit in der Fussballproduktion. Sie setzen sich ein für ein Arbeitsverbot von Kindern
unter 14 Jahren, für geregelte Arbeitszeiten und Mindestlöhne. Ferner plädieren sie für das
Recht auf Bildung für alle und organisieren kostenlosen Unterricht für die Näher/innen. Sie
richten kontrollierte Nähzentren für über 14-jährige Jugendliche und für Frauen ein. Dort werden
alle Näher/innen namentlich und altersmässig erfasst, so dass Kinderarbeiter/innen unter
14 Jahren identifiziert und aus der Fussballproduktion ausgeschlossen werden können. Die
Nähzentren werden regelmässig durch unabhängige Inspektoren kontrolliert.
Anlässlich der WM 2002 in Asien wurde das Thema Kinderarbeit in der Fussballproduktion
beispielsweise breit thematisiert: Die FIFA widmete zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine
Weltmeisterschaft einem humanitären Anliegen: FIFA-Präsident Sepp Blatter setzte sich
gemeinsam mit der UNICEF-Kampagne «Say Yes for Children» für die Rechte der Kinder ein.
Und unter den Mottos «FAIR PAY», «Fair Play for Fair Life» oder «Kick Child Labour out of the
World» lancierten verschiedene NGOs Kampagnen gegen Kinderarbeit (Clean Clothes Campaign, Erklärung von Bern, Brot für die Welt, Global March against Child Labour). In den Weltläden waren fair produzierte Bälle zu kaufen, und erstmals wurde für die WM 2002 auch ein
fair produzierter Ball mit FIFA-Siegel angeboten. Die Programme gegen Kinderarbeit, die die
ILO gemeinsam mit UNICEF und FIFA in Pakistan und Indien führt, zeigen klare Wirkung. Auf
Grund dieser politischen Interventionen konnten bis 2001 rund 7000 Kinder aus der Fussballproduktion entfernt werden, womit gemäss der Sialkoter Industrie- und Handelskammer die
Kinderarbeit in der Fussballproduktion vollständig beseitigt werden konnte. Die ILO sieht das
weniger optimistisch, denn es gibt gute Gründe zu vermuten, dass die Kinderarbeit – besser
versteckt – weiterhin existiert. So wurden beispielsweise von den 7000 Kindern, die aus der
Fussballproduktion ausgeschlossen wurden, nur 1660 eingeschult... Und neben den kontrollierten Nähzentren gibt es nach wie vor eine unbekannte Anzahl von Heimarbeiter/innen, zu
denen die Inspektoren keinerlei Zugang haben.
Zudem wird vermutet, dass im Bereich Kinderarbeit lediglich eine Verlagerung in andere Produktionszweige stattgefunden hat: Der Bereich Fussballproduktion ist infolge des grossen
öffentlichen Interesses und des politischen Drucks mittlerweile fast ‹sauber›, aber in der Produktion anderer Sportartikel, die nicht vom Atlanta-Abkommen betroffen sind, ist der Anteil
an Kinderarbeit stabil oder nimmt sogar leicht zu, indem er diejenigen Kinder auffängt, die aus
der Fussballproduktion verdrängt worden sind. Denn solange ein Familienvater mit seinem
Einkommen die Existenz der Familie nicht sichern kann, ist die Familie gezwungen, Kinder zur
Arbeit zu schicken. Gemäss einem Bericht der Menschenrechtskommission Pakistans arbeiteten in der pakistanischen Wirtschaft 2004 geschätzte 10 Mio Kinderarbeiter/innen. Das
Problem erfordert also eine übergreifende Herangehensweise, die vor allem auch bei der
Besserstellung der Erwachsenen ansetzt.
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Ein völlig anderes Problemfeld sei hier nur am Rande erwähnt: An der Fussball EM 2004 kam
erstmals ein Ball zum Einsatz, der nicht handgenäht, sondern geklebt und maschinell gefertigt
war. Sollte sich dieser Trend durchsetzen, wäre das äusserst verhängnisvoll für die Bevölkerung von Sialkot, wo über 40‘000 Fussballnäher/innen von der einseitig spezialisierten Industrie
der manuellen Fussballproduktion abhängig sind.
Zurück zum Thema Kinderarbeit: Das Atlanta-Abkommen und die Bemühungen der ILO sind
sicher Schritte in die richtige Richtung und haben bemerkenswerte Teilerfolge erzielt, aber
vieles bleibt noch zu tun, damit Fairness nicht nur auf dem Fussballfeld, sondern auch ‹hinter
den Kulissen› herrscht.
Deshalb ist zu hoffen, dass anlässlich der kommenden Fussball-Welt- und Europameisterschaften erneut eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema «Kinderarbeit in der Fussballproduktion» an Bedeutung und Öffentlichkeit gewinnt. Der Einsatz des Films «Balljungs»
kann dazu beitragen.
Vor diesem Hintergrund lässt sich der Film «Balljungs» unter Aspekten des globalen Lernens
und unter Einbeziehung weiterer Materialien und Informationsquellen ertragreich einsetzen:
• Der Film bietet Stoff für einen Vergleich der Lebenssituation mit Kindern und Jugendlichen in
Pakistan und denen bei uns;
• Er führt dank der Verbindung zum Sport «kundenorientiert» ins Thema «Kinderarbeit» ein,
ohne belehrend zu wirken;
• Er eröffnet die Möglichkeit zu kontroversen Diskussionen über den Umgang mit Kinderarbeit;
• Er kann eine Auseinandersetzung darüber anregen, was «Fair Play» unter den Bedingungen
der Globalisierung über das sportliche Verhalten hinaus für den Alltag bedeuten kann;
• «Balljungs» ist ein Steilpass für Handlungsorientierungen: die Veränderung des eigenen Konsumverhaltens, die Beteiligung an Kampagnen mit dem Ziel, auf das Verhalten der grossen
Herstellerfirmen einzuwirken oder die Organisation eigener Sportveranstaltungen unter dem
Motto «Fair Play» sind drei von zahlreichen Möglichkeiten, die gemeinsam mit Lerngruppen
entwickelt und umgesetzt werden können.
Uli Jäger
EZEF-Arbeitshilfe 154
Lernziele
• Einblick in den Alltag in Pakistan erhalten.
• Die Alltagssorgen, Nöte und Hoffnungen von arbeitenden Kindern im Süden verstehen lernen.
• Hintergründe und Problematik der Kinderarbeit erkennen.
• Anhand des Beispiels Fussball das eigene Konsumverhalten überdenken.
• Globalisierungsprozesse am Beispiel Sportartikel nachvollziehen.
• Fairness nicht nur auf dem Fussballfeld, sondern auch in der Fussballproduktion: Neue Initiativen zum fairen Handel kennenlernen.
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Didaktische
Impuls 1
Balljungs
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Einstieg ins Thema
Impulse
Vor dem Anschauen des Films Bezug auf ein aktuelles Fussballereignis nehmen, die Einstellung der Schüler/innen zum Thema Fussball testen, Lieblings-Mannschaften und Spieler austauschen. Die Frage stellen, woher Fussbälle überhaupt kommen.
Film gemeinsam anschauen.
Auswertung
• Die Schüler/innen 3 Fragen zum Film auf kleine Zettel aufschreiben lassen und in eine Schachtel legen.
• Jede/r Schüler/in zieht dann eine Frage und versucht diese zu beantworten. Das Resultat stichwortartig an der Tafel festhalten. Eventuell mit Zusatzinformationen aus Büchern oder dem
Internet ergänzen.
• Die Umrisse von Asien und Europa grob auf ein grosses Packpapier übertragen, Pakistan und
die Schweiz/Deutschland/Österreich einzeichnen. Fussbälle zeichnen oder ausschneiden und
damit die vermutlichen Stationen des Transports der Fussbälle vom Dorf Sabrana in Pakistan
bis in unsere Geschäfte auf der Karte markieren.
• Eine kleine Geschichte unter dem Titel «Ein Fussball auf Wanderschaft» erfinden und aufschreiben.
Impuls 2
Vergleich des Alltags Pakistan – Schweiz/Deutschland/Oesterreich (vgl. Arbeitsblatt 1)
• Auf einem Blatt auf der linken Seite stichwortartig und nach ungefährer Uhrzeit den Tagesablauf von Assan und Sagir notieren; auf der rechten Seite den eigenen.
• Einen Vergleich anstellen: Wie sind die verschiedenen Tätigkeiten verteilt (zum Beispiel Arbeit,
Freizeit, Schule, Kirche etc.).
• Die Unterschiede in einem Gespräch austauschen und diskutieren, insbesondere die Andersartigkeit des Alltags in Pakistan.
Impuls 3
Kinderarbeit und Fairer Handel (vgl. Arbeitsblatt 2)
• Die Fragen auf dem Arbeitsblatt möglichst umfassend beantworten. Falls nötig, den Film nochmals anschauen und fehlende Antworten ergänzen.
• Die Antworten im Klassengespräch diskutieren und gegenseitig ergänzen.
• Die komplexe Frage diskutieren, ob man Kinderarbeit generell verbieten sollte. Dazu ein Rollenspiel organisieren, z.B. mit folgenden Rollen: Kritische und unkritische Konsumierende aus
Europa, 12-jähriger Ballnäher aus Pakistan, seine Schwester, seine Eltern, ein Mittelsmann,
Fussballfabrikant und -exporteur aus Pakistan, Vertreter einer internationalen Sportartikelfirma (Nike, Adidas usw.), Fussballstar Ronaldinho, Vertreter der ILO, der FIFA, der UNICEF usw.
• Die Schülerinnen bereiten sich auf ihre Rollen vor und stellen Argumente zusammen. Sie beziehen für ihre Voten auch Überlegungen zu den Folgen eines solchen Verbotes für alle Beteiligten ein.
• Anschliessend kommt es zu einer Diskussion zum Thema «Soll man die Kinderarbeit verbieten?», wobei ein/e Schüler/in die Gesprächsleitung übernimmt.
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Balljungs
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Weitere Anregungen
Fussball – ein toller Sport
• Markennamen der eigenen Fussbälle nennen und aufschreiben.
• Eine Auswahlmannschaft mit Namen der bevorzugten Fussballer/innen zusammenstellen.
• Im Turnen ein «faires» Fussballturnier durchführen und geniessen, vielleicht sogar mit einem
Fussball aus «fairem» Handel (siehe weiter unten).
• Versuchen, nach dem Spiel einen Vergleich zu ziehen zwischen einem Fussballspiel und dem
internationalen Handel mit Waren; die Akteure im Welthandel mit Funktionen aus dem Fussball besetzen (also zum Beispiel die Spielenden als Firmen, den/die Schiedsrichter/in als UNO,
die Zuschauer/innen als Konsument/innen etc.).
Woher kommen unsere Fussbälle?
• Aufzählen, welche Sportartikel wir selber in letzter Zeit gekauft haben.
• Überlegen, worauf wir dabei vor allem geachtet haben: Preis, Qualität, Herkunft, Material, …?
• In kleinen Gruppen Sportgeschäfte, Warenhäuser und Weltläden (CLARO) aufsuchen. Fussbälle auf Herkunft und Herstellungsart untersuchen.
• Kleine Interviews mit den Verkaufsverantwortlichen machen (zum Beispiel zur Preisgestaltung,
zum Einkauf, zur Herkunft, zu den Vorlieben der Käufer/innen etc.).
• Die erhaltenen Informationen auf der Karte von Asien eintragen.
• Andere Sportartikel nennen, die vermutlich ebenfalls aus einem fernen Land stammen.
• 75% aller Fussbälle weltweit werden in Sialkot genäht. Was hätte es für diese Region zur Folge,
wenn nun – wie bei der EM 2004 – plötzlich keine handgenähten, sondern maschinell geklebte
Fussbälle verwendet würden? Szenarien entwickeln.
Kinderarbeit – Notwendiges Übel oder Missachtung der Kinderrechte?
• Ausrechnen, was Assan und Sagir im Monat verdienen, wenn sie 8 Stunden arbeiten und
4 Bälle für 50 Cent pro Tag nähen.
• Austauschen, welche Art von Arbeit zu welchem Lohn man selber schon geleistet hat (zum
Beispiel in den Ferien oder nach der Schule).
• Gründe aufzählen, weshalb Kinder in Pakistan und Kinder bei uns arbeiten.
• Eigene Meinungen zur Kinderarbeit austauschen.
• Überlegen, wie eine bessere Verteilung von Arbeit, Schule und Freizeit in Pakistan und/oder
bei uns aussehen könnte; phantasieren.
• Meinungen zum Versuch in Pakistan äussern, wonach Kinder gleichzeitig arbeiten und eine
Schule besuchen können.
• Die allgemeine Erklärung der Kinderrechte recherchieren und vergleichen, welche dieser
Rechte für die Kinder in Pakistan erfüllt sind, welche nicht.
• Das Atlanta-Abkommen hat dazu geführt, dass in der Fussballproduktion mittlerweile kaum
noch (nachweisbar) Kinder beschäftigt sind. Nur ein kleiner Teil dieser Kinder geht jedoch neu
zur Schule. Was tun wohl die anderen jetzt? Welches Problem zeigt sich, wenn man Kinderarbeit in einem Produktionszweig verbietet? Was wären bessere Ansatzpunkte?
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Fairer Handel
• Ausrechnen, wie lange Assan und Sagir arbeiten müssten, um einen durchschnittlichen Fussball bei uns kaufen zu können.
• Überlegen, wieso die Einkommensunterschiede zwischen Pakistan und der Schweiz/Deutschland/Oesterreich derart gross sind.
• Auf dem Internet recherchieren, was fairer Handel überhaupt ist und welche Produkte in der
Schweiz, Deutschland oder Oesterreich mit einem entsprechenden Label bereits angeboten
werden.
• Beispiele von Produkten aus fairem Handel nennen, die wir selber schon in einem Geschäft
gesehen haben.
• Zusammentragen, was fairer Handel für die Menschen in Pakistan bedeuten könnte, was für
uns.
Peter Meier-Appoloni
Weiterführende
Materialien
• Sport – globales Spiel, Poster, DEZA, Bildung und Entwicklung, AG der Hilfswerke, 2005,
16 Poster, farbig, A2, mit Begleitdossier für Lehrpersonen
• Spiel und Sport bewegen die Welt, Faltblatt, Bildung und Entwicklung, AG der Hilfswerke,
2005, 8-seitiges Faltblatt A4, mit Begleitdossier für Lehrpersonen (auch online unter
www.globaleducation.ch)
• Fair Play und eine Welt, M. Brilla, U. Hildebrand, Nikolaus Schröck, EKD, Brot für die Welt,
1998, 75 Seiten, mit Arbeitsblättern und Kopiervorlagen
• Fit for Fair, Für bessere Arbeitsbedingungen in der Sportswearindustrie, Christliche Initiative
Romero, 2004, 70 Seiten
• Play Fair by Olympia, Arbeitsbedingungen in der Sportbekleidungsindustrie, Oxfam/EvB,
2004, 80 Seiten
• Zum Beispiel Kinderarbeit, Uwe Pollmann, Deutschland 1999, Süd-Nord Lamuv Taschenbuch 262
• Fotoserie Kinderarbeit. Unterrichtsvorschläge, Christine Pittet, Michael Andres, Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke/Déclaration de Berne/terre des hommes Genève, Bern 2000
• The dark side of football, Child and adult labour in India´s football industry and the role of FIFA,
India Committee of the Netherlands, June 2001.
• Global Lernen, Fussball-Weltmeisterschaft in Asien, Service für Lehrerinnen und Lehrer,
Ausgabe 3/2001, Brot für die Welt, Deutschland 2001
• Pakistans Fussballindustrie und der Sportartikelweltmarkt, Jörg Zimmermann: In: Geographische Rundschau, Nr. 2/2005, S.22-29.
Links
http://www.sport2005bildung.ch
Website zur Bildungskampagne «Sport – globales Spiel»
http://www.cleanclothes.ch
Kampagne für fair produzierte Kleider und Fussbälle
http://www.cleanclothes.at
Kampagne für fair produzierte Kleider und Bälle
Die Welt ist rund
Balljungs
http://www.fairtrade.de
Fairtrade e.V., Verein zur Förderung von Gerechtigkeit im Welthandel: Informationen über die
Produktion fair gehandelter Fussbälle und über Kinderarbeit
http://www.globalmarch.org
Global March against child labour: Informationen über Kinderarbeit und über Aktionen gegen
Kinderarbeit
http://www.global-lernen.de
Verein für Friedenspädagogik/«Brot für die Welt»- Schulprojektstelle Globales Lernen: Informationen zum Thema «Fair Play und Gewaltprävention» und zur Aktion «Fair Play for Fair Life»
von «Brot für die Welt»
http://www.ilo.org
Internationale Arbeitsorganisation: Informationen über Kinderarbeit und die Programme der
ILO gegen Kinderarbeit. Das Suchwort «Fussball» ergibt über 20 Einträge, darunter auch Infos
über Schulprojekte für Kinder, die in der Fussballproduktion in Sialkot, Pakistan, tätig waren
bzw. sind
http://www.fifa.com
Internationaler Fussballverband FIFA: Informationen rund um den internationalen Fussball,
aber auch über die Förderung von Hilfsprojekten durch die FIFA
http://www.fifa.com/de/womens/index.html
Frauenfussball
http://www.oneworld.at/fairpay/
Für faire Arbeitsbedingungen in der Fussballindustrie
Bezug von weiterführenden Materialien
http://www.globaleducation.ch
Unterrichtsmaterialien und Informationen zum globalen Lernen (Schweiz)
http://www.globaleducation.at
Unterrichtsmaterialien und Informationen zum globalen Lernen (Oesterreich)
http://www.globales-lernen.de
Unterrichtsmaterialien und Informationen zum globalen Lernen (Deutschland)
http://www.brot-fuer-die-welt.de
u. a. auch Unterrichtsangebote zum Thema Sport
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