surround-hörspiel die wunschmaschinen exposé von marcus maeder
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DIE WUNSCHMASCHINEN EXPOSÉ SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH # DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH # DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH # DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH # DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH DIE WUNSCHMASCHINEN SURROUND-HÖRSPIEL VON MARCUS MAEDER NACH ANTI-ÖDIPUS – KAPITALISMUS UND SCHIZOPHRENIE I VON GILLES DELEUZE UND FELIX GUATTARI / CAST: ANTONIN ARTAUD, HELENE BARAT, IVAN CHTCHEGLOV, GUY DEBORD, ELIZA, SIGMUND FREUD, LEOPOLD VON SACHER-MASOCH, WANDA VON SACHER-MASOCH, DER SCHIZO, DANIEL PAUL SCHREBER, DER UNTERSCHLEIF, GEHEIMRAT WEBER / MUSIK: MARCUS MAEDER NACH NICK CAVE, KRAFTWERK, VELVET UNDERGROUND, RICHARD WAGNER / PRODUKTION: STUDIO FÜR AKUSTISCHE KUNST DES WDR UND DAS INSTITUTE FOR COMPUTER MUSIC AND SOUND TECHNOLOGY DER HMT ZÜRICH Die Wunschmaschinen Anti-Ödipus Ein Surround- Hörspiel von Marcus Maeder Nach Anti-Ödipus – Kapitalismus und Schizophrenie I Von Gilles Deleuze und Félix Guattari Für den Rundfunk und als akusmatische Uraufführung für 8 Lautsprecher in einem Kinosaal Der Anti-Ödipus erschien 1972 als rebellischer, erster Teil von Kapitalismus und Schizophrenie und verstand sich als Kritik an der Psychoanalyse Freuds und Lacans. Als philosophische Reaktion auf die Mai-Unruhen von 1968 in Frankreich stellte er die Psychoanalyse und das Konzept von Ödipus als Instrument der Aufrechterhaltung von (u. a. kapitalistischer) Dominanz und Repression dar. Der Philosoph Gilles Deleuze und der Psychiater Félix Guattari gingen von drei Thesen aus: Dass das Unterbewusste wie eine Fabrik und nicht wie ein Theater funktioniert (es sich also um eine Frage der Produktion und nicht der Repräsentation im Unbewussten handelt); dass der Wahnsinn, das Delirium sich auf die politische, historische und soziale Welt bezieht und nicht der Familie entspringt; und dass das Begehren als Triebfeder unserer Interaktion mit der Welt innerhalb eines (politischen, geografischen, gesellschaftlichen) Gefüges erzeugt wird, welches viel komplexer ist, als das die Psychoanalyse mit der «privaten Bürokratie» des Familiarismus (Deleuze/Guattari,1980) glauben machen wollte. Wünschen besteht in Folgendem: Einschnitte machen, bestimmte Ströme fließen lassen, Stromentnahmen vornehmen, die Ketten durchschneiden, die sich den Strömen anpassen. (Kapitalismus und Schizophrenie – Gilles Deleuze im Gespräch mit Vittorio Marchetti, Tempi Moderni, in: Die einsame Insel, Suhrkamp, 2003) Wir haben ein Entwöhnungstrauma der beendeten Moderne. Sie hatte uns durch ihr Glücksversprechen der vernünftigen Welteinrichtung absolut verpflichtet – nun herrscht Katerstimmung. (Einleitung Ruinen des Denkens – Denken in Ruinen – Norbert Bolz und Willem van Reijen, Suhrkamp, 1996) Der Stoff. Das Hörspiel die Wunschmaschinen nimmt das gleichnamige, erste Kapitel von Anti-Ödipus/Kapitalismus und Schizophrenie I als Ausgangslage, um auf Boulevards und in Produktionshallen, durch Psychogeographien und in Schizotopen – in Künstlerseelen, Momenten der Freiheit und Entgrenzung bis hin zur Trübsal des Scheiterns umherzuschweifen und Deleuzes/ Guattaris Maschinen des Begehrens, Synonym für unsere immerfort produzierende, Wirklichkeit herstellende Interaktion mit der Welt, in Betrieb zu beobachten. Die Umsetzung. Die Wunschmaschinen wird als Surround-Hörspiel ambisonisch produziert. Das hat zwei Vorteile: Erstens können aus Ambisonic die Surround-Sound Formate 7.1, 5.1 wie auch die Stereophonie gebildet werden; zweitens gestattet Ambisonic bei entsprechender Wiedergabe die dreidimensionale Gestaltung klanglicher Ereignisse (siehe cinéma pour l`oreille), so dass sich die Zuhörerinnen in einem vollständig virtuellen Raum - also mitten im Geschehen - befinden. Die Partner. Die Wunschmaschinen sollen als Koproduktion einer Rundfunkanstalt (Produktion), dem Institute for Computer Music and Sound Technology der Hochschule Musik und Theater Zürich (Infrastruktur: Aufnahme/Produktion Ambisonics) und einem Kinosaal umgesetzt werden. Im Anti-Ödipus als erster Gemeinschaftsarbeit von Deleuze und Guattari entwickelte sich die Arbeitsweise der beiden Autoren dahingehend, als dass sie einen philosophischen Hypertext (eine «Maschinik») der unterschiedlichsten Felder der Kultur (Wissenschaften, Literatur, Kunst, Politik) zu erzeugen begannen. Ihre (Denk-) Arbeit war eine assoziative, poetische, welche aus der Philosophie heraustrat und Zusammenhänge aus dem größtmöglichen Gesichtsfeld betrachtete und so den Weg für Tausend Plateaus, den zweiten Teil von Kapitalismus und Schizophrenie – eines wahren Begriffe-Kompendiums «postmoderner» Philosophie – bereitete. Im Anti-Ödipus wie in Tausend Plateaus thematisieren Deleuze und Guattari eine produktive Welt, in der die Verknüpfungen von Menschen und Maschinen die konkreten Formen sind, in denen sich das gesellschaftliche Leben organisiert: Was in den Denkmodellen Deleuzes/Guattaris abgebildet wird, ist die «fundamentale Mitgegebenheit der Technik in unserer Welt.» (Henning Schmidgen, 1997) Die Wunschmaschinen Dem Repräsentations-«Delirium» der Psychoanalyse setzten Deleuze/ Guattari im Anti-Ödipus die Wunschmaschinen entgegen, ein maschinell gedachtes Unbewusstes, welches – anders als in der Psychoanalyse – nicht sprachlich/symbolisch strukturiert ist, sondern über das Begehren mit der Umwelt interagiert. Deleuze/Guattari gehen dabei nicht vom metaphorischen Gebrauch des Wortes Maschine aus, sondern eher von einer Hypothese über ihre Entstehung: der Art und Weise also, wie beliebige Elemente durch ihre Eigenart dazu gebracht werden, eine Maschine, eine Funktion, ein Gefüge zu bilden. «Im überbordenden Maschinenvokabular des Anti-Ödipus wird alles zur Maschine: Das Begehren, die Gesellschaft, die Sprache, der Körper, das Leben, die Wirtschaft, die Literatur, die Phantasie, die Schizophrenie und der Kapitalismus» (Schmidgen). Was im Vergleich des Unbewussten mit einer Maschine zum Ausdruck kommt, sind weder psychische Automatismen noch andere technisch-maschinelle Funktionsweisen, wie sie in der Psychologie und Psychopathologie traditionell als Metaphern verwendet werden, sondern eine «Organisation von heterogenen, materiellen und körperlichen Fragmenten, die gemäß einem merkwürdigen Ideal des Kaputten zusammen funktionieren: Maschinen des Unbewussten, die mit dem Unbewussten der Maschinen in Verbindung stehen» (Schmidgen). Die von der russischen, künstlerischen Avantgarde inspirierte «Maschinenlehre» von Deleuze/Guattari besagt, dass wir/unser Unbewusstes in Interaktion mit unserer Umwelt (und diese wiederum mit uns) «Maschinen», Gefüge, Ensembles bilden. Wenn sie von Wunschmaschinen sprechen, geht es ihnen um eine «Technologie des Wunsches» (Foucault), um aufzuzeigen, wie sehr die Welt, die Dinge und Personen in ihr Teil unserer Wünsche und unseres Begehrens sind, und dass diese schlussendlich Weltwahrnehmung und -Handlung konstituieren. Die Wunschmaschinen sollen sich nach Deleuze/Guattari vom Joch des Ödipus befreien und auf konnektivistische Weise die Politik, die Ökonomie, die Kunst, das Sozialleben zu einer anderen Sicht der Zusammenhänge, zu einer neuen Welt verbinden; sie verkörpern die sich gegen jede hierarchisierende Organisation wehrende Anarchie des Wunsches. Die Situationisten, Mai 68 und Ödipus Der Anti-Ödipus sucht die Hintergründe der Mai-Unruhen 1968 in Frankreich psychologisch und philosophisch zu ergründen. Eine Künstlergruppe, die Situationistische Internationale, sorgte im Vorfeld der Revolte von 68 mit ihrem Kampf gegen die «kapitalistische Entfremdung» in der Gesellschaft und ihrer Forderung nach der Einheit von Kunst und Leben, respektive der Aufhebung der Kunst und der Schaffung von neuen (Lebens-)Situationen für Unruhe unter den Studenten in Nanterre und wenig später an der Sorbonne. Den Beginn der Studentenunruhen und die Besetzung der Sorbonne markierten situationistische Slogans an den Hauswänden von Paris wie «Ne travaillez jamais» oder «Ni dieu ni maître!». Was zu Beginn ein Aufstand gegen eine Elterngeneration war, welche sich der Besitzstandswahrung nach dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg verschrieben hatte, entwickelte sich mit dem Generalstreik der französischen Arbeiterschaft und der Solidarität der Bevölkerung mit den Demonstrierenden schnell zu einem generellen Aufstand gegen den konservativen Staat De Gaulles. Das Ende dieses «Moments der Freiheit» ist bekannt – mit polizeilicher Gewalt, ein paar Reformen im Bildungswesen und Lohnerhöhungen in den Fabriken – erreicht durch die opportunen wie mächtigen Gewerkschaften – wurde die Ordnung wiederhergestellt und in den darauf folgenden Parlamentswahlen die Gaullisten mit noch größerer Mehrheit wiedergewählt. Die «barbarische Despotenmaschine» (Deleuze/Guattari, 1972) hatte sich durchgesetzt, oder wie Deleuze/Guattari im Vorwort der italienischen Ausgabe von Tausend Plateaus schrieben: «Der Erfolg vom Anti-Ödipus ist von einem noch größeren Scheitern begleitet worden; (...) die Reaktion auf 68 zeigte, wie stark Ödipus noch in der Familie war und wie er weiterhin in der Literatur, in der Psychoanalyse und überall im Denken sein Regime der kindlichen Weinerlichkeit ausübte». Die Figuren Prototypisch für diejenigen, welche ihre Wunschmaschinen «befreit» – freigesetzt haben, tauchen bei Deleuze/Guattari Künstler, Schriftsteller und als entgrenzte, «universelle Produzenten» die «Schizos» auf. Sie alle begleitet das Scheitern an den «Verhältnissen» – am Leben, am Selbst, den Anderen, dem «despotischen Signifikanten» (Deleuze/Guattari, 1972) – am uneingelösten Begehren nach Freiheit. Die Befreiung der Wunschmaschinen scheint überall in Abgründen zu enden; die Freiheit (der Infragestellung aller Werte) im «Menschenpark» (Sloterdijk, 1999) ein äußerst kurzzeitiges, flüchtiges Gut zu sein. Antonin Artaud Schluss mit dem Gottesgericht – Das Theater der Grausamkeit war eines der letzten Werke des französischen Autors und Schauspielers Antonin Artaud vor seinem frühen Tod 1948. Es wurde als Hörspiel verfasst und für den französischen Rundfunk produziert, welcher es jedoch kurz vor seiner Erstausstrahlung absetzte. Das künstlerische Schaffen Artauds war immer wieder davon bedroht, auf Zeugnisse eines Geisteskranken reduziert zu werden, da er seine letzten Lebensjahre aufgrund einer schizophrenen Erkrankung und seiner Drogenabhängigkeit in «Irrenanstalten» verbrachte. Artaud wollte mit den Wort- und Lautschöpfungen seiner Poesie der gegebenen Sprache die Kontrolle und Normierung entziehen – die Sprache solle mit Blut geschrieben und aus Angst entstanden bzw. geboren sein. Die Sprache des Theaters der Grausamkeit müsse brutal, zerstörerisch und so reinigend sein: Sie solle nicht mehr dem logischen Diskurs von Autor und Regisseur untergeordnet sein, sondern Klänge, Betonungen, Intensitäten und Schreie als «Fleisch des Wortes» freilegen. Es war wenig verwunderlich, dass das Hörspiel vom Leiter der Rundfunkanstalt abgesetzt wurde. In der Folge wurde die Tonbandaufnahme von Pour en finir...» für rund 300 geladene Gäste in einem ehemaligen Kino aufgeführt. Die Metapher des «organlosen Körpers», eines zentralen Begriffs im AntiÖdipus, stammt von Antonin Artaud. Er verfolgte damit in Schluss mit dem Gottesgericht – Das Theater der Grausamkeit die Idee eines selbstkreierten Körpers, welcher nicht mehr dem Physiologismus der Organe unterliegen würde. Der so erneuerte Körper unterläge dann nicht mehr dem anatomischen Determinismus und würde so reine Willenskraft. Der organlose Körper korrespondiert einerseits mit Artauds Idee einer neuen Sprache, welche die «Einheit von Denken, Geste und Handlung wieder herstellt» (Arnim Thakkar- Scholz, 2004), andererseits reiht er sich in eine lange Reihe von CyborgMetaphern ein. Weiter repräsentieren die Organe bei Artaud wie bei Deleuze/ Guattari den funktionalen Organismus als hierarchische Organisation und sind somit verwerfenswert: Der organlose Körper ist das unorganisierte, präexistierende Begehren selbst (Deleuze/Guattari, 1972). Présentation de Sacher-Masoch Eigentlich ist nur ein Werk von Leopold von Sacher-Masoch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt: Die Venus im Pelz, eine Schilderung der Gefühle, die ein Sklave mit seiner Herrin, die ihn in ihrer «Domina»-Rolle als «Venus im Pelz» physisch und psychisch quält, erlebt. Der Psychiater und Neurologe Richard Krafft-Ebing leitete anhand dieser und anderer Erzählungen in Sacher-Masochs Werk den Begriff «Masochismus» als Gegenpart zum Sadismus ab und bildete so ein korrelatives Paar in seiner «Psychopathia sexualis», welches dann auch in der Psychoanalyse Verwendung fand. Deleuze widersprach hingegen in seiner «Présentation de Sacher-Masoch» (1967) der gegenseitigen Bedingtheit von Sado- und Masochismus, denn eigentlich ist der «König Maso» (Deleuze/Guattari, 1980), immer derjenige, der entscheidet, wie ihm mitgespielt werden soll. Sacher-Masoch schloss zu diesem Zweck eigentliche Verträge mit seinen Peinigerinnen ab, worin Art und Dauer der Quälereien genau beschrieben waren. Deleuze und Guattari schreiben in Tausend Plateaus/Wie verschafft man sich einen organlosen Körper? dazu: «Das ist kein Phantasma, sondern ein Programm: es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen der psychoanalytischen Interpretation des Phantasmas und dem anti-psychoanalytischen Experiment des Programms. (...) Schmerzen sind Populationen, Meuten, Gewohnheiten des König-Maso in der Wüste, die er entstehen und wachsen lässt.» Daniel Paul Schrebers Bemühungen, unangetastet zu bleiben: Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken. Der an Schizophrenie erkrankte Senatspräsident Schreber, Sohn des Schrebergarten-Schrebers, entwickelte um die Jahrhundertwende eine recht literarische Strategie, seiner Unmündigkeitserklärung infolge Wahnsinns entgegenzutreten. Als ehemaliger Gerichtspräsident wusste er, dass er für ein erfolgreiches Verfahren zu seiner Reintegration in die Gesellschaft mit Fakten belegen musste, dass er durchaus in der Lage war, sich in seinem Wahn zu erkennen. Dazu verfasste er ein rund 400-seitiges Werk mit Selbstbeobachtungen, die Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, worin er detailliert seine Visionen und Halluzinationen und das hochkomplexe System seines Wahns beschrieb; Analysen wagte. Die Denkwürdigkeiten sind nicht nur ein einzigartiges Dokument eines psychotischen Wahnsystems, sondern belegen im Rückblick vor allem eines: Die Visionen und Interpretationen Schrebers finden in den technologischen Errungenschaften sowie in der damaligen, aufkommenden Mode des Spiritismus ihre Entsprechung. Der Wahn Schrebers hatte nicht nur System, er war eine Produktion im Gefüge der ihn umgebenden Wirklichkeit, er widersetzte sich durch seine eigene Gnostik den herrschenden „Axiomen des Kapitalismus, welcher seinerzeit von Elektrochemie, Monopolisierung und Imperialismus geprägt war.» (Wolfgang Hagen, 2001) Guy Débord, Ivan Chtcheglov Der Künstler, Filmer und Autor Guy Débord war das eigentliche Mastermind hinter der Künstlergruppe Situationistische Internationale. In seinen Experimentalfilmen, etwa in Geheul für de Sade bezog er die Reaktionen des Publikums wie auch den Kinosaal ins Drehbuch mit ein – minutenlange Pausen bei weißer oder schwarzer Leinwand (für das Geheul, die Proteste des Publikums gedacht) wurden mit aus dem Off gesprochenen Auszügen aus Gesetzestexten und Zitaten zu Jugend und Revolution kombiniert. Débord wollte die Kunst durch Lebenskunst ersetzt haben, wollte Situationen schaffen, in denen die Welt und das Leben anders denk- und realisierbar wären. Der Panegyrikus, erster und einziger Band einer Autobiographie Débords, beginnt mit dem bezeichnenden Satz: «Mein ganzes Leben habe ich nur unruhige Zeiten gesehen, äußerste Zwietracht in der Gesellschaft und ungeheure Zerstörungen; ich war an diesen Unruhen beteiligt.» Einer der letzten Filme von Débord nahm sich ein bekanntes Palindrom, den so genannten «Vers des Teufels» In girum imus nocte et consumir igni zum Titel. Dieser bedeutet so viel wie «Wir gehen nachts im Kreis und werden vom Feuer verzehrt» und lässt sich vorwärts wie rückwärts lesen – die treffende Parabel eines prekären (Künstler-) Lebens. Gilles Ivain alias Ivan Chtcheglov verfasste 1953 als blutjunges Mitglied der Lettristen, einer Vorläufer-Bewegung der Situationistischen Internationalen, das Formular für einen neuen Urbanismus. Dieses inspirierte einige der Theorien der S. I. und beschrieb bereits Phänomene und Praxis, welche dann von den Situationisten unter dem Begriff Psychogeographie verhandelt wurden. Chtcheglov verbrachte lange Jahre in einer psychiatrischen Anstalt, in die er von seiner Frau eingewiesen wurde, nachdem er den Eiffelturm sprengen wollte, da dieser ihm die Aussicht aus seiner Wohnung versperrte. Nebenfiguren Der Name der Figur Eliza ist eine Reverenz an das von Joseph Weizenbaum 1966 entwickelte Computerprogramm gleichen Namens, welches die Möglichkeiten der Kommunikation zwischen einem Menschen und einem Computer über die Sprache aufzeigen sollte. Eliza nahm in einer «ChatSituation» die Rolle einer Psychotherapeutin an, welche mit einer realen Testperson ein therapeutisches Gespräch führte und nach einem gewissen Schema, welches sich an den Aussagen des Patienten orientiert, Fragen stellte. Fast niemand von den Probanden merkte, dass er/sie sich mit einem Computer unterhalten hatte – die Testpersonen waren sogar davon überzeugt, dass die «Gesprächspartnerin» ein tatsächliches Verständnis für ihre Probleme aufbrachte. Weizenbaum war erschüttert über diese Reaktionen auf sein Programm, vor allem, weil praktizierende Psychiater ernsthaft daran glaubten, damit zu einer automatisierten Form der Psychotherapie gelangen zu können. Der Unterschleif ist ein im bayerischen Schul- und Universitätsrecht verwendeter Begriff, der die Benutzung einer unerlaubten Hilfe während einer Prüfung bezeichnet. Unterschleif steht weiter generell für eine Unterschlagung. Der Unterschleif verkörpert als Titelansagerin in den Wunschmaschinen die Stimme der technischen Maschine, ist der Deus ex Machina und ist als sprechende Computersoftware das synthetische Pendant zu Eliza. (Beschriebe zitiert nach www.wikipedia.org, 2006) Umsetzung Surround: Ambisonics Deleuze und Guattari entwickelten ihren Text in einer Art Cut-up Technik, welche ich für die Textgrundlage des Hörspiels aufgreife. Ausgehend von den zentralen Figuren und Themen des Anti-Ödipus – spezifisch der Wunschmaschinen – wird ein eklektischer Cut-up (vom Cut-up ausgehend) generiert, ein hör- und erlebbarer Hypertext erstellt, eine Maschine aus und mit den Wunschmaschinen gebaut und in Betrieb genommen – das Rhizom der Wunschmaschinen wird zum Weiterwuchern angeregt. Deleuze und Guattari sagen hierzu in Tausend Plateaus/Rhizom: «Es gibt keinen Unterschied zwischen dem, wovon ein Buch handelt, und der Art, in der es gemacht ist. Deshalb hat ein Buch auch kein Objekt. Als Gefüge besteht es nur in Verbindung mit anderen Gefügen, durch die Beziehung zu anderen organlosen Körpern. Man frage nie, was ein Buch sagen will, ob es nun Signifikat oder Signifikant ist; man soll in einem Buch nicht etwas verstehen, sondern sich vielmehr fragen, womit es funktioniert, in Verbindung mit was es Intensitäten eindringen lässt oder nicht, in welche Mannigfaltigkeiten es seine eigene einführt und verwandelt, mit welchen organlosen Körpern es seinen eigenen konvergieren lässt.» Die Raumklangtechnologie Ambisonics wurde in den 1970er Jahren vom britischen Mathematiker Michael Gerzon entwickelt. Ursprünglich handelte es sich um eine besondere Mikrofontechnik, mit der eine mehrkanalige Aufnahme erstellt wird, welche die räumliche Information des Schallfeldes trägt und schließlich über ein Lautsprechersystem derart wiedergegeben werden kann, dass sich der Eindruck dreidimensionalen Hörens einstellt. Zur Wiedergabe wird ein Decoder benötigt, der die Signale für die einzelnen Lautsprecher errechnet. Tatsächlich handelt es sich hier um eine große Stärke, die Ambisonics gegenüber anderen Raumklangtechniken hat: Man ist an keine fixe Lautsprecherkonfiguration gebunden. Bleibt man innerhalb vernünftiger Grenzen, was Minimalzahl und Symmetrie angeht, ist man frei in der Anordnung der Lautsprecher und kann sie den jeweiligen Gegebenheiten und der Form des Raumes anpassen. Dramaturgisch ahmt das Hörspiel das Umherschweifen der Situationisten, den Trip des Schizophrenen durch akustische Topografien nach. Der Hauptprotagonist – der Schizo, das Alter Ego Deleuze/Guattaris – ist dabei nicht nur ins Spiel involvierter Begleiter und Kommentator, sondern «Handlungsträger» im fast wörtlichen Sinn. Er trägt das Mikrofon von A nach Z, von einem Ort des Geschehens zum nächsten: Sei dies durch die Psychogeographie der Pariser Boulevards oder über den Kiesweg im Park einer Klinik. Akustische Dynamik und Authentizität des «Field Recordings» soll tragendes und den Trip unterstreichendes Gestaltungsmittel sein. Die Hörerin, der Hörer soll direkt in das Hörspiel «involviert» sein. Die Wunschmaschinen wird in Surround umgesetzt, das Hörspiel findet in virtuellen und real aufgezeichneten, akustischen Räumen statt. Produzieren in Surround bedingt eine andere Aufnahmetechnik als in der Stereophonie. Es wird mittels eines Soundfield-Mikrofons, welches neben der Schallquelle (Sprecher, Handlung) auch die räumlichen Informationen (Ausbreitung, Reflektionen, Geräusche Umfeld) dreidimensional mitaufzeichnet, aufgenommen. Das heißt, dass Teile der Handlung in realen Räumen mit realen Aktionen der Akteure/SprecherInnen, also ähnlich einem Filmset, aufgezeichnet werden. Zu den weiteren vorteilhaften Eigenschaften von Ambisonics zählt die Tatsache, dass keine Raumrichtung bevorzugt wird. Dies im Gegensatz zu Raumklangtechniken, die im Zusammenhang mit dem Film entwickelt wurden und eindeutig nach vorne zur Bildfläche hin ausgerichtet sind. Ferner ist bei Ambisonics der Bereich, in dem sich das optimale räumliche Klangempfinden einstellt – der „sweet spot“ – merklich größer als bei anderen Formaten. In der Tat mag es für den Heimgebrauch reichen, wenn dieser bloß einer Person Platz bietet, für öffentliche Aufführungen sollte aber auch einer umfangreicheren Zuhörerschaft ein überall ähnlich gutes Hörerlebnis geboten werden. Ambisonics am Institute for Computer Music and Sound Technology Das Institute for Computer Music and Sound Technology ICST der Hochschule Musik und Theater Zürich HMT wurde im Januar 2005 ins Leben gerufen. Als Folge der Gründung von Fachhochschulen in der Schweiz wurde vom Bund an die neuen Schulen ein Forschungsauftrag gerichtet. Forschung im Bereich der Computermusik – an der HMT schon seit Jahren betrieben – erhielt mit dem neuen Institut ein größeres Gewicht und einen festen Rahmen. Das Institut ist in die beiden Abteilungen Computer Music und Sound Technology gegliedert. Ein besonderes Gewicht liegt auf Forschungsprojekten, in welchen diese beiden Bereiche zusammenwirken. In der Regel geht es im Bereich der Computermusik um die Entwicklung von Werkzeugen für die musikalische Komposition, während die AudioForschung meistens von der Musikindustrie getragen wird mit dem Ziel kommerzielle Produkte herzustellen. Das ICST ist eine der weltweit wenigen Institutionen, die sich vorgenommen haben, diese verwandten Gebiete näher zusammenzuführen. Seit 1999 finden im Rahmen des Forschungsprogramms der Hochschule Musik und Theater Zürich Arbeiten auf dem Gebiet der räumlichen Klangprojektion für den Konzertsaal statt. Anwendungen sind entwickelt worden zur interaktiven Kontrolle von Schallquellen im virtuellen Raum, teilweise in Zusammenarbeit mit der Universität von York. Das Institut verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz in der Aufführung von ambisonischen Konzerten. Zu erwähnen ist hier die mobile Ambisonics-Anlage, ein Wiedergabesystem, das in seinen Möglichkeiten und seiner Flexibilität auf die anspruchsvollen Erfordernissen ambisonischer Konzerte zugeschnitten wurde. Ein weiteres Forschungsgebiet des ICST, im speziellen des Leiters der Abteilung Sound Technology und Vice President des Technical Commite der Audio Engineering Society AES, Dr. Markus Erne, ist die mehrkanalige Audiocodierung, wo mittels binauraler Analyse und Synthese via Internet auf ein 5.1 Heimkinosystem gestreamt/übertragen werden kann: «Mit Binaural Cue Coding wurde ein System entwickelt, mit dem Mehrkanalton über eine Mono- oder Stereo-Übertragungsstrecke überragen werden kann. Dieses Verfahren wurde kürzlich von der ISO im Rahmen der MPEGStandardisierung als MP3-Surround in den MPEG-Standard aufgenommen und erfreut bereits großer Beliebtheit», hielt Erne kürzlich anlässlich einer Präsentation von Binaural Cue Coding fest. Cinéma pour l‘oreille: Akusmatische Aufführungen Die Ursendung der Wunschmaschinen wird gleichzeitig als akusmatische Uraufführung in einem Kinosaal geplant. Das heißt, dass neben den für die Verbreitung über den Rundfunk aufbereiteten Stereo- und 5.1-Versionen die «Vollversion» – also die ambisonische Surround-Aufführung für 8 Lautsprecher, die im Saal aufgestellt werden – als Uraufführung und danach während einiger Tage im Kino gespielt wird. Für eine Aufführung/Ursendung aus dem Kinosaal sprechen neben der fast idealen, akustischen Situation (nicht alle haben ein 5.1-System zu Hause, der Saal ist schon für mehrkanalige Beschallung eingerichtet) auch noch weitere Aspekte/Bezüge: Der Begriff «Cinéma pour l’oreille» ist in den 60er Jahren in Frankreich aufgetaucht und bezeichnete Aufführungen von elektroakustischer Musik in einem Saal mittels Lautsprecher, also sozusagen in einem Kino ohne Projektionsfläche. Die «kinematographische» Komposition von Klängen oder Aufnahmen, also der Einbezug von Bewegung und Raum in der Musik – hat eine lange Tradition, welche weit über die Elektroakustische Musik zurückreicht; schließlich operieren viele Orchesterwerke mit räumlicher Platzierung von Instrumenten und Instrumentengruppen. In diesen Zusammenhang ist auch die akusmatische Musik zu stellen. Den Begriff übernahm der französische Pionier der Musique Concrète, Pierre Schaeffer, 1973 von François Bayle. Er wollte so die Aufführung seiner Musik von derjenigen der Elektroakustischen Musik unterscheiden. Elektroakustische Musik wurde auf recht «traditionelle» Weise mittels Instrumenten (Synthesizer, Ondes Martenot, Realtime-Computersysteme) und meistens durch Interpreten aufgeführt. François Bayle führte demgegenüber den Ausdruck «musique acousmatique» ein, um eine Musik zu bezeichnen, welche im Studio entwickelt worden ist, um dann in einem Saal aufgeführt zu werden, ähnlich wie dies beim Film – im Kino – geschieht. Es handelt sich dabei also um Kompositionen, welche auf einem Tonträger realisiert sind (Tonband, Datenträger), so wie ein Film auf Zelluloid festgehalten ist. Die akusmatische Musik ist Tonbandmusik – sie wird ausschließlich über ein Lautsprecher-«Orchester» aufgeführt, ohne die Partizipation von Instrumenten oder Interpreten/Sängern. Diese Aufführungsform trifft umso mehr auf das Hörspiel zu, falls dieses denn woanders als in den eigenen vier Wänden gehört wird. Sehr wünschbar wäre natürlich, dass aus dem Aufführungs-Experiment mit den Wunschmaschinen eine eigentliche Reihe von akusmatischen Aufführungen von Hörspielen wie auch von Surround- Musik entstände. Obwohl schon über 3.5 Millionen Haushalte im deutschsprachigen Raum über ein 5.1-Heimkinosystem verfügen, über welches natürlich auch «nur» Hörspiel oder Musik gehört werden kann, ist der öffentlichen Aufführung nicht genug Gewicht beizumessen, um exemplarisch mit einer sehr guten Anlage die Möglichkeiten des Surround-Hörens vorzuführen. Das erweiterte Radio Neben der Ausstrahlung über den Rundfunk soll für die Uraufführung ein mehrkanaliger Livestream des Hörspiels via Internet initiiert werden. Dieser wird im Rahmen des Webradio-Forschungsprojekts der beiden Schulen Hochschule Musik und Theater und Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich entwickelt, aufgesetzt und getestet. Hierbei kommt Binaural Cue Coding-Technologie zum Einsatz. Sinnvoll wäre eine Homepage mit zusätzlichen Informationen zum Material und den Figuren der Wunschmaschinen. Dort könnten dann später auch Podcasts der einzelnen Kapitel zum Download angeboten werden. Partner und Ressourcen Erprobenswert wäre der Aufbau eines kleinen, internationalen SurroundAufführungs-Netzwerks: Veranstaltungs-/Kinosäle in anderen Städten oder einfach die gute Stube mit ein paar Freunden zu Besuch und ein Mehrkanal-Audiosystem plus schnelle Internet-Leitung könnten hier zu den Subskribenten gehören. Wir möchten die Option der Teilnahme am Aufbau eines Netzwerks auf der Homepage des Hörspiels anbieten – zusammen mit den technischen Bedingungen/Anleitungen zum Betrieb und Empfang des Surround-Hörspiels. - - - - Studio für Akustische Kunst, WDR Gesamtverantwortung Produktion Clearing Rechte Engagement Autor und Schauspieler/Sprecher Ausstrahlung Surround/Stereo Institute for Computer Music and Sound Technology: - - - Ambisonische Aufnahmen: Technologie und Personal Ambisonische Produktion des Hörspiels Entwicklung/Umsetzung Live-Streaming Surround Inhaltsübersicht Hörspiel Die Wunschmaschinen 1. La psychogéographie: Etwas Theorie des Umherschweifens – Le dérive – Die Maschinen sind überall «Die Psychogeographie beschäftigt sich mit der Erforschung der Gesetze und der genauen Wirkungen einer bewusst oder unbewusst gestalteten geographischen Umwelt, welche nach den Situationisten einen direkten Einfluss auf das Gefühlsverhalten ausübt. Gängigstes Verfahren beim Erkunden von Wirkungen psychogeographischer Natur ist das Umherschweifen – le dérive – durch eine urbane Topologie. Vom Standpunkt des Umherschweifens aus haben die Städte ein psychogeographisches Profil, bestehend aus beständigen Strömen, festen Punkten und Strudeln, die den Zugang zu gewissen Zonen bzw. den Ausgang daraus erschweren oder vereinfachen.» Zitiert nach Uschi66 – Führer für alle, Berlin 2. Die Maschinen: Telefonie 1: Ivan und Eliza – Telefonie 2: Das Netz – Wunsch Maschine (Musik) «Die Maschinen sind immer schon da, unaufhörlich produzieren wir sie, lassen sie laufen, weil sie Wunsch, Wunsch wie er ist, sind – obgleich es der Künstler bedarf, ihre autonome Präsentation sicherzustellen. Die Wunschmaschinen stecken nicht in unserem Kopf, sind keine Produkte der Einbildung, sondern existieren in den technischen und gesellschaftlichen Maschinen selbst. (...) Wir bevölkern die technischgesellschaftlichen Maschinen mit Wunschmaschinen, dazu und zu nichts anderem sind wir in der Lage.» Programmatische Bilanz für Wunschmaschinen, in: Anti-Ödipus – Kapitalismus und Schizophrenie I – Gilles Deleuze & Félix Guattari, Suhrkamp, 1972 3. Wie schafft man sich einen organlosen Körper? Schmerzen sind Populationen: In der Hacienda – Pavor nocturnus – König Maso – Venus in Furs (Musik) – OrganTalk «Der oK ist das Immanenzfeld des Begehrens, die dem Begehren eigene Konsistenzebene (dort, wo das Begehren als Produktionsprozess definiert wird, ohne Bezug auf irgendeine äußere Instanz, einen Mangel, der das Begehren vertieft, eine Lust, die es erfüllt). (...) Der Masochist hat ein ganzes Gefüge geschaffen, das Immanenzfeld des Begehrens zugleich absteckt und ausfüllt, und das mit ihm, dem Pferd und der Domina einen organlosen Körper oder eine Konsistenzebene bildet.» Wie schaffen wir uns einen organlosen Körper?, in: Tausend Plateaus – Gilles Deleuze und Félix Guattari, Merve, 2002 4. Schizotope: Anus solis – Disputatio – Das Züngeln der Flammen – Im Seminarraum – À la poubelle – Die Fabrik und das Theater «... Sondern eher jener von allen Formen und Ausprägungen des Lebens ergriffene Mensch, dem selbst Sterne und Tiere zur Bürde aufgegeben sind und der nie aufhören wird, eine Organmaschine an eine Energiemaschine anzuschließen, oder einen Baum in seinen Körper, eine Brust in den Mund, die Sonne in den Hintern einzuführen, ewiger Verwalter der Maschinen des Universums.» Die Wunschmaschinen, in: Anti-Ödipus – Kapitalismus und Schizophrenie I – Gilles Deleuze & Félix Guattari, Suhrkamp, 1972 5. Die Produktion der Produktion: «Und», «und dann» – Maschine der Maschine – Keins – der Tod – Chor der Apparate «Die Regel, immerfort das Produzieren zu produzieren, dem Produkt Produzieren aufzusetzen, definiert den Charakter der Wunschmaschinen: (...)» Die Wunschmaschinen, in: Anti-Ödipus – Kapitalismus und Schizophrenie I – Gilles Deleuze & Félix Guattari, Suhrkamp, 1972 6. Die Frage stellt sich...: – Musik «Wer bin ich? Woher komme ich? Ich bin Antonin Artaud, und wenn ich es sage, wie ich es kann, werden sie auf der Stelle meinen jetzigen Körper zersplittern und sich unter zehntausend notorischen Aspekten einen neuen Körper zusammenraffen sehen, in dem sie mich nie mehr vergessen können.» Postskriptum, in: Schluss mit dem Gottesgericht – das Theater der Grausamkeit – Antonin Artaud, Matthes & Seitz, 2002 7. Leben mit Pop: Kapitalistischer Realismus – ... Und grüsse alle, die mich kennen – Actualités – Das Reale ist künstlich – Zehn Tage Glück «Das Konzept der Aktion lautet: a) Ausstellen des gesamten Möbelhauses ohne Veränderung b) In separatem Ausstellungsraum als Komprimierung der Demonstration: Aufstellung eines durchschnittlichen Wohnzimmers in Funktion, d. h. bewohnt; dekoriert mit den jeweiligen Utensilien, Speisen, Getränken, Büchern, Hauskram und den beiden Malern. Die einzelnen Möbel werden in der Art von Plastiken auf Sockel gestellt, ihre natürlichen Abstände von einander werden vergrößert, um ein Ausgestelltsein zu verwirklichen. «Zur Eröffnung am 11. Okt. 1963 um 20 Uhr fand dann die ›Demonstration‹ statt, in deren Verlauf die Besuchern in Gruppen nach Nummer aufgerufen und eingelassen werden. Der Fernseher zeigte dabei pünktlich zu Beginn die Tagesschau, dann den Beitrag «Die Ära Adenauer». Leben mit Pop. Eine Demonstration für den Kapitalistischen Realismus – Eine Aktion von Gerhard Richter und Konrad Lueg, 1963, auf: www. medienkunstnetz.de 8. Aus der Seele der Künstler und Schriftsteller: Lost again – am Meer – Ausspucken – Feste – unsre Heimat ist nicht hier! (Musik) «A b e n d r ö t h e d e r K u n s t. – Wie man sich im Alter der Jugend erinnert und Gedächtnissfeste feiert, so steht bald die Menschheit zur Kunst im Verhältniss einer rührenden Erinnerung an die Freuden der Jugend. Vielleicht dass niemals früher die Kunst so tief und seelenvoll erfasst wurde, wie jetzt, wo die Magie des Todes dieselbe zu umspielen scheint. (...) Den Künstler wird man bald als ein herrliches Ueberbleibsel ansehen und ihm, wie einem wunderbaren Fremden, an dessen Kraft und Schönheit das Glück früherer Zeiten hieng, Ehren erweisen, wie wir sie nicht leicht Unseresgleichen gönnen. Das Beste an uns ist vielleicht aus Empfindungen früherer Zeiten vererbt, zu denen wir jetzt auf unmittelbarem Wege kaum mehr kommen können; die Sonne ist schon hinuntergegangen, aber der Himmel unseres Lebens glüht und leuchtet noch von ihr her, ob wir sie schon nicht mehr sehen.» Aus der Seele der Künstler und Schriftsteller, in: Menschliches, allzu Menschliches – Friedrich Nietzsche, dtv, 1999 Sprecher/innen: Sprecher 1: Der Schizo Sprecher 2: Artaud Sprecher 3: Ivan, Mann Paar, Student Sprecherin 4: Eliza, Frau Paar, Studentin, Moderatorin, Chor der Apparate Sprecher 5: Sacher-Masoch, Doktor Weber Sprecher 6: Schreber Sprecherin 7: Wanda, Doktor Barat, Chor der Apparate Sprecher 8: Doktor Freud, Guy Unterschleif: Synthetische Computerstimme Musik: - Mensch Maschine – Kraftwerk, Coverversion - Venus in Furs – Velvet Underground & Nico, Coverversion - Red Right Hand – Nick Cave and the Bad Seeds, Coverversion - Im Treibhaus – Wagner/Wesendonck, Coverversion Literatur Kontakte Artaud, Antonin: Schluss mit dem Gottesgericht, Matthes & Seitz Verlag, 2002 Bolz, Norbert/van Reijen, Willem: Ruinen des Denkens, Denken in Ruinen, Suhrkamp, 1996 Débord, Guy: Panegyrikus, Edition Tiamat, 1997 Débord, Guy: Potlatch, Edition Tiamat, 2002 Deleuze, Gilles/Guattari, Félix: Anti-Ödipus, Suhrkamp, 1974 Deleuze, Gilles/Guattari, Félix: Tausend Plateaus, Merve, 1997 Deleuze, Gilles: Die einsame Insel, Suhrkamp, 2003 Deleuze, Gilles: Kritik und Klinik/Aesthetica, Suhrkamp, 2000 Deleuze, Gilles: Présentation de Sacher-Masoch, Les éditions de minuit, 1967 Deleuze, Gilles: Schizophrenie und Gesellschaft, Suhrkamp, 2005 Feyerabend, Paul: Wissenschaft als Kunst, Suhrkamp, 1984 Hagen, Wolfgang: Radio Schreber, VDG Verlag, 2001 Härle, Carl-Clemens: Karten zu «Tausend Plateaus», Merve, 1993 Matheus, Bernd: Die Legende des Saint Arto, in: Lettre Internationale – die Kulturzeitschrift Europas, No. 57 Nietzsche, Friedrich: Menschliches, Allzumenschliches, Ausgabe Colli/ Montinari, dtv, 1999 Ohrt, Roberto: der Beginn einer Epoche – Texte der Situationisten, Edition Nautilus, 1995 Von Sacher-Masoch, Leopold: Venus im Pelz, Belleville/Neue Galerie am Landesmuseum Johanneum, 2003 Von Schlichtegroll, Carl Felix: Wanda ohne Maske und Pelz, Leipziger Verlag, 1906 Schmidgen, Henning: Das Unbewusste der Maschinen, Wilhelm Fink Verlag, 1997 Schreber, Daniel Paul: Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, Kadmos, 2003 Sloterdijk, Peter: Regeln für den Menschenpark, Suhrkamp, 1999 Sloterdijk, Peter: Das Menschentreibhaus, VDG Verlag, 2001 Zizek, Slavoj: Körperlose Organe, Suhrkamp, 2005 Thakkar-Scholz, Arnim: Die Schizoanalyse von Félix Guattari und Gilles Deleuze, Verlag die Blaue Eule, 2004 Vienet, René: Wütende und Situationisten in der Bewegung der Besetzungen, Edition Nautilus, 1977 Marcus Maeder Schöneggstrasse 5 CH–8004 Zürich T/F +41 (0)1 241 59 52 Mobile +41 (0)78 841 93 68 [email protected] www.domizil.ch/marcus_maeder Institute for Computer Music and Sound Technology Hochschule Musik und Theater Zürich HMT Baslerstrasse 30 CH–8048 Zürich +41 (0)43 305 45 05 [email protected] www.icst.net