Kühlsystem - Volvo Club Deutschland eV

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Kühlsystem - Volvo Club Deutschland eV
Kühlsystem
Schwitz Stöhn
Boah eh, is mir waaaaarm....!
35 Grad im Schatten, eine endlose Schlange vorm Westhofener Kreuz, motzende Kinder auf der
Rücksitzbank.... Warum sind wir eigentlich nicht auf die Putzfraueninsel geflogen, sondern wollen nach
Schweden... Und jetzt noch dieses komische, zischende Geräusch von vorne... Nu seit doch mal endlich
ruhig dahinten... Mensch fahr du Penner... Nein mein Schatz das Geräusch ist nicht normal... ... ... Wo
kommt den plötzlich der dichte Nebel her????? .... Nein mein Schatz, die Wassertemperatur steht
normalerweise nicht ganz oben,...
Ja, ich fahr ja schon rechts ran... NEIN, ES IST KEINE
PINKELPAUSE!!!!
ADAC OLE!!!
Na, wen hat es so oder ähnlich im Sommer erwischt?
Nicht nur euch war warm, auch euren Autos. Und die mussten bei den Tropentemperaturen auch noch
zuverlässig funktionieren. Das sie dabei ins Schwitzen geraten, ist schon fast normal!
Ein laufender Motor produziert Wärme. Diese Wärme wird über das Kühlsystem an die Umwelt abgeführt.
Das funktioniert umso besser, je geringer die Außentemperaturen sind, bzw je größer die
Temperaturdifferenz ist.
Das Kühlsystem eines Fahrzeugs ist für einen bestimmten Außentemperaturbereich ausgelegt. Darüber
oder darunter gibt es Probleme.
Welches sind die Probleme und was können wir dagegen tun? Dazu später mehr.
Um einwandfrei funktionieren zu können, braucht ein Verbrennungsmotor eine gewisse, werkseitig
vorgegebene Betriebstemperatur. Es ist wichtig, diese Betriebstemperatur möglichst schnell zu erreichen
und über einen sehr großen Außentemperaturbereich konstant zu halten.
Es gibt grob 2 Arten eine Wärmequelle (hier den Motor) zu kühlen, Gase und Flüssigkeiten.
Seit seligen Käferzeiten wissen wir, das Luft nicht einfriert, aber auch nicht besonders gut heizt... Unsere
Volvos haben daher ein Flüssigkeitskühlsystem. Dieses System besteht aus den folgenden
Komponenten: Der Wärmequelle (dem Motor), diversen Schlauchleitungen und zwei Wärmetauschern
(dem Motorkühler und dem Heizungskühler). Dazu kommen noch ein Regelventil, eine Wasserpumpe und
ein hitzeanhängiger Schalter (sprich der Thermostat) sowie diverse Gebläse.
Die Temperaturzone in der sich ein Kfz problemlos bewegen kann, ist abhängig von der Auslegung dieser
Komponenten. In Mitteleuropa kann man von -15GradC bis+ 35GradC ausgehen. (Südeuropa -10 bis
+45, Nordeuropa -25 bis +35). Unsere Volvos bieten schon konstruktionsbedingt beste Voraussetzungen,
extreme Temperaturen gut wegzustecken...
Aber... :
Nichts hält ewig. Was könnt ihr also tun, um euren Elch gut über die Jahre zu bringen?
Zuerst einmal die Wassertemperatur beobachten.
Erreicht der Wagen zügig seine Betriebstemperatur oder verharrt der Zeiger kurz über dem Kaltbereich
und schwankt je nach Motordrehzahl. Wenn ja, hat sich der Thermostat in den Hades begeben und
möchte erneuert werden. Thermostate gibt es mit verschiedenen Öffnungstemperaturen. Diese
Temperaturen bestimmen, wann automatisch vom Heizungskühlerkreislauf auf den großen Kühlkreislauf
via Motorkühler umgeschaltet wird. Zu kalter, wie zu heißer Motorlauf bedingt höheren Verschleiß und
Spritverbrauch und birgt die Gefahr schwerer Motorschäden. Also: Die Temperaturanzeige sollte bei
normalen Außentemperaturen wie angenagelt in der Mitte des Anzeigebereichs bei ungefähr 80 bis 90
Grad C stehen. Welcher Thermostat der Richtige ist, verrät das Handbuch. Grobe Richtwerte: B4B, B16
Öffnungstemperatur 70-75 Grad. B18, B20, B30 82-84 Grad; B19-B230 87-88 Grad; B27/28 82-88 Grad;
Neuere Maschinen um 90 Grad. Ihr seht, je neuer die Motoren, umso höher die Wohlfühltemperatur;
bedingt durch die besseren Kühler und Gebläse.
Wandert die Temperaturanzeige zügig Richtung "Roter Bereich", so fehlt entweder Kühlflüssigkeit, der
Motorkühler ist durch Ablagerungen "zugekalkt", die Wasserpumpe ist defekt (Alter B16 Schaden = die
Schaufelrädchen gammeln weg), die Keilriemenspannung stimmt nicht, der Thermostat klemmt in
"geschlossen" - Stellung (dürfte er zwar konstruktionsbedingt nicht, passiert aber dennoch. Gern bei 800er
Motoren), die Elektrogebläse schalten nicht ein, der Viscolüfter klappert, die Aircondition ballert voll und es
ist über 30 Grad im Schatten.
Ihr prüft folgende Dinge:
--- Der Keilriemen sollte sich ca 1 cm an der längsten Stelle zwischen zwei Riemenscheiben mit
normalem Daumendruck eindrücken lassen. Der Keilriemen sollte keine Risse aufweisen und einen
Artgenossen im Kofferraum wissen. Die Doppelnockermotoren und die 400er Serie haben automatische
Riemenspanner, prüft hier nur ob Spannung vorhanden ist, oder ob die Selbstspannvorrichtung defekt ist
(Riemen schlabbert lose). Risse in den Rippenriemen raten zum Austausch.
--- Die Wasserpumpe sollte dicht sein, kein allzugroßes Lagerspiel haben (am Kühlerventilator wackeln,
ihr merkt dann das Spiel) und keine Quietschgeräusche machen (deftiger Lagerschaden).
--- Der Viscolüfter dreht sich auch bei stehendem Motor. Er sollte das ohne großartiges Spiel und ohne
"schwere Stellen" tun. Packt einfach mal da hin wo "rotande fläckt" steht, dreht und wackelt an dem Ding.
Zulässiges Spiel am Ende der Lüfterschaufeln ca 3 mm. Bei Verdacht auf Fehler, fragt den Fachmann.
--- Ihr merkt selbst ob der Elektrolüfter anspringt. Er sollte das kurz über der Mitte der
Temperaturanzeige tun und solange laufen, bis die Temperatur wieder leicht gesunken ist. Tut sich da nix:
Am Kühler findet sich ein eingeschraubter Temperaturschalter mit zwei Kabeln. Zieht die Kabel ab, messt,
ob auf einem Spannung vorhanden ist und verbindet sie. Der Lüfter muss anlaufen. Wenn nicht: Raus
Neu. Ist keine Spannung da: In dieser Richtung (Vorschaltrelais) weitersuchen oder ab in die Werkstatt.
(Je nach Plan und Ahnung).
--- Die Wasserschläuche sollten rissfrei und nicht ausgehärtet sein, ihre Schlauchschellen nicht
vergammelt, sondern einwandfrei nachziehbar. Ihr zieht vorsichtig alle Schlauchschellen nach. Ist hier
irgendetwas fadenscheinig hilft nur die bewährte Raus Neu Methode.
--- Heizungsventile werden undicht seit es Heizungen in Volvos gibt. Mancher P1800 Beifahrerin hat es
schon heiß auf ihr Fahrgestell getropft. Sollte die Dame also meckern, tauscht die Ventile einfach aus,
Reparatur ist nicht möglich. Sie sind zwar ekelig teuer und die Fummelei mit dem Kapillarrohr ist auch
nicht ohne... aber ihr habt die Garantie , dass sie alsbald wieder undicht werden. Sorry Thats Volvo. Übel
erwischt es auch die 700/900er Fahrer: Da sind die Dinger zwar in absoluter Primitivausführung
vorhanden, aber genauso undicht. Sollte es um das Gaspedal rum nass sein... Schräg oben da drüber
sitzt das Heizerventil und tropft... und tropft ... und...! Sorry... .
Der 200er glänzt mal wieder als Ausnahme von der Regel. Lediglich die Unterdruckansteuerung bei
einigen Modellen macht selten mal Ärger.
--- Die Qualität der Motorkühler ist eine ebenso unendliche Geschichte: Je älter, desto haltbarer. Ein B
16 Wabenkühler braucht ca 30 Jahre um mal undicht zu werden und lässt sich dann schnell vom
Kühlerlöter reparieren. Die Metallkühler der 60er Jahre sind eigentlich recht problemlos, aber leider nicht
für all zu hohe Außentemperaturen oder wilde Tuningmotoren ausgelegt. Aber so was hat euch das HKennzeichen ja eh abgewöhnt... Alles an Kühlern aus den 70er und 80er Jahren aus Metall gammelt
zwar, lässt sich aber reparieren. Ende der 80er Jahre kamen die Kühler mit den Plastikwasserkästen auf.
(Wenn ich den Vollidioten erwische, der diesen Mist erfunden hat...), diese Dinger sind nicht mehr aus
Messingblech sondern aus dem viel billigeren Aluminium gebaut, so gut wie nicht reparabel und nur
gegen viel Kohle neu erhältlich. Wenn es hier tropft (garantiert an den Dichtungen der
Plastikwasserkästen) hilft nichts auf Dauer, weder nachbiegen der Kastenhaltezungen noch Zuschmieren
mit Dichtungsmasse. Nur Zahlen und fröhlich sein!
--- Die Heizungskühler sind in keiner Modellreihe ein Problem,
die Qualität der VolvoInnenraumheizungen war mal legendär. Lediglich diverse Heizgebläseausfälle haben schon manchen €
verschlungen. Hier ist die einzige gravierende Schwachstelle der 200er Serie.
Allen Kühlern gemeinsam ist das Problem der Verkalkung. Kalk aus dem Wasser setzt die Kühlkanäle
zu und die Kühlleistung sinkt. Euer Elch fängt gewaltig an zu schwitzen und bläst seinen Protest aus der
Zylinderkopfdichtung. Bevor es soweit kommt, könnt ihr einiges tun:
Erst mal feststellen ob Verkalkung vorliegt: Kühlerdeckel auf und reingucken, wenn es um die Kühlrippen
gammelig aussieht: Achtung! Dreckiges Kühlwasser ist auch ein schlechtes Zeichen. Ihr könnt natürlich
jetzt den Kühler ausbauen und beim Fachmann ein neues Kühlernetz einlöten lassen. Diese Netze gibt es
in verschiedenen Ausführungen, wobei die Tropenausführung das Geeignete sein dürfte, damit wird Elchi
auch in der Sahara oder im Death Valley nicht zu warm und der Stau vor Westhofen ist eine besonders
leichte Übung. Aus technischer Sicht ist immer zu dieser Lösung zu raten... Nur, die ist teuer! (Ungefähr
soviel wie ein neuer Plastikkühler! Und bei dem geht der Trick nicht!!!) Wir wissen ja: der Thermostat hält
die Motortemperatur konstant und lässt nur soviel Wasser in den Motorkühler wie nötig... und je mehr
Kapazität dieser Kühler hat, umso höher können die Außentemperaturen sein!
Es gibt aber auch eine geldbörsenfreudliche Billigmethode: Ihr lasst das Kühlwasser ab am unteren
Kühlerschlauch, stellt die Heizung auf "Heiß", baut den Thermostat aus, öffnet die motorseitigen Ablässe
(Hinten unterm Auspuffkrümmer, zusätzlich am Heizgebläsekasten beim PV) und lasst per
Gartenschlauch erst mal ordentlich Wasser durch den Motor laufen (beginnend am unteren
Kühlerschlauch, dann durch das Thermostatgehäuse, dann durch die Ablässe). Das spült! Wenn nach
längerer Zeit überall klares Wasser austritt, macht ihr alles wieder zu und baut den Thermostat ein. Dann
macht ihr den oberen Kühlerschlauch ab und spült nach gleicher Methode den Kühler erst von unten nach
oben, dann umgekehrt! Zwerge unter 10 finden es gigantisch bei diesen väterlichen Wasserspielen
mitzumachen! Ihr seit danach garantiert reif für die Badewanne. Wenn aus dem Kühler oben nur noch
klares Wasser rauskommt, baut ihr alles wieder zusammen und geht in die Küche! Dort findet Ihr in der
Nähe der Waschmaschine die Calgonkiste. Ihr mopst euch ein halbes Kilo, löst das in Wasser auf, kippt
die Lösung in den Kühler und füllt mit klarem Wasser auf. Danach wird 14 Tage munter Oldie gefahren
und dann die ganze Reinigungsprozedur (s.o.) wiederholt. Was glaubt ihr, was da noch für ein Dreck
rauskommt. Entweder ist der Kühler nach der Aktion innen wie neu oder undicht! Dann hattet ihr bisher
den Papst in der Tasche! Nehmt also Reservewasser mit.
Nun wird Frostschutzmittel (bitte solches, das auch für Aluminiumkühler geeignet ist, es gibt da
verschiedene Qualitäten) im Verhältnis 50 zu 50 mit destilliertem Wasser (ebenfalls von Frauchi aus der
Küche!) gemischt und eingefüllt. Jetzt dürfte das Kühlsystem wieder seine volle Leistung bringen.
Es gibt auch noch andere Ursachen für Motorüberhitzung: eine zu frühe Zündungsgrundeinstellung und
Benzin mit zu niedriger Oktanzahl. Also bitte kein Normalsprit im B30E... Die Warmduscher mit
Klimaanlage sollten sich bewusst sein, das der Wärmetauscher der Aircondition vor dem Motorkühler sitzt
und die aus dem Innenraum entsorgte Wärme hier abgibt. D.h. er erhöht die Außentemperatur zusätzlich!
Und damit wird die Luft für den Motorkühler noch wärmer und die Wassertemperatur steigt. Die ACSysteme funktionieren relativ einwandfrei bis 30 Grad Außentemperatur. Darüber, wo man die AC
eigentlich braucht, wird dem Motor zu warm. Mein 264 kann das perfekt! Ich behelfe mich dann immer mit
"Fenster runter, Schiebedach auf, AC aus". Schwitz, Stöhn... Sollte das auch noch nicht helfen...
Westhofen ist noch weit... Heizung voll an und Gebläse auf Maximum. Spätestens dann geh es zumindest
dem B27 wieder gut... ich dusche eh am liebsten heiß...
Vor einer Sache möchte ich euch noch warnen: Der Pappe vor dem Kühler im Winter! Sie sorgt zwar
dafür, das der Motor schnell warm wird und die Heizung Heißluft liefert, wird aber vor der nächsten
Autobahnfahrt oder im Frühjahr garantiert vergessen!!!!
Ich bau euch aber gern eine neue
Zylinderkopfdichtung ein... Also macht mal...!
Dieter Hengstwerth 13.9.03