Galvanische Nickel-Phosphor

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Galvanische Nickel-Phosphor
Titelthema-Bericht
Ultrapräzisionsbearbeitung, Beschichtungen, Oberflächentechnik
Galvanische Nickel-Phosphor-Beschichtung
für die Diamantzerspanung
P. Kolb
Für eine Vielzahl von Anwendungsfällen
werden Bauteile mit hoher Formgenauigkeit
und optischen Oberflächengüten benötigt.
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg
der Bearbeitung sind qualitativ hochwertige
Materialien. Insbesondere im optischen Formenbau kommen zu diesem Zweck vermehrt
galvanisch abgeschiedene Nickel-PhosphorSchichten zur Anwendung. Das Fraunhofer
IPT optimiert mit einer eigenen Galvanikanlage den Beschichtungsprozess, um das
volle Potential der Diamantzerspanung auszuschöpfen.
Durch Ultrapräzisionszerspanung mit
Diamantwerkzeugen lassen sich Formhaltigkeiten bis in den Submikrometerbereich und geringe Oberflächenrauheiten von typischerweise weniger als
10 nm erreichen. Oftmals handelt es
sich bei den Bauteilen um Formwerkzeuge, die später für die Replikation von
Kunststoffoptiken eingesetzt werden.
Eingebrachte Strukturen können dabei
Tiefen von wenigen bis hin zu mehreren
hundert Mikrometern aufweisen.
Ultrapräzisionsmaschine
und Diamantwerkzeuge
Eine leistungsfähige Ultrapräzisionsmaschine stellt eine Grundvoraussetzung für die Fertigung entsprechender
Bauteile dar. Darüber hinaus sind hochwertige Werkstoffe notwendig, um beste
Oberflächengüten erzielen zu können.
Die Bearbeitung von Stahl mit Diamantwerkzeugen ist mit konventionellen Mitteln nicht möglich. Aus diesem
Grund kommen bei der Diamantzerspanung in aller Regel Nichteisenmetalle
wie Kupfer, Messing, Aluminium oder
Neusilber zum Einsatz. Nachteilig bei
Verwendung dieser Materialien für
Formeinsätze in Spritzgießwerkzeugen
ist jedoch die relativ geringe Härte
sowie der im Vergleich zu Stahl hohe
Wärmeausdehnungskoeffizient.
Dies
führt zu erhöhtem Verschleiß und kann
insbesondere bei Werkzeugen mit Schiebern oder Spritzprägewerkzeugen zu
einer Beschädigung der Einsätze führen.
Vor diesem Hintergrund erfreut sich der
Bild 1. Galvanische Nickel-Phosphor-Beschichtung am Fraunhofer IPT
Einsatz von Stahlformeinsätzen, die mit
einer Nickel-Phosphor-Schicht versehen
werden,
wachsender
Beliebtheit,
Bild 1. Das Nickel-Phosphor-Gefüge
lässt sich bei Phosphor-Anteilen zwischen 11 % und 14 % hervorragend mit
Diamantwerkzeugen bearbeiten und
weist eine ausreichend hohe Härte auf.
Die Nickel-Phosphor-Schichten können
entweder chemisch oder galvanisch aufgebracht werden. Dabei ist zu beachten,
dass die chemisch abgeschiedenen
Schichten meist eine Dicke von höchstens 100 µm aufweisen. Mit galvanisch
abgeschiedenem Nickel-Phosphor (NiP)
ist es hingegen möglich, Schichtdicken
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von 1 mm und darüber hinaus zu erzielen, wobei die Schichten über die
gesamte Dicke eine gleichbleibende
Qualität aufweisen.
Hochwertige Beschichtung
notwendig
Die wichtigsten Kriterien für eine
qualitativ hochwertige NiP-Schicht sind
ein homogener, für die Diamantzerspanung geeigneter Phosphor-Gehalt sowie
ein defektfreies Gefüge. Da oftmals eine
Maßhaltigkeit im Mikrometerbereich erforderlich und somit eine Nacharbeit
nicht möglich ist, kann bereits ein ein-
Dipl.-Ing. Philipp Kolb
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Steinbachstr. 17, D-D-52074 Aachen
Tel. +49 (0)241 / 8904-422, Fax +49 (0)241 / 8904-6422
E-Mail: [email protected]
Internet: www.ipt.fraunhofer.de
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Fraunhofer-Gesellschaft
Bild 2. Werkzeugformeinsatz mit diamantzerspanter Nickel-PhosphorSchicht
zelner Defekt das gesamte Bauteil unbrauchbar machen. Darüber hinaus ist
insbesondere eine gute Schichthaftung
notwendig. Eine homogene Verteilung
der Schichtdicke, die sich beim galvanischen Prozess nicht zwangsläufig einstellt, minimiert darüber hinaus den
Aufwand der Nacharbeit des Bauteils vor
der Endbearbeitung.
Um diese Kriterien erreichen zu können, bedarf es einer konstanten Badzusammensetzung. Nickel- und Phosphor-Gehalt sowie der pH-Wert des Elek-
trolyts müssen kontinuierlich analysiert
und nachjustiert werden. Des Weiteren
kommt der Vorbereitung des zu beschichtenden Substrats eine entscheidende Bedeutung zu. Durch eine auf das
Grundmaterial angepasste mechanische
und chemische Bauteilvorbehandlung
kann die Schichthaftung enorm gesteigert werden. Um eine möglichst
homogene Schichtdickenverteilung zu
erreichen, werden auf das Bauteil angepasste Blenden in das Prozessbecken
eingesetzt sowie das Substrat während
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des Beschichtungsvorgangs in Rotation
versetzt. In Kombination mit geeigneten Prozessparametern lässt sich auf
diese Weise eine hochwertige Beschichtung aufbringen, die anschließend mit
Diamantwerkzeugen endbearbeitet werden kann.
Die galvanische Nickel-Phosphor-Beschichtung bietet die Möglichkeit, komplex geformte Bauteile mit Strukturen
bei hoher Oberflächengüte durch Diamantzerspanung herzustellen, Bild 2.
Aufgrund der hohen Anforderungen an
das finale Bauteil sind auch die Anforderungen an die Beschichtung hoch. Ein
optimal abgestimmter Beschichtungsprozess inklusive einer geeigneten
Bauteilvorbehandlung ist dafür unabdingbar. Das Fraunhofer IPT verfügt
über eine speziell für die Abscheidung
diamantzerspanbarer Nickel-PhosphorSchichten ausgelegte Galvanikanlage
und beschäftigt sich sowohl auf Forschungsebene als auch im Kundenauftrag mit der NiP-Beschichtung verschiedenster Bauteile. Durch die anschließende Möglichkeit zur Replikation durch
Kunststoffspritzguss oder Heißprägen
bietet das Fraunhofer IPT die gesamte
Prozesskette zur Replikation von Kunststoffoptiken und mikrostrukturierten
Kunststoffformteilen an.
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