Weiter hart arbeiten

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Weiter hart arbeiten
2| 2005
– II –
vorwärts:berlin Kulturforum
„Großartiges Kino“
Klausurtagung der SPD-Fraktion in Radebeul: Im Mittelpunkt standen der Aufbau
Ost und die Wirtschaftspolitik. Referenten waren u.a Klaus Zimmermann, Präsident des DIW, Reinhard Uppenkamp, Vorstandschef von Berlin-Chemie, und Gillette-Geschäftsführer Gero Wiese. In einer Resolution forderte die Fraktion bessere Bahnverbindungen zu den polnischen Wirtschaftszentren Stettin, Breslau und
Warschau sowie nach Tschechien. Foto: Hönemann
Michael Müller im Interview - Fortsetzung von Seite I:
„Weiter hart arbeiten“
Vorwärts:berlin: Das Image von
Politikerinnen und Politikern ist seit
langem angeschlagen. Nun hat es erneut bei der Frage der Nebentätigkeiten von Abgeordneten Schaden erlitten. Wie sieht es eigentlich in Berlin
in dieser Frage aus?
Michael Müller: Das Berliner Abgeordnetenhaus ist - anders als der
Bundestag und die meisten anderen
Länderparlamente - ein Halbtagsparlament. Berliner Abgeordnete werden für ihre Arbeit also auch nur
halbtags bezahlt. Viele wenden dennoch ihre gesamte Arbeitskraft für
die Abgeordnetentätigkeit auf. Für
einige ist es aber auch existenziell
wichtig, in ihrem Beruf verwurzelt
zu bleiben. Was aber bei all dem gewährleistet sein muss, ist absolute
Transparenz. Die Bürgerinnen und
Bürger müssen wissen, wer von wem
Gehalt bekommt, wie viel Arbeitskraft für welche Aufgaben zur Verfügung steht. Was gar nicht geht, sind
Gehaltszahlungen ohne Gegenleistung.
Vorwärts:berlin: Die Umfrageergebnisse im Januar sehen die SPD
jetzt bei 30 Prozent, drei Prozentpunkte vor der CDU. 2006 sind im
Bund und Berlin Wahlen. Was steht
für die Berliner SPD bis dahin an?
Michael Müller: Wir freuen uns
über die positiven Umfrageergebnisse und über den Aufwind, den wir bereits seit einiger Zeit haben. Aber wir
bleiben auf dem Teppich. Wir müssen weiter hart arbeiten und kämpfen. Es war sicher auch richtig, dass
wir im vergangenen Herbst auf der
Straße waren und das Gespräch über
die Arbeitsmarktreformen gesucht
haben. Vertrauen und Glaubwürdigkeit werden zu einem nicht geringen
Teil vor Ort erworben, im persönlichen Gespräch. Das müssen wir alle
zusammen auch weiter leisten. Unsere Themen bleiben aktuell. Wir haben drei Parteitage, die sich mit Bildungspolitik, mit Stadtentwicklungs- und Integrationspolitik und
mit dem Wirtschafts- und Forschungsstandort Berlin befassen, also die Weiterführung unseres Adlershofer Parteitags. Das alles sind
wichtige Grundlagen für unseren
Wahlerfolg 2006.
Vorwärts:berlin: Mit Klaus Wowereit ist bei der SPD auch personell alles klar für die Wahl, bei der CDU ist
dagegen alles offen. Beunruhigt Sie
der Zustand der Opposition?
Michael Müller: Es ist klar: Zeller
und Zimmer können es nicht. Das
weiß man in der Stadt und es ist
auch jedem in der Berliner CDU
klar. Das bietet viel Platz für Intrigen
und Spielereien, mit denen sich die
CDU offenbar lieber beschäftigt als
mit der nicht immer ganz einfachen
Stadtpolitik. Aber auf die Politik insgesamt wirft so etwas kein gutes
Bild. Klaus Wowereit genießt bei den
Berlinerinnen und Berlinern hohes
Ansehen. Er wirkt weit über Berlin
hinaus und setzt auch bundespolitisch mit seinen Entscheidungen
wichtige Akzente.
Vorwärts: berlin: In letzter Zeit
wurde kritisch über öffentliche Auftritte Klaus Wowereits berichtet ...
Michael Müller: Was ich mir wünsche, ist eine faire Berichterstattung.
Die meisten öffentlichen Auftritte
Klaus Wowereits gehören zu den repräsentativen Pflichten des Regierenden Bürgermeisters. Dass aber
über die übrigen 99 Prozent seiner
Arbeitszeit, in denen Klaus Wowereit hart und ernsthaft für die Stadt
arbeitet, im Verhältnis so wenig berichtet wird, finde ich schon bedenklich. Interview: Ulrich Horb.
In Berlin beginnen die Filmfestspiele - Zeit für einen Rückblick. Was
hat das Jahr 2004 dem deutschen Kino gebracht? Das Bemerkenswerteste ist, dass sich der deutsche Film
weiter durchsetzen konnte. Er wurde mit Goldenen Leinwänden geehrt, und das heimische Publikum
strömte in die Kinos. Lange genug
hatte der deutsche Kinofilm Akzeptanzprobleme beim eigenen Publikum. Nun hat er seinen Platz gefunden, das brachte den Filmschaffenden neues Selbstbewusstsein. Auch
schwierige und brisante Themen
wurden vom Publikum honoriert.
Jedoch stehen nach wie vor große
Herausforderungen vor uns Filmleuten. Zu Recht fordern die Kinobetreiber dringend eine Überarbeitung
des Filmförderungsgesetzes. Es geht
vor allem um größere Gerechtigkeit
zwischen Kino, Video und Fernsehen bei der Nutzung der Filme.
Wenn Fernsehen und Video zu
schnell nach dem Kinostart nachsetzen, wird das zeitliche Auswertungsfenster für die Kinos zu klein - eine
bedrohliche Tatsache gerade für
kleinere Filmtheater. Eigentlich gibt
es klare Vorgaben für alle Beteiligten, aber wenn die Nichteinhaltung
nicht geahndet wird, kommt es zu
empfindlichen Vertrauensstörungen und zu wirtschaftlichen Nachteilen für die Kinobetreiber. Filme
müssen insgesamt über einen langen Zeitraum zur Verfügung stehen,
in dem sie sich entwickeln können,
um für jede Branche erfolgreich zu
sein. In diesem Zusammenhang
müssen auch die Raubkopien erwähnt werden, die einen unermesslichen Schaden anrichten. Deshalb
ist es wünschenswert und unendlich wichtig, dass die Kinowirtschaft
wieder Geschlossenheit zeigt mit
seinem Hauptverband Deutscher
Filmtheater, der die verschiedenen
Interessen zu
einem Konsens führen
könnte.
Ein Problem in Berlin ist die
überproportional große
Michael Verhoeven
Anzahl von
Leinwänden
in der Stadt. Trotzdem werden weitere Multiplexe genehmigt. Es ist klar,
dass damit die Existenz kleiner Kinos extrem gefährdet wird. Zeugnisse Berliner Kinokultur sind so bereits unwiederbringlich verloren gegangen, wie z.B. das "Tivoli" - Geburtsstätte des Films! -, welches ohne Nachdenken dem gleichgültigen
Immobilienmarkt überlassen wurde. Die großartige Berliner Filmszene braucht die kleinen Kinos in der
Stadt, die von engagierten und kreativen Filmleuten betrieben werden.
Es ist eine Katastrophe, wenn eins
nach dem anderen aufgeben muss.
Bisher ist es uns gelungen, dass wunderbare "Toni" in Weißensee zu erhalten - aber das ist ein mühsamer
Balanceakt. Gute Überlegungen für
die Zukunft, dass kleinere Kinos sich
für ihre Filmdispositionen und Wareneinkäufe zusammenschließen.
Solche Abspielringe existierten bereits Anfang der 90er Jahre. Wir
wünschen uns, dass auch Kinderfilme besonders gefördert werden, um
unser Publikum von morgen für den
Kinobesuch zu begeistern. Es wurde
wieder erkannt, wie wichtig eine
gute Zusammenarbeit mit den
Pädagogen ist. Wenn es uns hier gelingt, das Kino als Lernort zu vermitteln, sind wir auf dem richtigen
Weg. Das "Toni" engagiert sich bereits intensiv für dieses Ziel.
Michaela Miethe und Dr. Michael Verhoeven www.kino-toni.de
Notizen aus der Berliner SPD
Ergebnisse des Landesparteitags.
Retexte und alle Beschlüsse des SPDLandesparteitags vom Dezember
2004 sind ebenso wie Video- und Audiomitschnitte der Reden von Michael Müller und Wolfgang Clement
im Internet der Berliner SPD zu finden: www.berlin.spd.de -> Partei ->
Parteitage
Bildungspolitische Debatte. Eine
Arbeitsgruppe des Landesvorstands
hat Ende Januar einen bildungspolitischen Antrag für den Parteitag am
9. April vorgelegt. Grundlage war
ein Antrag des Fachausschusses
„Stadt des Wissens“. Antragstexte,
Diskussionsbeiträge und Änderungsanträge sind im Mitgliedernetz der Berliner SPD zu finden:
www.berlin.spd-online.de.