D: Liebe Gemeinde, heute am Reformationstag soll natürlich von
Transcription
D: Liebe Gemeinde, heute am Reformationstag soll natürlich von
D: Liebe Gemeinde, C: heute am Reformationstag soll natürlich von Martin Luther die Rede sein. Schließlich verdanken wir Martin Luther, dass wir heute den Reformationstag feiern. Deswegen wollten wir Martin Luther auch gerne heute bei uns haben: hier Vorne steht er - ein blauer Luther, geschaffen vom Künstler Ottmar Hörl. Vielleicht haben Sie sich schon gewundert, als Sie ihn im Gemeindebrief oder auf den Einladungskarten zur heutigen Mitarbeiterfeier gesehen haben. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wir hätten Luther persönlich hier. Irgendein Spaßvogel hat ihm sogar auf die Mitarbeiterliste unser Gemeinde gesetzt, sodass er auch eine Einladung für heute bekommen hat... C: (rauscht zu Tür unter der Kanzel herein) Seien Sie gegrüßt. Findet hier der Gottesdienst statt? D: Allerdings! Er hat auch schon vor einiger Zeit angefangen, aber kommen Sie ruhig herein. Herzlich willkommen. Vielen Dank und entschuldigen Sie vielmals. Ich kenne mich hier nicht aus und die andere Kirche drüben war verschlossen... Aber ich schweife ab... (kommt nach vorne und reicht die Hand) Mein Name ist Martin Luther und ich habe für heute eine Einladung zum Gottesdienst bekommen. Und nun habe ich es ja geschafft. D: Ähhh, Martin Luther? Das kann doch nicht sein...? C: Doch, ich bin es wirklich und ich sage Ihnen, mit dem Zug zu reisen ist doch deutlicher einfacher, als mit Kutsche oder zu Fuss wie zu meiner Zeit. Aber sagen Sie doch mal, da ist ja schon wieder diese blaue Figur. Die kenne ich von der Einladungskarte was macht die denn hier? Und wer ist das überhaupt? (läuft um die Figur herum) D: Schauen Sie mal genau hin, Herr Luther. Und...? Erkennen Sie sich? C: Das soll ich sein? Jetzt, wo Sie es sagen... Eine gewisse Ähnlichkeit gibt´s schon. Aber warum gibt´s von mir eine solche Figur? D: Naja, Sie sind eine Berühmtheit. Nach allem was Sie für die Kirche getan haben, gibt´s viele Denkmäler von Ihnen, Kirchen sind nach Ihnen benannt... Und schon heute bereiten wir uns auf das 500. Jubiläum Ihres Thesenanschlages am 31. Oktober 2017 vor. Ein Künstler hatte darum die Idee, viele kleine LutherFiguren in unterschiedlichen Farben zu erstellen - 800 um genau zu sein. Und die standen dann in Wittenberg auf dem Marktplatz. C: Das ist doch verrückt - warum gibt´s es denn nach so vielen 100 Jahren Figuren von mir. Ich weiß ja, dass ich bekannt war zu meiner Zeit, aber irgendwann muss doch mal gut sein. Es ging mir doch um die Sache, und nicht um meine Person... D: Aber für uns heute, sind Sie, Martin Luther, als Person untrennbar mit Ihrem Einsatz für den wahren Glauben verbunden. Für die Rückbesinnung auf die Bibel schauen Sie, auch die Figur hier hält eine Bibelübersetzung in der Hand. C: Tatsächlich... Das gefällt mir - denn wenn mein Anliegen sich im Glauben allein an der Bibel zu orientieren bis heute gehalten hat, dann hat sich ja mein ganzer Einsatz gelohnt. Aber sagen Sie, warum ist die Figur denn so klein und warum so blau? D: Der Künstler wollte Sie wieder auf den Boden zu den Menschen zurückholen. Sonst steht auf den Wittenberger Marktplatz ein großes Lutherdenkmal, hoch oben auf einem Sockel. Stattdessen sollten sie runter zu den Menschen - und danach in die ganze Welt. 800 bunte Lutherbotschafter... C: Naja, auch früher schon habe ich Kunst nicht immer verstanden... Aber runter vom Sockel finde ich gut. Ich bin doch kein Kaiser, dem man ein Denkmal baut. Mit dem Kaiser hatte ich auch genug Scherereien. Noch heute erinnere ich mich an den Reichstag zu Worms... D: 1521 unter Kaiser Karl V. C: Sie kennen sich aber gut aus... Ja, im April 1521 war es. Eigentlich bin ich ja nach Worms in der Hoffnung gefahren, den Kaiser von meiner Lehre zu überzeugen, aber das war ein abgekartetes Spiel... D: Das müssen Sie uns mal genauer erzählen, worum ging es denn damals in Worms? C: dafür nichts tun können oder müssen, schon gar kein Geld bezahlen, sondern nur Glauben. Aber davon wussten die Menschen nichts, konnten doch nur wenige lesen und sich einen eigenes Bild davon machen, was in der Bibel stand. Naja, wo soll ich denn da anfangen zu erzählen? Vielleicht bei dem Ereignis, welches wir heute feiern. Meine 95. Thesen, die ich an die Tür der Schlosskirche geheftet habe. (Frage in die Runde): Die kennen Sie ja sicher alle, sonst säßen Sie ja nicht hier...? Ich hatte einfach genug vom Ablasshandel - sie müssen es sich mal vorstellen. Da zog dieser Tetzel durch die Gegend - drohte den einfachen Menschen mit Höllenquallen nach dem Tod - und am Ende, wenn alle vor Angst mit den Knie schlotterten, dann verkündetet er, für einen angemessenen Geldbetrag können man sich bei Gott vor diesen Qualen wieder frei kaufen. Oder in seinen Worten: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt". Lug und Betrug war das doch, von diesen Papisten in Rom ausgedacht, mit der Angst der Menschen spielen, um ihren Geldbeutel aufzufüllen. Den Ärmsten der Armen nahmen sie ihr weniges Geld weg. Dabei ist Gott doch ganz anders, kein strafender Gott, der die Menschen in die Hölle werfen will. Ganz im Gegenteil, die Bibel ist voll von Geschichten, die erzählen, wie Gott den Menschen Gutes tut. Wie er uns unsere Schuld vergibt - all unsere Schuld. Ohne das wir Stattdessen wurden sie von vorne bis hinten belogen und betrogen. Das habe ich geschrieben und dafür habe ich eine Menge Ärger bekommen. D: Andere fanden es aber auch gut und richtig - ihre Thesen sollen sich ja schlagartig in ganz Deutschland verbreitet haben? C: Das stimmt - ich wundere mich heute noch, wie schnell alles ging. Eigentlich wollte ich nur erreichen, dass das Ablasswesen abgeschafft wird, weil es eben der Bibel widerspricht. Und ich dachte, dass würde ja wohl nicht auf taube Ohren stoßen und die Sache würde sich durch meine vorgeschlagenen Reformen der Kirche erledigen. Aber da hatte ich meine Rechnung ohne die Mächtigen in Kirche und Staat gemacht. Schnell wurde ich als Ketzer angesehen, der gegen die Kirche ist und einen Irrglauben verbreitet. Sogar meine Bücher haben sie verbrannt. C: Aber die Wahrheit lässt sich eben nicht so leicht verbieten - ich bekam auch viel Zustimmung und mehr und mehr Studenten kamen zu mir nach Wittenberg. Nach einem langen Ketzerprozess wurde ich nach Worms geladen, um vor dem Kaiser meine Lehre zu widerrufen oder für vogelfrei erklärt zu werden. Und das habe ich dem Kaiser dann auch gesagt: „Hier tehe ich und kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.“ D: D: Hatten Sie denn gar keine Angst? Zum Kaiser wird man ja auch nicht alle Tage gerufen. C: Etwas mulmig war mir schon zumute. Aber ich sah es eigentlich als Chance an, dem Kaiser zu erklären, was eigentlich mein Ziel war: Eine Kirche, die nur das Predigt, was auch in der Bibel steht. Eine Kirche, die die Menschen im Glauben frei macht und nicht ängstigt. Eine Kirche nicht mit einem Papst an der Spitze, der sich als Stellvertreter Christi sieht, sondern, wo jeder Mensch gleich im Glauben ist und gleich nah zu Christus ist. D: Und hat Kaiser Karl sich überzeugen lassen? Ach, der wollte mit mir gar nicht diskutieren. Er saß da auf seinem Thron und wollte nur eines, dass ich widerrufe. Aber das kam für mich nicht in Frage. Schließlich gab die Bibel mir recht, keiner konnte mir meinen Irrtum nachweisen und gegen mein Gewissen handeln wollte ich nicht. Ich finde, dass Sie da ganz schön mutig waren. Ich glaube, ich hätte mich nicht gegen all die Widerstände mit Papst und Kaiser angelegt. Aber natürlich haben Sie recht - gegen die eigene Überzeugung, gegen den eigenen Glauben und das eigene Gewissen sollte man nicht handeln. Umso wichtiger ist es im Alltag für den eigenen Glauben einzustehen. Es muss ja nicht unbedingt vor Papst oder Kaiser sein. Ich denke an unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden, die sich im eigenen Glauben einüben, denen es aber schwer fällt über ihren Glauben mit anderen zu sprechen. Das ist privat, das ist irgendwie peinlich und oft fehlen einfach auch die richtigen Worte. Dabei merken wir doch, dass es wichtig wäre auf diesem Gebiet sprachfähig zu sein. In einer Gesellschaft, die sich immer mehr ausdifferenziert, in der Menschen verschiedenster Kulturen und Religionen zusammenleben, in der jeder die Freiheit zu leben hat, wie er es für richtig hält, da ist es wichtig zu wissen, für was man im Leben einstehen will, welcher Glaube das eigene Gewissen leitet. Zum einen, um mit anderen Menschen darüber reden zu können, um bei aller Pluralität gemeinsame Werte und Normen zu entdecken, zum anderen für sich selbst, denn: Wer nicht weiß, welche Überzeugung, welcher Glaube ihn im Leben trägt, der wird unsicher und wankend. Das merken über kurz oder lang auch die Konfirmandinnen und Konfirmanden: es ist gut einen eigenen Glauben zu entwickeln, der Halt und Sicherheit gibt, der einen in schwierigen Situationen - auch vor Kaiser oder Papst den nötigen Rückhalt gibt, um standhaft zu bleiben. C: Ich höre schon, in Ihnen steckt ein begabter Prediger. Sie brauchen mich gar nicht hier an Ihrer Seite. Aber eine biblisches Wort möchte ich Ihnen allen noch mitgeben, dass mir immer geholfen hat, wenn ich unsicher und wankend war. Unser Herr, Jesus selbst spricht zu uns allen: Alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt! D: Eines schönes Wort. „Alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt.“ Vielen Dank für Ihren Besuch, Herr Luther. Es ist doch deutlich angenehmer mit dem Original zu sprechen, als nur eine kleine, blaue Kopie zu haben. C: Gott befohlen.