VÖB-Zinsprognose-Spektrum Januar / Februar 2016
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VÖB-Zinsprognose-Spektrum Januar / Februar 2016
VÖB-Zinsprognose-Spektrum Januar / Februar 2016 www.voeb.de J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Vo rwo rt Das Zinsprognose-Spektrum des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) umfasst verschiedene Prognose-Ansätze, die eine breit fundierte Einschätzung der zukünftigen Zinsentwicklung ermöglichen. Prognostiziert wird die langfristige Entwicklung der Rendite öffentlicher Anleihen für einen Zeitraum von zwei und sechs Monaten (Monatsdurchschnittswerte). Die Grundlage der fundamentalen Analyse des VÖB bilden zum einen ein System von Frühindikatoren, das die Tendenz der Haupteinflussfaktoren des Rentenmarktes abschätzt und zum anderen eine Prognose mittels technischer Analysen. Die Zinsprognosen der BayernLB, DekaBank, der HSH Nordbank, der Helaba, der LBBW sowie der NORD/LB verwenden Elemente verschiedener Theorien und sind breit aufgestellt. Sie erscheinen alternierend in dieser Publikation. Das Konzept der einzelnen Prognosemethoden wird in den jeweiligen Kapiteln erläutert. Die zusammengefassten Ergebnisse sowie eine Kontrolle der Prognosen sind dem Bericht vorangestellt. Wir haben die Konzeption des Zinsprognose-Spektrums den Wünschen der Leser angepasst. Neben grafischen Anpassungen wurde vor allem der Inhalt kompakter und zielgenauer gestaltet. Die Tabellen der ökonomischen Indikatoren ermöglichen dem Leser eine einfachere Übersicht über die wesentlichen Kennzahlen. Die Erläuterung ist auf aktuell im Fokus stehende Indikatoren beschränkt. Die technische Analyse ist nun Bestandteil der Analysen der beteiligten Banken. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen. Berlin, im Februar 2016 Manuel Pauser Kai Wohlfarth 1 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e In h a lts ve rze ic h n is Prognoseüberblick und Rückschau ....................................................................................... 3 Entwicklung seit der Veröffentlichung des letzten Berichts .................................................... 4 Geldpolitik und konjunkturelle Lage ...................................................................................... 6 Fundamentalanalyse der Zinsentwicklung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken, VÖB ...................................................................... 12 Zinsprognose der DekaBank ............................................................................................... 16 Anhang Weitere Publikationen des VÖB .......................................................................................... 19 2 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e P ro g n o s e ü b e rb lic k u n d Rü c ks c h a u zwei Monate sechs Monate VÖB-Fundamentalanalyse → ↑ LBBW ↑ ↑ VÖB-Technische Analyse ↓ − Ausgangswert: 10-jährige Bundesanleihen, per 1. Februar 2016: 0,34 Prozent PROGNOSEKONTROLLE der vorangegangenen Berichte: (VÖB-Kapitalmarktbericht von Juli/August 2015 und November/Dezember 2015) zwei Monate sechs Monate VÖB-Fundamentalanalyse f f LBBW f - Helaba - f VÖB-Technische Analyse √ - Renditerückblick 10-jährige Bundesanleihen*: • 2 Monate Rückblick, Schlusskurs am 27. November 2015: 0,46 Prozent • 6 Monate Rückblick, Schlusskurs am 28. Juli 2015: 0,72 Prozent Legende: ↑= Prognose einer Zinserhöhung um mehr als 10 Basispunkte → = Prognose einer Seitwärtsbewegung, Betrag der Zinsveränderung kleiner oder gleich 10 Basispunkte ↓= Prognose einer Zinssenkung um mehr als 10 Basispunkte f= Prognose entsprach nicht dem Renditeverlauf √= Prognose entsprach dem Renditeverlauf -= keine Prognose, rotationsbedingt sowie bei der Technische Analyse über sechs Monate * Quelle: Bloomberg / Renditen für Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren 3 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e En tw ic klu n g e n s e it d e r Ve rö ffe n tlic h u n g d e s le tzte n Be ric h ts Die Nervosität an den Märkten hat insbesondere zum Jahresbeginn 2016 deutlich zugenommen. Ursächlich ist eine Kombination von verschiedenen Faktoren. So sorgten abermals Berichte über die chinesische Wirtschaft für Unsicherheit. Der Strukturwandel in dem Land ist im vollem Gange. Die auf Produktion ausgelegte Volkswirtschaft verändert sich hin zu einer Dienstleitungsgesellschaft. Die bisherigen Wachstumstreiber haben mit höheren Kosten und einer schwachen Weltwirtschaft zu kämpfen. Dennoch wuchs die chinesische Wirtschaft mit 6,9 Prozent im letzten Jahr. Zudem unternimmt die Regierung verschiedene Maßnahmen für eine Stabilisierung, auch der Aktienmärkte. Das Polster an Währungsreserven ist weiterhin sehr komfortabel und lässt einen großen Spielraum für wirtschafts- und konjunkturpolitische Maßnahmen zu. Als weiteren Grund für die Nervosität der Marktteilnehmer lässt sich die Entwicklung des Ölpreises heranziehen. Der anhaltende Rückgang ist für Importländer ein Konjunkturprogramm, für exportierende Länder hingegen die Ursache für ungeahnte Staatsdefizite. Länder wie Venezuela, Russland und Saudi-Arabien stehen vor ernsthaften wirtschaftspolitischen und, damit verbunden, sozialpolitischen Herausforderungen. Investitionen, von denen große Maschienenbauer profitieren könnten, werden verschoben. Dennoch ist nicht absehbar, dass die OPEC ihre Förderqouten senken wird. Dies liegt insbesondere an den politischen Zielen Saudi-Arabiens. Neben der Verteidigung von Marktanteilen gegen die Fracking-Produzenten aus den USA können regionalpolitische Aspekte als Motivation gesehen werden. Während die US-Fracking-Produzenten zunächst mit Durchhaltevermögen überraschten (der Mindestpreis für eine rentable Förderung liegt bei rund 80 US-Doller pro Barrel), zeigen sich nun die ersten Ausfälle. Gleichzeitig herrscht im wahabistisch-sunnitisch geprägten Saudi-Arabien eine große Skepsis gegenüber dem schiitisch geprägten Iran und der sich anbahnenden Machtverschiebung im Zuge des Atomabkommens und der damit verbundenen Annäherung zwischen dem Westen und dem Iran. Die Verteidigung von Marktanteilen kann auch als Instrument gegen den Iran verstanden werden, der nun wieder auf den Ölmarkt drängt. Letztlich ist auch der Bürgerkrieg in Syrien unter anderem ein Regionalkonflikt dieser beiden Länder. Der Krieg in Syrien ist eine weitere Ursache für die Marktnervosität. Neben der Tatsache eines Bürgerkrieges handelt es sich um einen regionalen Stellvertreterkrieg, der Züge einer geopolitischen Auseinandersetzung zwischen der ehemaligen Supermacht Russland und den USA (der Nato) trägt. Eine schnelle Lösung des Konflitkes scheint aussichtslos, was zu einer hohen Anzahl von fliehenden Menschen führt. Eben dieser Strom an Menschen stellt Europa vor eine große Prüfung der Einheit und wird als Spielball für das Austragen weiterer Spannungen genutzt. Im aktuellen Jahr wird neben der Bewältigung der humantiären Katastrophe erneut der Zustand von Griechenland in den Fokus rücken. Hinzu kommen Bestrebungen in einzelnen Ländern, die Europäische Union (Großbritannien) oder den Euro (Finnland) zu verlassen. Die Unsicherheiten am Kapitalmarkt in den ersten Wochen des neuen Jahres spiegeln daher ein Jahr voller politischer Risiken wieder. Die geldpolitischen Entscheidungen im Dezember 2015 (Zinsanhebung in den USA und Verlängerung des Kaufprogramms der EZB) sind schnell in den Hintergrund getreten und spielen für den Markt lediglich in Erwartung weiterer Maßnahmen beider Notenbanken im März 2016 eine Rolle. 4 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 140 USD Zin s p ro g n o s e Rendite von Bundesanleihen mit 10j. Restlaufzeit in Prozent Preisentwicklung Brent-Öl 3,5 3,0 120 USD 2,5 100 USD 2,0 80 USD 1,5 60 USD 1,0 40 USD 0,5 0,0 20 USD 2014 2015 Brent 2016 2011 2012 2013 2014 Bund 10 Jahre 2015 2016 Quelle: Bloomberg So lässt sich auch die Entwicklung der Rendite von Bundesanleihen mit 10-jähriger Restlaufzeit lesen. Nachdem die EZB im Dezember hinter den Erwartungen des Marktes zurück blieb, indem sie das Progamm verlängerte und nicht ausweitete – zudem den Einlagezins um 0,1 Prozent statt 0,2 Prozent senkte – stieg die Rendite zunächst auf 0,7 Prozent an. Im neuen Jahr waren Bundesanleihen als sicherer Hafen gesucht, was die Rendite rasch unter das Niveau sinken ließ, welches vor der EZB-Entscheiung herrschte. Dynamik gewann die Entwicklung nachdem auch die japanische Notenbank Ende Januar einen negativen Einlagezins eingeführt hatte. Am 1. Febraur 2016 rentierten 10-jährige Bundesanleihen bei circa 0,34 Prozent. 10-jährige Staatsanleihen von Italien und Spanien folgten den Vorgaben der Bundesanleihen, wenngleich die Renditen zuletzt nicht im gleichen Maße sanken (Italien: 1,41 Prozent; Spanien: 1,52 Prozent per 1. Februar 2016). In Portugal waren Staatsanleihen durch den unklaren Wahlausgang belastet, in deren Folge letztlich der Sozialist António Costa zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. Am Kapitalmarkt schürte dies die Furcht vor einem Ende der eingeschlagenen Sparpolitik. Die Renditen 10-jähirger Papiere stiegen bis zur Präsidenenwahl am 24. Januar 2016 auf über 2,9 Prozent. Der Wahlsieg des konservativen Rebelo de Sousa im ersten Wahlgang führte zunächst zu einer Entspannung am Markt. Die Renditen 10-jährige portugiesicher Staatsanleihen lagen per 1. Februar 2016 bei 2,71 Prozent. Die Entwicklung am US-Anleihemarkt verlief in den letzten Wochen des Jahres 2015 volatil. Dabei standen die konjunkturellen Sorgen in China der erwarteten Leitzinserhöhung der USNotenbank gegenüber. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen sank im Verlauf der letzten zwei Monate von über 2,3 Prozent Anfang Dezember auf unter 2 Prozent Anfang Februar (1,94 Prozent per 1. Februar 2016). Auch an den Aktienmärkten trugen die geschilderten Umstände zu einer erhöhten Nervosität bei. Der deutsche Leitindex DAX verlor seit Ende November deutlich. Während der DAX am 30. November 2015 noch circa 11.400 Punkte aufweisen konnte, verlor er bis zum 20. Januar 5 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e 2016 rund 2.000 Punkte. Am 1. Februar 2016 notierte der Index bei rund 9.700 Punkten. Auch der Dow Jones in den USA verlor im genannten Zeitraum nahezu 2.000 Punkte, ausgehend von circa 17.900 Punkten am 1. Dezember 2015. Aktuell steht der US-Leitindex bei rund 16.500 Punkten. Die Enttäuschung der Marktteilnehmer über die Dezember-Entscheidung der EZB lässt sich ebenso in der Entwicklung des Wechselkurses von US-Dollar und Euro ablesen. Der Euro konnte direkt nach der Entscheidung an Wert gewinnen. Der Wechselkurs betrug vor der EZBSitzung circa 1,06 US-Dollar pro Euro und stieg anschließend auf über 1,10 US-Dollar pro Euro. Seit Dezember 2015 entwickelte sich der Kurs verhalten volatil. Am 1. Februar 2016 war ein Euro circa 1,08 US-Dollar wert. Die wesentlichen Entwicklungen in Kürze: • Die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft beunruhigt weiter die Märkte. • Der Ölpreisverfall ist nicht gestoppt und schürt Ängste um die Weltwirtschaft, da wichtige Einnahmen in den Exportländern fehlen. • Politische Risiken rücken zunehmend in den Vordergrund, insbesondere der Bürger- und Stellvertreterkrieg und Syrien beschäftigt die Märkte. Ge ld p o litik u n d ko n ju n ktu re lle La g e Während die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA bereits eine erste Zinserhöhung durch die US-Notenbank (Fed) um 0,25 Prozent auf eine neue Bandbreite von 0,250,5 Prozent ermöglichte, weitete die EZB ihre expansive Geldpolitik nochmals aus. Das Ankaufprogramm von 60 Mrd. Euro pro Monat wurde um 6 Monate verlängert und der Einlagezins wurde leicht um 0,1 Prozent auf -0,3 Prozent abgesenkt. Der Leitzins beträgt weiterhin 0,05 Prozent. Insbesondere die Entwicklung der Inflation ist aus Sicht der EZB nicht zufriedenstellend. Auch wenn Verlautbarungen der EZB andeuteten künftig mehr auf die Kerninflation zu achten, kann die Ölpreisentwicklung als Indiz für weitere expansive Maßnahmen gewertet werden. US A Die US-Wirtschaft wächst bei weiterhin sinkender Arbeitslosenquote (5,0 Prozent), allerdings nahm in den letzten Monaten des Jahres 2015 die Dynamik insbesondere bei der Industrieproduktion ab. Erfreulich ist die Entwicklung am Arbeitsmarkt aufgrund des anhaltend hohen Stellenaufbaus von deutlich über 200.000 Stellen (vgl. Tabelle: Nachgelagerte Indikatoren). Dennoch drückt sich die erhöhte Nachfrage nach Arbeitskräften noch nicht deutlich in den Lohnzuwächsen aus. Die Lohndynamik erhöht sich zwar langsam, löst aber (noch) kaum Inflationsdruck aus. Zu den Arbeitsmarktdaten passt jedoch das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, welches zwar im dritten Quartal 2015 etwas schwächer als im zweiten Quartal ausfiel, aber dennoch 2 Prozent zum Vorquartal betrug. Die Entwicklung im letzten Quartal 2015 sollte allerdings nochmals etwas schwächer ausfallen, wie die Frühindikatoren andeuten. 6 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Dez 2015 Nov 2015 Okt 2015 Verarbeitendes Gewerbe 48,2 48,6 50,1 Dienstleistungsgewerbe 55,3 55,9 59,1 -0,2% 1,3% Frühindikatoren Einkaufsmanagerindizes ISM Auftragseingänge langlebiger Güter* Verbrauchervertrauen Uni Michigan 92,6 91,3 90,0 Conference Board 96,5 92,6 99,1 * im Monatsvergleich Die ökonomischen Frühindikatoren zeigen zum Jahresende eine Abschwächung der USWirtschaft an. Insbesondere der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe deutet mit einem Wert von unter 50 Punkten an, dass dieser Wirtschaftssektor schrumpfen könnte, was durch rückläufige Auftragseingänge untermauert wird. Die Anzeichen im neuen Jahr hellen sich jedoch wieder auf. Weiterhin auf hohem Niveau ist das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan sowie der Index des Conference Bords. Das Vertrauen der Verbraucher in die Entwicklung der Wirtschaft ist immanent für den heimischen Konsum, der wiederum eine wichtige Stütze für die US-Konjunktur darstellt. Gegenwartsindikatoren Dez 2015 Nov 2015 Okt 2015 Einzelhandelsumsätze* -0,1% 0,4% 0% Industrieproduktion* -0,4% -0,9% -0,2% Kapazitätsauslastung 76,5% 76,9% 77,7% Veränderung der Lagerbestände -0,2% -0,1% 0,1% Q3 2015 Q2 2015 Q1 2015 2% 3,9% 0,6% Bruttoinlandsprodukt** * im Monatsvergleich; **im Quartalsvergleich Die Industrieproduktion in den USA bleibt auch im 4. Quartal 2015 schwach. Die vorlaufenden Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe hatten dies bereits angedeutet. Insbesondere der Energiesektor verbucht aufgrund der warmen Temperaturen eine rückläufige Produktion. Die elektrischen Heizungen in den USA wurden bisher kaum genutzt. Dies ändert sich im Januar auch aufgrund des Blizzards Ende Januar an der Ostküste. Belastet wird die Industrieproduktion zudem vom Sektor Bergbau. Zu diesem zählt auch die Ölproduktion, die unter dem niedrigen Ölpreis leidet. Das Wirtschaftswachstum für das 4. Quartal sollte entsprechen schwach ausfallen, wenngleich die US-Wirtschaft weiter gewachsen sein sollte. 7 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Dez 2015 Nov 2015 Okt 2015 Produzentenpreise* -1% -1,1% -1,6% Verbraucherpreise* 0,7% 0,5% 0,2% 2,1% 2% 1,9% 5% 5% 5% 292.000 252.000 307.000 • Veränderung der Stundenlöhne 2,5% 2,3% 2,5% • Partizipationsrate 62,6% 62,5% 62,5% Nachgelagerte Indikatoren • Kernrate* Arbeitslosenquote Veränderung der Beschäftigung** *im Jahresvergleich; ** ohne Landwirtschaftssektor Die beiden wichtigen Kenngrößen für die US-Notenbank, die Inflation und die Arbeitslosenquote, entwickeln sich nicht im Gleichschritt. Während der US-Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 5 Prozent bereits seit Oktober das Ziel erreicht hat, drückt insbesondere der niedrige Ölpreis auf die Inflation. Allerdings stieg die Kerninflation zuletzt auf über 2 Prozent im Jahresvergleich an. Auch wenn die Partizipationsrate – also die Quote der erwerbsfähigen Menschen, die am Arbeitsmarkt teilhaben möchten – eher schwach ausgeprägt ist. Wichtiger sind jedoch der anhaltend hohe Stellenzuwachs und die langsam zunehmende Lohndynamik, welche sich auch in der Inflation wiederfinden wird. Insgesamt befindet sich die US-Wirtschaft weiter auf einem Wachstumskurs mit entsprechenden Implikationen auf die Geldpolitik. 8 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Eu ro la n d Das Wirtschaftswachstum in Deutschland und im Euroraum konnte sich im letzten Jahr zunehmend stabilisieren. Allerdings gingen die globalen Wachstumshemmnisse nicht spurlos an der europäischen Wirtschaft vorbei. Analog zu den USA bereitet das verarbeitende Gewerbe Sorgen. Dies lässt sich teilweise in den Stimmungsindikatoren ablesen, insbesondere jedoch in den Daten zur Produktion und den vorgelagerten Auftragseingängen, welche im Sommer letzten Jahres schwach ausfielen. Eine Trendwende zeichnet sich jedoch ab. Erfreulich ist die Entwicklung am Arbeitsmarkt, wenngleich die positiven Effekten – neben Deutschland – vorwiegend in den Ländern, die Reformen durchgeführt haben, zu spüren sind. Hierzu zählen Spanien und Irland. Dez 2015 Nov 2015 Okt 2015 • Verarbeitendes Gewerbe 53,2 52,8 52,3 • Dienstleistungsgewerbe 54,2 54,2 54,1 108,7 109 108,2 • Erwartungen 104,7 104,7 103,9 ZEW-Konjunkturerwartungen 16,1 10,4 1,9 Sentix 15,7 15,1 11,7 1,5% 1,7% 106,7 106,0 106,1 9,3 9,4 9,6 Frühindikatoren Einkaufsmanagerindizes (Euroraum) Ifo-Geschäftsklimaindex Auftragseingänge • Deutschland Economic Sentiment Indikator (ESI) GfK-Konsumklima Die größte europäische Volkswirtschaft, Deutschland, konnte im letzten Jahr zwar wachsen, litt aber aufgrund der starken Exportabhängigkeit unter der schwächelnden Weltwirtschaft. Die Wachstumsraten sind in den Quartalen entsprechend gering. Zunehmender Treiber für die deutsche Wirtschaft ist der Konsum im Inland geworden. Hier wirken sich der stabile Arbeitsmarkt und das geringe Zinsniveau aus. Die Frühindikatoren lassen auf eine Beschleunigung des Wachstums schließen, die Einkaufsmanager sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungsgewerbe blicken zuversichtlicher in die Zukunft. Auch die Stimmung der Analysten, abgebildet durch den ZEW-Index, konnte sich zuletzt aufhellen. Das doppelte Konjunkturprogramm aus niedrigem Zinsniveau und Ölpreis sollte seine Wirkung insbesondere beim heimischen Konsum zeigen. 9 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Gegenwartsindikatoren Zin s p ro g n o s e Dez 2015 Nov 2015 Okt 2015 -0,3% 0,5% Q3 2015 Q2 2015 Q1 2015 0,3% 0,4% 0,3% Einzelhandelsumsätze • Deutschland* Industrieproduktion • Deutschland Bruttoinlandsprodukt • Deutschland** * im Monatsvergleich, ** im Quartalsvergleich Allerdings reicht der schwache konjunkturelle Schwung weiterhin nicht für einen Auftrieb der Inflation. Die Energiekosten, dargestellt durch den niedrigen Ölpreis, lasten auf der Teuerungsrate. Aber auch die Kernrate, ohne Energiekosten, ist zum Ende des letzten Jahres wieder unter die Marke von 1 Prozent gesunken. Ein nachhaltiger Effekt kann sicherlich erst eintreten, wenn es weitere Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Die stabile Verfassung des deutschen Arbeitsmarktes reicht dafür nicht aus, das größte Potential für positive Veränderungen liegt in den Peripheriestaaten der Eurozone und Frankreich. Die notwendigen Strukturreformen beginnen erst langsam zu greifen (Spanien und Irland) oder sind bisher unzureichend umgesetzt worden (Frankreich und Italien). Dies hat Auswirkungen auf die Geldpolitik der kommenden Monate und Jahre. Nov 2015 Okt 2015 -3,2% -3,2% 0,2% 0,1% 0,1% 0,9% 0,9% 1,1% Arbeitslosenquote (EU-weit) 10,5% 10,6% 10,7% • Deutschland 6,3% 6,3% 6,4% Nachgelagerte Indikatoren Dez 2015 Erzeugerpreise* Verbraucherpreise* • Kernrate* *im Jahresvergleich 10 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Au s w irku n g e n a u f d e n Ka p ita lm a rkt Die konjunkturelle Schwäche des Weltmarktes belastete den Kapitalmarkt insbesondere im neuen Jahr. Ausdruck dieser Schwäche sind die rückläufigen Wachstumszahlen der chinesischen Wirtschaft. Allerdings wächst die chinesische Wirtschaft mit 6,9 Prozent im Jahr 2015 weiterhin vergleichsweise stark – wenngleich nicht mehr auf dem hohen Niveau der letzten Jahre. Auch die US-Wirtschaft ist weiterhin auf Wachstumskurs, der sich zwar abschwächt, aber den eingeschlagenen Weg der Fed weiter stützt. Die Zinswende in den USA wird fortgesetzt. Die konjunkturelle Entwicklung im Euro Raum ist weniger schwungvoll und somit für Investoren nur schwer zu deuten. Die Entwicklung ist im Grunde positiv, jedoch nicht stark genug um das EZB-Inflationsziel zeitnah zu erreichen. Dies stellt die Marktteilnehmer vor das Dilemma, die anstehenden Entscheidungen der Notenbank als sehr unsicher zu betrachten. Eine weitere Ausweitung der expansiven Geldpolitik wäre ein Kaufsignal für die Marktteilnehmer, da der monetäre Stimulus die Kurse weiter anfeuern würde. Aber schon eine zu geringe Maßnahme oder gar keine Maßnahme, was ein zufriedenstellendes Wachstum suggerieren würde, wäre das Signal den Markt zu verlassen – da Kursverluste drohen, wenn die Zentralbank als Nachfrager ausfällt. Diese Systematik gilt aktuell sowohl für den Anleihemarkt, als auch für den Aktienmarkt. Überlagert wird dies lediglich durch aufkommende Schübe von Risikoaversionen aufgrund der geopolitischen Lage. Die Volatilität an den Märkten sollte daher noch einige Zeit anhalten. 11 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Fu n d a m e n ta la n a lys e d e r Zin s e n twic klu n g d e s Bu n d e s ve rb a n d e s Öffe n tlic h e r Ba n ke n , VÖB An n a h m e n fü r d ie P ro g n o s e Ausgehend vom Tageswert vom 1. Februar 2016 (0,34 Prozent) erwarten wir für die kommenden zwei Monate entsprechend unserer Fundamentalanalyse für die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen eine Seitwärtstendenz. Der weiteren Straffung der US-Geldpolitik wird eine Erweiterung der expansiven Geldpolitik in der Eurozone gegenüberstehen. Zwar wird sich das Zinsniveau in Europa der Zinswende in den USA nicht vollständig entziehen können, allerdings sollten die geopolitischen Risiken das risikoaverse Verhalten der Marktteilnehmer und somit die Nachfrage nach dem sicheren Hafen, wie beispielsweise Bundesanleihen, befördern. Ko n ju n ktu r u n d Zin s n ive a u /Ge ld p o litik Die wirtschaftliche Entwicklung schwächte sich zum Ende des letzten Jahres auf beiden Seiten des Atlantiks ab. Die US-Konjunktur ist weiterhin robust aufgestellt und wird im Laufe des aktuellen Jahres zu einem weiteren Wirtschaftswachstum beitragen, allerdings weniger dynamisch. Die Fed wird in diesem Idealverlauf die Zinsen weiter anheben, voraussichtlich bereits im März um weitere 0,25 Prozent auf dann 0,5-0,75 Prozent. Risiken ergeben sich aus der geopolitische Lage und dem zu lang anhaltenden niedrigen Ölpreisniveau. Die Wirtschaftsleistung in der Eurozone entwickelte sich im gesamten Jahr 2015 schwach, wenngleich ein Wachstum zu verzeichnen war. Unsicherheiten hemmen weiterhin Investitionen. Ursächlich waren im letzten Jahr die Themen Griechenland und China. Die Probleme beider Länder werden auch im aktuellen Jahr die Märkte beschäftigen. Ergänzt werden die Unsicherheitsfaktoren durch die Krise der Europäischen Union, welche sich nicht nur im Umgang mit den Kriegsflüchtlingen aus Syrien, sondern auch in den Separierungstendenzen vor allem in Großbritannien zeigen. Die politische Einheit in Europa droht aufgrund neuer national ausgerichteter Regierungen, wie in Polen, zusätzlich zu erodieren. Diese politischen Unsicherheiten haben nicht nur Einfluss auf die Investitionsneigung, sie werden zumindest indirekt auch die EZB-Politik beeinflussen. Daher ist im Euroraum weiterhin von einer Ausweitung des Ankaufprogramms, eventuell bereits im März, auszugehen. Das niedrige Zinsumfeld wird weiter vorherrschen. Der niedrige Ölpreis wirkt aktuell konjunkturbelebend. Sowohl in den USA als auch in Europa wird der private Konsum durch die Entlastung an der Tankstelle und beim Heizen gestützt. Der aktuelle Ölpreis von rund 35 US-Dollar pro Barrel sollte noch einige Zeit auf diesem Niveau bleiben. Aktuelle Versuche von Ländern, wie Venezuela oder Russland, die OPEC zu beeinflussen, um das Förderniveau zu senken, sollten keinen Erfolg haben. Die Neuordnung des nahen Ostens wird den Ölpreis weiter im Bann behalten und der Iran zunächst als weiterer Anbieter auf den Markt zurück drängen. Öl exportierende Länder fahren aufgrund der Einnahmeeinbußen Investitionen und Konsum zurück, was die Weltwirtschaft bremsen sollte. 12 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Erw a rte te We c h s e lku rs e n tw ic klu n g Der Kurs des Währungspaares Euro und US-Dollar ist aktuell von der unterschiedlichen Geldpolitik geprägt. In Erwartung der Ausweitung der expansiven Geldpolitik in Europa notierte der Euro bis Ende November etwas schwächer – bei unter 1,06 US-Dollar pro Euro. Die durch die EZB-Entscheidung nicht erfüllten Markterwartungen an die expansive Geldpolitik ließen den Euro erstarken. Seit Dezember pendelt der Kurs zwischen 1,08 und 1,10 US-Dollar pro Euro. Bis zu den nächsten Zinsentscheidungen im März sollte sich daran wenig ändern. Anschließend sollte jedoch der US-Dollar an Stärke gewinnen. Vorübergehende Ausbrüche aus der Handelsspanne sind insbesondere durch US-Arbeitsmarktdaten möglich. Eu ro la n d -P re is n ive a u u n d Ge ld m e n g e n e n tw ic klu n g Die jährliche Teuerungsrate im Euroraum ist in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 wieder deutlich gesunken. Im Dezember betrug der Wert im Jahresvergleich lediglich 0,2 Prozent bei einer Kernrate von 0,9 Prozent. Die Auswirkung des weiter sinkenden Ölpreises ist klar erkennbar, allerdings ist auch ohne diesen Effekt die Preissteigerung weit von dem Ziel der EZB entfernt, welches bei nahe 2 Prozent liegt. Die Geldmenge im Euroraum konnte in den letzten Monaten weiter zulegen. Die Veränderungsrate schwankt um die Marke von 5 Prozent und liegt somit über dem Schwellenwert der EZB von 4,5 Prozent. Verbraucherpreise im Euroraum in Prozent Leitzinsentwicklung 5 6 4 5 3 4 2 3 1 2 0 1 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 -1 0 2006 Eurozone: HVPI (J/J; nsa) Eurozone: HVPI, Kernrate (J/J; nsa) 2008 2010 EUR-Leitzins 2012 2014 US-Leitzins Quelle: Bloomberg 13 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Zin s p ro g n o s e m it e in e m Re g re s s io n s m o d e ll Aufgrund der sich ändernden Einflüsse auf die Zinsentwicklung, überprüfen wir die Vorhersagen mit Hilfe mathematischer Verfahren, wie zum Beispiel einer Multiplen Linearen Regression (MLR). Bei der MLR wird versucht, (vorverarbeitete) Werte von Zeitreihen aus der Vergangenheit so mit Faktoren zu multiplizieren und anschließend zu addieren, dass der Wert der Zinskurve (Zielgröße) zum gleichen Zeitpunkt möglichst optimal angenähert wird. Es wird davon ausgegangen, dass folgende Bedingungen erfüllt sind: 1.) Eingesetzt werden lediglich Größen, die einen ökonomisch sinnvollen Zusammenhang zur Zielgröße aufweisen. 2.) Zwei paarweise verschiedene Einflussgrößen dürfen inhaltlich nicht den gleichen wirtschaftlichen oder geldpolitischen Einflüssen unterliegen und diese somit direkt oder indirekt widerspiegeln. 3.) Die Werte der Zeitreihen sind vor Beginn der Regression (neben weiteren umfangreichen Verarbeitungen) entsprechend ihrem zeitlichen Vorlauf so zu verschieben, dass sie eine maximale Korrelation zur Zielgröße aufweisen. Für die tatsächliche Zielgröße werden, unabhängig vom verwendeten Modell, stets Näherungswerte berechnet. Dazu greift das VÖB-Modell unter anderem auf folgende Einflussgrößen zurück: • Geldpolitik und Geldmarkt in USA und Euroland, • Zehnjährige US-Treasuries, • Preisniveau- und Konjunkturentwicklung sowie die • Staatsverschuldung im Euroraum. Eine weitere wichtige Rolle spielt die Aktienmarktentwicklung. 14 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Fa zit Basierend auf den fundamentalen Bestimmungsfaktoren und dem MLR-Modell der Zinsentwicklung rechnen wir für die nächsten zwei Monate mit einem Seitwärtsverlauf der Rendite gegenüber dem Tageswert der 10-jährigen Bundesanleihe vom 1. Februar 2016 (0,34 Prozent). Auf sechs Monate erwarten wir einen leichten Anstieg der Rendite. Renditeprognose für Bundesanleihen mit 10j. Restlaufzeit in Prozent 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bund 10 Jahre zwei Monate sechs Monate US-Geldpolitik ↑ ↑ Euroland-Preisniveauentwicklung ↓ → Euroland-Geldpolitik / Geldmarktzins ↓ → ↑ = zinserhöhender Einfluss / → = neutraler Einfluss / ↓ = zinssenkender Einfluss Zusammenfassung: Zinsentwicklung in Deutschland Fundamentalanalytische Prognose des VÖB (Richtwert: 0,32 Prozent) zwei Monate sechs Monate 0,35% 0,50% 15 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Zin s p ro g n o s e d e r De ka Ba n k Zin s m e in u n g Eu ro la n d Bei dem Zinsentscheid im Dezember 2015 war die EZB mit der Senkung des Einlagensatzes auf -0,30 % und der Verlängerung des Ankaufprogramms hinter den Erwartungen der Märkte zurückgeblieben. In der Folge waren die Renditen angestiegen und die Unsicherheit hat sich erhöht. Seit Jahresbeginn hat sich diese Verunsicherung noch verstärkt, nachdem sich der Wachstumsausblick in den Emerging Markets weiter eintrübte und insbesondere der Ölpreis nochmals kräftig gefallen ist. Auf der Januarsitzung hat EZB-Präsident Draghi daher recht deutlich darauf hingewiesen, dass im März, wenn die neuen Stabsprojektionen der EZB veröffentlicht werden, mit einem nochmaligen Stimulierungsschub durch die Notenbank zu rechnen ist. Eine Senkung des Einlagensatzes um weitere 10 Bp auf – 0,4 % scheint recht wahrscheinlich zu sein. Darüber hinausgehende Maßnahmen sind aber noch offen. Die technischen Komitees des Eurosystems dürften in den kommenden Wochen verschiedene Optionen auf Durchführbarkeit und Effektivität prüfen. Darunter wird ebenso die Idee des zweistufigen Einlagensatzes sein wie eine Ausweitung in Volumen oder Art der anzukaufenden Wertpapiere. Die umfangreichen Wertpapierkäufe der EZB führen zu steigenden Überschussreserven im Bankensystem. Die Verlängerung des Programms bis mindestens März 2017 sowie die Ankündigung der EZB, Rückflüsse aus fällig werdenden Anleihen zu reinvestieren, deuten darauf hin, dass die Überschussreserven noch erheblich anwachsen und anschließend für längere Zeit hoch bleiben werden. Damit bleibt der Einlagensatz der wichtigste Leitzins. Ausgehend von einem tieferen Niveau (-0,40%) erwarten wir weiterhin Ende 2018 die ersten Anhebungen. Eine Erhöhung des Hauptrefinanzierungssatzes folgt dann aber erst 2019. Dies übt entsprechenden Abwärtsdruck auf die Renditen kurzlaufender Bundesanleihen aus. Damit sollten zweijährige Bundrenditen erneut die Tiefpunkte von Anfang Dezember (-0,454 %) testen und unterschreiten. Auch die anderen Euroland-Staatsanleihekurven sollten im kurzen Laufzeitenbereich erneut in den negativen Renditebereich vordringen. Bei langen Bundlaufzeiten erscheint uns die Situation auf den aktuellen Renditeniveaus ausgereizt, solange die Aktienmärkte ihre Abwärtsbewegung nicht fortsetzen. Hier wirkt die Geldpolitik der EZB im Wesentlichen über zwei Kanäle dämpfend auf die Renditen. Erstens verknappen ihre Wertpapierkäufe das Angebot an langlaufenden Anleihen und verringern damit die Laufzeitprämien. Zweitens schlagen sich globale Konjunktursorgen und fallende Rohstoffpreise in geringen Inflationserwartungen nieder, sodass sich die Marktteilnehmer auf eine entsprechend lange Phase ultra-expansiver Geldpolitik einstellen. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese Erwartungseffekte mittelfristig an Kraft verlieren werden, da sich die wirtschaftliche Erholung im Euroraum fortsetzt und die Kerninflationsraten allmählich ansteigen. Selbst fortgesetzte Anleihekäufe der EZB dürften daher nicht dauerhaft verhindern, dass sich wieder steigende Inflationserwartungen und weitere Leitzinserhöhungen der Fed in etwas höheren Renditen langlaufender Bundesanleihen niederschlagen. 16 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Te c h n is c h e An a lys e Charttechnik wird bei der DekaBank unabhängig von der konjunkturellen Analyse betrieben und hat keinen Einfluss auf die Zinsprognosen. Sie wird hauptsächlich von handelnden Einheiten verfolgt und wird vorwiegend genutzt, um wichtige Ein- und Ausstiegssignale für Tradingpositionen zu beurteilen. Dabei wird unterschieden zwischen der Tagestechnik für sehr kurzfristige Handelsentscheidungen und der Wochentechnik auf Basis von Wochenschlusskursen für längerfristige, strategische Positionen. Einen Schwerpunkt bilden hierbei Absicherungsstrategien. Das Hauptaugenmerk wird auf Wochen-Trendlinien gelegt, die aus Moving Averages und Bollinger Bands abgeleitet werden. Unterstützend werden auch andere Indikatoren wie Fibonacci-Marken hinzugezogen. Nach positiven Stunden- und Tagesindikatoren haben auch die Wochenindikatoren in den positiven Bereich gedreht. Damit geben wir unseren mittelfristig negativen Ausblick auf und erwarten nun fallende Renditen. Nach dem Überwinden von ersten Widerständen bei einem Bund-Future von 161,90 und 162,49 steht das vorläufige Ziel bei einer Rendite der zehnjährigen Bund Benchmark bei 0,362 %, einem vorherigen Wochentiefpunkt. Dies würde einem Bund Future von 162,98 entsprechen. Zusammenfassung: Zinsentwicklung in Deutschland zwei Monate sechs Monate DekaBank Prognose (Richtwert: 0,34 Prozent) 0,60% 0,70% 17 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e Zin s m e in u n g US A Die Fed hat Mitte Dezember erwartungsgemäß erstmals in diesem Konjunkturaufschwung die Leitzinsen angehoben und zudem einen graduellen Leitzinserhöhungspfad in Aussicht gestellt. Aus den Projektionen der FOMC-Mitglieder lässt sich entnehmen, dass hiermit pro Jahr vier Leitzinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte gemeint sind. Trotz der jüngsten Finanzmarktturbulenzen deuten bisherige Aussagen von FOMC-Mitgliedern an, dass diese weiterhin damit rechnen, beim Zinsentscheid im März die zweite Leitzinserhöhung vorzunehmen. Der dritte Leitzinsschritt beim Zinsentscheid im Juni ist aus unserer Sicht aufgrund der rückläufigen Energiepreisentwicklung und deren inflationsdämpfender Wirkung deutlich unsicherer. Perspektiven: Die Renditen für US-Staatsanleihen dürften auch 2016 unterhalb ihrer fundamental gerechtfertigten Niveaus bleiben. Das Hauptargument für steigende Renditen sind die Leitzinserhöhungen der amerikanischen Zentralbank Fed. Entsprechend der Aussagen von Fed-Chefin Yellen müssen wir von jeweils vier Zinsschritten um 25 Basispunkte in diesem und nächsten Jahr ausgehen. Die Eintrübung der Weltkonjunktur und kräftige Marktverwerfungen könnten die US-Notenbanker jedoch zu größerer Vorsicht bewegen und im Sommer eine Zinsanhebung aussetzen lassen. Dies ist im historischen Vergleich ein sehr flacher Leitzinserhöhungspfad. Allerdings wird am US-Rentenmarkt das Ausmaß der anstehenden Leitzinserhöhungen noch lange Zeit unterschätzt werden. Neben den Leitzinsanstiegen kann auch die Entwicklung der Fed-Bilanz die Renditeentwicklung beeinflussen. So steht noch die Entscheidung der Fed aus, ab wann und in welcher Form die Reinvestitionen von auslaufenden Anleihen verringert bzw. beendet werden sollen. Damit würde die Phase der Bilanzabschmelzung der Fed beginnen, was einer zusätzlichen geldpolitischen Straffung entspräche. Vermutlich wird zur Jahresmitte von der Fed mitgeteilt werden, wann die Reinvestitionen von auslaufenden Anleihen verringert werden sollen. Im Zuge dieser Mitteilung könnte es zu zusätzlichen Renditeanstiegen kommen, weil an den Märkten das daraus resultierende größere Angebot an Staatsanleihen zum Thema wird. 18 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands J a n u a r/Fe b ru a r 2016 Zin s p ro g n o s e We ite re P u b lika tio n e n d e s VÖB Sie haben Interesse an weiteren Publikationen des VÖB? Dann schreiben Sie bitte eine E-Mail an [email protected]. Nachstehend eine Übersicht der aktuellen VÖB-Publikationen. Weitere Publikationen finden Sie auf unserer Internetseite ter http://www.voeb.de/de/publikationen. Publikationen – – – – – – – – – Aktuelle Positionen zur Banken- und Finanzmarktregulierung Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2015) Das Schuldscheindarlehen - Best Practice für die Europäische Kapitalmarktunion Schnelles Netz – digitale Zukunft Positionen zur Förderung und Finanzierung des Breitbandausbaus in Deutschland Negative Zinsen – Konsequenzen für Banken und ihre Kunden Die Europäische Kapitalmarktunion – Impulse des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands Sanierungsplanung in Deutschland Der Single Supervisory Mechanism (SSM) - Die einheitliche Aufsicht für die Banken der Eurozone Comprehensive Assessment und Stresstest 2014 - Erläuterungen zu den Ergebnissen 19 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands Herausgeber: Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB Lennéstraße 11, 10785 Berlin Postfach 11 02 72, 10832 Berlin Telefon 0 30/81 92-0 Telefax 0 30/81 92-2 22 E-Mail: [email protected] Internet: www.voeb.de Redaktion: Kai Wohlfarth Stand: 28.01.2016 Herstellung: DCM · Druck Center Meckenheim www.voeb.de