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KÄLTE SPEZIAL | WARME FÜSSE Angst vor kalten Füßen ist einer der häufigsten Gründe, das Rad im Winter stehen zu lassen. Wir verraten Ihnen, wie Sie sich dagegen wappnen können EIS BRECHER ■ Da kann der Winter kommen: Allwetter-Schuh „SH-MW02“ von Shimano (179,95 Euro). Aus Leder mit versiegelten Nähten, Gore-Tex-Futter und Neopren-Schaft. Gibt’s mit MTB-und Rennradsohle TEXT: MANUEL JEKEL FOTOS: DANIEL SIMON E rst weicht das Gefühl ganz langsam aus den Füßen, dann wird aus der Taubheit stechender Schmerz. Und der Wunsch nach einem heißen Fußbad entwickelt sich allmählich zur Wahnvorstellung. Jeder, der das schon mal erlebt hat, wird bestätigen: Mit kalten Füßen hört der Spaß am Radfahren auf. Wann genau der Zustand eintritt, dass sich die Zehen anfühlen wie abgestorben, ist sehr individuell. Manch ausgewiesene Frostbeule leidet fast die gesamte Saison darunter, andere rollen selbst bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt noch mit dünnen Radsocken und Sommerschuhen durch die Lande. So unterschiedlich das Kälteempfinden, so vielfältig die Mittel im Kampf gegen Eisfüße. Ein Blick in Versandhandels-Kataloge und Internet-Foren zeigt, dass an Ideen kein Mangel herrscht: Überschuhe, spezielle Winterradschuhe, akkubetriebene Fußheizungen, Spezialsocken – die Aufrüstung hat beeindruckende Ausmaße erreicht. Das ist einerseits erfreulich, weil es für fast jeden Spezialfall eine 24 TOUR 11/ 2006 Lösung gibt, trägt andererseits aber zur Verwirrung bei. Reichen einfache Überschuhe? Wäre ein gefütterter Winterradschuh doch die bessere Wahl gewesen? Oder hätte es gleich eine Fußheizung sein sollen? Wir nennen Vor- und Nachteile der einzelnen Konzepte. ÜBERSCHUHE Der häufigste Schutz gegen Eisfüße. Zahlreiche Varianten sind verbreitet. Rennfahrer tragen selbst bei Temperaturen unter zehn Grad oft nur dünne Lycra-Überschuhe über normalen Rennschuhen. Vor allem bei belgischen Radprofis sind nach wie ■ Schützt vor Fahrtwind und wärmt, wo es am wichtigsten ist: Zehenwärmer aus dünnem Neopren von Löffler (19,50 Euro) ■ Thermo-Überschuh „Race“ von Gore Bikewear (79,90 Euro): Das Membran-Material hält Wasser und Wind ab und lässt den Fuß atmen. Thermo-Steppfutter hält mollig warm vor Socken aus Baumwolle oder Synthetikfaser beliebt, die über (!) die Schuhe gezogen werden und deshalb zu den Überschuhen zählen. Fahrer wie zum Beispiel T-MobileProfi Andreas Klier, der in Flandern lebt und trainiert, schwören, dass ihnen solch ein rudimentärer Kälteschutz reicht, solange kein Frost herrscht. Bestseller unter den Kälteblockern sind laut Versandhändler Erwin Rose Überschuhe aus Neopren (ein Markenname von Dupont) oder ähnlichem Material, das hervorragend isoliert und gut vor Nässe schützt. Günstige Modelle gibt es schon für weniger als 20 Euro, teure kosten bis zu 50 Euro. Die Materialstärke variiert zwischen zwei und fünf Millimetern. Modelle aus dickerem Neopren isolieren besser, sitzen aber oft schlechter. Ein guter, möglichst faltenfreier Sitz ist wichtig, da zu weite oder schlecht sitzende Überschuhe sonst Schleifspuren an den Fahrradkurbeln hinterlassen. Als Verschluss haben sich großflächige Klettstreifen im Fersenbereich bewährt, die unempfindlicher gegen Schmutz sind als Reißverschlüsse. Empfehlenswert sind ein hoher Schaft und gummibewehrte Sohlen, die verhindern sollen, dass sich das empfindliche Material bei Bodenkontakt auflöst. Speziell für Mountainbike-Schuhe gibt es Modelle mit Aussparungen in den Sohlen, mit denen man auch laufen kann. Ideal sind möglichst großflächige Reflektorstreifen, die die Sichtbarkeit im Dunkeln dramatisch verbessern. Der Nachteil von Neopren-Überschuhen: Das wasserdichte Material lässt keine Feuchtigkeit nach außen abziehen. Sind die Socken darunter nach zweistündiger Fahrt mit Fußschweiß vollgesogen, kann sich die wärmende Wirkung ins Gegenteil verkehren. Wer zu diesem Zeitpunkt erst den Wendepunkt seiner Trainingsrunde erreicht, hat dann womöglich eine wenig vergnügliche Rückfahrt vor sich. Mit Zehenkappen, die ■ Sitzt fast wie eine zweite Haut und wärmt gut: Überschuh aus fünf Millimeter dickem Neopren von Löffler mit geschickt platziertem seitlichen Reißverschluss (45 Euro) nur die Schuhspitze, manchmal auch noch den Fußspann abdecken, tritt dieses Problem nicht auf. Allerdings bieten diese abgespeckten Neopren-Überschuhe weniger Wärmedämmung als solche, die den ganzen Schuh umfassen. Eine Alternative zu Neopren-Überschuhen sind solche aus atmungsaktiven Materialien wie Gore-Tex, Windtex oder Sympatex. Wegen der unelastischen Membran sitzen sie zwar meist nicht so gut wie Modelle aus Neopren, lassen den Fuß aber atmen und beugen so Nässestau und Auskühlung vor – vorausgesetzt, der Schuh darunter erlaubt das. Die Preisspanne bei atmungsaktiven Überschuhen reicht von etwa 30 bis 80 Euro. Modelle mit isolierender Fütterung halten nicht nur Wind und Wasser ab, sondern wärmen außerdem. ■ Winddicht, wasserabweisend, atmungsaktiv: Überschuh „PSD Bootie Chillkill“ von Protective (28 Euro) mit praktischem Klettverschluss an der Ferse und großzügigen Reflektoren WINTERSCHUHE Wer auch im Winter oft und lange mit dem Rad trainiert, könnte mit speziellen Winterradschuhen glücklich werden. Zwar sind solche Schuhe selten unter 180 Euro zu haben, dafür erfüllen aber die meisten aktuellen Modelle mit speziellen Innenfuttern, Wärmedämmung im Sohlenbereich und wasserdicht verarbeiteten Nähten die wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Isolierung. Wer Winterradschuhe kauft, sollte darauf achten, dass genügend Platz im Schuh ist. Das ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einen beeinträchtigen zu enge Schuhe die Blutzirkulation, so dass Füße schneller auskühlen. Zum anderen reicht die Isolierung des Schuhs alleine an manchen kalten Tagen nicht aus. Dann müssen dicke Socken her, und die brauchen Platz im Schuh. In der Regel sollte der Winterschuh deshalb eine Nummer größer sein als der Sommerschuh. Noch ein Tipp: Wer in Winterschuhe investieren will, sollte überlegen, gleich ein Modell mit Mountainbike-Sohle und ein entsprechendes Pedalsystem (zum Beispiel Shimano SPD oder Time A.T.A.C.) zu kaufen. So lässt sich vermeiden, dass man bei plötzlich einsetzendem Eisregen den Heimweg auf allen Vieren fortsetzen muss. TOUR 11/ 2006 25 KÄLTE SPEZIAL | WARME FÜSSE ■ Manchmal das letzte Mittel gegen Eiszehen: Akkubetriebene Fußheizung „Heat Vario Plus Allround XXL“ (139 Euro inklusive Akkus und Ladegerät) ■ Klassiker aus dem Schuhladen: Einlegesohle „Alu Therm Tech“ von Bama (5,95 Euro) SPEZIALSOCKEN & EINLEGESOHLEN ■ Gut für die Trikottasche: Einweg-Zehenwärmer von Elite (zwei Stück 3,90 Euro) FUSSHEIZUNG Wem selbst in Winterschuhen die Zehen abfrieren, dem bleibt als ultimative Waffe gegen Frost im Schuh nur die Fußheizung. Mehrere Hersteller bieten spezielle Einlegesohlen mit eingeschäumter Heizspirale unter dem Fußballen an, die von leistungsfähigen NiCd- oder NiMH-Akkus gespeist werden. Mit vollen Akkus bei mittlerer Heizstufe sind Betriebszeiten bis zu zehn Stunden realistisch, teilweise sogar länger. Auch im Dauerbetrieb konnten sich Fußheizungen bewähren. Die jeweils 220 Gramm schweren Akku-Gehäuse werden per Clip außen am Überschuh oder in speziellen Neopren-Überschuhen mit aufgesetzter Tasche transportiert. Die Investition von 130 bis 180 Euro rentiert sich für Vielfahrer und Berufspendler. Größter Nachteil sind pflegebedürftige Akkus, die sich tiefentladen und dadurch selbst zerstören, wenn man sie längere Zeit nicht benutzt. Auch die etwas umständliche Verkabelung vor jeder Fahrt ist nicht jedermanns Sache. Eine günstige Alternative zur elektrischen Fußheizung sind Einweg-Thermopads, die zwischen Socken und Schuh unter den Zehen platziert werden und vor allem für sporadische Einsätze oder Notfälle geeignet sind. Dabei handelt es sich um dünne Papiersäckchen, die mit einer Mischung aus verschiedenen Mineralien gefüllt sind. Nach Entfernen einer Schutzfolie reagiert das Pulver mit Sauerstoff und entwickelt eine enorme Wärme, die mehrere Stunden anhält. Die Gefahr, sich zu verbrennen, besteht jedoch nicht, das im Schuh nur wenig Sauerstoff zirkuliert. Von den Säckchen geht eine leichte Wärme aus, die meist ausreicht, um kalte Zehen zu verhindern. ■ Thermosocke von Natec (19,90 Euro): Wolle hält die Füße wohlig warm, Polypropylen auf der Innenseite leitet Feuchtigkeit vom Fuß ab 26 TOUR 11/ 2006 Spezielle Wintersocken sind bei Kälte immer sinnvoll. Nach wie vor spricht vieles für die gute alte Wollsocke. Wolle speichert Wärme, ist atmungsaktiv und nimmt bis zu 30 Prozent Feuchtigkeit auf, ohne sich kalt anzufühlen. Besser als reine Wollsocken sind allerdings solche aus Mischgewebe. Bewährt ist die Kombination von Wolle auf der Außenund Polypropylen auf der Innenseite. Sie leitet Feuchtigkeit schnell vom Fuß weg, da Gewebe aus der Chemiefaser kaum Feuchtigkeit aufnehmen. In der Regel tragen solche Socken jedoch zu dick auf, um ohne weiteres in normale Radschuhe zu passen. Hier kann ein altes, ausgeleiertes Paar Radschuhe gute Dienste leisten. Noch ein Tipp: Zwei Paar dünne Socken übereinander getragen, sind eventuell dünner als ein kuscheliger Wollstrumpf, isolieren aber ebenfalls gut. Wenn es draußen nicht gerade eiskalt ist, können auch Socken aus winddichten Materialien wie Windstopper eine Alternative sein. Sie tragen weniger dick auf als dicke Wolloder Synthetiksocken und halten außer dem Wind zwar keinen Regenguss, aber zumindest Spritzwasser ab. Nach unserer Erfahrung sollte man sie aber nicht direkt auf der Haut, sondern über einem Paar dünner Socken aus Baumwoll-Kunstfaser-Mix tragen. Was darüber hinaus in jeden Radschuh gehört, der im Winter getragen wird, sind wärmedämmende Einlegesohlen. Der größte Vorteil solcher Einlagen: Sie isolieren den Fuß von der Kältebrücke, die jeder normale Radschuh im Bereich der Schuhplatte aufweist. Wer unter Durchblutungsstörungen leidet und deshalb nicht nur im Winter eiskalte Zehen hat, ist sogar gut beraten, solche Sohlen auch während der wärmeren Monate zu tragen – außer vielleicht im Hochsommer . ■ Schützen vor Wärmeverlust und Wind: „Alaska“Socken von Gore (35,90 Euro) Herstellernachweise ■ BAMA: Telefon 0 62 61/801-1 ■ Elite: tw Industrievertretungen; Telefon 02372/914900; www.elite-it.com ■ Gore Bike Wear: Telefon 0 08 00/23 14/40 00; www.gorebikewear.com ■ Löffler: Telefon 00 43/77 52/84 421-0; www.loeffler.at ■ Mematec: Telefon 0 71 41/7 29 21; www.mematec.com ■ Natec: Schneider Radsportbekleidung, Telefon 02 21/9 36 25 25; www.radsportbekleidung.de ■ Protective: Thaler Sports, Telefon 0 23 32/75 80-0; www.protective.com ■ Shimano: Paul Lange & Co., Telefon 07 11/25 88-347; www.paul-lange.de