Wird der Roboter zum Superman? - Universität der Bundeswehr
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Wird der Roboter zum Superman? - Universität der Bundeswehr
Produktion + Automation I Robotik C-ELROB – Kräftemessen europäischer Sicherheitsroboter Wird der Roboter zum Superman? Vom 13. bis 16. August 2007 pilgerten Forscher aus ganz Europa zum Monte Ceneri, nördlich von Lugano, um in der Leistungsschau C-ELROB (Civilian European Land-Robot Trial) den Stand der Technik europäischer Outdoor-Robotik aufzuzeigen. Es mangelte nicht an cleveren Konzepten, doch für autonome Roboter waren Wetterunbill und das zerklüftete Gelände harte Knacknüsse. A utonome Outdoor-Roboter finden sich auf dem Mars eher zurecht als in diesem unwegigen Gelände des Monte Ceneri, wo Bäume und Felsen jede GPS-Verbindung verunmöglichen, brachte es Professor Alan Winfield der University of West of England an der europäischen Leistungsschau für Robotik, C-ELROB, auf den Punkt. Es ging darum, das Terrain zu erkunden, Informationen zu sammeln und das betreffende Gebäude zu inspizieren im Hinblick auf die Rettung von Geiseln oder Verletzten. Zudem stand eine gemischte urbane/nicht urbane Umgebung auf dem Programm, wo Roboter interessierende Stellen lokalisieren und dem Operateur Bericht erstatten sollten. Das vierte Szenario richtete sich an Fahrzeuge, die auto- nom navigieren, während der Fahrt farbige Objekte feststellen, lokalisieren und ihre Positionen aufzeichnen. Sichtverbindung war in allen Fällen nur teilweise vorhanden. Keiner der Partizipanten durfte vor dem Wettbewerb das Gelände betreten. «Wir wollten die Demo so realitätsnah wie möglich gestalten», kommentiert Hauptorganisator Frank E. Schneider von der FGAN. «Deshalb sollte der Anlass auch bei Regen stattfinden.» Petrus stellt Roboter auf die Probe Und die Niederschläge liessen nicht auf sich warten. Gerade auf die Erkundung im Waldgebiet hatten sich die Schleusen ergiebig geöffnet, der Boden war am Morgen aufgeweicht und mit Pfützen übersät. Hie und da nahm Knackpunkt Autonomie Tatsächlich hatten die Roboter und ihre geistigen Väter, die sich auf dem 554 m hohen Tessiner Pass zum Kräftemessen einfanden, einen harten Stand. Um die Tauglichkeit für Sicherheitsaufgaben wie Feuerwehr, Zivilschutz und Katastropheneinsätze unter Beweis zu stellen, bereiteten die Organisatoren von European Robotics, dem Kompetenznetzwerk für Robotik in Defence and Security, vier Szenarien vor. In der wilden Gebirgslandschaft mit Wald, Felsen, Büschen und Sträuchern galt es, bezeichnete Unfallstellen zu orten und die Lokalisierungsdaten zu melden. Für die Roboter hiess dies, den Weg erkunden, Hindernisse umgehen und rasch zur Station zurückkehren. In der urbanen Umgebung schuf ein Marktplatz mit Häusern, Strukturen und Gärten den Hintergrund für einen Terroranschlag. Autorin Elsbeth Heinzelmann, Journalistin Technik und Wissenschaft, Basel 54 technica 0 9 - 0 7 Die europäische Leistungsschau C-ELROB bot auf dem Monte Ceneri während vier Tagen 14 Forscherteams aus der Privatwirtschaft und den Akademien Gelegenheit zum Gedankenaustausch. Angepeilt sind kurzfristig realisierbare Problemlösungen auf echte Bedürfnisse von Gesellschaft und Wirtschaft im Sicherheitsbereich. Robotik I Produktion + Automation Der MuCAR-3 (Munich Cognitive Autonomous Robot Car) der Universität der Bundeswehr München erfasst die Umgebung autonom über im Inneren angebrachte Videokameras sowie einem auf dem Dach montierten Lidar (Light detection and ranging). Dieser tastet mit 64 rotierenden Laserstrahlen die Umgebung ab, wodurch eine dichte Punktewolke entsteht. ein Forscher seinen Schützling kurzerhand unter den Arm, bevor er im Schlamm versank. Doch fast alle nahmen die Herausforderung an: Der kleine und leichte Scoutrobot der IMSD Warschau, der sich in einen Rucksack packen lässt und mit zwei Kameras für rasche Fernerkennung ausgerüstet ist, schaffte das komplexe Gelände mühelos. Recht gut meisterte auch Merlin, eine Testplattform für Navigationssensoren, der Uni Würzburg die Situation, und durchdrang unbeirrbar das Pflanzendickicht. Diese «Mobile Experimental Robots for Locomotion and Intelligent Navigation» wurden anfänglich für den European Mars Rover entwickelt, wo das System als Testplattform für Navigationssensor-Konfigurationen diente. Wacker kämpfte sich Telemax durch den Sumpf, obwohl sich der Roboter der Telerob eigentlich auf das Erschnüffeln gefährlicher Gegenstände in öffentlichen Transportmitteln und die Entschärfung von Sprengsätzen spezialisiert hat. Tapfer schlug sich auch Amor, der Autonomous Mobile Outdoor Robot der Uni Siegen. Das Team realisiert Forschungsplattformen für autonomes Fahren im Freien und Roboter für schwieriges Gelände, wie es typisch ist für Zentraleuropa. Im Brennpunkt stehen Sicherheit und Erweiterbarkeit des Systems, damit gleichzeitig mehrere Operateure mit dem Roboter arbeiten können. Die am Monte Ceneri eingesetzte Plattform ist mit einer Reichweite von 100 km für die Erkundung auf grosse Distanzen konzipiert und mit einem Benzinmotor ausgerüstet. Sie verfügt über Vierradantrieb, Kameras, Laserscanner und GPS. Interessant sind die zwei auf den Boden gerichteten Kameras. Sie registrieren die Geschwindigkeit von Amor, können so durch Radschlupf verfälschte Daten der Radumdrehung korrigieren. Alle Hände voll zu tun hatte der Feuchtigkeitssensor für die Detektion von Regen und Nebel. Zwar hatte Ravon anfangs mit der Steigung zu kämpfen, doch dann erklomm das Robust autonomous vehicle for offroad navigation der Uni Kaiserslautern schliesslich doch noch den angepeilten Hügel. Dazu brauchte es aber Fernlenkung; von Autonomie war nicht mehr die Rede. Ravon weist einen Batteriebetriebenen Vierradantrieb auf und benutzt vier unabhängige Motoren. Vorder- und Hinterachse sind separat durch Linearmotoren gesteuert. GPS-Empfänger, Trägheitsmessung und Magnetfeldsensor sorgen für die Lokalisierung. Mit seiner berührungsempfindlichen Stossstange nähert sich Ravon den Hindernissen behutsam und kann sie auf ihre Standhaftigkeit prüfen. Als regelrechter Wirbelwind erwies sich der Spyrobot der Tessiner Macroswiss. Das flinke Bodenfahrzeug kann auf Platz wenden. Es ist kompakt und modular gebaut, funktioniert als portable, fernbedienbare VideoPlattform für Überwachungstechnologie und bewegt sich mit 10 km/h. Seine speziellen, schaufelartigen «Flapper Wheels» überwinden Hürden, selbst Treppenstufen, garantie- Wettereinflüsse – Regen und Sonneneinstrahlung – sowie Funkfrequenzen sind die «Feinde» von Outdoor-Robotern. Was gestern im Labor noch funktionierte, gibt im gleissenden Sonnenlicht den Geist auf. 0 9 - 0 7 technica 55 Produktion + Automation I Robotik Kontakte C-ELROB = www.c-elrob.eu FGAN = Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften, www.fgan.de IMSD = Intelligent Mobile Systems Division, Warschau, www.antiterrorism.eu Jacobs University Bremen = http://robotics.iu-bremen.de MACROSWISS = www.macroswiss.com telerob = Gesellschaft für Fernhantierungstechnik mbH, www.telerob.de Universität der Bundeswehr München = www.unibw.de/LRT13/TAS Universität Kaiserslautern = http://agrosy.informatik.uni-kl.de University of Oulu: www.ee.oulu.fi Universität Siegen = www.ezls.fb12.uni-siegen.de Universität Würzburg = www.informatik.uni-wuerzburg.de Der rasche und wendige Rugbot der Jacobs University Bremen erklimmt Stufen und geht selbst über Trümmerhaufen. An der RoboCup 2006 kam er als einziger europäischer Roboter ins Finale der Rescue Robot League. (Bilder: Elsbeth Heinzelmann) ren Griffigkeit und Bodenfreiheit. Der Spyrobot eignet sich für extreme Hindernisse im urbanen Bereich, wo der Mensch aus Sicherheitsgründen nicht selbst eingreifen kann, sei es wegen radioaktivem, chemischem oder biologischem Risiko, für Bombendetektion oder wo der Zugang zu eng oder erschwert ist, beispielsweise in Tunnels. Der Spyrobot 4WD ist mit einem innovativen Antriebssystem und Lithium-Polymer-Batterien ausgerüstet, bewältigt jedes Hindernis und ist so robust, dass er sich auch durch die Luft werfen lässt, beispielsweise ins Innere eines zu inspizierenden Gebäudes. Die neueste Version ist zudem mit einer neig- und schwenkbaren Zoom-Kamera ausgerüstet, die den Blickwinkel für den Operator wesentlich erweitert. in eigener Regie Karten und 3D-Modelle ihrer Umgebung an, Voraussetzung, um Rettungskräfte zu Opfern zu führen und gezielt Gebiete zu erkunden. Dabei helfen ihnen spezielle Sensoren wie Wärmebildkameras, menschliche Formen zu erkennen. Für die räumliche Aufnahme von Objekten setzt das Team den SwissRanger, den 3D-Sensor des CSEM in Neuchâtel, ein. Während aber die Rugbots am RoboCup 2006 in Bremen Erfolg verbuchten, indem sie als einzige Europäer das Finale der Rescue Robot League erreichten, hatten ihre Sensoren auf dem Monte Ceneri Mühe, mit Regengüssen und prallem Sonnenschein fertig zu werden. Aber sie blieben dem Prinzip der Autonomie treu: Der Operateur gab den beiden Rugbots vier Zielpunkte auf der Karte an, die von den Robot-eigenen Laserscannern angefertigt worden war, und hiess sie, diese autonom anzusteuern, was schliesslich gelang. Autonom und strassenverkehrstauglich Auf Autonomie setzt auch Hans J. Wünsche, Professor an der Universität der Bundeswehr München. Seine Domäne sind Fahrzeuge, die selbstständig fahren, komplexe Situationen im Strassenverkehr erkennen, richtig einschätzen und angemessen reagieren. An der C-ELROB zeigten er und seine Crew den MuCAR-3, den Munich Cognitive Autonomous Robot Car der dritten Generation. Er basiert auf dem VW Touareg, hat einen V6. TDI-Motor und eine Computersteuerung für Steuerung, Bremse und Gas. Als Vision-Sensoren dienen drei vorwärts gerichtete Kameras im Fahrzeuginnern, angeordnet analog den menschlichen Augen, mit einer Tele- Nach dem Regen, die Sonne… Doch wer dachte, der Sonnenschein am nachfolgenden Tag würde die Roboterleistungen auf Vordermann bringen, hatte sich geirrt. Böse Erfahrungen machte Andreas Birk, Professor an der Jacobs University Bremen. Seine auf Autonomie konzipierten «Rugbots» basieren auf dem sogenannten CubeSystem, einer Sammlung von Hardware- und SoftwareKomponenten für Rapid Robot Prototyping. Die 35 kg wiegenden Fahrzeuge sind flink und wendig im offenen Gelände, erklimmen Stufen und bewältigen Trümmerhaufen. Sie legen 56 technica 0 9 - 0 7 Die Spyrobots der Tessiner Macroswiss sind kompakte und preisgünstige Plattformen für urbanes, dem Menschen nicht zugängliches Terrain und entsprechend leicht fernbedienbar. (Bild MACROSWISS) Robotik I kamera als «fovea», dem Bereich schärfsten Sehens der Netzhaut. Zusätzlich hat das Fahrzeug einen hochauflösenden Laserscanner auf dem Dach, mit dem es die Umgebung äusserst präzise abtastet und so auf einfache Weise Hinderniserkennung selbst in schwierigem Terrain erlaubt. Für Schlagzeilen sorgte das Vorgängerauto, ein Mercedes SEL. Es wurde im Herbst 1994 im EU-Projekt «Prometheus» für autonomes Fahren umgerüstet und legte auf der A1 bei Paris über 1000 km zurück bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h, wobei es führerlos autonome Überholmanöver mit Spurwechseln ausführte. Für Joe Wünsche hat das «sehende Auto» Zukunft: «Kognitive Fahrzeuge sind sicherer, fahren ökonomischer und verschaffen der Automobilindustrie einen technologischen Vorsprung im internationalen Markt.» Projektteams mit Studierenden auch in Zukunft zu garantieren, brauchen wir jedoch finanzielle Hilfe». Während in der Schweiz die Behörden, vor allem das Militär im Tessin, die Robotikschau unterstützten und das Terrain zur Verfügung stellten, und die Tessiner Fachhochschule SUPSI mit dem IDSIA Lugano vor Ort organisieren half, machen sich privatwirtschaftliche Sponsoren rar. «Outdoor-Roboter können für KMUs ein Produktion + Automation lukratives Business sein, doch da sie nicht in grossen Stückzahlen herstellbar sind, interessieren sich Grossunternehmen kaum dafür», meint Frank F. Schneider, der nicht locker lässt und schon die Events für 2008 und 2009 plant. «Indem wir Forscher, Benutzer und Industrie zusammenbringen, können wir den Entwicklungsprozess stimulieren und das europäische Robotik-Know-how im Weltmarkt stärken.» Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Autorin Frau Elsbeth Heinzelmann Outdoor-Robotik – Herausforderung, nicht nur für Forscher «Die in C-ELROB partizipierenden Roboter funktionieren teils autonom, teils sind sie ferngesteuert. Das ist nicht ganz gerecht, denn Letztere machen ihren Job gut», stellt Alan Winfield fest. «Autonomen Robotern mangelt es am situationsbezogenen Verständnis; das ist die grösste Herausforderung für die Robotik.» Für Frank F. Schneider bringen vor allem Funkfrequenzen und Wetter die Roboter in Bedrängnis. Eine weitere Schwierigkeit bietet die Interpretation der Sensordaten. «Roboter haben meist nicht eine Sicht auf das Umfeld wie wir Erwachsene, sondern auf Augenhöhe eines Kindes», erklärt Juha Röning der Oulu Robotics Group der University of Oulu. Der Professor hatte den langen Weg von Nordfinnland in den Südtessin mit dem ORG Ground Vehicle Maahinen, das über drahtlose LAN-Verbindung verfügt, und dem mit On-Board Computer für halbautonomen Flug ausgestatteten Ilmaninen unter die Räder genommen, damit seine Studierenden an CELROB teilnehmen konnten. «Für junge Forscher ist diese Veranstaltung eine ideale Gelegenheit, ihre Resultate mit Kollegen zu diskutieren, und sie bedeutet einen einzigartigen Motivationsschub», stellt Alan Winfield fest. «Um eine aktive Teilnahme von 0 9 - 0 7 technica 57