DER_SOUL_VON_MOTOWN
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DER_SOUL_VON_MOTOWN
Der Vergleich hinkt. Die Motown Hits waren globale Abräumer, heißes Zeug. Was Xavier Naidoo dagegen macht ist lauwarm und lokal, mehr nicht. Man könnte auch Produzenten wie Pharrel Williams (Nerd) oder Dr. Der, die für einen speziellen Sound stehen, mit den Produzenten aus dem Hause Motown vergleichen, aber auch dieser Vergleich lahmt. Heutzutage arbeitet ein Produzent für Gott und Welt, aber die Motownleute waren exklusiv. Es ging nicht nur um die Musik, es ging auch um die Firma. Der Gründer Berry Gordy war kein Japaner, sondern ein schwarzer Amerikaner, der mit Musik sein Geld und sein Glück (in Amerika das Gleiche) machen wollte. Gordys Firma saß in Detroit, Amerikas Hauptstadt der Autoindustrie, die dank der unzähligen Hits "Heat Wave", Dancing In The Streets", "My Girl", "Papa Was A Rollin' Stone", "I Heard It Through The Grapevine" und vielen anderen mehr zur "HITSVILLE U.S.A." wurde. Und wie die Autos vom Band rollten, rollten die Hits vom Band. Und da ein Schwarzer Mann damals wie heute in Amerika nichts zu verschenken hatte, musste er seinen Job gut machen. Gordy war extrem ehrgeizig und versuchte es zunächst als Songwriter ("Reet Petite") für andere. Ende der 50er Jahre, gründete er seinen eigenen Stall und die Sache bekam an Fahrt. Je besser er als Geschäftsmann wurde, desto mehr ließ er beim Song schreiben nach. Was egal war, denn er hatte Leute die das besser konnten. Smokey Robinson, Marvin Gaye, später Ashford & Simpson und andere mehr. Dann hatte er noch ein paar Produzenten wie Smokey Robinson (der Mann konnte eh alles) und HollandDozier-Holland und Norman Whitfield. Und er hatte Stimmen: Smokey Robinson, Diana Ross & The Supremes, Stevie Wonder, The Temptations, Gladys Knight & The Pips und in der Spätphase der Motown Blüte die Jackson 5 mit dem blutjungen Michael Jackson. 1966 waren 75 Prozent aller Singles aus dem Hause Motown Hits. Zehn Jahr dauerte das Hit auf Hit, von 1961 bis 1972. Erfolg ist kein Zufall. Der Herrscher, Berry Gordy, verfolgte ein klares Konzept. An den Stücken wurde so lange herum gefeilt bis sie Schwarz und Weiß gefielen. Das wurde "Qualitätskontrolle" genannt. Gordy schwebte Musik für das "jungen Amerika" vor. Die Leute an den Instrumenten wurden wie die Leute am Fließband gehalten, arbeiteten von 8 bis 5 und verdienten wenig. Abends spielten diese Musiker für ein paar Dollars und eine Pizza in irgendwelchen Bars. Motown war in zwei Phasen der schwarzen Musik extrem erfolgreich. Die erste Phase fand in den 60er Jahren statt, die zweite zu Anfang der 70er.In Teil Eins waren die Gruppen und Entertainer smarte Leute, alle unter der Kandare des Berry Gordy. In Teil Zwei emanzipierten sich einige der wichtigsten Künstler wie Marvin Gaye und Stevie Wonder und sie wurden dank ihrer Alben zu Superstars. Aber das war schon das Ende vom Lied, denn Berry Gordy vermurkste so einiges. Er verkrachte sich mit ein paar guten Songschreibern, setzte nur noch auf ein Pferd (Diana Ross), ließ die Nachwuchsarbeit schleifen und wechselte den Standort nach Hollywood. Gleichzeitig wurde die Konkurrenz besser. Barry Gordy wurde zweimal Vorbild. Einmal wie man's macht und das andere mal wie man's nicht macht. Heute strahlt der Name Motown nur noch matt, aber die Hits sind Klassiker. Ein guter Querschnitt aus den Werken Marvin Gayes, Diana Ross & The Supremes, Glady Knight & The Pips und den Jackson 5 geben die aktuellen Compilations "Soul Legends" aus dem Hause Motown/ Universal Music. 64 D E R _ S O U L _ V O N _ M O T O W N Erst kürzlich wurde das Umfeld des Mannheimer Soulsängers Xavier Naidoo mit den Motown Studios verglichen. Dort in Mannheim schaffen extrem viele Musiker und es entstehen Hits am laufenden Band, genau wie in der legendären Hitfabrik ("Stop In The Name Of Love") auch. N E U E _ T O N T R Ä G E R 65 12 - 01 2005 Dark Season „Riders of the Dark“ Thomas Siffling „Human Impressions“ Rolling Stones ( KING OV KINGZ REKORDZ) (PHAZZ-A-DELIC NEW FORMAT REC.) ( VIRGIN/ EMI ) „Rarities 1971-2003" Starkes Debüt Balsam für die Ohren Am Ende Nach „Kokain Dizz Biaaatch“ von der King Ov Kingz Armee folgt nun der zweite Label-Streich zum 10jährigen Jubiläum: das Debütalbum von Dark Season mit dem Titel „Riders of the dark“. Die Scheibe der fünfköpfigen Rock-Band aus Ohlsbach bei Offenburg, bestehend aus Sänger Christian Eckstein, den Gitarristen Patrick Schneckenburger und Thomas Wenkert, dem Bassisten Thomas Beck und Drummer Matthias Herp, ist die erste NichtHipHop-Veröffentlichung auf dem Label King Ov Kingz Rekorz. „Riders of the dark“ besticht durch straighten und ehrlichen Rock- und Heavy Metal-Sound, der neue Facetten des deutschen Untergrunds aufzeigt und damit vielleicht sogar die Türen in die Majorleague öffnen könnte. Die bandeigene Mischung aus Aggressivität und Melodie läßt die Musik immer wieder abwechslungsreich klingen. Vom melodisch-eingängigen „Enslaved“ über das rockig-stampfende „New day in hell“ bis hin zum außergewöhnlichen „Innalich Vawezt“, das in Zusammenarbeit mit dem Offenburger Rapper Psycomatic entstand, bietet die CD aus der Regio überzeugende und abwechslungsreiche Tracks, denen man ruhig ein offenes Ohr schenken sollte. Der CDRelease wird von einigen „Dark Season“Live-Gigs in der Region begleitet, also Augen offenhalten nach Konzertterminen auch in eurer Nachbarschaft! Welcher deutsche Jazz-Trompeter eröffnet sein neuestes Werk mit schräg scheppernden Gitarrenriffs? „Till Brönner“ werden viele antworten. Falsch! Nach Brönner bahnt sich gerade ein weiterer Trumpet-Giant seinen Weg zum Jazz-Olymp: Thomas Siffling! Noch wirft Brönner einen großen Schatten, doch Siffling schickt sich mit „Human Impressions“ an, aus diesem herauszutreten. Dies hat auch die Jury des renommierten Jazz-Preises von BadenWürttemberg erkannt und verlieh Siffling eben jenen mit der Begründung, er verbinde „die Tradition seines Instrumentes von jazzmäßigen Grooves bis hin zu zeitgemäßen, elektronischen Klängen. Siffling versteht es meisterhaft, sich in den verschiedensten musikalischen Stilistiken auszudrücken und eigene Ausdrucksmöglichkeiten zu schaffen“. Auf „Human Impressions“ beglückt uns Siffling mit einer außergewöhnlichen Darbietung seines Stils, nenne man diesen nun Nu-, Acid- oder Cool-Jazz. Auf 20 Stücken umgarnt uns sein brillantes Trompetenspiel - immer mal wieder schwappen überraschende ambiente Samples und elektronische Fragmente ans dankbare Lauschorgan. Highlight der Scheibe ist zweifellos „Breeze“ mit Barbara Lahr, die ihre einzigartige Stimme wie ein Instrument einsetzt und perfekt mit Sifflings dahin gehauchten Trompetenläufen harmoniert. "Die Rolling Stones waren in den 60er und 70er Jahren eine beliebte und wichtige Band ("Streetfighting Man"). Heute sind sie alte Säcke. Ihr miesester Song heißt "Angie".“ So erklärte die TAZ ihren Lesern die Stones. Die TAZ hat recht, die Stones sind zum flachen Kieselstein geworden, die seit über 20 Jahren keinen musikalischen Steinschlag mehr losgetreten haben. „Leider!“, muss man sagen, denn die Band war genial wegen "Streetfighting Man" und vielen anderen Songs auch. Diese Songs (also, ein paar davon) sind auf den "Rarities" vertreten. Ganz wunderbar gelungen sind "Tumbling Dice", "Wild Horses" und "Beast Of Burden" (alle live), die noch mal einen Spot auf die guten 70er Jahre werfen. Da waren sie Helden, für ein Jahrzehnt. Zu diesem Dreier kommen weitere Liveversionen und ein paar Discomixe, unter anderem das von "Miss You", an dem sich damals die Geister schieden. Die Stones und Disco? Da gingen Fans und Puristen die glatten Wände hoch, dabei war es eine der letzten Großtaten aus der Schmiede Jagger/ Richards. Mick Jaggers Stimme war damals noch okay und klang arrogant und schneidend. Welches Resümee zieht man aus dieser Sammlung? Vielleicht sollte man nach weiteren Discoperlen in den Archiven suchen. Für die Puristen gibt's ja die Livealben. Und weitere werden folgen, garantiert. Die Band ist am Ende. Daniel Schmidt Kai Hockenjos Pascal Cames SEITE_64_65_66 12.12.2005 22:47 Uhr Seite 4 Kai Hockenjos Info: Cécile Verny live im Jazzhaus am 18.12.2005 www.jazzhaus.de / www.cvq.de Foto: © www.cvq.de Sie lassen den Jazz in all seinen Farben erstrahlen und verbinden dabei europäische Tradition und afrikanische Klänge - ein Abend mit „Freiburgs First Lady of Jazz“ Cécile Verny und ihrem Quartett verspricht immer eine nachhaltige Erfahrung zu werden. Was sie uns am 18.12. im Jazzhaus als vorweihnachtliches Geschenk präsentieren, darüber sprach chilli-Autor Kai Hockenjos mit Bandleaderin Cécile Verny und ihrem Bassisten Bernd Heitzler. I N T E R V I E W _ M I T Heitzler: Der Inhalt wird sehr persönlich sein, da nur eigene Stücke darauf enthalten sind. Es hat eine gewisse Entwicklung in der Band stattgefunden und das wird die CD widerspiegeln. Der rote Faden der musikalischen Vielseitigkeit ist die Vorstellung des Quartetts. chilli: Geboren bist du an der Elfenbeinküste, hast deine Kindheit teilweise in Afrika und Europa verbracht. Wo fühlst du dich tiefer verwurzelt? Cécile Verny: Da wo meine Familie ist, mein Mann und meine Kinder. Ich trage mein Zuhause in mir. Ich bin glücklich, dass ich in Deutschland bin, das hat mir für mein Leben viel gebracht, wenngleich ich die Kälte noch immer nicht vertrage. Vor dem Jazzhauskonzert sind wir eine Woche in Uganda, wo wir der Einladung der Deutschen und Französischen Botschaft folgen. Wir spielen ein Konzert im Ndere Center in Kampala und veranstalten einige Workshops mit einheimischen Musikern vor Ort. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass es bei unserer Ankunft regnet, denn wie feuchte Erde in Afrika riecht, ist nicht zu beschreiben. Das sind die Gerüche und Eindrücke aus der Kindheit, die prägen, und dann merke ich, dass mir doch etwas fehlt. Heitzler: Wir haben auch in Uganda vor, Stücke für das Jazzhauskonzert zu sichten und zu spielen und werden bestimmt total energiegeladen von der Reise zurückkehren! Verny: Ganz bestimmt! Ich freue mich sehr auf die Reise und werde die Freude, die Wärme und die Energie Afrikas tanken und zum Konzert ins Jazzhaus mitbringen! C É C I L E _ V E R N Y _ Q U A R T E T 66 chilli: Am 18. Dezember lädt das Cécile Verny Quartet zum alljährlichen Konzert ins Jazzhaus ein, was dürfen wir erwarten? Cécile Verny: Es ist immer etwas Besonderes, weil wir selten in Freiburg spielen und wir für unser Freiburger Publikum etwas Spezielles zusammenstellen möchten. Die Leute sollen einfach kommen und sehen, was passiert, wir spielen eine der letzten Musiksorten, wo man live richtig etwas erleben kann. In diesem Jahr haben wir Murat Cosçun, einen türkischen Percussionisten, dazu eingeladen. Bernd Heitzler: 1999 haben wir zum ersten Mal am Sonntag vor Weihnachten im Jazzhaus gespielt, damals noch ohne Gastmusiker. Seither luden wir Gastmusiker zu den Konzerten ein und somit setzt sich das Programm im Jazzhaus auch immer etwas vom Programm ab, mit dem wir das ganze Jahr über touren. chilli: Wird es ein reines Jazz-Konzert werden? Cécile Verny: Natürlich spielen wir Jazz, aber was heißt Jazz überhaupt? Improvisation spielt eine große Rolle, so gesehen ist es Jazz, aber hauptsächlich ist es Musik. Es gibt einen Rahmen in dem wir uns bewegen, und das ist die Vielseitigkeit und der Reichtum dieser Musik. Meine musikalischen Inspirationsquellen sind Ella Fitzgerald, Billy Holiday oder Sarah Vaughan, das ist Jazz und ich fühle, als habe ich einen Stab in der Hand, den ich weitergeben möchte. Am Abend im Jazzhaus entstehen einmalige, besondere Dinge, da wir mit dem Gastmusiker exklusiv nur für dieses Konzert zusammenspielen. chilli: Anfang April wird eine neue CD des Cécile Verny Quartets erscheinen, könnt ihr unseren Lesern einen kleinen Vorgeschmack geben?