Rückgang bei den Privatinsolvenzen um 8,9 Prozent

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Rückgang bei den Privatinsolvenzen um 8,9 Prozent
Rückgang bei den Privatinsolvenzen um 8,9
Prozent – mehr jüngere Bundesbürger von
einer privaten Insolvenz betroffen
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 mussten 52.771 Bundesbürger
eine Privatinsolvenz anmelden. Dieser Wert entspricht einem Rückgang um 8,9
Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2014: 57.954). Zu
diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Schuldenbarometer 1. Halbjahr
2015“ der Wirtschaftsauskunftei Bürgel. „Die Privatinsolvenzen werden 2015
das fünfte Mal in Folge sinken. Wir erwarten für das laufende Jahr bis zu 110.000
private Insolvenzen. Dies wäre der niedrigste Stand der letzten zehn Jahre“,
kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen.
„Die gute Grundverfassung auf dem Arbeitsmarkt ist weiterhin die Basis für
diese positive Entwicklung. Auch wenn sich der Beschäftigungsaufbau seit
Jahresbeginn verlangsamt hat und die Arbeitslosigkeit weniger stark
zurückgegangen ist“, erläutert Dr. Sellin. Hintergrund: Die Arbeitslosigkeit gilt
als Ursache Nummer eins für Privatinsolvenzen; wenn die Beschäftigtenzahlen
steigen, sinkt die Quote der Privatinsolvenzen. Über alle Altersgruppen hinweg
ist Arbeitslosigkeit in 30 Prozent der Fälle Auslöser für die Privatinsolvenz.
Zudem profitieren die Verbraucher von steigenden Reallöhnen bei gleichzeitig
niedrigen Zinsen. Diese Gesamtsituation erlaubt es den Bundesbürgern, ihre
Konsumausgaben auch zu finanzieren.
Trotz der positiven Entwicklung ist zu beachten, dass durch private Insolvenzen
den Gläubigern Schäden in Milliardenhöhe entstehen. Im ersten Halbjahr 2015
übersprangen die Forderungsausfälle bereits die Grenze von zwei Milliarden.
Darüber hinaus zeigt sich im 1. Halbjahr 2015 ein Trend, den es zuletzt 2012
gab. Die Privatinsolvenzen der Bundesbürger zwischen 21 und 30 Jahren steigen
um vier Prozent auf 8.837 Fälle. Es ist die einzige Zunahme innerhalb der
Auswertung der Altersgruppen auf Halbjahressicht. In der jüngeren Altersgruppe
bis 30 Jahre führen vor allem Arbeitslosigkeit, ein den Lebensumständen nicht
passendes Konsumverhalten und Einkommensarmut besonders häufig in die
finanzielle Krise. Zudem verfügt die junge Altersgruppe über keine oder zu
wenige Rücklagen im Krisenfall. „Betroffene – gerade junge Erwachsene – sind
beim Anmelden der Privatinsolvenz nicht immer hoch verschuldet. In vielen
Fällen liegen die Schulden unter der Marke von 15.000 Euro“, sagt Dr. Sellin zu
der Entwicklung der steigenden Fallzahlen bei den 21 bis 30-Jährigen.
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Am meisten Privatinsolvenzen pro Bundesland nach den absoluten Zahlen
wurden im bevölkerungsreichsten Flächenland Nordrhein-Westfalen
angemeldet. In den ersten sechs Monaten wurden 12.529 Privatpersonen
zahlungsunfähig. Gemessen an den absoluten Privatinsolvenzen folgen die
Bundesländer Niedersachsen (6.813), Bayern (5.983) und Baden-Württemberg
(5.013). Eine andere Reihenfolge ergibt sich bei der Betrachtung der
Privatinsolvenzen bezogen auf die Einwohnerdichte in den Bundesländern. So
setzt sich das Nord-Süd-Gefälle der vergangenen Jahre auch 2015 fort.
Demnach verbuchen insbesondere die nördlichen Bundesländer eine hohe Zahl
an Privatpleiten – allen voran Bremen mit 113 Fällen je 100.000 Einwohner und
Hamburg (90 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner). Nach dem Saarland als
erstes nicht-nördliches Bundesland (89) folgen Niedersachsen (87) und
Schleswig-Holstein (84). Positiver ist die Situation im Süden Deutschlands, der
weniger von Privatinsolvenzen betroffen ist. Hier schneiden BadenWürttemberg und Bayern (47) am besten ab. Auch in Thüringen (48 Fälle je
100.000 Einwohner) liegt der Wert deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von
65 Privatpleiten je 100.000 Einwohner. Der Trend sinkender Privatinsolvenzen
vollzieht sich mit einer Ausnahme durch alle Bundesländer. Einzig im Saarland
steigen die Zahlen leicht um 0,7 Prozent an. Am stärksten sanken die
Privatinsolvenzen in Sachsen-Anhalt (minus 12,9 Prozent), Nordrhein-Westfahlen
(minus 12,8 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (minus 12,4 Prozent) und
Rheinland-Pfalz (minus 12,3 Prozent). In Hamburg (minus 9,8 Prozent) und
Berlin (minus 9,1 Prozent) ist der Rückgang ebenfalls stärker als im
Bundesdurchschnitt.
Wie in den letzten Jahren, meldeten auch im 1. Halbjahr 2015 wieder mehr
Männer als Frauen Privatinsolvenz an. Diese Aussage trifft sowohl bei den
absoluten als auch bei den relativen Zahlen zu. Während der relative Wert aller
Bürger im Bundesdurchschnitt 65 Fälle je 100.000 Einwohner ausmacht,
verantworteten männliche Bundesbürger im vergangenen Jahr sogar 79
Privatpleiten je 100.000 Einwohner (absolut: 30.769 Fälle). Dem gegenüber
stehen 22.002 Frauen, die eine private Insolvenz anmelden mussten. Anders
ausgedrückt wurden im vergangenen Jahr – weit unter dem Bundesdurchschnitt
– 54 Frauen unter 100.000 Bürgern zahlungsunfähig. In vielen Familien gilt der
Mann trotz der veränderten Lebensformen und Rollenbilder weiterhin als
Hauptverdiener und Haushaltsverantwortlicher, der im Falle einer
Überschuldung innerhalb der Familie für die Verbindlichkeiten aufkommen und
die Privatinsolvenz anmelden muss.
Bei den Betroffenen sind die Zahlungsrückstände so gravierend, dass als letzter
Ausweg nur die Privatinsolvenz bleibt. Die wesentlichen Ursachen sind eng
verbunden mit der Einkommenssituation der betroffenen Personen. Vorrangig
tragen Arbeitslosigkeit, Wachstum der prekären Beschäftigungsverhältnisse,
reduzierte Arbeitszeiten, aber auch Veränderungen in der familiären Situation,
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etwa Scheidung oder Trennung, zur Verschärfung der Privatverschuldung bei.
Weitere Faktoren sind gescheiterte Selbstständigkeit, Arbeitsunfähigkeit bzw.
Krankheit und ein zum Einkommen unpassendes Konsumverhalten. Der
überwiegende Teil der Privatpersonen in einer Insolvenz steht vor allem bei
Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern,
Energieversorgern und Telefongesellschaften in der Kreide.
Herausgeber:
Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Gasstraße 18, 22761
Hamburg, [email protected], www.buergel.de
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