goldrausch bei Wertstoffen
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goldrausch bei Wertstoffen
T h e ma d e s M o n ats Goldrausch bei Wertstoffen Elektroschrott ist in Japan begehrt wie nie, denn die Wiederverwertung seltener Metalle boomt. Recycling gilt als Zukunftsgeschäft. Von Jürgen Maurer, bfai, Tokyo J apan, arm an Rohstoffen, aber reich an Elektroschrott und anderem Abfall, intensiviert die Wiedergewinnung von Wertstoffen. Bislang funktionierte das Recycling hauptsächlich durch gesetzliche Maßnahmen, die ein Wiederverwerten erzwingen sollten. Mittlerweile ist durch hohe Materialpreise und verbesserte Trennungstechniken in vielen Fällen ein lukratives Geschäft entstanden. Das gilt insbesondere für Elektroschrott und die darin enthaltenen Materialien. Nichtverwertbarer Abfall soll zur Elektrizitätserzeugung genutzt werden. 10 J A PA N M A R K T A ugust 2 0 0 8 Vor dem Hintergrund steigender Material- und Energiepreise, guter Erfolge bei der Verwertung und verbesserter Umwelttechnologie hat Japans Regierung weitere Maßnahmen ins Auge gefasst, das Recycling-System zu optimieren. Dazu gehört als wichtiger Punkt die Verringerung des anfallenden Abfalls, der ausgehend von einer Menge von 23 Millionen Tonnen im Jahr 2000 bis zum Fiskaljahr 2015 um 60 Prozent sinken soll. Die Ablagerung in Mülldeponien soll zur Ausnahme werden und im Rahmen eines Abfallver wer tungsprogramms zusätzlich zum Recycling die Müllverbrennung einen wichtigen Schub bekommen. Zwischen den Fiskaljahren 2008 und 2012 soll die Elektrizitätserzeugung durch Abfallverbrennung um 50 Prozent ausgeweitet werden. Dies wird die Nachfrage nach entsprechenden Anlagen anheizen. Recycling hocheffizient Beim bereits umfangreichen RecyclingSystem werden für Elektrogeräte die geforderten Mindestanteile verschiedener Produkte erhöht. Damit findet zum ersten Mal seit dem Inkrafttreten des „Electrical Intensives Elektrorecycling Wiedergewinnung von Materialien aus Hausgeräten und Unterhaltungselektronik 2007 (in Tonnen) Klimageräte TV-Röhren Kühlschränke Waschmaschinen Eisen 23.729 13.881 68.435 40.755 Kupfer 5.076 4.951 1.994 1.240 Aluminium 8.634 73 325 612 Mischung 24.453 1.199 20.188 12.915 6.969 27.190 25.741 21.709 Andere www.istockphoto.com/JamesWhittaker Quelle: Association for Electric Home Appliances Appliance Recycling Law“ im Jahr 2001 eine Anpassung statt. Demnach sollen ab dem Fiskaljahr 2009 die RecyclingRaten für Kühlschränke von gegenwärtig 50 auf 60 Prozent, für Waschmaschinen von 50 auf 65 Prozent und für Klimageräte von 60 auf 70 Prozent angehoben werden. Bei Fernsehröhren soll die Rate unverändert bei 55 Prozent bleiben. Bei den ab 2009 neu in die Recycling-Verpflichtung genommenen Produkten wie Wäschetrocknern wird die Rate auf 65 Prozent gesetzt. Und für die Flüssigkristall- und Plasma-Fernsehgeräte soll ein Wert von 50 Prozent gelten. Dabei sind die Recycling-Raten schon gegenwärtig höher als das geforderte Maß. Sie beziehen sich dabei auf das Gewicht des wiedergewonnenen Kupfers, Eisens und anderer Wertstoffe zum Gesamtgewicht des gesammelten Elektroabfalls. Im Fiskaljahr 2007 erreichte die Rate für Klimageräte 87 Prozent, für Waschmaschinen 82 Prozent, für Kühl- schränke 73 Prozent und für Fernsehröhren 86 Prozent, so Angaben der Association for Electric Home Appliances. Die Wiederverwertung solcher Materialien erweist sich für die Recyclingunternehmen wie auch für japanische Hersteller als „Goldgrube“. Nicht nur Gold, sondern eine Vielzahl wertvoller Stoffe können die Recyclingunternehmen extrahieren und wieder verkaufen. Für die Hersteller wird die Abhängigkeit vom Import solcher Materialien geringer, wie auch der Anschaffungspreis. Beispielsweise ist der internationale Preis für Ruthenium deutlich zurückgegangen, da dieses seltene Metall zu einem großen Teil in Japan, einem der Hauptverbraucher weltweit, wiedergewonnen werden kann. Ebenso sank auch der internationale Preis für Indium, weil die Recycling rate in Japan gesteigert wurde. Firmen wie Dowa Holdings, Furuya Metal, Asahi Pretec und Mitsubishi bauen Kapazitäten auf und aus, um die seltenen Metalle zu sammeln und zu extrahieren, die für die Herstellung von High-Tech-Erzeugnissen erforderlich sind. Kunststoff gefragt Aber nicht nur Edelmetalle, Nichteisenmetalle oder seltene Minerale sind wertvolle Rohstoffe, deren Recycling sich lohnt. Dazu gehören auch Altpapier, Kunststoffflaschen und andere Produkte aus Kunststoffen. Sony nutzt zum Beispiel aus alten Fernsehröhren gewonnene Harze zur Herstellung von neuen FlachbildschirmTV-Geräten. Der Anteil der verwerteten Harze in neuen Geräten soll etwa zehn Prozent betragen. Im Jahr 2006 kam die Recyclingrate von Kunststoff auf 72 Prozent und lag damit zehn Prozentpunkte über dem Vorjahr, so Zahlen des Plastic Waste Manage ment Institute. Dabei machte die thermische Behandlung von Kunststoffabfall den größten Anteil aus. Mit 18 Prozent Zuwachs legte diese auch das stärkste Wachstum vor. Das Unternehmen Eco-Material will seine Verarbeitungskapazitäten bis 2010 deutlich erhöhen. Um die Kunststoffabfälle nicht teuer transportieren zu müssen, soll die Zahl der einheimischen Werke von drei Betriebsstätten auf mindestens sieben Standorte expandieren. In der Nähe von Tokyo will das Handelshaus Mitsubishi eine Kunststoffrecyclinganlage bauen, so eine Ankündigung vom März 2008. Der Betriebsbeginn für die Anlage, in der rund 5.000 Tonnen Polypropylenund Polyethylen-Pellets hergestellt werden sollen, ist für April 2009 vorgesehen. Die Investitionen sollen 6,2 Milliarden Yen betragen. M it der Wieder ver wer tung von Leuchtstofflampen beschäftigt sich Matsushita Electric Works und hat dazu ein neues Verfahren entwickelt, das Glas zu neuen Produkten wie Glaswolle oder Glas für neue Leuchten zu verarbeiten. Pro Jahr sollen etwa 150 Millionen Leuchtstofflampen zum Recycling anfallen, so schätzt das Unternehmen und sieht damit eine gute Versorgungslage. Es gibt kaum noch Bereiche, in denen Unternehmen in Japan nicht nach recycelfähigen Produkten und wiederverwertbaren Materialien suchen. Die Bandbreite reicht von Prozesschemikalien der Chipverarbeitung über Bauschrott bis zu KfzTeilen. Wer immer hier gute neue Technologien und Verfahren anbietet, mit denen sich das Recycling effizienter und produktiver umsetzen lässt und auch noch kleinste Mengen wiedergewonnen werden können, kann von dem „Goldrausch“ des 21. Jahrhunderts profitieren. A ugust 2 0 0 8 J A PA N M A R K T 11