Hohe Dosen des Anabolikums Metandienon in

Transcription

Hohe Dosen des Anabolikums Metandienon in
Geyer, H., Bredehöft, M., Mareck, U., Parr, M., Schänzer, W.: Hohe Dosen des Anabolikums
Metandienon in Nahrungsergaenzungsmitteln gefunden. Dtsch.Apoth.Ztg. 142, 29 (2002)
Geyer H, Bredehöft M, Mareck U, Parr MK, Schänzer W
Hohe Dosen des Anabolikums Metandienon in
Nahrungsergänzungsmitteln gefunden
Institut für Biochemie, Deutsche Sporthochschule Köln
Metandienon (17ß-hydroxy-17α-methylandrosta-1,4-dien-3-on) ist ein rezeptflichtiges Anabolikum,
das in Deutschland nicht zugelassen ist. Im Sport wird es von Athleten missbraucht, um Muskelkraft
und Muskelumfang über den Trainingseffekt hinaus zu steigern. Aus diesem Grund hat das
Internationale Olympische Kommittee Metandienon als verbotene Dopingsubstanz eingestuft (1).
Im Zusammenhang mit einem aktuellen positiven Dopingfall in Österreich wurde ein
Nahrungsergänzungsmittel gefunden, das Metandienon enthielt. Der Wirkstoff Metandienon war auf
dem Etikett nicht angegeben (2). Als Inhaltstoffe angegeben waren: „ AD-4-Complex Nutrients “
,“MetX Synergistic Blend“, “1 – T Matrix“, Kreatin und Ribose. Mit Ausnahme von Ribose und
Kreatin handelt es sich bei diesen Namen nicht um anerkannte Verkehrsbezeichnungen von
Inhaltsstoffen.
Aufgrund dieser Ergebnisse begannen wir mit der Analyse von ähnlichen Nahrungsergänzungsmitteln,
insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln mit „1-T Matrix“, auf anabol-androgene Steroide.
Im Juni 2002 wurden drei verschiedene Nahrungsergänzungsmittel mit „1-T Matrix“ über
telephonische Bestellung erworben. Die Vertreiberfirma hat ihren Sitz in England, der Hersteller
stammt aus den USA. Die Produkte wurden mit der regulären Post ohne Zollprobleme zu einer
deutschen Adresse zugestellt. Eines der Produkte (NEM 1) enthielt Hartgelatine-Steckkapseln mit
pulvrigem Inhalt, die beiden anderen Produkte waren Pulver (NEM 2, NEM 3). Von den drei
Nahrungsergänzungsmitteln wurde jeweils 1 Gramm aufgearbeitet und mittels GasChromatographie/Massenspektromtrie und Hochdruckflüssigkeitschromatographie mit UVDetektion (HPLC/UV) nach einer früher beschriebenen Methode (3) analysiert.
In allen drei Nahrungsergänzungsmitteln wurde das Anabolikum Metandienon gefunden. Die
rezeptpflichtige Substanz war auf dem Etikett nicht angegeben. Die Konzentrationen an Metandienon
betrugen 17,3 mg/g (NEM 1), 0,41 mg/g (NEM 2) und 0,96 mg/g (NEM 3). In NEM 1 variierten
die Konzentrationen an Metandienon von Kapsel zu Kapsel. Die maximale Konzentration an
Metandienon betrug 28,9 mg/g. Damit lagen die gefundenen Konzentrationen 30fach bis 50fach
höher als in der bisher vorliegenden Studie von Gmeiner (2).
Bei Befolgung der Dosierungsempfehlungen für die Nahrungsergänzungsmittel - 1-3 Kapseln täglich
für NEM 1 und 20 g täglich für NEM 2 und 3 - könnten Metandienonmengen von 25 -43 mg (NEM
1) bzw. von 10 mg (NEM 2) und 20 mg (NEM 3) pro Tag erreicht werden. Diese Mengen liegen
über den therapeutischen Dosierungsempfehlungen von Metandienon, die bei 5 -10 mg pro Tag
liegen.
Die Verwendung von Metandienon ist mit zahlreichen Nebenwirkungen besonders für Frauen,
Kinder und Jugendliche verbunden. Hierzu zählen u.a. veränderte Leberwerte,
Menstruationsbeschwerden, Virilisierung, Gynäkomastie, psychische Veränderungen und erhöhtes
Herzinfarktrisiko. Bei längerem Gebrauch wird Metandienon auch ein gewisses Suchtpotential
zugeschrieben. Bei Kindern und Jugendlichen führt Metandienon zur Virilisierung und zum vorzeitigen
Wachstumsabbruch durch Schluss der Epiphysenfugen. Bei Frauen kann Metandienon zu
irreversiblen Veränderungen, wie Vertiefung der Stimme und Vergrößerung der Klitoris, führen.
Während der Schwangerschaft ist durch die Applikation von Metandienon eine Virilisierung des
Fötus möglich. Aufgrund der 17-Methylgruppe im Molekül des Metandienon ist die Einnahme dieser
Substanz mit einer hohen Lebertoxizität und Karzinogenität verbunden (4). Die supratherapeutischen Dosen bergen ein zusätzliches Gesundheitsrisiko. Die Einnahme dieser
Nahrungsergänzungsmittel in den empfohlenen Dosierungen führt mit Sicherheit zu einem positiven
Dopingbefund für Metandienonmetaboliten (5).
Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen die Dringlichkeit einer Verbesserung der Überwachung
der Produktion und des Handels von Nahrungsergänzungsmitteln. Höchste Eile ist in der Aufklärung
des Verbrauchers über die Gesundheits- und Dopingrisiken von Nahrungsergänzungsmitteln geboten.
Literatur
1. International Olympic Committee: Prohibited classes of substances and prohibited methods
2001-2002. September 2001
2. Gmeiner G. Methandienon in Sportnahrung. Österreichisches Journal für Sportmedizin 2002; 2:
33-34
3. Geyer H, Mareck-Engelke U, Reinhart U, Thevis M, Schänzer W. Positive Dopingfälle mit
Norandrosteron durch verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel. Dtsch. Z. Sportmed. 2000; 11:
378-82
4. Royal pharmaceutical society: Martindale- The extra pharmacopeia -31.Rev., Royal
pharmaceutical society: London, 1996
5. Schänzer W, Geyer H, Donike M. Metabolism of metandienone in man: Identification and
synthesis of conjugated excreted urinary metabolites. J.Steroid Biochem. Molec. Biol. 1991; 38:
441-64