Ein Hauch Provence - Judith Thiel / Atmosphere

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Ein Hauch Provence - Judith Thiel / Atmosphere
Einrichten & Dekorieren
Ein Hauch
Provence
Fotografie: XXXX, Text: Elke Becker
in Hamburg
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Romantisch Wohnen
Designerin Judith Thiel gibt Kurse für dekorative Maltechniken und verleiht damit auch ihrem
eigenen Räumen charmanten Chic. Die Farben
in ihrer Hamburger Wohnung erinnern sie an die
Provence, die Glaspokale auf dem Fenstersims
an die erfolgreichen Rennpferde des Großvaters und beim Porzellanservice im Vertiko denkt
Judith Thiel an die reizenden Kaffeetafeln ihrer
Großmutter zurück. In der Wohnung der Designerin erzählt einfach alles eine Geschichte. Auf 120
qm hat sich die Künstlerin, die ihre Leidenschaft
für Antiquitäten und dekorative Maltechniken
zum Beruf gemacht hat, ihren ganz persönlichen
Traum vom Wohnen verwirklicht.
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Judith Thiel liebt es romantisch, mit einem Hauch Extravaganz. Wie eine
klare Linie zieht sich dieses Konzept durch die gesamte Einrichtung. In ihrer
Wohnung in Hamburgs Neustadt ist das ebenso zu spüren, wie in ihrem nur
wenige Fußminuten entfernten Atelier. Die Designerin gibt Kurse für dekorative Maltechniken – auch alte, historische Mal-Stile bewahrt sie vor dem
Vergessen. Während ihrer Assistenz-Zeit bei einem Restaurator hat sie ihre
Liebe dazu entdeckt. Diese Leidenschaft zum Kunsthandwerk hat sie zum
Beruf gemacht. Unter dem Namen Atmosphere bietet sie von ihr entwickelte
Kreativ-Workshops an, entwirft Lampen & Spiegelrahmen und hilft Ihren
Kunden auf Wunsch auch bei der Interieurplanung.
Hang zum Besonderen
Wie charmant Möbel, Wände und sogar Türrahmen wirken, wenn sie von
Judith Thiel auf antik getrimmt sind, beweist ihre Wohnung par excellence.
Unsere Entdeckungstour fängt gleich hinter der Haustür an. Im Flur ist ein
selbst entworfener und aufwändig von Hand gearbeiteter Spiegel der unweigerliche Blickfang. Die Stuckornamente im Schwedenstil und der Anstrich
aus selbst angemischter Leimfarbe verraten den Hang der Bewohnerin zum
Besonderen. Wie sämtliche Türen – elf an der Zahl – ist auch der Spiegel
in sogenannter Fassmalerei veredelt. Diese uralte Handwerkstechnik ist fast
schon aus der Mode gekommen, erlebt aber gerade ein Comeback. Dabei
trägt man mehrere Farbschichten auf, die beim späteren Durchschleifen teil-
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weise sichtbar werden. So entsteht der markante gedämpfte, kreidige Charakter, der den antiken Charme zaubert. Auch Judith Thiel sorgt höchst persönlich dafür, dass diese Technik weiter Bestand hat. „Zusätzlich zu meinen
Auftragsarbeiten gebe ich regelmäßig Kurse und zeige interessierten Frauen
und manchmal auch Männern, wie man mit dieser Methode Stühle, Tische,
Kleinmöbel und Accessoires wunderbar veredelt.“
Dior hat sie geprägt
Den Grundstein für ihre berufliche Laufbahn legte Judith Thiel in Frankreich. An der chambre syndicale de la couture parisienne in Paris studierte
sie Design. Anschießend arbeitete sie in der Seine-Metropole für Dior danach in Köln bei Caren Pfleger. In dieser Zeit perfektionierte die Hamburgerin den Umgang mit Farbe, Kompositionen und entwickelte ein unglaubliches Gespür für Töne, Schattierungen und Kolorierungen. Diese Fähigkeiten
kommen bei den Seminaren über Vergolden, Trompe l`œil Malerei und Bravourtechniken wie Marmorieren natürlich zum Tragen. Auch im Bereich
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der Inneneinrichtung hat die Designerin das richtige Fingerspitzengefühl.
Immer häufiger bitten Kunden sie um Vorschläge für Rauminszenierungen. Und mit Ihrem Know how über Stoffe, Accessoires und aktuelle Trends
schafft sie es, dass Räume im Nu ein neues Gesicht bekommen.
Hier wohnt die Nostalgie
Aber zurück in das Wohnrefugium der Künstlerin. Der kreidige Farbton, den
wir schon aus dem Flur kennen, schmeichelt auch im Wohnzimmer unser
Auge. Die meist offenen, großen Flügeltüren zwischen Wohn- und Esszimmer wirken wie der Rest der Wohnung ebenfalls mit herrlich nostalgischem
Charme. Markant ist der schlanke Kachelofen aus der Gründerzeit. Obwohl
er schon seit 1885 an Ort und Stelle steht, ist er noch voll funktionstüchtig
und strahlt eine mollige Wärme aus. „Davor habe ich ein Kaminblech aus
Messinggitter platziert“, erzählt die 45-jährige, „das stammt noch aus meinem Elternhaus. Ich musste es 12 Jahre im Keller parken – aber jetzt hat es
seinen Platz gefunden. Judith Thiel: „Es passt auf den Millimeter, als ob es
für diesen Kachelofen gemacht worden ist!“
Erinnerungen und Kaninchendraht
Nirgendwo besser als in ihrem Wohnzimmer würde auch der englische Bücherschrank stehen. Er beherbergt viele Familienschätze. So rollt hier auch
eine antike Spielfigur seine Bocciakugel gekonnt vor sich her. „Der kleine
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Kerl war die Lieblingsfigur meiner Mutter“, erzählt die Designerin. „Jetzt erinnert er mich an eine glückliche Kindheit auf dem Land.“ Dass die Figur
den besten Platz bekommen hat, verdankt sie natürlich der heutigen Besitzerin. „Wie die meisten englischen Möbel ist der Schrank mit sehr dunklem
Mahagoni furniert.“ Das passte natürlich wenig ins Farbkonzept. Also wurde
das große Möbel ebenfalls mit Kreidefarbe bearbeitet und patiniert. Um ihm
noch mehr Leichtigkeit zu verleihen, hat die Künstlerin die Glasscheiben
durch Kaninchendraht ersetzt. Eine ungewöhnliche, aber gleichwohl fantastische Idee aus Frankreich, die dem Bücherschrank eine ganz charmante
Note gibt.
Spannende Kunst
Doch trotz aller Liebe zu nostalgischem Mobiliar schätzt Judith Thiel die
Kraft der Gegensätze und liebt es, die Möbel der Vergangenheit mit modernen Kunst- und Designobjekten zu ergänzen. So hat sich außer dem Designklassiker von Mies van der Rohe ebenfalls ein bisschen moderne Kunst
in die charmante Hamburger Wohnung geschlichen. „Obwohl ich jahrelang
mit Antiquitäten gearbeitet habe, kann ich mich auch für moderne Kunst so
richtig begeistern.“ So steht die Skulptur der israelischen Künstlerin Tolla
wie selbstverständlich auf dem Sims neben dem alten Bücherschrank. Und
beweist: Gerade in einem klassischen Ambiente kann man mit modernen
Kontrasten Spannung erzeugen.
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Farben aus der Natur
Judith Thiel hat eben das richtige Händchen. Ob es die Stuckelemente
im Badezimmer oder die Wandfarben im Schlafzimmer sind. Jede Komposition aus Farben, Materialien und Oberflächen ist gelungen. Jeder
Raum in dem gemütlichen Refugium ist perfekt gestylt, ohne gekünstelt
zu wirken. Natürlichkeit ist dabei immer Trumpf. So ist im Schlafzimmer die Kalkfarbe Fresco Bohemian von Pure and Orginal zum Einsatz
gekommen. Damit das Szenario perfekt wurde, hat Judith Thiel die beiden, ursprünglich roten Lampenfüße eine Elfenbein-Optik verordnet
und das Werk mit einer Patina auf Ölbasis versiegelt. Auch die Lampenschirme sind selbst angefertigt und mit der Farbe Aubergine von Pure
and Orginal farblich eingefasst. Harmonisch runden das französische
Bett und die beiden spiegelgleich aufgestellten Schränke mit dem Pariser
Fensterriegel das Bild ab.
Doppelte Verwandlung
Symmetrie ist ohnehin ein gern genutztes Stilmittel der Designerin. So
fallen jedem die beiden imposanten Tongefäße auf, die hinter der Haustür den Heimweg der Besucher einläuten. Wie zwei Wärter flankieren sie
die verspielte Kassettentür. „Aber nicht mehr lange“, verrät uns Judith
Thiel, „demnächst illuminieren sie als Leuchtenunikate das WochenendDomizil einer meiner Kundinnen.“ Selbst für ein schönen Tontopf eine
ziemlich steile Karriere.
Infos/Kontakt:
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