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Magazin > Nr. 8 / März 2001
Goldenes Schaf unter den Internetzeitungen
Aftonbladet macht als eine der wenigen Zeitungen auf dem Netz Gewinn
Der Betrieb einer Internet-Ausgabe ist für viele Zeitungen ein hartes, brotloses Geschäft.
Eine schwedische Boulevardzeitung macht als Ausnahme fette Gewinne.
Die Gründe dafür scheinen unklar.
von Niels Anner
Anfang Jahr reduzierten grosse Medien wie die New York Times und CNN ihre Anzahl
Mitarbeiter im Internetbereich massiv. Der Auftritt im Netz ist unrentabel - auf jeden Fall
für Medien, die traditionell in Bereichen wie Print oder Fernsehen zu Hause sind. Auch in
der Schweiz macht sich in diesem Bereich Ernüchterung breit. Ein Internetangebot gehört
für die Verlage zum guten Ton - Geld verdienen lässt sich damit aber kaum.
Mehr als eine Goldgrube
Aftonbladet heisst die grösste schwedische
Boulevardzeitung. Das traditionelle Printprodukt
erwirtschaftet - als grosse Ausnahme im
internationalen Vergleich - mit seinem
Internetauftritt einen respektablen Gewinn. Aber
nicht nur finanziell ist www.aftonbladet.se ein voller
Erfolg. Die Redaktion erhielt bereits zum dritten Mal
in Folge den hoch geschätzten schwedischen
Journalistenpreis - nicht für eine Einzelleistung
wohlgemerkt, sondern als Gesamtredaktion.
Ausschnitt aus der Homepage von
www.aftonbladet.se
Eine richtige Erklärung für unseren wirtschaftlichen Erfolg habe er nicht, behauptet
Chefredakteur Kalle Jungkvist. Wichtig sei sicher gewesen, dass Aftonbladet 1994 die erste
schwedische Zeitung auf dem Netz war. "Dies gab uns einen enormen Vorsprung", ist
Jungkvist überzeugt. Die Ausgabe sei zudem umfangreicher als diejenige der
schwedischen Konkurrenten.
Eindrückliche Zahlen
600'000 Besucher hat www.aftonbladet.se täglich. Diese Zahl wirkt noch imposanter,
man sich vor Augen führt, dass Schweden 8 Millionen Einwohner hat und Aftonbladet nicht
auf ein weltweites, englischsprachiges Publikum zurückgreifen kann (wie beispielsweise die
New York Times). Die gedruckte Auflage von Aftonbladet beläuft sich auf 400'000. Wird
diese durch die Netzausgabe beeinträchtigt? "Vielleicht ein bisschen, aber dieses bisschen
ist kein Proble", meint Kalle Jungkvist.
Leserschaft surft nicht, und umgekehrt
Interessanterweise würden laut einer Studie 60 Prozent
der Webbesucher von Aftonbladet die schreierisch
aufgemachte Printausgabe des Boulevardblatte nie
kaufen. Bei den Netz-Lesern handelt es sich um
Frauen, Businessleute und Junge.
Vielleicht läuft es für www.aftonbladet.se gerade
deshalb so geschmiert. Finanziert wird der Netzauftritt
allein über Werbung und Sponsoren. E-Commerce und
verwandte Angebote, die andere Verlage als
vermeintlich lukrative Zusatzangebote zu ihrer
Internetzeitung aufbauen, kennt man bei Aftonbladet
nicht. Eine für die Werbung äusserst attraktive Leserbzw. Klickschaft reicht vollends.
Der Text beruht auf einem Artikel der Zeitung "Het Parool" (Ausgabe vom
15.2.2001)
Die Frontseite der Printausgabe (©
aftonbladet.se)
© 2001 Melting Pot (http://www.meltingpot.unizh.ch)
Kontakt: [email protected]

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