Vortrag Peter Kotzurek

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Vortrag Peter Kotzurek
Kann nur eine frühe
Talenterfassung und
Spezialisierung spätere
Erfolge im Spitzensport
absichern?
Dr. Peter Kotzurek
Cheftrainer Kunstturnen Männer im NKL
Gründungsmitglied „Talent in Motion“
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Begriffsbestimmung im Thema
¾ Talent
¾ Talentauswahl
¾ Talentförderung
¾ Talentprognose
¾ Talentsuche
¾ Spezialisierung
¾ Erfolg im Spitzensport
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Talent
¾ Künstlerisches, mathematisches oder sportliches Talent
¾ Erbanlagen
¾ Umwelteinflüsse (Kultur,Politik,Erziehung)
¾ Ethische Verantwortung
„ Das Kind ist das Teuerste, was die Nation hat.“
(Brecht)
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1
Talentauswahl
¾ Finden der Geeignetsten und nicht der Besten !
¾ Kein einmaliger Vorgang
9 Zugangs- & Förderungsmöglichkeiten müssen
möglichst lange offen gehalten werden
¾ Kriterien der Talentauswahl
9 Erzielte sportliche Wettkampfleistung
9 Niveau der leistungsbestimmenden
personalen & apersonalen Bedingungen
9 Kalendarisches und biologisches Alter
9 Absolvierter Trainingsumfang
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Talentförderung
¾ Langfristiger Prozess über die Trainingsetappen
Allg. Grundausbildung – Grundlagentraining –
Aufbautraining - Anschlusstraining
¾ Trainingsmassnahmen mit einem Wettkampfsystem
koppeln
¾ Entlastung der Trainingsbelastung zur
Überbelastungsprophylaxe
¾ Ausrichtung aller Massnahmen auf die Entfaltung der
gesamten Persönlichkeit unter ethischen Prinzipien
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Talentprognose
¾ Kriterien der TP (nach Zaciorskij)
9 Vererbungsforschung
9 Stabilitätsuntersuchungen
¾ Prognose der Entwicklung einzelner leistungsrelevanter
Merkmale
9 Negativprognosen (Körperfinalgrösse)
¾ „Bauchgefühl“ der Trainer
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2
Talentsuche
¾ „Schnuppertage“ für Partnervereine i.d. RLZ
¾ „Ferienwochen“ zum Schnuppern
¾ „Kid – Gym“
¾ Kooperationspartnerschaften
9 „Mutter & Kindturnen“
9 Kindergärten
9 Primarschulen
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Spezialisierung
¾ Frühzeitige Spezialisierung ist kontraproduktiv und
führt zu Überbelastungserscheinungen
¾ Vielseitigkeit in einer eventuellen Spezialisierung =
Grundsatz der Trainingseffizienz
¾ Einschränkung einer möglichen Spezialisierung durch
die Vorgaben des intern. Wettkampfreglements
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Erfolg im Spitzensport
¾ Weg zur Ausprägung und vollumfänglichen Entfaltung der
Persönlichkeit
¾ Erziehung zur Selbstständigkeit / Selbstdisziplin /
Organisationsfähigkeit
¾ Willensbildung zur permanenten Verbesserung der
eigenen Fähigkeiten & Fertigkeiten
¾ Medaillen im internationalem Vergleich ist ein
allumfassender, langwährender Prozess über mindestens
18 Jahre der Ausbildung der Besten unter den Geeigneten!
9
3
Einteilung in Sportartgruppen
(Nabatnikova 1982)
¾Zyklische Sportarten
¾Schnellkraftsportarten
¾Sportspiele
¾Kampfsport
¾Koordinativ schwierige Sportarten
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Rahmenbedingungen für den
sportlichen Erfolg
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Struktur des langfristigen Leistungsaufbaus im nationalen
Trainingssystems des Schweizerischen Turnverbandes
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Unser täglich Brot – das
Training
Kalendarisches
Alter
Trainingsumfang in
Wochenstunden
Trainingshäufigkeit
Anzahl X Stunden
1:30
1 x 1:30
7
4:00
2 x 2:00
6:00
3 x 2:00
9:00
3 x 3:00
12:00
4 x 3:00
15:00
5 x 3:00
7
8
9
10
Belastungsadaption
6
11
18:00
6 x 3:00
12
24:00 +
8 x 3:00
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Problemwürdigung der
Stolpersteine im Prozess der
Talentförderung
¾
¾
¾
¾
¾
¾
¾
Ebene Gesellschaft
Ebene Kanton / Gemeinde
Ebene Sportverbände
Ebene Regionale Leistungszentren
Ebene Vereine
Ebene Familie
Ebene AthletIn
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Ebene Gesellschaft
¾ Hochleistungssport – It‘s nice to have, but ……
¾ Mehr Beachtung, Akzeptanz und Anerkennung für den Weg eines
Spitzensportlers/einer Spitzensportlerin
¾ Die besten Trainer/innen gehören in die Nachwuchsförderung.
Schaffung von Anstellungsverhältnissen mit entsprechender
Anerkennung der wertvollen Tätigkeit eines Trainers im
Nachwuchsleistungssport.
¾ Verpflichtung der Wirtschaft auch in die Nachwuchsförderung zu
investieren als Grundlage für spätere Erfolge
¾ Ziel: Nachhaltigkeit und Akzeptanz im Leistungssport durch
Positivwerbung im Bereich Nachwuchsförderung
¾ Auswirkung: Mehr Mitteln im Nachwuchsbereich ermöglicht Ausbau der
Angebote und Mitfinanzierung durch Kantone und Gemeinden
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Ebene Kanton / Gemeinde
¾ Entwicklung sportartübergreifender Beurteilungsraster mit einheitlichen
Kriterien
¾ Abstimmung der Kaderselektionstermine der einzelnen Sportarten auf
Schuljahresbeginn
¾ Erhöhung der Platzzahl an der Sportklasse Sek I des Kantons BL 10
Plätze pro Jahr bei etwa 35 Bewerbungen sind zuwenig
¾ Finden der Geeignetsten für die Sportklassen
¾ Einführung von Sportklassen auf der Primarstufe für technisch
koordinative Sportarten
¾ Optimierung der Regelung für Individuallösungen auf Primarstufe
¾ Vereinheitlichung der kantonalen Ferienregelung
¾ Flexibilisierung der Schulgeldregelung, bei Verschiebung von einem
Kanton in einen anderen für Trainingszwecke
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Ebene Sportverbände
¾ Zusammenarbeit einzelner Sportverbände verstärken,
gegenseitig Ressourcen nutzen, optimieren
¾ Transparenz schaffen bei der Vergabe der Swiss Olympic
Talent Cards regional bzw. national durch klare Kriterien,
Standards und Indikatoren. Unterschiede klären
¾ Flexibilität beim Prozess des langen „Offenhaltens“ der
Förderungsmöglichkeiten für „Geeignete“ mit technisch bzw.
körperlichen Defiziten im Nachwuchsbereich
¾ Bildung von Kooperationspartnerschaften zwischen den
Verbänden beim Ausscheiden eines Athleten/einer Athletin aus
einer Sportart und einer eventuellen Weiterführung der
sportlichen Karriere in einer anderen.
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Ebene Regionale
Leistungszentren
¾ Mittelabhängigkeit über Mitgliedsbeitragszahlungen
9 Trainingsgruppenstärke
9 Konzentration auf das Wesentliche
¾ Abbau des Erfolgsdrucks durch Minderung der Wettkampfhäufigkeit
¾ Förderung der Entwicklung von Vereinen, die eine solide
Basisausbildung anbieten
¾ Weitere Schaffung an Trainer/innenstellen
9 Reduzieren der Mehrfachbelastung der Trainer/innen
¾ Wettkampfdichte im Nachwuchsbereich verringern
9 6 – 8 Wettkampfanlässe im Jahr
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Ebene Vereine
¾ Verstärkung der Zusammenarbeit unter den Vereinen. Synergien
nutzen in den Bereichen Administration, Medizin, Athletenbetreuung
Ehrenamtlichkeit der Sportverantwortlichen im Verein.
¾ Schaffung von möglichst kostengünstigen Angeboten für Mitglieder
¾ Überforderung der Vereine durch die hohen technischen
Anforderungen und den damit verbundenen Zeitaufwand, der gefordert
wird.
¾ Weiterbildung der Vereinsleiter mit dem Ziel höherer Professionalität
und Fachkompetenz.
¾ Schaffung weiterer sportartübergreifender Angebote zur Weiterführung
des Projektes „Talent Eye“ (z.B. „Talent in Motion“) in Kooperation mit
Interessengemeinschaften
¾ Gleichwertigkeit von Wettkampftätigkeit und Trainingstätigkeit
(Wettkampf ist meist Hauptmotivationsfaktor für Vereinstrainer.)
¾ Ausbau der Infrastruktur für die professionelle Grundlagenausbildung
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Ebene Familie
¾ Unterstützung und Ausbildung der Erziehenden im Umgang und der
Begleitung eines Kindes im Leistungssport durch.....?
¾ Schaffung einer Beratungsstelle für Erziehende mit im Leistungssport
engagierten Kindern zu folgenden Fragestellungen:
• Zeitmanagement?
• Transportproblematik?
• Ferienregelung im Leistungssport?
• Finanzielle Belastungen?
• mehreren Kindern und einem Leistungssportkind?
• Abbruch der Sportkarriere und Jetzt??
• Etc.
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Ebene AthletIn
¾
•
•
•
•
Förderlichen Umgang finden mit :
Reizüberflutung durch Umwelteinflüsse
Überangebot in der Freizeitgestaltung
wenig Anerkennung bzw. Status im alltäglichen Umfeld
Ferienregelung im Leistungssport
•
Bereitschaft entwickeln für konzentrierte Tätigkeit in einem
Handlungsfeld, Erfahrung: Gewinn durch Verzicht
Schaffung von professioneller Unterstützung und Hilfestellung
ausserhalb der sportlichen Tätigkeit
•
21
7
Fazit
¾ Der Zeitpunkt der Talenterfassung wird durch die Anforderungen der
jeweiligen Sportart bestimmt. Diese wiederum werden durch die
internationalen Wettkampf- und Technikreglements in ein Korsett
gepresst und müssen diese berücksichtigen.
¾ Talenterfassung im Kunstturnen erfolgt im Alter von 6 – 7 Jahren.
Im anderen Falle ist ein langfristiger, systematischer Aufbau schwer
machbar, führt zu Überbelastungsproblematiken und sollte aus
ethischen Gründen nicht unterstützt werden.
¾ Eine frühzeitige Spezialisierung ist für eine volle Entfaltung der
„Sportpersönlichkeit“ kontraproduktiv und sollte nur unter dem Aspekt
der Vielseitigkeit zum individuell, richtigem Zeitpunkt erfolgen.
¾ Die Rahmenbedingungen für eine systematische Talenterfassung und
Sportförderung haben sich in den letzten Jahren in der Schweiz
verbessert. Jedoch existiert noch grosser Optimierungsbedarf auf
diesen Wege, welchen wir nur gemeinsam meistern werden.
¾ Bedeutung der Zusammenarbeit: Sportlerin-Erziehende-TrainerinSchule?
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