Ernährung bei Diabetes nach Pankreatektomie

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Ernährung bei Diabetes nach Pankreatektomie
Klinik für Ernährungsmedizin
Klinikum rechts der Isar, TU München
Uptown München Campus D
Georg-Brauchle-Ring 60/62 München
Direktor: Univ.-Prof. Dr. Hans Hauner
Ernährungsempfehlungen bei Diabetes mellitus nach
Pankreatektomie
Ein Diabetes, der nach Pankreasschwanzresektion oder nach totaler Pankreatektomie sekundär entsteht, wird auch als pankreopriver Diabetes oder Diabetes vom
Typ 3c bezeichnet.
Der pankreoprive Diabetes ist durch einen totalen Insulinmangel, einen niedrigen
Insulinbedarf und stark schwankende Blutzuckerwerte gekennzeichnet.
Es besteht verstärkt die Neigung zur Unterzuckerung (Hypoglykämie).
Um das Ziel normaler Blutzuckerwerte zu erreichen (normale Blutzuckerwerte liegen
zwischen 60 mg/dl -140 mg/dl) – müssen Enzymsubstitution, Blutzuckerselbstkontrolle, die Berechnung kohlenhydrathaltiger Lebensmittel und die Insulingabe
optimal aufeinander abgestimmt werden.
Da häufig die Essensportionen aufgrund der veränderten Appetit- und Sättigungsregulation unterschiedlich groß ausfallen, ist ein flexibles Insulinregime von Vorteil.
Die Insulindosis wird hier der Mahlzeitenfrequenz und dem Kohlenhydratgehalt der
Mahlzeiten je nach Ernährungsgewohnheiten angepasst.
Die wichtigste diätetische Maßnahme in der Diabetestherapie nach Pankreatektomie
ist demnach die Kohlenhydratzufuhr mit dem Insulinbedarf in Einklang zu bringen.
Was muss ich über Kohlenhydrate wissen?
Kohlenhydrate zählen zu den Grundnährstoffen und sind für den Körper der wichtigste Brennstoff. Kohlenhydrathaltige Lebensmittel dienen unserem Körper nicht nur
als Energielieferant, sondern auch als wichtige Träger von Vitaminen, Mineralstoffen
und vor allem Ballaststoffen. Sie sollten ungefähr die Hälfte der gesamten Energiezufuhr ausmachen.
Kohlenhydrate sind Stärke, Milchzucker (=Laktose), Fruchtzucker (=Fruktose) und
Haushaltszucker (=Saccharose).
Lebensmittel, die Kohlenhydrate enthalten:
Getreideprodukte (Stärke)
Kartoffeln, Hülsenfrüchte (Stärke)
Milch und Milchprodukte (Milchzucker)
Obst (Fruchtzucker)
Zucker, Honig, zuckerhaltige Lebensmittel (Haushaltszucker)
Alle Kohlenhydrate werden im Körper zu Zucker (Glukose) umgewandelt und im Blut
zu den einzelnen Organen transportiert (=Blutzuckeranstieg). Dabei lassen stärke-,
milchzucker- und ballaststoffhaltige Lebensmittel den Blutzucker langsamer
ansteigen als Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel.
Um Lebensmittel besser gegeneinander austauschen zu können, hat man
Maßeinheiten für Kohlenhydrate entwickelt:
BE
KE
= Berechnungseinheit (entspricht der früheren Broteinheit)
= Kohlenhydrateinheit
Eine BE bzw. KE entspricht 10 bis 12g Kohlenhydraten.
Fettreiche und eiweißreiche Lebensmittel (Fette, Wurst, Fleisch, Fisch, Geflügel,
Eier, Käse) sowie Hülsenfrüchte und die meisten Gemüse und Salate enthalten keine
oder nur geringe Mengen an Kohlenhydraten, die den Blutzucker nicht ansteigen
lassen.
Bei der Auswahl kohlenhydrathaltiger Lebensmittel muss deren Verträglichkeit
beachtet werden.
Vor allem nach einer Operation werden ballaststoffreiche Lebensmittel und blähende
Gemüsesorten schlecht vertragen.
Es sollten die Empfehlungen einer leichten Vollkost Anwendung finden.
Die leichte Vollkost meidet Lebensmittel und Speisen, die erfahrungsgemäß zu
Unverträglichkeiten führen, wie z.B. Hülsenfrüchte, Gurkensalat, Pilze, Kohlsorten,
frisch gebackenes Brot, frittierte Speisen, stark Gebratenes, scharf Gewürztes, sehr
säurehaltige Lebensmittel und kohlensäurehaltige Getränke.
Auch frisches Obst (außer Banane), frische Salate, Rohkost, Tomaten, Blumenkohl,
Erbsen und grüne Bohnen können nach der Operation noch unverträglich sein.
Süßes für Diabetiker
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Speisen und Getränke zu süßen:
a) Zucker: Eine Einschränkung des Zuckerverbrauchs ist sinnvoll, ein völliger
Verzicht nicht erforderlich. Zucker kann in “verpackter Form”, z.B. als Kuchen,
Eis oder Schokolade verzehrt werden. Getränke sollten wegen der stark
blutzuckersteigernden Wirkung nicht mit Zucker gesüßt werden.
b) Süßstoffe: Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Acesulfam K, Neohesperidin
Thaumatin usw.
Süßstoffe sind kohlenhydrat- und kalorienfrei. Sie werden in flüssiger Form oder
als Tabletten angeboten.
Süßstoffe können in üblicher Dosierung bedenkenlos konsumiert werden. Sie
sind erwiesenermaßen nicht krebserregend.
c) Zuckeraustauschstoffe: Fruchtzucker, Sorbit, Isomalt, etc.
Zuckeraustauschstoffe bieten im Vergleich zu Zucker keine Vorteile und sollten
nicht verwendet werden.
Sie haben außerdem häufig eine abführende und/oder blähende Wirkung.
Darf ich Alkohol trinken?
Alkohol stört die Arbeit der Leber. Nach Alkoholkonsum ist die Zuckerfreisetzung
aus der Leber behindert. Deshalb kann es unter Umständen zu schweren Unterzuckerungen kommen. Aufgrund der Grunderkrankung ist von Alkoholgenuss
abzuraten. Im Zweifelsfall fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Wie viele Mahlzeiten soll ich essen?
Mehrere kleine Mahlzeiten lassen den Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigen, als
wenige große Mahlzeiten. Zugunsten eines ausgeglichenen Blutzuckerprofils sollte
das Essen daher auf mindestens sechs Mahlzeiten verteilt werden.
Die Spätmahlzeit sollte eine „Sicherung“ für die Nacht darstellen. Hier sind
Lebensmittel zu bevorzugen, die den Blutzucker langsam ansteigen lassen, z.B.
(Vollkorn-) Brot mit Butter und Belag, dazu je nach Verträglichkeit etwas Rohkost.
Eine andere Alternative ist Milch, bzw. Milch in Verbindung mit Vollkornprodukten
(Brot, Haferflocken, etc.)
Bitter beachten Sie:
Von enormer Wichtigkeit ist die bedarfsangepasste Enzymdosierung. Wird Insulin für
eine Mahlzeit gespritzt und die Enzyme werden vergessen oder zu niedrig dosiert, so
kann es zu schweren Unterzuckerungen kommen, da die Kohlenhydrate nicht
entsprechend vom Körper aufgenommen werden.
Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V.
Bundesgeschäftsstelle
Haus der Krebs-Selbsthilfe
53111 Bonn
Stand: Mai 2011