Odysseus kam bis Ithaka Chaos entpuppt sich als Kreativität
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Odysseus kam bis Ithaka Chaos entpuppt sich als Kreativität
Odysseus kam bis Ithaka Chaos entpuppt sich als Kreativität Wo geht es lang? Wo kommen wir an? Wenn Odysseus das immer gewusst hätte, wäre die Welt um einige Abenteuergeschichten ärmer. Manchmal muss man sich eben mit ungewissem Ausgang in ein Abenteuer stürzen. Dafür braucht es Mut – auch von Schüler/-innen. Künstlerische Sparte: Tanz, Theater (Objekt- und Bewegungstheater), Musik (Stomp/Percussion) Kultureller Partner: AGORA Kulturzentrum, in der Trägerschaft der Griechischen Gemeinde Castrop-Rauxel e.V. Schulischer Partner: Martin-Luther-King-Schule, CastropRauxel (Förderschule mit Schwerpunkt Lernen) Teilnehmer/innen: 9 bis 15 Schüler/-innen der Oberstufe der Martin-Luther-King-Schule, zwischen 14 und 16 Jahre alt Mitarbeiter/innen: eine Theaterpädagogin, ein Musiker, der als Sozial- und Theaterpädagoge arbeitet, eine Förderschullehrerin Ort: Castrop-Rauxel, Nordrhein-Westfalen Kontakt: AGORA Interkulturelles Kultur- und Begegnungszentrum Zechenstr. 2 a, 44581 Castrop-Rauxel Ansprechpartnerin: Erika Römer [email protected] agora-kulturzentrum.de Mut fassen Wenn man aus der Haustür tritt, kann es einen jederzeit erwischen: das Abenteuer. Wenn man die sicheren Gefilde seiner Schule verlässt, um so mehr. Dabei fing alles ganz harmlos an: Mit Tanz- und Theaterworkshops von Künstlern des Kulturzentrums AGORA an der Martin-Luther-King-Schule in Castrop-Rauxel. Dann wollten alle mehr, und es entstand eine Kulturpartnerschaft für ein ganzjähriges interdisziplinäres Projekt für Schüler/innen der 5.–9. Klassen. Über den Mythos vom griechischen Helden Odysseus sollte das Thema "Wanderung und Migration" auf die Bühne gebracht werden. Die Martin-Luther-King-Schule besuchen 160 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das für seine Integrationsarbeit mehrfach ausgezeichnete Kulturzentrum AGORA ist ein seit den 1980er-Jahren bestehendes Kultur- und Begegnungszentrum in Trägerschaft der Griechischen Gemeinde Castrop-Rauxel e.V. Gegründet wurde das Zentrum als Begegnungsstätte im Ruhrgebiet lebender Griechinnen und Griechen. Innere Hemm-Schwellen überwinden Wie soll man mit der Schule auf die Bühne gehen, wenn man sich dafür schämt, Teil von ihr zusein? Das war die erste und die letzte Frage, die sich den Kulturpartnern stellte. Die Künstler/-innen von AGORA wiesen hier den Weg: Experimentieren, Improvisieren, Entdecken. Im Vordergrund standen zunächst hauptsächlich nonverbale künstlerische Formen und Gestaltungsmittel aus dem Bewegungs- und Objekttheater, Stomp-Elemente und Percussion. In diesem Aneignungsprozess entwickelten die Jugendlichen schrittweise die Bilder der Bühnengeschichte. Nur so war es möglich, dass die Teilnehmenden nicht nur alle eine eigene Rolle fanden, sondern auch ihr bevorzugtes ästhetisches Ausdrucksmittel wählen konnten. Flexibel dem Ziel entgegen Textarbeit, auswendig lernen, Betonung üben - das ist nix für Jungs - beschlossen die Schüler des Projektes. Und nun? Odysseus ohne Mannen? Nein. Das Anderssein zulassen und ernten. Siehe da: Die Jungs improvisierten freie Sprechrollen, dichteten einen Rap und fanden ihre Sprache in der Musik, mit Beatbox, Geräuschen und Percussion. Daneben probten die Mädchen immer mehr Text aus Ad de Bonts „Odyssee“, nach der Methode „Sprechen mit Bewegung und Rhythmus“. Je mehr Raum die Jugendlichen erhielten, für eigene Arbeitszeitstruktur, eigene Vorgaben, Experimente und die Auswahl der künstlerischen Medien, desto ausdauernder, © Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. 2 kreativer, konzentrierter, ehrgeiziger und engagierter, wurden sie. Auch was das Gesamtprojekt betrifft. Die beteiligte Förderlehrerin, Jasmin Piels, bringt es so auf den Punkt: „Künstler/-innen schaffen neue und unkonventionelle Freiräume. Sie sehen die Schüler/-innen mit ganz anderen Augen, völlig wertneutral, ohne schulische Biografien. Das, was wir in der Schule als auffälliges, schwieriges Verhalten deuten, bekommt in der Zusammenarbeit mit den Kulturpartnern eine ganz andere Wertigkeit und Dimension. Und das merken auch die Schüler/-innen. Sie werden anders wahrgenommen. Dieser wertneutrale Freiraum fördert Talente und Potenziale. Die Schüler/-innen sehen sich und andere mit anderen Augen und aus einem anderen Blickwinkel.“ Vom Inkognito auf die große Bühne Odysseus kam bis Ithaka – und das Stück in Castrop-Rauxel zur Aufführung. Über Selbsterprobung, die Möglichkeit eigene Wege zu finden und Bestätigung, Bestätigung, Bestätigung... schafften es die beteiligten Künstler/-innen, das Blatt zu wenden. Die Schüler/-innen entschieden sich für das Stück und die Aufführung. Der Probelauf auf der Weihnachtsfeier brachte noch mehr Selbstvertrauen. Der Damm brach, und es gab eine schulinterne Vorstellung, eine öffentliche Aufführung im Studio des Westfälischen Landestheaters und eine Präsentation mit Ausschnitten beim Theaterfestival der Förderschulen NRW. Da standen Schüler/-innen mit einem Schulprojekt auf der Bühne, die zuvor noch nicht mal in einem Pressebeitrag über die Schule erwähnt werden wollten. Zukunftsweisend! © Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. 3