Baurecht Nachbarschäden – Haftung des Bauunternehmers

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Baurecht Nachbarschäden – Haftung des Bauunternehmers
Baurecht
Nachbarschäden – Haftung des Bauunternehmers?
(Urteil BGH vom 16.07.2010, V ZR 217/09)
Kommt es im Rahmen von Bauarbeiten an einem Nachbarhaus zu Rissbildungen, so
ist der Bauunternehmer nicht zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens
verpflichtet, soweit ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit hinsichtlich der zu
beachtenden Sorgfaltsanforderungen (bspw. Einhaltung der Grenzwerte der DIN
4150–Erschütterung im Bauwesen) zur Last gelegt werden können. Der
nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch richtet sich vielmehr regelmäßig gegen den
Bauherrn als Eigentümer des Grundstücks, von dem die Störungen ausgehen. Eine
weitergehende verschuldensunabhängige Haftung des Bauunternehmers für
Nachbarschäden wird abgelehnt. Der Bauunternehmer steht außerhalb des
nachbarschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Dessen Haftung kann nur
dann in Frage kommen, wenn er mit dem Bauherrn gesamtschuldnerisch haftet,
soweit er zumindest fahrlässig den Schaden verursacht hat.
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Keine isolierte Sicherheitsklage ohne Vorleistungsrisiko?
(Urteil LG Hamburg vom 16.07.2010, 325 O 469/09)
Nach dieser Entscheidung steht dem Auftragnehmer ein Wahlrecht gem. § 648 a
BGB zu, ob er den Vertrag fortsetzt und sich auf sein Leistungsverweigerungsrecht
beruft und ggf. zugleich die ausstehende Sicherheit einklagt oder den Vertrag
kündigt. Entscheidet er sich für die Kündigung, besteht keine Vorleistungspflicht
seinerseits mehr, so dass auch keine § 648 a-Sicherheit mehr verlangt werden kann.
Ausnahmsweise kann diese auch im Fall der Kündigung dann verlangt werden, wenn
der Auftraggeber nach der Kündigung Mängelbeseitigung fordert. In diesem Fall
kann der Auftragnehmer für die geforderten Leistungen eine § 648 a-Sicherheit
verlangen. Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Auftragnehmer nach
erfolgloser Fristsetzung für die Einreichung der § 648 a- Bürgschaft den Vertrag
beendet und Schlussrechnung gestellt. Der ausstehende Werklohn wurde mit einer
Zahlungsklage geltend gemacht und gleichzeitig die bereits ursprünglich geforderte §
648 a-Sicherheit eingeklagt. Jedoch bestand hier ja keine Vorleistungspflicht mehr,
so dass die Sicherheit nicht mehr verlangt werden konnte.
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Schadenersatz wegen Baumangel?
(Urteil BGH vom 22.07.2010, VII ZR 176/09)
Seitens des BGH wurden neue Grundsätze aufgestellt, nach denen ein
Schadenersatzanspruch wegen eines Baumangels zu berechnen ist. Streitig war im
zugrundeliegenden Verfahren, ob der Kläger als Schadenersatz, über den er frei
verfügen kann und nicht zur Mängelbeseitigung verwenden muss, auch die
Umsatzsteuer auf den Betrag verlangen kann, wenn die Mängel noch nicht beseitigt
sind. Der entscheidende Senat war hierbei der Ansicht, dass in Abkehr von der
bisherigen
Rechtsprechung
die
Umsatzsteuer
auf
voraussichtliche
Mängelbeseitigungsaufwendungen nicht als Schadenersatz verlangt werden kann.
Dies wird im Lichte der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB so
gesehen, die zwar auf Schadenersatzansprüche im Werkvertragsrecht nicht
anwendbar ist, jedoch eine gesetzliche Wertung für vergleichbare Fälle enthält.
Außerdem wird der Auftraggeber ausreichend dadurch geschützt, dass er einen auch
die Umsatzsteuer umfassenden Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB
geltend machen kann, den er allerdings dann auch zur Mängelbeseitigung
verwenden muss.
Steuerrecht
Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Angehörige?
(Urteil BFH vom 05.05.2010, VI R 5/09 und VI R 29/09)
Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung von
Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte/Ehegatten modifiziert. Nach
der alten Rechtslage waren Unterhaltsaufwendungen nur dann steuerlich abziehbar,
wenn die unterhaltende Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich
unterhaltsberechtigt ist. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise konnte
die Bedürftigkeit der unterstützten Person dem Grunde nach unterstellt werden.
Diese Rechtsprechung hat der BFH aufgegeben und entschieden, dass die
Bedürftigkeit der unterhaltenden Person jeweils konkret zu bestimmen ist und nicht
unterstellt werden kann. Bei der danach erforderlichen konkreten Betrachtungsweise
sei auch zu berücksichtigen, dass für volljährige Kinder eine generelle
Erwerbsobliegenheit bestehe. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen
Erwerbstätigkeiten könnten deshalb der Bedürftigkeit entgegen stehen, falls eine
Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Ebenfalls entschieden wurde, dass bei als
außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im
Ausland lebende Ehefrau weder die Bedürftigkeit noch die Erwerbsobliegenheit zu
prüfen sei. Der Ehegattenunterhalt werde zivilrechtlich auch jenseits der Bedürftigkeit
geschuldet
Tank- und Geschenkgutschein des Arbeitgebers – steuerbefreiter Sachlohn?
(Urteil BFH vom 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10)
Vorliegend hatte der BFH anlässlich der Frage der einkommensteuerrechtlichen
Behandlung von Tankkarten, Tankgutscheinen und Geschenkgutscheinen zu der
Unterscheidung von Barlohn oder bis zu 44,00 € steuerfreiem Sachlohn zu
entscheiden. Arbeitgeber hatten ihren Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, auf ihre
Kosten gegen Vorlage einer Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem
Maximalbetrag von 44,00 € monatlich zu tanken oder durften mit vom Arbeitgeber
ausgestellten Gutscheinen bei einer Tankstelle ihrer Wahl 30 Liter Treibstoff tanken
uns sich die Kosten dann erstatten lassen. Die Arbeitgeber betrachteten dies als
lohnsteuerfreien Sachlohn, die Finanzämter waren von nicht steuerfreiem Barlohn
ausgegangen, was zu Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheiden führte.
Der BFH beurteilt die Frage nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, welche Leistung
kann der Arbeitnehmer aufgrund Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber beanspruchen. Es
liegen dann Sachbezüge vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den
Arbeitnehmer mit der Auflage verbinde, den empfangenen Geldbetrag nur in
bestimmter Weise zu verwenden. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber zur Erfüllung
des Anspruchs selbst tätig werde oder dem Arbeitnehmer gestatte, auf seine Kosten
die Sachen bei einem Dritten zu erwerben. Seine bisherige Rechtsprechung hat der
BFH ausdrücklich aufgegeben.
Arbeitsrecht
Schwerbehinderung – Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers?
(Urteil LAG Schleswig-Holstein vom 06.07.2010, 1 Sa 403 e/09,
Revision läuft beim BAG unter 2 AZR 463/10)
Weiß der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderteneigenschaft oder einem
Neuantrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung, so muss der
schwerbehinderte Arbeitnehmer diesen Umstand innerhalb von drei Wochen nach
Erhalt einer Kündigung mitteilen. Vorliegend war der Arbeitnehmerin bereits früher
ein Grad der Behinderung von 40 zuerkannt worden, was aber dem Arbeitgeber nicht
bekannt war. Während laufender Verhandlungen zu einem Interessenausgleich
stellte die Arbeitnehmerin einen neuen Antrag auf Anerkennung als
Schwerbehinderte, welches sie wiederum nicht mitteilte. Erstmals mit der
Kündigungsschutzklage, die zwar rechtzeitig bei Gericht einging, aber dem
Arbeitgeber erst vier Wochen nach Ausspruch der Kündigung zugestellt wurde,
wurde diesem der Umstand zum ersten Mal bekannt gegeben.
Die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen mit der Begründung, die
Arbeitnehmerin habe hier ihrem Arbeitgeber die Mitteilung von der beantragten
Schwerbehinderteneigenschaft zu spät gemacht. Damit sei die Arbeitnehmerin mit
der Einwendung des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte und damit
zusammenhängender Auswahlfehler ausgeschlossen.
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Teilzeitbeschäftigung – Arbeitspflicht am Nachmittag?
(Urteil LAG Schleswig-Holstein vom 15.12.2010, 3 SaGa 14/10)
Unter Umständen muss einem Teilzeitwunsch such dann stattgegeben werden, wenn
die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit dazu führt, dass nicht im betriebsüblichen
Wechsel in Vormittags- und Nachmittagsschicht gearbeitet wird. Vorliegend hatte die
Arbeitnehmerin, deren Kind für drei Tage pro Woche einen Kindertagesstättenplatz
erhalten hatte, ihren Teilzeitwunsch auf den Zeitraum 3 mal pro Woche von 9 bis
14:30 Uhr mündlich sowie schriftlich dem Arbeitgeber mitgeteilt. Dieser darf nicht mit
dem bloßen Hinweis ablehnen, im Betrieb müssten alle Beschäftigten, auch die in
Teilzeit, im Schichtbetrieb arbeiten und daher in der Nachmittagsschicht bis
mindestens 18:00 Uhr arbeiten. Es wird vom Arbeitgeber verlangt, konkrete
Umstände anzuführen und zu beweisen, inwiefern die gewünschte zeitliche Lage der
Arbeit nicht durch zumutbare Änderung in den Betriebsabläufen ermöglicht werden
könne.
Miet- und Immobilienrecht
Zurückbehaltungsrecht an der Miete – Schimmel?
(Urteil BGH vom 03.11.2010, VIII ZR 330/09)
Hat der Vermieter keine Kenntnis vom Mangel der Wohnung, kann der Mieter ein
Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen, die fällig werden,
nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat. Der Vermieter kann
ohne Anzeige des Mangels durch den Mieter keine Abhilfe schaffen. Das
Zurückbehaltungsrecht kann nach Ansicht des Gerichts nur dann sinnvoll ausgeübt
werden, wenn der Vermieter den Mangel kennt. Kennt der Vermieter den Mangel
bereits, so wird in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die unterlassene
Mängelanzeige nicht zum Verlust der Gewährleistungsrechte führt; für das
Zurückbehaltungsrecht könne nichts anderes gelten.
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Farbauswahl bei Wohnungsrückgabe?
(Beschluss BGH vom 14.12.2010, VIII ZR 198/10)
Eine Renovierungsklausel im Mietvertrag darf den Mieter nicht unangemessen
benachteiligen. Eine Farbauswahlklausel ist angemessen, wenn sie nur zum
Rückgabezeitpunkt gilt und einen Spielraum bei der Farbwahl lässt. Vorliegend war
laut Mietvertrag zum Rückgabezeitpunkt die Wohnung in weißem Anstrich zu
übergeben. Nach Ansicht des Gerichts beschränkt die Einengung auf eine einzige
Farbe den Mieter und benachteiligt ihn unangemessen. Es liege zwar im berechtigten
Interesse des Vermieters, die Wohnung in einem Dekorationszustand
zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises
entspreche und eine rasche Weitervermietung ermögliche. Dieses Interesse
erfordere es aber nicht, den Mieter für den Auszugszeitpunkt zwingend auf einen
weißen Anstrich festzulegen. Anderenfalls könnte der Mieter aus wirtschaftlichen
Erwägungen gezwungen sein, schon während der Mietzeit eine Dekoration nur in der
Farbe „weiß“ vorzunehmen, um nicht beim Auszug nur wegen der farblichen
Gestaltung eine sonst noch nicht erforderliche Renovierung vornehmen zu müssen.
Onlinerecht
Umsatzsteuerpflicht von „Privatverkäufern“ bei eBay?
(Urteil FG Baden-Württemberg vom 22.09.2010, 1 K 3016/08)
Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Verkäufer einer privaten Auktion auf der
Internet-Plattform „eBay“ zur Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet. Vorliegend
hat ein Privatanbieter über einen Zeitraum von 3 ½ Jahren mehr als 1200
Gebrauchsgegenstände versteigert, hierbei zwischen 20.000 € bis 30.000 € jährlich
erzielt. Nach Ansicht des Gerichts lag er dabei erheblich über dem Grenzbetrag, bis
zu dem bei Anwendung der sogenannten Kleinunternehmerregelung (§19 UStG) im
Regelfall keine Umsatzsteuer anfällt (jetzt: 17.500 €). Die verkauften Gegenstände
waren – ohne Absicht des späteren Wiederverkaufs – über eine langen Zeitraum
hinweg aus Sammlerleidenschaft erworben worden. Das entscheidende Gericht hat
hier die Besteuerung der Verkäufe als zutreffend angesehen, denn der Verkäufer sei
als Unternehmer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG anzusehen, denn es handele sich um
eine nachhaltige Betätigung durch die derart intensive und auf Langfristigkeit
angelegte Verkaufstätigkeit. Diese sei mit erheblicher Intensität betrieben und habe
einen nicht unerheblichen Organisationsaufwand erfordert.
Verkehrsrecht
Wildunfall – richtiges Verhalten?
(Urteil LG Saarbrücken vom 09.04.2010, 13 S 219/09)
Wird ein Reh angefahren, soll sich der Fahrer vergewissern, dass keine Gefahr mehr
für den nachfolgenden Verkehr besteht. Er muss anhalten und prüfen, ob das Tier tot
ist, es darf nicht auf der Straße liegen und damit eine Gefahr für den nachfolgenden
Verkehr darstellen. Allerdings haften auch die Verursacher von Folgeunfällen, wenn
sie gegen das Sichtfahrgebot verstoßen.
Winterreifenpflicht?
(BMVBS – Pressemitteilung vom 26.11.2010)
Ab dem 04.12.2010 besteht nach einer Änderung der Straßenverkehrsordnung, dass
bei bestimmten Wetterverhältnissen nur mit Winterreifen gefahren werden darf. Eine
Erhöhung der Bußgelder (40 € bei Fahren ohne entsprechende Bereifung bzw. bei
Behinderung
anderer
Verkehrsteilnehmer
80
€
+
1
Punkte
im
Verkehrszentralregister) soll die Einhaltung der Vorschrift garantieren. Nach § 2 Abs.
3 a StVO gilt für Auto- und Lkw-Fahrer danach, dass bei Glatteis, Schneeglätte,
Schneematsch, Eis- oder Reifglätte winterliche Wetterverhältnisse herrschen, die den
Einsatz von Winterreifen, M+S-Reifen oder Ganzjahresreifen erfordern. Einen
festgelegten Zeitraum hingegen wird es nicht geben, da hierfür die
Wetterverhältnisse in Deutschland zu unterschiedlich sind. Schwere Nutzfahrzeuge
müssen auf den Antriebsachsen Winterreifen aufziehen.
Europaweite Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen?
(Pressemitteilung BMJ vom 27.10.2010)
Nunmehr wurde der europäische Rahmenbeschluss 2005/214/JI vom 24.02.2005
umgesetzt durch das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen „IRG“.
D.h. Entscheidungen anderer EU-Mitgliedsstaaten, die nach dem 27.10.2010
erlassen oder rechtskräftig wurden, über die Verhängung von Geldstrafen und –
bußen einschließlich der Verfahrenskosten, Entschädigung für das Opfer und
Geldauflagen sind jetzt grundsätzlich anzuerkennen und in Deutschland zu
vollstrecken. Dies gilt für gerichtliche und behördliche Entscheidungen, für letztere
nur dann, wenn sie vor einem auch für Strafsachen zuständigen Gericht angefochten
werden könnten. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) muss die Vollstreckung
insbesondere ablehnen, wenn
- die verhängte Geldsanktion einen Betrag von 70,00 € nicht erreicht,
- die betroffenen Person wegen der Tat im Inland verfolgt und gegen sie bereits
eine verfahrensabschließende Entscheidung ergangen ist,
- für die der Entscheidung zugrundeliegende Tat auch die deutsche
Gerichtsbarkeit gegeben ist, die Vollstreckung bereits verjährt ist
- die betroffene Person strafunmündig ist,
- die betroffene Person nicht über ihre Möglichkeiten zur Anfechtung und
bestehende Fristen informiert wurde,
- bei Abwesenheitsurteilen die betroffene Person nicht die Möglichkeit zur
Äußerungen in einem mündlichen Termin hatte,
- die betroffene Person in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit
hatte einzuwenden, für die der Entscheidung zugrunde liegende Haftung nicht
verantwortlich zu sein.
Fälle der sogenannten Halterhaftung werden grundsätzlich nicht vollstreckt. Soll eine
Sanktion vollstreckt werden, ohne dass es auf ihr Verschulden ankam, so muss das
BfJ das ausländische Ersuchen zurückweisen. Die betroffene Person muss dem BfJ
jedoch mitteilen, dass sie nicht verantwortlich ist, weil ein Fall der Kfz-Halterhaftung
vorliegt.
Gegen den Bewilligungsbescheid des BfJ kann der Betroffene innerhalb von 2
Wochen Einspruch einlegen. Wurde dem Betroffenen oder dessen Rechtsbeistand
vor Ausspruch der ausländischen Sanktion weder schriftlich noch mündlich Gehör
gewährt, scheidet die Vollstreckung der Geldsanktion in Deutschland aus.
Familien- und Erbrecht
Ausbildungsunterhalt nach Abbruch des Studiums?
(Beschluss OLG Naumburg vom 12.01.2010, 8 WF 274/09)
Bricht das Kind ein angetretenes Studium nach dem zweiten Semester ab, da es
nicht seinen Neigungen entspricht, sucht im Anschluss daran über den Zeitraum von
weiteren zehn Monaten einen Ausbildungsplatz, haben die Eltern auch für den
Zeitraum der Suche Unterhalt zu gewähren. Grundsätzlich außer Frage steht hierbei,
dass der Abbruch des Studiums angesichts der dem Kind zuzubilligenden
Orientierungsphase nicht zu beanstanden ist. Zudem hat sich im entschiedenen Fall
das Kind stetig bemüht, einen Ausbildungsplatz in dem von ihm ins Auge gefassten
Berufsfeld zu finden, so dass hier die Ausbildungsobliegenheit nicht verletzt wurde.
Anders ist zu urteilen, wenn es sich um einen sogenannten „numerus-clausus“-Fall
handelt, und das Kind in der Wartezeit auf den Studienplatz keinerlei Bemühungen
zeigt, sich berufswunschbezogenes Wissen anderweitig anzueignen; in diesem Fall
würde kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §1610 Abs. 2 BGB bestehen.
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Auswanderung eines Elternteils – Verbleib der Trennungskinder?
(Beschluss OLG Hamm vom 15.11.2010, 8 WF 240/10)
Vorliegend hatte sich das Gericht mit der Frage zu befassen, ob für das Kindeswohl
eine Auswanderung mit dem Elternteil oder der Verbleib bei dem weiter im Inland
ansässigen Elternteil die bessere Lösung sei. Die sorgeberechtigte Mutter
beabsichtigte, mit den beiden Kindern und dem neuen Lebenspartner eine
mehrmonatige Segelreise zu unternehmen und sich dann auf einer griechischen
Insel niederzulassen; dort sollten die Kinder eine Schule besuchen. Das Gericht hat
in seiner Abwägung das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem ebenfalls
sorgeberechtigten Vater im Rahmen der einstweiligen Anordnung übertragen, bevor
durch die beabsichtigte Übersiedlung Tatsachen festgeschrieben würden, die im
Hauptsacheverfahren nicht oder nur schwerlich umkehrbar seien. Es wird hier davon
ausgegangen, dass eine gefestigte Lebenssituation der Kinder bei der Mutter auf der
Insel nicht bestehe. Mit einem Wechsel an den Wohnsitz des Vaters sind nach
Auffassung des Gerichts weniger Veränderungen für die Kinder verbunden, da ihnen
das deutsche Schulsystem vertraut sei und sie Deutsch als Muttersprache
beherrschen.
Insolvenzrecht
Leistung nach Kenntniserlangung der Insolvenz?
(Urteil BGH vom 16.07.2009, IX ZR 118/08)
Schickt ein Versicherer zur Regulierung eines Schadensfalles einen Scheck und wird
dem Versicherer einen Monat später mitgeteilt, dass über das Vermögen des
Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Scheck wurde
fünf Tage nach dieser Mitteilung vom Versicherungsnehmer eingelöst. Der
Insolvenzverwalter
verlangte
daraufhin
nochmalige
Zahlung
der
Versicherungssumme. Nach § 82 InsO ist eine befreiende Leistung an den
Insolvenzschuldner nur dann möglich, wenn der Zahlende zur Zeit der Leistung die
Eröffnung des Verfahrens nicht kannte. Vorliegend hätte der Versicherer den Scheck
nach Kenntnis vom Insolvenzverfahren jedoch noch sperren lassen können. Die
spätere Einlösung stellt daher keine befreiende Leistung dar, der Insolvenzverwalter
konnte die Leistung nochmals fordern. Hiernach entsteht für Geschäftspartner
insolvenzbedrohter Unternehmen das Risiko von Doppelleistungen erheblich an.
Abschluss eines Mietvertrages nach Insolvenzeröffnung?
(Beschluss OLG Düsseldorf vom 24.06.2010, 24 U 210/09)
Der Insolvenzschuldner ist nicht gehindert, durch den Abschluss von Verträgen (hier
Mietvertrag über Gaststätte mit Betriebswohnung) neue Verbindlichkeiten zu
begründen, für die er mit dem insolvenzfreien Vermögen einzustehen hat. Vorliegend
hatte der Insolvenzverwalter den Mietvertrag ebenfalls unterzeichnet; dessen
Haftung dürfte hinsichtlich der seitens des Vermieters erhobenen Zahlungsklage
wegen rückständiger Miete und Nutzungsentschädigung nach fristloser Kündigung
allerdings auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sein. Im
Verfahren wurde darüber hinaus noch festgestellt, dass die Klausel im Mietvertrag,
wonach sich der Mieter – dieser hatte sich auf Mietminderung wegen beanstandeter
Mängel berufen, befand sich allerdings mit Mietzahlungen im Rückstand - nur auf
eine Mietminderung berufen dürfe, wenn er sich mit Mietzahlungen nicht im
Rückstand befinde, nicht zu beanstanden sei. Letztendlich wurde der Klage des
Vermieters stattgegeben, auch mit dem Hinweis, dass sich nur derjenige auf ein
Zurückbehaltungsrecht berufen dürfe, der sich selbst vertragsgetreu verhalten habe.