Von der Vorstellung, wie (m)eine Traumfrau ist – Leonhardt
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Von der Vorstellung, wie (m)eine Traumfrau ist – Leonhardt
Walter Leonhardt, Veröffentlichungsdatum: 02.02.2016 Von der Vorstellung, wie (m)eine Traumfrau ist Menschen sind unentwegt damit beschäftigt, auf der Suche nach ihrem Traummann oder der Traumfrau zu sein. Dabei können nur die wenigsten überhaupt ihre Vorstellung bestimmen, sich selber oder gar anderen sagen, wie Traumfrau oder Traumfrau überhaupt beschaffen sind. Die genannten Vorstellungen sind ähnlich präzise wie der Schuss aus einer Schrotflinte, sodass theoretisch ein jeder zwischen Adolf Hitler und Mister Jesus als Traummann infrage kommen kann. Damit man etwas finden kann, bedarf es meist der Sucherei. Um diese aber zumindest ansatzweise erfolgversprechend zu gestalten, sollte man zumindest über sich selbst schon mal wissen, wer man ist und wonach man daher in Bezug auf sich selbst auf der Suche ist. Also fragte ich mich, wer ich bin und was ich mir unter “(m)einer Traumfrau” vorstelle. Was sind das für Eigenschaften, die für mich unersetzlich sind? Traumfrau Die Traumfrau muss intelligent sein, aber sie muss eine Art von Intelligenz besitzen, die für meine Art von Denken ergänzend zu nennen ist. Sie muss vom Grundansatz her eine Wissenschaftlerin sein, ein Bücherbiest, das mir auf intellektuellem Niveau Paroli bieten kann. Sie muss aufgrund ihres Wissens abstrakt gesagt ihr Geld “verdienen können” und mich vom Gefühl entbinden, in der substituierenden Rolle eines fürsorgenden Vaters gefangen zu sein. Schönheit ist vergänglich, Verstand ist es aber nicht. Nimmt man dem Schönen alles weg, ist er hässlich, nimmt man dem Reichen alles weg ist er arm, nimmt man dem Weisen alles weg, ist er weise – und letzteres sollte der Anspruch sein, den meine Traumfrau aus eigenem Antrieb entgegen streben muss. Muss sie demnach weise sein? Nein, aber sie muss zeitgleich die Zuversicht besitzen, das Unmögliche zu probieren und verzweifelt genug sein zu wissen, dass niemand niemals weise sein wird. „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ muss ihr lebenslanger Ansporn sein. Dieser muss sie einerseits belasten, ihr andererseits aber auch Befriedigung verschaffen, denn egal wie gut man sein wird, man wird zwar besser als andere, aber niemals besser als das eigentlich mögliche sein. Dieses Wissen wird sie mit Demut gegenüber dem Leben der anderen erfüllen, denn nichts macht demütiger als zu erkennen, um wieviel besser selbst zu werden für Dich eigent1 Walter Leonhardt, Veröffentlichungsdatum: 02.02.2016 lich geistig möglich ist. Ich träume von der absolut gleichberechtigte Partnerin, der ich einerseits unterlegen, andererseits überlegen bin. Einen Mensch, der sich mich gnadenlos unterwirft und dem ich gnadenlos unterworfen bin. Sie muss mit mir die Einheit im jenem Sinne bilden, dass eins plus eins zwei hoch n ergibt. Sie muss nicht kochen können, das kann ich selbst. Sie muss nicht backen, putzen oder sonstiges können, auch das kann ich. Stattdessen sollte sie bei Bedarf einen Hammer nehmen und eine Wand tapezieren können, wobei sie die Anleiterin und ich nur gehorsamer Hilfsarbeiter bin. Denn sie muss das können, was ich nicht kann, Dinge wissen, die ich nicht weiß. Vor allem aber muss sie den Wunsch verspüren, zusammen mit mir geistig größer zu werden, durch Anziehung oder aufgrund gegenseitiger Abstoßung abwechselnd bedingt. Sie muss verstanden haben, dass das Leben in gewisser Weise immer ein großer Widerspruch ist, wenn auch einer, der, “wie soll ich sagen, [nicht] direkt schädlich für mich ist.” Ich muss mit ihr über die Isaac Newton, Thermodynamik, Satanische Bibel sowie Bibel Classique, über Natur und Pflanzen, Gesellschaft und Politik, über Kampfsport und Sun Tzu ebenso aber über Musik und Filme offen reden können. Sie muss nicht gläubig sein, aber sich darüber ohne Scheuklappen Gedanken machen, sie muss nicht Pornos lieben, aber sich auch darüber ohne Scheuklappen Gedanken machen können. Ebenso muss sie bereit zum verstehen sein, dass Henry Millers Aussage, dass „Sex [für mich nie] etwas alltägliches war. Verbunden mit der Fotze der Frau war immer die Frau selbst. Und sie war das Interessanteste daran“ keine Beleidigung, sondern ein ehrliches Kompliment ist. Sie muss nicht erwachsen im Sinne von erwachsen, sondern erwachsen im Sinne von wachstumsbereit sein. Sie muss verstehen, dass man etwas nicht wird sondern etwas ist, dass man nicht zehn Jahre Black Box Universität durchläuft und danach „Wissenschaftler“ ist. Man ist etwas, sobald man sich selber sagt, dass man inzwischen bereit ist, etwas zu sein. Daher sollte sie auch weniger Wissenschaftlerin und mehr wissenschaftliche Künstlerin sein. Sie muss wissen, dass man man manchmal Regeln einhält, manchmal sie auch bricht. Sie muss verstehen, dass das, “was das Genie tut, muß gerade die schönste Regel sein, und [wissenschaftliche] Theorie kann nichts Besseres tun, als zu zeigen, wie und warum es so ist.” Sie muss also streitlustig und deshalb harmonisch, sie muss kampflustig und deshalb friedliebend sein. Sie 2 Walter Leonhardt, Veröffentlichungsdatum: 02.02.2016 darf nicht eifersüchtig sein, sondern muss wissen, dass ich weiß, wie großartig sie doch ist, sie muss verstehen, dass Liebe die Kraft zu höchsten Höhen und deshalb automatisch die größte Zerstörungskraft besitzt. Denn, wie Dante Alighieri es ausdrückte: “Nicht Wissen sondern Liebe führt zur Erkenntnis.” Sie muss daher verstanden haben, dass das Leben in seinem inneren Wesen ein ständiger Schiffbruch ist. “Aber schiffbrüchig sein heißt nicht [zu] ertrinken… Das Gefühl des Schiffbruchs, da es die Wahrheit des Lebens ist”, ist bereits unsere Rettung. Sie sollte offen für Myamoto Musashis Weg, den er selbst ging - den “Weg der Leere” -, demnach nicht zu ängstlich vor der Suche nach dem Urvertrauen sein. Darüber hinaus wäre auch wünschenswert, wenn sie ebenfalls noch Löwe ist, da ich Löwen sehr mag und Löwen-Geburtstage aufgrund meines eigenen Löwen-Geburtstags nicht so einfach vergessen kann. All das gehört zu Idealbild meiner Traumfau. Das Bild ist klar und deutlich, gleichzeitig aber undeutlich und unbestimmt. Zumindest kann ich behaupten, dass meine eigene Schrotflinte weniger unpräzise als der Schuss der der anderen ist, sodass der von mir abgesteckte Radius infrage kommender Frauen geringer als der zwischen Eva Braun und Mutter Theresa ist. 3