Wohin führt der globale Wettbewerb?

Transcription

Wohin führt der globale Wettbewerb?
Deutsche Fragen
Symposium des
Bundesverbandes deutscher Banken
und der Universität Hohenheim
Wohin führt der
globale Wettbewerb?
Wer die richtigen Fragen stellt, ist der richtigen Antwort auf der Spur. Die
fortschreitende Globalisierung stellt die Nationen vor neue Herausforderungen.
Denn während die Grenzen zwischen den Volkswirtschaften verschwimmen,
werden der Handlungsfreiheit der einzelnen Staaten neue Grenzen gesetzt.
Wirtschaft und Politik müssen ihre bisherigen Rollen überdenken. Die
Auswirkungen dieser Entwicklung auf Deutschland als einen der aktivsten
„Global Player“ wurden auf dem 2. Symposium „Deutsche Fragen“ von
renommierten
Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur diskutiert.
Deutsche Fragen
Symposium des
Bundesverbandes deutscher Banken
und der Universität Hohenheim
Wohin führt der globale
Wettbewerb ?
Inhalt
Vorwor t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Dr. Frank Heintzeler
Grußadresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Prof. Dr. Klaus Macharzina
Grußadresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Dr. Manfred Weber
Deutschland in der Globalisierungsfalle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Erwin Teufel
Politik in Zeiten des globalen Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Prof. Dr. Renate Ohr
Globaler Wettbewerb als Motor weltweiter Integration . . . . . . . . 38
Prof. Dr. Peter Sloterdijk
Philosophische Aspekte der Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Zusammenfassung der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Kurzbiographien der Redner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
Teilnehmer des Symposiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Vorwor t
Globalisierung – kaum eine Vokabel hat in der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskussion der letzten Jahre so sehr an Bedeutung gewonnen. Vielfach haben die in dieser Debatte geschürten Ängste dazu geführt,
daß die großen Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten häufig übersehen
wurden, die der globale Wettbewerb auch und gerade für Deutschland bietet. Ungeachtet des Fürs und Widers dieser Diskussion schreitet die Globalisierung voran. Eine Folge des globalen Wettbewerbs ist, daß sich die Grenzen vormals nationaler Volkswirtschaften zunehmend verwischen. Letztlich
müssen damit nicht nur die überkommenen Zuständigkeiten und Aufgaben
des Staates neu definiert werden, auch die Wertvorstellungen einzelner
Nationen werden sich gegenseitig beeinflussen und verändern. Für Wirtschaft und Politik – und damit auch für die Gesellschaft – stellt sich gleichermaßen die Frage: Wohin führt der globale Wettbewerb? Diese aktuelle
Frage stand im Mittelpunkt des zweiten Symposiums „Deutsche Fragen“, das
der Bundesverband deutscher Banken am 3. März 1999 zusammen mit der
Universität Hohenheim in Stuttgart veranstaltete. Renommierte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur diskutierten die verschiedenen Aspekte dieses interessanten Themas.
Das in Stuttgart veranstaltete Symposium führt die Veranstaltungsreihe „Deutsche Fragen“ fort.Unter diesem Titel laden die privaten Banken zweimal in Jahr in wechselnden Universitätsstädten zum Gespräch über
die großen gesellschaftspolitischen Streitfragen, die das Land im Übergang
zum 21. Jahrhundert bewegen.
Dr. Manfred Weber
Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes
des Bundesverbandes deutscher Banken
Deutsche Fragen
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D r. F r a n k H e i n t z e l e r
Grußadresse
Herzlich willkommen in der Baden-Württembergischen
Bank. Meine Vorstandskollegen und ich freuen uns, daß
der Bundesverband deutscher Banken zusammen mit der
Universität Hohenheim in der Reihe der Symposien „Deutsche Fragen“ in unserem Hause ein wichtiges Thema diskutieren will: „Wohin führt der globale Wettbewerb?“ Der
Zuspruch zu diesem Forum war daher entsprechend.Auch
die Presse nimmt in erfreulichem Ausmaß teil. Sogar das
Fernsehen ist anwesend.Vielen Dank für Ihr großes Interesse.Wenn ich so in die Runde schaue, sehe ich viele namhafte Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
Kultur unseres Landes. Bitte sehen Sie mir nach, daß ich
Sie nicht alle einzeln gebührend begrüßen kann. Als Gast-
Dr. Frank Heintzeler
Sprecher des Vorstandes der BadenWürttembergischen Bank AG und
Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes deutscher Banken
geber möchte ich mich aber besonders bedanken bei den Referenten des
heutigen Abends, an der Spitze Herr Ministerpräsident Erwin Teufel. Herzlich
willkommen, Herr Ministerpräsident.Wir freuen uns, daß Sie sich auch selbst
um die Belange der privaten Banken kümmern. Wir als Baden-Württembergische Bank können uns sowieso nicht beklagen. Hält doch die Landesregierung als unser Hauptaktionär immer ihre schützende Hand über uns und
unsere Unabhängigkeit.
Begrüßen möchte ich ebenfalls die Veranstalter, Herrn Professor
Dr. Klaus Macharzina, den Präsidenten der Universität Hohenheim, und
Dr. Manfred Weber, den Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Aus dem Olymp der Wissenschaften sind unter uns Professor
Dr. Renate Ohr von der Hohenheimer Universität und Professor Dr. Peter Sloterdijk von der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, die unse-
Deutsche Fragen
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Grußadresse
rem Thema professoralen Glanz verleihen. Sie sehen dabei aber auch, daß die
Referentenliste baden-württembergisch austariert ist und nicht medienwirksamer hätte ausfallen können. Der Moderator der abschließenden Podiumsdiskussion, Stefan Baron, Chefredakteur der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“, wird mir das sicherlich bestätigen. Man hat den Banken in der
Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, Einfluß hinter den Kulissen auszuüben und das öffentliche Podium zu meiden. Die vielzitierte Macht der
Banken war fast ein Schimpfwort, und das öffentliche Ansehen der Banker in
Deutschland rangierte relativ weit unten – kurz vor der Atomindustrie – und
ganz in der Nähe der Versicherungsbranche! Doch es hat sich mittlerweile
einiges getan: Der Bundesverband deutscher Banken veranstaltet seit einigen
Jahren die sogenannten „Schönhauser Gespräche“ in Berlin. Der Kontakt mit
Multiplikatoren des öffentlichen Lebens und mit den Medien wurde damit
intensiviert. Im letzten Jahr faßte der Bankenverband wegen des großen
Erfolges dieser Veranstaltungen den Entschluß, weitere Symposien ins Leben
zu rufen, so letztes Jahr in Erfurt und heute in Stuttgart. Als neuem Vorsitzenden des Arbeitskreises für Öffentlichkeitsarbeit im Bundesverband deutscher Banken ist es mir ein besonderes Anliegen, daß sich die Bankbranche
in Deutschland häufiger öffentlich artikuliert und Stellung bezieht zu wichtigen Themen in unserer Gesellschaft. Wir repräsentieren mit mehr als
215.000 qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein wichtiges
Dienstleistungssegment unseres Landes – gerade mit Blick auf die vielbeschworene Globalisierung. Insofern wünsche ich mir viele solcher Symposien – und natürlich ein solches Publikum!
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P r o f . D r. K l a u s M a c h a r z i n a
Grußadresse
Sehr verehrter Herr Ministerpräsident,
sehr verehrter Herr Dr. Heintzeler, meine sehr verehrten
Damen und Herren, an den Beginn meiner Grußadresse
möchte ich ein Wort des Dankes stellen. Die Universität
Hohenheim dankt Ihnen, Herr Dr. Heintzeler, in Ihrer
Eigenschaft als Sprecher des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank dafür, daß wir heute mit dieser Veranstaltung in Ihrem Hause zu Gast sein dürfen. Zugleich
danke ich Ihnen aber auch in Ihrer Eigenschaft als Mitglied
des Vorstandes des Bundesverbandes deutscher Banken
dafür, daß wir dieses Symposium gemeinsam veranstalten
können.
Prof. Dr. Klaus Macharzina
Präsident der Universität
Hohenheim
„Deutsche Fragen“ haben Sie als Obertitel für die Reihe dieser
Symposien gewählt. Daß diese Bezeichnung nicht eng auf den nationalen
Bereich oder gar nationalistische Blickwinkel beschränkt ist, belegt der Titel
der heutigen Veranstaltung. „Wohin führt der globale Wettbewerb?“ – dies ist
eine deutsche Frage und eine internationale Frage zugleich. Diese Kombination weist in aller Deutlichkeit darauf hin, daß es wohl keine deutschen Fragen mehr gibt, die nicht zugleich einen internationalen Bezug haben, und
daß es auf der anderen Seite keine Fragen von globaler Bedeutung mehr gibt,
die nicht unmittelbar auf Deutschland zurückwirken.Als Präsident einer Universität, die seit ihrer Gründung im Jahre 1818 stets weit über Landes- und
nationale Grenzen hinaus gewirkt hat und die mit rund 120 Kooperationsvereinbarungen mit ausländischen Hochschulen und internationalen Forschungseinrichtungen auf allen Kontinenten verbunden ist, werde ich vor
diesem Auditorium nicht weiter auf die Bedeutung internationaler Vernet-
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Deutsche Fragen
P r o f . D r. K l a u s M a c h a r z i n a
Grußadresse
zungen und Verflechtungen eingehen – für Wirtschaftsunternehmen gehören diese ebenso zum Tagesgeschäft wie für Universitäten. So ist die kleine,
feine und exzellente Universität Hohenheim trotz ihrer lokalen und regionalen Verankerung – um im Bild zu bleiben – ein anständiges mittelständisches Unternehmen, das sich zügig globalisiert. Daher ist es sicherlich auch
kein Zufall, daß der Bundesverband deutscher Banken gerade die Universität
Hohenheim als Partnerinstitution für diese Veranstaltung gewählt hat.
Globalisierung ist aber sicher nicht nur ein ökonomisches Phänomen, sondern umfaßt auch die schrumpfende Rolle des Nationalstaats und
andere gesellschaftliche Dimensionen, Werte und Lebensstile. Sie schafft
neue Probleme wie international organisierte Kriminalität oder illegale
Migration, aber auch ein gemeinsames Bewußtsein der Grenzen des Ökosystems. Globalisierung ist ein Stichwort, das auch für die Universität Hohenheim vielfältige Bedeutung hat. Global arbeiten unsere Wissenschaftler in
internationalen Forschungsverbünden in den Naturwissenschaften, den
Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, den Biowissenschaften, den
Agrarwissenschaften, den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und den
Kommunikationswissenschaften. Globale Fragestellungen, wie der Schutz
unserer Biosphäre mit Wasser, Boden und Luft oder auch globale Klimaveränderungen, werden von Hohenheimer Wissenschaftlern interdisziplinär
bearbeitet. Als Problem höchster Priorität, das Hohenheim sozusagen in die
Wiege gelegt worden ist, arbeiten wir an der Beseitigung des Hungers in der
Welt an vorderster Front. Internationale Wirtschaft ist eine wichtige Vertiefungsrichtung unseres Ökonomiestudiums. Und schließlich arbeiten
Betriebswirte, Volkswirte und Sozialwissenschaftler an unserer Universität
auch in der Forschung über die Auswirkungen der Globalisierung und ihre
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positiven wie negativen Effekte. Frau Kollegin Professor Dr. Ohr wird als eine
herausragende Vertreterin ihres Fachs hierzu ja heute kompetent berichten.
In dieser Veranstaltung sehen wir ein deutliches Zeichen dafür,
daß die Universität als Kooperationspartner von der Wirtschaft akzeptiert
wird, da wir eine Politik der Offenheit gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft verfolgen und vor allem mit solchen Partnern gern kooperieren, die
eine konstruktiv-kritische Zusammenarbeit zu schätzen wissen. Niemand,
keine Institution, kein Verband, kein Land ist stark genug, sich den globalen
Herausforderungen allein zu stellen und die Aufgaben, die vor uns liegen,
allein zu bewältigen. Wenn wir jedoch zusammenwirken, haben wir eine
gute Chance.
Meine Damen und Herren, wohin führt der globale Wettbewerb?
Müssen die Unternehmen lernen, mit neuen Widersprüchen zu leben? Befinden sich die Wirtschaftsräume am Ende der Gemütlichkeit? Ist der Nationalstaat vom Abstieg bedroht? Entstehen in der Gesellschaft neue Grenzen,
neue Klassen? Dieses sind, meine ich, zentrale Fragen des heutigen Themas.
Wir sind gespannt auf die Antworten!
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Deutsche Fragen
D r. M a n f r e d We b e r
Deutschland in der Globalisierungsfalle?
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
„Wohl kein Jahrhundert hat jemals eine solch fortschreitende Entwicklung auf allen Gebieten des menschlichen
Lebens gezeigt, wie das nunmehr abgelaufene.“ Mit diesem
Satz begrüßte der Vorsitzende der Hamburger Handelskammer, Adolf Woermann, am 30. Dezember 1899 die
Gäste auf der Versammlung des Ehrbaren Kaufmanns.
Dieses Zitat aufgreifend, möchte ich Sie heute –
hundert Jahre später – im Namen des Bundesverbandes
deutscher Banken herzlich zu unserem Symposium beDr. Manfred Weber
Hauptgeschäftsführer und Mitglied
des Vorstandes des Bundesverbandes
deutscher Banken
grüßen. Die Worte des ehrbaren Hamburger Kaufmanns
las ich letzten Monat in der „Wirtschaftswoche“. Es ist
nahezu eine Binsenweisheit: Menschen unterliegen stets dem Wandel, er ist
eine zeitlose Erscheinung. Insofern müßte uns diese Erkenntnis die Gelassenheit geben, die zukünftigen Herausforderungen mit der notwendigen
Distanz und Ausgewogenheit zu diskutieren. Lassen Sie uns, meine sehr
geehrten Damen und Herren, heute abend gemeinsam damit beginnen.
Ich freue mich, daß Sie unserer Einladung gefolgt sind, heute an
unserem Symposium „Deutsche Fragen“ teilzunehmen. Das Gespräch mit
Ihnen ist uns wichtig, und so freue ich mich auf eine interessante Diskussion
über die Frage:Wohin führt der globale Wettbewerb?
Nicht ganz ohne Grund sind wir mit unserem zweiten Symposium nach Stuttgart gegangen.Denn hier in Baden-Württemberg hat das sogenannte Fusionsfieber einen besonderen Stellenwert erreicht. Wer denkt
nicht gleich an die besonders spektakuläre und bislang weltweit größte
Fusion zweier Automobilkonzerne zur DaimlerChrysler AG?
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Ich nenne auch den Zusammenschluß der beiden regionalen Stromkonzerne
zur Energie Baden-Württemberg AG, den nunmehr fusionierten Südwestrundfunk und die neugeschaffene Landesbank Baden-Württemberg. Das
„Musterländle“ hat den globalen Wettbewerb angenommen, Wirtschaft und
Politik haben sich den Herausforderungen des Wandels gestellt. Gerade in
Verbindung mit den zuletzt erwähnten Zusammenschlüssen werden Sie,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Teufel, als einer der „Fusionsväter“
gesehen. Deshalb freue ich mich sehr, Sie bei unserem Symposium begrüßen
zu können. Anfang Februar haben Sie das Deutsche Industrie- und Handelszentrum in Peking eröffnet und vor wenigen Tagen – als weiteres Symbol der
globalen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft – das German Center in
Jakarta.Wir sind gespannt, welche Rolle Sie der Politik im Zeitalter der Globalisierung zumessen.
Ebenfalls möchte ich Sie, Frau Professor Ohr, herzlich willkommen heißen. In den letzten Jahren haben wir Sie als engagierte, aber stets
sachliche Euro-Kritikerin kennengelernt. Ich hoffe, daß der gelungene Start
des Euro Ihre Zweifel am Maastricht-Fahrplan inzwischen etwas besänftigt
hat. Frau Professor Ohr hat an der Universität Hohenheim, unserem heutigen
Mitveranstalter, einen Lehrstuhl für Außenwirtschaft. Wir, sehr geehrte Frau
Professor Ohr, erwarten mit Interesse Ihre Analyse, inwieweit der globale
Wettbewerb Motor der weltweiten Integration ist.
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, um
Ihnen, Herr Professor Macharzina, für die gute Zusammenarbeit mit Ihrer
Universität im Vorfeld dieses Symposiums zu danken.
Ebenso gilt mein besonderer Dank der Baden-Württembergischen
Bank AG für ihre Gastfreundschaft.Vielen Dank, Herr Dr. Heintzeler, daß der
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Deutsche Fragen
D r. M a n f r e d We b e r
Deutschland in der Globalisierungsfalle?
Bankenverband heute mit diesem Symposium bei Ihnen zu Gast sein darf.
Ein weiterer Gruß gilt Ihnen, Herr Professor Sloterdijk. In der
Debatte um die Globalisierung stehen in der Regel die wirtschaftlichen
Aspekte im Vordergrund. Die nicht weniger wichtigen kulturellen und gesellschaftlichen Perspektiven sollten aber nicht zu kurz kommen. Aus diesem
Blickwinkel haben Sie, Herr Professor Sloterdijk, zum Thema der Globalisierung wichtige Anstöße gegeben. Schon von daher sind wir auch auf Ihren
Vortrag sehr gespannt.
Herzlich begrüßen möchte ich schließlich den Chefredakteur der
„Wirtschaftswoche“. Die „Wirtschaftswoche“, sehr geehrter Herr Baron, ist ja
als eine kritische Begleiterin der deutschen Wirtschafts- und Ordnungspolitik bekannt. Und gerade deshalb freut es mich, mit Ihnen einen der Gralshüter der freiheitlichen Marktwirtschaft als Moderator und Diskussionsleiter
gewonnen zu haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Globalisierung – kaum
eine andere Vokabel hat in der wirtschaftspolitischen Diskussion der letzten
Jahre so sehr an Bedeutung gewonnen und solche Emotionen geschürt. Bei
der Suche nach den Gründen für die nun seit Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird die Globalisierung nur allzugern als
eigentliche Ursache für den Arbeitsplatzabbau oder die vermeintliche Demontage des sozialen Sicherungssystems angeführt.
Die negativen Assoziationen, die mit dem Begriff Globalisierung
verbunden sind, gehen jedoch weit über das Ökonomische hinaus. Denn
neben dem immer intensiver werdenden Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte wird zunehmend deutlich, daß die Globalisierung auch zu Veränderungen in Politik und Gesellschaft führt. Und diese neue Erfahrung, wonach
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auch das eigene nationale politische, rechtliche oder fiskalische System
vom Prinzip des Wettbewerbs erfaßt wird, ruft Ängste, zum Teil auch Widerstände hervor.
Wohin führt nun der globale Wettbewerb? Viele Argumente in dieser Debatte erscheinen mir reichlich übertrieben. Häufig wird bei uns übersehen, welche Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten die Globalisierung
auch und gerade der deutschen Volkswirtschaft bietet. Ist
Ist es vielleicht eine Frage
es vielleicht eine Frage der Mentalität, daß in Deutschland
der Mentalität, daß in
weniger über die Chancen als über die Risiken der Globa-
Deutschland weniger über
lisierung gesprochen wird?
die Chancen als über die
In einem solchen Meinungsklima ist es nicht
Risiken der Globalisierung
weiter verwunderlich, daß der Bestseller der französi-
gesprochen wird?
schen Autorin Viviane Forrester auch in Deutschland auf fruchtbaren Boden
gefallen ist. Schenkt man ihr Glauben, steht die Apokalypse kurz bevor. In
ihrem 1996 erschienenen Buch „Der Terror der Ökonomie“ beschreibt sie in
düsteren Worten die Globalisierung als ein System, „das den Menschen aus
den Knochen heraussaugt, was ihnen noch an Menschlichkeit geblieben ist“.
Ähnlich äußern sich die Spiegel-Redakteure Hans-Peter Martin
und Harald Schumann in ihrem Buch „Die Globalisierungsfalle“. Wohin die
Reise ihrer Meinung nach geht, deutet sich bereits im Untertitel des Buches
an: „Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand“.
Schumann und Martin definieren Globalisierung als „Entfesselung
der Kräfte des Weltmarktes und ökonomische Entmachtung des Staates“. Die
Welt werde zu einem einzigen Markt verschmelzen, dessen grenzenloser
Verdrängungswettbewerb von den Interessen der transnationalen Unternehmen getragen werde.
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Deutsche Fragen
D r. M a n f r e d We b e r
Deutschland in der Globalisierungsfalle?
Dieser – wie sie es nennen – „Turbokapitalismus“ würde die Gesellschaften
in einen Anpassungswettlauf nach unten führen, in dem Börsenkurse und
Konzerngewinne steigen, während kleine wie mittlere Betriebe und Arbeitsplätze verschwinden. Am Ende dieses Prozesses würde die Gesellschaft in
eine kleine Schicht der alles besitzenden „shareholders“ und in die Mehrheit
der Besitzlosen und Unterbezahlten gespalten. Das wäre dann auch das Ende
von Demokratie und Rechtsstaat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Deutschland tatsächlich in Gefahr, in diese „Globalisierungsfalle“ zu laufen?
Hierzulande konzentrieren sich die Diskussionen zur Globalisierung häufig auf die hohen Lohn- und Lohnzusatzkosten sowie auf die hohe
Unternehmensbesteuerung, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Unternehmen empfindlich beeinträchtigen. Hohe Arbeitslosigkeit sowie die drohende Abwanderung von Arbeitsplätzen führten in der
Öffentlichkeit zu einer eher pessimistischen Einschätzung der Globalisierung. Bei Lichte betrachtet ist es aber so, daß der Globalisierungsprozeß
lediglich Defizite der deutschen Wirtschaftspolitik offenbar werden läßt und
so den dringend notwendigen Handlungsbedarf aufzeigt.Vor diesem Hintergrund ist es von zentraler Bedeutung, wie die Politiker eines Landes den Prozeß der Globalisierung beurteilen.
Zunächst einmal ist Wirtschaftspolitik in ihrem Kern binnenwirtschaftlich orientiert. In dem Sinne: Ziel ist die Anhebung des nationalen
Wohlstands. Waren in der Vergangenheit ihre Wirkungsmechanismen auch
dadurch bestimmt, daß nationale Grenzen gleichzeitig auch ökonomische
Grenzen waren, so hat sich in den letzten Jahren die Situation fundamental
geändert.
18D e u t s c h e F r a g e n
Heute befindet sich die Wirtschaftspolitik in einer grundlegend anderen
Situation, da Unternehmen und Kapitalanleger Nutzen und Kosten der wirtschaftspolitischen Maßnahmen international vergleichen und ihre Investitionsentscheidungen daran ausrichten können. Dieser Mobilitätsgewinn,diese
unternehmerische Freiheit, verringert offensichtlich die Souveränität der
Wirtschaftspolitik im bisherigen Sinne.
Haben also jene Stimmen recht, die daraus die Ohnmacht der
Wirtschaftspolitik ableiten und das Schreckensbild vom
Bei Lichte betrachtet ist
ruinösen Wettlauf um die niedrigsten Steuern und Sozial-
es aber so, daß der Globalisierungsprozeß lediglich
abgaben an die Wand malen?
Meiner Meinung nach kann nicht von einem
Defizite der deutschen
Souveränitätsverlust der Politik gesprochen werden. Dies
Wirtschaftspolitik offenbar
wäre nur dann der Fall, wenn die nationale Politik den
werden läßt und so den
international geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedin-
dringend notwendigen
gungen nicht Rechnung tragen würde. Dies ist dann aber
Handlungsbedar f aufzeigt.
keine Frage staatlichen Souveränitätsverlustes, sondern Ausdruck selbstverschuldeter politischer Handlungsunfähigkeit. Mit anderen Worten: Der vielfach beklagte Souveränitätsverlust durch die Globalisierung besteht vornehmlich darin, daß wirtschaftspolitisches Fehlverhalten erschwert wird.
Der weltweite Markt ist zum unbestechlichen Schiedsrichter geworden, zum
Schiedsrichter über gute und schlechte Wirtschaftspolitik im weitesten
Sinne. Man mag dies begrüßen oder nicht, man mag es bestreiten und leugnen – an der Tatsache, daß dies so ist, ändert sich dadurch nichts.
Die Globalisierung schränkt also nur auf den ersten Blick den
wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum nationaler Regierungen ein.
Richtig ist aber, daß die Globalisierung eine wesentliche Bedingung an den
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Deutsche Fragen
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Deutschland in der Globalisierungsfalle?
Erfolg nationaler Wirtschaftspolitik stellt: ökonomische Effizienz. Infolge der
Globalisierung haben sich zweifelsohne auch die Wirkungsbedingungen der
nationalen Finanzpolitik verändert. Denn nunmehr sieht sich nationale
Finanzpolitik verstärkt dem Urteil der internationalen Finanzmärkte ausgesetzt. Um so wichtiger ist der Abbau überzogener Budgetdefizite sowie eine
spürbare Reduzierung der Steuerlast – Aufgaben des Staates, die in einer globalen Wirtschaft hohe Priorität haben.
Die Signale der Zeit müssen also von Politik und Wirtschaft – und
hier schließe ich die Gewerkschaften ein – frühzeitig gehört und vor allem
umgesetzt werden. Nur wenn alle, die wirtschaftlich beziehungsweise wirtschaftspolitisch Verantwortung tragen, die Herausforderungen des StrukturRichtig ist, daß die Globali-
wandels annehmen, wird Deutschland die in der Globali-
sierung eine wesentliche
sierung liegenden Chancen nutzen können.
Bedingung an den Er folg
In der Bundesrepublik sind zum Beispiel die
nationaler Wirtschaftspolitik
Automobilbranche und Chemieindustrie in diesem Prozeß
stellt: ökonomische Effizienz.
des globalen Wettbewerbs bereits weit vorangeschritten.
Auch im Bankgewerbe läuft der Anpassungsprozeß an die geänderten Wettbewerbsbedingungen auf vollen Touren.
Die Fusion der Deutschen Bank mit Bankers Trust oder auch der
Zusammenschluß der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und der
Bayerischen Vereinsbank zur HypoVereinsbank, um nur zwei spektakuläre
Beispiele zu nennen, machen dies deutlich.
Mit dem Prozeß der Globalisierung sind durchaus auch Ängste
und Befürchtungen verbunden. Die Vision des allumfassenden Versorgungsstaates scheint nachhaltig erschüttert.Dabei ist der Sozialstaat angesichts der
Globalisierung keinesfalls am Ende. Aber den Spielraum für staatliche Um-
20D e u t s c h e F r a g e n
„We r s o l l e s s c h a f f e n , m i t d e n H e r a u s f o r derungen der Globalisierung fertig zu
werden, wenn nicht Deutschland mit
seinen gut ausgebildeten Arbeitnehmern
u n d s e i n e m e n o r m e n Wo h l s t a n d ? “
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Deutsche Fragen
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Deutschland in der Globalisierungsfalle?
Den Spielraum für staatliche Umverteilungspolitik
gibt es nicht mehr nahezu
verteilungspolitik gibt es nicht mehr nahezu beliebig,
beliebig, denn der globale
denn der globale Wettbewerb sanktioniert über kurz oder
Wettbewerb sanktioniert
lang jede nichtmarktkonforme Politik eines Landes.
über kurz oder lang jede
So muß auch der Staat seine Politik der globali-
nichtmarktkonforme Politik
sierten Welt anpassen.Veränderungen sind unumgänglich.
eines Landes.
Das heißt, der Staat muß sich auf seine ureigenen Aufgaben, auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Er muß sich aus allen Bereichen zurückziehen, in denen der Bürger eigenverantwortlich tätig sein kann.
Richtig verstanden ist Globalisierung also eine Chance; eine Chance zu mehr
Eigenverantwortung der Bürger.
Der Staat muß sich auf seine
Der Politik verbleibt die Aufgabe, Rahmenbe-
ureigenen Aufgaben, auf
dingungen zu schaffen, die einen fairen Leistungswett-
seine Kernkompetenzen kon-
bewerb gewährleisten. Nur eine rentable „Deutschland
zentrieren.
AG“ kann auch eine soziale sein. Die Globalisierung verlangt somit nichts anderes als eine Rückbesinnung auf eine soziale Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards.
Diese an den Werten Freiheit und Verantwortung orientierte
Politik wird vor allem dann erfolgreich sein, wenn sie weltweite Akzeptanz
findet. Wesentliche Aufgabe der nationalen Politik muß daher sein, darauf
hinzuwirken, daß auf supranationaler Ebene gemeinsame Regeln für einen
globalen Handlungsrahmen entwickelt und durchgesetzt sowie durch wirksame Kontrollen gesichert werden.
Eine globale Finanzmarktordnung – beispielsweise wie sie Bundespräsident Herzog auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgeschlagen
hat –, die für den Bankenbereich weltweit gültige Regeln vorsieht, wäre ein
Schritt in die richtige Richtung. Interventionistische Maßnahmen, etwa die
22D e u t s c h e F r a g e n
Wesentliche Aufgabe der
Festlegung von Wechselkurs-Zielzonen, wie sie jüngst für
nationalen Politik muß daher
den Euro gegenüber Dollar und Yen gefordert wurden,
sein, darauf hinzuwirken,
weisen dagegen in die falsche Richtung.
daß auf supranationaler
Will die Politik den Herausforderungen des 21.
Ebene gemeinsame Regeln für
Jahrhunderts gerecht werden, so muß sie – stärker als bis-
einen globalen Handlungs-
her – ihre Konzepte und ihre Instrumente, insbesondere
rahmen entwickelt und
aber ihre Einstellung den neuen Bedingungen anpassen.
durchgesetzt sowie durch
Eine aktuelle Meinungsumfrage zeigt, daß die
wirksame Kontrollen gesichert
Bundesbürger Deutschland als ein in die Weltwirtschaft
werden.
eingebettetes Land sehen, das sich dem globalen Wettbewerb stellen muß.
Weit weniger als in der Vergangenheit empfinden die Deutschen die Globalisierung als Bedrohung.
Jeder vierte sieht für Deutschland „eher Vorteile“ durch den weltweiten Wettbewerb; nur noch 17 Prozent meinen, daß die Nachteile überwiegen. Vor gut einem Jahr waren die Mehrheitsverhältnisse noch umgekehrt. Die Zahlen signalisieren einen deutlichen Stimmungsumschwung.
Von einer generellen Globalisierungsangst der Deutschen kann also keinesfalls gesprochen werden. Im Gegenteil, die insgesamt positivere Haltung der
deutschen Bevölkerung zur Globalisierung spiegelt sich auch in der
Beurteilung ihrer konkreten Folgen wider: 61 Prozent der Deutschen sind
der Meinung, daß der globale Wettbewerb zu weltweit sinkenden Preisen
führt, und eine ebenso große Mehrheit vertritt die Auffassung, daß dieser
Wettbewerb die Absatzchancen deutscher Produkte im Ausland verbessert.
Und dies hat natürlich Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung.
Die Debatte über den Standort Deutschland trägt nun ihre
Früchte. Die Menschen sind bereit, die Chancen der Globalisierung zu nut-
23
Deutsche Fragen
D r. M a n f r e d We b e r
Deutschland in der Globalisierungsfalle?
zen. Jetzt sollte auch die Politik ihrer Aufgabe nachkommen, das Land in den
weltweiten Wettbewerb zu führen. Noch einmal: Läuft Deutschland in die
Wir sollten die Globalisierung
Globalisierungsfalle? Meines Erachtens nein, wenn wir
als „window of opportunity“
alle – Wirtschaft, Politik und alle gesellschaftlichen Kräfte
verstehen, als ein „Fenster in
– unsere Hausaufgaben machen. Wir sollten die Globali-
die Zukunft“.
sierung als „window of opportunity“ verstehen, als ein
„Fenster in die Zukunft“. Dieses Fenster bleibt nicht auf Dauer geöffnet. Deshalb sollten wir den Schritt in die globale Zukunft wagen, solange für uns die
Chance dazu besteht.Was hindert uns eigentlich daran?
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E r w i n Te u f e l
Politik in Zeiten des globalen Wettbewerbs
Sehr verehrte Repräsentanten und Gäste des
Bundesverbandes deutscher Banken,
verehrter Herr Dr. Heintzeler,
verehrter Herr Professor Macharzina,
verehrter Herr Baron,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit, sagte
Kurt Schumacher.Was ist die Wirklichkeit? Seit Anfang der
90er Jahre heißt die eine Wirklichkeit Globalisierung – leider nicht nur ein Schlagwort, sondern eine Realität mit
Auswirkungen auf jeden Betrieb, auf jeden Bürger, auf jede
Gemeinde. Die Welt wird zu einer Welt. Wir haben es mit
Erwin Teufel
Ministerpräsident des Landes
Baden-Württemberg
einem einzigen Weltmarkt zu tun. Jedes Unternehmen begegnet den gleichen Wettbewerbern in allen Regionen der Welt, auch auf dem heimischen
Markt Bundesrepublik Deutschland. Ein Weltmarkt für Güter und Produkte,
ein Weltmarkt für Dienstleistungen, ein Weltmarkt für Kapital, ein Weltmarkt
für Wissen und technisches Know-how, das in Sekundenschnelle von jedem
beliebigen Punkt der Welt zu jedem anderen transportiert werden kann.Wie
es überhaupt ein Merkmal der Globalisierung ist, daß Transportkosten eine
vernachlässigenswerte Größenordnung darstellen.
Die zweite Ursache heißt Informations- und Kommunikationstechnik bis hin zur Digitalisierung, bis hin zur Vernetzung im Zuge des Internets, das nach meiner Meinung immer noch unterschätzt wird in seinen
Auswirkungen. Diese beiden Ausgangsvoraussetzungen haben zu einem
revolutionären Wandel unserer Industrie geführt in einer Dekade oder in
weniger als einer Dekade, und zwar zu einer revolutionären Veränderung des
25
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
produzierenden Bereichs, und das ist der Kernbereich unserer Wirtschaft. Es
waren zunächst Randbranchen, wie die Uhrenindustrie, die Unterhaltungselektronik, die Textilindustrie und die optische Industrie, die erfaßt worden
sind. Aber spätestens zu dem Zeitpunkt hat es geklingelt, als die KernbranWir können mit immer
chen unseres Landes, der Maschinenbau, die Fahrzeugin-
weniger Menschen immer
dustrie mit Tausenden von Zulieferbetrieben, die Elektro-
mehr Güter und Dienst-
technik, erfaßt wurden, und wir hatten im verarbeitenden
leistungen herstellen.
Gewerbe allein in Baden-Württemberg in 5 Jahren einen
Verlust von 320.000 Arbeitsplätzen. Die Zahlen sind bundesweit übertragbar. Revolutionäre Veränderungen des Produktionsprozesses? Man kann es
zusammenfassend in einem einzigen Satz sagen: Wir können mit immer
weniger Menschen immer mehr Güter und Dienstleistungen herstellen.
Ich finde geschichtlich überhaupt nur einen Vergleich für das,
was sich ereignet hat. Nämlich den Übergang von der Agrargesellschaft zur
Industriegesellschaft.Vor 150 Jahren, also zur Zeit der Badischen Revolution,
der Paulskirche, nicht in grauer Vorzeit, sondern Mitte des letzten Jahrhunderts waren hier in Baden-Württemberg noch 70 % der Menschen in der
Landwirtschaft tätig. Heute keine 3 %. Und nun der entscheidende Satz:
Diese 3 % stellen heute mehr Nahrungsmittel her als seinerzeit die 70 %. Ich
fürchte, das gleiche vollzieht sich zur Zeit im industriellen Bereich. Das ist
die Tendenz. Und nun die Frage.Was kann Politik überhaupt bewirken, kann
Politik etwas verändern? Sicher nicht an der Ausgangslage. Diese hat die gleiche Auswirkung auf alle Industrienationen, auch auf alle deutschen Länder.
Aber die Politik reagiert ganz und gar unterschiedlich. Manche meinen, sie
habe überhaupt gar keine Chancen mehr, der Markt bestimme alles. Die
großen Unternehmen könnten durch die Tatsache, daß sie sich an jedem
26D e u t s c h e F r a g e n
beliebigen Ort der Welt niederlassen können, Politik entscheidend beeinflussen, und andere sagen, Politik tut viel zuwenig in Zeiten der Globalisierung. Man braucht nur das Buch von Herrn Lafontaine und seiner Frau, Frau
Müller, zu lesen, dann hat man die andere Position. Ich glaube, daß zwar die
Zeit der Nationalökonomie vorbei ist und daß die nationale Politik nicht
mehr isoliert von diesen internationalen und globalen Aspekten agieren
kann, daß sie herausgefordert ist durch Märkte und durch den Wettbewerb.
Aber Politik ist selbstverständlich als Gestaltung dieser Herausforderungen
auch heute möglich und nötig und erst recht aus der Sicht des Bürgers; denn
wo soll er eigentlich seine Erwartungen anbringen als bei seiner nationalen
Regierung? Er hat ja überhaupt gar keinen anderen Ansprechpartner. Jede
Ebene der Politik ist gefordert.
Die europäische Ebene ist gefordert, und ich finde, sie hat Beachtliches geleistet durch den europäischen Binnenmarkt, durch eine einheitliche Außenhandelspolitik und durch die Einführung der europäischen
Währung, die in ihren positiven Auswirkungen überhaupt noch nicht voll
erfaßt ist. Nationale Politik ist gefordert. Ordnungspolitik ist gefordert; denn
ich glaube nicht, daß der Staat diese Beschäftigungspro-
Der Staat (…) muß einen
bleme lösen kann. Der Staat, würde er es versuchen, er
Ordnungsrahmen schaffen,
würde die Probleme vergrößern und nicht verringern. Er
damit die Wirtschaft sich
muß einen Ordnungsrahmen schaffen, damit die Wirt-
entfalten kann.
schaft sich entfalten kann, und der Ordnungsrahmen kann ja wohl heute nur
heißen: einen Ordnungsrahmen für Beschäftigung, für die Erhaltung von
Arbeitsplätzen, für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen als Ausgleich für die
vielen Arbeitsplätze, die verlorengegangen sind und, da dieser strukturelle
Wandel nicht zu Ende ist, auch in den nächsten Jahren verlorengehen wer-
27
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
Steuerpolitik als ein entscheidender Politikbereich müsse
so gestaltet werden, daß sie
den. Deswegen ist die Aussage der alten und der neuen
Beschäftigung fördert.
Bundesregierung gewesen, Steuerpolitik als ein entschei-
dender Politikbereich müsse so gestaltet werden, daß sie Beschäftigung fördert. Das würde ja dann wohl heißen, daß sich auch die deutsche Politik zu
dem durchringen muß, was die britische Politik zustande gebracht hat, was
die österreichische Politik unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler
zustande gebracht hat, was die schwedische Politik unter einer sozialistischen Regierung zustande gebracht hat, was die holländische Politik unter
einem sozialdemokratischen Premier zustande gebracht hat, nämlich international vergleichbare Unternehmenssteuern.
Denn wenn das einzelne Unternehmen im Wettbewerb steht,
weltweit, dann ist das deutsche Unternehmen benachteiligt, wenn wir völlig
andere Steuersätze haben als in allen Ländern, mit denen unsere Unternehmen im Wettbewerb stehen.Was geschieht derzeit? Genau das Gegenteil. Die
Wirtschaft wird zur Gegenfinanzierung einer Steuerreform belastet und
erfährt ihrerseits keinerlei Entlastungen. Außer einer vagen Aussage, daß im
Jahre 2002, also im 4. Jahr, im letzten Jahr der Legislaturperiode, es zu einer
Entlastung komme. Die Beträge werden unterschiedlich genannt: 20 Milliarden Mark, möglicherweise auch 20 Milliarden Mark plus. Was wir in den
letzten acht Tagen erlebt haben, wohlgemerkt noch nicht enthalten im
Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern sich vollziehend durch Regierungshandeln und Übernahme der entsprechenden Anträge, bis zu 120 in
einer einzigen Sitzung des Finanzausschusses, das bedeutet eine Belastung
einzelner Branchen und der Volkswirtschaft insgesamt, die für einzelne Branchen geradezu katastrophale Auswirkungen hat. Ich denke an die Versicherungsbranche, die im Augenblick am stärksten belastet wird. Es sieht ganz
28D e u t s c h e F r a g e n
„D i e n a t i o n a l e P o l i t i k k a n n n i c h t m e h r
isoliert von internationalen und
g l o b a l e n A s p e k t e n a g i e r e n .“
29
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
ähnlich aus im Bereich der Kraftwerke. In den Auswirkungen auch auf die
Kraftwerke, und es soll niemand glauben, daß das ohne Auswirkungen sei auf
den Bürger, auf den Versicherungsnehmer, auf den Verbraucher. Wir haben
natürlich eine Gesamtbelastung durch etwas, was sich ökologische Steuerreform nennt, was aber nichts anderes ist als eine Steuererhöhung. Der Titel
„Ökologische Steuerreform“ wird nur deshalb verwandt, weil die Ökologie
als Begriff positiver besetzt ist als Steuer und Reform positiver besetzt ist in
der Sprache als Erhöhung, als Steuererhöhung. Aber es handelt sich um
nichts anderes als eine Steuererhöhung; denn ökologische Folgen sind nicht
damit verbunden, allenfalls negative. Die einzige Energieart, die eine sehr
hohe CO2-Belastung hat – die Kohle – ist ausgenommen von der Energiesteuer, während alle anderen Energiearten von der Kernkraft bis zum Öl und
zum Gas belastet werden. Die Wirtschaft, das ist das Fazit, wird belastet und
nicht entlastet, und man braucht keine Prophetengabe, um vorauszusagen,
daß wir voraussichtlich in diesem Jahr nicht mehr die zusätzlichen Arbeitsplätze des letzten Jahres haben werden.
Nehmen Sie andere Bereiche.Wenn es immer mehr Bereiche gibt,
Branchen gibt, in denen Arbeitsplätze verlorengehen, dann dürfen wir uns in
unserem Land nichts weniger leisten als Technikfeindlichkeit; denn wo sollen denn eigentlich die neuen Arbeitsplätze entstehen? Doch in erster Linie
in Feldern der Hochtechnologie. Wir haben uns in Deutschland den Luxus
erlaubt, den Chip ausschließlich unter der Überschrift Jobkiller zu diskutieren. Derweil sind uns die Japaner und Amerikaner davongezogen.Wir haben
es fertiggebracht, durch die Zerstörung von Freilandversuchen, Firmen und
ihre Versuche von gentechnischen Produkten zu vertreiben – nach Belgien.
Es gibt inzwischen nur noch wenige in Deutschland. Auch die entspre-
30D e u t s c h e F r a g e n
chende Industrie ist mit Forschung und Entwicklung weitgehend ins Ausland
gegangen. Brauchen wir keine gentechnischen Produkte? Keine Spur. Kein
Land in der Welt hat mehr gentechnische Produkte im letzten Jahr importiert
als die Bundesrepublik Deutschland.Wir haben Spitzenforschung in den Biowissenschaften, aber wir haben viel zu wenige Unternehmen mit gentechnischen Produkten. Und wir leisten uns jetzt den Luxus, eine Hochtechnologie,
die Kernenergie, zu vertreiben. Immerhin 40.000 Arbeitsplätze im eigenen
Land.Was ist das für eine rationale Politik, die aussteigen will aus einer Energieart, ohne daß sie auch nur im Ansatz den Versuch einer
Wir dürfen uns in unserem
Antwort gibt, wo wir statt dessen einsteigen sollen. Die
Land nichts weniger leisten als
großen deutschen Energieversorger haben, das hat vor
Technikfeindlichkeit.
zwei Wochen in der Presse gestanden, bereits mit Energieunternehmen, mit
Kraftwerksbetreibern und Kernkraftwerksbetreibern in osteuropäischen
Ländern über Lieferungen verhandelt. Wir haben am Rhein, 200 Meter Entfernung von Baden-Württemberg, Kraftwerksblöcke, Kernenergieblöcke der
Franzosen. Sollen wir morgen aus Kernkraftwerken der Nachbarländer Strom
beziehen für die Länder wie Baden-Württemberg, die 60 % des Stroms aus
Kernkraft haben, oder wie Schleswig-Holstein, die 80 % des Stroms aus Kernkraft haben? Was ist das für eine moralische Position? Sichere Kernkraftwerke
in diesem Land werden geschlossen, und dann beziehen wir den Strom aus
Kernkraftwerken aus anderen Ländern bis hin nach Osteuropa.
Nehmen Sie einen ideologischen Politikansatz wie den zum 630Mark-Gesetz. Jeder weiß, daß wir solche Beschäftigungen brauchen. Wir
brauchen sie im Interesse der Menschen. Wir brauchen sie im Interesse
ganzer Branchen, die darauf zwingend angewiesen sind. Das wird so gesetzlich verändert. Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat nicht nur
31
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
ein Gutachten in Auftrag gegeben, das den Nachweis geführt hat, daß der
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Kernenergie sowohl gegen internationale völkerrechtliche Verträge wie gegen deutsches Verfassungsrecht verstößt. Nein, wir haben auch bei Professor Kirchhof in Tübingen ein Gutachten in Auftrag gegeben zum 630-Mark-Gesetz. Er hat nicht weniger als drei
Verfassungsverstöße in diesem Gesetzentwurf festgestellt. Aber man sieht ja
einem Gesetzentwurf aus 100 Meter Entfernung die Verfassungswidrigkeit
an, wenn Leistungen in einem Versicherungssystem zu keinen Gegenleistungen aus diesem Versicherungssystem führen. Auch das ist inzwischen
Beschäftigung ist das absolut
verändert worden. Der Gesetzentwurf ist in anderen Tei-
zentrale Problem der Zukunft.
len nach wie vor verfassungswidrig, aber dieser zentrale
Bereich ist geändert worden.Warum sage ich dies alles? Weil ich glaube, daß
wir derzeit eine Politik betreiben, die nicht die Herausforderungen der Globalisierung begreift, die nicht begreift, daß eine der Hauptfolgerungen der
globalen Entwicklung wirklich die Tatsache ist, daß wir mit immer weniger
Menschen immer mehr Produkte und Dienstleistungen herstellen können
und daß deshalb Beschäftigung das absolut zentrale Problem der Zukunft ist.
Im dritten Teil möchte ich auf die Landespolitik und ihre Aufgaben zu sprechen kommen.Wir werden nicht mehr konkurrenzfähig werden
können mit den Billiglohnländern der Welt. Mit 4,50 Mark Stundenlohn in
Malaysia, mit 75 Pfennig Stundenlohn, die ich in Vietnam in einer Textilfabrik
erlebt habe, werden wir sicher nicht mehr wettbewerbsfähig werden können. Also ist unsere einzige Chance, wir müssen besser sein als andere, leistungsfähiger als andere, innovativer als andere, besser in der Forschung,
schneller in der Umsetzung von Forschungsergebnissen in neue Produkte,
besser in der Erschließung neuer Märkte, besser in der Bereitstellung von
32D e u t s c h e F r a g e n
Wir müssen besser sein als
Risikokapital für Existenzgründer.Wenn das so ist, dann ist
andere, leistungsfähiger als
Landespolitik ganz entscheidend gefordert. Dann werden
andere, innovativer als ande-
Bildung und Wissen zum entscheidenden Produktionsfak-
re, besser in der Forschung,
tor. Herr Baron hat in der „Wirtschaftswoche“ kürzlich ein-
schneller in der Umsetzung
mal geschrieben: „Der Kapitalismus von heute ist ein
von Forschungsergebnissen
Humankapitalismus“, und er hat ein Interview geführt in
(…), besser in der Erschlie-
der „Wirtschaftswoche“ mit dem amerikanischen Wirt-
ßung neuer Märkte, besser in
schaftsnobelpreisträger Gary S. Becker. Dort sagt Becker,
der Bereitstellung von Risiko-
das entscheidende Kapital in den entwickelten Industrie-
kapital für Existenzgründer.
gesellschaften ist zu 75 % heute Humankapital. Wenn das so ist, dann hängt
Entscheidendes von der Landespolitik ab; denn die Kernkompetenz der
deutschen Länder liegt im Bereich der Schule,im Bereich der beruflichen Bildung, im Bereich der Hochschule, im Bereich der Forschung, im Bereich des
Technologietransfers.
Und jetzt wirklich aus Zeitgründen nur Überschriften. Das
beginnt im Kleinkindalter. Wir müssen in der Prägephase eines Menschen,
wo Persönlichkeitsentwicklung sich entscheidet, in den ersten drei Lebensjahren dem Kind seine Familie, seine Eltern sichern. Das setzt sich fort in vorschulischer Erziehung. Wir brauchen für die 3- bis 6jährigen Kindergartenplätze. Das setzt sich fort in der Grundschule. Wir kommen später in einer
arbeitsteiligen Industriegesellschaft nicht ohne Spezialisierung aus – keiner
von uns. Aber wir dürfen die Spezialisierung nicht bis in die Grundschule
hineintreiben. Es ist verhältnismäßig einfach, aus einem gebildeten Menschen später einen Spezialisten zu machen, aber verhältnismäßig schwierig,
aus einem Spezialisten einen gebildeten Menschen, und deswegen muß in
der Grundschule wirklich Grundfertigkeit vermittelt werden. Schreiben,
33
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
Lesen, Rechnen. Aber auch der Umgang mit dem Computer, und zwar nicht
nur der technische Umgang mit dem Computer, auch bereits der verantwortliche Umgang mit dem Computer. Wir machen das in Baden-Württemberg zur Zeit, wir haben einen Vertrag geschlossen mit IBM und bilden sämtliche Lehrer fort im Umgang mit dem Computer, weil sie sonst von ihren
Schülern weitergebildet werden müssen. Das ist eine Generationenfrage.Wir
bringen den Computer an jede Schule. Wir werden am Ende dieses Jahres
soweit sein. Fremdsprachenkompetenz in einer globalisierten Welt – von
entscheidender Bedeutung. Wir wollen zum Schuljahresbeginn 2000/2001
Bildung und Wissen werden
in Baden-Württemberg mit der flächendeckenden Ein-
zu entscheidenden Produk-
führung von Fremdsprachenunterricht in der ersten
tionsfaktoren.
Grundschulklasse beginnen. Differenziertes Schulsystem.
Wir haben in Baden-Württemberg festgehalten an der Hauptschule, an der
Realschule, am Gymnasium.Wir wollen ein dreigliedriges Schulsystem, weil
Menschen alle begabt sind, aber alle unterschiedlich begabt sind, und weil
wir jedem Kind die Schule vermitteln wollen, die seiner Begabung und Leistung entspricht. Wir wollen am Gymnasium Studierfähigkeit erzielen, und
wir führen auch neben dem 9jährigen Gymnasium das 8jährige Gymnasium
ein.Wir müssen auch die Schulzeit reduzieren, nicht nur die Studienzeit. Es
kommt auf die Erhaltung des dualen Ausbildungssystems an. Es ist das beste
Ausbildungssystem der Welt, und zwar in beiden Teilen: in der Qualität der
Berufsschulen und in der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen. Es kommt
auf leistungsfähige Hochschulen an. Wir haben das bewährte duale System
in den tertiären Bildungsbereich hineingenommen durch die Berufsakademien. Wir haben hervorragende Fachhochschulen. Wir haben leistungsfähige, auch in internationalen Rankings ausgewiesene leistungsfähige Uni-
34D e u t s c h e F r a g e n
„Die Zeit der Nationalökonomie
i s t v o r b e i .“
35
Deutsche Fragen
E r w i n Te u f e l
P o l i t i k i n Z e i t e n d e s g l o b a l e n We t t b e w e r b s
versitäten, vor allem in der Forschung, aber auch in der Lehre, und wir wissen, daß wir gemeinsam mit unseren Universitäten in dieser Legislaturperiode noch eine umfangreiche Hochschulreform durchführen müssen, deren
erste Teile bereits in Kraft sind. Selbstauswahlrecht von Studenten, Zwischenprüfungen nach dem 2. Semester, Reduzierung der überlangen Ausbildungszeiten, effizientere Leitungsstrukturen an unseren Universitäten, um
nur einige Stichworte zu nennen.
Es kommt ganz entscheidend auf die Forschung an. Hier möchte
ich nur wenige Zahlen nennen. Niedersachsen gibt 1,8 % des Bruttoinlandsproduktes aus für die Forschung, Nordrhein-Westfalen 1,7 %, Bayern 2,8 %,
Baden-Württemberg 3,7 %. Kein Land in Europa und kein Land weltweit gibt
mehr aus für die Forschung als Baden-Württemberg, und zwar Wirtschaft und
Land zusammen, und da soll niemand sagen, daß man also nicht mehr Politik machen könne in einer Zeit globaler Herausforderung. Nein, man muß auf
diese globale Herausforderung reagieren, darf nicht nur die Gefahren sehen,
sondern muß vor allem auch die Chancen wahrnehmen. Existenzgründungsförderungen und Beteiligungskapital.Wir waren noch vor wenigen Jahren ein Entwicklungsland. Wir haben heute Beteiligungsfonds, obwohl ich
mir da wesentliche Verbesserungen noch vorstellen kann. Schiffsbeteiligungen, die konnten in kürzester Zeit steuerlich abgeschrieben werden, und
zwar nicht nur bei Schiffen, die in Rostock gebaut worden sind, sondern
auch bei solchen, die in Taiwan und die in Südkorea gebaut worden sind.
Aber für die Bereitstellung von Risikokapital gibt es nicht die mindeste steuerliche Abschreibungsmöglichkeit, obwohl die Bereitstellung dieses
Kapitals wirklich ein Risiko ist. Baden-Württemberg und Bayern haben schon
in der letzten Legislaturperiode eine Bundesratsinitiative mit dieser Zielset-
36D e u t s c h e F r a g e n
Politik muß auf die globale Herausforderung reagieren, dar f
zung ergriffen, aber sie hat bis zur Stunde, denn wir haben
nicht nur die Gefahren sehen,
sie wieder eingereicht, keine Mehrheit gefunden. Erschlie- sondern muß vor allem auch die
ßung neuer Märkte. Deswegen der Gedanke der deutschen
Chancen wahrnehmen.
Häuser, entwickelt hier in Baden-Württemberg, initiiert und realisiert in Singapur, in Peking, jetzt in Jakarta. Und die Folgen dieser Politik, letzte Bemerkung, auch die kann man bereits vorzeigen. Im letzten Jahr hat die deutsche
Wirtschaft ein Wachstum gehabt von 2,8 %, die baden-württembergische von
4,1 %. Die deutsche Volkswirtschaft hat im letzten Jahr die Exporte um 6 %
gesteigert, die baden-württembergische um 10 %. 40 % des Außenhandelsüberschusses der deutschen Wirtschaft sind in Baden-Württemberg erwirtschaftet worden. Im letzten Jahr hat die baden-württembergische Wirtschaft
die Exporte in die Vereinigten Staaten von Amerika in einem Jahr um 44 %
gesteigert. Die USA sind heute unser Haupthandelspartner. Und was der entscheidende Bereich ist, nämlich die Arbeitsplätze – unsere Wirtschaft hat im
letzten Jahr nicht weniger als 44.000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen. Das
Wachstum hat also zu einer deutlichen Verbesserung am Arbeitsmarkt geführt.
Ob das in diesem Jahr unter völlig veränderten äußeren und inneren Rahmenbedingungen auch noch der Fall sein wird, wird sich zeigen, ist zumindest
fraglich. Und worauf ich mit am meisten stolz bin: Die Europäische Union hat
im letzten Dezember eine Statistik über Hochtechnologiearbeitsplätze in
Europa veröffentlicht. Unter allen Regionen aller 15 Mitgliedsländer Europas
liegt Baden-Württemberg an erster Stelle bei Hochtechnologiearbeitsplätzen.
Diese Politik, Bildungspolitik, Hochschulpolitik, Forschungspolitik,Technologiepolitik beginnt sich also bereits konkret auszuzahlen. Es gibt somit erstens
die Notwendigkeit und zweitens auch die tatsächliche und erfolgreiche
Gestaltung von Politik in Zeiten des globalen Wettbewerbs.
37
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
Globaler Wettbewerb als Motor weltweiter
Integration
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zum Prozeß der
Globalisierung sagen: Die beiden Haupt-Antriebskräfte
der wirtschaftlichen Globalisierung – ein unbeschränkter
Außenhandel und freier internationaler Kapitalverkehr –
stehen derzeit ja nicht überall hoch im Kurs. Seit den letzten sogenannten Globalisierungskrisen in Asien und Lateinamerika, von denen ja auch manche Industrieländer
durch Ansteckungseffekte betroffen waren und sind,
haben die Verfechter eines unreglementierten Waren- und
Prof. Dr. Renate Ohr
Universität Hohenheim
Kapitalverkehrs einen schweren Stand. Man scheint mehr
Verlierer der Globalisierung zu kennen als Gewinner: So nennen die von
Arbeitsmarktproblemen geplagten Industrieländer gerne den globalen Wettbewerb als Ursache ihrer internen Probleme. Manche krisengeschüttelten
„emerging countries“ beklagen ferner, daß sie zum Spielball volatiler Finanzmärkte geworden seien. Und schließlich gibt es noch die Ärmsten der Entwicklungsländer, die sich durch einen freien Welthandel oft eher ausgebeutet denn unterstützt fühlen.
Die Realität ist allerdings erheblich komplexer. Die akuten Krisen
verführen dazu, dem globalen Wettbewerb die eigenen hausgemachten Probleme anzulasten. Die Vorzüge der internationalen Arbeitsteilung, aber auch
des internationalen Kapitalverkehrs geraten darüber leicht in Vergessenheit.
Grundsätzliches Ziel des Außenhandels ist es, Exportgüter zu verkaufen, um
Importgüter zu erwerben – Importgüter, die im eigenen Land entweder gar
nicht oder nur weniger effizient und daher teurer oder nicht in den
gewünschten Ausprägungen und Varianten (Produktdifferenzierung) herge-
38D e u t s c h e F r a g e n
stellt werden können. Damit ermöglicht ein Abbau von Handels- und Mobilitätsschranken im Zuge der internationalen Arbeitsteilung Außenhandelsgewinne, und zwar immer dann, wenn sich diese Arbeitsteilung an den jeweiligen relativen (komparativen) Vorteilen der einzelnen Länder orientiert.
Diese sinnvolle Arbeitsteilung erfolgt in der Regel allerdings nur unter Konkurrenz- und Wettbewerbsdruck, da nur dann sich jedes Land und jedes
Unternehmen auf seine spezifischen Effizienzvorteile konzentrieren muß.
Es liegt aber leider oft der gefährliche Irrglaube
Globalisierung ermöglicht
vor, daß die am Welthandel beteiligten Länder um kon-
einen gegenseitigen Austausch
stante Absatzmärkte konkurrieren, so daß den Gewinnern
von Waren, Dienstleistungen,
des globalen Wettbewerbs immer auch entsprechende Ver-
Kapital, Arbeitskräften, Tech-
lierer gegenüberstehen müßten. Richtig ist statt dessen,
nologien und Wissen, der die
daß die Globalisierung einen gegenseitigen Austausch von
weltweite Güterversorgung
Waren, Dienstleistungen, Kapital, Arbeitskräften, Techno-
deutlich verbessert.
logien und Wissen ermöglicht, der die weltweite Güterproduktion und damit
auch die weltweite Güterversorgung deutlich verbessert und somit allen
Beteiligten Wohlfahrtszuwächse eröffnet.
Die zunehmende Liberalisierung und Globalisierung der Weltmärkte bewirken, daß sich die Unternehmen bei der Auswahl ihrer relevanten Absatzmärkte eben nicht nur auf das Inland konzentrieren müssen, sondern auch das Ausland einbeziehen können. Je größer die Absatzmärkte
hierdurch aber sind, um so eher können Massenproduktionsvorteile realisiert werden, die wiederum kosten- und preissenkend wirken. Der globale
Wettbewerb findet jedoch auch auf der Beschaffungsseite statt. Um international wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Unternehmen versuchen, sich
ihre Produktionsfaktoren und Produktionsmittel (Rohstoffe, Vorleistungen,
39
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
G l o b a l e r We t t b e w e r b a l s M o t o r w e l t w e i t e r I n t e g r a t i o n
Arbeitskräfte, Kapital, Technologien, Wissen) so günstig wie möglich zu
beschaffen. Indem man nach der weltweit günstigsten Beschaffungsquelle
sucht (global sourcing), kommt es auch zum entsprechenden Austausch der
Produktionsfaktoren. Das Ergebnis sind günstigere Produktionskosten, die
auch wieder letztlich dem Verbraucher zugute kommen.
Ein freier Außenhandel, freier internationaler Kapitalverkehr und
insbesondere auch internationale Direktinvestitionen gehen daher – entgegen den häufig anzutreffenden Befürchtungen – in der Regel nicht zu Lasten
Ein freier Außenhandel, freier
heimischer Arbeitsplätze. Außenhandel ist kein „Nullsum-
internationaler Kapital-
menspiel“ in dem Sinne, daß man um konstante Absatz-
verkehr und insbesondere
märkte konkurrieren müßte, sondern er führt über eine
auch internationale Direkt-
Spezialisierung der einzelnen Länder auf die Produktions-
investitionen gehen in der
bereiche, bei denen jeweils Kostenvorteile bestehen, zu
Regel nicht zu Lasten
einer effizienteren weltweiten Produktion und damit auch
heimischer Arbeitsplätze.
zu einer besseren weltweiten Güterversorgung. Diese
Wohlfahrtsgewinne kommen in der Regel allen beteiligten Ländern zugute.
Das Argument eines angeblichen Wettstreits von Volkswirtschaften auf den Weltmärkten ist daher oftmals vorgeschoben und verhindert, daß
die eigentlichen Ursachen nationaler wirtschaftlicher Probleme, die eben in
der Regel in der eigenen, nationalen Verantwortung liegen, in Angriff genommen werden.
Inwieweit aber kann nun der globale Wettbewerb als Motor wirken? Ein funktionsfähiger Wettbewerb zeichnet sich durch eine spezielle
Dynamik aus: Unternehmen (müssen) versuchen, ständig ihre Leistung zu
verbessern, um Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen. Die jeweiligen Konkurrenten müssen wiederum, um nicht aktuelle und potentielle
40D e u t s c h e F r a g e n
Außenhandel ist kein
Nachfrage zu verlieren, ebenfalls versuchen, ihre Marktlei-
„Nullsummenspiel“ in
stung zu verbessern. Im Idealfall führt ein funktionsfähiger
dem Sinne, daß man um
(dynamischer) Wettbewerb zu einer kontinuierlichen Lei-
konstante Absatzmärkte
stungsverbesserung in Form kostensparender Produktion,
konkurriert.
zu neuen, verbesserten bzw. preiswerteren Produkten und damit insgesamt
zu einer verbesserten Marktversorgung.
Internationaler Wettbewerb bedeutet somit nicht, daß der Erfolg
des einen Landes durch einen absoluten Verlust oder einen Nachteil des
anderen Landes erkauft werden muß. Es geht also nicht um die Verteilung
eines weltweit konstanten „Kuchens“, sondern darum, gemeinsam einen
größeren „Kuchen“ zu erstellen und ihn gemeinsam aufzuteilen.
Welchen Einfluß hat dies nun auf den Prozeß der weltwirtschaftlichen Integration? Lassen Sie mich dazu zunächst auf den Begriff der weltwirtschaftlichen Integration eingehen:Weltwirtschaftliche Integration kann
allgemein als das Zusammenwachsen von Volkswirtschaften bezeichnet
werden.
Dabei ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, wie dieses
Zusammenwachsen erfolgen kann oder soll. Entweder durch Öffnung, durch
Abbau nationaler Barrieren und gegenseitigen Austausch über einzelne
Märkte (Gütermärkte, Dienstleistungsmärkte, Arbeitsmärkte, Finanzmärkte)
oder durch ein gemeinsames Eingliedern einzelner Wirtschaftsbereiche
unter neue zentrale, supranationale Institutionen.
Man unterscheidet daher Marktintegration und institutionelle
Integration: Der Abbau zwischenstaatlicher Handels- und Mobilitätshemmnisse auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten, im Kapitalverkehr, auf den
Arbeitsmärkten oder auch auf den Devisenmärkten führt zu einer wachsen-
41
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
G l o b a l e r We t t b e w e r b a l s M o t o r w e l t w e i t e r I n t e g r a t i o n
den internationalen Verflechtung der Märkte – zur Marktintegration. Zielsetzung der Marktintegration ist ein über die Grenzen hinweg unbeschränkter Wettbewerb der Anbieter, aber auch der Nachfrager auf allen relevanten
Märkten. Das Zusammenwachsen der Volkswirtschaften erfolgt hierbei
durch gegenseitige Interdependenzen und Verflechtungen auf gleicher
Ebene.
Hinter der Forderung nach Marktintegration steht eindeutig die
Zielsetzung einer ökonomischen Integration auf der Basis der – wie der Ökonom sagt – optimalen Allokation der Ressourcen: Jedes Land, jedes Unternehmen soll sich auf jene Produkte spezialisieren, für das es die günstigsten
Voraussetzungen hat. Durch grenzüberschreitende Liberalisierung und Deregulierung der Märkte können jene Wettbewerbskräfte freigesetzt werden,die
Hinter der Forderung nach
diese ökonomische Effizienz fördern. Eine Verbindung von
Marktintegration steht die
Volkswirtschaften kann jedoch auch erreicht werden,
Zielsetzung einer optimalen
indem neue gemeinschaftliche Institutionen gebildet wer-
Allokation der Ressourcen.
den, womit die beteiligten Wirtschaftsräume – zumindest
in bestimmten Bereichen – den gleichen ökonomischen Vorgaben und institutionellen Rahmenbedingungen ausgesetzt werden. Man spricht hier von
institutioneller oder politischer Integration. Hierdurch entstehen nicht
automatisch marktmäßige Verflechtungen der Volkswirtschaften auf gleicher
Ebene, sondern zunächst nur die gleichen Abhängigkeiten von der gemeinsamen zentralen Institution.
Die Idee der institutionellen Integration basiert somit primär
weniger auf der Forcierung eines freien internationalen Wettbewerbs, statt
dessen werden zunächst Effizienzgewinne aus institutionellen Harmonisierungen und zentralisierten Entscheidungen unterstellt. Weitere – markt-
42D e u t s c h e F r a g e n
„ J e s t ä r k e r d i e Vo l k s w i r t s c h a f t e n v e r flochten sind, um so geringer wird die
G e fa h r k r i e ge r i s c h e r Au s e i n a n d e r s e t z u n g e n .“
43
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
G l o b a l e r We t t b e w e r b a l s M o t o r w e l t w e i t e r I n t e g r a t i o n
mäßige – Verflechtungen entstehen hier nur dann, wenn durch die Schaffung
gleicher institutioneller Rahmenbedingungen auch ähnliche ökonomische
Entwicklungen ausgelöst werden und diese Ähnlichkeiten wiederum zu verstärkten marktbezogenen Austauschbeziehungen zwischen den Mitgliedern
der Integrationsgemeinschaft führen. Durch die gemeinsame Eingliederung
unter eine zentrale Institution wird allerdings zugleich der zwischenstaatliche Wettbewerb entsprechender Institutionen in den einzelnen Ländern
eingeschränkt.
Generell ist wirtschaftliche Integration kein eigenständiges Ziel,
sondern ein Mittel, um bestimmte andere Ziele, wie effizientere Produktionsmöglichkeiten, größere Absatzmärkte, billigeren Bezug von Rohstoffen oder
aber auch eine intensivere politische Integration, zu erreichen. Als ökonomisch rational ist die Intensivierung der Integration dann anzusehen, wenn
damit tatsächlich anhaltende wirtschaftliche Wohlfahrtszuwächse in den
beteiligten Ländern erzielt werden können. Institutionelle Integration und
Marktintegration können sich dabei allerdings auch behindern. Das institutionelle Bestreben nach Harmonisierung und Vereinheitlichung in weiten
Bereichen der Güter- und Faktormärkte kann auch volkswirtschaftliche
Kosten verursachen, die die Vorteile der Marktintegration beeinträchtigen.
Man denke nur an den europäischen Agrarmarkt. Bei der Verwirklichung
des EU-Binnenmarktes versuchte man dieser Tatsache allerdings z. B. insofern Rechnung zu tragen, als man das Prinzip der ex-ante-Harmonisierung
von Normen und Regulierungen (z. B. Umweltschutz-, Sicherheits- und
Gesundheitsschutzvorschriften) nur noch in Ausnahmefällen verfolgt und
statt dessen das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (Äquivalenzprinzip)
der jeweiligen nationalen Regulierungen vorrangig verwendet.
44D e u t s c h e F r a g e n
Andererseits kann ein funktionsfähiger globaler Wettbewerb aber auch nur
zustande kommen und Bestand haben, wenn bestimmte wettbewerbssichernde Voraussetzungen erfüllt sind, d. h. bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sind, damit der Wettbewerb nicht durch marktbeherrschende
Positionen oder infolge von Marktversagen beschränkt oder sogar aufgehoben wird. Zur Gewährleistung eines funktionsfähigen und dynamischen
Wettbewerbs können daher auch bestimmte institutionelle Integrationstendenzen notwendig werden, indem eine Einigung über bestimmte ordnungspolitische Voraussetzungen getroffen werden muß.
Der europäische Binnenmarkt z. B.repräsentiert die höchste Stufe
eines Prozesses der Marktintegration. Mit ihm ist per se ein hohes Maß an
Institutionenwettbewerb verbunden. Institutionenwettbewerb kann dabei
als Wettbewerb der immobilen Faktoren (z. B. gebundenes Realkapital, Infrastruktur, Steuersystem, öffentliche Güter, soziales Netz, Währungsstabilität)
um die mobilen Faktoren (Direktinvestitionen, Arbeitskräfte) interpretiert
werden.
Die europäische Währungsunion dagegen ist eine Form der institutionellen Integration, bei der die Konkurrenz der Währungen und damit
der Wettbewerb der nationalen geldpolitischen Institutionen zugunsten zentraler währungspolitischer Entscheidungen ausgeschaltet ist. Es liegt dabei
die Vorstellung zugrunde, daß diese Form der institutionellen Integration
letztlich auch zu mehr Marktintegration führen könnte, indem Reibungsverluste durch die Existenz verschiedener Währungen und möglicher Wechselkursschwankungen zwischen diesen Währungen ausgeschaltet werden. Den
Protagonisten des Euro erschien dies gerade wegen des globalen Wettbewerbs notwendig, um die Position europäischer Unternehmen zu stärken.
45
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
G l o b a l e r We t t b e w e r b a l s M o t o r w e l t w e i t e r I n t e g r a t i o n
Zur Gewährleistung eines
funktionsfähigen und dynamischen internationalen Wett-
Inwieweit dies durch die gemeinsame Währung tatsäch-
bewerbs muß eine Einigung
lich gelingen kann und wird, hängt u. a. von der Stabilität
über bestimmte ordnungs-
des Euro ab und davon, ob diese gemeinsame Währung
politische Voraussetzungen
und die damit verbundene gemeinsame Geldpolitik
getroffen werden.
dauerhaft eine gemeinsame Akzeptanz finden oder es
zu verstärkten Reibereien und Zwistigkeiten in der Gemeinschaft kommt,
die die Effizienz der nationalen und europäischen Wirtschaftspolitik letztlich
beeinträchtigen.
Im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Stärkung der
internationalen Wettbewerbsposition Europas möchte ich noch kurz auf die
Frage des Standortwettbewerbs eingehen. Der globale Wettbewerb wird vielfach auch als Gefahr angesehen, indem er als Wettbewerb um die Arbeitsplätze interpretiert wird. So wird gerade in Deutschland oftmals der ungünstige Saldo an Direktinvestitionen erwähnt: Deutschland investiert sehr viel
mehr im Ausland als ausländische Investoren in Deutschland tätig werden.
Dies wird oft als Zeichen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit gesehen und
dann als „Export von Arbeitsplätzen“ bezeichnet.Vernachlässigt wird dabei
z. B. vollständig, daß wir Vize-Weltmeister im Export von Gütern sind!
Entscheidendes Problem einer derartigen Interpretation ist aber
darüber hinaus, daß das Motiv der Direktinvestitionen unberücksichtigt
bleibt. Die meisten Investitionen von deutscher Seite aus werden als absatzorientierte Investition getätigt: Vielfach ermöglicht erst eine gewisse Produktion vor Ort die umfassende Erschließung eines ausländischen Absatzmarktes, indem das Produkt und das Unternehmen dort bekannt werden,
indem Serviceleistungen angeboten werden können und indem die größere
Marktnähe eine bessere Berücksichtigung der Kundenpräferenzen ermög-
46D e u t s c h e F r a g e n
„ E i n f u n k t i o n s f ä h i g e r We t t b e w e r b
führt zu einer kontinuierlichen
L e i s t u n g s v e r b e s s e r u n g .“
47
Deutsche Fragen
P r o f . D r. R e n a t e O h r
G l o b a l e r We t t b e w e r b a l s M o t o r w e l t w e i t e r I n t e g r a t i o n
Direktinvestitionen ermöglichen oft erst die umfassende
Erschließung eines ausländi-
licht. Es werden damit dann keine bisherigen Exporte ver-
schen Absatzmarktes.
drängt, sondern u. U. vielleicht sogar auch noch neue
zusätzliche Absatzmärkte für andere Produkte des Investors geöffnet. Mit
solchen Direktinvestitionen gehen daher auch keine Arbeitsplätze im Inland
verloren, sondern sie werden statt dessen eher stabilisiert. Selbst wenn eine
Direktinvestition kostenorientiert erfolgt (etwa aufgrund geringerer Lohnkosten in Asien oder Osteuropa) kann dies zu günstigeren Zulieferungen
führen und damit die Weiterverarbeitung in Deutschland wettbewerbsfähig
halten.
Für Entwicklungs-, Schwellen- oder Transformationsländer bedeutet im übrigen der Empfang von Direktinvestitionen zumeist auch einen
Transfer von Humankapital, der das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte
verbessert, die Imitations- und Innovationsfähigkeit erhöht und die Verbreitung des technischen Fortschritts erleichtert. Dem dort zumeist vorhandenen Mangel an Humankapital, spezifischer Unternehmerleistung und
Managementkenntnissen wird damit entgegengewirkt, so daß sich die Ausgangsposition dieser Länder für eine gewinnbringende Teilnahme an der
internationalen Arbeitsteilung erhöht.
Auch dies ist aber kein Verlust für die etablierten Industrieländer,
sondern ein Gewinn, da mit höherem Wirtschaftswachstum bisher unterentwickelte Länder wiederum als expandierende Absatzmärkte für die etablierten Industrieländer relevant werden. Den zunehmenden Importen aus
kostengünstigen Ländern stehen daher in der Regel entsprechend oder sogar
stärker steigende Exportchancen gegenüber. So hat Deutschland z. B.
gegenüber den meisten osteuropäischen Ländern und den meisten Schwellenländern eindeutige Exportüberschüsse!
48D e u t s c h e F r a g e n
Je mehr Volkswirtschaften
Lassen Sie mich zum Abschluß noch einen letzten Punkt anspre-
handelsmäßig, personell und
chen: Je stärker die Volkswirtschaften handelsmäßig, personell kapitalmäßig ver flochten sind,
und kapitalmäßig verflochten sind, je größer also die gegensei-
um so geringer ist die Gefahr
tigen Abhängigkeiten sind, um so geringer wird letztlich auch
politischer Auseinanderset-
die Gefahr politischer Auseinandersetzungen sein. Um so mehr
zungen.
Interesse besteht auch, kooperative Wege zu suchen, statt Konflikte zuzulassen. Setzt man jedoch nicht auf den Wettbewerb als Integrationsmotor,
möchte aber trotzdem ein gewisses Zusammenwachsen der Volkswirtschaften erreichen, so ist dies nur durch übergeordnete zentrale Lenkung
möglich. Dies führt jedoch in der Regel zu schlechteren ökonomischen
Ergebnissen und dadurch auch wiederum leicht zu Zwistigkeiten und gegenseitigen Schuldzuweisungen,die letztlich die gewünschte Integration wieder
gefährden.
49
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
Herr Ministerpräsident,
meine Damen und Herren,
ich betrachte es als eine Ehre und als ein Vergnügen, vor
diesem eminenten Kreis einige Überlegungen zu Ihrer
Grundlagenreflexion beisteuern zu dürfen – einer Reflexion, die im gegebenen Fall auch die Selbstbestimmung
einer Branche oder eines Wirtschaftszweiges betrifft. Ich
werde versuchen, in der notwendigen und unvermeidlichen Indirektheit zu sprechen, die ein philosophischer Beitrag zu einem Thema wie diesem annehmen muß.
Prof. Dr. Peter Sloterdijk
Staatliche Hochschule für
Gestaltung Karlsruhe
Man hätte mich sicher nicht eingeladen, zu
Ihnen zu reden, wenn man nicht bereit wäre, die Frage
nach der Globalisierung der Wirtschaft auch in einer nicht direkt sachdienlichen, nicht ökonomischen Tonart für behandlungswürdig zu halten, denn
man weiß im allgemeinen, daß Philosophen nicht so sehr zur Sache als zu
den Bedingungen der Sachen sprechen. Und eben in meiner Eigenschaft als
Experte für Bedingungen von Sachen im allgemeinen darf ich mich an Sie
wenden. Darum arbeitet sich mein Vortrag, anders als bei sonstigen ordentlichen Sachvorträgen, heute nicht vom Allgemeinen zum Besonderen voran,
sondern vom Allgemeinen zum sehr Allgemeinen, wobei mir nur die Hoffnung bleibt, daß Sie, was nun folgt, nicht als einen unangebrachten Höhenflug interpretieren werden.
Im wesentlichen möchte ich die Grundthese, die wir von Frau
Kollegin Ohr gehört haben, mit anderen Mitteln noch einmal verstärken. In
der Tat: Die Globalisierung ist nichts Neues, die Europäer globalisieren seit
500 Jahren unentwegt. Ich schlage in dieselbe Kerbe, indem ich zeige, daß
50D e u t s c h e F r a g e n
die terrestrische Globalisierung und die Flucht vor ihren Folgen gleich alt
sind – nämlich ein volles halbes Jahrtausend, sofern wir die erste KolumbusFahrt von 1492 als den Auftakt zum Zeitalter der real
Die Globalisierung ist nichts
geschehenden Globalisierung interpretieren. Die Wettbe-
Neues, Europäer globalisieren
werbsfurcht der älteren Europäer hat sich ausgedrückt in
seit 500 Jahren unentwegt.
der Furcht der agrarischen und physiokratischen Mentalität gegenüber der
aufkommenden Industrie und der maritimen Weltwirtschaft. Die führenden
Antiglobalisierer der letzten Jahrhunderte waren ozeanophobische Charaktere. Wir hingegen sind heute mehr phobisch gegenüber der globalisierten
Börse, die in einer gewissen Weise die Fortführung des ozeanischen Spiels
auf einer anderen Ebene darstellt.
Aber lassen Sie mich zunächst einmal zu den einfachen Allgemeinheiten kommen, die ich versprochen habe. Meine Analyse beginnt
damit, daß ich den Begriff Globalisierung in seinem etymologischen Kern
viel ernster nehme, als dies üblicherweise in den öffentlichen Diskussionen
geschieht. Die Deutschen haben den Vorzug, zusammen mit den Amerikanern in dieser Angelegenheit den richtigen Begriff zu benutzen – nämlich
„globalisation“ – im Unterschied zu den Franzosen, die hier von Mondialisation sprechen, was ein falscher Begriff ist. Es geht nämlich in der Tat um den
Globus als solchen.Was ist aber ein Globus? Ein Globus ist fürs erste nichts
anderes als eine mathematische Konstruktion, er gehört also zunächst den
Geometern und den Philosophen und erst in zweiter Linie den Globographen, den Kosmographen und ganz zuletzt den Ökonomen und den Touristen. Der Globus ist darum kein deutsches Patent, auch wenn das erste erhaltene Erdglobenexemplar, wie Sie vielleicht wissen, aus deutschen Händen
stammt. Er steht im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg – ein Glo-
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Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
bus, der seltsamerweise in dem schicksalhaften Jahr 1492 durch den Nürnberger Kaufmann Martin Behaim nach portugiesischen Modellen angefertigt
wurde. Er zeigt noch den vorkolumbianischen Umriß der Kontinente und
präsentiert somit noch das alte ptolemäische Drei-Kontinente-Weltbild, und
doch schon auf der richtigen Form, nämlich der des Kugelplaneten, aufgetragen. Daher kann man sagen, daß Behaim genauso recht hatte wie Kolumbus, denn Amerika entdecken und den Globus darstellen sind sinngemäß
dieselbe Aktion in zwei verschiedenen Medien.
Kurzum, ich möchte Sie darauf hinweisen, daß die Globalisierung
zunächst eine antike Mathematikerangelegenheit gewesen ist. In dieser HinDie Kugel ist das Ernsteste,
sicht kommt ihr eine ganz andere Bedeutung zu, als wir ihr
worüber Menschen überhaupt
heute beizumessen geneigt sind. Denn die Grundthese
nachdenken können.
aller antiken Globalisierungsdiskussionen, die unter dem
Titel Metaphysik bekannt sind, läßt sich mit dem Satz wiedergeben: „Es ist
mit der Form des Kreises und der Kugel todernst.“ Die Kugel ist das Ernsteste, worüber Menschen überhaupt nachdenken können.Warum? Weil wir in
der Gestalt der Kugel ein Mittel entdeckt haben, uns der Form des Weltganzen zu vergewissern; weil die Kugel die Gestalt darstellt, unter welcher allein
sich eine überzeugende rationale Vorstellung vom Kosmos gewinnen läßt.
Diese Auffassung wurde klassisch gemacht in der naturphilosophischen
Schrift des späten Platon, Timaios, die von der Schöpfung der Welt durch
einen vollkommenen und weisen Schöpfer handelt. Dieser Urheber aller
Dinge konnte aufgrund seiner Bestheit nicht anders, als seinem ersten Werk
die beste aller Formen zu verleihen – weswegen der Kosmos unweigerlich
kugelgestaltig geraten mußte.
52D e u t s c h e F r a g e n
Der Kosmos ist eine alles enthaltende Kugel. Diese naturphilosophische
Erkenntnis ist der wirkliche Anfang der Globalisierung. Mithin sind letztlich
die Philosophen an der Globalisierung schuld. Sollten Sie je in die Verlegenheit kommen, meine Damen und Herren, einen Schuldigen zu suchen, und
sollten die Herren Martin und Schumann und Frau Forrester, denen wir die
wirksamsten Plädoyers der Anklage gegen den Schrecken der ökonomischen
Globalisierung verdanken, sich eines Tages doch an die wirklichen Schuldigen wenden wollen, dann sollten Sie sie an die philosophische Adresse weiterschicken und ihnen erklären, die Nationalökonomen hätten nur eine Teilzuständigkeit in dieser Angelegenheit und die Gesamtzuständigkeit befände
sich, falls überhaupt irgendwo, bei den alten Metaphysikern und ihren neuzeitlichen Erben. Ich denke, mit dieser Umadressierung kommen wir in der
Ursachen- und Urheberfrage ein gutes Stück weiter und können das Globalisierungsproblem auf reelle Grundlagen stellen.
Der Sinn der philosophisch-geometrischen Konstruktion im Großen bestand offenkundig darin, den Menschen auf eine neuartige und verbindliche Weise zu erklären, wo sie sind, wenn sie in der Welt sind. Der Nutzen einer solchen Erklärung liegt auf der Hand: Man fühlt sich in der Welt
verloren, man möchte wissen, wo man sich aufhält. Die Antwort der alten
Metaphysiker war das erste überzeugende, ja vielleicht überhaupt das überzeugendste Orientierungssystem, das jemals den Menschen in der westlichen Welt angeboten worden ist. Denn sie erteilte den Ratsuchenden die
Auskunft: „Du bist, wo immer du sein magst, in einer Kugel, aus der du nicht
herausfallen kannst. Du bist in einer Ordnungsstruktur enthalten, die zu verlassen schlechterdings nicht möglich ist, weil die Kugel eben genau das ist,
was alles umfaßt. Du bist, wo immer du bist, am Platz.“ Diese Information ist
53
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
sozusagen ein morphologisches Evangelium, das von den frühen Philosophen verkündet wurde, um den Menschen unruhiger Zeiten, wie es die antiken und spätantiken Jahrhunderte waren, beruhigend zuzusprechen. Der
philosophisch-kosmologische Zuspruch übermittelte eine Art von guter
Nachricht aus jener Welt der Ordnung, an der wir zur Hälfte Anteil haben,
sofern wir mit dem erleuchteten Teil unseres Intellekts in die intelligible
Sphäre hineinragen, während wir im übrigen von den empirischen Turbulenzen verschlungen werden.
Globalisierung beginnt – das muß nachhaltig herausgearbeitet
werden – als eine Geometrisierungsrevolution des Denkens, genauer als eine
Globalisierung beginnt als
uranometrische Revolution. Wenn wir hier den Ausdruck
eine Geometrisierungs-
Geometrie benutzen, dürfen wir nicht an das denken, was
revolution des Denkens.
uns unsere Mathematiklehrer über diesen Begriff beige-
bracht haben. Sie erzählen uns nämlich in der Regel die erbauliche
Geschichte, daß die Ägypter beim Versuch, die Felder des vom Nil überschwemmten fruchtbaren Landes abzustecken, die Kunst, mit Winkeln und
Radien zu arbeiten, entdeckt hätten. Das ist nicht ganz falsch und doch nur
der kleinere Teil der Wahrheit. Der größere Teil erscheint in dem Umstand,
daß die griechischen Philosophen am Himmel eine Entdeckung gemacht
haben, unter deren Feedback wir bis heute leben. Sie haben am Himmel
etwas entdeckt, was es auf Erden nicht gibt: nämlich den reinen Punkt, den
puren Lichtpunkt auf dunklem Grund. Auf der Erde gibt es keine Punkte –
ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist. Der Blick zum Himmel aber
macht eine quasi-mathematische Idee empirisch zwingend, nämlich, daß es
Punkte gibt, mit denen man praktisch nichts anfangen kann, die völlig nutzlos sind, außer daß man mit ihnen geometrische Figuren konstruiert. Man
54D e u t s c h e F r a g e n
kann im bloßen Denken Linien ziehen zwischen Punkten. Mit dieser
Erkenntnis beginnt der griechische Zugang zur Geometrie – und dieser ist
ein ganz anderer als der der ägyptischen Schlammarbeiter. Die Griechen sind
nicht Geometer im genauen Sinn des Wortes, also Erdmesser, sondern eigentlich Uranometer, Himmelsmesser, die durch ihre Leidenschaft für die Struktur des Himmels uns Europäer auf den Weg einer Wissenschaft vom Ganzen
gebracht haben, die im Zeichen der Kugel, sprich des runden Kosmos, steht.
Die Griechen hätten im übrigen nicht von Globalisierung gesprochen, sondern von Sphärisierung, was in der Sache dasselbe meint; denn was den Griechen die Sphaira ist, das ist den Römern der Globus.
Wie kommen wir von diesem Ausgangspunkt nun zu den aktuellen
Fragen, die uns in diesem Zusammenhang bewegen? Eine erste Spur dorthin
habe ich schon gelegt, indem ich darauf hingewiesen habe, daß das alte metaphysische Globalisierungswissen den Sinn hat, den Menschen Antworten auf
Lokalisierungsfragen zu geben:Wo immer du sein magst, bist du, wenn du in
der größten Kugel bist, am richtigen Ort. Der wahre Weise
Der wahre Weise ist der-
ist derjenige, der verstanden hat, daß er selbst, wo immer er
jenige, der verstanden
sein mag, nur als eine lokale Funktion des Kosmos funktio-
hat, daß er selbst, wo immer
nieren kann. Du bist, wo immer du bist, ein Angestellter des
er sein mag, nur als eine
Ganzen. Du bist ein Relais, eine Schaltstelle des Umfassen-
lokale Funktion des Kosmos
den. Du kannst nicht aus dem Ganzen austreten. Das bedeu-
funktionieren kann.
tet im übrigen für die Vorläufer der globalisierten Alltagskultur in der Antike,
für die Intellektuellen, für die reisenden Philosophen, für die Kaufleute, für
die Offiziere im Außendienst, für die entsandten Beamten des Reiches, daß sie
allesamt die Fähigkeit erlernen mußten, auch außerhalb ihrer Heimat zu funktionieren – eine Fähigkeit, die sich bekanntlich nicht von selbst versteht.Wer
55
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
jemals im Außendienst war, weiß, daß Exilfähigkeit ein hohes Gut ist, das man
trainieren muß. In der Neuzeit waren die Jesuiten, soweit ich sehe, die erste
Gruppe von Europäern, die den entsendbaren Menschen systematisch
gezüchtet haben – und zwar in einem sehr harten psychologischen Training,
neben dessen Ergebnissen wir zeitgenössische Menschen allesamt einen sehr
weichen und verwöhnten Eindruck machen. Denn wir verlangen, wenn wir
entsandt werden, daß in Singapur und in Sydney dasselbe Hilton steht wie in
Stuttgart. Das konnte der Jesuit auf Außendienst seinerzeit nicht erwarten,
denn für ihn hieß es, sich auch unter härtesten Bedingungen den Verhältnissen draußen anzupassen.
Die Globalisierungsproblematik der Neuzeit beginnt sich von
dem Augenblick an zu regen, in dem klar wurde, daß die Form der Kugel
nicht nur für den Himmel gilt, sondern auch auf die Erde übergreift. Das
christliche Mittelalter hat, wie Sie wissen, zu einer relativen Retardierung der
kosmologischen Aufklärung geführt und sich zu der bemerkenswerten Weltanschauung bekannt, daß die flache Scheibe der Erde von einem System von
kugeligen Ätherschalen umgeben sei.
Nun, der historische Einschnitt der frühen Neuzeit, der sich mit
dem Namen Kolumbus verbindet, gehört unmittelbar in die Geschichte unserer aktuellen Sorgen.Wenn Kolumbus den Weg nach Amerika findet, genauer
gesagt nach Indien, welches sich zu seiner Überraschung (die allerdings erst
postum eintrat) als ein unerwarteter Doppelkontinent namens Amerika
erweisen sollte, so hat er den Europäern den Weg nach Westen gewiesen und
ihnen den Atlantik als ihr neues Mittelmeer, als modernes mare nostrum
erschlossen. Aus seinem Sprung über das Meer nach Westen wurden fünfzehn Jahre nach seinem Tod die weltgeschichtlichen Konsequenzen gezogen
56D e u t s c h e F r a g e n
– ich spreche von der Magellanfahrt zu den Gewürzinseln der Molukken, aus
welcher sich die erste vollständige Weltumsegelung ergeben sollte. Im Jahre
1519 beginnt die Geschichte, an der wir immer noch weiterschreiben: Da
rüstet die spanische Krone unter dem Kommando eines abtrünnigen Portugiesen eine kleine Flotte von fünf Schiffen aus, mit 240 oder 280 Mann Besatzung an Bord. Die Angaben sind schwankend, jedoch nicht auf belanglose
Weise, denn wenn man die Havariequote und die Verlustrate an Mannschaften und Schiffen dieses ersten umfassenden Globalisierungsabenteuers präzise ausrechnen wollte, wären präzise Ausgangsdaten vonnöten. Gewiß ist
lediglich, daß im Herbst des Jahres 1522 nicht mehr als achtzehn Überlebende der ersten Weltumrundung wieder in Sevilla eintrafen.
Mit der Fahrt, die im August 1519 von Sevilla aus gestartet worden
ist, treten wir ein in die Problemlage,die uns heute noch beschäftigt.Was passierte da? Magellan wollte, im Einklang mit den Projekten der spanischen
Krone, der erste sein, der auf dem Westkurs einen Weg zu den sagenumwobenen Gewürzinseln findet. Die spanischen Fürsten waren damals gewiß
ebenso tüchtig wie die modernen Landesväter von Baden-Württemberg. Ihr
Ehrgeiz war es, den damals interessantesten Weltmarkt zu erobern, den Markt
der Gewürze. Europäer haben die weite Welt bekanntlich vor allem deswegen aufgesucht, weil sie Gewürzabhängige waren. Sie waren süchtig nach
den Luxusdrogen Pfeffer, Zimt, Nelken und so weiter und suchten nach Auswegen aus dieser Abhängigkeit – freilich nicht den Ausweg des Verzichts auf
die unentbehrlich gewordenen Geschmacksdrogen, sondern den Weg aus
der Abhängigkeit vom venezianischen Monopol auf diesem interessantesten
aller Märkte. Man darf so weit gehen zu behaupten, daß der Gewürzhandel
der Drogenhandel des ausgehenden Mittelalters gewesen ist – und man
57
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
sollte sich nicht wundern, daß nicht nur die Gewürze selbst, sondern vor
allem auch die märchenhaften Gewinnspannen dieses Handels die Appetite
der Zeitgenossen geweckt haben. Und so begannen die iberischen Fürsten,
von Flotten zu träumen, deren Ausrüstung sich allen Risiken und Kosten zum
Trotz in vorzügliche Geschäfte umrechnen würden, wenn es nur gelänge,
jene mysteriösen Molukken zu erreichen, auf denen sich die begehrtesten
Güter der Epochen finden ließen: Pfeffer, Nelken, Ingwer – die Aphrodisiaka
der damaligen Unternehmerklasse.
Unter den Pionieren der frühen terrestrischen Globalisierung
ragt also die Gruppe der Gewürzbeschaffer hervor. Diese Fernhändler sind
es, die an die Entwicklungsfähigkeit des europäischen Gaumens geglaubt
haben und die ihre Geschäfte auf die Überzeugung aufgebaut haben, daß das
bessere Leben am Gaumen beginnt. Der Geist der Utopie und das Unternehmertum sind bis hierher ein und dasselbe, denn beide sind orale FunkGlobalisierung bedeutet auch,
tionen, beide bedienen denselben Appetit, der seine Uner-
daß man Europa zunehmend
sättlichkeit offen zeigt. Magellan selber ist bei einem
mit den Augen der Zurück-
überflüssigen Scharmützel auf den Philippinen ums Leben
kommenden sieht.
gekommen. Mehrere Schiffe seiner kleinen Flotte gingen
im Sturm und bei Meutereien verloren, und eine einzige von den aufgebrochenen Fregatten, die kleine Victoria, kam im September 1522 mit den
erwähnten 18 fast verhungerten Seeleuten an Bord nach Spanien zurück. Sie
landete in der Hafenstadt San Lucar de Barrameda und bezeugte mit ihrer
bloßen physischen Wiederkehr die ungeheuren Tatsachen, auf denen die
gesamte Neuzeit beruht: daß zum einen die Erde in einer Richtung umrundet werden kann, daß folglich die sogenannten Weltmeere einen Zusammenhang bilden und global navigierbar sind und daß schließlich der gesamte
58D e u t s c h e F r a g e n
Planet umgeben ist von einer Atmosphäre, die von europäischen Seeleuten
geatmet werden kann – was vor dem Beweis durch die Erfahrung keineswegs so selbstverständlich war wie es in der zurückblickenden Betrachtung
scheint. Was die Rückkehrer der Magellanfahrt mitbrachten, war ein nicht
länger zu ignorierender Hinweis auf die atmosphärische Einheit der Erdoberflächen – auf das Windsystem und das Klimasystem, welches in gewissen
Grenzen verläßlich funktioniert. Man weiß jetzt, daß man nicht nur Hinfahrten wagen kann, sondern daß die Rückkehr ebenso möglich ist.Tatsächlich
bedeutet die Globalisierung auch dies: daß man Europa zunehmend mit den
Augen der Zurückkommenden sieht.
Eben dies ist der Moment, in dem sich die Standortfrage zum
ersten Mal in ihrer weltgeschichtlichen Bedeutsamkeit meldet. Denn ein
Standort – das fühlen alle, die das Wort benutzen, ohne es philosophisch herzuleiten –, ein Standort ist ein Ort, mit dem es eine nicht
Der Standort ist das Gegenteil
geheure Bewandtnis hat – ein Ort, der auf eine typisch
einer ursprünglichen Heimat.
moderne, ja revolutionäre Weise in den Vergleich und den Wettbewerb der
Orte hineingezogen worden ist. Das Besondere an einem Standort ist nicht
die Tatsache, daß man an ihm lebt, weil man an ihm geboren ist – der Standort ist ja das Gegenteil einer ursprünglichen Heimat.Vielmehr ist er die Auffassung von einem Ort, wie man sie gewinnt, nachdem man aus ihm entwurzelt ist – einem Ort, den man verlassen hat, um die Welt zu umrunden,
und den man nach der großen Schleife um das Ganze herum wieder erreicht.
Das Leitwort, das sich hinter der Frage nach
Erreichbarkeit ist das latente
dem Standort verbirgt, lautet somit Erreichbarkeit. Mit die-
und manifeste Tiefenthema
sem Begriff kann man erläutern, warum zahllose Men-
der gegenwärtigen Epoche.
schen in Europa, insbesondere die Deutschen, die Standortdebatte so inten-
59
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
Europäer sind nicht mehr nur
Entdecker, sondern auch
Entdeckte, nicht mehr nur
siv und so beunruhigt führen: Erreichbarkeit ist in der Tat
Erreichende, sondern auch
das latente und manifeste Tiefenthema der gegenwärtigen
Erreichte.
Epoche. Deren Kennzeichen ist es, daß die Erreichten nun
nicht mehr allein die anderen sind, sondern auch wir selbst. Wir sind somit
offensichtlich in die zweite Phase in der Geschichte der Erreichbarkeit eingetreten: 450 Jahre lang haben wir das Thema Erreichbarkeit allein unter
dem Gesichtspunkt der Hinfahrt diskutiert und haben dabei die Globalisierung im wesentlichen als ein europäisches Privileg betrieben. Europäer sind
die Hinfahrer par excellence im Globalisierungsprozeß gewesen, sie haben
die Erstschlagkapazität in Globalisierungsangelegenheiten besessen und
haben den Primat der Hinfahrt radikal ausgekostet, nicht selten bis zum bitteren Ende für die betroffenen anderen; sie haben unerhörte Gewinne eingefahren und sich als die legitimen Herren des Globus gefühlt. Jetzt aber treten sie in eine Phase ein, wo auch die anderen das Hinfahren ebenso gut
gelernt haben wie sie selbst.Von da an sind die Europäer nicht mehr nur Entdecker, sondern auch Entdeckte, nicht mehr nur Erreichende, sondern auch
Erreichte.
Wir sind somit in das Zeitalter der Gegenentdeckungen eingetreten und müssen uns damit auseinandersetzen, daß die Perspektiven reversibel geworden sind. Zwar waren wir es, die die anderen zuerst entdeckt
haben, inzwischen aber entdecken sie uns auch. Sie haben sie, meine Damen
und Herren, sicher wahrgenommen, diese Fremden, die überall in unseren
Städten aufgetaucht sind und uns photographieren, als wären wir exotische
Eingeborene. Sie demonstrieren uns, obwohl sie nur harmlose Touristen
sind, den Ernst der Lage. Sie zeigen uns, daß wir eingetreten sind in das Zeitalter der Gegenerreichbarkeit – das ist tatsächlich der entscheidende Aus-
60D e u t s c h e F r a g e n
druck. Es stellt sich jeden Tag deutlicher heraus, daß die anderen es zu uns
nicht mehr weiter haben als wir zu ihnen – und daß dies für Personen, Güter
und Informationen gilt.Aus der Summe unserer Erfahrungen mit dem Gegenverkehr der anderen ergibt sich erst diese neue Globalisierungsnervosität,
die uns heute in besonderer Weise durcheinanderwirbelt. Wir spüren, daß
epochale Privilegien verlorengegangen sind und daß ein neues Realitätsprinzip seine Forderungen anmeldet. Die Europäer haben mit dem Hinfahren, mit dem Globalisieren in der aktiven Phase, aufs Ganze gesehen sehr vorteilhafte Erfahrungen gemacht, und sie fragen sich jetzt, ob sie auch künftig
im Besitz ihrer gewohnten Globalisierungsvorteile bleiben werden. Für sie
ist eine Periode selbstkritischer Besinnung angebrochen, seitdem sie das
Unrecht, das in der imperialistischen und kolonialistischen Einseitigkeit lag,
haben einsehen müssen. Erst recht müssen sie jetzt den Gegenverkehr tolerieren, den sie selber ausgelöst und provoziert haben.
Wenn man eine Großraumbetrachtung des Globalisierungsvorganges vornimmt, zeigt sich eine Situation, auf die wir uns eben nicht nur aus
wirtschaftlichen Gründen, sondern auch mit Rücksicht
Wir spüren, daß epochale
auf die moralische Gesamtverantwortung für den Welt-
Privilegien verlorengegangen
prozeß noch viel entschiedener als bisher einlassen müs-
sind und daß ein neues
sen. Die Europäer müssen sich, denke ich, viel mehr als
Realitätsprinzip seine Forde-
üblich zu ihrer 500jährigen Globalisierungsgeschichte
rungen anmeldet.
bekennen. Es kommt ihnen zu, sich auch im Zeitalter des Gegenverkehrs und
der Gegenerreichbarkeit – die man oft ein wenig zu flach als bloße Konkurrenz interpretiert – auf ihr eigenstes Projekt zu besinnen. Und dies geschieht
am besten, indem man sich auf das Problem einläßt, das im Jahre 1522 in
Sevilla begann.
61
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
Damals, in dem Augenblick, als die Erde umrundet war und die Zurückkehrer ihre Stadt betraten, verwandelte sich zum ersten Mal ein Heimatort in
einen Standort. Ein Standort – um es noch einmal zu sagen – ist ein Ort, der
vom Kapital durchquert wird, weswegen es vor allem Hafenstädte sind, in
denen sich die Standorterfahrung zuerst einstellt. Das Kapital unternimmt
den Weg um die Erde und kehrt mit einem Plus auf sein Ausgangskonto
zurück – dies ist die kinetische Grundfigur des Globalisierungszeitalters.
Karl Marx hatte die Bewegung des Kapitals wohl etwas zu einseitig beschrieben, wenn er sie als klassische Waren-Metamorphose darstellte: von der Geldform in die Warenform und zurück zur Geldform. In seiner Darstellung
kommt der sozusagen touristische Teil der Seelenwanderung des Werts ein
wenig zu kurz. Heute sehen wir etwas deutlicher, daß die langen Wege des
Kapitals das Geheimnis des inneren Zusammenhangs zwischen Kapitalverwertung und Globalisierung ausmachen. Das Gewürzgeschäft der frühen
Neuzeit ist hierfür paradigmatisch. Tatsächlich muß das Gewürzhandelskapital, um sich zu verwerten, den ganzen Globus umrunden, wenn die Metamorphose von Geld in Ware sich auf den Molukken, das heißt im Land, wo
der Pfeffer wächst, abspielt.
Das globalisierte Kapital ist das Geld, das zu seiner Verwertung die
volle Erdumrundung braucht. Dies ist eine bemerkenswerte Beobachtung,
und sie spiegelt bereits die Wahrheit des frühen 16. Jahrhunderts wider. Man
kann die Bedeutung dieser Tatsache kaum überschätzen. Ich darf Ihnen in
diesem Zusammenhang eine Anekdote erzählen, die nicht nur den Charakter der frühen Globalisierung drastisch zum Ausdruck bringt, sondern sich
auch eignet, die oft gehörte These zu widerlegen, die Weltwirtschaft sei erst
in den letzten zwanzig Jahren in den Sog der spekulativen Geldbewegungen
62D e u t s c h e F r a g e n
geraten. Daß dies bestenfalls eine Halbwahrheit ist, geht aus folgender
Geschichte hervor. Im Jahre 1529 schlossen König Johann III. von Portugal
und Kaiser Karl V., Kaiser des Römischen Reiches, einen bemerkenswerten
Vertrag miteinander ab, der als Vertrag von Saragossa in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Ein wichtiger Teil dieses Vertrags war eine Einigung
über die schon mehrfach genannten Gewürzinseln. Mit Hilfe von gerissenen
Anwälten hatte Karl seinen portugiesischen Rivalen so unter Druck gesetzt,
daß dieser die immerwährenden Ansprüche auf die Gewürzinseln von den
Spaniern für die Summe von 350.000 Golddukaten erwarb – das entsprach
einer langen Maultierkarawane,die von Lissabon nach Madrid zog.Unter welchen Voraussetzungen wurde diese Zahlung geleistet? Unter diesen nämlich,
daß beide Parteien keine klare Vorstellung davon hatten, wem die Inseln
gehörten, weil beide nicht wußten, wo sie eigentlich lagen. Aber was heißt
„gehören“ bei Inseln, von denen man nur so viel weiß, daß sie irgendwo bei
den Antipoden sein müssen und daß sie bewohnt sind von den Leuten, die
den Pfeffer züchten und ernten, jenen Pfeffer, ohne den Europäer schlechterdings nicht leben wollen. Der Vertrag von Saragossa ist der schlagende
Beweis für den fundamental spekulativen Charakter auch schon und gerade
des frühen Staatskapitalismus. Zwei Könige schüchtern sich gegenseitig wie
Pokerspieler so lange ein, bis einer von beiden die Nerven verliert und zum
Käufer wird. Das war der größte Spekulationscoup des 16. Jahrhunderts – ein
Coup, der noch interessanter wird, wenn man bedenkt, daß aufgrund des
Vertrags von Tordesillas aus dem Jahre 1494, das heißt der Weltteilung zwischen Spaniern und Portugiesen, die Molukken sowieso in die portugiesische Welthälfte fielen, was man mangels hinreichend genauer Längengradmessungen auf der Rückseite des Globus zu dieser Zeit jedoch noch nicht
63
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
sicher wissen konnte. Zehn Jahre später war der geographische Tatbestand
durch verbesserte Längengradbestimmungen eindeutig erwiesen, und Karl V.
soll sich noch lange über die Wutausbrüche seines königlichen Kollegen
amüsiert haben.
Ich komme nach diesem anekdotischen Hinweis auf meine These
zurück: Die Europäer können sich nicht aus der Verantwortung in Globalisierungsfragen herausargumentieren. Sie dürfen heute nicht die Wehleidigen
spielen, nachdem sie sich 500 Jahre lang in der Rolle der Robusten gefielen.
Ich glaube, eine solche defensive und ausweichende Haltung ist nicht nur
unwürdig, sondern sie ist auch schlicht und einfach falsch, und zwar in historischer wie in politischer und ökonomischer Hinsicht.
Ich darf vielleicht, um meine Überlegungen abzuschließen, ein
paar sehr allgemeine Bemerkungen über die sozialpsychologischen Folgen
der Globalisierung hinzufügen. Es wäre unangebracht, die Nervosität der
Menschen in Europa angesichts der Vorgänge im Großen nicht sehr ernst zu
nehmen. Es handelt sich in der Tat um eine Krise – eine sozialpsychologische
Krise und eine Krise der Lebensformen von einiger Tiefe, und ich glaube,
daß Ministerpräsident Teufel ganz im Recht war, die gegenwärtige technologische Revolution, die zu einer dramatischen Zurückführung des Faktors
Arbeit im Wirtschaftsgeschehen führen wird, zu vergleichen mit der grünen
Revolution und der Land-Entvölkerungsrevolution des 19. Jahrhunderts.
Auch diese Vorgänge waren mit schwerwiegenden Umstilisierungen der
menschlichen Lebensformen verbunden – mit Umstellungen, die sehr weit
reichten und von denen ich überzeugt bin, daß sie keineswegs abgeschlossen sind.
64D e u t s c h e F r a g e n
„E s i s t n i c h t l e i c h t , N a t i o n a l m e n s c h e n
i n Po s t n a t i o n a l m e n s c h e n z u t ra n s f o r m i e r e n .“
65
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
Ich möchte niemandem von Ihnen, meine Damen und Herren, zu nahe treten, aber ich meine, bei vielen von Ihnen noch Reste des einstigen Bauern zu
erkennen, ich sehe manchen von Ihnen noch den inneren Bauern an, der den
Umzug in die Stadt noch nicht ganz geschafft hat.Was ich damit sagen will,
ist dies: Der Umzug in eine ganz städtische, in eine ganz ungrüne Lebensform
ist etwas, was Menschen außerordentlich nahegeht, denn angesichts der
zehntausend Jahre Seßhaftigkeit, die der größte Teil der Menschheit hinter
sich hat, ist die große Mobilmachung der kapitalistischen Gegenwartskultur
keine geringe Herausforderung. In dieser langen Periode haben Selbstzüchtigungsprozesse stattgefunden, die den homo sapiens auf agrarische Tugenden hin selektiert haben, und diese Selektion in Richtung auf Qualitäten der
Seßhaftigkeit reicht ohne Zweifel bis in die genetische Ebene.
Wir müssen bei allem, was heute geschieht, in Betracht ziehen,
daß hundert, zweihundert Jahre Modernität gegen zehntausend Jahre Agraranthropologie stehen – also gegen ein Weltalter, in dem eine ständige Selektion in Richtung auf seßhafte, grüne, agrarische Eigenschaften betrieben
wurde. Männer und Frauen haben sich gegenseitig gewählt nach ihrer Fähigkeit, Landwirtschaft, Viehzucht und Häuslebau zu betreiben, und jetzt soll
sich das alles über Nacht ändern. Mithin, hier werden Umstilisierungen vorgenommen, die sehr tief reichen und die die Menschen bis in elementare
Schichten ihrer Existenz berühren. Ich denke, der Umzug vom ländlichen
Leben in das überwiegend städtische Leben ist ein nie ganz abgeschlossener
Prozeß. Und auch der Übergang von einem Leben, das ganz arbeitsorientiert
war, zu einem Leben, das mehr kommunikationsorientiert, mehr freizeitorientiert sein wird, ist nicht weniger schwierig, nicht weniger offen und unabschließbar.Was aber noch schwieriger ist, und da bin ich bei meinem sozial-
66D e u t s c h e F r a g e n
philosophischen Schlußargument: Es ist nicht leicht, Nationalmenschen in
Postnationalmenschen zu transformieren. Unter Nationalmenschen verstehe
ich einen Sozialcharakter, der in den letzten 200 Jahren entstanden ist und
bei dem das Leben in den Formen des Nationalstaates zur zweiten Natur
geworden ist. Es handelt sich dabei um Menschen, die ihr Land und ihre
Nation als einen starkwandigen Behälter erleben – meistens einsprachig,
bodenständig, vernakular, wie Ivan Iljitsch zu sagen pflegte, im eigenen Winkel zu Hause und eingeschworen auf den Dialekt des Lebens, der dort
gedeiht.Wenn solche Menschen nun mit einem Mal aufgefordert werden, sie
sollen über Nacht all diese Computersachen lernen, all diese schnellen
Trends mitmachen und auf diese neue Internationalität und Multikulturalität
aufspringen, dann ist wohl zunächst einmal ein gewisses Zögern zu respektieren – auch wenn es richtig ist, daß dieses Zögern nicht zum Hauptlebensinhalt werden darf, und wenn man richtig beraten ist, wenigstens der neuen
Generation so früh wie möglich Umzugshilfen in die smarteren und flexibleren Lebensformen anzubieten.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, diese Überlegungen
und Andeutungen abschließen mit der These, daß wir Wir treten ein in ein Weltalter,
heute in einer sehr interessanten Umformatierungskrise
in dem schwache Grenzen
leben. Denn was die sogenannte Globalisierung mit den
und durchlässige Außenhäute
Menschen in den Nationalstaaten anstellt, ist doch im
das prägende Merkmal von
Grunde dies, daß wir von einer Gesellschaft der starken
sozialen Systemen sind.
Wände, man könnte auch sagen von einer Gesellschaft der dichten Container, uns auf eine Lebensform umorientieren, die man mit dem Prädikat
„besonders dünnwandig“ auszeichnen darf. Anders gesagt, wir treten ein in
ein Weltalter, in dem schwache Grenzen und durchlässige Außenhäute das
67
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
prägende Merkmal von sozialen Systemen sind.Vielleicht sollten wir, um uns
selbst besser zu verstehen, die Lebensformen der Weichtiere studieren.
Jedem in der Wirtschaft Tätigen wäre nahezulegen, in seiner Freizeit Molluskenforschung zu betreiben. Nicht die harten Helden von einst, nicht der
starke, mit sich identische und mit seiner Umwelt identische Mensch in seinem stabilen Gehäuse ist heute gefragt, sondern der einsatzbereite, anpassungsfähige, flexibilisierte Lebensunternehmer, der am Morgen seine Lieblingsmolluske im Aquarium begrüßt, noch bevor er in den Spiegel schaut.
Wir müssen versuchen, uns klarzumachen, was es heißt, wenn
einstmals starkwandige Gesellschaften umgerüstet werden auf eine neue,
durchlässigere und elastischere Struktur.Vor allem bedeutet dies, daß wir ein
vertieftes Verständnis für die Immunitäts- und Identitätsbedürfnisse von
Menschen entwickeln müssen – Bedürfnisse von Individuen, die bislang ihr
immunologisches Optimum, was ihre sozialen Definitionen anging, im
Regionalismus und im Nationalismus gefunden haben, das heißt in relativ
dichten Container-Gesellschaften, in denen der Glaube vorherrschte, daß die
Grenzen des eigenen Nationalstaats zum persönlichen Immunsystem der
einzelnen gehören. In solchen sozialen Formationen lag es nahe, auf Fremdes a priori mit einer entsprechenden Gereiztheit zu reagieren. Wir sind
heute hingegen mit Verhältnissen konfrontiert, in denen die sozialen und
politischen Immunsysteme auf unvorhergesehene Weise durcheinandergewirbelt werden – mit dem Resultat, daß die Suche nach Identität und Immunität zunehmend von kollektivistischen auf individualistische Strategien
umgestellt werden muß.
Wir sehen das nicht zuletzt bei so aktuellen Themen wie denen
der doppelten Staatsbürgerschaft – denn es ist evident, daß Teile der Bevöl-
68D e u t s c h e F r a g e n
„E i n s t m a l s s t a r k w a n d i g e G e s e l l s c h a f t e n
werden umgerüstet auf dur chlässige und
e l a s t i s c h e r e S t r u k t u r e n .“
69
Deutsche Fragen
P r o f . D r. P e t e r S l o t e r d i j k
Philosophische Aspekte der Globalisierung
kerung dieses Reizthema in einer Weise beantworten, die man am besten mit
einer allergologischen oder immunologischen Optik beschreiben kann. Dergleichen Reaktionen muß man ernst nehmen, weil es heute auf breiter Front
Immer mehr Menschen begrei-
darum geht, das Immunverhalten der Menschen von der
fen, daß niemand mehr für
Orientierung am umfassenden Schutzstaat auf Selbst-
sie tun wird, was sie nicht für
schutz und Selbstsorge umzuprogrammieren.Während die
sich selber leisten.
Menschen im traditionellen all-kompetenten Schutzstaat
ihre Immunität vor allem von dessen Ordnungs- und Versorgungsleistungen
erwarten, ist es für die Zukunft wohl eher realistisch, in zunehmendem Maß
auf Eigenleistungen zur Selbstimmunisierung zu setzen. Immer mehr Menschen begreifen, daß niemand mehr für sie tun wird, was sie nicht für sich
selber leisten. Es läßt sich prognostizieren, daß immunologische Probleme
im weitesten Sinn des Wortes, von der biologischen bis zur sozialen und spirituellen Situation der einzelnen, in Zukunft weniger auf kollektivem als auf
individuellem Niveau abgehandelt werden müssen. Das ist es,was die Gesellschaft der Gegenwart mit einer großen Unruhe in bezug auf ihre künftigen
Zustände erfüllt.
Wir leben inmitten einer individualistischen Revolution, die
bewirkt, daß Menschen ihr immunologisches Optimum künftig eher in kleinen Gruppen und in persönlichen Arrangements suchen werden. Man versichert sich heute besser, bewußter, wählerischer als früher. Man treibt mehr
Sport, man verfolgt eine diätetische Linie, man nimmt die eigene Fitneß als
Aufgabe ernst, was soviel bedeutet wie, daß man nicht mehr nur einfach hin
arbeitet, sondern daß man an der Erhöhung seiner Arbeitsfähigkeit arbeitet.
All diese Phänomene ergeben Sinn in einer breiten Strömung, die in den
Gesellschaften der Ersten Welt ein neues Konzept von individualistisch ver-
70D e u t s c h e F r a g e n
faßter Immunologie durchsetzt.Was die alten Nationalstaaten, soweit sie Versicherungsstaaten und somit Sozialversicherungsstaaten sind, betrifft, so
bleiben sie wichtig nur in dem Maß, wie es ihnen gelingt,
Die politische Sphäre im Gan-
weiterhin einen Beitrag zur Immunregie der einzelnen zu
zen muß sich gegen die Über-
leisten.Wir werden nicht mehr alle Immunität, ja nicht ein-
forderungen der überreizten
mal den größeren Teil des eigenen Immundesigns von Wunschgesellschaft abgrenzen.
staatlichen Leistungen erwarten können. Vielmehr deutet alles darauf hin,
daß wir auf Verhältnisse zugehen, in denen die Individuen sich mehr und
mehr ihren eigenen Immunmix zusammenstellen werden. Dann wird die Leistung ihrer politischen Kommune nur ein Faktor unter mehreren Faktoren
sein.Was die politische Sphäre im Ganzen anbelangt, so wird sie ihre Aufgabe
unter den veränderten Bedingungen der dünnwandigen Welt um so besser
erfüllen, je mehr es ihr gelingt, sich gegen die Überforderungen abzugrenzen, die von der überreizten Wunschgesellschaft auf sie projiziert werden.
71
Deutsche Fragen
Zusammenfassung der Diskussion
Die Diskussion konzentrierte sich auf drei Fragen: Globaler Wettbewerb –
eine Veranstaltung für die „Großen“?, Hat der Sozialstaat im Zeitalter der
Globalisierung noch eine Zukunft?,Wo bleiben die Menschen im Prozeß der
Globalisierung?
Globaler Wettbewerb – eine Veranstaltung für die
„Großen“?
Frau Professor Ohr griff die verschiedentlich geäußerten Vermutungen auf, daß nur große Unternehmen die Chancen des globalen Wettbewerbs nutzen könnten. Allein die Größe sei aber für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nicht entscheidend. Der globale
Wettbewerb erfordere ein sehr hohes Maß an Flexibilität, vielfach höher, als
es in geschlossenen Volkswirtschaften der Fall sei. Und dieses hohe Maß an
Flexibilität werde zum Teil von kleinen und mittleren Unternehmen eher
erreicht als von großen Unternehmen. Für mittelständische Betriebe komme
es darauf an, bestimmte Marktsegmente zu besetzen.Viele Mittelständler hätten das erkannt und seien in ihren Marktnischen international führend.
Grundsätzlich gebe es keinen strukturellen Hinderungsgrund, der sie von
den Vorteilen der Globalisierung ausschließe.
Dr. Weber bestätigte diese Auffassung. Zwar gäbe es einen gewissen Trend zur Größe, das habe aber weniger mit der Globalisierung zu tun
als mit den gestiegenen Anforderungen, die das Geschäft komplexer werden
ließen. Die Grundaussage bleibe aber richtig, daß auch mittelständische
Betriebe in dem Prozeß der Globalisierung ihre Chancen hätten.
72D e u t s c h e F r a g e n
Hat der Sozialstaat im Zeitalter der Globalisierung noch
eine Zukunft?
Professor Sloterdijk betonte, daß die sozialen Bindungskräfte
einer Gesellschaft im Globalisierungszeitalter zu großen Teilen an den Sozialversicherungssystemen hängen. Heute würden Gesellschaften nicht mehr
so sehr über die Sprache integriert und auch nicht mehr über die Klassiker
– die meisten Deutschen hätten „Faust“ nicht mehr gelesen, und die heutigen Schulabgänger wüßten nicht mehr um seine Existenz. Die kulturellen
Bindungen an das Gemeinwesen seien damit stark abgeschwächt worden, so
daß der wirkliche Zusammenhalt unserer Gesellschaft heute im wesentlichen vom Sozialversicherungssystem ausgehe. Und hinter ihm stehe nach
wie vor eine mit staatlicher Autorität verfügte Zwangssolidarität.Würden die
Sozialversicherungen freigegeben werden, wären soziale Desintegrationserscheinungen in großem Ausmaß wahrscheinlich. Insofern sei diese Frage für
das, was man bisher unter Nationalstaat verstanden hätte, von zentraler
Bedeutung; wenn er sich je auflösen sollte, dann von dort her.
Herr Baron erwiderte, daß der Staat und die staatliche Kernfunktion in keiner Weise auf den Sozialstaat reduziert werden könne. Im
Gegenteil – so wie er heute sei, wirke der Sozialstaat eher desintegrativ.Auch
heute noch – vielleicht nicht mehr über Goethe oder über Sprache – finde
Integration über gemeinsame Werte, vor allem aber über Chancen statt, die
vom Staat garantiert werden müßten, also über eine Art Verfassungspatriotismus im weitesten Sinne.
Dr. Weber wies darauf hin, daß der Sozialstaat in Deutschland
seit Bismarcks Zeiten immer weiter ausgebaut worden wäre und für die
Bevölkerung insgesamt auch gewisse Funktionen in dem von Professor
73
Deutsche Fragen
Zusammenfassung der Diskussion
Sloterdijk beschriebenen Sinne wahrgenommen habe. Allerdings wisse die
Bevölkerung heute sehr gut, daß es so nicht mehr weitergehen könne. Einige
Zwangsläufigkeiten, wie etwa der demographische Wandel, seien nicht zu
übersehen. Das nehme auch die Bevölkerung wahr, und sie zeige sich zunehmend bereit für Veränderungen. Die Mißbrauchsdiskussion zum Thema überzogener Sozialstaat zeige, daß der einzelne sich nicht mehr nur durch seinen
Staat gut geschützt fühlt, sondern der Meinung ist, daß der Staat in einem
Maße Schutz bietet, das zum Mißbrauch geradezu einlädt.
Für besonders bedeutsam erachtete Dr.Weber den Generationenkonflikt, der vorgezeichnet sei, wenn die Aufgaben nicht rechtzeitig angegangen würden. Die Bevölkerung sehe schon die Notwendigkeiten; mehr
Sorge mache hier die Politik.Erste zaghafte Reformansätze auf diesem Gebiet
seien jüngst zurückgedreht worden. Ein weiteres Mal werde viel Zeit verspielt. Das mache die Sache nicht nur teuer, sondern auch in der Umsetzung
sehr viel schwieriger: Die Bevölkerung auf diesem Reformweg „mitzunehmen“ werde dadurch erheblich erschwert.
Wo bleiben die Menschen im Prozeß der Globalisierung?
Herr Mehl wies darauf hin, daß viele Menschen den Prozeß der
Globalisierung nicht verstehen. Die Unwissenheit führe dazu, daß vor allem
die Risiken, weniger die Chancen des weltweiten Wettbewerbs gesehen würden. Damit die Notwendigkeiten des globalen Wandels von der Bevölkerung
akzeptiert und offensiv angenommen werden, müsse stärker als bisher kommuniziert werden, was Globalisierung im Detail bedeute und welche Folgen
dieser Prozeß für Deutschland habe.
74D e u t s c h e F r a g e n
Diese Auffassung teilte auch Dr. Weber. Die Fragen seien zwar oft sehr kompliziert, aber dennoch sollte dies die Politik nicht von der Pflicht entbinden,
sie an die Menschen heranzutragen. Nicht nur zum Thema Globalisierung
werde die Diskussion über die Köpfe der Bevölkerung hinweg geführt.Wer
verstehe heute noch die Steuergesetzgebung? Immer weniger Bürger könnten sie im Detail noch nachvollziehen, obwohl die Bevölkerung in der Breite
betroffen sein werde. Will die Politik die Menschen für diese Politik gewinnen, muß sie auch komplexe Themen immer wieder aufgreifen und in einer
verständlichen Sprache darlegen.
Dr. Palm ergänzte, daß von der Politik und von der Wirtschaft ein
Tempo vorgelegt werde, dem die Menschen nicht mehr folgen könnten. Dies
müsse stärker berücksichtigt werden, um den Bürgern ihre Ängste und Sorgen zu nehmen.
In diesem Zusammenhang führte Professor Sloterdijk aus, daß
die Individuen nach wie vor für sich selber sorgen könnten, sogar individualistische Lebensformen zunehmend an Bedeutung gewännen. Das gelte
zwar nicht für alle Menschen, aber für sehr viele. Insofern werde es künftig
viel mehr Individualrhythmik geben als heute. Und in diesen Rhythmiken finden viele Menschen besser ihr Auskommen als innerhalb dieses großen
Mahlstroms einer beschleunigten Weltgesellschaft.
Wenn die Menschen heute Angst hätten, so Professor Sloterdijk,
seien das in erster Linie Verlustängste, keine Zukunftsängste in dem Sinne,
daß die Menschen Angst davor hätten, was die Zukunft an Ungewissem
brächte. Ursache hierfür sei die ständige Drohkommunikation, die in der
Gesellschaft über die Medien geführt werde. Zwar bräuchten Menschen
Streß, es müsse aber zwischen Malignen- und Kreativstreß unterschieden
75
Deutsche Fragen
Zusammenfassung der Diskussion
werden. Beide Streßarten werden aus dem Rohstoff „Angst“ gespeist, zukünftig müßten jedoch vom Drohstreß, dem Malignenstreß, Teile für den Luststreß, also für das Hochgefühl der eigenen Leistung, abgezweigt werden. Eine
Positivsprache und nicht Drohkommunikation sei Voraussetzung für eine
„Positivklimapolitik“ in Deutschland.
Frau Professor Ohr teilte diese Auffassung nicht. Die Ängste der
Menschen kämen zum Großteil daher, daß künftige Entwicklungen von der
Politik und zum Teil auch von der Wirtschaft idealtypisch dargestellt würden.
Die Realität sehe jedoch oft anders aus. Diese Erfahrung mache die Bevölkerung ängstlich. Mithin weise eine Positivsprache in die verkehrte Richtung. Vielmehr sollte von seiten der Politik nicht nur auf die Chancen, sondern auch auf die Risiken hingewiesen werden. Eine solche Politik wäre
offener und vor allem ehrlicher. Die Menschen wären dann auch eher bereit,
die notwendigen Einschnitte hinzunehmen.
Auch Dr. Weber wies darauf hin, daß die Menschen sich gar nicht
so sehr abstrakt vor der Zukunft fürchteten. Sie erwarteten aber eine klare
Perspektive. Diese werde ihnen jedoch von den Verantwortlichen aus allen
Bereichen nur unzureichend vermittelt. Dabei gehe es nicht darum, die
Zukunft möglichst genau vorherzusagen. Aber es gebe Herausforderungen,
die schon heute auf der Tagesordnung stünden. Bereits heute sei in vielen
Fällen bekannt, was künftig nicht mehr möglich sein werde. Je klarer das vermittelt werde, desto stärker könnte auch auf die Chancen hingewiesen werden, die in diesem Prozeß lägen. Und diese Chancen stünden für unser Land
nicht schlecht: „Wenn es die deutsche Gesellschaft, die deutsche Volkswirtschaft mit ihren gut ausgebildeten Arbeitnehmern und ihrem enormen Wohlstand nicht schaffen, mit den Herausforderungen der Globalisierung fertig zu
werden, wer sollte es dann schaffen?“
76D e u t s c h e F r a g e n
Kurzbiographien der Redner
Stefan Baron, geboren 1948 in Dahn / Pfalz, studierte Volkswirtschaft, Politologie und Sozialpsychologie in Köln und Paris. Nach seiner
zweijährigen wissenschaftlichen Mitarbeit am Institut für Weltwirtschaft in
Kiel war er anschließend Redakteur bei der Wirtschaftswoche, Wirtschaftsredakteur beim Spiegel und ab 1985 internationaler Finanzkorrespondent in
Frankfurt. 1990 kehrte er zur Wirtschaftswoche zurück und ist dort seit 1991
Chefredakteur. 1997 erhielt er den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik. Er ist Mitglied im Board of Trustees des American Institute for Contemporary German Studies, Washington D.C., und Herausgeber mehrerer
Bücher.
Frank Heintzeler, geboren 1939 in Ludwigshafen, ist seit Mai
1994 Sprecher des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart.Von 1961 bis 1965 studierte er Jura an den Universitäten Tübingen, München, Berlin und Heidelberg, wo er 1969 das zweite juristische Staatsexamen
ablegte. Seit 1970 arbeitete Frank Heintzeler bei der Deutschen Bank, zunächst in den USA und anschließend in der Zentrale in Frankfurt, zuletzt als
Direktor mit Generalvollmacht.
77
Deutsche Fragen
Kur zbiographien der Redner
Klaus Macharzina, geboren 1939 in Waldenburg / Schlesien, ist
seit 1994 Präsident der Universität Hohenheim. Nach seiner Promotion war
er von 1974 bis 1976 Inhaber des Lehrstuhls für International Accounting
an der University of Lancaster. 1976 wurde er Professor für Betriebswirtschaftslehre und 1985 Leiter der Forschungsstelle für Export- und Technologiemanagement (EXTEC) an der Universität Hohenheim. Er ist leitendes
Mitglied führender in- und ausländischer wissenschaftlicher und berufsständischer Organisationen und Herausgeber der Fachzeitschrift „Management
International Review – MIR“.
Renate Ohr, geboren 1953 in Ludwigshafen, promovierte nach
ihrem Volkswirtschafts- und Jurastudium in Essen. Anschließend habilitierte
sie sich in Bochum. Nach einer einjährigen Lehrstuhlvertretung an der Universität Kiel im Fach Volkswirtschaftstheorie übernahm sie 1988 den Lehrstuhl für Außenwirtschaft am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Hohenheim. Darüber hinaus hält Renate Ohr Gastvorlesungen zum
Thema Europäische Integration an der Universität Innsbruck.
Peter Sloterdijk, geboren 1947 in Karlsruhe, studierte Philosophie, Germanistik und Geschichte in München und Hamburg. Nach seiner
Promotion 1976 in Hamburg war er Gastdozent am Lehrstuhl für Poetik der
Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Seit 1992 ist er
Professor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Er erhielt
1993 den Ernst-Robert-Curtius-Preis und ist Autor mehrerer Werke.
78D e u t s c h e F r a g e n
Erwin Teufel, geboren 1939 in Rottweil, ist seit 1991 CDULandesvorsitzender und Ministerpräsident von Baden-Württemberg. 1972
wurde er Abgeordneter des Landtags von Baden-Württemberg.Von 1978 bis
1991 war er Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion und 1996 bis 1997 Präsident des Bundesrats. Er ist Vorstandsmitglied in der Versammlung der
Regionen Europas (VRE ) und Vizepräsident des Ausschusses der Regionen
Europas bei der EU. Neben seiner Funktion als Präsident der Jerusalem Foundation Deutschland ist er Vorsitzender des Beirats der deutschen Trägergesellschaft für das Deutsche Industrie- und Handelszentrum (DIHZ ) in
Singapur.
Manfred Weber, geboren 1950 in Altenkofen / Bayern, ist seit
1992 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken und seit
März 1997 Mitglied des Vorstandes. Nach seinem Studium der Nationalökonomie und der Promotion an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in
Frankfurt am Main war er von 1980 bis 1985 in der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Deutschen Bundesbank, von 1986 bis 1991 als Leiter des Büros
des Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank sowie von 1991 bis 1992 bei
der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel tätig.
79
Deutsche Fragen
Teilnehmer des Symposiums
Friedrich Ambs
Generalstaatsanwalt,
Generalstaatsanwaltschaft, Karlsruhe
Dr. Udo Andriof
Regierungspräsident, Regierungspräsidium
Stuttgart
Lothar Freiherr von Arnim
Geschäftsführer, Borries Markier-Systeme
GmbH, Pliezhausen
Stefan Baron
Chefredakteur, Wirtschaftswoche,
Düsseldorf
Dr. Eberhard Benz
ehem.Vorstandssprecher der
Badenwerk AG, Stuttgart
Barbara Ber trang
Präsidentin, Deutsche Telekom AG,
Stuttgart
Rober t Bier
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Singen
Reiner Birkhold
Geschäftsführer, Heilbronn
Christian Böhmer
Wirtschaftsredaktion dpa, Stuttgart
Rudolf Böhmler
Ministerialdirektor, Ministerium für
Wissenschaft, Forschung und Kunst
Baden-Württemberg, Stuttgart
Dr. Harry Brambach
Mitglied des Vorstandes der
SG Holding AG, Stuttgart
Dr. Ulrich Brocker
Hauptgeschäftsführer des Verbandes der
Metallindustrie Baden-Württemberg e.V.,
Stuttgart
Prof. Dr. Wilhelm Bürklin
Geschäftsführer, Gesellschaft für
Bankpublizität, Berlin
Rolf Buscher
Geschäftsführer der Orangs + Heinrichs
GmbH, Leinfelden-Echterdingen
Till Casper
Präsident der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, Pforzheim
80D e u t s c h e F r a g e n
Dr. Wolfgang G. Crusen
Geschäftsführer der Staatlichen Toto-Lotto
GmbH, Stuttgart
Volker Dresel
Mitglied des Vorstandes, Kies und
Beton AG, Iffezheim
Peter A. Eckenberg
Konsul, Stuttgart
Jürgen Eckhardt
Rechtsanwalt,Versorgungswerke der
Rechtsanwälte, Stuttgart
Prof. Dr. Franz Ef fenberger Stuttgart
Karl Magnus Graf Leutrum
von Er tingen
Senator E. h.,Vorsitzender des Universitätsbundes Hohenheim, Schwieberdingen
Mar tin Förster
Geschäftsführender Gesellschafter, Institut
Dr. Förster GmbH & Co. KG, Reutlingen
Peter Förster
Baden-Württembergische Bank AG, Rastatt
Mar tin Frank
Präsident des Rechnungshofes BadenWürttemberg, Karlsruhe
Dr. Wolfram Freudenberg
Mitglied der Vorstände der Württembergischen Versicherungsgruppe, Stuttgart
Dr. Ulrike Gauß
Leiterin der Grafischen Sammlung der
Staatsgalerie, Stuttgart
Manfred W. Groos
Mitglied des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart
Eva Großkinsky
Focus, Politikredakteurin, München
Dr. Ehrhar t Hanf
Institut für Volkswirtschaftslehre,
Universität Hohenheim, Stuttgart
Emilia Har tmann
Konsulin,Vaihingen/Enz
Dr. Wolfgang Haubold
Institut für Chemie,
Universität Hohenheim, Stuttgart
81
Deutsche Fragen
Te i l n e h m e r d e s S y m p o s i u m s
Dr. Frank Heintzeler
Sprecher des Vorstandes der BadenWürttembergischen Bank AG, Stuttgart,
und Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes deutscher Banken, Berlin
Dr. Roland Hepp
Stellv. Direktor der Versorgungsanstalt für
Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, Tübingen
Hans-Jürgen Hirner
Mitglied der Geschäftsleitung der
Commerzbank AG, Stuttgart
Jürgen Hofer
MdL, Freie Demokratische Partei/Demokratische Volkspartei im Landtag von BadenWürttemberg, Stuttgart
Dr. Claus Dieter Hof fmann
Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH,
Stuttgart
Dr. Friedrich Wilhelm
Hofmann
Konsul, persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses Ellwanger & Geiger,
Stuttgart
Karl-Eugen Hofmann
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Stuttgart
Hans-Michael Hummel
Geschäftsführer der Hummel GmbH &
Co., Magstadt
Wolf-Dieter Ihle
Generalbevollmächtigter der BadenWürttembergischen Bank AG, Stuttgart
Katja Kaschte
Hildenbrandt GmbH, Immobilien, Stuttgart
Dr. Hans-Joachim Kay
Vorsitzender der Geschäftsführung der
Landesentwicklungsgesellschaft BadenWürttemberg mbH, Stuttgart
Bruno Kiefer
Orangs + Heinrichs GmbH, LeinfeldenEchterdingen
Dr. Har tmut Knüppel
Geschäftsführer, Bundesverband deutscher
Banken, Berlin
82D e u t s c h e F r a g e n
Vedran Konjevod
I. Konsul, Generalkonsulat der Republik
Kroatien, Stuttgart
Klaus-Dieter Kopka
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Reutlingen
Rolf Lägeler
Konstanz
Fritz-Peter Lang
Autohaus Lang GmbH & Co. KG, Stuttgart
Dr. Thomas G. Langohr
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Heilbronn
Dieter Lell
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Stuttgart
Dr. Rolf Lenz
Stellv. AR-Vorstand IC-Interglas AG, Ulm
Dr. Peter Linder
Sprecher des Vorstandes der Schwäbischen
Bank AG, Stuttgart
Prof. Dr. Norber t Loos
Geschäftsführender Gesellschafter der
BW-Kapitalbeteiligungs GmbH, Stuttgart
Prof. Dr. Hans-Werner
Ludwig
Rektor der Eberhard-Karls-Universität,
Tübingen
Prof. Dr. Klaus Macharzina Präsident der Universität Hohenheim,
Stuttgart
Dr. Kur t Mahlenbrey
Präsident der Versorgungsanstalt für Ärzte,
Zahnärzte und Tierärzte, Tübingen
Dieter Maier
Mitglied des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart
Otto Julius Maier
Vorsitzender des Aufsichtsrates der
Ravensburger AG, Ravensburg
Wolfgang Maier
Leiter Finanzen, Energie Baden-Württemberg AG, Karlsruhe
Horst Marschall
Mitglied des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart
83
Deutsche Fragen
Te i l n e h m e r d e s S y m p o s i u m s
Manfred Mar tersteig
Senator E. h., Leinfelden-Echterdingen
Dr. Hans-Joachim
Massenberg
Geschäftsführer, Bundesverband deutscher
Banken, Berlin
Dr. Helmut Mattes
Heilbronn
Georg Mehl
Vorsitzender des Vorstandes der Württembergischen AG,Versicherungs-Beteiligungsgesellschaft, Stuttgart
Hans-Jörg Merk
Geschäftsführender Gesellschafter,
Merk GmbH & Co. KG, Mössingen
Marion Merk
Merk GmbH & Co. KG, Mössingen
Norber t Mühl
Geschäftsführer der BT Office Products
Deutschland GmbH & Co. KG, Stuttgart
Dr. Ludger Müller
Geschäftsführer der Gottlob Auwärter
GmbH & Co., Stuttgart
Berndt Netzer
Präsident des Amtsgerichtes, Stuttgart
Huber t Nopper
Mitglied des Vorstandes der C. Baresel AG,
Stuttgart
Prof. Dr. Renate Ohr
Institut für Volkswirtschaftslehre,
Universität Hohenheim, Stuttgart
Dr. Guntram Palm
Präsident der Landeszentralbank BadenWürttemberg, Stuttgart
Dr. Bernd F. Pelz
Vorsitzender des Vorstandes der DLW AG,
Bietigheim-Bissingen
Dr. Manfred Prechtl
Rechtsanwalt, Baden-Württembergische
Bank AG, Stuttgart
Werner Redies
Generalvikar, Rottenburg
Felicitas Reiß
Karl Casper KG, Remchingen
Werner Röhm
Geschäftsführer der Heinrich Hermann
GmbH + Co., Stuttgart
84D e u t s c h e F r a g e n
Hans-Ulrich Sachs
Vorsitzender des Vorstandes der
SG Holding AG, Stuttgart
Peter M. Schaf fer
Geschäftsführer, Autohaus Lang GmbH &
Co. KG, Stuttgart
Jörg Schantel
Hildenbrandt GmbH, Immobilien, Stuttgart
Dr. Rolf Schmid
Präsident,Vorsitzender des Vorstandes der
Versorgungsanstalt des Bundes und der
Länder, Karlsruhe
Siegfried Schmidt
Präsident der Notarkammer, Stuttgart
Dr. Kristina M. Schneider
Dr. Krumpa & Partner GmbH,
Frankfurt am Main
Prof. Dr. Walter Schneider
Direktor der Berufsakademie, Stuttgart
Prof. Dr. h.c. Siegfried
Scholtyssek
Institut für Tierhaltung und Tierzüchtung,
Universität Hohenheim, Stuttgart
Dr. Paul Selbherr
Präsident der Rechtsanwaltskammer,
Freiburg
Prof. Dr. Peter Sloterdijk
Staatliche Hochschule für Gestaltung,
Karlsruhe
Thomas Spengler
Wirtschaftsredakteur, Stuttgarter Zeitung,
Stuttgart
Normann Stassen
Geschäftsführer der Rixius GmbH,
Mannheim
Michael Steindorfner
Ministerialdirektor, Justizministerium
Baden-Württemberg, Stuttgart
Alban Stockinger
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Ulm
Dirk Stroeder
Akademie für Weiterbildung Hohenheim,
Stuttgart
85
Deutsche Fragen
Te i l n e h m e r d e s S y m p o s i u m s
Dr. Jan Szantyr
Mitglied des Vorstandes der Württembergischen Hypothekenbank AG, Stuttgart
Erwin Teufel
Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart
Dr. Brigitte Thamm
Direktorin der Baden-Württembergischen
Bank AG, Stuttgart
Prof. Dr. Peter Thiele
Direktor des Linden-Museums, Stuttgart
Hans Jochen von Tresckow Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Karlsruhe
Prof. Dr. Karl-Heinz Vollmer
Mitglied des Vorstandes der SGZ-Bank AG,
Karlsruhe
Jürgen Volk
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Stuttgart
Gerhard Karl Warnke
Geschäftsführer der Maico Elektroapparate-Fabrik GmbH,Villingen-Schwenningen
Dr. Manfred Weber
Hauptgeschäftsführer und Mitglied des
Vorstandes des Bundesverbandes
deutscher Banken, Berlin
Dr. Rainer Weiß
Geschäftsführer der Papierfabrik
Scheufelen GmbH & Co. KG, Lenningen
Norbert Werner
Direktor der Baden-Württembergischen
Bank AG, Karlsruhe
Dr. Ger t Wünsche
Mitglied der Geschäftsleitung der
Commerzbank AG, Stuttgart
Rudolf Zipf
Mitglied des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart
86D e u t s c h e F r a g e n
Impressum
Herausgeber:
Redaktion:
Gestaltung:
Illustrationen:
Lithografie:
Satz:
Bundesverband deutscher Banken
Andreas Menke
Gesellschaft für Bankpublizität
Telefon 030 / 5 90 08 - 590
Scholz & Friends Berlin
Janusz Kapusta
Appel Grafik Berlin
CitySatz & Nagel, Berlin
87
Deutsche Fragen