Mobilität

Transcription

Mobilität
Haushaltsrede 2015 der Fraktion Die Linke./ pro Aalen –
Herr Dr. Fiedler, Stellv. Fraktionsvorsitzender
Gemeinderatssitzung am 20.11.2014 (Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren.
Auch dieses Jahr soll im Haushalt wieder ein Schwerpunkt bei dem Abbau des
Investitionsstaus aus den vergangenen „schlechten“ Jahren liegen. Daneben müssen andere
Zukunftsprojekte gestemmt werden, die das Gesicht und die Bedeutung von Aalen als ein
Zentrum in Ostwürttemberg prägen sollen. Bei aller Aufbruchsstimmung muss aber die labile
Weltwirtschaftslage beachtet werden.
Die Zeit erscheint günstig für Investitionen. Die Steuereinnahmen sprudeln erfreulich auf
Rekordniveau. Die Verbraucher in Deutschland sind positiv gestimmt und konsumieren mehr
als in den vergangenen Jahren.
Mittelfristig sind die Aussichten jedoch durchwachsen: Die weltweiten Krisen verunsichern.
Eine Erholung im Euroraum auf breiter Basis lässt auf sich warten. Nur die USA
prosperieren.
Tatsächlich begründet sich also die derzeitig noch erfreuliche Wirtschaftslage in Deutschland
nicht auf eigenem Verdienst, sondern ist quasi importiert und beruht im Wesentlichen auf
dem um 10% gesunkenen exportfreundlichen Dollar-Wechselkurs und sinkenden
Energiepreisen. Tatsächlich plant die Bundesregierung für das kommende Fiskaljahr schon
mit geringeren Steuereinnahmen. Auch namenhafte Firmen der Ostalb nehmen die
Gewinnprognosen zurück und planen Stellenabbau. Für die Stadt Aalen bedeutet dies, dass
die Planungen finanziell solide untermauert sein müssen, damit der Haushalt nicht später
eiligst korrigiert werden muss.
Mobilität
Aalen ist zu Recht stolz auf seine Hochschule. Beste Forschungstätigkeit bei BadenWürttembergs Hochschulen und stetig wachsende Studentenzahlen. Von den derzeit in
1
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin
Aalen über 5500 Studierenden haben die meisten ihren Lebensmittelpunkt nicht in Aalen.
Immer mehr pendeln täglich mit dem Privat-PKW ein. Die Folgen sind Verkehrsstaus,
Parkplatz-Cruising, Falschparken und Frust bei den „zugeparkten“ Hochschul-Anwohnern.
Was ist zu tun?
„Der ÖPNV muss zur vollwertigen Alternative des Autos werden. Es müssen neue Formen
der Mobilität entwickelt . . . und die Verkehrsträger optimal verknüpft und weiterentwickelt
werden. Echtzeit und die Verknüpfung von Auto, Rad, Bus und Bahn mit Car-Sharing- und
Mitfahrangeboten, Rufbussen und Taxis werden machbar. Mittel- und langfristig werden
auch Hybrid- und Elektroantriebe große Chancen für eine umweltfreundliche Mobilität
eröffnen.“
Meine Damen und Herren, diese Forderungen kommen nicht ursächlich von unserer Fraktion
Die Linke/ pro Aalen oder von den Grünen, sondern werden von der verkehrspolitischen
Sprecherin MdL Nicole Razavi in der November-Ausgabe des „Im Dialog“ vertreten. Wir
stimmen gerne zu. Im grün-regierten Stuttgart wurde im Juni 2014 ein regionales
Entwicklungskonzept zu Park & Ride auf den Weg gebracht, das den Wechsel zwischen
Auto, Bahn, Bus, Car-Sharing, Fahrrädern und Pedelecs attraktiver machen soll und das für
Aalen richtungsweisend sein sollte.
Offensichtlich besteht also in der Politik ein breiter Konsens, wohin sich der Verkehr der
Zukunft entwickeln soll. Klar ist jedenfalls, dass moderne Verkehrspolitik nicht bedeutet,
breitere Straßen und mehr Parkplätze zu schaffen bzw. Blumentöpfe aufzustellen.
Leider verläuft aus unserer Sicht das derzeit aus-laufende Projekt Verkehrsentwicklungsplan
/ Mobilitätskonzept 2030 in Aalen enttäuschend. Zwar wurden Zahlen zu den
Verkehrsströmen aktualisiert, aber hinsichtlich der Lösungsvorschläge herrscht Stillstand und
auch Rückschritt. Für die immer noch ungelösten konkreten Forderungen aus dem
Mobilitätskonzept 1995 gibt es keine Antworten. Dagegen werden schon „beerdigte“ Ideen
wie die Hammerstadttangente neu aufgetischt. Es gibt sogar Vorschläge für neue Straßen
durch das Waldgebiet des Rohrwangs bis zum Burren. Offensichtlich wurde nicht
verstanden, dass neue Straßen und weitere Parkplätze noch mehr Individualverkehr
anziehen und den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel verhindern.
Dabei gibt es auch bei uns Lösungsansätze: Aktuell experimentiert Ellwangen mit einem
getakteten Stadtbus zur Anbindung der Peripherie mit variablen Bedarfshalten. Unterkochen
hat Bedarf an einem City-Bus-Konzept angemeldet.
Die Fraktion Die Linke/ pro Aalen stellt die Beschlussanträge zur Mobilität:
2
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin
1. Die Stadtverwaltung möge das im ATUS schon im Dezember 2013 im
Zusammenhang mit dem Mobilitätskonzept Hochschule beschlossene durchgängige
und attraktive Wegenetz für Fußgänger, Radfahrer sowie Busse in Zusammenarbeit
mit den bekannten Interessengruppen zügig entwickeln.
2. Die Stadtverwaltung möge die Beleuchtung der Verbindungswege, wie des Kurt-FrühWeges, vorantreiben, damit die neuen Parkierungsflächen beim Freibad
Unterrombach, südlich der Rombachhalle bzw. dem Greut-Platz auch bei Dunkelheit
benützt werden können.
3. Die Stadtverwaltung möge die geplanten Radwegeprojekte mit durchgängigen
Innenstadtachsen und informativer Beschilderung vorziehen und sowohl für 2015 als
auch 2016 jeweils 450 T€ einplanen.
4. Die Stadtverwaltung möge überdachte Fahrradabstellplätze und Fahrradsafes zur
Verfügung stellen.
5. Die Stadtverwaltung möge den barrierefreien Ausbau der Haltestellen des ÖPNV
ebenfalls vorziehen und schon für 2015 einen Betrag von 120 T€ einstellen.
Umweltschutz
Trotz Energiewende gehört Deutschland nicht zu den führenden Ländern für Elektromobilität.
Bei steigenden Absatzquoten bleiben die USA knapp vor Japan der Leitmarkt für E-Mobilität
mit 111.000 verkauften Elektro-Autos in den letzten 12 Monaten. Deutschland liegt mit 7.400
abgesetzten Elektroautos im Jahr 2013 deutlich hinter den führenden Nationen.
Um diesem globalen Trend entgegenzuwirken hat die Bundesregierung im September 2014
das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) beschlossen. Damit wird zum 1. Februar 2015 Freiraum
auf kommunaler Ebene geschaffen. Anreize sollen durch Änderungen in der
Straßenverkehrsordnung ermöglicht werden. Dies könnten kostenlose Parkplätze,
Ausnahmen von Zufahrtsbeschränkungen oder die Öffnung von Busspuren für
gekennzeichnete Fahrzeuge sein.
Die deutlich gesunkenen Energiekosten dürfen nicht dazu führen, dass die scheinbar
unrentabel gewordene Förderung von Alternativen Energien nicht weitergeführt wird,
sondern die sich jetzt politisch eröffneten Freiräume müssen wir in Aalen konsequent
ausnützen. Ein Anfang wurde gemacht. Die Stadtverwaltung möge den eingeschlagenen
Weg nicht nur konsequent fortführen, sondern Vorteile für E-Mobilisten noch ergänzen und
dieses auch nachhaltig bewerben.
Die Fraktion Die Linke/ pro Aalen stellt die folgenden Beschlussanträge zum Umweltschutz:
3
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin
1. Das Parken soll für gekennzeichnete E-Mobilisten kostenfrei sein.
2. Die Benutzung von Busschleifen für gekennzeichnete E-Mobilisten erlaubt werden.
L(i)ebenswertes Aalen
Um in Anbetracht der sich wandelnden Alterspyramide allen Ansprüchen möglichst gerecht
zu werden, ist eine harmonisierte Verkehrsentwicklung auch in der Innenstadt der Schlüssel
für Attraktivität. Der einfachste Weg zu einer Reduzierung des Individualverkehrs geht über
ein attraktives Angebot zentrumnahen, barrierefreien Wohnens. Dabei steigt der Bedarf an
bezahlbarem Wohnraum insbesondere für Studenten, junge Familien und Senioren.
Bezahlbarer und menschenwürdiger Wohnraum stellt für uns ein grundsätzliches
Menschenrecht dar. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch eine der vornehmlichsten
Aufgaben der Kommune, Vorsorge und Fürsorge für alle Bürgerinnen und Bürger auf diesem
Gebiet zu betreiben. Bei Mietausgaben zwischen 35% und 50% des Haushaltseinkommens
führt jede Mietsteigerung zu deutlichen finanziellen Härten. Es darf nicht passieren, dass sich
die ärmeren Haushalte in bestimmten Wohngegenden mit schlecht oder gar nicht sanierten
Wohnungen begnügen müssen. Die Umgestaltung der Quartiere Rötenberg sowie entlang
der Friedrichstraße können Musterbeispiele für gelungenen, bezahlbaren Sozialwohnraum
werden.
Bildung
Die Lebensqualität der Familien hängt wesentlich vom Funktionieren und der Qualität der
öffentlichen Einrichtungen ab. Für unsere Kinder sind Kindergärten und Schulen wichtige
Einrichtungen, weil sie dort einen erheblichen Teil ihrer Zeit verbringen und dort auch
geprägt werden.
Der Nettoressourcenbedarf für Bildung und Betreuung wird im Jahr 2015 um 16 % auf 16,8
Mio. € wachsen. 40 % dieser Aufwendungen sind für Allgemein Bildende Schulen, 57% nach
der Neuberechnung der Zuweisungen für die Förderung von Kinderntageseinrichtungen und
in Tagespflege zu entrichten. Das sind keine unerhebliche Steigerungen, belasten den
Haushalt, sind aber mittelfristig gut angelegtes Geld:

Die Förderung der Kinder im Vorschulalter hilft entscheidend mit, dass Kinder aus
bildungsfernen Familien bzw. Immigrantenkinder mit Sprachschwierigkeiten später in
der Grundschule integriert werden können.

Die IT-Ausstattung der Schulen ist dringend dem Stand der Technik anzupassen.
4
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin

In den Schulen sind die sanierungsbedürftigen Toiletten und Schulhöfe zu richten.
Die Fraktion Die Linke./pro Aalen unterstützt ausdrücklich die Initiative Azubi statt ungelernt.
Kultur, Sport und Tourismus
Das vor einem Jahr skizzierte Vorhaben, die Aalener Sportvereine zu irgend einer Art
fortgeschrittener Kooperationen zu bewegen, ist im Oktober 2014 gestartet worden. Die
Fraktion Die Linke./pro Aalen begrüßt und unterstützt diese Initiative einer Kommunalen
Sportentwicklungsplanung. Durch die breite Beteiligung vieler aus Vereinen, Schulen,
Verwaltung und Gemeinderat kann man hoffen, dass – moderiert durch ein erfahrenes Team
– bei Gutem Willen der Beteiligten ein gutes Ergebnis für alle entwickelt werden kann.
Die Konzentration von bekannten und neuen Kulturschaffenden in einem Kulturbahnhof im
Bereich des Stadtovals ist sinnvoll, um neue Leuchttürme hervorzubringen. Ein Event mit
Tradition und Strahlkraft ist das Aalener Jazzfest. Dieses war auch 2014 sehr erfolgreich und
fand durch den Rundfunk auch außerhalb Aalens Beachtung. Um das Weiterexistieren zu
sichern, muss die finanzielle Ausstattung verbessert werden.
Die Fraktion Die Linke/ pro Aalen stellt den folgenden Beschlussantrag zur Kultur:

Die Zuschüsse für das Aalener Jazzfest sollen ab 2015 um 20 T€ erhöht werden.
Finanzen der Stadt Aalen
All die wichtigen Initiativen müssen finanziert werden. Dafür muss ein angemessener
Haushalt aufgestellt werden. Einige Detailaspekte:
Die Gesamtsteuereinnahmen Aalens sollen im Haushaltsjahr 2015 einen neuen
Höchststand erreichen. Damit wird es leichter fallen zu investieren, den Sanierungsstau
abzubauen und die Schuldenlast zurückzufahren. Am derzeitigen Plan gibt es an zwei
Stellen Bedenken: bei der Tilgung und den Einnahmen.
Die Gesamttilgung wird 2015 geringer ausfallen als 2014. Planmäßig wird nach einer Phase
umfangreicher Investitionen bis zum Jahr 2018 der Schuldenstand wieder auf das Niveau
von 2014 ansteigen, wobei sich dieses Szenario aber nur bei einem weiterhin positiven
Marktumfeld mit sprudelnden Steuereinnahmen realisieren lässt. Dies ist unter den heutigen
Marktperspektiven aber unsicher.
5
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin
Auf der Einnahmenseite wären die Steuerzuwächse bei unveränderten Hebesätzen
unbalanciert:

Die Grundsteuereinnahmen würden bei 9,2 Mio. €, die Gewerbesteuereinnahmen bei
35,5 Mio. € stagnieren.

Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer würde dagegen deutlich von 32,9 Mio.
€ auf 34,3 Mio. € ansteigen.
Es kann nicht sein, dass im Jahr 2015 die Arbeitnehmer den Haushalt überproportional
mitfinanzieren sollen. Aalen bietet mit seiner Hochschule und den anderen vielfältigen
Bildungsstätten am Ort ein hervorragendes Reservoir an gut ausgebildeten jungen
Menschen. Diesen Standortvorteil sollten die ansässigen Gewerbetreibenden mit einer
angemessenen Anpassung der Steuerhebesätze honorieren. Ein Hebesatz von 380 Punkten
bei der Gewerbesteuer wie in Schwäbisch Gmünd bedeutet immer noch einen guten Platz im
Mittelfeld in Baden Württemberg.
Die Fraktion Die Linke./pro Aalen stellt heute erneut den Beschlussantrag zur Anpassung der
Steuer-Hebesätze der Stadt Aalen:

Der Hebesatz für die Gewerbesteuer soll von 360 auf 380 Punkte angehoben
werden.
Die Fraktion Die Linke./pro Aalen bedankt sich bei den Mitarbeiter/innen der Kämmerei,
insbesondere bei Frau Faußner, für die gute Vorbereitung der Haushaltsplanberatung.
Wir bedanken uns ausdrücklich auch bei allen weiteren Mitarbeiter/innen der
Stadtverwaltung für die geleistete Arbeit im Jahr 2014!
Ich bitte Sie, Herr Oberbürgermeister, den Dank unserer Fraktion Die Linke./pro Aalen an die
Belegschaft auszurichten.
Herzlichen Dank.
6
20141120_Haushaltsrede Fraktion Die Linke-proAalen_fin

Documents pareils