Chronische Diabetskomplikationen und kardiovaskuläre
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Chronische Diabetskomplikationen und kardiovaskuläre
Aus der Diabetesklinik des Herz- und Diabeteszentrums NRW -Universitätsklinikder Ruhr-Universität Bochum Ehem. Direktor: Prof. Dr. med. R. Petzoldt Chronische Diabeteskomplikationen und kardiovaskuläre Risikofaktoren bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes mellitus Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Jan Knoop aus Düsseldorf 2009 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. R. Petzoldt Koreferent: Prof. Dr. med. A. Meißner Tag der mündlichen Prüfung: 20.04.2010 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 10 2. Fragestellung 15 3. Methodik 16 4. 3.1. Grundlagen der Untersuchung 16 3.2. Dokumentation der Befunde 17 3.3. Untersuchungsmethoden 19 3.4. Statistische Auswertung und Darstellung der Befunde 20 Ergebnisse 4.1. Charakterisierung der Patienten 21 21 4.1.1. Geschlecht, Alter, Diabetesdauer 21 4.1.2. Altersgruppen 23 4.1.3. Risikofaktor chronische Hyperglykämie 24 4.2. Chronische Diabeteskomplikationen 28 4.2.1. Retinopathia diabetica; Katarakt 28 4.2.2. Mikroalbuminurie, diabetische Nephropathie 30 4.3. Kardiovaskuläre Risikofaktoren 33 4.3.1. Übergewicht, Adipositas 33 4.3.2. Hypertonie 40 4.3.3. Dyslipoproteinämie 49 4.3.4. Nikotingebrauch 61 4.3.5. Alkoholkonsum 65 4.3.6. Kardiovaskuläre Risikofaktoren – Synopse 69 5. Diskussion 71 6. Zusammenfassung 83 7. Literatur 86 3 Abbildungsverzeichnis: Seite Abbildung 1: Histogramm zum Alter bei Diabetesbeginn für 22 die Gesamtgruppe Abbildung 2: Histogramme zum Alter bei Diabetesbeginn 23 der Mädchen und Jungen Abbildung 3: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 26 183 Mädchen und 168 Jungen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 4: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 27 183 Mädchen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 5: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 27 168 Jungen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 6: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht 36 (BMI 90.-97. Perzentile) und Adipositas (BMI >97. Perz.) bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 7: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht 36 (BMI 90.-97. Perzentile) und Adipositas (BMI >97. Perz.) bei den weiblichen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 8: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht 37 (BMI 90.-97. Perzentile) und Adipositas (BMI >97. Perz.) bei den männlichen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 9: Streudiagramm der BMI-Werte im Zusammenhang 39 mit der Diabetesdauer 4 Abbildung 10: Anteil pathologischer Befunde (rot) für systolischen und 41 diastolischen Blutdruck (jeweils einzeln erhöht) in der Gesamtgruppe Abbildung 11: Anteil pathologischer Befunde (rot) für sowohl systolischen 41 und diastolischen Blutdruck in der Gesamtgruppe Abbildung 12: Anteil pathologischer Befunde (rot) für beide 42 Blutdruckwerte bei Mädchen und Jungen Abbildung 13: Anteil pathologischer Befunde (rot) für beide 42 Blutdruckwerte in den drei Altersgruppen Abbildung 14: Streudiagramme der Werte des systolischen (ganz oben) 48 und diastolischen (oben) Blutdrucks im Zusammenhang mit der Diabetesdauer bei 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 15: Verteilung der Cholesterinwerte aller untersuchten 54 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 16: Verteilung der Cholesterinwerte aller 55 weiblichen untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 17: Verteilung der Cholesterinwerte aller 55 männlichen untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 18: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten 56 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 5 Abbildung 19: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten 57 weiblichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 20: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten 57 männlichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 21: Streudiagramm der Cholesterinwerte im Zusammenhang 60 mit der Diabetesdauer bei 263 von 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 22: Streudiagramm der Triglyceridwerte im Zusammenhang 60 mit der Diabetesdauer bei 89 von 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 23: Verteilung der Raucher und Nichtraucher bei 228 62 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Abbildung 24: Verteilung der Raucherinnen bei 115 weiblichen 63 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in der Altersgruppe der 12-bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Abbildung 25: Verteilung der Raucher bei 113 männlichen Kindern und 63 Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in der Altersgruppe der 12-bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Abbildung 26: Verteilung der Alkoholkonsumenten in der Gruppe der 66 12- bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Abbildung 27: Verteilung der Alkoholkonsumentinnen in der Gruppe der 67 12- bis 18-jährigen Mädchen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) 6 Abbildung 28: Verteilung der Alkoholkonsumenten in der Gruppe der 67 12- bis 18-jährigen Jungen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Abbildung 29: Häufigkeit des Gesamtrisikos kardiovaskulärer Risikofaktoren 69 bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Abbildung 30: Häufigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren im Vergleich 70 Der untersuchten weiblichen und männlichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Alter und Diabetesdauer bei 183 Mädchen und 168 Jungen 21 mit Typ-1-Diabetes Tabelle 2: Alter, Diabetesbeginn und Diabetesdauer bei den 24 1- bis 6-jährigen, 7- bis 11-jährigen und 12- bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 3: HbA1c-Werte bei 351 Kindern und Jugendlichen mit 25 Typ-1-Diabetes Tabelle 4: Untersuchungsbefunde bei 5 Jugendlichen mit einer 29 Katarakt (n.n. = nicht untersucht) Tabelle 5: Albuminausscheidung und Kreatininkonzentration bei 351 31 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 6: Untersuchungsbefunde bei 4 Kindern und Jugendlichen 32 mit erhöhter Albuminausscheidung 7 Tabelle 7: Mittelwerte für den Body Mass Index bei 351 Kindern und 34 Jugendlichen mit Typ-1- Diabetes Tabelle 8: Übergewicht und Adipositas bei 351 Kindern und Jugendlichen 35 mit Typ-1-Diabetes Tabelle 9: Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei 351 Kindern und Jugendlichen 38 mit Typ-1-Diabetes und Übergewicht bzw. Adipositas Tabelle 10: Mittelwerte für den systolischen und diastolischen Blutdruck 43 bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 11: Anteil pathologischer Befunde für den systolischen und 44 diastolischen Blutdruck bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 12: Anteil pathologischer Befunde für den systolischen Blutdruck 45 bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 13: Anteil pathologischer Befunde für den diastolischen Blutdruck 46 bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 14: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer 47 Risikofaktoren bei Hypertonie bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 15: Mittelwerte für Cholesterin bei 351 Kindern und Jugendlichen 50 mit Typ-1-Diabetes Tabelle 16: Mittelwerte für Triglyceride bei 351 Kindern und Jugendlichen 51 mit Typ-1-Diabetes 8 Tabelle 17: Anteil pathologischer Befunde für Cholesterin bei 351 52 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 18: Anteil pathologischer Befunde für Triglyceride bei 351 53 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 19: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer 58 Risikofaktoren bei erhöhten Cholesterinwerten für 351 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes Tabelle 20: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer 59 Risikofaktoren bei erhöhten Triglyceridwerten für 351 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes Tabelle 21: Anteil der Raucher bei 351 Kindern und Jugendlichen 61 mit Typ-1-Diabetes Tabelle 22: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer 64 Risikofaktoren bei Nichtrauchern und Rauchern in der Altersgruppe 12- bis 18 Jahre (228 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes, keine Raucher in den anderen Altersgruppen) Tabelle 23: Häufigkeit des Alkoholkonsums bei 351 Kindern und 65 Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Tabelle 24: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer 68 Risikofaktoren in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum in der Altersgruppe 12- bis 18 Jahre (228 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes; kein Alkoholkonsum in den anderen Altersgruppen) 9 1. Einleitung Der Diabetes mellitus Typ 1 stellt die häufigste endokrinologische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter dar (Michaelis and Jutzi 1991, Hürter 1997). Der Typ-1– Diabetes ist eine Glucosestoffwechselstörung, welche durch eine relativ zügig verlaufende Verringerung der körpereigenen Insulinproduktion gekennzeichnet ist. Grund ist der Verlust von Betazellen der Langerhansschen Inseln des Pancreas im Rahmen eines Autoimmungeschehens. Die Ursache ist letztlich unklar. Es besteht also ein absoluter Insulinmangel, welcher durch externe Gabe des Hormons ausgeglichen werden muss. Maßnahmen zur Prävention des Typ-1Diabetes sind bislang nicht bekannt. Die Manifestation der Erkrankung hat ihren Gipfel in etwa zwischen dem 14. und 20 Lebensjahr (Badenhoop et al. 1994). Die klassischen Symptome sind: Polyurie, Polydipsie, Glucosurie und Ketonurie. Ein Plasmaglucosespiegel (venös) über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) bzw. kapillär 220 mg/dl (12,2 mmol/l) als 2-Stundenwert im oralen Glukosetoleranztest (OGTT) gilt als Diagnosekriterium (WHO Study Group 1985 u. 1994). Die Inzidenzraten des Diabetes mellitus Typ 1 haben im Laufe des 20. Jahrhunderts deutlich zugenommen. Vor allem in der Altersgruppe der fünf bis 14jährigen ließ sich in den USA ein Anstieg innerhalb der weißen Bevölkerung von 5 / 100 000 per Anno zu Anfang des Jahrhunderts auf fast 20 / 100 000 p.A. in 1980 verzeichnen (Trautner and Berger 1993). Die Prävalenz des Typ-1-Diabetes zeigt international deutliche Unterschiede. Die Angaben differieren zwischen 0,007% und 0,43% (Schwartz 1998). Im Jahre 1988 stellte die Diabetes Epidemiology Research International Group ein bisher nicht geklärtes Nord–Süd–Gefälle für Europa fest (Karvonen et al. 1993). Während in nordeuropäischen Ländern (Finnland, Norwegen, Schweden) von etwa 100 000 gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen zwischen 100 und 200 vom Typ-1–Diabetes betroffen sind, nehmen die mitteleuropäischen Regionen (Deutschland, Frankreich, Schweiz, damalige Tschechoslowakei) mit 50 – 100 / 100 000 eine Mittelstellung ein. In Ländern wie Italien und Spanien wird die Prävalenz mit 10 – 25 / 100 000 festgestellt. Ebenso zeigen sich unterschiedliche Inzidenzraten von 40 / 100 000 für Finnland und 3,2 / 100 000 in der Republik Mazedonien (Patterson et al. 2001). 10 Im Rahmen der EURODIAB-Studie konnte eine allgemeine Steigerung der Inzidenzraten festgestellt werden. Speziell für Zentral-Osteuropa betätigten sich die höchsten Steigerungsraten. Sardinien und Nordeuropa (außer Finnland) zeigten keine Steigerungen (Green et al.1992). Auf der Basis der ostdeutschen Daten wurde für das Jahr 1988 von Michaelis et al. (1993) eine Prävalenz von 0,72% errechnet. Die Inzidenz lag auf der Basis des gleichen Datenmaterials in den Jahren 1985-1989 in der Altersgruppe von 0–14 Jahren bei 7,4%. Rosenbauer et al. (2002) schätzen die Prävalenz des Typ-1-Diabetes von Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren in Deutschland auf 0,14%. Das entspricht etwa 25000 Typ 1 Diabetikern in dieser Altersgruppe. Die Ost-West-Unterschiede sind bislang nicht geklärt, allerdings aktuell auch nicht bestätigt worden (Kamtsiuris et al., 2007). In einer retrospektiven Inzidenzstudie aus Baden-Würtemberg, in der die Definitionskriterien der EURODIAB-Studiengruppe (Green et al. 1992) verwendet wurden, konnte für die Altersgruppe der bis zu 14-jährigen Kinder und Jugendlichen im Zeitraum 1987 bis 1993 eine Neuerkrankungsrate von 11,6 / 100 000 ermittelt werden (Neu et al. 1996). In der KiGGS-Studie (Kamtsiuris et al., 2007) wird ein Prävalenzwert von 0,14% bestätigt. Die Studie beschreibt vergleichbare Prävalenzen unabhängig vom Wohnort (in Deutschland), des Sozialstatus´ und einem evtl. Migrationshintergrund. Anzumerken ist, dass das Auftreten des Typ-1-Diabetes zunimmt, und das diese Zunahme bei Mädchen stärker zu verzeichnen ist, als bei Jungen (Rosenbauer et al. 2002). Hauptproblem in der Behandlung von Glucosestoffwechselstörungen sind weniger die akuten „Entgleisungen“ des Stoffwechsels, als die Entwicklung von krankhaften Veränderungen an Organen bzw. Organsystemen durch langfristig bestehende unphysiologische Blutglucosekonzentrationen. Diese sind in der Regel durch eine übernormwertige Erhöhung des Blutzuckerspiegels gekennzeichnet. Hierbei werden nicht nur einzelne Blutzuckerwerte als erhöht 11 gemessen, sondern regelhaft lässt sich auch ein entsprechend veränderter Langzeit–Blutgucosewert feststellen. Dieser als HbA1, respektive HbA1c bezeichnete Wert gibt Aufschluss über die durchschnittliche Glucose-Stoffwechselsituation der vor der Blutentnahme liegenden ca. 3 Monate. Langzeitschäden zeigen sich vor allem als Veränderungen im Gefäß- und Nervensystem. Häufig kommt es bei allen Diabetesformen zur Ausprägung spezifischer Mikro- und Makroangiopathien, welche sich in Form von Nieren- und Augenschäden, Herz- und Hirninfarkten, sowie peripheren Durchblutungsstörungen zeigen. Darüberhinaus entwickeln sich oftmals Neuropathien, welche dann sowohl im Herz-Kreislauf–System als inadäquate Blutdruckregulation und fehlende Nachtabsenkung des Blutdrucks (Torffvit and Aghardh 1993), als auch in Form von Magenmotilitätsstörungen und peripheren Sensibilitätsstörungen imponieren. Weitere neuropathische Störungen beeinflussen die Harnblasen- und Sexualfunktion z.B. in Form von Restharnbildung und erektile Funktionsstörung. Zu bemerken ist, dass bei ca. 60% der Diabetiker nach 40 jähriger Krankheitsdauer eine Sehminderung infolge einer Retinopathie vorliegt. Derartige Veränderungen führen nicht selten zur Erblindung (Krolewski et al. 1987). Mit Fortschreiten einer diabetogenen Nephropathie erhöht sich die Gefahr einer Progredienz der Retinopathie zum proliferativen Stadium, die beim Typ-1-Diabetes nach 10 Jahren Krankheitsdauer schon über 20% der Patienten betrifft (Hasslacher et al. 1988, Klein et al. 1989). Weiterhin besteht das Risiko einer Extremitätenamputation infolge Mangeldurchblutung durch Gefäßveränderungen, welches für Diabetiker 35-fach gegenüber der stoffwechselgesunden Bevölkerung erhöht ist (Bretzel 2000). Zusätzliche Risikofaktoren für die Entwicklung von Folgeschäden stellen Fehlernährung, Übergewicht, exogene Noxen wie Alkohol und/ oder Schadstoffbelastung durch Rauchen, sowie auch körperliche Inaktivität dar. Neuere Studien belegen ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung diabetogener Spätschäden, wenn der Beginn der Erkrankung zwischen dem 5. und 14. Lebensjahr liegt (Monti et al. 2007). Ein Onset des Diabetes vor dem 5. Lebensjahr verringert die Wahrscheinlichkeit, in der Folge Schäden durch renale microangiopathische Veränderungen zu erleiden (Carel and Levy-Marchal 2008). 12 Schon frühzeitig - zum Teil im 19. Jahrhundert - sind medizinisch- naturwissenschaftliche Berichte zu Auffälligkeiten bei Patienten mit Diabetes mellitus erstellt worden (siehe bei Burger 1996). So wurden bereits 1875 pathologische Veränderungen des Auges beschrieben (Leber 1875). Mackenzie brachte 1879 das Auftreten von Glucose im Urin mit Veränderungen der Retina in Zusammenhang. Erst in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde durch die industrielle Herstellung von Insulin die Möglichkeit zur Therapie des Typ-1Diabetes eröffnet. Infolgedessen lassen sich auch erst seitdem Beobachtungen von langfristigen Veränderungen an den Organsystemen von Diabetikern durchführen. Schon in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Frage erhoben, ob pathologische Langzeitveränderungen gewissermaßen schicksalhaft auftreten, oder mit einer verbesserten Therapie zu mildern, respektive gar zu verhindern sind (West 1982). Die von Siperstein et al. in 1968 aufgestellte These, wonach in erster Linie genetische Ursachen maßgeblich die Entwicklung von Folgeschäden beeinflussen, wurde bereits bei ihrem Erscheinen heftig diskutiert (siehe bei Burger 1996). Beobachtungen zeigten beispielsweise, dass ca. 25% vom Typ-1Diabetes Betroffene trotz langer Krankheitsdauer keine bedeutsamen Spätkomplikationen entwickeln (Lukens and Franklin 1966, Knowles 1971). Dies ist schon im Hinblick auf das Alter der Untersuchungen sehr bemerkenswert. Seinerzeit war es mittels des zur Verfügung stehenden Therapieregimes kaum einem Diabetiker möglich, langfristig so etwas wie eine normoglycämische Stoffwechsellage zu erzielen. Auch die Überprüfung mittels Langzeitparametern war vor Einführung der HbA1/ HbA1c–Wert-Bestimmung technisch noch nicht möglich. Heutzutage stehen den Patienten zwar in Form der intensivierten konventionellen Insulintherapie respektive Insulin-Pumpenbehandlung deutlich verfeinerte Therapieoptionen offen, wesentlicher Punkt um die Stoffwechsellage zu verbessern, ist jedoch deren sorgfältige Anwendung durch die Betroffenen. Inzwischen steht der Zusammenhang zwischen der Qualität der Langzeitstoffwechsellage und der Entwicklung von neurovaskulären Folgeschäden außer Zweifel. Die Multicenter Interventionsstudie DCCT konnte dies an einer 13 großen Patientenzahl bestätigen (The Diabetes Control and Complications Trial Research Group 1993). Weiterhin konnte in der Vergangenheit in zahlreichen Studien die Bedeutung der Stoffwechsellage auch für andere Folgeschäden wie beispielsweise Gefäßveränderungen belegt werden (West 1982, Hanssen et al. 1992, Bibergeil 1990). Inwieweit bereits im Kindes- und Jugendalter bei Typ-1-Diabetikern auslösende Faktoren für kardiovaskuläre Folgeschäden nachweisbar sind, soll im Folgenden beleuchtet werden. 14 2. Fragestellung Bei Diagnose eines Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen sind die übergeordneten Therapieziele klar – die Vermeidung, Verzögerung oder Begrenzung hyperglykämiebedingter, chronischer Diabeteskomplikationen durch eine optimale Stoffwechseleinstellung von Krankheitsbeginn an. Die mit Diabetesbeginn einsetzende Prävention ist aber nicht nur unter Berücksichtigung chronischer Diabeteskomplikationen von Bedeutung, sondern auch schon bei Kindern und Jugendlichen mit Blick auf zusätzlich bestehende oder sich entwickelnde langfristige Folgen am kardiovaskulären System zu fordern. Epidemiologische Analysen und ein regelmäßiges, individuelles Screening auf Risikofaktoren jeder Art sind Grundlage der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mellitus. In einer Beobachtungsstudie untersuchten wir 351 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes, die wegen gravierender Stoffwechselprobleme zur Intensivierung der Diabetestherapie klinisch betreut wurden. Ziel unserer Untersuchung war es, bei diesen Kindern und Jugendlichen erste Hinweise für chronische Diabeteskomplikationen und für kardiovaskuläre Risikofaktoren zu erfassen und deren Häufigkeit und Verteilung zu beschreiben. Dazu wurden die dokumentierten Befunde zu Retinopathie, Mikroalbuminurie und Nephropathie, Neuropathie, Übergewicht und Adipositas, arterieller Hypertonie, Dyslipoproteinämie erfasst und unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter und Diabetesdauer analysiert. 15 3. Methodik 3.1. Grundlagen der Untersuchung Die Untersuchung erfolgte als retrospektive Studie. Dazu wurden die archivierten Krankenakten der 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes ausgewählt, die in den Jahren 1996, 1997 und 1998 im Herz- und Diabeteszentrum NordrheinWestfalen in Bad Oeynhausen klinisch behandelt wurden. Indikationen für die Klinikeinweisung waren immer erhebliche Stoffwechselprobleme und die Intensivierung der Diabetestherapie. Die sehr aufwendige Datenerfassung und die umfangreiche Datendokumentation erfolgte in Zusammenarbeit mit A. Ludewig. Für die Beurteilung der unterschiedlichen Fragestellungen wurde die Auswertung und die Darstellung der Befunde unabhängig voneinander durchgeführt. Die für unsere Fragestellung aus den Krankenaktendaten entnommenen Informationen wurden im Rahmen der klinischen Betreuung erhoben. Zu den Routinemaßnahmen gehören eine eingehende individuelle Anamnese und eine umfassende körperliche Untersuchung sowie auch die Kontrolle und Auswertung der im folgenden genannten Befunde. Einzelne zusätzliche Untersuchungen erfolgten dann, wenn es im Rahmen der Routinediagnostik zu Auffälligkeiten gekommen war. 16 3.2. Dokumentation der Befunde Zu allen 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes wurden aus den Krankenakten die für diese Untersuchung relevanten Daten entnommen. Mit Hilfe eines computergestützten Dokumentationsprogramms wurden für jeden Patienten die Angaben zu folgenden Fragen und Aspekten festgehalten (Definition und Bedingungen in Klammern). • Alter (laufendes Lebensjahr zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme) • Geschlecht • Körpergewicht (in Kilogramm bei Aufnahme in die Klinik) • Körpergröße (in Meter bei Aufnahme in die Klinik) • Body Mass Index (in kg/m²) • Diabetestyp (zur Sicherung des Typ-1-Diabetes) • Alter bei Diabetesbeginn (in Jahren) • Diabetesdauer (in Jahren) • Gelegenheitsblutdruck (in mm Hg) 17 • Glykohämoglobin (HbA1c) (in % vom Gesamthämoglobin) • Triglyceride (in mg/dl; nach mindestens 8 Stunden Nahrungskarenz) • Cholesterin (in mg/dl; nach mindestens 8 Stunden Nahrungskarenz) • Serumkreatinin (in mg/dl) • Albuminausscheidung (in mg/l im Nüchternurin an drei verschiedenen Tagen) • Retinopathie (anamnestische Angaben, ophthalmologische Kontrolle) Katarakt (anamnestische Angaben, ophthalmologische Kontrolle • Neuropathie (anamnestische Angaben, klinische Befunde) • Nicotinkonsum (anamnestische Angaben) • Alkoholkonsum (anamnestische Angaben) 18 3.3. Untersuchungsmethoden Zu den routinemäßig durchgeführten Untersuchungen wurden die im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen regelhaft eingesetzten Geräte und Standardmethoden benutzt. Glycohämoglobin (HbA1c): Labor – Reagenzkit Bayer DCA 2000 Triglyceride: Triglyceride – GOP – Reagenz der Firma Beckman im Beckman Synchron CXMulti® - Kalibrator. Referenzbereich: 70 – 150 mg / dl. Cholesterin: CHOD-PAP – Methode der Firma Beckman im Beckman Synchron CX-Multi® Kalibrator. Referenzbereich: 110 – 220 mg / dl. HDL – Cholesterin: CHOD-PAP – Methode der Firma Boehringer – Mannheim; Fällung mit Quantolip HDL der Firma Immuno AG. Referenzbereich: 35 – 55 mg / dl. Serumkreatinin: Beckman Synchron LX 20 – Photometrische Messung Referenzbereich: 0,7 – 1,2 mg / dl Urinalbumin: Beckman Immage – MA – Methode. Referenzbereich: 0 – 20 mg / l. 19 3.4. Statistische Auswertung und Darstellung der Befunde Die Ergebnisse der Untersuchung wurden über eine deskriptive Statistik beurteilt. Dazu wurde das Datenmaterial mittels einer Exceldatei (Version 5.0) sowie mit dem Statistikprogramm SPSS (Version 10.0.) bearbeitet. Zur vergleichenden Statistik wurden die arithmetischen Mittelwerte der stetigen Merkmale mit Angabe der Standardabweichung berechnet. Die Berechnung der Häufigkeitsverteilung der qualitativen Merkmale erfolgte auf der Basis des ChiQuadrat-Tests. Für die Prüfung einzelner Merkmale auf signifikante Differenzen mittels eines Korrelationskoeffizienten wurde ein Signifikanzniveau von p=0.05 angenommen. Die aus den Untersuchungen und Daten errechneten Ergebnisse wurden in Tabellen und Abbildungen dargestellt. 20 4. Ergebnisse 4.1. Charakterisierung der Patienten Zur Bewertung und Darstellung der Ergebnisse wurden die 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes nach Geschlecht und Alter in Gruppen aufgeteilt. 4.1.1. Geschlecht, Alter, Diabetesdauer Insgesamt wurden die Daten von 183 Mädchen und 168 Jungen analysiert. Das mittlere Lebensalter, das mittlere Alter bei Diabetesmanifestation und die mittlere Diabetesdauer sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Tabelle 1: Alter und Diabetesdauer bei 183 Mädchen und 168 Jungen mit Typ-1Diabetes Lebensalter (Jahre) Alter bei Diabetesbeginn (Jahre) Diabetesdauer (Jahre) Alle Kinder und Jugendlichen n=351 Mädchen Jungen n=183 n=168 12.9 ± 4.2 12.8 ± 4.3 13.0 ± 4.2 8.9 ± 4.6 8.4 ± 4.5 9.4 ± 4.6 4.1 ± 4.0 4.5 ± 4.4 3.6 ± 3.5 Im Vergleich zwischen Mädchen und Jungen ergab sich keine wesentliche Differenz hinsichtlich des Durchschnittsalters. Bei Diabetesbeginn waren die Mädchen im Durchschnitt ein Jahr jünger als die Jungen und durchschnittlich bereits etwa ein Jahr länger erkrankt. 21 In den Abbildungen 1, 2 und 3 wird die Altersverteilung bei Diabetesbeginn dargestellt. In den Histogrammen imponieren Gipfel für das Manifestationsalter. Am häufigsten beginnt der Typ-1-Diabetes im Alter von 4 – 8 Jahren (Abbildung 1 und 2) und im Alter von 13 – 15 Jahren (Abbildung 1 und 3). Häufigkeit 30 25 20 15 26 22 10 19 18 14 5 22 21 19 17 16 13 14 12 10 7 6 6 0 0 5 10 15 Alter bei Diabetesbeginn in Jahren Abbildung 1: Histogramm zum Alter bei Diabetesbeginn für die Gesamtgruppe 22 25 Häufigkeit 20 15 21 10 18 17 18 16 14 12 11 5 9 9 7 8 8 6 2 0 0 ,0 0 5 ,0 0 1 0 ,0 0 1 5 ,0 0 A l t e r D ia b e t e s b e g in n b e i M ä d c h e n Häufigkeit 20 15 10 19 16 14 14 16 15 13 11 5 8 8 11 8 5 3 4 0 0 ,0 0 5 ,0 0 1 0 ,0 0 1 5 ,0 0 A l t e r D ia b e t e s b e g in n b e i J u n g e n Abbildung 2: Histogramme zum Alter bei Diabetesbeginn der Mädchen und Jungen 4.1.2. Altersgruppen Die 351 untersuchten Kinder und Jugendlichen sind über die Altersgruppen in folgender Weise verteilt: 41 Ein- bis Sechsjährige, 82 Sieben- bis Elfjährige, 228 Zwölf- bis Achtzehnjährige (Tabelle 2). Zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung wiesen die Ein- bis Siebenjährigen mit durchschnittlich 0.9 Jahren die kürzeste Diabetesdauer, die Zwölf- bis Achtzehnjährigen mit durchschnittlich 4.9 Jahren die längste Diabetesdauer auf. 23 Tabelle 2: Alter, Diabetesbeginn und Diabetesdauer bei den 1- bis 6-jährigen, 7- bis 11-jährigen und 12- bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes n Alter Kinder u. Jugendliche 351 1- bis 6-jährige 7- bis 11-jährige 12- bis 18-jährige 41 82 24 / 17 43 / 39 228 Mädchen/ Jungen 183 / 168 115 / 113 n 348 41 81 226 Lebensalter 12.9 ± 4.2 4.6 ± 1.8 9.8 ± 1.4 15.5 ± 1.9 n 338 40 76 222 Alter bei 8.9 ± 4.6 3.7 ± 1.6 7.1 ± 2.5 10.5 ± 4.6 n 342 40 79 223 Diabetesdauer 4.1 ± 4.0 0.9 ± 0.8 3.0 ± 2.9 4.9 ± 4.8 (Jahre) Diabetesbeginn (Jahre) (Jahre) 4.1.3. Risikofaktor chronische Hyperglykämie Ein über die Norm erhöhter HbA1c-Wert kann als Zeichen für eine chronisch hyperglykämische Stoffwechsellage gelten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lag der HbA1c-Normwertbereich unseres Labors bei 4.3-6.3 %. Über 75% der untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes wiesen erhöhte HbA1cWerte unterschiedlichen Ausmaßes auf (Tabelle 3 und Abbildung 3-5). 24 Tabelle 3: HbA1c-Werte bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe (Gesamtzahl/ Zahl der Messungen) Anteil erhöhter HbA1c-Werte HbA1c in % n/n (%) 8.0 ± 2.2 260/ 346 (75,1) 7.9 ± 2.3 129/ 180 (71,7) 8.0 ± 2.1 131/ 166 (78,9) 7.2 ± 1.9 24/ 41 (58,5) 7.4 ± 2.1 15/ 24 (62,5) 6.8 ± 1.5 9/ 17 (52,9) 7.5 ± 2.1 54/80 (67,5) 7.9 ± 2.4 30/ 43 (69,8) 7.0 ± 1.5 24/ 37 (64,9) 8.3 ± 2.2 182/ 225 (80,9) 8.0 ± 2.3 84/ 113 (74,3) 8.5 ± 2.1 98/ 112 (87,5) Alle Kinder und Jugendlichen (351/ 346) Alle Mädchen (183/ 180) Alle Jungen (168/ 166) 1- bis 6-jährige (41/ 41) Mädchen (24/ 24) Jungen (17/ 17) 7- bis 11-jährige (82/ 80) Mädchen (43/ 43) Jungen (37/ 37) 12- bis 18-jährige (228/ 225) Mädchen (115/ 113) Jungen (113/ 112) 25 Sowohl der HbA1c-Mittelwert als auch der Anteil an erhöhten HbA1c-Werten nimmt mit steigendem Alter im untersuchten Kollektiv zu (Tabelle 3). Die Mädchen zeigen gegenüber den Jungen in den beiden jüngeren Altersgruppen höhere HbA1c-Mittelwerte und einen größeren Anteil an erhöhten HbA1c-Werten, während in der Gruppe der ältesten Jungen diese Befunde die höheren Werte gegenüber denen der Mädchen (und den höchsten Wert überhaupt) aufweisen (Tabelle 3, Abbildungen 3-5). % 40,0 30,0 20,0 34.29% 30.84% 10,0 18.44% 10.66% 5.76% 0,0 3,4-4,9 5,0-6,9 7,0-8,9 9,0-10,9 11,0+ HbA1c Abbildung 3: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 183 Mädchen und 168 Jungen mit Typ-1-Diabetes 26 % Geschlecht: weibl. 40,0 30,0 20,0 33.33% 28.89% 10,0 17.22% 13.33% 7.22% 0,0 3,4-4,9 5,0-6,9 7,0-8,9 9,0-10,9 11,0+ HBA1C Abbildung 4: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 183 Mädchen mit Typ-1Diabetes Geschlecht: männl. % 50,0 40,0 30,0 20,0 40.12% 28.14% 10,0 19.76% 7.78% 4.19% 0,0 3,4-4,9 5,0-6,9 7,0-8,9 9,0-10,9 11,0+ HBA1C Abbildung 5: Verteilung der HbA1c-Werte in Quintilen bei 168 Jungen mit Typ-1Diabetes 27 4.2. Chronische Diabeteskomplikationen Im Rahmen der umfassenden Routine-Untersuchungen wurde nach Hinweisen für die Entwicklung oder das Vorliegen chronischer Diabeteskomplikationen gefahndet. Hierbei ergaben sich keine Anhaltspunkte für irgendeine Form der diabetischen Neuropathie. 4.2.1. Retinopathia diabetica; Katarakt Auch eine diabetische Retinopathie konnte weder anamnestisch noch bei den ophthalmologischen Kontrollen nachgewiesen werden. Bei 5 Kindern und Jugendlichen fiel eine Katarakt auf (Tabelle 4). Bei zwei Jugendlichen, welche unmittelbar nach der Diabetesmanifestation betreut wurden, fand sich eine Katarakt. Die drei weiteren Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes, die eine Katarakt aufwiesen, hatten eine Diabetesdauer zwischen 5 und 8 Jahren. Zwei Mädchen hatten Befunde einer Dyslipoproteinämie, zwei betroffene Jungen gaben einen Nikotinkonsum an. Bei allen 5 Jugendlichen war der HbA1c-Wert erhöht. Eine Albumin-Untersuchung wurde bei keinem der 5 Jugendlichen durchgeführt. 28 Tabelle 4: Untersuchungsbefunde bei 5 Jugendlichen mit einer Katarakt (n. u. = nicht untersucht) Mädchen Mädchen Mädchen Junge Junge 13 Jahre 14 Jahre 18 Jahre 16 Jahre 17 Jahre (Jahre) 5.3 0 (1 Tag) 8.3 0 (3 Tage) 5.2 HbA1c (%) 7.6 9.8 6.7 12.9 10.7 Index (kg/m²) 21.2 22.8 22.0 18.3 21.2 Augenbefund Katarakt Katarakt Katarakt Katarakt Katarakt bds. bds. rechts bds. bds. n.u. n.u. n.u. n.u. n.u. 0.5 0.5 0.5 0.8 0.8 Cholesterin 250 209 222 200 128 Triglyceride 224 60 58 111 25 Nikotinkonsum “nein” “nein” “nein” “nein” “ja” Alkoholkonsum “nein” “nein” “nein” “ja” “nein” Diabetesdauer Body Mass Albumin im Urin (mg/l) Kreatinin (µmol/l) LDL- 29 4.2.2. Mikroalbuminurie, diabetische Nephropathie Als Hinweise für eine mögliche Nephropathie-Entwicklung wurde nach einer erhöhten Albuminausscheidung im Urin und nach einer Kreatinin-Erhöhung gefahndet; die durchschnittlichen Werte für die Albuminausscheidungen und die Kreatininkonzentrationen waren in allen Gruppen unauffällig. (Tabelle 5). Bei vier Mädchen aus allen Gruppen der 103 Kinder und Jugendlichen, bei denen die Albuminausscheidung gemessen wurde, bestand wegen Überschreitung des oberen Normwertes für die Albuminausscheidung von 20 mg/l der Verdacht auf eine Mikroalbuminurie (Tabelle 6). Für diese vier Mädchen wurden normale Kreatininwerte gemessen. Zwei Mädchen hatten Befunde einer Dyslipoproteinämie. Ein Mädchen gab einen Nikotinkonsum an. Bei allen vier Mädchen war der HbA1c-Wert erhöht (Tab. 6). 30 Tabelle 5: Albuminausscheidung und Kreatininkonzentration bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe Albumin im Urin Serum-Kreatinin (mg/l) (µmol/ l) 8.7 ± 10.6 0.66 ± 0.16 Mädchen (183// 61 bzw. 150) 9.7 ± 12.8 0.63 ± 0.14 Jungen (168// 42 bzw. 137) 7.3 ± 5.9 0.69 ± 0.16 1- bis 6-jährige 5.8 ± 3.4 0.44 ± 0.12 5.8 ± 3.4 0.45 ± 0.16 - 0.43 ± 0.13 8.6 ± 16.8 0.58 ± 0.13 11.5 ± 23.3 0.59 ± 0.14 Jungen (39// 12 bzw. 23) 5.8 ± 5.2 0.56 ± 0.12 12- bis 18-jährige 9.0 ± 8.1 0. 71 ± 0.14 Mädchen (115// 44 bzw. 103) 9.7 ± 9.2 0.66 ± 0.13 Jungen (113// 30 bzw. 104) 8.0 ± 6.2 0.75 ± 0.13 (Gesamtzahl/ Zahl der Untersuchten) Alle Kinder und Jugendlichen (351// 103 bzw. 287) (41// 5 bzw. 22) Mädchen (29// 5 bzw. 12) Jungen (12// - bzw. 10) 7- bis 11-jährige (82// 24 bzw. 58) Mädchen ( 43// 12 bzw. 35) (228// 74 bzw. 207) 31 Tabelle 6: Untersuchungsbefunde bei 4 Kindern und Jugendlichen mit erhöhter Albuminausscheidung Mädchen Mädchen Mädchen Mädchen 11 Jahre 12 Jahre 14 Jahre 17 Jahre (Jahre) 5.8 1.2 7.6 6.5 HbA1c (%) 8.2 7.3 7.1 7.3 Index (kg/m²) 16.8 18.4 25.2 23.3 Augenbefund unauffällig Unauffällig unauffällig unauffällig 85.0 48.0 34,0 29.3 0.7 0.6 0.7 0.8 Cholesterin 193 235 239 183 Triglyceride 96 46 240 98 Nikotinkonsum “nein” “nein” “ja” “nein” Alkoholkonsum “nein” “nein” “nein” “nein” Diabetesdauer Body Mass Albumin im Urin (mg/l) Kreatinin (µmol/l) LDL- 32 4.3. Kardiovaskuläre Risikofaktoren 4.3.1. Übergewicht, Adipositas Die Beurteilung der Gewichtssituation erfolgte durch Berechnung des Body-MassIndex´ aus den Angaben zu Körpergröße und Körpergewicht. Nach den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (KromeyerHauschild et al. 2004) ist Übergewicht gegeben, wenn der Body-Mass-Index (BMI) im Bereich der 90. bis 97. Perzentile liegt. Adipositas besteht ab einem BMI oberhalb der 97. Perzentile. Die Mittelwerte für den BMI waren vom Alter der Kinder und Jugendlichen abhängig. Die Gruppe der 12- bis 18-jährigen hatte die höchsten Mittelwerte (Tabelle 7). Bei 13,9% der untersuchten Kinder und Jugendlichen fiel ein erhöhtes Körpergewicht auf. 8,6% hatten Übergewicht, 5,3% waren adipös (Abbildung 6-8, Tabelle 8). Übergewicht sowie Adipositas waren bei den Mädchen häufiger zu verzeichnen als bei den Jungen (13,1% vs. 3,7% für das Übergewicht; 6,3% vs. 4,3% für die Adipositas). In jeder Altersgruppe fanden sich sowohl übergewichtige als auch adipöse Personen. In der Altersgruppe der 1- bis 6-jährigen Jungen fand sich kein adipöser Patient. Der Anteil der Übergewichtigen war in der Gruppe der 12-18-jährigen Mädchen am höchsten. Der Anteil der Adipösen war in der Gruppe der 7- bis 11-jährigen Mädchen am höchsten. Insgesamt stieg der Anteil adipöser Personen mit zunehmendem Lebensalter in allen Gruppen an (Tabelle 8, Abb. 9). Die Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas hatten im Vergleich zu denen mit einem BMI unterhalb der 90. Perzentile signifikant höhere Mittelwerte für Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyceride (Tabelle 9). 33 Tabelle 7: Mittelwerte für den Body Mass Index bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht Body Mass Index n in kg/m² Gesamt 351 339 20.2 ± 4.4 Mädchen 183 175 20.6 ± 4.5 Alle Jungen 168 164 19.9 ± 4.2 1- bis 6-jährige 41 39 16.1 ± 1.8 Mädchen 24 23 16.2 ± 2.1 Jungen 17 16 16.0 ± 1.3 7- bis 11-jährige 82 80 Mädchen 43 42 18.3 ± 3.2 Jungen 39 38 18.1 ± 3.5 12- bis 18-jährige 228 220 21.7 ± 4.3 Mädchen 115 110 22.4 ± 4.3 Jungen 113 110 21.1 ± 4.2 18.2 ± 3.3 34 Tabelle 8: Übergewicht und Adipositas bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht BMI < 90. BMI 90. -97. BMI > 97. n Perzentile Perzentile Perzentile (n) % (n) % (n) % Gesamt 351 339 (292) 86.1 (29) 8.6 (18) 5.3 Mädchen 183 175 (141) 80.6 (23) 13.1 (11) 6.3 Jungen 168 164 (151) 92.1 (6) 3.7 (7) 4.3 1- bis 6-jähr. 41 39 (35) 89.7 (3) 7.7 (1) 2.6 Mädchen 24 23 (20) 87.0 (2) 8.7 (1) 4.3 Jungen 17 16 (15) 93.8 (1) 6.2 (-) - 7- bis 11-jähr. 82 80 (68) 85.0 (6) 7.5 (6) 7.5 Mädchen 43 42 (32) 76.2 (5) 11.9 (5) 11.9 Jungen 39 38 (36) 95.0 (1) 2.5 (1) 2.5 12- bis 18-jähr. 228 220 (190) 86.4 (20) 9.1 (10) 4.5 Mädchen 115 110 (88) 80.0 (16) 14.5 (6) 5.5 Jungen 113 110 (102) 92.8 (4) 3.6 (4) 3.6 35 % 100,0 80,0 60,0 40,0 86.1% 20,0 8.6% 0,0 < 90. Perzentile 90.-97. Perzentile 5.3% > 97. Perzentile BMI Abbildung 6: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht (BMI 90.–97. Perzentile) und Adipositas (BMI > 97. Perzentile) bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes % 100,0 80,0 60,0 40,0 80.6% 20,0 13.1% 6,3% 0,0 < 90. Perzentile 90.-97. Perzentile > 97. Perzentile BMI Abbildung 7: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht (BMI 90.-97. Perzentile) und Adipositas (BMI >97. Perzentile) bei den weiblichen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 36 % 100,0 80,0 60,0 92.1% 40,0 20,0 3.7% 4.3% 90.-97. Perzentile > 97. Perzentile 0,0 < 90. Perzentile BMI Abbildung 8: Häufigkeit von Normalgewicht, Übergewicht (BMI 90.-97. Perzentile) und Adipositas (BMI >97. Perzentile) bei den männlichen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 37 Tabelle 9: Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1Diabetes und Übergewicht bzw. Adipositas Body Mass Index Body Mass Index < 90. Perzentile ≥ 90. Perzentile (n) MW (n) MW Alter (Jahre) (293) 12.8 (47) 13.4 0.401 HbA1c (%) (291) 7.96 (47) 8.20 0.476 RR systolisch (mmHg) (265) 112.0 (41) 118.7 0.037 RR diastolisch (mmHg) (265) 69.9 (41) 73.2 0.102 Urinalbumin (mg/l) (89) 8.42 (10) 12.86 0.164 Kreatinin (mg/dl) (239) 0.67 (39) 0.64 0.374 Gesamtcholesterin (mg/dl) (222) 183.9 (34) 205.2 0.017 Cholesterin (mg/dl) (224) 51.7) (33) 46.4 0.026 Triglyceride (mg/dl) (227) 89.1 (34) 128.9 0.003 (293)19.2 (47) 26.9 - BMI (kg/m²) p 38 50,0 40,0 BMI 30,0 20,0 R-Quadrat linear = 0,062 10,0 0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 Diabetesdauer in Jahren Abbildung 9: Streudiagramm der BMI-Werte im Zusammenhang mit der Diabetesdauer 39 4.3.2. Hypertonie Bei der Messung des Gelegenheits-Blutdrucks sind insgesamt 5,1% der Untersuchten mit zu hohen Werten sowohl für den systolischen, als auch den diastolischen Blutdruck aufgefallen. Ein isoliert systolisch erhöhter Blutdruck konnte bei insgesamt 7,4% der Probanden festgestellt werden. Der diastolische Wert allein war bei 19,6% der Patienten zu hoch. Der Anteil der weiblichen Personen überwog jeweils in allen Gruppen (Tabellen 10-13, Abbildungen 10-12). Ein systolisch erhöhter Blutdruck, sowie ein sowohl systolisch als auch diastolisch erhöhter Blutdruck wurde bei den Jungen in den Altersgruppen 1- bis 6 und 7- bis 11 Jahre nicht gefunden. Im Gegensatz hierzu waren die Gruppen der Mädchen mit 6,3 (1- bis 6 Jahre) resp. 7,9% (7- bis 11 Jahre) auffällig. Erst in der Gruppe der Jugendlichen 12- bis 18 jährigen sind bei 7,7% der Jungen zu hohe systolische Werte aufgefallen (hier bei 10,1% der Mädchen erhöhte Werte). Bei den isoliert diastolisch erhöhten Blutdruckwerten konnten bei beiden Geschlechtern in jeder Altersgruppe pathologische Drücke gefunden werden. Hier war die Gruppe der 1- bis 6 jährigen Mädchen am häufigsten vertreten (31,3%). In der Altersgruppe der 7- bis 11 jährigen war sowohl bei den Mädchen, als auch bei den Jungen der Anteil der erhöhten Blutdruckwerte im Vergleich am niedrigsten. In dieser Gruppe war jedoch eine deutliche Differenz zu Ungunsten der Mädchen (12,8% zu 6,1%) zu beobachten, welche bei den untersuchten 12- bis 18 jährigen (bei insgesamt steigenden Zahlen) nicht mehr auftrat (24,8% der Mädchen, 20,2% der Jungen). Erhöhte Blutdruckwerte fanden sich im Zusammenhang mit allen anderen untersuchten Risikofaktoren (Tab. 14). Das Blutdruckniveau (sowohl systolisch als auch diastolisch) zeigte mit zunehmender Diabetesdauer eine steigende Tendenz (Abbildung 14). Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass schon allein das fortschreitende Lebensalter der Untersuchten einen Anstieg der Werte bedingt. Die Mittelwerte für den systolischen und diastolischen Blutdruck waren für die Gesamtheit und für die einzelnen Gruppen der 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes normal (Tabelle 10). 40 Systolischer Wert erhöht Diastolischer Wert erhöht 7.4% 92.6 % 16% 19,6% 92,6% 80.4% Abbildung 10: Anteil pathologischer Befunde (rot) für systolischen und diastolischen Blutdruck (jeweils einzeln erhöht) in der Gesamtgruppe 5.1% 94.9% 94,9% Abbildung 11: Anteil doppelt pathologischer Befunde (rot) für systolischen und diastolischen Blutdruck in der Gesamtgruppe 41 Geschlecht weibl. männl. 6.1% 4.1% Abbildung 12: Anteil pathologischer Befunde (rot) für beide Blutdruckwerte bei Mädchen und Jungen Altersgruppe 1-6 7-11 3.8% 12-18 2.8% 6.1% Abbildung 13: Anteil pathologischer Befunde (rot) für beide Blutdruckwerte in den drei Altersgruppen in den drei Altersgruppen 42 Tabelle 10: Mittelwerte für den systolischen und diastolischen Blutdruck bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n Systolischer Diastolischer Blutdruck in Blutdruck in (n) mmHg mmHg untersucht Gesamt 351 (311) 113.1 ± 15.7 70.5 ± 11.3 Mädchen 183 (164) 111.9 ± 15.8 70.2 ± 11.1 Alle Jungen 168 (147) 114.4 ± 15.6 70.9 1- bis 6-jährige 41 (26) 96.2 ± 11.2 63.0 ± 8.9 Mädchen 24 (16) 96.1 ± 12.9 64.1 ± 9.4 Jungen 17 (10) 96.4 ± 10.8 61.2 ± 8.2 7- bis 11-jährige 82 (72) 106.4 ± 12.4 64.3 ± 9.3 Mädchen 43 (39) 106.8 ± 14.8 65.1 ± 11.0 Jungen 39 (33) 105.9 ± 8.7 63.2 ± 6.8 12- bis18-jährige 228 (213) 117.4 ± 15.7 73.6 ± 10.9 Mädchen 115 (109) 116.0 ± 14.6 72.9 ± 10.5 Jungen 113 (104) 118.4 ± 15.6 74.3 ± 11.3 11.5 43 Tabelle 11: Anteil pathologischer Befunde für den systolischen und diastolischen Blutdruck bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht Systolischer Systolischer (n) und diastolischer und diastolischer RR-Wert nicht erh. RR-Wert erhöht (n) % (n) % Gesamt 351 (311) (295) 94,9 (16) 5,1 Mädchen 183 (164) (154) 93,9 (10) 6,1 Jungen 168 (147) (141) 95,9 (6) 4,1 1- bis 6-jährige 41 (26) (25) 96,2 (1) 3,8 Mädchen 24 (16) (15) 93,7 (1) 6,3 Jungen 17 (10) (10) 100 (0) 0 7- bis 11-jährige 82 (72) (70) 97,2 (2) 2,8 Mädchen 43 (39) (37) 94,9 (2) 5,1 Jungen 39 (33) (33) 100 (0) 0 12- bis 18-jähr. 228 (213) (200) 93,9 (13) 6,1 Mädchen 115 (109) (102) 93,6 (7) 6,4 Jungen 113 (104) (98) 94,2 (6) 5,8 44 Tabelle 12: Anteil pathologischer Befunde für den systolischen Blutdruck bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe untersucht Systolischer Systolischer n (n) RR-Wert n. erh. RR-Wert erhöht (n) % (n) % Gesamt 351 (311) (288) 92,6 (23) 7,4 Mädchen 183 (164) (149) 90,9 (15) 9,1 Jungen 168 (147) (139) 94,6 (8) 5,4 1- 6-jährige 41 (26) (25) 96,2 (1) 3,8 Mädchen 24 (16) (15) 93,7 (1) 6,3 Jungen 17 (10) (10) 100 (0) 0 7- 11-jährige 82 (72) (69) 95,8 (3) 4,2 Mädchen 43 (39) (36) 92,1 (3) 7,9 Jungen 39 (33) (33) 100 (0) 0 12- 18-jährige 220 (213) (194) 91,1 (19) 8,9 Mädchen 108 (109) (98) 89,9 (11) 10,1 Jungen 112 (104) (96) 92,3 (8) 7,7 45 Tabelle 13: Anteil pathologischer Befunde für den diastolischen Blutdruck bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe untersucht Diastolischer Diastolischer n (n) RR-Wert n. erh. RR-Wert erhöht (n) % (n) % Gesamt 351 (311) (250) 80,4 (61) 19,6 Mädchen 183 (164) (127) 77,4 (37) 22,6 Jungen 168 (147) (123) 83,7 (24) 16,3 1- 6-jährige 41 (26) (20) 76,9 (6) 23,1 Mädchen 24 (16) (11) 68,7 (5) 31,3 Jungen 17 (10) (9) 90 (1) 10 7- 11-jährige 82 (72) (65) 90,3 (7) 9,7 Mädchen 43 (39) (34) 87,2 (5) 12,8 Jungen 39 (33) (31) 93,9 (2) 6,1 12- 18-jährige 228 (213) (165) 77,5 (48) 22,5 Mädchen 115 (109) (82) 75,2 (26) 24,8 Jungen 113 (104) (83) 79,8 (21) 20,2 46 Tabelle 14: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren bei Hypertonie bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes systolischer und irgendein RR diastolischer RR erhöht normal (n) MW (n) MW p Alter (Jahre) (242) 13,06 (66) 14,37 0,015 HbA1c (%) (240) 7,90 (66) 8,16 0,400 RR systolisch (mmHg) (242) 108,49 (66) 129,08 0,000 RR diastolisch (mmHg) (242) 66,56 (66) 84,47 0,000 Urinalbumin (mg/l) (81) 7,83 (17) 14,13 0,028 Kreatinin (mg/dl) (203) 0,93 (58) 0,69 0,628 Gesamtcholesterin (mg/dl) (189) 183,56 (57) 191,91 0,194 Cholesterin (186) 51,58 (56) 49,55 0,388 Triglyceride (mg/dl) (189) 87,33 (57) 118,53 0,001 BMI (kg/m²) (241) 19,95 (65) 22,02 0,001 47 180,00 160,00 RRS 2 140,00 120,00 100,00 R-Quadrat linear = 0,029 80,00 0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 Diabetesdauer 120,00 110,00 RRD 2 100,00 90,00 80,00 70,00 60,00 R-Quadrat linear = 0,039 50,00 0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 Diabetesdauer Abbildung 14: Streudiagramme der Werte des systolischen (ganz oben) und diastolischen (oben) Blutdrucks im Zusammenhang mit der Diabetesdauer bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1Diabetes 48 4.3.3. Dyslipoproteinämie Die Mittelwerte für Cholesterin und Triglyceride waren für die Gesamtheit und für die einzelnen Gruppen der 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes normal (Tabellen 15 und 16). Pathologisch veränderte Werte für Triglyceride ließen sich in jeder Altersgruppe beider Geschlechter nachweisen. Pathologische Cholesterinwerte konnten bis auf die Gruppe der 1- bis 6-jährigen in allen sonstigen Gruppen gefunden werden. Insgesamt waren 22,2% der Cholesterinwerte und 12,3% der Triglyceridwerte über die Norm erhöht (Tabellen 17 und 18, Abbildungen 14-19). Auffällig war, dass der Anteil erhöhter Werte sowohl für Cholesterin als auch für Triglyceride bei den weiblichen untersuchten Personen mit Ausnahme der Gruppe der 7- bis 11jährigen höher gemessen wurde, als in der Gruppe der männlichen Personen (Abbildungen 14-19, Tabellen 15-18). Für die Cholesterinwerte fanden sich die anteilsmäßig meisten pathologischen Werte in der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen. Hierbei war bei vergleichbarem n (101 weiblich zu 104 männlich) der Anteil der Mädchen fast dreimal höher, als der der Jungen (35,6% zu 13,5%). Das Niveau in der Gruppe der 7- bis 11jährigen war bei den Mädchen hingegen deutlich niedriger (11,5%), bei den Jungen mit 18,2% höher. Die Gruppe der 1- bis 6-jährigen war mit einem n der untersuchten Personen von 15 zu klein, um eine repräsentative Aussage treffen zu können. 49 Tabelle 15: Mittelwerte für Cholesterin bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht Cholesterin (n) (in mg/dl) Gesamt 351 (270) 187.3 ± 40.7 Alle Mädchen 183 (139) 194.2 ± 44.8 Alle Jungen 168 (131) 178.0 ± 34.6 1- bis 6-jährige 41 (15) 181.8 ± 27.9 Mädchen 24 (10) 179.4 ± 31.5 Jungen 17 (5) 186.6 ± 21.4 7- bis 11-jährige 82 (48) 183.1 ± 27.9 Mädchen 43 (26) 178.6 ± 37.5 Jungen 39 (22) 188.6 ± 30.4 12- bis 18-jährige 228 (205) 188.7 ± 42.8 Mädchen 115 (101) 199.8 ± 46.8 Jungen 113 (104) 177.9 ± 35.8 50 Tabelle 16: Mittelwerte für Triglyceride bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht Triglyceride (n) (in mg/dl) Gesamt 351 (89) 94.5 ± 63.3 Mädchen 183 (44) 100.8 ± 60.7 Alle Jungen 168 (45) 88.4 ± 66.0 1- bis 6-jährige 41 (6) 91.7 ± 33.2 Mädchen 24 (5) 97.2 ± 33.8 Jungen 17 (1) 64.0 - 7- bis 11-jährige 82 (16) 60.5 ± 28.8 Mädchen 43 (9) 69.8 ± 30.2 Jungen 39 (7) 48.5 ± 23.6 12- bis 18-jährige 228 (67) 103.0 ± 68.7 Mädchen 115 (30) 110.7 ± 68.1 Jungen 113 (37) 96.6 ± 69.5 51 Tabelle 17: Anteil pathologischer Befunde für Cholesterin bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe untersucht Normalbefund Cholesterin n (n) (n) % erhöht (n) % Gesamt 351 (270) (210) 77.8 (60) 22.2 Mädchen 183 (139) (97) 69.8 (42) 30.2 Jungen 168 (131) (113) 86.3 (18) 13.7 1- bis 6-jährige 41 (15) (13) 86.7 (2) 13.3 Mädchen 24 (10) (8) 80.0 (2) 20.0 Jungen 17 (5) (5) 100.0 (0) 0.0 7- bis 11-jährige 82 (48) (41) 85.4 (7) 14.6 Mädchen 43 (26) (23) 88.5 (3) 11.5 Jungen 39 (22) (18) 81.8 (4) 18.2 12- bis 18-jähr. 228 (205) (155) 75.6 (50) 24.4 Mädchen 115 (101) (65) 64.4 (36) 35.6 Jungen 113 (104) (90) 86.5 (14) 13.5 52 Tabelle 18: Anteil pathologischer Befunde für Triglyceride bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mellitus Gruppe n untersucht Normalbefund Triglycerirde (n) (n) % erhöht (n) % Gesamt 351 (268) (235) 87.7 (33) 12.3 Mädchen 183 (138) (117) 84.8 (21) 15.2 Jungen 168 (130) (118) 90.8 (12) 9.2 1- bis 6-jährige 41 (17) (14) 82.4 (3) 17.6 Mädchen 24 (12) (10) 83.3 (2) 16.7 Jungen 17 (5) (4) 80.0 (1) 20.0 7- bis 11-jährige 82 (48) (45) 93.8 (3) 6.2 Mädchen 43 (26) (25) 96.2 Jungen 39 (22) (20) 90.9 (2) 9.1 12- bis18-jähr. 228 (203) (176) 86.7 (27) 13.3 Mädchen 115 (100) (82) 82.0 (18) 18.0 Jungen 113 (103) (94) 91.3 (9) 8.7 (1) 3.8 53 % 80,0 60,0 40,0 77,8% 20,0 22,2% 0,0 normal erhöht (> 220 mg/dl) Cholesterin Abbildung 15: Verteilung der Cholesterinwerte aller untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 54 Weiblich % 80,0 60,0 40,0 69.8% 20,0 30.2% 0,0 normal erhöht (> 220 mg/dl) Cholesterin Abbildung 16: Verteilung der Cholesterinwerte aller weiblichen untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Männlich % 100,0 80,0 60,0 86.3% 40,0 20,0 13.7% 0,0 normal erhöht (> 220 mg/dl) Cholesterin Abbildung 17: Verteilung der Cholesterinwerte aller männlichen untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 55 % 100,0 80,0 60,0 87.7% 40,0 20,0 12.3% 0,0 normal erhöht (> 150mg/dl) Triglyceride Abbildung 18: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 56 % Weiblich 100,0 80,0 60,0 40,0 84,8% 20,0 15,2% 0,0 normal erhöht (> 150mg/dl) Triglyceride Abbildung 19: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten weiblichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Männlich % 100,0 80,0 60,0 90.8% 40,0 20,0 9.2% 0,0 normal erhöht (> 150 mg/dl) Triglyceride Abbildung 20: Verteilung der Triglyceridwerte aller untersuchten männlichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 57 Tabelle 19: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren bei erhöhten Cholesterinwerten für 351 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes Cholesterin Cholesterin normal erhöht (n) MW (n) MW Alter (Jahre) (210) 13.8 (60) 14.8 0.031 HbA1c (%) (212) 7.9 (56) 9.0 0.001 RR syst (mmHg) (199) 113.8 (51) 114.1 0.910 RR diast (mmHg) (198) 71.5 (51) 71.6 0.964 Urinalbumin (74) 8.7 (17) 10.7 0.511 Kreatinin (213) 2.1 (57) 0.7 0.027 Gesamtcholesterin (mg/dl) (213) 167.5 (57) 247.5 - Cholesterin (mg/dl) (210) 49.8 (56) 57.1 0.002 Triglyceride (mg/dl) (213) 79.5 (57) 147.4 0.000 BMI (208) 20.5 (53) 21.5 0.143 Nikotinkonsum (%) (49) 23.0% (13) 22.8% 0.975 (Chi²) Alkoholkonsum (%) (29) 13.6% (7) 12.3% 0.792 (Chi²) p T-Test/ Welch-Test für unabhängige Stichproben, Chiquadrat-Test 58 Tabelle 20: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren bei erhöhten Triglyceridwerten für 351 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes Triglyceride Triglyceride normal erhöht (n) MW (n) MW Alter (Jahre) (234) 13.9 (34) 14.7 0.187 HbA1c (%) (234) 7.9 (34) 9.3 0.000 RR syst (mmHg) (219) 113.5 (31) 116.5 0.328 RR diast (mmHg) (218) 70.9 (31) 75.6 0.300 Urinalbumin (82) 8.7 (9) 13.2 0.250 Kreatinin (235) 2.0 (35) 0.7 0.395 Gesamtcholesterin (mg/dl) (235) 177.5 (35) 230.5 0.000 Cholesterin (mg/dl) (233) 52.1 (33) 46.3 0.041 Triglyceride (mg/dl) (235) 75.7 (35) 215.4 - BMI (227) 20.4 (34) 22.6 0.050 Nikotinkonsum (%) (54) 23.0% (8) 22.9% 0.987 (Chi²) Alkoholkonsum (%) (28) 11.9% (8) 22.9% 0.076 (Chi²) p T-Test/ Welch-Test für unabhängige Stichproben, Chiquadrat-Test 59 400 Cholesterinwert 300 200 100 R-Quadrat linear = 0,002 0 0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 Diabetesdauer Abbildung 21: Streudiagramm der Cholesterinwerte im Zusammenhang mit der Diabetesdauer bei 263 von 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 600 Triglyceridwert 500 400 300 200 100 R-Quadrat linear = 0,03 0 0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 Diabetesdauer Abbildung 22: Streudiagramm der Triglyceridwerte im Zusammenhang mit der Diabetesdauer bei 89 von 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 60 4.3.4. Nikotingebrauch Die Befragung hinsichtlich des Konsums von Zigaretten ergab insgesamt einen Anteil von 18,8% rauchender Patienten (Tabelle 21, Abbildungen 22-24). Alle Raucher gehörten zu der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen. Hier liegt der Anteil entsprechend bei 28,9%. Der Anteil der Mädchen lag 28,7%, der der Jungen bei 29,2%. 33,3% der Raucher gaben zusätzlich den Genuss von Alkohol an (Tabelle 22) Tabelle 21: Anteil der Rauchenden bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes Gruppe n untersucht Nichtraucher Raucher (n) (n) % (n) % Gesamt 351 (351) (285) 81.2 (66) 18.8 Mädchen 183 (183) (150) 82.0 (33) 18.0 Jungen 168 (168) (135) 80.4 (33) 19.6 12- bis 18-jähr. 228 (228) (162) 71.1 (66) 28.9 Mädchen 115 (115) (82) 71.3 (33) 28.7 Jungen 113 (113) (80) 70.8 (33) 29.2 61 % 100,0 80,0 60,0 71.1% 40,0 20,0 28.9% 0,0 Raucher Nichtraucher Rauchen Abbildung 23: Verteilung der Raucher und Nichtraucher bei 228 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) 62 Geschlecht: weibl. % 100,0 80,0 60,0 71.3% 40,0 20,0 28.7% 0,0 Raucherinnen Nichtraucherinnen Rauchen Abbildung 24: Verteilung der Raucherinnen bei 115 weiblichen Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) % Geschlecht: männl. 100,0 80,0 60,0 40,0 70.8% 20,0 29.2% 0,0 Raucher Nichtraucher Rauchen Abbildung 25: Verteilung der Raucher bei 113 männlichen Kindern und Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen (kein Konsum in den weiteren Gruppen) 63 Tabelle 22: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren bei Nichtrauchern und Rauchern in der Altersgruppe 12- bis 18 Jahren (228 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes, keine Raucher in den anderen Altersgruppen) Nichtraucher Raucher (n) MW (n) MW p Alter (Jahre) (160) 15.3 (34) 15.9 0.008(Welch) HbA1c (%) (160) 8.1 (34) 8.8 0.038 RR syst (mmHg) (148) 117.6 (66) 116.7 0.739 RR diast (mmHg) (147) 73.7 (66) 73.3 0.820 (43) 8.4 (31) 9.6 0.573 Kreatinin (145) 0.70 (62) 0.73 0.132 (Welch) Gesamtcholesterin (mg/dl) (143) 183.6 (62) 189.5 0.429 Cholesterin (mg/dl) (142) 50.6 (61) 49.9 0.772 Triglyceride (mg/dl) (143) 98.3 (62) 105.3 0.487 BMI (155) 21.4 (65) 22.5 0.089 Nikotinkonsum (%) (-) - (-) - - Alkoholkonsum (%) (22) 5.3% (15) 33.3% 0.000 (Chi²) Urinalbumin 64 4.3.5. Alkoholkonsum Befragt zum Alkoholkonsum gaben insgesamt 10,5% aller Probanden eine positive Antwort. 8,2% der Mädchen und 13,1% der Jungen berichteten davon (Tabelle 23, Abbildungen 25-27). Wie auch der Nikotingebrauch, wurde der Genuss von alkoholhaltigen Getränken nur in der Altersgruppe der 12- bis 18jährigen angegeben. Hierbei überwog wiederum die Gruppe der männlichen Patienten (19,5% zu 13,0%) bei gruppenbezogen insgesamt 16,2%. 59,5% der Alkoholkonsumenten waren zusätzlich Raucher (Tab. 26). Tabelle 23: Häufigkeit des Alkoholkonsums bei 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1Diabetes Gruppe n untersucht Kein (n) Alkoholkonsum (n) Alkoholkonsum % (n) % Gesamt 351 (351) (314) 89.5 (37) 10.5 Mädchen 183 (183) (168) 91.8 (15) 8.2 Jungen 168 (168) (146) 86.9 (22) 13.1 12- bis 18-jähr. 228 (228) (191) 83.8 (37) 16.2 Mädchen 115 (115) (100) 87.0 (15) 13.0 Jungen 113 (113) (91) 80.5 (22) 19.5 65 % 100,0 80,0 60,0 83.8% 40,0 20,0 16.2% 0,0 Alkohol ja Alkohol nein Alkohol Abbildung 26: Verteilung der Alkoholkonsumenten in der Gruppe der 12- bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) 66 % Geschlecht: weibl. 100,0 80,0 60,0 87.0% 40,0 20,0 13.0% 0,0 Alkohol ja Alkohol nein Alkohol Abbildung 27: Verteilung der Alkoholkonsumentinnen in der Gruppe der 12- bis 18jährigen Mädchen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) Geschlecht: männl. % 100,0 80,0 60,0 40,0 80.5% 20,0 19.5% 0,0 Alkohol ja Alkohol nein Alkohol Abbildung 28: Verteilung der Alkoholkonsumenten in der Gruppe der 12- bis 18-jährigen Jungen mit Typ-1-Diabetes (kein Konsum in den weiteren Gruppen) 67 Tabelle 24: Ausprägung (Mittelwert) zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum in der Altersgruppe 12- bis 18 Jahren (228 Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes; kein Alkoholkonsum in den anderen Altersgruppen) Kein Alkoholkonsum Alkoholkonsum (n) MW (n) MW Alter (Jahre) (189) 15.4 (37) 15.9 0.130 (Welch) HbA1c (%) (188) 8.3 (37) 8.2 0.927 RR syst (mmHg) (178) 117.6 (35) 116.0 0.630 RR diast (mmHg) (178) 73.6 (35) 73.6 0.993 (54) 8.7 (20) 9.8 0.581 Kreatinin (169) 0.70 (36) 0.75 0.044 Gesamtcholesterin (mg/dl) (169) 185.6 (36) 184.2 0.876 Cholesterin (mg/dl) (167) 50.2 (36) 51.2 0.718 Triglyceride (mg/dl) (169) 97.8 (36) 112.9 0.215 BMI (183) 21.5 (37) 22.6 0.186 Nikotinkonsum (%) (22) 23.3 (44) 59.5 0.000 (Chi²) Urinalbumin p 68 4.3.6. Kardiovaskuläre Risikofaktoren – Synopse Bei einer Übersicht zur Häufigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren wird das für die untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes bestehende Risiko deutlich (Tabellen 25 und 26, Abbildung 28). Bei 38,5% (135 von 351 untersuchten Personen) wurden keinerlei Risikofaktoren gefunden. Bei annähernd zwei Dritteln der 351 Kinder und Jugendlichen (204 Personen entspr. 61,5%) wurden ein oder mehrere Risikofaktoren dokumentiert. Von 351 untersuchten Kindern und Jugendlichen hatten 144 (41,0%) mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor. 40 Personen (11,4%) hatten zwei, 12 Personen (3,4%) drei oder mehr kardiovaskuläre Risikofaktoren. Es konnte eine deutliche Differenz zwischen den Mädchen und Jungen zuungunsten der weiblichen Personen festgestellt werden. Bei knapp der Hälfte (47%) der männlichen Kinder und Jugendlichen wurden keine kardiovaskulären Risikofaktoren festgestellt. Demgegenüber steht lediglich ein knappes Drittel (30,6%) der weiblichen Probanden ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren (siehe Abb. 29 und 30). Gesamtrisiko mind. 1 Risiko kein Risiko Kreise zeigen Häufigkeiten mind. 1 Risiko 61,5% n=216 kein Risiko 38,5% n=135 Abbildung 29: Häufigkeit des Gesamtrisikos kardiovaskulärer Risikofaktoren bei 351 Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 69 weibl. männl. Gesamtrisiko mind. 1 Risiko 69,4% n=127 mind. 1 Risiko 53,0% n=89 mind. 1 Risiko kein Risiko Kreise zeigen Häufigkeiten kein Risiko 30,6% n=56 kein Risiko 47,0% n=79 Abbildung 30: Häufigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren im Vergleich der untersuchten weiblichen und männlichen Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes 70 5. Diskussion Bei der hier untersuchten Stichprobe von 351 Kindern und Jugendlichen mit Typ1- Diabetes mellitus zeigte sich, dass ein nicht unerheblicher Teil der Patienten neben pathologischen HbA1c–Werten weitere Risikofaktoren für das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen und diabetogener Spätschäden aufweist. Bei insgesamt 13,9% der Kinder und Jugendlichen muss das Körpergewicht als zu hoch eingestuft werden, 8,6% sind übergewichtig (BMI = 90. – 97. Perzentile) und 5,3% sind adipös (BMI > 97. Perzentile). Die Angaben beziehen sich auf die Perzentiltabelle für den BMI für das Kindes- und Jugendalter von KromeyerHauschild et al. 2001 (vergl. auch Daniels et al. 1997). Da ein erhöhtes Körpergewicht in der Mehrzahl der Fälle auf eine zu hohe Kalorienaufnahme sowie Bewegungsmangel zurückzuführen ist, kann es als zentraler Indikator für eine ungesunde Lebensweise angesehen werden. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass die übermäßige Kalorienaufnahme größtenteils auf eine ernährungsphysiologisch ungünstige Nahrungszusammenstellung zurückzuführen ist, u. a. mit einem zu hohen Anteil an tierischen Fetten (Wolfram 2003). Dies hat wiederum Auswirkung auf den Blutlipidspiegel und in Folge auf artherosklerotische Gefäßveränderungen. Das für Diabetiker ohnehin erhöhte Risiko für Herzkreislauferkrankungen wird auf diese Weise zusätzlich erhöht. Etwa 1/5 der Gesamtgruppe (22,4%) weist einen über der Norm der Altersgruppe liegenden Cholesterinwert auf. Hier zeigt sich ein deutlicher Anstieg von der Altersgruppe 7- bis 11 Jahren zur Altersgruppe 12- bis 18 Jahren von 14,9% auf 24,9% mit pathologisch erhöhtem Gesamt-Cholesterin-Wert. Zusätzlich konnte auch ein Anstieg der Triglyceride im Blut der Untersuchten gefunden werden. Pathologisch erhöhte Werte zeigten sich bei 12,3% des Teilkollektivs. Die Anteile waren jedoch bis auf eine Ausnahme (Gruppe der 1- bis 6-jährigen Jungen) deutlich niedriger als die erhöhten Cholesterinwerte. Bei kleinem „n“ dieser Gruppe ist jedoch ein Vergleich letztlich erschwert. Mindestens einen erhöhten Gelegenheits-Blutdruckwert haben insgesamt 9,3% der Patienten. Bei 7,4% ist ausschließlich der systolische Wert erhöht, bei 19,6% ausschließlich der diastolische Wert und 5,1% der Patienten haben sowohl systolisch als aus diastolisch erhöhte Blutdruckwerte. 71 Als weitere potenzielle Risikofaktoren gelten auch Tabak- und Alkoholkonsum. Die Kinder bis 11 Jahre geben keinen Konsum von Alkohol und/ oder Tabak an. In der Gruppe der 12- bis 18-jährigen rauchen nach eigenen Angaben 28,9% der Jugendlichen, wobei sich der Raucheranteil bei den männlichen und weiblichen Jugendlichen kaum unterscheidet (29,2% Raucher, 28,7% Raucherinnen). 13% der Mädchen und 19,5% der Jungen zwischen 12 und 18 Jahren sagen, dass sie zumindest gelegentlich Alkohol trinken. 59,5% der Alkoholkonsumenten waren Raucher, 33,3% der Raucher gaben Alkoholkonsum an. Der HbA1c-Mittelwert der Gesamtgruppe liegt bei 7,97% und damit unter dem Durchschnitts-HbA1c-Wert von 8,4% einer australischen Studie mit 68 Kindern, die im Durchschnitt etwa 3 Jahre jünger waren (9,8 Jahre vs. 12,9 Jahre) und eine um ein halbes Jahr kürzere Erkrankungsdauer hatten (3,6 Jahre vs. 4,1 Jahre) (Donaghue et al. 1997). Auffällig ist zudem, dass einerseits die HbA1c-Werte im Vergleich der Altersgruppen steigen, andererseits auch der prozentuale Anteil erhöhter Werte im Altersvergleich zunimmt (siehe Tab. 3). Berücksichtigt werden sollte hierbei jedoch besonders bei der Betrachtung der Gruppe der 12-18Jährigen, dass im Stadium der Pubertät im Rahmen entsprechender Untersuchungen eine Verschlechterung der Insulinwirkung infolge peripherer Insulinresistenz festgestellt werden konnte (Amiel et al. 1986). Dies konnte interessanterweise in vergleichbarem Ausmaß auch in der Kontrollgruppe der Stoffwechselgesunden nachgewiesen werden. Betrachtet man alle genannten Risikofaktoren aus geschlechtsspezifischer Perspektive zeichnen sich folgende Unterschiede ab: Die Mädchen sind in den Gruppen mit extrem hohen HbA1c-Werten (> 11), mit BMI-Werten über der 90. Perzentile, mit pathologischen Blutlipid- und Blutdruckwerten stärker vertreten als die Jungen. Erhöhter Tabak- und Alkoholkonsum sind den hier ermittelten Ergebnissen zufolge eher jungentypische Risikofaktoren. Auch stoffwechselgesunde Mädchen und Frauen neigen eher dazu, Essen und insbesondere Süßigkeiten als Sucht- bzw. Trostmittel einzusetzen. Die sich z. T. daraus entwickelnden Essstörungen sind in der weiblichen Bevölkerung 72 dementsprechend weiter verbreitet als in der männlichen Bevölkerung (Franke 2002). Demgegenüber ist die Raucherquote sowie der Alkoholkonsum bei männlichen Jugendlichen immer noch höher, obwohl der Konsum von Tabak, Alkohol und auch anderer Drogen bei weiblichen Jugendlichen in den letzten Jahren stark angestiegen ist (Hurrelmann et al. 2003). Hinsichtlich der Prävalenz von Risikofaktoren für diabetogene Spätschäden zeigt sich zwar meistens, aber nicht durchgängig, eine Ausweitung der Ausprägung (höhere Werte) und anteilige Zunahme (größere Anzahl betroffener Personen) mit steigendem Lebensalter. So fällt bspw. auf, dass der Anteil der übergewichtigen und adipösen Mädchen in der Gruppe der 7- bis 11-jährigen bei jeweils 11,9% liegt und bei den 12- bis 18-jährigen übergewichtigen Mädchen auf 14,5% ansteigt. Der Anteil der Adipösen sinkt in dieser Altersgruppe jedoch hierzu im Vergleich auf 5,5%. Möglicherweise stellt für einen Teil der Mädchen die Pubertät einen Anreiz dar, dem gängigen Schlankheitsideal näher zu kommen. Bei den Jungen ist eine hierzu differierende Entwicklung zu beobachten. Der Anstieg in der Gruppe der Übergewichtigen 12- bis 18-jährigen fällt hier auf insgesamt niedrigerem Niveau anteilsmäßig geringer aus. Dies ist mit gleichen prozentualen Ergebnissen auch für die Gruppe der 12- bis 18-jährigen adipösen Jungen zu verzeichnen. Im Gegensatz zu den Mädchen ist hier also keine Verringerung zu sehen. Diese Auffälligkeit kann jedoch auch mit der Verringerung des BMI im Zusammenhang mit Wachstumsschüben (speziell der Jungen) in der Pubertät assoziiert sein. Während in den beiden jüngeren Altersgruppen ca. 13-15% der Kinder erhöhte Cholesterinwerte aufweisen, ist von den Jugendlichen bereits fast jeder Vierte betroffen. Die Entwicklung der Triglyceridwerte verläuft U-förmig: Nach einem Abfall in der mittleren Altersgruppe, steigen sie in der Pubertät wieder an und liegen hier bei etwa 20% der Jugendlichen über dem Normbereich. Erhöhte Blutlipidwerte, ein erhöhter Blutdruck und z. T. auch die Zunahme des Körpergewichts in der Pubertät sind sehr wahrscheinlich auf alterstypische Veränderungen der Ernährungsweise zurückzuführen. Jungen und Mädchen essen seltener Zuhause und häufiger in Fast Food Restaurants, die Aufnahme tierischer Fette und salzreicher Convenience-Produkte wird ausgeweitet. Dementsprechend konnte auch ein deutlicher, statistischer Zusammenhang 73 zwischen dem BMI und erhöhten Blutdruck (systolisch) sowie Blutlipidwerten nachgewiesen werden. Der Anstieg des Gelegenheitsblutdrucks mit dem Alter, der in diesem Sample gemessen wurde, entspricht dem Anstieg, der auch in Normalkollektiven gefunden wird (Bachmann et al. 1987; Beckett et al. 1992; de Man et al. 1991). Allerdings weisen Bachmann et al. darauf hin, dass der über die erste Lebensdekade fortschreitende Blutdruckanstieg nur für Industrienationen typisch ist. In einer Untersuchung an südamerikanischen Indianern, die sich sehr salzarm ernähren, wurde ein stabiles Blutdruckniveau vom Beginn der Pubertät bis zum 5. Lebensjahrzehnt gemessen (Bachmann et al. 1987). Vergleicht man die hier ermittelten Mittelwerte des Gelegenheitsblutdrucks mit denen eines nicht-diabetischen Patientenkollektivs von 1156 Essener Kindern der entsprechenden Altersgruppe (Bachmann et al. 1987) ergeben sich folgende Unterschiede: Die Gruppe der 4-jährigen Kinder hatte einen durchschnittlichen systolischen Blutdruckwert von 91,8 mm Hg (Jungen) bzw. 88,3 mm Hg (Mädchen) und einen diastolischen Blutdruckwert von 59,5 mm Hg (Jungen) bzw. 55,4 mm Hg (Mädchen). Diese Werte liegen deutlich unter denjenigen der hier untersuchten jüngsten Altersgruppe. Die 9-jährigen Kinder aus der Untersuchung von Bachmann et al hatten einen durchschnittlichen systolischen Blutdruckwert von 97,9 mm Hg (Jungen) bzw. 96,5mm Hg (Mädchen) und einen diastolischen Blutdruckwert von 59,3mm Hg (Jungen) bzw. 59,4mm Hg (Mädchen). Diese Werte liegen ebenfalls unter den Werten der mittleren Altersgruppe dieses Samples. Bei den 16-jährigen Essener Jugendlichen lagen die Werte allerdings mit 126,9mm Hg (syst. Jungen) bzw. 115,2mm Hg (syst. Mädchen) und 74,1mm Hg (diast. Jungen) bzw. 69,7mm Hg (diast. Mädchen) durchschnittlich in einem ähnlichen Bereich. Während in dem Normalkollektiv die Werte der Mädchen immer unter denen der Jungen liegen, ausgenommen in der Altersgruppe von 10 bis 13 Jahren, unterscheiden sich in diesem Typ-1-Diabetes Sample die durchschnittlichen Blutdruckwerte der Jungen und Mädchen kaum voneinander. Wie auch in der Studie von Bachmann et al. korrelliert der systolische sowie der diastolische Blutdruck mit dem Körpergewicht der Kinder. Am deutlichsten ist der Zusammenhang zwischen systolischem Blutdruck und BMI mit r=0.48 in der jüngsten Altersgruppe (signifikant auf dem Niveau von 0.05). Korrelation BMI/ systolischer Blutdruck in der Gesamtgruppe: r=0.41 74 Korrelation BMI/ diastolischer Blutdruck in der Gesamtgruppe: r=0.40 (jeweils signifikant auf dem Niveau von 0.01) Da sich mit dem Alter sowohl der Blutdruck als auch die durchschnittliche Diabetesdauer erhöht, ist eine Korrelationsberechnung ungeeignet, um einen Zusammenhang zwischen diesen Variablen zu berechnen. Auch in den einzelnen Altersgruppen zeigte eine Korrelationsberechnung keine erkennbaren, signifikanten Zusammenhänge zwischen der Diabetesdauer und dem systolischen sowie dem diastolischen Blutdruck. Auch wenn die Messung des Gelegenheitsblutdrucks keine zuverlässige Aussage über das Vorliegen einer therapiebedürftigen Hypertonie zulässt (vgl. Schernthaner et al. 1999, Vortherms 2001), so deuten doch die z. T. sehr deutlich erhöhten Werte bei knapp 10% des Studienkollektivs darauf hin, dass es sich hier um einen bedeutsamen Risikofaktor bzw. Marker handelt. Zwar liegt zum Manifestationszeitpunkt bei Typ-1-Diabetikern im Gegensatz zu Typ-2-Diabetikern in der Regel keine Hypertonie vor, dennoch kann unabhängig von der Stoffwechselerkrankung eine genetische Disposition bei juvenilen Diabetikern zu einem essentiellen Bluthochdruck führen. In diesem Fall ist die Hypertonie sowohl als Risikofaktor (für Nephropathie, Retinopathie, KHK) anzusehen als auch als Marker/ Indikator des Krankheitsverlaufs. Dalla Pozza et al. (2007) konnten im Zusammenhang mit Blutdruckregulationsstörungen zeigen, dass in Abhängigkeit der Diabetesdauer eine Abnahme der Barorezeptorsensitivität bereits bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes besteht. Erhöhte Blutdruckwerte bei Typ-1-Diabetikern sind nach Aussagen zahlreicher Forschergruppen allerdings in erster Linie auf beginnende Veränderungen des Nierengewebes zurückzuführen (vgl. u. a. Microalbuminuria Collaborative Study Group 1993, Chiarelli et al. 1997), die mit steigender Urinalbuminauscheidung einhergehen. Weiterhin wird die Dauer der Diabeteserkrankung als Einflussgröße für steigenden/ erhöhten Blutdruck benannt (Darcan et al. 2006). Tatsächlich korreliert auch in diesem Sample die Krankheitsdauer mit der Höhe des Blutdrucks und mit der 24-Std.-Urinalbuminausscheidung. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang ein Ergebnis der Studie von Finne et al. (2005), wonach festgestellt wurde, dass nach 30 Jahren Krankheitsdauer ein geringeres Risiko für 75 terminale renale Folgeschäden besteht, wenn der Beginn der Diabeteserkrankung vor dem 5. Lebensjahr lag. Zwischen der Urinalbuminausscheidung und der Höhe des diastolischen Blutdrucks besteht ebenfalls ein statistisch signifikanter, positiver Zusammenhang (vergleiche hierzu auch Dost et al. 2008, welche speziell erhöhte diastolische Nacht-RR-Werte in Korrelation zu Microalbuminurie feststellten), während zwischen der HbA1c-Ausprägung und der Microalbuminurie keine Assoziation erkennbar wurde. Dies entspricht auch den Ergebnissen zu denen Chaturvedi et al (2001) in ihren Untersuchungen gekommen sind: „The occurence of microalbuminuria in type 1 diabetes is strongly predictive of renal and cardiovascular disease and is still likely to occur despite improvements in glycemic control.“ (Chaturvedi et al. 2001). Auch Janner et al. (1994) kommen bezüglich der glykämischen Kontrolle zu einem ähnlichen Resultat. Chase et al. (1989) betonen jedoch aufgrund ihrer Studienergebnisse den starken Zusammenhang zwischen HbA1c-Werten und dem Auftreten einer Microalbuminurie. Dieser Zusammenhang wird ebenfalls in einer aktuellen Studie der Charité beschrieben (Raile et al. 2007). Im Gegensatz zu den Ergebnissen einer Vergleichsstudie von Janner et al. (1994) mit 164 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, sowie 100 stoffwechselgesunden Kindern und Jugendlichen, konnte aber, wie bereits erwähnt, in unserem Sample eine statistische Abhängigkeit der Urinalbuminausscheidung von der Diabetesdauer nachgewiesen werden (r = 0,335). Offen ist letztlich die Frage nach Ursache und Wirkung bezüglich Bluthochdruck und pathologischen Veränderungen der Nierenfunktion. Auch die hier vorliegende Untersuchung kann keinen Beitrag zur Klärung der bisher umstrittenen Frage leisten, ob die Nierenfunktionsstörung tatsächlich der Blutdruckerhöhung vorausgeht oder als Folge davon auftritt, da es sich um eine Querschnittstudie handelt. Krolewski et al. (1987) sowie Viberti and Earle (1992) fanden in ihren Forschungsarbeiten einen der Nierenfunktionsstörung vorausgehenden Anstieg der Blutdruckwerte. Für die Patienten ist es unabhängig von der Ursache der Hypertonie (die sowohl durch die Diabeteserkrankung als auch durch andere Faktoren ausgelöst sein kann) wichtig, in einen normotensiven Bereich zu gelangen, denn erstens ist mit einer Verringerung der Blutdruckwerte eine Verringerung der 76 Urinalbuminausscheidung zu erreichen (Hommel et al. 1986, Marre et al. 1988), zweitens hat ein normaler Blutdruck eine präventive Wirkung im Hinblick auf die Entwicklung einer Retinopathie und drittens senkt sie das Risiko der Entstehung von Herzkreislauferkrankungen. Schwab et al. (2007) erkannten bei ihren Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes (Durchschnittsalter 12.3 Jahre) einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutdruck und der gesteigerten Intima-Media-Schichtdicke der A. carotis auch ohne den Einfluss erhöhter Serumlipidspiegel. Hier korrelierte alledings auch die Krankheitsdauer, das Lebensalter, sowie Körpergewicht und Größe mit den erhöhten Messwerten. Wobei –insbesondere vor dem Hintergrund zunehmener Zahlen übergewichtiger Kinder und Jugendlicher- Messfehler (falsch hohe Messwerte) durch zu kleine Manschetten vermieden werden müssen (siehe Bachmann 1984). Krantz et al. (2004) stellten jedoch bei einer etwas älteren Gruppe Typ-1-Diabetiker (Durchschnittsalter 16 Jahre) zusätzlich Zusammenhänge mit dem HDL-Level, sowie dem LDL/ HDL-Verhältnis zu steigender Intima-Media-Dicke fest. Fraglich besteht mit Blick auf die pathologischen Laborwerte ein Zusammenhang mit pubertätsbedingt verändertem Ernährungsverhalten. Belege für einen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Hypertonie und der Entwicklung einer Retinopathie bei Diabetikern wurden in vielen RetinopathieStudien gefunden (vgl. u. a. Constable et al. 1984, Klein et al. 1984, Klein et al. 1989, Danne et al. 1994). Als stärkste Einflussfaktoren gelten hierbei jedoch die Dauer der Erkrankung und die Qualität der glukosebezogenen Stoffwechseleinstellung (gemessen am HbA1c) (Chase et al. 1989, Constable et al. 1984, Klein et al. 1984, Klein et al. 1989, Young et al. 1984,). Die Erkrankungsdauer stellt in allen Studien den stärksten Einflussfaktor dar, was nicht verwunderlich ist, da alle anderen Faktoren damit verknüpft sind. In der hier vorliegenden Studie liegt die durchschnittliche Erkrankungsdauer bei etwa 4 Jahren. Das Vorliegen einer Katarakt wurde in 1,4% der Fälle diagnostiziert, Retinopathien lagen nicht vor. Dies entspricht im Wesentlichen den Ergebnissen der großen epidemiologischen Wisconsin-Diabetes-Studie von Klein et al. (1984) mit 1370 Typ-1- Diabetikern, bei der eine Retinopathie-Rate von 2% für die Personen mit einer Erkrankungsdauer unter 5 Jahren festgestellt wurde. 77 Nach Danne et al. (1998) treten die ersten retinalen Veränderungen im Durchschnitt nach einer Erkrankungsdauer von 9 Jahren auf, klinisch relevante Veränderungen finden sich nach durchschnittlich 14 Jahren. In einer Studie mit 557 schwedischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 9 bis 27 Jahren, lag die Retinopathie-Prävalenz (bei einer Krankheitsdauer < 12 Jahren) hingegen bei 14,5%, bei einem 12-jährigen Mädchen und einem 11-jährigen Jungen wurde eine Retinopathie im präproliferativem Stadium diagnostiziert (Kernell et al. 1997). Die durchschnittliche Erkrankungsdauer lag in dieser Studie bei 8 Jahren. Wegen der Dropout-Rate von knapp 30% muss die Prävalenz noch höher geschätzt werden. Die Autoren plädieren daher für ein RetinopathieScreening ab dem Alter von 10 Jahren. Einer Untersuchung von Kordonouri (1999) zufolge treten retinale Läsionen bei Kindern mit Typ-1-Diabetes vor allem im Zusammenhang mit unzureichender glykämischer Kontrolle und einer unzureichenden Form der Insulintherapie auf. Neben Erkrankungsdauer, HbA1c und Hypertonie wurden auch noch andere Variablen mit der Entstehung einer Retinopathie in Zusammenhang gebracht. So fanden Klein et al (1984) einen Zusammenhang mit einem geringen (!) BMI. Rauchen wurde von Danne et al. (1994) und Walker (1985/ nur bei männlichen Diabetes-Patienten) als Einflussfaktor identifiziert, Young et al. (1984) fanden diesbezüglich keinen Zusammenhang. Von Klein et al. wurden zusätzlich ein früher Erkrankungsbeginn (Klein et al. 1984) und die Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht (Klein et al. 1989) als Retinopathie-Risikofaktoren identifiziert. Möglicherweise besteht hier auch eine Verbindung zu einem Teilergebnis einer Studie von Young et al. (1984), bei der ein hoher Alkoholkonsum mit der Retinopathieentwicklung assoziiert war. Impotenz und Microalbuminurie (dieser Zusammenhang wird auch von anderen Autoren berichtet) treten ebenfallls häufig parallel zur Retinopathie auf. Young et al. berichten nicht darüber, ob auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der bei Diabetikern häufig auftretenden Impotenz und dem Alkoholkonsum vermutet werden kann. Gallego et al. (2007) stellen fest, dass bei allen genetischen und lebensumständlichen Einflüssen und Faktoren wie Bluthochdruck, Fehlernährung, Übergewicht und Rauchen eine effektive Kontrolle des Blutglukosespiegels den Goldstandard zur Prävention von diabetogenen Langzeitschäden darstellt. Die 78 Bedeutung des kritischen Stadiums der Pubertät wird mit der Formulierung „the impact of puberty“ hervorgehoben. Als wesentliches Ergebnis unserer Untersuchung bleibt festzuhalten, dass bereits in der Gruppe der jüngsten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes das Vorliegen von kardiovaskuläre Risikofaktoren nachweisbar war. Der Anteil entsprechend betroffener Personen stieg in den jeweils höheren Altersgruppen an. Weiterhin zeigt sich, dass weibliche Kinder und Jugendliche bezüglich des Vorhandenseins respektive der Ausprägung verschiedener Risikofaktoren im Vergleich zu ihren männlichen Pendants stärker betroffen sind. Hier bestätigen sich Ergebnisse von Patterson et al. (2007) und Gerstl et al. (2008), in deren Untersuchungen das diabetogene Sterberisiko, sowie die Qualität der Stoffwechselführung im Focus standen. In der ärztlichen Betreuung von jugendlichen Typ-1- Diabetikern sollten diese geschlechtsspezifischen Unterschiede beachtet werden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Tatsache der Diabetes-Erkrankung und damit assoziierte Krankheitsumstände speziell für betroffene Jugendliche einen nicht unbedeutenden Stressfaktor darstellen (Eschenbeck et al. 2007). So wurden „schlechte HbA1c-Werte“ bei Ermittlung der Stressvulnerabilität an erster Stelle genannt. Vergleichbar hierzu war „Stress mit Freund/ in“. Interessant sind die – wiederum geschlechtsspezifisch- unterschiedlichen Bewältigungsstrategien. Bei den weiblichen Betroffenen zeigte sich die Suche nach sozialer Unterstützung und problemorientierter Bewältigung ausgeprägter als bei den Jungen, bei denen eher eine vermeidende Strategie vorherrschte. Vergleichbare Ergebnisse konnten dort für diabetesunspezifische Stressoren ermittelt werden. Auch wenn andere Untersuchungen mit Blick auf vermeidende Bewältigung bei Mädchen höhere Werte ermitteln konnten (Reid et al. 1995), zeigt dies letztlich die Notwendigkeit einer eingehenderen Betreuung der erkrankten Kinder und Jugendlichen mit dem Focus auf Vermittlung die Vermittlung eines problemlösender möglichst hohen Bewältigungsstrategien und Informationsstandes zum Krankheitsgeschehen und des therapeutisch Leistbaren. 79 Forschungsdesiderate Es besteht ein dringender Bedarf an groß angelegten Follow-up Untersuchungen, die eine repräsentative Gruppe von Typ-1-Diabetikern vom Beginn der Erkrankung über einige Jahrzehnte begleiten. Dabei sollten nicht nur die üblichen, medizinisch relevanten Parameter erfasst, sondern vermehrt die Lebensweise und die Lebensumstände der Betroffenen dokumentiert werden. Damit könnten vermehrt Risiko- und Protektivfaktoren eruiert werden, auf die die Patienten direkt Einfluss ausüben können, wie z. B. Art und Ausmaß der täglichen Bewegung, der sozialen Unterstützung und der allgemeinen Lebensqualität. Für die Gruppe der jüngsten Typ-1-Diabetiker sollte die Erforschung der Entstehung und der Interaktion verschiedenster Risiko- und Protektivfaktoren in Bezug auf diabetogene Spätschäden qualitativ und quantitativ ausgebaut werden, da in dieser Gruppe die Möglichkeit der Einflussnahme auf die spätere Krankheitsentwicklung als am größten anzunehmen ist. Studien wie die hier vorgestellte Sekundäranalyse systematisch gesammelter und dokumentierter Patientendaten stellen sowohl einen Beitrag zur medizinischen Qualitätssicherung als auch ein Beispiel für praxis- und alltagsnahe Forschung dar und sollten deshalb vermehrt zur Anwendung kommen. 80 Schlussfolgerungen für die ärztliche Betreuung junger Typ-1-Diabetiker Bei der ärztlichen Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes kann nicht früh genug damit begonnen werden, sämtliche relevanten Organfunktionen regelmäßig zu überprüfen. Auf die Ernährungsgewohnheiten sollte nicht nur im Zusammenhang mit der Stoffwechselkontrolle, sondern auch im Zusammenhang mit der Gewichtsentwicklung geachtet werden. Da der Anteil übergewichtiger Menschen in den Industrieländern generell ansteigt, ist davon auszugehen, dass auch ein wachsender Anteil der Eltern und Geschwister von Typ-1-Diabetikern von mehr oder weniger massivem Übergewicht betroffen ist. Die damit einhergehende, ungünstige Ernährungsweise in Kombination mit Bewegungsmangel wirkt sich zweifellos auch auf das Gesundheitsverhalten des chronisch kranken Kindes aus. Aus diesem Grunde kann eine erfolgreiche Therapie und Beratung nur gelingen, wenn die ganze Familie kontinuierlich einbezogen wird. Von entscheidender Bedeutung ist dabei eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Klinik und Hausarzt bzw. diabetologischer regelmäßig zu Schwerpunktpraxis. Niedergelassene Fortbildungsveranstaltungen eingeladen Kollegen werden, sollten um eine kongruente Informationsweitergabe zu ermöglichen. Weiterhin wäre der Aufbau einer möglichst engen Vernetzung zwischen den behandelnden Institutionen sinnvoll, um einen ungehinderten Informationsaustausch zu gewährleisten. Hierbei sollten die Patienten und deren Familienangehörigen einbezogen werden. Wünschenswert wäre auch einheitliches, aufeinander aufbauendes Informationsmaterial, das der jeweiligen Altersstufe der Betroffenen angepasst ist. Darüber hinaus ist auch bei der Delegation der Beratung bspw. an ausführendes Fachpersonal, auf die Bedeutung einer einheitlichen Linie zu achten. Die für eine dauerhafte Ernährungsumstellung notwendige Klientenzentrierung erfordert ggf. die Hinzuziehung psychologisch geschulter Ernährungsexperten. Weiterhin erfordert die Komplexität der Problemstellungen mehr als nur eine rein medizinische Intervention. Ursachen mangelnder Compliance müssen eingehend erforscht werden, da ohne kompetente Mitarbeit der Patienten (auch und vor allem außerhalb klinischer Behandlungen) keine wirksame Therapiegrundlage gegeben ist. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund hedonistischer 81 Freizeitorientierung mit entsprechend unkontrolliertem Konsumverhalten von Nahrungs- und Genussmitteln extrem wichtig. Verstärkung internaler Kontrollüberzeugungen sowie Informationsvermittlung auch an gesunde Personen (Familie, Freunde und Partner der Betroffenen) kann für eine verbesserte Stabilität der Therapie sorgen. Daraus kann sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Handlungssicherheit bei den Patienten und ihren Familien, sowie eine verbesserte Compliance und damit eine optimierte Behandlungsqualität entwickeln. Fazit Risikofaktoren diabetogener Spätschäden können bereit im Kindes- und Jugendalter auftreten. Als besonders problematisch ist das in Einzelfällen auftretende Konglomerat von Risikofaktoren einzustufen. Nur durch eine sensible Beobachtung und multidisziplinär ausgereifte Betreuung kann die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen verbessert werden. 82 6. Zusammenfassung Im Rahmen einer retrospektiven Analyse wurde die Häufigkeit von chronischen Diabeteskomplikationen und kardiovaskulären Risikofaktoren bei 351 Kindern und Jugendlichen untersucht, die wegen eines unzureichend eingestellten Typ-1Diabetes stationär betreut werden mussten. Die 183 Mädchen und 168 Jungen waren im Mittel 12,9 Jahre alt und wiesen eine Bestandsdauer des Diabetes von durchschnittlich 4,1 Jahren auf. Der durchschnittliche Diagnosezeitpunkt des Diabetes lag im Alter von 8,9 Jahren. Der mittlere HbA1c-Wert lag bei ca. 8%. Die mittlere Diabetesdauer betrug für die Altersgruppe der 1-6 jährigen 0,9 Jahre, für die 82 Kinder der Altersgruppe der 7-11 jährigen 3,0 Jahre und für die 228 Jugendlichen der Altergruppe der 12-18 jährigen 4,9 Jahre. Manifeste chronische Diabeteskomplikationen wurden nicht nachgewiesen. Auch fanden sich keine Hinweise auf neuropathische Störungen. Bei drei weiblichen Jugendlichen (13, 14 und 18 Jahre alt) und 2 männlichen Jugendlichen (16 und 17 Jahre alt) wurde eine Katarakt gefunden. Bei vier Mädchen im Alter von 11, 12, 14 und 17 Jahren wurde eine Microalbuminurie (29-85 mg/l) nachgewiesen. Als weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren wurden Übergewicht, bzw. Adipositas, Hypertonie, Dyslipoproteinämie und Nicotingebrauch dokumentiert. Ein Übergewicht entsprechend eines Body-Mass-Index´ innerhalb der 90.-97. Perzentile hatten 29 Personen (8,6%), eine Adipositas (BMI > der 97. Perzentile) konnte bei 18 (entsprechend 5,3%) der untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes festgestellt werden. Mädchen waren häufiger übergewichtig (13,1 vs. 3,7%) respektive adipös (6,3 vs. 4,3%) als Jungen. Der höchste Anteil übergewichtiger Personen (14,5%) fand sich in der Gruppe der 12- bis 18-jährigen Mädchen; die meisten Adipösen stammten aus der Gruppe der 7- bis 11-jährigen Mädchen (11,9%). Eine unzureichende Stoffwechselsituation im Sinne eines langfristig zu hohen Blutglucosespiegels bestand bei über 75% der Patienten. In genau 75,1% aller Fälle wurde ein erhöhter HbA1c-Wert gemessen. Zu bemerken ist hier insbesondere, dass sich bei Betrachtung der Altersgruppen ein signifikanter Anstieg der Werte bei steigendem Lebensalter erkennen lässt. Sind in der Gruppe der 1- bis 6-jährigen noch 58,5% der Werte erhöht, fallen in der 83 Gruppe der 7- bis 11-jährigen 67,5% der Kinder mit erhöhten Werten auf. Bei den 12- bis 18-jährigen hatten bereits 80,9% erhöhte HbA1c-Werten. In dieser Gruppe erreichen die männlichen Patienten mit 87,5% gegenüber 74,3% der weiblichen Untersuchten die deutlich höheren –und insgesamt schlechtesten- Werte. In den anderen Altersgruppen hatten jeweils die Mädchen die im Vergleich höheren Werte (1- bis 6 Jahre: 62,5% zu 52,9%; 7- bis 11 Jahre: 69,8% zu 64,9%). Weiterhin ließen sich erhöhte Blutdruckwerte ermitteln. Bei 23 Untersuchten (7,4%) war ausschließlich der systolische Wert erhöht, bei 61 Personen (19,6%) ausschließlich der diastolische Wert. 16 (5,1%) Patienten hatten sowohl systolisch als auch diastolisch erhöhte Blutdruckwerte. Bei 211 Personen (67,9%) konnten keine auffälligen Blutdruckwerte gemessen werden. Etwa 1/5 der Gesamtgruppe (22,2%) wies einen über der Norm der Altergruppe liegenden Cholesterinwert auf. Hier konnten schon bei den Jüngsten in 13,3% der Fälle erhöhte Werte gemessen werden. Darüber hinaus zeigte sich ein deutlicher Anstieg von der Altersgruppe 7- bis 11 Jahre zur Gruppe 12- bis 18 Jahre von 14,6% auf 24,4% der Patienten mit pathologisch erhöhtem Gesamt- Cholesterinwert. Der Anteil der Patienten mit erhöhten Triglyceridwerten war dagegen weniger hoch. Pathologisch erhöhte Werte zeigten sich bei insgesamt 12,3% der untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes. Auch hier war der Anteil der Mädchen höher, als der der Jungen (15,2% gegenüber 9.2%). Bis auf die Gruppe der 1- bis 6-jährigen Jungen zeigte sich im Vergleich mit den ermittelten Cholesterinwerten ein durchgehend (und teilweise erheblich) niedrigerer Anteil von Untersuchten mit pathologischen Messwerten. Zu bemerken ist an dieser Stelle insbesondere das kleine „n“ der Gruppe der 1- bis 6-jährigen, welches einen Vergleich letztlich nicht zulässt (siehe Tabelle 17, 18). Als weitere potenzielle Risikofaktoren gelten Tabak- und Alkoholkonsum. Die Kinder bis zu einem Alter von 11 Jahren gaben keinen derartigen Konsum an. In der Gruppe der 12- bis 18-jährigen rauchten nach eigenen Angaben 28,9% der Befragten. Hierbei verteilt sich die Zahl auf 28,7% der Mädchen und 29,2% der Jungen. Alkoholkonsum wurde von 16,2% der 12- bis 18-jährigen Patienten angegeben. Die männlichen Jugendlichen überwiegen hier mit 19,5% gegenüber 13,0% der weiblichen deutlich. Über die Hälfte der Alkoholkonsumenten (59,5%) waren zusätzlich Raucher. 84 Insgesamt wiesen 61,5% der aller untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Typ1-Diabetes einen oder mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren auf. Das kardiovaskuläre Risiko war bei den weiblichen Kindern und Jugendlichen mit 69,4% gegenüber den männlichen Patienten (53%) deutlich erhöht. Die Untersuchung konnte zeigen, dass bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1Diabetes nicht selten, und mitunter schon sehr früh, kardiovaskuläre Risikofaktoren, also Aspekte des metabolischen Syndroms zu finden sind. Bei der Betreuung junger Typ 1-Diabetiker sollte der Focus nicht ausschließlich auf stabile, möglichst normale, HbA1c-Werte gelegt werden. Auch sollten Blutdruck und Blutlipidwerte, sowie das Körpergewicht und, speziell in Anbetracht der im Altersvergleich steigenden Langzeit-Blutglucosewerte, die Ernährungsgewohnheiten die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Des weiteren ist es erforderlich, den Konsum von Tabak und Alkohol in regelmäßigen Abständen zu erfassen. In der Beratung von Kindern und Jugendlichen sollten kardiovaskuläre Risikofaktoren in größerem Maße als bislang Beachtung finden und ihre Bedeutung hervorgehoben werden. 85 7. Literatur Amiel, S. A., Lauritano, A. A.,Sherwin, R. S., Simonson, D. C, Tamborlane, W. V. (1986). Impailed insulin action in puberty. A contributing factor to poor glycemic control in adolescents with diabetes. N Engl J Med 315, 215-219 Bachmann, H., Hirche, H., Horacek, U., Leowsky (1987). Blutdruck bei Kindern und Adoleszenten im Alter von 4 bis 18 Jahren. Monatsschr Kinderheilk 135, 128134 Bachmann, H. (1984). „Hypertonie“ durch Blutdruckmessung mit zu schmaler Manschette. Monatsschr Kinderheilk 132, 683-684 Badenhoop, K., Bohm, B. O., Haring, H. U., Usadel, K. H. (1994). Klassifikation; Ätiologie, Pathogenese, Epidemiologie, Verlauf und Prognose. in Mehnert, H., Schöffling, K., Standl, E., Usadel, K. 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Petzoldt) Seit 1998 Tätigkeit als sozialmedizinischer Gutachter im Bereich SGB IX (Schwerbehinderung) (selbstständige Tätigkeit im Auftrag von Versorgungs- und Sozialämtern) Seit 2007 Zusätzliche Gutachtertätigkeit im Bereich SBG II (Arbeitsfähigkeit) Seit 2008 Zusätzliche Tätigkeit als Arzt im Bereich Rehabilitation/ Nachsorge (Moorland-Klinik Bad Senkelteich, Vlotho) Fortbildungen: 1999/ 2000 Zusatzbezeichnung Sozialmedizin, ansonsten diverse ärztliche Fortbildungen (nicht im Einzelnen aufgeführt)