tiefe hirnstimulation

Transcription

tiefe hirnstimulation
HINTERGRUND
TIEFE HIRNSTIMULATION
„Die Tiefe Hirnstimulation gilt als einer der größten Fortschritte in der Behandlung der
Parkinson-Krankheit seit mehr als 30 Jahren.“ – Prof. Dr. G. Deuschl, Universität Kiel1
„Für Patienten mit Parkinson besteht das wichtigste Ziel in der Verbesserung bzw. dem
Erhalt ihrer Lebensqualität. Doch viele Patienten sind allein medikamentös nur
unzureichend versorgt und der Zugang zu anderen Therapieoptionen wie der Tiefen
Hirnstimulation bleibt ihnen, auch aus geringer Kenntnis über nicht-medikamentöse
Verfahren zur Parkinsontherapie, verschlossen.“ – RA. F.-W. Mehrhoff, Geschäftsführer der
Deutschen Parkinson Vereinigung e.V. (dPV)
Man schätzt, dass europaweit ca. 20 % aller Parkinson-Patienten von der Tiefen Hirnstimulation (DeepBrain-Stimulation, DBS) profitieren könnten, sie aber nur weniger als 7 % der Betroffenen zur
Verfügung steht. Durch die unterschiedlichen Regelungen der Kostenübernahmen in den europäischen
Ländern, den mangelnden Austausch unter den Spezialisten und geringe Kenntnissen über nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei Allgemeinmedizinern wird diese Behandlung vielen
Patienten (noch) vorenthalten.
Was ist die Tiefe Hirnstimulation?
Ein Neurostimulator, ähnlich einem Herzschrittmacher, übernimmt die elektrische Stimulation von exakt
festgelegten Strukturen im Gehirn. Zwei durch den Mangel an Dopamin betroffenen Hirnstrukturen sind
der subthalamische Nucleus und der Globus pallidus, die die Bewegungen steuern. Die Stimulation
dieser Strukturen mit dem „Hirnschrittmacher“ hemmt die Signale im Gehirn, welche die motorischen
Symptome der Parkinson-Krankheit wie Muskelsteifheit, verlangsamte Bewegungen, Zittern in Ruhe
sowie Gang- oder Gleichgewichtsstörungen verursachen.
Anders als die ablative Operation ist die Tiefe Hirnstimulation reversibel und zerstört kein Hirngewebe.
Der „Hirnschrittmacher“ wird auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst und ermöglicht
es den Ärzten so, den maximalen therapeutischen Nutzen bei minimaler Nebenwirkung zu erreichen. Die
Tiefe Hirnstimulation ist von außen einstellbar und die Patienten können den Neurostimulator mit einer
Steuer-/Kontrolleinheit (Fernbedienung) regulieren bzw. “Ein- und Ausschalten”. Wenn der Stimulator
abgeschaltet wird, kehren die Symptome zurück. Neurochirurgen und Neurologen testen vor der
Implantation des „Hirnschrittmachers“, ob ein Patient adäquat auf die Tiefe Hirnstimulation anspricht.
Die Tiefe Hirnstimulation ist außerdem eine effektive und langfristige Therapie für andere neurologische
Bewegungsstörungen wie z.B. den essentiellen Tremor.
Für wen eignet sich die Tiefe Hirnstimulation?
Die Tiefe Hirnstimulation (DBS) ist eine Behandlungsmöglichkeit für Menschen mit fortgeschrittener
Parkinson-Krankheit, die auf eine medikamentöse Therapie mit Levodopa zwar ansprechen, jedoch mit
dieser Therapie nicht mehr ausreichend einzustellen sind.
Wie funktioniert die Tiefe Hirnstimulation?
Für die Tiefe Hirnstimulation werden folgende drei Komponenten implantiert:
•
•
•
Kinetra™-Neurostimulator (oder „Hirnschrittmacher“) – kleines, robustes elektronisches Gerät
(ähnlich einem Herzschrittmacher). Der Neurostimulator wird subkutan unterhalb des Schlüsselbeins
implantiert. Nach der Programmierung erzeugt der „Hirnschrittmacher“ elektrische Impulse, die über
feine Elektroden an bestimmte Hirnbereiche abgegeben werden.
Stimulationselektroden – bestehen aus vier dünnen, isolierten Spiraldrähten mit jeweils einem
Kontaktpol an der Spitze, die im Gehirn implantiert werden.
Verbindungskabel – zum Anschluss der Elektroden an den Neurostimulator. Die Verbindungskabel
werden unter der Haut vom Kopf über den Hals zum implantierten Gerät in der Brust geführt.
Die Implantation des Activa®-Stimulationssystems dauert bei einem erfahrenen Neurochirurgen im
Allgemeinen weniger als drei Stunden.2
Untersuchungen der vergangenen zwanzig Jahre haben gezeigt, dass die Tiefe Hirnstimulation
eine sichere, wirksame und langanhaltende Therapie bei der Parkinson-Krankheit ist.
•
•
•
•
In einer weltweiten klinischen Studie, die 2000 im New England Journal of Medicine (NEJM)
veröffentlicht wurde, konnte bei DBS-Patienten nach sechs Monaten eine Verbesserung der
motorischen Kontrolle zwischen 33 und 51 Prozent und eine Verdoppelung der Zeit mit guter
Motorik (ohne Dyskinesien) festgestellt werden.3
Eine andere Studie in Frankreich, die 2003 ebenfalls im NEJM publiziert wurde, belegte, dass
Patienten nach fünf Behandlungsjahren unter DBS eine ähnliche anhaltende Verbesserung
aufwiesen.4
Eine niederländische Studie, die 2004 in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, hat
gezeigt, dass die Hirnstimulation hinsichtlich der Senkung des Schweregrads und der Dauer von
unwillkürlichen, abrupten und ruckartigen Bewegungen der Parkinson-Krankheit mehr als doppelt so
wirksam war wie die ablative Operation.5
Die elektrische Stimulation des Gehirns wird seit 1987 zur Behandlung von Bewegungsstörungen
eingesetzt. Die Tiefe Hirnstimulation (Activa®-Therapie) ist seit 1995 für die Tremorbehandlung und
seit 1998 für die Behandlung der fortgeschrittenen Parkinsonsymptome zugelassen. Bis heute
wurden mehr als 30.000 Menschen weltweit mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt.6
Komplikationen im Zusammenhang mit dem Implantat sind selten.
Weitere Informationen?
Nähere Informationen über die Tiefe Hirnstimulation oder Patienten, die mit DBS behandelt wurden,
finden Sie im Internet unter www.parkinson-vereinigung.de, www.kompetenznetz-parkinson.de,
www.brainpacemaker.com, www.epda.eu.com, www.parkinson.org, oder wpda.org. Die Deutsche
Parkinsonvereinigung (dPV) unterstützt außerdem ein Projekt, bei dem Angehörige und Betroffene mit
anderen Patienten direkt ins Gespräch kommen können.
Literaturverzeichnis
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Deuschl G. et al. Aktuelle Neurologie, 2000; 27: Supp. 1 S1
Medtronic UK Deep Brain Stimulation factsheet
Rascol O et al. A Five-Year Study of the Incidence of Dyskinesia in Patients with Early Parkinson's Disease Who Were Treated with
Ropinirole or Levodopa. New England Journal of Medicine, 2000; 342: 1484-1491
Krack P, Batir A, Blercome N et al. Five-Year Follow-up of Bilateral Stimulation of the Subthalamic Nucleus in Advanced Parkinson’s
Disease, New England Medical Journal, 2003; 349(13): 1925-1934
Esselink RA et al. Unilateral pallidotomy versus bilateral subthalamic nucleus stimulation in PD: a randomized trial. Neurology, 2004:
62(2): E6-7
Archivdaten. Medtronic Europa (berechnet aus jährlichen Fallzahlen pro Land)