Spin-off-Management-Buy-out

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Spin-off-Management-Buy-out
FINANCE-Studien
Fesseln sprengen!
Spin-off-Management-Buy-out:
Wie sich ein Tochterunternehmen erfolgreich vom Mutterkonzern löst
Impressum
Dezember 2002
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3
Vorwort
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die Konzentration auf das Kerngeschäft steht bei Konzernen und
großen Mittelständlern hoch im Kurs. Geschäftseinheiten, einst
gegründet, und Tochterunternehmen, einst hinzugekauft, zählen
oft nicht mehr zur Kernkompetenz und werden veräußert (Spin-off).
Dabei gibt es drei Möglichkeiten: den Börsengang, den Verkauf
an einen Wettbewerber und das Management-Buy-out, bei dem
das Management gemeinsam mit einem oder mehreren Finanzinvestoren das Tochterunternehmen übernimmt. Die letzte Lösung
hat den besonderen Reiz, dass das Spin-off-Unternehmen sich
zum einen in einen unabhängigen, flexiblen und schlagkräftigen
Mittelständler wandelt. Zum anderen bahnt sich das Management
den Weg in die unternehmerische Freiheit. Ein neues Unternehmen
wird geschaffen.
Nicht jedes Tochterunternehmen und nicht jedes Management
sind für ein MBO geeignet. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass
die Tochter und deren Geschäftsführung bereits im Konzernverbund eigenständig und selbstbewusst agieren. Im besten Fall kann
sich das Management sogar einen Finanzinvestor als Käufer aussuchen, wenn es das Vertrauen des Konzernvorstandes genießt.
Mit anderen Worten: Das Management spielt beim MBO die
4
entscheidende Rolle und kann den Verkaufsprozess maßgeblich
beeinflussen.
In der vorliegenden Studie berichten zehn beteiligte Manager
über ihre MBO-Erfahrungen. Wo liegen die Chancen, wo verbergen
sich die Risiken? Welche Herausforderungen stellt die neue Selbstständigkeit an die Geschäftsführung? Die Studie soll all die angestellten Manager von Tochterunternehmen, die nicht mehr zum
Kerngeschäft gehören, inspirieren, über den Sinn eines MBOs im
eigenen Hause nachzudenken. Sie enthält außerdem wertvolle
Informationen für jeden Manager.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Managern und Finanzinvestoren für ihr Vertrauen und ihre aktive Unterstützung unserer
Untersuchung!
Gewinn und Spaß beim Lesen wünschen
Wilken von Hodenberg
Deutsche Beteiligungs AG
Inhalt
I.
Executive Summary
6
II.
Deutscher Buy-out-Markt im Überblick
8
4.
In Wartestellung:
Spin-off der Metro AG
24
9.
Spin-off der Siemens AG
Vom Tellerwäscher zum Millionär –
Nachgebohrt –
MacFash und HannoverFinanz
Sirona und Permira schaffen neue
mit überraschend schnellem Exit
Unternehmensidentität
44
Der deutsche Buy-out-Markt
sortiert sich
5.
Spin-off der VAW aluminium AG
(E.ON-Konzern)
III.
Zehn Erfolgswege eines MBOs
bei einem Spin-off
12
10.
28
Spin-off der Celanese AG und
der Wacker-Chemie GmbH
Hart wie Stahl –
Chemie stimmt –
Erftcarbon und Bridgepoint Capital investieren
Vinnolit und Advent spielen in der Weltliga
48
in neue Fertigungsanlage
1.
Spin-off der Continental AG
12
Bücher für Hundertwasser
IV.
6.
Spin-off der Danone-Gruppe
Bamberger Kaliko und BPE
Al dente – mit Biss –
bauen ein drittes Standbein
Birkel und BdW auf Nudelhochzeit
Stolpersteine & Erfolgsfaktoren
52
Die Gefahren –
32
Warum scheitern MBOs bei Spin-offs?
A)
52
Wo die beteiligten Manager die
Stolpersteine sehen und welche
2.
3.
Spin-off der Pfleiderer AG
16
7.
Spin-off der Caradon plc.
36
Ratschläge sie geben
Katz-und-Maus-Spiele –
Mit Durchblick –
Katz Coasters International und
Weru und Triton trotzen
Stolpersteine sehen und welchen
3i auf Bierdeckeljagd
der Baukrise
Rat sie ihren Kollegen geben würden
Spin-off der SER Systems AG
20
8.
Spin-off der Rütgers AG (RAG-Konzern)
Just in time –
Gas geben –
Forbatech stärkt mit Unterstützung
AKsys und die Deutsche Beteiligungs AG
der Finanzinvestoren den Vertrieb
gehen auf Akquisitionstour
B)
53
Wo die Finanzinvestoren die
58
40
5
I. Executive Summary
Die in der Studie befragten Manager,
die gemeinsam mit Finanzinvestoren eine
Konzerntochter über ein Management-Buy-out
(MBO) gekauft haben, sammelten die
folgenden Erfahrungen:
Zwei der größten Vorteile, die ein Tochterunternehmen in seinem Mutterkonzern sieht, sind
die finanzielle Sicherheit und die Stabilität, die
ein Konzern auf die Kunden der Tochter ausstrahlt.
Ein Mythos hingegen ist der Glaube, dass große
Synergien im Einkauf und Verkauf mit der Mutter bestehen. Die im Konzern relativ eigenständigen Töchter haben sich jeweils einen eigenen
Kunden- und Lieferantenstamm aufgebaut.
Die größte Fessel des Mutterkonzerns ist die
Weigerung, ihrer Tochter Kapital für Investitionen zur Verfügung zu stellen, weil sie nicht zum
Kerngeschäft gehört. Die meisten Töchter litten
vor dem MBO unter einem Investitionsstau.
Die meisten Konzerne standen beim Verkauf
ihrer Töchter unter Zeitdruck. Häufig war dem
Spin-off ein Wechsel im Vorstand vorausgegangen.
Der Konzern-Vorstand hat großes Vertrauen in
die selbstbewusste Geschäftsführung. In sechs
Fällen überließ er es dem Management, einen
passenden Käufer zu finden. Die anderen fanden den Käufer über ein Auktionsverfahren.
6
Auch in diesem Fall besitzt das Management indirekt Einfluss auf die Auswahl des Käufers.
Das Management schaut sich zuerst nach einem
strategischen Käufer um. Erst nach dem Scheitern der Gespräche wendet es sich an Finanzinvestoren.
Das Management muss mit einer Zwickmühle
zurechtkommen: Einerseits soll es loyal für den
Mutterkonzern arbeiten und sich für einen
möglichst hohen Verkaufspreis einsetzen.
Andererseits verfolgt es seine persönlichen
Interessen, die eigenen Anteile möglichst billig
zu kaufen.
Die Finanzierung des Deals empfinden die
Manager als realistisch und tragbar. Der Anteil
der Fremdfinanzierung liegt zwischen 35 und 67
Prozent.
Zum Abbau der Schulden werden 20 bis 100
Prozent des Cashflows eingesetzt. Die Höhe
halten die Manager in der Regel für angemessen.
Die wichtigsten Investitionen nach dem MBO
zielen zum einen auf die Modernisierung und
den Neubau von Produktionskapazitäten. Zum
anderen fließen die Mittel in die Verbesserung
des Vertriebs und in die Kundenbetreuung und
Kundenbindung.
Eine der größten Herausforderungen nach dem
Spin-off sieht die Hälfte des Managements in
der Schaffung einer eigenen Unternehmensidentität. In vier Fällen wurde ein neuer Firmenname gewählt.
Eine weitere Herausforderung ist die Motivation
der Mitarbeiter. Das Umdenken in Cashflowund Ertragsgrößen erhöht für alle Mitarbeiter
den Leistungs- und Verantwortungsdruck.
Kaum Schwierigkeiten bereitet dagegen der
Aufbau eines eigenen Cash-Managements und
anderer Aktivitäten auf der Verwaltungsebene.
Die Mitarbeiter reagieren mit einer Ausnahme
positiv bis begeistert auf das MBO. Die Mitarbeiterzahl bleibt in den meisten Fällen konstant.
Die Manager betrachten das MBO als erfolgreiche Abnabelung von der Mutter. Die Umsatzverflechtungen mit der ehemaligen Mutter oder mit
anderen Töchtern der Gruppe liegen mit einer
Ausnahme bei 0 bis 5 Prozent.
Bei einigen Unternehmen stagniert oder sinkt
in den ersten ein bis zwei Jahren nach dem MBO
das operative Ergebnis, weil die Gesellschaften
hauptsächlich mit Aufbau- und Restrukturierungsmaßnahmen beschäftigt sind.
Mit dem MBO steigt zwar der Verschuldungsgrad, das Management stuft die Eigenkapitalquote dennoch als hoch und die Liquidität als
hoch bis ausreichend ein.
Die Manager genießen die neue unternehmerische Freiheit und können endlich ihre Vision
umsetzen, die sie unter dem Mutterkonzern
nicht realisieren konnten.
Die Manager würden, im Nachhinein betrachtet, jederzeit noch einmal ein MBO durchführen.
7
II. Deutscher Buy-out-Markt im Überblick
In Wartestellung: Der deutsche Buy-out-Markt sortiert sich
Mit hohen Erwartungen sind viele ausländische
Private-Equity-Gesellschaften in den letzten
zwei Jahren nach Deutschland gekommen.
Die Zahl der Deals hat auch die einheimischen
Beteiligungsgesellschaften enttäuscht.
In welcher Verfassung befindet sich der
deutsche Buy-out-Markt derzeit? Ein kurzer
Überblick sieht einen Markt, der wartet –
und lernt.
Die Buy-out-Branche schwankt derzeit zwischen
Wehklagen und Frohlocken, zwischen Hoffen und
Bangen. Schlagzeilen machen vorwiegend die
spektakulären Fehlinvestitionen wie Bundesdruckerei oder Fairchild Dornier. Erfolgreiche Exits
wie Schmalbach Lubeca geraten dagegen zur Randnotiz – sie sind allerdings auch selten geworden.
Der Markt steckt in einer hochinteressanten Phase.
Einige spannende Investments sind in den vergangenen Monaten gemacht worden, und das in allen
Größenordnungen: Im zweistelligen Millionenbereich ging Jack Wolfskin an Bain Capital, Gardena
hat mit Industri Kapital für einen dreistelligen Millionenbetrag einen neuen Mehrheitsgesellschafter
gefunden. Kompliziert und politisch brisant war die
Übernahme der Babcock-Tochter HDW durch One
Equity Partners. Auch für Autoteile Unger (Doughty
Hanson) und die Swissair-Tochter Gate Gourmet
(Texas Pacific) zahlten die Erwerber hohe dreistellige Millionenbeträge.
Einige große Deals
Den bislang größten Deal des Jahres hat EQT mit
dem Simultanerwerb von Haarmann & Reimer und
Dragoco für geschätzte 2 Milliarden Euro abge8
schlossen. Spannend ist an der Transaktion vor allem, dass sich hier ein strategischer Investor mit einer Beteiligungsgesellschaft zusammengeschlossen hat. Nicht vergessen werden sollte auch der
von Marktexperten als sensationell eingestufte,
exklusiv verhandelte Paketdeal von KKR: Die Amerikaner kauften Siemens für rund 1,7 Milliarden Euro auf einen Schlag sieben Tochterunternehmen ab
und brachten sie in ein gemeinsames Joint Venture
ein. Deals von dieser Sorte könnten in den nächsten Jahren noch weitere folgen.
Für die nächsten Monate ist mit weiteren großen
Buy-outs zu rechnen: Bei der Veräußerung des Kabelnetzes der Telekom, bei der Bankgesellschaft
Berlin und auch bei Salamander haben Finanzinvestoren gute Aussichten, den Zuschlag zu erhalten.
Dennoch bleibt nüchtern festzustellen: Nicht alle
Träume der Private-Equity-Gesellschaften haben
sich erfüllt. Insgesamt 42 Buy-outs mit Unterstützung eines Finanzinvestors finden sich für das laufende Jahr in der FINANCE-DealBank, die den gesamten deutschsprachigen Raum abdeckt (Stand:
21. Oktober 2002). Damit hat im Schnitt nicht
einmal jede dritte in Deutschland tätige PrivateEquity-Gesellschaft in diesem Jahr ein Investment
getätigt.
Viel Geld im Markt
An Geld mangelt es nicht. Im letzten Jahr wurden
laut BVK weit über 5 Milliarden Euro an Kapital eingesammelt, das in Buy-outs investiert werden soll.
Das entspricht bei konservativer Finanzierung mit
50 Prozent Fremdkapitalanteil einem Dealvolumen
von über 10 Milliarden Euro. Zwar muss das Geld
nicht komplett in Deutschland und auch nicht in
diesem Jahr investiert werden. Dem stehen aber
nicht abgerufene Gelder aus den Vorjahren gegenüber. Im Klartext: Der Buy-out-Markt schwimmt im
Geld, auch wenn das Fundraising für viele PrivateEquity-Gesellschaften in diesem Jahr schwieriger
geworden ist.
Warum gibt es dann so wenig Abschlüsse? Dafür
gibt es verschiedene Gründe. Zunächst einmal
unterscheiden sich Nachfrage und Angebot. Der
allergrößte Teil der Fondsgelder ist für so genannte
große Buy-outs (mit einem Eigenkapitalanteil von
über 75 Millionen Euro) bestimmt. Big Deals gab es
in diesem Jahr bislang allerdings nur zehn.
Bedarf an Eigenkapital haben aber vorwiegend
kleinere Unternehmen. Die sind jedoch für die großen Buy-out-Firmen nicht interessant. Zum einen
sind häufig nur Minderheitsanteile verfügbar, was
für die meisten Investoren nicht in Frage kommt.
Zum anderen müssen die Big Player mittlerweile
milliardenschwere Fonds investieren, und sie können nicht mehrere Dutzend Portfoliounternehmen
betreuen. Außerdem verursacht ein kleiner Buy-out
ebenso viel Arbeit wie ein großer, die Ertragsaussichten sind aber viel geringer.
Woher sollen die Deals kommen? Seit vielen Jahren
geistert die Prophezeiung vom Boom der Nachfolge-Buy-outs durch Deutschland. Die Realität sieht
anders aus, und die meisten Finanzinvestoren haben sich damit abgefunden. Nur wenige rechnen
für die kommenden Jahre mit mehr als ein, zwei
Dutzend Deals. Auch wenn viele Unternehmer
mittlerweile über Buy-outs als Nachfolgelösung
Bescheid wissen, kommt es nur selten zum
Abschluss. In der momentanen Marktverfassung
streiken die Verkäufer, weil sie das Preisniveau für
viel zu niedrig halten. Wer nicht unbedingt veräußern muss, behält sein Unternehmen noch ein paar
Jahre und wartet auf bessere Zeiten.
Hoffnung auf Spin-offs
Anders sieht es dagegen beim Verkauf von Konzernteilen (Spin-offs) aus. Zwar haben sich auch in
diesem Bereich die Hoffnungen vieler Finanzinvestoren noch nicht erfüllt. Doch wenn sich Konzerne
erst einmal zur Trennung von einem nicht mehr zum
Kerngeschäft gerechneten Bereich entschlossen
haben, ist die Schmerzgrenze beim Preis ziemlich
hoch. Dazu kommt, dass die Großunternehmen bei
Akquisitionen derzeit sehr zurückhaltend sind. Dadurch fallen strategische Investoren, die in der Regel mehr zahlen als Beteiligungsgesellschaften, in
vielen Verkaufsprozessen als Konkurrent aus.
Auf die Spin-offs richtet sich also zukünftig die
Hoffnung der Branche. Schließlich können Veräußerungsgewinne seit diesem Jahr steuerfrei vereinnahmt werden und verbessern so manche durch
das schlechte operative Geschäft angeschlagene
Bilanz. Außerdem brauchen viele Unternehmen
Liquidität, die sie am einfachsten durch Beteiligungsverkäufe erhalten können. Manche Konzerne
wollen auch ihre Verlustbringer loswerden. So ist
hinter vorgehaltener Hand sogar von negativen
Kaufpreisen zu hören – der Verkäufer muss dem
Investor also sogar noch etwas überweisen, damit
der ihm die Gesellschaftsanteile abnimmt.
9
Problem Auktion
Nische Turnaround
Allerdings machen sich die Private-Equity-Investoren heute oft untereinander das Leben schwer. Fast
alle größeren Deals werden mittlerweile über einen
Auktionsprozess an den Käufer gebracht. Die Vielzahl der in Deutschland tätigen, auf große Buy-outs
spezialisierten Investoren führt dazu, dass die
Preise manchmal den vernünftigen Rahmen sprengen (auch darum blicken viele neidisch auf die von
KKR exklusiv eingefädelte Siemens-Transaktion).
Das ist vor allem für die Geldgeber ärgerlich, die in
mehrere Private-Equity-Fonds investieren und mit
ansehen müssen, wie diese im Bieterwettbewerb
die Preise in die Höhe treiben. Auch im mittleren
Segment werden Auktionsverfahren immer üblicher, nur bei Buy-outs im zweistelligen Millionenbereich haben Interessenten noch gute Aussichten
auf ein exklusives Verhandlungsmandat. Nicht immer allerdings erfüllen Auktionsprozesse die Erwartungen des Verkäufers: Viele Bieterverfahren
müssen abgebrochen werden, weil keine Dynamik
entfacht werden kann. Insbesondere bei schwach
aufgestellten Unternehmen ist es schwierig, die Investoren zu begeistern.
Dennoch könnten gerade angeschlagene Unternehmen der Renner der nächsten Jahre werden.
Das Angebot ist reichlich, und immer mehr PrivateEquity-Gesellschaften sehen in Sanierungsfällen
lukrative Investitionsmöglichkeiten. Bislang sind
allerdings kaum Player am Markt tätig. Das dürfte
sich bald ändern, weil viele Beteiligungsgesellschaften in ihrem angestammten Geschäftsfeld
kaum Perspektiven sehen.
10
Allerdings birgt eine strategische Neuausrichtung
auf Problemunternehmen hohe Risiken. Sanierungsfälle sind ein gänzlich anderer Investment Case als die traditionell bevorzugten Unternehmen.
Die sollen vor allem einen hohen Cashflow aufweisen, damit der durch die Leveraged-Finanzierung
aufgehäufte Schuldenberg rasch abgetragen werden kann. Sanierungsfälle dagegen sind naturgemäß margenschwach und verlangen nach Handson-Management. Damit brauchen die Beteiligungsgesellschaften auch einen neuen Typ Investmentmanager. An Stelle der Finanzakrobaten und
Strategen sind hemdsärmelige Personen mit operativer Erfahrung – möglichst auch in der Sanierung – gefragt. Die sind in der deutschen PrivateEquity-Szene selten. Wer heute aber einen neuen
Fonds auflegen will, hat es als „First-Timer“ häufig
schwer, Kapital einzusammeln – viele Investoren
dürfen Frischlingen gar kein Geld anvertrauen.
Marktreife
Wie geht es weiter? Die deutsche Buy-out-Landschaft steht vor einem Umbruch. Nicht alle großen
Beteiligungsgesellschaften werden bei den wenigen Megadeals zum Zuge kommen. Sie werden
sich notgedrungen in das mittlere Segment herablassen müssen. Das könnte den Druck auf mittelgroße Spieler wie die Hannover Finanz Gruppe oder
die Deutsche Beteiligungs AG erhöhen, sich auch
den kleineren Investments zuzuwenden. Dort ist
die Zahl der Investitionsmöglichkeiten groß, wenn
die Perlen auch nicht leicht zu finden – und zu überzeugen – sind. Es wäre ein Zeichen der Marktreife,
wenn der Fokus von den wenigen Megadeals auf
die Vielzahl kleinerer Gelegenheiten schwenkte.
Und dem Mittelstand würde die Professionalität
der Finanzinvestoren gut tun.
11
1. Spin-off der Continental AG
Bücher für Hundertwasser
Bamberger Kaliko und BPE Private Equity bauen ein drittes Standbein
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Bamberger Kaliko GmbH,
Sitz in Bamberg
Branche (Produkte)
Textilveredelung
(Bucheinbandstoffe,
Rollo- und Lamellenstoffe,
technische Textilien)
MBO
2000
Mutterunternehmen
Continental AG
Finanzinvestor
Berenberg Private Equity
Beteiligungs KG
(verwaltet durch die BPE
Private Equity GmbH)
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
Zwei Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Management
77% nach dem Secondary-
Schon immer haben die Bamberger ihr eigenes
Ding gedreht. Nur eines wurde ihnen vom Mutterkonzern Continental erschwert: Investitionen in
neue Produkte. Das hat sich seit dem MBO geändert. Mit dem Finanzinvestor BPE im Rücken konnte die Bamberger Kaliko ihre Fertigungskapazitäten erweitern. Jetzt müssen nur noch die Vertriebskanäle erschlossen werden. Das ist aber schwieriger, als die Partner erwartet hatten.
„Die Bamberger Kaliko war immer eine Art Betriebsunfall innerhalb des Konzerns“, sagt Peter
Klenner. Damals, 1970, wurde der Marktführer für
Textilveredelung vom Automobilzulieferer Continental übernommen. „Aber es gab nie Bezüge zur
Technologie oder zur Vermarktung der üblichen
Produkte des Mutterunternehmens.“ Kaum verwunderlich, dass es Jahre später zum Verkauf kam,
als mit einem Wechsel im Vorstand bei Continental
eine Strategieanpassung einherging.
Buy-out im Jahr 2001
(zuvor 38,5%), Vorkaufsrecht
für die restlichen Anteile
Anteile Finanzinvestor
12
23% (zuvor 61,5%)
Klenner, seit zehn Jahren Geschäftsführer bei der
Bamberger Kaliko GmbH, war nicht unglücklich
über diese Entscheidung. Er genoss zwar dank der
Führungsphilosophie von Continental eine große
Entscheidungsfreiheit. Doch Ideen zur Weiterentwicklung des Unternehmens konnte er kaum umsetzen. „Mittel für technologische Innovationen
waren hart umkämpft. Wir hatten außerdem schon
mehrfach die Möglichkeit, eine gute Firma zu übernehmen, um in unserem Kerngeschäft zu wachsen.
Doch wir wurden immer wieder höflich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass wir nicht zum
Kerngeschäft gehörten“, erinnert sich der CEO, der
für die Haltung des Konzerns jedoch Verständnis
hatte.
Ein weiteres Problem bestand darin, dass die von
dem Konzern angesetzten Benchmarks für die
Bamberger Kaliko nicht anwendbar waren, weil die
Geschäftszwecke zu unterschiedlich waren. Die
Performance der Tochtergesellschaften war somit
nicht vergleichbar. Zum Beispiel hinkte der Vergleich des Warenumschlags, weil Äpfel mit Birnen
verglichen wurden. „Wir haben einen geringen Warenumschlag, die Reifentöchter einen viel höheren.
Da sahen wir natürlich viel schlechter aus.“ Und die
Konzernumlage störte natürlich auch, obwohl es
nicht um hohe Beträge ging.
Trotz der Fessel, die der Konzern den Bambergern
angelegt hatte, pflegte Klenner ein offenes und
freundschaftliches Verhältnis zur Mutter. Schließlich hat er bei Continental eine lange Karriere hinter sich und kennt die Vorstandsmitglieder persönlich. „Bis zum letzten Tag war ich meinem Unter-
nehmen gegenüber loyal. Und eigentlich fühle ich
mich immer noch als Continentaler, denn dort bin
ich groß geworden.“ Für den Finanzinvestor war
das gute Verhältnis von der Tochter zur Mutter ein
großer Vorteil: „Das Konfliktpotenzial in den Verhandlungsgesprächen war dadurch genommen.
Herr Klenner kannte die Strukturen des Konzerns
aus eigener Erfahrung und konnte sich somit sehr
gut in die Entscheidungsgrundlagen hineinversetzen“, erinnert sich Aman Miran Khan von BPE
Private Equity.
Das Verhältnis war aber nicht nur von Offenheit,
sondern auch von beidseitigem Vertrauen geprägt:
Continental überließ Klenner die Suche nach einem
Käufer und motivierte ihn gleichzeitig, auch ein
Management-Buy-out (MBO) in Betracht zu ziehen.
Zunächst dachte der Kaliko-Chef an einen strategischen Käufer. Doch sein Wunschkandidat war zu jenem Zeitpunkt dabei, ein anderes Unternehmen zu
akquirieren und konnte eine weitere Expansion
nicht stemmen. In einem zweiten Schritt wählte
Klenner vier Finanzinvestoren für erste Gespräche
aus; ein alter Studienfreund hatte ihm den Kontakt
zu BPE verschafft.
Bevor Klenner aber die Private-Equity-Gesellschaften kontaktierte, setzte er sich mit seinen fünf
engsten Mitarbeitern, den Leitern der Bereiche Finanzen, Produktion, Vertrieb, Logistik und F&E, zusammen. „Die wollte ich unbedingt mit ins Boot holen, weil sie sehr gute Leute und der Bamberger Kaliko schon viele Jahre verbunden sind. Alle waren
von der Idee begeistert und wollten sich beteiligen,
selbst der Vertriebsleiter, der schon 40 Jahre im
Unternehmen ist und bald in den Ruhestand geht“,
freut sich Klenner heute noch. Als Miran Khan sich
dieser Gruppe zum ersten Mal vorstellte, kam er
sich vor „wie beim ersten Besuch bei der Schwiegermutter“, weil der erlesene, selbstbewusste
Kreis ihn intensiv prüfte – für einen Finanzinvestor
ungewöhnlich, da diese „Prüfung“ meist eher in
die andere Richtung läuft.
Innerhalb von zwei Monaten war der Deal unter
Dach und Fach. Die Mitarbeiter haben den Verkauf
an BPE und das Management gelassen hingenommen, da der Großaktionär bei den meisten ohnehin
nie im Bewusstsein präsent war. Die Geschäftsführung hatte zudem klargestellt, dass sich die Strukturen im Unternehmen nicht verändern würden.
Der Betriebsrat unterstützte das Vorhaben.
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Technik, Fertigungskapazität
Datenverarbeitung
Qualifizierung Personal
Größte Veränderung seit dem MBO
Ausbau der Fertigungskapazitäten,
um neue Produkte für Brandschutz- und
Dichtungstechnik herzustellen
Größte Herausforderung seit dem MBO
Die Erschließung neuer Vertriebskanäle für
die neue Produktpalette
Die gewonnene Freiheit nutzte die Bamberger Kaliko sofort für die Entwicklung eines neuen Marktsegments. Da sie auf der operativen und der Ver13
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
sechs,
im Unternehmen seit:
CEO
1994
CFO
1975
F&E
1975
Produktion
1983
Logistik
1982
Vertrieb
1962
Veränderungen in der
keine
Führung seit MBO
Veränderungen in der
tungstechnik erobert werden. Hier rechnet Klenner
langfristig mit besseren Ertragsaussichten als in
den traditionellen Geschäftsfeldern. Bei Sonnenschutz und Bucheinband entwickeln sich die
Märkte zwar stabil. Das Wachstum könnte aber nur
über Akquisitionen angekurbelt werden.
Neben den Produktgruppen Bucheinbandstoffe –
der prominenteste Kunde war hier wohl der Wiener
Künstler Friedensreich Hundertwasser – sowie Rollen- und Lamellenstoffe für den Sonnenschutz sollten nun auch die Segmente Brandschutz- und Dich-
Die Idee und das Technologie-Know-how für die
neuen Produktanwendungen lagen bereits in der
Schublade, weil Mitarbeiter schon vor fünf bis
sechs Jahren hieran getüftelt hatten. Es fehlten
aber die notwendigen Produktionskapazitäten, die
keine (unter 1%)
Personalstruktur seit MBO
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Altlasten (Dealkiller): Die Stadt hatte ein
ehemaliges Betriebsgrundstück erworben.
Wichtig hierbei war die Sicherstellung,
dass keine Haftung bei evtl. Altlasten durch
Erwerber übernommen werden muss.
Konzernumlagen
Marktentwicklung
Gewährleistungen und Garantien
der Mutter
14
waltungsebene immer eigenständig war, mussten
intern keine neuen Strukturen geschaffen werden.
Das Controlling und das Reporting waren zum
Beispiel schon zu Continental-Zeiten professionalisiert, so dass der Aufbau eines eigenen CashManagements problemlos verlief.
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des Cashflows, der zum Abbau der Schulden eingesetzt wird: 70%,
Verschuldungskapazität wurde nicht voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des Managements
12,3%
7,7%
60%
20%
100%
Eigenkapital Finanzinvestor
Eigenkapital Management
Nachrangige Darlehen Finanzinvestor
Fremdkapital (Darlehen Banken)
Hausbankdarlehen
„Die engsten Mitarbeiter wollte ich unbedingt mit ins Boot holen, weil sie
sehr gute Leute und der Bamberger Kaliko schon viele Jahre verbunden sind.
Alle waren von der Idee begeistert und wollten sich beteiligen.“
Peter Klenner, Geschäftsführer, Bamberger Kaliko GmbH
Continental nie finanzieren wollte. Die Investition
in den Ausbau der Fertigungsanlagen wurde gleich
nach dem MBO vorgenommen. „Das bedeutete
zwar eine große finanzielle Belastung. Aber wir
mussten diesen Mut aufbringen“, sagt Klenner.
Das Bamberger Management hat es endlich geschafft, seine langjährigen Visionen umzusetzen.
Allerdings ist die Produktion nur der erste Schritt in
den neuen Markt. Der zweite Schritt, der Vertrieb,
gestaltet sich weit schwieriger als erwartet, weil
Vertriebskanäle komplett neu erschlossen werden
müssen. Die Bamberger sind daher auf exzellente
Vertriebspartner angewiesen. Zweimal mussten
sie bereits unerfreuliche Erfahrungen machen:
„Wenn der Partner zu lange braucht, um das Produkt in den Markt zu bringen, macht er sehr viel kaputt.“ Klenner und seine Mannschaft versuchen
nun, mit den ersten Kundenreferenzen selbst einen
Kundenstamm zu etablieren. „Da wir uns in den Anwendungsbranchen unserer neuen Produkte noch
nicht so gut auskennen, ist es sehr kostspielig, einen schlagkräftigen Vertrieb aufzubauen.“
Obwohl mit der ehemaligen Mutter so gut wie keine Umsatzverflechtungen bestehen, profitieren die
Textilveredler vom weiterhin guten Kontakt. Eine
Tochter der Continental könnte als Kunde für die
neue Sparte gewonnen werden.
Trotz dieser Anlaufschwierigkeiten blickt Klenner
optimistisch in die Zukunft und ist zufrieden mit
dem MBO. Das Geschäft brummt weiter wie bisher,
auch in dieser konjunkturell schlechten Phase. Die
Kunden und die Lieferanten, die die Bamberger
schon seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten, gut kennen, haben Klenner und seiner Mannschaft sogar
auf die Schulter geklopft und gratuliert. „Von unseren meist inhabergeführten, mittelständischen
Partnern werden wir jetzt sogar auf gleicher
Augenhöhe wahrgenommen“, sagt Klenner.
Er fühlt sich wohl in seiner Rolle. „Ich habe mich eigentlich immer als Manager und Unternehmer gefühlt, so hat Continental mich eben erzogen. Das
MBO war daher gar kein großer mentaler Schritt für
mich.“ Nach dem Secondary-Buy-out, bei dem das
Management die Mehrheit von BPE erworben hat,
befindet sich die 1863 gegründete Gesellschaft
bald vielleicht sogar vollständig in Unternehmerhänden. Das Management hat ein Vorkaufsrecht
für die restlichen Anteile, die BPE noch hält.
Kennzahlen
Umsatz 2001
27 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
173
Marktposition
Marktführer in Europa
vor dem MBO
Marktposition
Marktführer in Europa
nach dem MBO
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, 0=stabil, –=fallend)
2000
2001
(MBO)
Umsatz
+
EBIT
Mitarbeiterzahl
2002
(erw.)
–
+
+
o
+
+
–
0
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
relevant, 4=hoch, 5=sehr hoch)
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Verschuldungsgrad
3
3
3
Eigenkapitalquote
3
4
4
Liquidität
4
4
4
15
2. Spin-off der Pfleiderer AG
Katz-und-Maus-Spiele
Katz Coasters International und 3i auf Bierdeckeljagd
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Katz International
Coasters GmbH & Co. KG,
Sitz in Weisenbach/Baden
Branche (Produkte)
Konsumgüterindustrie
(Bierdeckel)
MBO
2000
Mutterunternehmen
Pfleiderer AG
Finanzinvestor
3i Deutschland GmbH
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
18 Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Management
35%
Anteile Finanzinvestoren
65%
Geplanter Exit zum
bis zu sieben Jahre
Zeitpunkt des MBOs
Eigentlich war der Bierdeckelhersteller Katz zu
klein für Finanzinvestoren. Also heckten der Geschäftsführer und ein Brite, der lange Jahre beim
Konkurrenten tätig war und sich über ein Buy-out
bei Katz beteiligen wollte, einen Plan aus: Mit der
potenziellen Akquisition des britischen Wettbewerbers hat sich die Tochter der Pfleiderer AG für
Private-Equity-Gesellschaften attraktiv gemacht.
Weitere Übernahmen sollen nun folgen.
Bierdeckel gibt’s in jeder Kneipe, auf jeder Kirmes
und bei jedem Konzert. Kaum jemand weiß, dass
ein Unternehmen nahezu jeden zweiten davon herstellt. Die Katz International Coasters GmbH & Co.
KG aus dem Schwarzwald hält über 40 Prozent an
der Produktion weltweit. Das sind Marktanteile,
von denen viele nur träumen können. Nur: Pfleiderer, die ehemalige Mutter von Katz, interessierte
das wenig.
Der Baustoffkonzern hatte die 1903 gegründete
Katz Ende der Siebzigerjahre vor der drohenden
Pleite gerettet. Abgesehen hatte es Pfleiderer aber
nur auf einen Bereich: die Herstellung von Eisenbahnschwellen für die Deutsche Bahn. Die Bierdeckelsparte blieb dagegen jahrelang der vernachlässigte Renditebringer der neuen Stiefmutter. Die
Produktion der Pappdeckel erwirtschaftete zwar
16
regelmäßig gute Erträge, doch Pfleiderer hatte weder Interesse an Bierdeckeln noch an strategischem Wachstum. Nicht einmal an die nötigsten Investitionen war zu denken. Als eine Dachreparatur
anstand, gab ein Pfleiderer-Vorstand dem Katz-Geschäftsführer Elmar Hohmann einfach nur den zynischen Rat: „Schließen Sie das Loch doch mit einem Schirm.“
Hohmann hört sich solche klugen Ratschläge nicht
gern zweimal an. Für ihn hieß es bei der ersten Gelegenheit: Abnabeln von der Mutter. Die Gunst des
Augenblicks kam 2000, als der neue Vorstandsvorsitzende der Pfleiderer AG den Konzern auf die
Kernkompetenzen konzentrieren wollte. Bierdeckel gehörten nicht dazu. Damit waren die Fronten geklärt: Die Mutter war verkaufswillig, ein Käufer schnell gefunden.
Der Brite Richard Brewster, als ehemaliger Manager der britischen Konkurrenz Jarvis Porter schon
lange im Bierdeckelgeschäft, plante, sich durch ein
Management-Buy-in (MBI) bei Katz einzukaufen.
Doch niemand wusste, dass Hohmann sich gleichzeitig durch ein Management-Buy-out (MBO) an
Katz beteiligen wollte: „Ich war sehr vorsichtig,
wollte mich nicht zu früh aus dem Fenster lehnen.“
Er hielt zunächst still. Denn der Manager steckte,
wie so oft bei MBOs, in der Zwickmühle. Einerseits
sollte er loyal für Pfleiderer arbeiten und sich für einen möglichst hohen Verkaufspreis einsetzen. Andererseits hatte er das ureigene Interesse, seine
Anteile möglichst billig zu kaufen.
Als dann unter den Mitarbeitern auch noch Unruhe
aufkam, hatte er für den Betriebsrat nur ausweichende Antworten parat: „Ich kann Euch zwar nicht
sagen, was passiert. Aber macht Euch keine Sorgen.“ Zumindest laut Hohmann sorgte das für die
nötige Ruhe, um weiter das operative Geschäft zu
betreiben. Für die Mitarbeiter, die teilweise schon
in der dritten Generation für den Schwarzwälder
Betrieb arbeiteten, war es eine schwierige Zeit.
Aber auch die beiden Manager standen unter Hochspannung. Brewster im Vordergrund und Hohmann
im Hintergrund wussten nicht, wie sie den Deal finanzieren sollten. Zu zweit konnten sie das Geld
nicht aufbringen. Nur auf die Hilfe von Banken wollten sich die beiden Geschäftsmänner auch nicht
verlassen. Hohmann lamentiert: „Die kümmerten
sich hauptsächlich um Zahlen und Sicherheiten,
für unsere Strategie interessierten sie sich nicht.“
Mit Eigenkapitalgebern hatte Hohman aber keine
Erfahrung – Private Equity war noch ein Fremdwort
für den Mittelständler. Der Brite Brewster war da
zum Glück weitaus besser beschlagen. Nur: Welche
Private-Equity-Gesellschaft, gerade in Zeiten des
Internet-Booms, interessiert sich schon für eine
ehemalige Sägemühle mitten im Schwarzwald?
Für die Eigenkapitalgeber war Katz noch zu klein.
Der Betrieb war zwar Weltmarktführer und rentabel, erwirtschaftete jedoch zu wenig Umsatz und
Wachstum. Katz musste schnell wachsen, um den
Investoren ihr eingebrachtes Kapital möglichst
bald doppelt und dreifach zurückzahlen zu können.
Da gab es nur eine Lösung: Die Bierdeckelsparte
des britischen Konzerns Jarvis Porter musste übernommen werden.
Brewster war lange Manager bei Jarvis Porter gewesen. Hohmann und er kannten sich schon in dieser Zeit. Sie hatten sich häufig auf Messen getroffen und gescherzt: „Wer übernimmt wen?“ Es blieb
bei Liebäugeleien, denn keiner der Betriebe hatte
die Mittel, den anderen zu schlucken. Auf einmal
schien der Kauf in greifbarer Nähe. Mit Investorenhilfe und ohne die Widerstände des Mutterkonzerns Pfleiderer war es jetzt endlich möglich, das
strategische Wachstum durch eine Akquisition an-
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Übernahme eines weiteren Wettbewerbers
Einkauf
EDV
Personal
Größte Veränderung seit dem MBO
Übernahme eines britischen Wettbewerbers
Größte Herausforderung seit dem MBO
Aufbau des eigenen Einkaufs
17
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
sieben,
im Unternehmen seit:
1. CEO
1992
2. CEO (MBI)
2000
CFO
1980
Vertrieb
1973
Einkauf
1965
Produktion
1975/1988
Veränderungen in der
keine
Führung seit MBO
Veränderungen in der
keine
Personalstruktur seit MBO
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Einschätzung der Stand-alone-Kosten
Nachhaltigkeit der Erträge
Pensionen
18
zukurbeln und die für Finanzinvestoren kritische
Größe zu erreichen. Hohmann und Brewster
strickten aus ihren Wachstumsphantasien einen
neuen Geschäftsplan. Auch ein neuer Name sollte
die Metamorphose bezeugen: Katz International
Coasters.
Das weckte das Interesse der Investoren. Nur mit
der angestrebten Übernahme war es möglich, sie
wachzurütteln. Sechs Investoren, die Banken eingerechnet, hatten Interesse an Katz. 3i machte
„das interessanteste Angebot“ und bekam den Zuschlag. Für Hohmann war die Voraussetzung, dass
die Chemie zwischen den Managern von Katz und
den Investoren von 3i stimmte. Es sollte keine Katzund-Maus-Spiele mehr wie in der Zeit davor geben.
Stattdessen ein geregeltes Verhältnis zwischen
professionellen Geschäftspartnern: „Wir berichten
regelmäßig unsere Finanzzahlen, werden aber
beim operativen Geschäft nicht gestört.“ Nach den
sehr langen Monaten mit schwierigen Verhandlungen war er sehr erleichtert, als endlich die Verträge
unterschrieben waren. Und auch erst dann machte
Hohmann publik, dass er sich beteiligen würde.
Mutter Pfleiderer war zwar erstaunt, Einwände gab
es aber nicht.
Die beiden frisch gebackenen Unternehmer feierten nicht lange. „Am Tag nach dem Abschluss des
Buy-outs stellten wir den ersten Kontakt zu Jarvis
Porter her“, blickt Hohmann zurück. Der Bereich
„Special Products“, die Bierdeckelsparte von Jarvis
Porter, war schon fest in die Businesspläne von
Katz integriert. „Die wollten wir haben, nur die.“
Auch hier war die Mutter zum Glück verkaufswillig.
Die Internationalisierung der Produktion passt in
das Geschäftskonzept: Immerhin 80 Prozent des
Gesamtumsatzes erwirtschaftet Katz mit Exporten,
und nur im Wachstum des internationalen Biermarkts sieht Hohmann Perspektiven. Daneben
konnten jährlich Kosten in Höhe von 2 Millionen Euro gespart werden. So schön diese Synergieeffekte
klingen, eine negative Nebenwirkung hatten sie
doch: Bei den britischen Bierdeckelherstellern kam
es zu Entlassungen.
Der deutsche Produktionsstandort war dagegen
kaum von der Akquisition betroffen. Hier konzentrierte sich das Management darauf, die verloren
gegangenen Kapazitäten des Mutterkonzerns aufzubauen. Während die Einführung eines neuen ITSystems sowie des Cash-Managements keine
Schwierigkeiten bereitete, musste Katz finanzielle
und personelle Ressourcen für den Aufbau einer eigenen Einkaufsmannschaft einsetzen. Pfleiderer
„Wir berichten regelmäßig unsere Finanzzahlen,
werden aber beim operativen Geschäft nicht gestört.“
Elmar Hohmann, Geschäftsführer, Katz International Coasters GmbH & Co. KG
hatte den Bierdeckelhersteller mit Rohstoffen versorgt. Katz besuchte nun alle Lieferanten und
musste die Konditionen neu verhandeln. „Wir haben zwar einige Lieferanten verloren, weil sie uns
keine günstigen Angebote gemacht haben. Dafür
haben wir uns aber neue gesucht. Das war zwar
mühselig, aber insgesamt kein Problem“, erklärt
Hohmann.
Kennzahlen
Heute, ein Jahr später, sieht Hohmann sein MBO
noch immer als persönlichen Erfolg. Die Verantwortung lastet nicht allzu schwer auf ihm, auch
wenn sein eigener Geldbeutel nun am Schicksal
der Firma hängt: „Ein verantwortungsvoller Manager sollte immer mit dem Geld so umgehen, als wäre es sein eigenes.“ Für den Exit gibt es keinen
Druck, ein Trade Sale ist aber wahrscheinlicher als
ein Börsengang. Drei bis vier Firmen, zu denen Katz
International Coasters passen würde, sind auch
schon ins Auge gefasst.
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
Umsatz 2001
17,9 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
260
Marktposition
50% Marktanteil in
vor dem MBO
Europa, 40% weltweit
Marktposition
unverändert
nach dem MBO
(Angaben inkl. Akquisition der Bierdeckelsparte von Jarvis
Porter im Jahr 2001; +=steigend, o=stabil, –=fallend)
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Umsatz
+
+
o
EBIT
+
+
o
Mitarbeiterzahl
o
o
o
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Verschuldungsgrad
3
3
3
Eigenkapitalquote
4
4
4
Liquidität
3
3
3
19
3. Spin-off der SER Systems AG
Just in time
Forbatech stärkt mit Unterstützung der Finanzinvestoren den Vertrieb
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Forbatech GmbH,
Sitz in Frankfurt am Main
Branche (Produkte)
Software
(Softwaresysteme für AssetManagement)
MBO
2001
Mutterunternehmen
SER Systems AG
Finanzinvestor
Cornerstone Capital (Lead),
Heptagon Capital
(Freie Sparkassen)
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
drei Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Management
Minderheit, aber über 25%
Anteile Finanzinvestor
Mehrheit
Geplanter Exit zum
vier bis sechs Jahre
Zeitpunkt des MBOs
20
Die Forbatech GmbH schaffte den Absprung gerade rechtzeitig. Ein knappes Jahr nach dem Verkauf
an den Finanzinvestor Cornerstone Capital meldete das ehemalige Mutter- und Neuer-Markt-Unternehmen SER AG Konkurs an. In dem zurzeit schwierigen Softwaremarkt nutzen die beiden Partner
nun die Chance, einen schlagkräftigen Vertrieb
aufzubauen, nachdem die traditionellen Kunden
im IT-Hype vernachlässigt wurden.
vorgegangen war und rasanter wuchs als die Finanzsparte. Im Jahr 1997 ging SER an den Neuen
Markt.
Ein nicht ganz freiwilliger, aber im Endeffekt glücklicher Verkauf: Im Jahr 2001 hatte sich die wirtschaftliche Situation des Softwarehauses SER AG
so sehr verschlechtert, dass die Banken um ihre
Kredite bangten. Sie forderten daher Veräußerungen von Tochtergesellschaften, um die Kassen der
Mutter zu füllen.
Es war also ein großes Glück für Forbatech, dass im
Juli 2001 die ersten Gespräche stattfanden. Gert
Reinhardt, SER-Gründervater und Mehrheitsgesellschafter, und Thorsten Heissel, Geschäftsführer
der Tochter, setzten sich zunächst mit strategischen Investoren zusammen. Interessenten kamen
sogar aus Übersee. Früh kristallisierte sich das Problem heraus: „Da alle wussten, dass SER unter Verkaufsdruck stand und die Branchensituation ohnehin schwierig war, sank der verhandelbare Kaufpreis relativ schnell in den Keller“, erinnert sich
Heissel. „Unter diesen Bedingungen dachte ich:
Das können wir auch selbst machen.“
Die Forbatech GmbH (früher SER Banking-Software
Solutions GmbH) war eine unabhängige und
selbstständige Tochter, die nicht zum Kerngeschäft
der Mutter gehörte. Während die Mutter schwerpunktmäßig Software für das Dokumentenmanagement entwickelte und herstellte, war der
Bankingarm vor allem auf Software für das AssetManagement spezialisiert. Das Besondere an der
Firmengeschichte ist, dass die SER AG im Jahr 1995
als Spin-off aus der gegründeten SER Banking her-
Daraufhin sprach er mit den engsten Mitarbeitern
der zweiten Führungsebene über die Möglichkeit
eines Management-Buy-outs (MBO). Es gab kein
langes Zögern. Diese Lösung war die einzige, die
ihnen ihre Arbeitsplätze retten konnte. Sie wussten, dass ein strategischer Investor in ihrer Branche üblicherweise die Softwareprodukte und die
Kunden im Visier hat. Die Führung würde dagegen
wahrscheinlich ausgetauscht und mit eigenen Leuten besetzt werden.
Heikel war allerdings, dass schon ein potenzieller
Käufer aus der Industrie die Due Diligence durchführte und einen Notartermin organisierte, während Heissel im Herbst 2001 den Kontakt zu drei
Private-Equity-Gesellschaften suchte, unter anderem zu Cornerstone Capital. Die Finanzinvestoren
führten im Anschluss an die erste Due Diligence ihre eigene durch. Die eingeweihten Mitarbeiter
mussten die Prozedur gleich zweimal über sich ergehen lassen.
Da beide Interessenten bereit waren, einen ähnlichen Kaufpreis zu zahlen, Cornerstone Capital
aber schneller entschied, richtete sich Reinhardt
nach dem Wunsch seiner Mannschaft. Im Dezember war der Kaufvertrag unter Dach und Fach. Die
Mitarbeiter reagierten mit „Erleichterung bis hin zu
Begeisterung, denn sie wussten, dass SER in
Schwierigkeiten steckte“, erinnert sich Heissel.
Vor allem aber war die Führungsriege erleichtert.
Sie konnte sich nun endlich wieder voll und ganz
auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, nachdem
sie unter einem Strategiewechsel der Mutter Ende
der Neunzigerjahre gelitten hatte. Gründergeist
Reinhardt war wie viele andere vom New-EconomyFieber angesteckt worden und auf den Zug „Knowledge-Management“ aufgesprungen. Ziel war es,
ein neues Standbein aufzubauen. „Das erforderte
leider auch von unserer Seite Managementkapazitäten und den Einsatz unserer Entwickler und Vertriebsleute. Die Folge war zu unserem Ärger eine
Vernachlässigung des Kerngeschäfts. Unsere Kunden haben mit dem Kopf geschüttelt und sich vernachlässigt gefühlt, wie sich im Nachhinein herausstellte“, beklagt der neue CEO.
Für eine Abnabelung war es also höchste Zeit. „Die
wichtigsten Kunden habe ich schon vor dem Closing telefonisch informiert. Alle anderen Großkunden haben wir dann besucht.“ Allerdings kündigten sich bei den ersten Informations- und Akquisetouren erste Schwierigkeiten an. Obwohl Forbatech
auf der operativen Ebene immer sehr unabhängig
von der Mutter agierte, hatte SER dem Vertrieb der
Tochter viele Vorteile gebracht. „Wir haben erstens
von der Größe und vom Bekanntheitsgrad der SER
profitiert. Sie war eines der ersten Unternehmen
am Neuen Markt. Unsere Kunden haben damals die
Finanzkraft unserer Mutter als fast unerschöpflich
betrachtet. Wir sind deshalb leichter an Aufträge
herangekommen.“
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Administration
Forschung & Entwicklung
Marketing & Vertrieb
Größte Veränderung seit dem MBO
Erweiterung der einköpfigen Geschäftsführung um einen CFO und einen Vertriebsvorstand
Größte Herausforderung seit dem MBO
Aufbau eigener interner Unternehmensstrukturen und Prozesse/Abläufe sowie die
Professionalisierung der Kundenbindung
Diese weggebrochenen Vorteile versucht das flügge gewordene Unternehmen nun mit einem stark
verbesserten Key-Account-Management wieder
21
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
vier,
im Unternehmen seit:
CEO
1997
Vertriebsleiter
1998
2 Entwicklungsleiter
1984
Veränderungen in der
Erweiterung der Geschäfts-
Führung seit MBO
führung um zwei Personen
(Vertrieb und CFO)
Veränderungen in der
Steigerung der Mitarbeiter-
Personalstruktur seit MBO
zahl um 10%
aufzuholen. Ein Vertriebsprofi wurde deshalb in
den Vorstand berufen. Jetzt arbeitet die vergrößerte Marketing- und Vertriebsmannschaft auf Hochtouren, um die Kundenzufriedenheit, die Servicequalität und den After-Sales-Service permanent zu
verbessern. „Wir haben hier große Fortschritte erzielt“, freut sich Heissel.
Doch Forbatech hatte sich noch nicht genug von der
Mutter emanzipiert. Ein halbes Jahr nach dem MBO
verursachte ein unerfreuliches Ereignis Kopfschmerzen. „Seit der Insolvenz unseres ehemali-
gen Mutterkonzerns haben wir erhebliche Probleme mit dem Firmennamen. Deshalb haben wir uns
entschieden, dem Unternehmen einen neuen Namen zu geben: Forbatech GmbH. Wir müssen und
möchten nach innen und außen ein neues Image
schaffen.“
Auch in anderen Bereichen löste sich die Nabelschnur zur Mutter nur langsam, zum Teil erst nach
einem halben Jahr. „Auf Grund verschiedener Verträge mit der Mutter nutzen wir noch gemeinsame
Standorte einschließlich der Serviceleistungen wie
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des Cashflows, der zum Abbau der Schulden eingesetzt wird: 20 bis 30 Prozent,
Verschuldungskapazität wurde voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des Managements
20%
20%
35%
65%
60%
Eigenkapital
Fremdkapital (Darlehen Banken)
22
Bank-/Sparguthaben
Darlehen von öffentlichen Instituten, z.B. KfW, DtA
Andere (Beleihung Haus, Lebensversicherung)
„Seit der Insolvenz unseres ehemaligen Mutterkonzerns haben wir
erhebliche Probleme mit unserem Firmennamen. Deshalb haben wir uns
entschieden, dem Unternehmen einen neuen Namen zu geben.“
Thorsten Heissel, Geschäftsführer, Forbatech GmbH
Kantine oder Telefon. Das ist, im Nachhinein betrachtet, auf Grund der wirtschaftlichen Situation
von SER ungünstig und trägt momentan zur einer
Verschlechterung der Stimmung untereinander
bei. Besser wäre ein radikaler Schnitt beim Verkauf
gewesen.“
Viel angenehmere Beziehungen gibt es dagegen zu
den anderen Töchtern von SER. Sie liefern Produkte, die Forbatech direkt an die Kunden weiterverkauft. Sie tragen etwa 15 bis 20 Prozent zum Gesamtumsatz bei, und das soll langfristig auch so
bleiben. Dabei existieren sehr strenge Verträge
über die Kundenbeziehungen. „Weder die anderen
Töchter noch wir dürfen die Kunden des anderen direkt beliefern“, erklärt Heissel.
Relativ zügig und problemlos verliefen in den ersten Monaten nach dem MBO die administrativen
Anpassungen. Dazu zählten die Einführung eines
eigenständigen Rechnungswesens, (Projekt-)Controllings, Marketings und Personal-Recruitings. Die
Mitarbeiterzahl stieg um 10 Prozent. Die dadurch
gestiegenen Personalkosten finanziert das Unternehmen aus dem Cashflow. CEO Heissel bekam neben dem Vertriebsvorstand auch einen Finanzchef
zur Stärkung. Gemeinsam entschieden sie, welche
Software oder Softwaremodule abgebaut und welche durch F&E zusätzlich gestärkt werden sollten.
Nach dem ersten, turbulenten Jahr seit dem MBO
ist CEO Heissel zufrieden mit den Fortschritten seiner Mannschaft. Forbatech blickt nun zielgerichtet
in die Zukunft. Mit deutschen und europäischen ITUnternehmen finden Gespräche statt, um sie als
Kooperationspartner für die gemeinsame Produktentwicklung zu gewinnen. Mittelfristiges Ziel ist die
Expansion innerhalb Europas. Bislang ist das
Unternehmen in Deutschland, Österreich und Luxemburg aktiv.
In gemeinsamen Workshops mit den Mitarbeitern
und in Strategieseminaren mit dem frisch gegründeten Beirat werden alle Beteiligten auch in den
kommenden Jahren das Softwareunternehmen
zum Erfolg führen. Heissel ist sich sicher: „Wir stehen erst am Anfang.“
Kennzahlen
Umsatz 2001
16 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
110
Marktposition
70% Marktanteil
vor dem MBO
in Deutschland
Marktposition
unverändert
nach dem MBO
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
2001
2002
(MBO)
(erw.)
Umsatz
+
+
EBIT
+
o
Mitarbeiterzahl
+
+
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
2001
2002
(MBO)
(erw.)
Verschuldungsgrad
3
3
Eigenkapitalquote
4
4
Liquidität
3
3
23
4. Spin-off der Metro AG
Vom Tellerwäscher zum Millionär
MacFash und HannoverFinanz mit überraschend schnellem Exit
Deal-Steckbrief
Unternehmen
MacFash Textil GmbH,
Sitz in Frechen
Branche
Textileinzelhandel
(45 Filialen in Deutschland
Ursprünglich planten der Textileinzelhändler MacFash und die HannoverFinanz fünf bis sieben Jahre
für den Exit ein. Doch es kam anders. Der Schweizer Marktführer Vögele übernahm MacFash drei
Jahre nach dem MBO und bescherte den Beteiligten eine traumhafte Rendite.
zum Zeitpunkt des MBOs)
MBO
1997
Mutterunternehmen
Metro AG
Finanzinvestor
HannoverFinanz Gruppe
(Commerz UBAG, Provincial
Beteiligungs GmbH)
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Anteile Management
51%
Anteile Finanzinvestor
49%
Exit
2000, Verkauf an die
Schweizer Vögele-Gruppe
(ursprünglich waren
fünf bis sieben Jahre
eingeplant)
Reinhard Gorissen war mehr als erfreut, als er hörte, dass sich die Metro AG im Jahr 1996 entschlossen hatte, ihr Portfolio zu bereinigen. Der Geschäftsführer von MacFash, seit 1984 eine Textileinzelhandelstochter von Metro, kann ein Lied von
den Problemen mit der Mutter singen. Ein heikles
Thema waren die „aufgezwungenen Synergien“ in
den Bereichen Einkauf, EDV und Rechnungswesen.
MacFash kaufte bei den gleichen Lieferanten ihre
Ware ein wie die anderen Modetöchter. „Wir hatten
zwar phantastische Konditionen. Aber die Sortimente der Töchter waren dadurch sehr ähnlich.
Keine konnte sich am Markt profilieren“, beklagt
Gorissen die Einkaufsstrategie.
Auch die einheitliche Konzern-IT sei viel zu schwerfällig für den kleinen Textilhändler gewesen. „Die
EDV deckte von der Konservendose bis zum Pelzmantel alles ab. Das hatte mit unseren Bedürfnissen nichts zu tun.“ Ärgerlich war außerdem, dass
fast täglich eine vereinzelte Information von
24
„irgendeiner Stabsstelle im Konzern“ angefordert
wurde. Zudem raubten die regelmäßigen Treffen
mit den verschiedenen Bereichen der Mutter
enorm viel Zeit. „Bei den Meetings mit dem Vorstand wollte jeder gut abschneiden. Das führte zur
Vernachlässigung des Alltagsgeschäfts, weil jeder
kurzfristig schöne Zahlen gebastelt hat.“ In der
Fehlbesetzung der Geschäftsführerpositionen läge
ohnehin der größte Fehler vieler Konzerne. Und natürlich sorgte die Konzernumlage für Konflikte.
Kein Wunder also, dass Gorissen in der Abnabelung die Rettung sah. In den Achtzigerjahren hatte
sich die Kölner Metro über zahlreiche Akquisitionen und Neugründungen zu einem Mischkonzern
gewandelt. Mit einem Wechsel im Vorstand erfolgte auch eine Änderung der Strategie: Es sollten nur
Töchter zum Konzern gehören, die mindestens die
Nummer drei im Markt waren oder auf einen Umsatz von 500 Millionen Euro zusteuerten. „Unsere
MacFash-Gruppe gehörte definitiv nicht zu den
Auserwählten. Wir waren ungefähr die Nummer 30
im Markt und haben gerade mal 70 Millionen Euro
Umsatz erwirtschaftet“, sagt Gorissen, der damals
zur dreiköpfigen Geschäftsführung gehörte.
Trotz der Spannungen zwischen Mutter und Tochter
hatte Gorissen, der bereits in den Siebzigerjahren
„Persönlich wäre ich ruiniert gewesen, wenn es nicht geklappt hätte.
Aber ich wusste um die brachliegenden Potenziale der Firma.“
Reinhard Gorissen, ehemaliger Geschäftsführer, MacFash Textil GmbH
in die Metro-Gruppe eintrat, einen guten Draht zur
Mutter. Während Metro die Verträge mit seinen beiden Geschäftsführerkollegen nicht verlängerte,
vertraute der Konzern Gorissen die ersten Verhandlungsgespräche über einen Verkauf der MacFash an: Metro leitete die potenziellen Käufer, welche die beauftragte Investmentbank vermittelte,
direkt an Gorissen weiter.
Als Favorit galt zunächst ein strategischer Investor
aus den Niederlanden. „Da habe ich echte Synergiepotenziale gesehen. Aber die waren in ihrer Entscheidungsfindung zu schwerfällig und hätten am
liebsten für die nächsten 20 Jahre jedes Detail
kleinlich geplant. Die Bürokratie und Kontrolle wären hier womöglich noch schlimmer als bei der Metro gewesen. Schade!“ bedauert Gorissen. Als
schließlich drei weitere Versuche mit Wettbewerbern scheiterten, schlug er seinem Vorstand vor,
das Unternehmen selber über ein ManagementBuy-out (MBO) zu kaufen. Dieser staunte zwar, gab
aber sein Einverständnis und verfolgte mit Spannung, wie Gorissen die Finanzierung auf die Beine
stellte.
Das war in der Tat nicht einfach, denn die Branchen
Handel und Textil gelten in Deutschland nicht gerade als sichere und profitträchtige Märkte. Die
Hausbank, seinerzeit die Commerzbank, fädelte
den Kontakt zur Beteiligungsgesellschaft HannoverFinanz Gruppe ein. „Ich habe auch mit zwei anderen Finanzinvestoren gesprochen, um nicht alle
Karten auf ein Pferd zu setzen. Die HannoverFinanz
hat am schnellsten reagiert und entschieden. Das
war wichtig, denn meine Suche nach Kapital verschlang Zeit und ging zu Lasten der Firma.“ Zudem
stand die Metro unter Zeitdruck, da die Desinvestitionen schnell vorgenommen werden sollten. „Um
den Kaufpreis wurde eine halbe Stunde gefeilscht,
Hauptsache, der Deal war vom Tisch“, erinnert sich
der ehemalige MacFash-Chef.
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Systeme und Strukturen
(z.B. Produktsortiment)
Neue Filialen
Qualifizierung Personal
Größte Veränderung seit dem MBO
Zusammenlegung des Ein- und Verkaufs
Gorissen war sich des Risikos des MBOs bewusst.
„Persönlich wäre ich ruiniert gewesen, wenn es
nicht geklappt hätte. Aber ich wusste um die brachliegenden Potenziale der Firma.“ Die kannten auch
die leitenden Mitarbeiter, die Gorissen einen Tag
vor dem geplanten Closing in die Geheimnisse einweihte. „Ich musste sichergehen, dass die Mannschaft auch hinter dem MBO steht. Glücklicherweise waren alle erleichtert, endlich die Geschäfte
selbst in die Hand zu nehmen.“
Größte Herausforderung seit dem MBO
Aufbrechen der Organisations- und
Hierarchiestrukturen
Endlich konnte er das Geschäftsmodell umsetzen,
das die MacFash auf Kurs bringen sollte. Er war sich
seines Erfolges gewiss, denn schon unter der Me25
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
eine, im Unternehmen seit:
CEO
1984,
bei der Metro AG
seit 1970
Veränderungen in der
Keine
Führung seit MBO
Veränderungen in der
Verringerung der
Personalstruktur seit MBO
Mitarbeiterzahl (unter 5%)
tro-Gruppe hatte er seine Ideen bei einer „Versuchsfiliale“ getestet. Dort hatte er das Sortiment
verändert und anders im Laden positioniert, intensive Gespräche mit den Mitarbeitern geführt und
Schulungen geleitet. Die Zahlen gaben ihm Recht:
Der Umsatz stieg um knapp 50 Prozent. „Dieser positive Test war übrigens ausschlaggebend für das
Investment der HannoverFinanz.“
Nach Vertragsabschluss läutete der Chef schließlich die ersten Veränderungen ein. Er packte MacFash gleich bei den Schwächen, die aus der Strate-
gie der Mutter resultierten: beim Sortiment und bei
der Sortimentsverteilung in den Läden. Zusammen
mit den Filialleitern wurde ein neues Konzept für
die Sortimentsstruktur aufgestellt und ein Musterladen entwickelt, der klare Vorgaben an die Verteilung der Ware im Geschäft machte. Gleichzeitig
überließ Gorissen seinen Angestellten mehr Freiheit, zum Beispiel bei der Auswahl der Mitarbeiter.
Eine neue EDV und das Rechnungswesen wurden
aufgebaut. Die Einkäufer, bei Metro verwöhnt
durch unbegrenzte Finanzmittel, lernten relativ
schnell, mit Geld zu wirtschaften.
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des Cashflows, der zum Abbau der Schulden eingesetzt wird: 20 Prozent,
Verschuldungskapazität wurde voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des Managements
10%
12,5%
20%
12,5%
44%
31%
Eigenkapital Finanzinvestor
Eigenkapital Management
Eigenkapital (nachrangige Darlehen Finanzinvestor)
Fremdkapital (Darlehen Banken)
26
70%
Bank-/Sparguthaben
Darlehen von öffentlichen Instituten, z.B. KfW, DtA
Hausbankdarlehen
Das alles verlief relativ reibungslos. Ein weiterer
Einschnitt zwang den Geschäftsführer dagegen zu
mehr Zeit und Geduld: das Aufbrechen der traditionellen Organisationsstrukturen im Einzelhandel.
Die klassische Trennung von Einkauf und Verkauf
hob Gorissen auf, weil „sie schlichtweg falsch ist.
Die Einkäufer sagen, dass mit besseren Verkäufern
die Ware nicht in den Regalen liegen bleiben würde. Die Verkäufer sagen, sie könnten besser verkaufen, wenn sie die richtige Ware hätten. Man
muss beide zusammenführen.“ Das sei aber alles
andere als einfach gewesen, da die Einkäufer in der
Regel eine sehr große Entscheidungsfreiheit genössen und sich im Organigramm immer gerne ein
Stück über den anderen sähen. „Durch viele, zum
Teil langwierige Gespräche überzeugte ich zehn
der zwölf Einkäufer von der neuen Struktur.“ Die
anderen beiden konnten nicht umdenken. An Entlassungen dachte Gorissen nicht, er wollte zunächst abwarten, wie MacFash seinen Weg geht.
Eine weitere Herausforderung war das Verhandeln
mit den Lieferanten. Einige hatten dem neuen
„Kleinen“ gleich schlechtere Konditionen gegeben.
Andere ließen sich nur dank des Verhandlungsgeschicks auf eine Verlängerung der sehr günstigen
Lieferkonditionen der Metro ein. Im Gegenzug
konnten aber auch neue Einkaufsquellen gewonnen werden, vor allem in der Türkei.
„Das, was wir durch die Metro an Massenvorteilen,
zum Beispiel beim Einkauf, hatten, haben wir durch
Schnelligkeit und Flexibilität mehr als kompensiert“, fasst Gorissen zusammen und freut sich
über den Motivationsschub, durch den die Mitarbeiter das Unternehmen aktiv vorangetrieben haben. Vermisst hat die Mutter niemand mehr. MacFash nutzte zum Teil zwar noch die Importagentur
der Metro, ging aber sonst einen eigenen Weg. Umsatzverflechtungen mit der Metro oder anderen
Töchtern gab es nicht.
Dann kam plötzlich die Überraschung. Der Schweizer Bekleidungsfilialist Charles Vögele Holding AG,
der im Jahr 1999 an die Börse gegangen war, wollte MacFash mit seinen 45 Standorten kaufen. Das
Angebot war so lukrativ, dass sich Gorissen und die
HannoverFinanz auf den Deal einigten. Das war im
Jahr 2000. Heute ist Gorissen frei und unabhängig
und immer noch angesteckt vom Unternehmergeist. Er arbeitet als selbstständiger Berater für
Standortfragen. Für ihn hat sich seine Entscheidungs- und Risikofreude bereits gelohnt.
Kennzahlen
Umsatz 1999
58,8 Millionen Euro
Mitarbeiter 1999
300
Marktposition
ca. Nummer 30
vor dem MBO
in Deutschland
Marktposition beim Exit
unverändert
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
1997
1998
1999
(MBO)
Umsatz
+
+
–
EBIT
+
+
–
Mitarbeiterzahl
–
+
–
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
1997
1998
1999
(MBO)
Verschuldungsgrad
3
3
3
Eigenkapitalquote
3
3
3
2–3
2–3
2–3
Liquidität
27
5. Spin-off der VAW aluminium AG
(E.ON-Konzern)
Hart wie Stahl
Erftcarbon und Bridgepoint Capital investieren in neue Fertigungsanlage
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Erftcarbon GmbH & Co. KG,
Sitz in Grevenbroich
Branche (Hauptprodukt)
Stahl- und
Aluminiumindustrie
Für die Erftcarbon GmbH & Co. KG kam nach dem
Auktionsverfahren nur ein Käufer in Frage: Die
britische Bridgepoint Capital war die einzige
Private-Equity-Gesellschaft, die bereit war, mit einer Investition von 20 Millionen Euro die Anlagen
auf den neuesten Stand zu bringen.
(Elektroden und Kathoden)
Buy-out
Finanzinvestor
1998
Bridgepoint Capital GmbH
(ehem. Natwest Equity
Partners)
Mutterunternehmen
VAW aluminium AG
(Tochter der E.ON,
2002 an die norwegische
Hydro verkauft)
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
acht Monate
Präsentation bis zum
Vertragabschluss
Anteile Management
15 Prozent
Anteile Finanzinvestor
85 Prozent
Geplanter Exit vom
vier bis sechs Jahre
Zeitpunkt des MBOs
28
Keine Investitionen mehr. Sehr simpel und deutlich
lautete die Botschaft der VAW aluminium AG, einer
Tochter von E.ON. Dr. Joachim Hank leitete zu jenem
Zeitpunkt einen Geschäftsbereich, der Kohlenstoffund Graphitprodukte für die Stahl- und Aluminiumindustrie herstellte. VAW wollte sich dagegen vollständig auf das Kerngeschäft Aluminium konzentrieren. „Mir war bewusst, dass unser Geschäftsbereich nicht mehr in das Portfolio der VAW passte“, sagt Hank.
Fest stand, dass die Einheit veräußert werden sollte. Das funktionierte aber nicht von heute auf morgen. „Ich wusste, dass wir zunächst unseren Geschäftsbereich aus dem Konzern herauslösen und
eine selbstständige rechtliche Einheit schaffen
mussten. Sonst hätten wir niemals einen Käufer gefunden“, erklärt Hank. Die Mutter VAW überließ die
weiteren Schritte Hank und seinen Kollegen. Und
das bedeutete Sisyphusarbeit.
Die Ausgliederung der Geschäftseinheit, der so genannte Carve-out-Prozess, dauerte insgesamt über
ein Jahr. Zunächst wurde der Standort Grevenbroich aufgeteilt, an dem noch zwei weitere Geschäftsbereiche der VAW tätig waren. Die bis dahin
gemeinsam genutzten Serviceeinheiten wie zum
Beispiel die Werkstätten mussten zugeordnet und
räumlich getrennt werden. Die Verwaltung mit
Buchhaltung und Einkauf wurde ebenfalls auf die
Geschäftsbereiche aufgeteilt. Dann erfolgte die
Vermessung des Grundstücks, das mit Gebäuden,
Maschinen und Anlagen auf die neu gegründete
VAW Carbon GmbH, eine 100-prozentige Tochter
der VAW aluminium AG, übertragen wurde. „Kompliziert war die Ausgliederung nicht, dafür aber
äußerst arbeits- und zeitaufwendig. Allerdings hätten wir ohne die Unterstützung des Betriebsrates
sicherlich Probleme bekommen, da wir auf die
volle Unterstützung der Belegschaft angewiesen
waren.“
Während der Carve-out-Prozess voll im Gange war,
steckte die Mutter bereits vorsichtig die Fühler
nach einem Käufer aus. Erste Gespräche mit den
Wettbewerbern fanden statt. Hank, der schon in
den Siebzigerjahren zur VAW gekommen war und
das Vertrauen seines Vorstandes genoss, nahm an
diesen Gesprächen teil. Sein großer Einfluss und
Handlungsspielraum kamen ihm dabei zugute. Die
strategischen Investoren zählten nicht zu den favorisierten Käufern, weil sie unter anderem in der Regel die Führungspositionen gerne mit eigenen Leuten besetzen. Viel wichtiger war das folgende Argument: „Wir brauchten einen finanzstarken Käufer“, erklärt Hank. Mit anderen Worten: Die frisch
gegründete Tochter brauchte etwa 20 Millionen Euro, um in eine Anlage zum Graphitieren zu investieren, die nach dem Investitionsstop bei VAW nicht
mehr wettbewerbsfähig war. Die Wettbewerber
konnten diese Mittel nicht bereitstellen.
Die existenzielle Frage lautete also: Welcher Käufer
könnte solch eine Investition stemmen? Über ein
Auktionsverfahren meldeten sich zwar ungefähr
zehn Interessenten. Schnell zeigte sich aber, dass
nur der Finanzinvestor Bridgepoint Capital GmbH
zum Kauf und zur Weiterentwicklung der Gesellschaft bereit war. „Der Kaufpreis und der Investitionsbedarf lagen ungefähr in der gleichen Größenordnung. Die Finanzierung war daher eine
besondere Herausforderung des Deals, der im
Übrigen ein Asset-Deal war“, sagt Dr. Wolfgang
Lenoir, Geschäftsführer von Bridgepoint Capital in
Deutschland.
Für Hank war der britische Finanzinvestor ohnehin
nach verschiedenen Gesprächen der Wunschpartner. „Bridgepoint hat verstanden, worum es uns
ging. Ihr ernsthaftes Interesse zeigte sich auch darin, dass sie zur ersten Unternehmenspräsentation
gleich Vertreter von zwei Banken mitbrachte. Das
hat mich beeindruckt.“
Nach dem Closing erhielt das „wieder geborene“
Unternehmen zunächst einen neuen Namen: Erftcarbon GmbH & Co. KG. Dann ging es sofort an die
Arbeit. „Es sollte für unsere Kunden, Lieferanten
und Mitarbeiter keine Verbindungen mehr zu VAW
geben. Dann folgte der Bau der Graphitierungsanlage. „Sie verbraucht ein Drittel weniger Strom, benötigt nur die Hälfte an Personal und verdoppelt
den Output. Wir konnten unsere Produktivität insgesamt um 20 Prozent steigern.“ Zur Effizienzsteigerung beigetragen haben auch die Restrukturierungsmaßnahmen, die den gesamten Produktionsund Arbeitsprozess flexibilisieren. „Wir können
Nachfrageschwankungen nun besser ausgleichen.
Hierbei hilft vor allem ein flexibles Arbeitszeitmodell mit Jahresarbeitszeitkorridoren.“
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Änderung der Technik
Kapazitätsausbau im Bereich Graphitierung
Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen
Größte Veränderung seit dem MBO
Investition in eine neue Fertigungsanlage
Größte Herausforderung seit dem MBO
Flexibilisierung der Arbeitsprozesse und
Optimierung des Produktionsprozesses
29
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
vier
Veränderungen in der
2001 ging der Geschäfts-
Führung seit MBO:
führer Technik in den
Ruhestand. Die Position
wurde nicht wieder besetzt.
Knackpunkte in den Bewertungsfragen
Prognose der Produktpreis- und der
Kostenentwicklung
Höhe der notwendigen Investitionen
Drohende Eventualverbindlichkeiten
(Umweltrisiken) und Gewinnausschüttung
an den Vorbesitzer
Das Management wusste, dass es seiner Belegschaft viel an Veränderungsgeist und -willen abverlangt. Nicht alle wollten diesen Wandel unterstützen. „Der Mann an der Maschine hatte kein Problem, sich flexibleren Schichtmodellen anzupassen. Schwierigkeiten gab es eher auf der zweiten
und dritten Führungsebene“, berichtet Hank. „Einige fühlten sich schlichtweg überfordert.“ Das hatte
Konsequenzen: Einige Positionen in der technischen Führung wurden mittlerweile mit neuen
Mitarbeitern besetzt.
Obwohl die Mitarbeiterzahl insgesamt seit dem
MBO konstant geblieben ist, erforderte der Wandel
auch eine Veränderung in der Personalstruktur: Auf
der einen Seite reduzierte sich durch die Optimierung des gesamten Arbeits- und Produktionsprozesses die Mitarbeiterzahl. Auf der anderen Seite
brauchte Erftcarbon dank der Produktionssteigerung mehr Arbeitskräfte.
die Einführung eines Cash-Managements erfolgte
schnell.
Mehr Zeit dagegen benötigten das Umdenken und
die starke Orientierung an den Kennzahlen. Während die ehemalige Mutter VAW bei anstehenden
Investitionen die Berechnung der Wirtschaftlichkeit forderte, will der Finanzinvestor dagegen ganz
genau wissen, wann wie viel Cash in die Kasse
fließt.
So wurde das MBO finanziert
Finanzierungsstruktur des MBOs
11%
1%
44%
Die Anpassungen in den anderen Bereichen verliefen dagegen reibungslos. Einkauf und Vertrieb
lagen auch schon zu VAW-Zeiten in den Händen der
Tochter. Erftcarbon bezieht seit Jahren seine Rohstoffe bei den gleichen Lieferanten. Überschneidungen mit Kunden der Mutter gab es nicht. Auch
30
44%
Eigenkapital Finanzinvestor
Eigenkapital Management
Mezzanine inkl. Gesellschafter-Darlehen von Bridgepoint
Fremdkapital (Darlehen Banken)
„Der Mann an der Maschine hatte kein Problem, sich flexibleren
Schichtmodellen anzupassen. Schwierigkeiten gab es eher auf
der zweiten und dritten Führungsebene.“
Dr. Joachim Hank, Geschäftsführer, Erftcarbon GmbH & Co. KG
Die harte Arbeit des Umbaus und des Umdenkens
hat sich gelohnt. Die Umsätze sind seit dem MBO
gestiegen. Allerdings kämpft Erftcarbon im Jahr
2002 mit Ergebnisrückgängen. Dies resultiere zum
einen aus der Konjunkturkrise. „Zum anderen haben unsere Konkurrenten ihre Lager massiv abgebaut und dadurch die Preise kaputtgemacht.“ Erftcarbon reagierte auf diese Entwicklung mit dem
Rückzug aus dem USA-Geschäft. Dort liegt die
Stahlindustrie am Boden, und sie generierte ohnehin nur minimale Umsätze für die Deutschen. Zudem passte Hank die Lieferkonditionen an, „um
früher an Geld zu kommen. Wir haben aber noch
genügend Cash, um den Tilgungsplan zu erfüllen,
der aus dem MBO hervorging.“
Trotz der Probleme auf der Ertragsseite bereut
Hank nicht, den Schritt ins Unternehmertum gewagt zu haben. „Die Freiheiten sind heute größer,
und wir sind in Europa jetzt wieder ein schlagkräftiger Wettbewerber. Ich erwarte, dass es nächstes
Jahr aufwärts geht, und dann bereitet das Geschäft
wieder richtig Freude.“
Kennzahlen
Umsatz 2001
93, 9 Millionen Euro
EBIT 2001
11,3 Millionen Euro
Jahresüberschuss 2001
4,4 Millionen Euro
Markposition
Nummer 3 in Europa
nach dem MBO
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
1998
1999
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Umsatz
o
–
+
+
–
EBIT
o
–
–
+
–
Mitarbeiterzahl
o
o
o
o
o
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
1998
1999
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Verschuldungsgrad
3
4
4
3
3
Eigenkapitalquote
3
3
3
3
3
Liquidität
3
3
3
3
3
31
6. Spin-off der Danone-Gruppe
Al dente – mit Biss
Birkel und BdW auf Nudelhochzeit
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Birkel Teigwaren GmbH,
Sitz in Waiblingen
Branche (Produkte)
Lebensmittelindustrie
(Nudeln)
MBO
1998
Mutterunternehmen
Danone-Gruppe
Finanzinvestor
Beteiligungsgesellschaft
Der Nudelhersteller Birkel befand sich noch mitten
in der Restrukturierung, als der Mutterkonzern
Danone den Verkauf verkündete. Als die Verhandlungen mit französischen und italienischen Interessenten scheiterten, ergriff das Management die
Initiative und führte ein MBO durch. Gemeinsam
mit dem Finanzinvestor BdW hat Birkel seit dem
MBO zwei Wettbewerber übernommen und will
den Markt weiter konsolidieren.
für die deutsche Wirtschaft
GmbH (BdW)
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
sechs Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Management
40% (nach dem MBO
zunächst 51%)
Anteile Finanzinvestor
40% (nach dem MBO
Die Birkel Teigwaren GmbH hat ein turbulentes
Jahrzehnt hinter sich. Im Jahr 1990 kaufte Danone
das 1874 gegründete Familienunternehmen. Ein
Jahr später fusionierte Birkel mit den Firmen TAG
Nahrungsmittel und Sonnen Bassermann. Im Jahr
1998 verkaufte Danone die deutsche Tochter im
Rahmen eines Management-Buy-outs (MBO), da
die Franzosen Mineralwasser, Joghurt und Gebäck
als neue Kernkompetenzen definierten.
zunächst 49%)
Anteile VK Mühlen
20%
Geplanter Exit zum
explizit kein Exit
Zeitpunkt des MBOs
vorgesehen
32
Die Entscheidung kam für Dr. Werner Hildenbrand
überraschend. Er war 1994 als Geschäftsführer zu
Birkel gekommen, um das Unternehmen zu restrukturieren. „Wir steckten noch mitten im Umbau. Ich habe gezweifelt, ob wir einen Käufer finden würden, der die Maßnahmen unterstützt und
bezahlen kann“, erinnert sich Hildenbrand. Danone sprach zunächst mit der Beteiligungstochter der
französischen Großbank Paribas. Nach einer Absage wandte sich der Konzern an den italienischen
Pastaspezialisten Barilla.
Hildenbrand nahm an den Verhandlungsgesprächen teil. „Mein Gefühl sagte mir, dass der Deal mit
Barilla nicht klappen könnte. Ich dachte mir: Warum nicht selbst den Laden übernehmen?“ Er besprach seine Gedanken mit den beiden engsten
Kollegen aus Produktion und Vertrieb, die sich gerne von der Idee anstecken ließen.
Also schrieb der damals angestellte Manager im
März 1998 einen Brief an den Danone-Präsidenten
und schlug ihm ein MBO als Lösung vor. Auch seine Vorstellung vom Kaufpreis nannte er. Anders als
der industrielle Interessent verlangte er dabei aber
keine Garantieerklärungen. Zweitens hob er den
positiven Imageeffekt hervor, weil Danone das
Unternehmen nicht hin und her schiebe, sondern
es wieder in seine ursprüngliche mittelständische
Unabhängigkeit zurückführte. Und drittens würden
Arbeitsplätze aufgebaut, was unter Barilla fraglich
gewesen wäre.
Nach dem Brief war erst einmal Funkstille. Im April
1998 scheiterten die Verhandlungen mit Barilla
endgültig. Die Chance für das Management: „Ich
habe den Finanzvorstand von Danone auf meinen
Brief angesprochen. Er bat mich darum, ihm fünf
Minuten Zeit zu geben“, erzählt Hildenbrand.
„Dann ging er hinaus und telefonierte. Es war zur
Zeit der Fußballweltmeisterschaft. Als er zurückkam, sagte er nur: Der Ball ist bei Euch.“
Nun war der erste Schritt geschafft. Das Management würde die Nudelsparte Birkel übernehmen.
Der andere Bereich, Sonnen Bassermann, ging an
den amerikanischen Ketchup-Riesen Heinz. Doch
wie das Ganze finanzieren? Hildenbrand machte
sich zusammen mit seinen beiden Kollegen auf die
Suche nach einem Finanzinvestor – und wurde bei
der Beteiligungsgesellschaft für die deutsche Wirtschaft (BdW) fündig.
Die BdW war der einzige Finanzinvestor, der nicht
die Mehrheit am Unternehmen beanspruchte, sondern sich mit 49 Prozent zufrieden gab. „Ich war da
vielleicht ein bisschen forsch und unerfahren, aber
ich wollte die Kontrolle über das Unternehmen haben.“ BdW hat außerdem ein langfristiges Engagement akzeptiert, das heißt, die Frage des Exits
spielte keine wesentliche Rolle bei den Verhandlungen. Wie kam Hildenbrand überhaupt auf die
Idee, ein MBO durchzuführen? „Es hing sicherlich
mit meinem Umfeld zusammen“, meint er im Rück-
blick. „Ziemlich viele Unternehmer und Selbstständige. Und meine Eltern waren ihr Leben lang Unternehmer.“
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Nach dem MBO ging es dann mit der Restrukturierung weiter. Kurz zum Hintergrund: Birkel schrieb
seit Beginn der Neunzigerjahre rote Zahlen. Grund
allen Übels war der erbitterte Preiskrieg, den sich
die deutschen Marktführer Birkel und 3 Glocken
seit den Achtzigerjahren lieferten. „Wir leiden heute noch unter den schlechten Margen, das sind die
Nachwehen des Konkurrenzkampfes.“
Zwei Akquisitionen
Produktion
Restrukturierung
Größte Veränderung seit dem MBO
Restrukturierung 2002
Der härteste Einschnitt, der mit dem Verkauf des
Unternehmens einherging, war die Stilllegung des
Werkes in Endersbach bei Stuttgart. Die Produktion
wurde aus Effizienzgesichtspunkten auf Mannheim
konzentriert. Die Verwaltung inklusive Vertrieb und
Marketing blieb dagegen in Waiblingen, um die Belegschaft nicht noch stärker zu strapazieren. Die
Reaktionen der Mitarbeiter auf den Verkauf waren
daher sehr unterschiedlich. Die Endersbacher zeigten sich entrüstet, die Mannheimer dagegen erleichtert, denn sie wussten, dass unter Barilla auch
ihre Arbeitsplätze gefährdet gewesen wären.
Größte Herausforderung seit dem MBO
Über die aktive Marktkonsolidierung
in Deutschland und über neue Produktsortimente mehr Marktanteile gewinnen
Die Mitarbeiter in Endersbach standen nun vor der
Wahl. Entweder sie akzeptierten den großzügigen
33
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
drei,
im Unternehmen seit:
CEO
1994
Produktion
1975
Vertrieb & Marketing
1994
Veränderungen in der
eine (Ruhestand)
Sozialplan von Danone, oder sie nahmen das Risiko auf sich, den Wohnort zu wechseln und für ein
„neu“ gegründetes mittelständisches Unternehmen zu arbeiten. „Diese Art Eigenselektion hatte
zur Folge, dass die motiviertesten und die risikofreudigsten Leute zu uns kamen. Das war uns nur
recht.“
Führung seit MBO
Für den Umbau von Birkel erhielt Hildenbrand
Rückendeckung aus Paris. Die Konzepte, die das
deutsche Management entwickelt hatte, überzeugten die Franzosen, so dass sie die Restrukturierungskosten für die Werkschließungen und die Verlagerung von Maschinen und Kapazitäten übernahmen. Das Verhältnis zur Mutter war ohnehin gut.
„Danone hat uns vertraut und uns immer freie Hand
gelassen“, lobt Hildenbrand. Birkel genoss eine
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Marktentwicklung
Umweltrisiken
Finanzinvestor verlangte für ein Jahr eine
Bürgschaft des Managements zusätzlich
zum Eigenkapital
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des Cashflows, der zum Abbau der Schulden eingesetzt wird: 100%,
Verschuldungskapazität wurde nicht voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
5%
50%
Eigenkapital Finanzinvestor
Eigenkapital Management
Nachrangige Darlehen Finanzinvestor
Fremdkapital (Darlehen Banken)
34
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des Managements
5%
40%
50%
Bank-/Sparguthaben
Hausbankdarlehen
50%
„Ich war da vielleicht ein bisschen forsch und unerfahren, aber ich
wollte die Kontrolle über das Unternehmen haben.“
Dr. Werner Hildenbrand, Geschäftsführer, Birkel Teigwaren GmbH
hohe Eigenständigkeit beim Einkauf, bei der Produktion und beim Vertrieb. „Außerdem bekamen
wir immer finanzielle Unterstützung, wenn wir sie
brauchten. Vom Erfahrungs- und Wissensaustausch mit den anderen Töchtern habe ich selbst
sehr profitiert.“
Trotz der Vorteile, die die Mutter brachte, ist Hildenbrand nun froh, sein eigener Herr im Haus zu
sein. Denn einen großen Nachteil gab es vor dem
MBO: 30 bis 35 Prozent seiner Arbeitszeit verbrachte er mit Reisen und Meetings in Paris. Nach
dem Deal hatte er endlich Zeit, sich voll auf die
Wachstumsstrategie von Birkel zu konzentrieren.
Ziel war die Konsolidierung der Wettbewerber, um
den ruinösen Preiskampf zu stoppen. Mit der Übernahme der 3 Glocken GmbH ein Jahr nach dem MBO
und der Möwe Teigwaren GmbH im Jahr 2001 ist
Birkel seinem Ziel ein Stückchen näher gerückt.
Zur Wachstumsstrategie zählt auch der Ausbau des
Vertriebs. Zum einen drängt Birkel in den Absatzmarkt der Großverbraucher. Zum anderen wird der
Export nach Russland und in die baltischen Staaten
langsam aufgebaut. Hiervon verspricht sich Hildenbrand allerdings keine allzu großen Wachstumsschübe, da „Nudeln ein regionales und vor allem ein italienisches Geschäft sind“. Weiterhin will
Birkel vor allem mit neuen, kreativen Produkten
den Wettbewerbern Marktanteile abjagen. „Wir
decken mit unserem Sortiment mittlerweile alles
von preisgünstiger Mischware bis zu hochpreisigen Nudelspezialitäten ab. Damit werden wir für
den Handel interessanter, da er von uns alles aus
einer Hand bekommt.“
Kennzahlen
Umsatz 2001
150 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
460
Marktposition
Marktführer in Deutschland
vor dem MBO
Marktposition
unverändert
nach dem MBO
Als Markenhersteller leidet Birkel ganz besonders
unter der Abwanderung der Konsumenten hin zu
Billigprodukten und Handelsmarken. Der Teigwarenmarkt wächst zwar jährlich um 6 bis 7 Prozent,
allerdings nicht zu Gunsten der Marken. Hinzu
kommt, dass im Jahr 2001 die Rohstoffpreise um 30
Prozent in die Höhe geschossen sind. „Diese Kostensteigerung können wir nicht durch Preiserhöhungen kompensieren.“ Birkel hat bereits mit einer
Reduzierung der Produktionsschichten reagiert.
Während zuvor aus den Werken sieben Tage lang
Nudeln rollten, wird heute nur noch an fünf Tagen
produziert. Kein Zweifel, auf dem Nudelmarkt wirbelt zurzeit ein starker Gegenwind. Doch Hildenbrand bereut seinen Schritt in die Selbstständigkeit nicht und trotzt dem Sturm. „Wir werden auch
dieses schwierige Jahr meistern und mit unserer
Strategie langfristig erfolgreich sein.“
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(Angaben inkl. Übernahmen der 3 Glocken GmbH
im Jahr 2000 und der Möwe Teigwaren GmbH im Jahr
2001, +=steigend, o=stabil, –=fallend)
1998
1999
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Umsatz
o
o
+
+
o
EBIT
–
+
–
o
o
Mitarbeiterzahl
–
–
+
+
o
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
1998
1999
2000
2001
4
4
3
(MBO)
Verschuldungsgrad
1
2002
(erw.)
3
Eigenkapitalquote
4
3
3
3
3
Liquidität
4
4
4
3
2
35
7. Spin-off der Caradon plc.
Mit Durchblick
Weru und Triton trotzen der Baukrise
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Weru AG, Sitz in Rudersberg
Branche (Produkte)
Wohnungsbauindustrie
(Fenster und Türenbau
aus Kunststoff, Holz und
Aluminium)
MBO
Mutterunternehmen
1999
Caradon plc.
Als der Finanzinvestor Triton 1999 beim Fensterund Türenbauer Weru AG einstieg, waren beide
Partner fest davon überzeugt, dass die Baubranche das Tal der Tränen hinter sich lassen würde.
Das Gegenteil ist aber der Fall, in der Branche geht
es nunmehr seit acht Jahren kontinuierlich bergab.
Daher mussten die Partner ihre ursprünglich vereinbarte Wachstumsstrategie anpassen und die
Kosten massiv senken.
(Großbritannien)
Finanzinvestor
The Triton Fund
Rechtsform vor
AG
dem Buy-out
Dauer von der ersten
acht Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Finanzinvestor
98,5% der Aktien
(TFB Fenster-Beteiligungs
GmbH, im Besitz der Fenster
Holding GmbH)
Anteil Management
Es ist am Kapital der Fenster
Holding GmbH beteiligt
Anteil des Cashflows,
50 bis 70%
der zum Abbau der
(Verschuldungskapazität
Schulden eingesetzt wird
wurde nicht voll
ausgeschöpft)
Geplanter Exit vom
Zeitpunkt des MBOs
36
sechs bis sieben Jahre
„Wir brauchten eine Zeitlang, bis wir wirklich die
Sprache des anderen verstanden“, erinnert sich
Walter Had. Der Vorstandsvorsitzende der Weru AG
in Rudersberg bei Stuttgart hatte nach der Übernahme durch den Triton Fund im Jahr 1999 das Gefühl, am Finanzinvestor vorbeizureden, weil dieser
wiederholt und beharrlich nach allen möglichen
Zahlen fragte. Dr. Matthias Hillmann wiederum, der
das Investment für Triton durchgeführt hatte, war
sich nie sicher, ob das vorgelegte Zahlenwerk das
schwäbische Unternehmen richtig wiedergab oder
nicht doch zusätzliche Informationen relevant sein
könnten.
Heute kennen sich beide sehr gut und wissen die
Fragen des Partners zu interpretieren. „Verständnis und vor allem Vertrauen ist besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten unerlässlich. Wir arbei-
ten sehr hart, um das Unternehmen in einer brachliegenden Bauwirtschaft voranzutreiben“, sagt
Had. Entgegen den Erwartungen, die Baubranche
würde sich ab 2001 erholen, befindet sie sich
weiterhin auf Talfahrt. Weru muss daher Umsatzund Ertragseinbußen verkraften. Bereits im Jahr
2001 war der Umsatz um etwa 12 Prozent gefallen,
für das Jahr 2002 wird eine ähnliche Größenordnung erwartet. Der Rückgang schmerzt. Doch ohne
den Finanzinvestor – da sind sich Had und Hillmann einig – sähe es wohl um einiges schlechter
aus.
Was war passiert? Das Unternehmen ist in Deutschland Marktführer im Fenster- und Türenbau. Seine
Tradition reicht bis zur Gründung im Jahr 1843 zurück. Im Jahr 1995 wurde Weru vom britischen
Mischkonzern Caradon plc. gekauft. Die Briten ließen die Schwaben zwar in ihrer Struktur und Unabhängigkeit unberührt. Sie setzten lediglich einen
eigenen Mann auf den Finanzposten, der für ein
strenges und regelmäßiges Reporting sorgte. Allerdings gab es einen sehr großen Einschnitt beim
Einkauf: Caradon wollte Synergien nutzen und
setzte auf Global Sourcing. Auf einmal musste zum
Beispiel ein bestimmtes Glas aus Malaysia bezogen werden, das aber dann prompt nicht in die
Fensterrahmen passte. „In unserem Geschäft ar-
beiten wir mit Spezialanfertigungen, da müssen
die Maße exakt stimmen. Ein Global Sourcing
macht bei unserer handwerklichen Struktur in der
Kunststoffverarbeitung einfach keinen Sinn“, erklärt Had.
Die Konflikte zwischen den britischen Einkäufern
und den deutschen Fachabteilungen schwelten,
Unmut und Unzufriedenheit machten sich breit. Die
Briten erkannten zwar auch das Problem, sahen
sich aber nicht zum Handeln gezwungen. Als
schließlich ein Wechsel in der Führung von Caradon
stattfand, wurde entschieden, komplett aus der
Bauindustrie auszusteigen und alle Fensterbeteiligungen in den USA, Großbritannien und Deutschland abzustoßen. Had, der 1997 zu Weru kam, freute sich über diese Entscheidung. Nachdem er bei
zwei kleineren, börsennotierten Mittelständlern
bereits im Vorstand tätig gewesen war, konnte er
sich durchaus vorstellen, über ein ManagementBuy-out (MBO) endlich auch unternehmerisch aktiv
zu werden. Über eine Auktion, an der strategische
Interessenten und Finanzinvestoren teilnahmen,
fiel die Wahl des Managements auf Triton. Dabei
genoss das selbstbewusste Management das volle
Vertrauen der Mutter. „Wir hatten immer ein gutes
Verhältnis zu den Briten. Die fragten uns, wen wir
haben wollten, und wir antworteten: Triton.“ Die
strategischen Investoren waren recht früh aus dem
Rennen ausgeschieden, weil ihnen der Kaufpreis
zu hoch erschien.
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Had fiel es nicht schwer, in das unternehmerische
und das finanzielle Risiko zu gehen. „Ich weiß, welches Potenzial in unserem Unternehmen steckt.
Außerdem haben wir es mit einem professionellen
und vertrauenswürdigen Partner zu tun, hinter dem
Investoren wie Sal. Oppenheim und Ikea stecken.“
Bei seiner Entscheidung haben ihm wohl auch seine Erfahrungen mit Caradon geholfen, auf die er
nicht verzichten mag: „Ich habe sehr von der Internationalität profitiert. Die Führungskräfte der Töchter haben sich regelmäßig zum Austausch getroffen, mit dem Ziel, die Arbeitsprozesse zu verbessern. Viel gelernt habe ich auch von der sehr einfach strukturierten und geradlinigen Managementphilosophie „Keep it simple“. Wir Deutschen sind
oft viel zu kompliziert in der Entscheidungsfindung.“
Die Mitarbeiter reagierten relativ gelassen auf die
Verkaufspläne, die Had von Beginn an offen kommunizierte. Sie waren es bereits gewöhnt, dass die
Anteilseigner ihres Unternehmens regelmäßig
wechselten. Weru hatte sich 1989 bereits von einem Familienunternehmen zu einem börsennotier-
Neue Produkte
IT
Effizienzsteigerung
Rationalisierung in den Werken Triptis
und Rudersberg
Größte Veränderung seit dem MBO
Effizienzsteigerung und Erschließung
neuer Vertriebswege, unter anderem für
das Projektgeschäft; Stärkung des Unternehmertums
Größte Herausforderung seit dem MBO
Die Abhängigkeit von der deutschen
Baubranche durch Innovation und Expansion
in neue Produkte und Märkte reduzieren
37
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
14
(1. und 2. Führungsebene),
ten Unternehmen mit einem Freefloat von 60 Prozent entwickelt. Erst 1995 folgten die Briten als
Mehrheitsgesellschafter, die den Freefloat auf 5
Prozent reduzierten.
im Unternehmen seit:
CEO
1997
CFO
2002
Vorstand Technik
2001
Veränderungen in der
2002 wurde ein CFO
Führung seit MBO
ins Unternehmen geholt,
2001 ein Vorstand Technik
Veränderungen in der
Reduzierung
Personalstruktur
um knapp 7%
seit MBO
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Marktentwicklung
Preisentwicklung
Kostensenkungspotenzial
38
Als die Partner die Verträge 1999 unterzeichneten,
stand die Wachstumsstrategie von Weru fest. Ziel
war es, organisch zu wachsen und den Marktanteil
in Deutschland zu erhöhen. Hierfür investierte Weru mit Unterstützung von Triton vor allem in die Entwicklung neuer Produkte, unter anderem in Fenster
mit höchsten Sicherheitsstandards, in Wintergärten und in Aluminiumfenster. Dabei waren die
Schwaben allerdings davon ausgegangen, dass
sich die Bauindustrie spätestens im Jahr 2001 erholen würde. „So hatten es auch das ifo-Institut
und andere einbezogene Experten prognostiziert“,
sagt Had.
Doch die Bauindustrie liegt Ende 2002 noch immer
am Boden, der erhoffte Aufschwung blieb bislang
aus. „Seit 1999 ist das Marktvolumen im Wohnungsbau um 55 Prozent eingebrochen. Weru
musste seitdem 20 Prozent seines Umsatzes einbüßen“, beklagt Hillmann, räumt allerdings ein,
dass Weru damit im Wettbewerbsvergleich gut gefahren sei. Die Fensterspezialisten schreiben im
Gegensatz zu Wettbewerbern noch schwarze Zah-
len. Das liegt vor allem an der erfolgreichen Einführung neuer Produkte, die seit dem MBO entwickelt wurden. Doch die ursprünglich formulierte
Wachstumsstrategie musste angepasst werden.
Konkret bedeutet dies seit 2001: Kosten reduzieren
und alternative Vertriebswege erschließen.
Die Einschnitte auf der Kostenseite waren besonders hart. Mit der Entlassung von rund 220 Mitarbeitern sparte man zunächst etwa 15 Prozent bei
den Personalkosten ein. Es ging ans Eingemachte:
Die gesamten Arbeits- und Produktionsprozesse
wurden durchleuchtet, um die Kosteneinsparpotenziale ausfindig zu machen. Weru verzichtete da-
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des
Managements
50%
Bank-/Sparguthaben
Andere (z.B. Beleihung Lebensversicherung, Haus)
50%
„ Es ist sehr schwer, Hierarchien aufzubrechen und jeden Mitarbeiter dazu zu bewegen,
die eigenen Mängel aufzudecken. Besonders, wenn das Damoklesschwert der Personalkürzungen über den Mitarbeitern schwebt.“
Dr. Walter Had, Vorstandsvorsitzender, Weru AG
bei bewusst auf einen externen Berater und schaltete stattdessen die gesamte Belegschaft in den
Prozess ein. Die Motivation der Mitarbeiter war und
ist dabei der Schlüssel. „Es ist sehr schwer, Hierarchien aufzubrechen und jeden Mitarbeiter dazu zu
bewegen, die eigenen Mängel aufzudecken. Besonders, wenn das Damoklesschwert der Personalkürzungen über den Mitarbeitern schwebt. Wir
schaffen das nur durch eine sehr offene und intensive Kommunikation mit unseren Mitarbeitern“, ist
Had überzeugt. Weru habe neben den Personalkürzungen bereits weitere Fortschritte auf der Kostenseite erzielt. Hierzu zählten zum Beispiel die Reduzierung von Logistik- und Materialkosten sowie die
Optimierung des Produktsortiments durch die Einführung einer Plattformstrategie.
Auch bei der Erschließung neuer Vertriebswege ist
Weru in die Offensive gegangen. Neu ist das Projektgeschäft. Weru vertreibt jetzt nicht mehr nur
über Fachbetriebe, die hauptsächlich den Markt
der Ein- bis Zweifamilienhäuser bedienen, sondern
akquiriert nun bei Architekten, bei Generalunternehmern und bei Wohnbaugesellschaften. Hierfür
gründete Weru eine eigene Vertriebs- und Projektgesellschaft. Ein Großauftrag aus diesem neuen
Geschäft ist zum Beispiel der Bau von 4.000 Fenstern für die Siemens AG. Zudem beliefert Weru nun
Fertighausbauer. Zur neuen Vertriebsstrategie
zählt auch die internationale Expansion. Um sich
von der heimischen Baubranche weniger abhängig
zu machen, will Weru im Ausland wachsen. „Darüber hinaus eröffnen sich attraktive Zukaufmöglichkeiten“, sagt Hillmann. Um die Finanzierung und
die Strukturierung von Übernahmen wird sich der
Finanzinvestor kümmern. „Triton ist bereit, zusätzliche Mittel zu investieren.“
Triton steht zu seinem Investment, auch in diesen
schweren Zeiten. „Andere hätten vielleicht schon
das Handtuch geschmissen. Wir haben sogar vor
einem Jahr noch einmal weiteres Kapital in Weru
gesteckt, weil wir vom langfristigen Erfolg überzeugt sind“, sagt der Finanzinvestor. Auch Had ist
optimistisch. „Wir sind mit unserem Produktsortiment und neuen Vertriebskanälen schlanker und
wettbewerbsfähiger als 1999. Durch die Optimierung des gesamten Geschäftsprozesses werden
wir überdurchschnittlich profitieren, wenn der
Markt wieder anzieht.“ Bis zum Aufschwung werden die Partner weiterhin eng zusammenarbeiten
und in ihren monatlichen Treffen weitere Offensivstrategien austüfteln und deren Umsetzung effektiv vorantreiben. Eines steht in diesen stürmischen
Zeiten für Had fest: Er würde sich auch heute für ein
MBO entscheiden.
Kennzahlen
Umsatz 2001
158,86 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
1.314 im Jahresdurchschnitt
EBT 2001
1,0 Millionen Euro
Marktposition
ca. 7% in Deutschland
vor dem MBO
(Fenster für Wohnungsbau)
Marktposition
ca. 14% in Deutschland
nach dem MBO
(Fenster für Wohnungsbau)
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
1999
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Umsatz
–
o
–
o
EBIT
+
–
o
o
Mitarbeiterzahl
–
–
–
–
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
1999
2000
2001
(MBO)
2002
(erw.)
Verschuldungsgrad
1
2
3
3
Eigenkapitalquote
5
3
3
3
Liquidität
5
4
3
3
39
8. Spin-off der Rütgers AG
(RAG-Konzern)
Gas geben
AKsys und die Deutsche Beteiligungs AG gehen auf Akquisitionstour
Deal-Steckbrief
Unternehmen
AKsys GmbH, Sitz in Worms
Branche (Produkte)
Automobilzulieferindustrie
(Akustik- und Kunststoffsysteme)
MBO
2001
Mutterunternehmen
Rütgers AG (RAG-Konzern)
Finanzinvestor
Deutsche Beteiligungs AG
(Lead), Beteiligungsgesellschaft für die
deutsche Wirtschaft BdW,
Süd Private Equity
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
etwa zwölf Monate
Präsentation bis zum
Vertragabschluss
Anteile Management
10%
Anteile Finanzinvestoren
90%
Geplanter Exit zum
fünf bis acht Jahre
Zeitpunkt des MBOs
40
In der Automobilzulieferindustrie kann nur derjenige in der obersten Liga mitspielen, der nicht nur
Komponenten, sondern ganze Systeme anbietet.
Dieses Ziel hat sich die AKsys GmbH gemeinsam
mit ihrem Finanzinvestor Deutsche Beteiligungs
AG gesetzt. Sie wollen mit Übernahmen weiterer
Wettbewerber zu einem schlagkräftigen Systemlieferanten werden.
„Für uns kam die Verkaufsentscheidung überraschend. Wir gehörten eigentlich zum Kerngeschäft
und haben immer gute Erträge erwirtschaftet“, erinnert sich Dr. Bernhard Ruffing. Der Mutterkonzern, die Rütgers AG, veräußerte im Jahr 2001 sein
gesamtes Automobilgeschäft, um sich noch stärker
auf die Chemie- und Kunststoffindustrie zu konzentrieren. Zur Automobilsparte gehörten die drei
Geschäftsfelder Akustik (CWW Gerko Akustik
GmbH), Kunststoff (RKT Kunststoffe GmbH) und
Reibbeläge (Rütgers Automotive AG). Während die
Reibbeläge in die Hände des Wettbewerbers TMD
Friction übergingen, übernahm der Finanzinvestor
Deutsche Beteiligungs AG die anderen beiden Bereiche im Rahmen eines Management-Buy-outs
(MBO).
Für die Veräußerung der Autosparte gab es zwei
wesentliche Gründe. Zum einen musste Rütgers
mehrere größere Übernahmen verdauen. Die Akquisitionen nahmen die finanziellen Mittel stark in
Anspruch und erzwangen die Suche nach zusätzlichen Kapitalquellen. Zum anderen war die Automotive-Sparte sehr heterogen und nicht mit einer
einheitlichen Strategie zu führen. „CWW und RKT
waren sich hinsichtlich der Kundengruppe recht
ähnlich. Aber mit den Reibbelägen gab es keine gemeinsamen Anknüpfungspunkte“, sagt Ruffing,
der vor dem MBO Geschäftsführer bei CWW Gerko
war. Hinzu kam, dass der Akustikbereich ein Joint
Venture mit der Gründerfamilie war, die noch 40
Prozent hielt.
Ruffing gibt gerne zu, dass es dem Unternehmen
im Rütgers-Konzern recht gut ging. Im Gegensatz
zu vielen Konzerntöchtern litten CWW und RKT nie
unter einem Investitionsstau. Im Gegenteil: „Da wir
ja zum Kerngeschäft gehörten, ist bei uns in den
letzten Jahren vor allem in die Entwicklungszentren
und die Anlagentechnik Kapital geflossen.“ Zudem
war der Akustikspezialist nicht so sehr von der üblichen Ergebnisabführung betroffen, weil der Minderheitsgesellschafter darauf bestand, das Geld
im Unternehmen zu lassen. So wurde auch die Aus-
landsexpansion vorangetrieben. In den USA baute
CWW einen eigenen Standort auf und erwarb noch
vor dem MBO die Mehrheit des Joint-VentureUnternehmens in Spanien.
Obwohl Ruffing den Verkauf weder erahnt noch erwartet hatte, ist er überzeugt, dass der Weg in die
Unabhängigkeit der richtige war. Denn nun können
er und seine drei Geschäftsführerkollegen endlich
in die Richtung marschieren, die sie schon länger
im Visier haben: Sie wollen ein großer, schlagkräftiger Systemlieferant für die Automobilhersteller
werden. Um das Ziel zu erreichen, musste dann
„nur“ noch der richtige Partner unter den etwa 20
Kaufinteressenten gefunden werden, die an dem
Auktionsverfahren teilnahmen. „Nach zahlreichen
Präsentationen und Gesprächen kristallisierte sich
die Deutsche Beteiligungs AG als der einzige Finanzinvestor heraus, mit dem wir uns vorstellen
konnten, unsere Strategie umzusetzen.“
Helmut Irle, Mitglied im Vorstand der Deutschen
Beteiligungs AG, erkannte das Potenzial für eine
Buy-and-Build-Strategie. „Wir wollen die Gruppe
durch Übernahmen von einzelnen ertragsstarken
Firmen stärken, um für die Autohersteller ein wichtiger Partner zu werden. Unser Ziel ist eine Ver-
dopplung des Umsatzes innerhalb von fünf Jahren.“ Den Worten folgten Taten. Nur zehn Monate
nach dem MBO wurde die bayerische Faist Automotive KG übernommen. Die Akquisition stärkt vor
allem die Produktbereiche Schall- und Hitzeisolierung sowie Kunststoffe.
Als das MBO unter Dach und Fach war, wurde als
erster symbolischer Schritt der neue Firmenname
bekannt gegeben: AKsys (Akustik-Kunstoffsysteme). „Mitarbeiter und Kunden sollten sehen, dass
hier ein ganz neues Unternehmen entsteht: ein
Systemlieferant“, erklärt Ruffing. Irle fügt hinzu:
„Psychologisch ist der neue Name sehr wichtig.
Einerseits hat niemand von CWW oder RKT das Gefühl, dass der eine den anderen übernommen hat.
Andererseits ist es nun leichter, weitere Unternehmen in die Gruppe zu integrieren.“
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Übernahme eines weiteren Unternehmens
mit komplementärer Produktpalette
Maßnahmen zur Integration der
Unternehmen
Größte Veränderung seit dem MBO
Umstrukturierung der Geschäftsleitung
in vier funktionale Bereiche und Bildung
von Produktbereichsschwerpunkten
Größte Herausforderung seit dem MBO
Die Taufe war leicht. Schwieriger dagegen ist die
Zusammenführung der mittlerweile drei Unternehmen. Management und Finanzinvestor haben hierfür gemeinsam Maßnahmen erarbeitet, die sie nun
schnell und gründlich durchführen müssen. Zunächst erfolgte die funktionale Aufgabenaufteilung
in der Geschäftsführung in die Bereiche Vertrieb &
Marketing, Entwicklung, Finanzen & Controlling
Integration der Töchter in eine Unternehmensgruppe
41
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
vier,
im Unternehmen seit:
und Produktion. Folglich ist allerdings an manch einem Standort, an dem es zu früheren Zeiten eine
Geschäftsleitung gab, für die Mitarbeiter eine Neuorientierung notwendig geworden.
Alle waren mehrere Jahre
bei CWW oder RKT in
verschiedenen Funktionen
tätig
Veränderungen in der
keine
Führung seit MBO
Veränderungen in der
Steigerung um 42%
Personalstruktur seit MBO
durch die Akquisition eines
weiteren Unternehmens
„Einige Mitarbeiter wussten anfangs nicht, wen sie
bei Fragen oder Problemen ansprechen sollten“,
sagt Ruffing. Schritt für Schritt übernehmen nun
die Mitarbeiter neue Verantwortungsbereiche. In
anderen Feldern wird dagegen Verantwortung eher
verlagert. Zum Beispiel soll der Vertrieb, der bisher
stark produktorientiert war, jetzt übergreifender
über alle Sparten arbeiten. Für manch einen Vertriebsmann bedeutet das eine anspruchsvolle Veränderung seiner Aufgaben.
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Plausibles Zahlengerüst und Ertragserwartungen
Umweltrisiken
Gewährleistungen und Garantien
Diese Veränderungen führen natürlich zu Diskussionen. „Dem Informationsbedarf der Mitarbeiter
begegnen wir Geschäftsführer mit einer offenen
Kommunikation. An allen Standorten in Deutschland haben wir Informationsveranstaltungen organisiert, damit unsere Mitarbeiter verstehen, woher
die Veränderungen rühren und welche Absicht dahinter steckt. Das ist enorm wichtig“, weiß Ruffing.
Die „Aufklärungsarbeiten“ tragen schon Früchte.
Insgesamt sei die Unsicherheit innerhalb der Belegschaft so gut wie verflogen. „Das liegt auch da-
42
ran, dass der Betriebsrat das MBO unterstützt hat,
um die Standorte und die Arbeitsplätze zu sichern.
Sein Vertrauen in das Management und in uns hat
der Belegschaft Sicherheit gegeben“, ergänzt Irle.
Außerdem wurden, wie versprochen, keine Mitarbeiter entlassen. „Es finden nur Umschichtungen
statt, indem wir Führungskräfte identifizieren, die
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des Cashflows, der zum Abbau der Schulden
eingesetzt wird: 75%, Verschuldungskapazität
wurde nicht voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
39,6%
49%
11%
Eigenkapital Finanzinvestor
Eigenkapital Management
Mezzanine
Fremdkapital (Darlehen Banken)
0,4%
„Wir mussten sehr klar kommunizieren, dass unser Geschäft stabil
weiterläuft und wir mit dem Finanzinvestor genauso stark sind wie zuvor,
wenn nicht sogar stärker.“
Dr. Bernhard Ruffing, Geschäftsführer, AKsys GmbH
bereit sind, sich neuen Aufgaben zu stellen und
Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Ruffing.
Neben der Integration der Unternehmen und der
Motivation der Mitarbeiter wartete eine weitere
Herausforderung: Bei einigen Kunden musste
AKsys zunächst Vertrauen schaffen. Sie reagierten
auf den Verkauf mit Skepsis, weil der Konzern im
Rücken für Sicherheit bürgte. „Wir mussten sehr
klar kommunizieren, dass unser Geschäft stabil
weiterläuft und wir mit dem Finanzinvestor genauso stark sind wie zuvor, wenn nicht sogar stärker.“
Vertriebschef Ruffing musste sich auch aus einem
weiteren Grund intensiv um die Kunden bemühen.
Der Verkaufsprozess mit Rütgers hat sich über ein
Jahr lang hingezogen, weil der Konzern den Verkauf
seiner Automobilsparte angekündigt hatte, ohne
im Vorfeld Gespräche mit potenziellen Käufern zu
führen. Die Folge: „Wir haben Aufträge nicht erhalten, weil die Kunden sich über unsere Zukunft Sorgen machten.“
Insgesamt hat AKsys bislang bewiesen, dass sie
sehr gut ohne den Schutzmantel der Mutter auskommt. Die Umbau- oder Aufbaumaßnahmen sind
seit dem MBO gut gelungen. Dazu zählt vor allem
auch der Aufbau eines eigenen Cash-Manage-
ments. Dem Finanzmann, der sich schon seit Jahren um die finanziellen Belange bei CWW und RKT
gekümmert hatte, fiel die Umstellung nicht schwer.
Selbstbewusst schreitet die neue Gruppe auf dem
Weg zum Systemlieferanten voran. Die ersten Synergien sind bereits sichtbar. Ehemalige RKT- und
CWW-Leute fahren gemeinsam zu den Kunden. In
Mexiko wird der Standort nicht nur für die Kunststofftechnik, sondern auch für die Akustik genutzt.
Und Ruffing genießt die neue Freiheit. „Alle Entscheidungen treffen wir jetzt für uns selbst. Das
motiviert und bereitet Freude. Ich blicke unserer
Zukunft sehr zuversichtlich entgegen.“
Kennzahlen
Umsatz 2001
262 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
1.750
Marktposition
Top 10 in Europa
vor dem MBO
Marktposition
Top 5 in Europa (nach der
nach dem MBO
Akquisition von Faist
Automotive KG)
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(Angaben inkl. der Übernahme der Faist Automotive KG
im Oktober 2002; +=steigend, o=stabil, –=fallend)
2000
2001 (MBO)
2002 (erw.)
Umsatz
+
+
+
EBIT
+
+
+
Mitarbeiterzahl
o
o
+
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
2000
2001 (MBO)
2002 (erw.)
Verschuldungsgrad
3
3
3
Eigenkapitalquote
4
4
4
Liquidität
3
3
3
43
9. Spin-off der Siemens AG
Nachgebohrt
Sirona und Permira schaffen neue Unternehmensidentität
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Sirona-Gruppe (Sirona Beteiligungs- und Verwaltungs
GmbH, Sitz in Bensheim)
Branche (Produkte)
Dentale Ausrüstungsgüter
(Röntgengeräte, Instrumente,
Behandlungseinheiten,
Dentale CAD-/CAM-Systeme)
MBO
1997
Mutterunternehmen
Siemens AG
Finanzinvestor
Fonds, die von der Permira
Beteiligungsberatung GmbH
(zum Zeitpunkt des MBOs
Schroders & Partner Beteiligungsberatung GmbH)
beraten werden
Rechtsform vor
Geschäftsfeld
dem Buy-out
der Siemens AG, während
des Verkaufprozesses in
eine KG eingebracht
Dauer von der ersten
fünf Monate
Präsentation bis zum
Vertragsabschluss
Anteile Management
4,4%
Anteile Finanzinvestor
95,6%
Geplanter Exit vom
vier bis sechs Jahre
Zeitpunkt des MBOs
44
Gestern noch ein integrierter Geschäftsbereich im
Siemens-Konzern, der für Sicherheit stand, dann
plötzlich ein Mittelständler mit einem unbekannten Finanzinvestor im Rücken: Das MBO bei der
Sirona-Gruppe stellte das Management vor eine
besondere Herausforderung, weil das Vertrauen
der Mitarbeiter dahinschwand. Um es wiederzugewinnen und eine neue, eigene Unternehmensidentität zu schaffen, investierte das Dentaltechnikunternehmen kräftig in die Personalpolitik.
nahme der Dentalsparte, die seit den Sechzigerjahren nicht in München, sondern in Bensheim bei
Darmstadt angesiedelt war. Der Grund für die Abspaltung lag hauptsächlich in der unterschiedlichen Vertriebsstruktur. Während die sehr kostspieligen Siemens-Hightech-Geräte direkt an die
Kliniken vertrieben werden, gelangen die Dentaltechnikprodukte über Zwischenhändler an die
Zahnarztpraxen. Synergien beim Vertrieb existierten also nicht.
Der Schock saß tief. Nachdem die Siemens AG ihre
Dentalsparte an das Management und die vom Finanzinvestor Permira (früher Schroder & Partner)
beratenen Fonds veräußert hatte, wurden zunächst
200 Mitarbeiter entlassen. Angst und Unsicherheit
griffen um sich. Wie schaffte man es nun, die Mitarbeiter zu überzeugen, dass ein mittelständisches
Unternehmen mindestens genauso schlagkräftig
sein kann wie ein Konzern? Und schneller und flexibler auf Krisen reagieren kann, um das Überleben
zu sichern? Diese Fragen waren für die SironaGruppe die zentralen Themen nach dem Management-Buy-out (MBO).
Mit dem Herauslösen der Dentalsparte aus dem
Konzern, auch Carve-out genannt, brachte Siemens
die Einheit in eine Kommanditgesellschaft ein. Der
neue Firmenname Sirona wurde von einem früheren Produktnamen aus den Achtzigerjahren übernommen. Dann fiel der Startschuss für das Auktionsverfahren, die ersten Gespräche mit potenziellen Investoren liefen zügig an.
Ein kurzer Blick zurück: Siemens hatte Mitte der
Neunzigerjahre die Medizintechnik ganz klar zum
Kerngeschäftsfeld deklariert, allerdings mit Aus-
Obwohl der Verkauf innerhalb von fünf Monaten
verhältnismäßig schnell über die Bühne ging,
steckten in der Financial Due Diligence auf Grund
des Carve-outs einige knifflige Aspekte. „Für uns
war es schwierig, die historischen Daten und die
Projektionen zu analysieren, da die Dentalsparte
ein Teil des Zahlenwerkes des Geschäftsbereiches
Medizintechnik der Siemens AG war“, erinnert sich
Simone Blank, die kaufmännische Geschäftsführerin bei Sirona.
Blank hat viele Jahre als Wirtschaftsprüferin bei
PriceWaterhouseCoopers gearbeitet und im Auftrag der neuen Investoren die Financial Due Diligence bei Sirona durchgeführt. Sie wurde 1999 vom
Vorsitzenden der Geschäftsführung der Sirona in
das Unternehmen gelockt. Die Entscheidung des
Jobwechsels fiel ihr leicht, da sie eine neue Herausforderung suchte: „Ich wollte herausfinden, ob
ich nicht nur im Rückblick Prozesse und Finanzdaten beurteilen, sondern diese auch aktiv gestalten
kann. Als Berater kann man immer sagen: Das hätte ich besser gemacht.“ Reizvoll sei für sie besonders die mittelständische Struktur des Unternehmens gewesen, das eine große Entwicklungsabteilung, eine Fertigung und einen internationalen Vertrieb unter einem Dach vereinte. „Ich kenne
das Unternehmen dank meiner Arbeit als Wirtschaftsprüferin sehr gut. Die Chancen übersteigen
bei weitem das Risiko. Deshalb habe ich mich auch
ohne Wenn und Aber finanziell beteiligt.“
Als der Kaufvertrag unter Dach und Fach war, musste Sirona nun allein zurechtkommen. Operativ
agierten die Bensheimer zwar schon immer unabhängig. Vorteile brachte Siemens aber trotzdem:
Der Mutterkonzern kümmerte sich zum Beispiel um
Grundsatzfragen in den Bereichen Finanzen, Steuern, Rechtsangelegenheiten und Personal. Der
Standort Bensheim wurde immer über die neuen
technologischen Errungenschaften der Medizinsparte informiert und profitierte hiervon. Auch die
Kontakte zu den Siemens-Auslandsgesellschaften
bescherten den Vertriebsleuten zum Teil lukrative
Aufträge.
Bewertung des MBOs
Sirona schaffte es aber, diese zum Teil weggebrochenen Vorteile innerhalb von drei Jahren zu kompensieren. Bereits in den Jahren 2000 und 2001
wuchsen Umsatz und EBIT wieder. Die Gründe hierfür lagen in der Entwicklung und Herstellung neuer
Produkte sowie in Kosteneinsparungen, vor allem
im Einkauf. „Beim Einkauf, den wir auch schon
unter Siemens eingeständig geleitet hatten, sind
wir mit unseren Sparzielen schneller und besser
vorangekommen als erwartet“, erklärt Blank. Zunächst sind die Einkaufssynergien über Siemens
zwar weggebrochen. Mit den Lieferanten handelte
Sirona aber gute Konditionen neu aus und gewann
gleichzeitig neue, spezialisiertere Lieferanten hinzu.
Größte Veränderung seit dem MBO
Die größten Investitionen seit dem MBO
Forschung & Entwicklung
Ausbau der Distributionskanäle
Mitarbeiterentwicklung
Abspaltung des Distributionsbereiches in ein
unabhängig gemanagtes Unternehmen
Größte Herausforderung seit dem MBO
Das Schaffen einer neuen, eigenen Identität
und Ausbau des Marktanteils
Auch im Vertrieb hat sich seit dem MBO einiges getan. Der im Jahr 1997 ebenfalls von der Siemens AG
45
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
1. und 2. Ebene,
im Unternehmen seit:
Komplett neue Führungsriege auf der ersten Ebene
mit dem MBO (CEO, CFO,
Vertriebs- und Marketinggeschäftsführer)
Veränderungen in der
Führung seit MBO
1. Ebene:
Wechsel CEO sowie Vertriebsund Marketinggeschäftsführer (Ruhestand),
Wechsel CFO (Abspaltung
Distributionsbereich),
Benennung eines
erworbene Dentalfachhandel wurde 1998 auf die
demedis GmbH, eine Schwestergesellschaft der Sirona Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH, abgespalten und wird seitdem von einem eigenständig
operierenden Management geführt. Zudem eroberte Sirona neue regionale Märkte und intensivierte
insbesondere die bestehenden Handelsbeziehungen. Das Ergebnis: Innerhalb von fünf Jahren stieg
der Auslandsumsatz von 50 auf 65 Prozent an. Dabei kommt Sirona in dem einen oder anderen Fall
auch der historisch gewachsene, enge Kontakt zu
den Siemens-Auslandstöchtern zugute. „Wenn Siemens Großaufträge von ausländischen Kliniken bekommt, die auch ihren Dentalbereich neu ausstatten möchten, werden die Anfragen an uns weitergeleitet“, freut sich Blank.
Geschäftsführers für Human
Resources & Services,
2. Ebene:
Etwa ein Drittel der
Führungskräfte wurde
ausgetauscht
Veränderungen in der
Nach dem Buy-out zunächst
Personalstruktur seit MBO
Freisetzung von ca. 200
Mitarbeitern (ca. 15% der
Belegschaft), danach
kontinuierlicher Zuwachs
bei der Mitarbeiterzahl
46
Während die Veränderungen im Ein- und Verkauf
relativ problemlos verliefen, steckte das Management besonders viel Kreativität, Zeit und Geld in
die Personalpolitik. Die Mitarbeiter mussten zunächst einen großen Schock verdauen: Für die Personalreduzierung von 200 Mitarbeitern, zum großen Teil aus der Fertigung und der Verwaltung, wurde ein Sozialplan abgeschlossen. Hinzu kam, dass
dieses MBO eine der ersten größeren Transaktionen dieser Art in Deutschland war. „Keiner wusste
so richtig, wer oder was sich hinter einem Finanz-
investor verbarg“, erklärt Blank die aufgeheizte
Stimmung. „Die meisten Mitarbeiter stufen das Risiko, bei einem Mittelständler angestellt zu sein,
höher ein, als bei einem Konzern zu arbeiten. Der
Job bei Siemens bedeutete für viele eine Beschäftigung auf Lebenszeit. Außerdem hatte man als sehr
guter Mitarbeiter die Chance, für Siemens in die
Welt geschickt zu werden.“
Von all diesen Privilegien galt es nun Abschied zu
nehmen. Um die Motivation der Mitarbeiter zu si-
So wurde das MBO finanziert
(Anteil des operativen Cashflows, der zum Abbau
der Schulden eingesetzt wird: 50 bis 60%,
Verschuldungskapazität wurde voll ausgeschöpft)
Finanzierungsstruktur des MBOs
14%
34%
28%
24%
Eigenkapital Finanz- und andere Investoren
High-Yield-Bonds
Darlehen Banken
Darlehen Verkäufer
„Die meisten Mitarbeiter stufen das Risiko, bei einem Mittelständler angestellt
zu sein, höher ein, als bei einem Konzern zu arbeiten.“
Simone Blank, Kaufmännische Geschäftsführung, Sirona-Gruppe
chern und ihr Vertrauen in die Zukunft zu stärken,
holte Sirona zwei erfahrene Personalexperten von
der Porsche AG ins Boot. Unter ihrer Leitung hat
Sirona Mitarbeiterkonferenzen nach der OpenSpace-Technology ins Leben gerufen: Alle Mitarbeiter waren eingeladen, um über die unterschiedlichsten Themen zu diskutieren. Jeder konnte einen
Beitrag leisten oder eine Frage oder einen Kommentar in die Runde werfen. Die Themen wurden
später strukturiert und zusammengefasst. Von
1.100 Mitarbeitern nahmen gleich beim ersten Mal
fast 900 teil, „ein großes und wichtiges Erlebnis für
alle“, wie Blank sagt.
Aus diesen Erfahrungen hat Sirona dann Leitfäden
für das eigene Erfolgsmanagement abgeleitet. „Die
leitenden Köpfe haben gemeinsam mit ihren Mitarbeitern die Sirona-Erfolgsfaktoren und deren Ausprägungen definiert“, erklärt die Finanzchefin. Jedes Jahr überprüfen alle Mitarbeiter diese Leitlinien und entwickeln Maßnahmen für das nächste
Jahr. „Ich glaube, es ist uns auf diese Weise wirklich gelungen, den Mitarbeitern eine eigene Sirona-Identität zu geben und zu sagen: Das ist Euer
Unternehmen, Ihr könnt gestalten und Euren Input
in Erfolg umsetzen.“ Besonders stolz ist Blank auf
das von Stern Stewart entwickelte Managementund Incentivemodell EVA, das bei Sirona für alle
Mitarbeiter eingeführt wurde. „Jeder außertarifliche Mitarbeiter hat einen variablen Gehaltsanteil,
dessen Ausprägung abhängig von der Unternehmenswertentwicklung ist. Die tariflichen Mitarbeiter setzten einen Anteil ihres Einkommens ins Risiko. Hier haben wir eine Beteiligungsquote von über
90 Prozent. Das ist unseres Wissens einmalig in
Europa.“
Der neue Mitarbeitergeist hat dem Unternehmen in
den letzten Jahren kräftige Umsatz- und Gewinnsteigerungen beschert. Blank sieht Sirona gut für
die Zukunft gerüstet. Das dürfte das gesamte Management und den Finanzinvestor erfreuen, denn
die Unternehmenswertsteigerung seit dem MBO
ist die beste Voraussetzung für einen lukrativen
Exit, der in den nächsten ein bis zwei Jahren vor der
Tür steht. Das wäre dann das dritte Mal, dass Sirona einen neuen Mehrheitsgesellschafter erhält. Im
Jahr 1925 hatte Siemens das 1877 gegründete
Unternehmen gekauft. Wer die Perle nun übernimmt, bleibt spannend.
Kennzahlen
Umsatz 2000/01
278 Millionen Euro
Mitarbeiter 2000/01
1.105
EBIT 2000/01
46,6 Millionen Euro
Marktposition
ca. 12 Prozent
vor dem MBO
Weltmarktanteil
Marktposition
ca. 16 Prozent
nach dem MBO
Weltmarktanteil
Entwicklung Umsatz, EBIT, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
1998
1999
2000
2001
2002
–
o
+
+
o
EBIT
+
o
+
+
o
Mitarbeiterzahl
–
o
o
+
o
(erw.)
Umsatz
Entwicklung Verschuldungsgrad, Liquidität,
Eigenkapitalquote
(1=irrelevant, niedrig, 2=gering, 3=überschaubar,
ausreichend, 4=hoch, 5=sehr hoch)
1998
1999
2000
2001
2002
(erw.)
Verschuldungsgrad
4
4
4
3
3
Eigenkapitalquote
3
3
3
3
3
Liquidität
3
3
3
3
3
47
10. Spin-off der Celanese AG und
der Wacker-Chemie GmbH
Chemie stimmt
Vinnolit und Advent spielen in der Weltliga
Deal-Steckbrief
Unternehmen
Vinnolit GmbH & Co. KG,
Sitz in Ismaning
bei München
Branche (Produkte)
Chemie (Kunststoff PVC
für die Bau-, Automobil- und
Medizintechnikindustrie)
MBO
2000
Mutterunternehmen
Celanese AG (früher Hoechst
AG) und Wacker-Chemie
GmbH (50/50-Joint-Venture)
Finanzinvestoren
Advent International,
M2 Capital
Rechtsform vor
GmbH
dem Buy-out
Dauer von der ersten
elf Monate
Präsentation bis
zum Vertragsabschluss
Anteile Management
9%
Anteile Finanzinvestoren
82%
Anteile Celanese/Wacker
9%
Geplanter Exit vom
drei bis sechs Jahre
Zeitpunkt des MBOs
48
Die Alternative lautete: Verkauf oder (Teil-)Stilllegung der Werke. Die Vinnolit und ihr Management
kämpften beharrlich für die Fortführung ihres
Unternehmens. Sie überzeugten den Finanzinvestor Advent International vom Potenzial des PVCGeschäftes. Mit gewaltigen Investitionen verwandeln sie nun gemeinsam das Unternehmen zu einem der führenden Produzenten Europas.
„Allen Mitarbeitern war bewusst, dass sie nicht
mehr zum Kerngeschäft der Mütter gehörten und
dass die Zukunft des Unternehmens ungewiss
war“, sagt Dr. Josef Ertl, seit Mitte 2001 gemeinsam
mit Hans-Jürgen Zippel Geschäftsführer der Vinnolit GmbH & Co. KG. Die kritische und beunruhigende Frage lautete: Würde Vinnolit verkauft oder aufgegeben? Als der Verkauf im Jahr 2000 im Rahmen
eines Management-Buy-outs (MBO) an den Finanzinvestor Advent International verkündet wurde, waren die Vinnoliter daher erleichtert.
Die Vorbereitungen der Veräußerung hatten bereits
vor einigen Jahren begonnen. Im Jahr 1993 gründeten die Hoechst AG und die Wacker-Chemie GmbH
die Vinnolit als Joint Venture (50:50), um ihr PVCGeschäft auszugliedern und sich auf die Kerngeschäfte zu konzentrieren. Der Grund für die Abspaltung war die zwar schleppende, aber doch ste-
tig voranschreitende Konsolidierung der PVC-Branche, in der die PVC-Sparten von Hoechst und
Wacker-Chemie schlichtweg zu klein waren, um als
aktive Spieler aufzutreten. Sie spielten im fragmentierten Markt, in dem zahlreiche Anbieter mit
zu kleinen und veralteten Anlagen produzierten,
keine große Rolle. „Vor 20 Jahren überlebten in einer ersten Branchenkonzentration 17 von 31 Unternehmen in Westeuropa. Heute sind es elf Gesellschaften. Man geht davon aus, dass sich diese Zahl
in den nächsten Jahren noch einmal halbiert“, sagt
Ertl.
Die Finanzinvestoren haben die Chance der Industriekonsolidierung für eine Buy-and Build-Strategie
längst gewittert. Nicht nur bei Vinnolit, sondern
auch bei den europäischen Wettbewerbern EVC
und Vestolit sitzen Private-Equity-Gesellschaften
mit im Boot. Dabei schwebten den Müttern Celanese und Wacker zunächst industrielle Käufer vor.
Doch Gespräche kamen kaum zu Stande, da die
meisten Unternehmen der Chemiebranche ihre
PVC-Sparte abstoßen wollten. Erst als 1997 und
1998 in Deutschland die ersten größeren Deals mit
Finanzinvestoren in das Blickfeld der Öffentlichkeit
rückten, verfolgten die Mütter die Idee eines Buyouts.
Die Mutterkonzerne gingen auf drei Finanzinvestoren zu und entschieden sich sehr schnell für Advent. „Advent brachte zwei Seniormanager mit, die
beide aus der Chemieindustrie kommen. Sie verfügen über Branchen-Know-how, das für die Entwicklung und Einschätzung des Businessplans in unserem Fall unerlässlich ist.“ Die Knackpunkte bei der
Bewertung der Vinnolit drehten sich im Wesentlichen um zwei Aspekte. „Zum einen lässt sich die
langfristige Entwicklung des PVC-Marktes nur
schwer einschätzen. Die Wachstumsraten in Europa sind gering, in Übersee und in Osteuropa deutlich besser. Zum anderen ist der Markt sehr zyklisch. Preisausschläge von bis zu 30 Prozent innerhalb eines Jahres sind nicht selten.“
Bei dem Deal ging es insgesamt um noch mehr: Advent ermöglichte nach dem Buy-out die Umsetzung
eines äußerst ambitionierten Investitionsprogramms. Das Ziel: Mit neuen, modernsten Fertigungsanlagen sollte die Rückwärtsintegration in
der Wertschöpfungskette erreicht werden, um die
eigene Rohstoffversorgung zu sichern. „Wir vereinen jetzt vier wichtige Veredlungsstufen. Früher
hatten wir nur eine Produktionsstufe in der Hand,
so dass wir die fehlenden Produkte bei unseren
Müttern oder bei Dritten zukaufen mussten. Für die
Unabhängigkeit und die größere, im Unternehmen
verbleibende Wertschöpfung war dieser Schritt
enorm wichtig.“ Mit den neuen Kapazitäten hoffen
Ertl und Zippel „auf der Grundlage einer kostenoptimierten Wertschöpfungskette und einer damit erheblich gestärkten Wettbewerbsfähigkeit“ den
Wert der Vinnolit nachhaltig zu steigern. Seit 1998
wurden über 260 Millionen Euro in die Fertigungsanlagen investiert.
„Die Investition bedeutet sowohl nach innen als
auch nach außen ein Riesensignal. Unseren Mitarbeitern zeigen wir, dass wir an unsere Zukunft glauben, und geben ihnen eine neue Perspektive nach
Jahren der Ungewissheit. Unsere Wettbewerber
wissen nun, dass wir wieder ein ernst zu nehmender Spieler sind.“ Doch der Wandel von konzernmüden zu hoch motivierten Mitarbeitern war nicht
einfach. Ertl weiß: „Eine Transaktion beginnt erst
dann, wenn Außenstehende denken, sie sei mit
dem Closing abgeschlossen. Dann aber müssen
die Firmenkultur und die Organisation wieder neu
belebt und aus dem Personal ein schlagkräftiges
Team gemacht werden.“
Bewertung des MBOs
Die größten Investitionen seit dem MBO
Neue Produktionsanlagen
Beseitigung der Engpässe der vorhandenen
Produktionsanlagen
Vertrieb, Customer-RelationshipManagement, Supply-Chain-Management
Größte Veränderung seit dem MBO
Bau neuer Produktionsanlagen
Größte Herausforderung seit dem MBO
Den Unternehmergeist über interne
Kommunikationsmaßnahmen an alle
Mitarbeiter weitergeben
Beim Einschwören der Belegschaft auf den neuen
Unternehmensgeist half die bereits 1998 entwickelte neue Vision „Leadership in PVC“: Unternehmenswert steigern, Wachstum in ausgewähl49
Führungs- und Personalstruktur
Beteiligte Führungskräfte
zwei Geschäftsführer
und acht Mitglieder der
1. Führungsebene,
im Unternehmen seit:
1. Geschäftsführer
1982 bei der damaligen
Hoechst AG, seit 1998 bei
Vinnolit
2. Geschäftsführer
ten PVC-Segmenten forcieren, Technologie-, Kosten- und Qualitätsführerschaft anstreben.
1970 bei Wacker-Chemie
GmbH, seit 1998 bei Vinnolit
Veränderungen in der
fanden statt,
Führung seit MBO
jedoch nicht im Zusammen-
Die Transaktion bedeutete für die Mitarbeiter – neben einem neuen Selbstbewusstsein – vor allem
aber einen höheren Leistungsdruck. „Der Finanzinvestor bringt Veränderungen in das Unternehmen,
über die sich jeder Mitarbeiter bewusst sein muss.
Dazu zählen vor allem die Messung an den Finanzkennzahlen und die Orientierung an Cash und Liquidität. Dadurch dringt ein höherer Verantwortungsdruck in das ganze Unternehmen.“ Um diese
Veränderung langsam in Vinnolit leben zu lassen,
setzen Ertl und Zippel vor allem auf Kommunikation. „Es gibt für die Mitarbeiter nichts Wichtigeres,
als dass sich die Geschäftsführung selbst – und
nicht eine Agentur oder ein Berater – vor die Mannschaft stellt und berichtet. Nur so kann sie auch das
eigene Commitment und vor allem den Hintergrund
für einschneidende Maßnahmen glaubwürdig rüberbringen.“
Die Geschäftsführung weiß, dass der Erfolg des
MBOs auch in Zukunft ganz wesentlich von dem
hang mit dem MBO
Veränderungen in der
keine, die mit dem MBO
Personalstruktur seit MBO
in Zusammenhang stehen
So wurde das MBO finanziert
Finanzierungsstruktur das MBOs
0,5% 5,5%
Knackpunkte bei den Bewertungsfragen
Starke Zyklizität des Marktes
(Commodity-Geschäft)
Mögliche Umweltrisiken
Nachhaltigkeit der Großinvestitionen
15%
27%
33%
34%
Eigenkapital Management
Eigenkapital Finanzinvestor
Mezzanine
Langfristiges Fremdkapital (Darlehen Banken)
Kurzfristiges Fremdkapital (Darlehen Banken)
50
Finanzierung des Eigenkapitalanteils des Managements
85%
Bank-/Sparguthaben
Darlehen
„Der Finanzinvestor bringt Veränderungen in das Unternehmen. Dazu zählen vor allem
die Messung an den Finanzkennzahlen und die Orientierung an Cash und Liquidität.
Dadurch dringt ein höherer Verantwortungsdruck in das ganze Unternehmen.“
Dr. Josef Ertl, Geschäftsführer, Vinnolit GmbH & Co. KG
Verantwortungsgefühl aller Mitarbeiter abhängt.
Die organisatorischen Voraussetzungen dafür sind
durch die Struktur der ergebnisverantwortlichen
Business-Units gegeben. „Die Manager mischen
sich in unternehmensübergreifende Fragen ein und
denken nicht nur an ihren eigenen Bereich. Das ist
ein wesentlicher Erfolgsfaktor“, freut sich Ertl über
die Veränderungen, die er täglich beobachtet.
Den Müttern trauert niemand hinterher. Heute existieren kaum noch Geschäftsbeziehungen. Lediglich am Produktionsstandort der Wacker-Chemie in
Bayern gibt es noch Überschneidungen. Straßen,
Rohrleitungen, die Kanalisation und die Kläranlage
werden gemeinsam genutzt. Vinnolit geht nun ihren eigenen Weg und will noch größer und stärker
werden. „Wir werden uns aktiv an der weiteren
Konsolidierung der Industrie beteiligen, und wenn
wir die kritische Masse erreicht haben, ist ein Börsengang in besseren Kapitalmarktzeiten nicht ausgeschlossen.“
Kennzahlen (Vinnolit-Konzern)
Umsatz 2001
568 Millionen Euro
Mitarbeiter 2001
1.620
Marktposition
Marktführer in Deutschland,
vor dem MBO
Nummer vier in Europa
Marktposition
unverändert
nach dem MBO
Entwicklung Umsatz, EBITDA, Mitarbeiter
(+=steigend, o=stabil, –=fallend)
2000
2001
2002
Umsatz /Absatz*
+
+
+
EBITDA
+
+
+
Mitarbeiterzahl
0
0
0
(erw.)
*) Auf Grund der Preiszyklizität im PVC-Geschäft hat die Absatzmenge
als Kennzahl die höhere Bedeutung als der Umsatz bzw. entspricht dem
Umsatz in anderen, nicht stark zyklischen Industrien.
51
IV. Stolpersteine und Erfolgsfaktoren
1) Die Gefahren – Warum scheitern MBOs bei Spin-offs?
Auf die Frage nach den Stolpersteinen
eines MBOs bei einem Spin-off nannten
alle Befragten die folgenden Punkte:
52
Für das Management ist entscheidend, dass die
Finanzierung realistisch strukturiert ist. Das
heißt erstens, dass das Unternehmen nicht von
der Last der Schulden erdrückt wird, die aus der
Fremdverschuldung resultieren. Zweitens darf
dem Unternehmen auch in konjunkturell
schwierigen Zeiten nicht die Luft zum Atmen
ausgehen. Liquiditätsengpässe müssen in der
Finanzierungsstruktur einkalkuliert werden.
Sonst kann ein MBO scheitern.
Einhelliger Meinung sind das Management und
die Finanzinvestoren bei einem wesentlichen
Stolperstein eines MBOs bei einem Spin-off:
Nur wenn die Einheit unter dem Mutterkonzern
sehr autark war, gelingt das MBO als Spin-off.
Wenn Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion, Vertrieb und Rechnungswesen mit der
Mutter oder anderen Töchtern vermischt sind,
dauert die Aufbauarbeit zu lang und ist zu teuer. Daran kann solch ein Deal scheitern.
Für den Finanzinvestor ist die Qualität des Managements das wichtigste Investitionskriterium. Da er vom operativen Geschäft in der Regel nichts versteht, ist er auf ein exzellentes Management angewiesen. Wenn das Management
den Aufgaben und der steigenden Verantwortung nach dem Deal nicht gewachsen ist, kann
ein MBO scheitern.
Die befragten Manager und Finanzinvestoren
haben reichlich MBO-Erfahrung und wissen,
dass ein Deal aus einer Vielzahl von Gründen
scheitern kann. Aus seinen persönlichen Erfahrungen über die Gründe für ein mögliches
Scheitern berichtet im Folgenden jeder der Befragten.
A) Wo die beteiligten Manager die Stolpersteine
sehen und welche Ratschläge sie geben
Sein Rat:
„Kämpfen Sie um maximale Anteile, am besten
um die Mehrheit.“
Elmar Hohmann,
Geschäftsführer,
„Suchen Sie einen Hands-off-Investor, das heißt
jemanden, der weder in das operative Geschäft
noch in die Unternehmensstrategie eingreift.“
Katz International
Coasters GmbH & Co. KG
Peter Klenner,
Geschäftsführer,
Bamberger Kaliko GmbH
Die Stolpersteine:
„Die Risiken im Businessplan dürfen nicht
aus dem Bauch heraus überlegt, sondern
müssen nach kaufmännischen Gesichtspunkten
bewertet werden.“
„Man muss zu seinen beteiligten Geschäftsführerkollegen und dem Finanzinvestor
absolutes Vertrauen haben.“
„Sehen Sie ein, dass es ohne einen Finanzinvestor nicht geht.“
„Verhalten Sie sich während der Verhandlungen
dem Mutterkonzern gegenüber loyal. Falls der
Deal platzt, müssen Sie dort weiterarbeiten.“
„Sie müssen entscheidungsfreudig sein.“
Die Stolpersteine:
„Die Kosten des Deals müssen der Ertragslage
angemessen sein.“
„Das Management steht nicht zu 100 Prozent hinter dem Deal und ist der Unternehmerrolle nicht
gewachsen.“
„Die Chancen wurden schöngerechnet.“
„Die geplanten Synergien lassen sich nicht
umsetzen.“
„Die Bewältigung des operativen Geschäfts
und die MBO-Verhandlungen sind eine Doppelbelastung für das Management. Das Tagesgeschäft darf dabei keinen Schaden nehmen.“
53
Sein Rat:
nicht eine Zwischenfinanzierung bereitgestellt
hätte, hätte das MBO nicht geklappt.“
„Schauen Sie sich das Unternehmen genau an.“
„Prüfen Sie, ob die zu Grunde gelegten Prämissen
realistisch sind.“
„Bewerten Sie die zu erwartenden Synergien und
Marktentwicklungen lieber niedriger.“
Sein Rat:
„Schaffen Sie vor Beginn der Gespräche Kostentransparenz. Sonst kann man keine Planzahlen
für den Businessplan ableiten, und der Deal
scheitert schon in seiner Vorbereitung.“
„Stellen Sie sich darauf ein, dass der Prozess
enorm viel Kraft und Zeit kostet.“
besetzt werden, die sich auch schon unter der
Mutter unabhängig von den Konzernvorschriften
verhalten haben.“
„Die vielen Gespräche mit Banken und Finanzinvestoren führen zur Vernachlässigung des
Geschäfts.“
„Als Konzerntochter konnten wir viel Geld
ausgeben, ohne dass nachgefragt wurde.
Plötzlich muss man mit knappen Finanzmitteln
arbeiten. Das sollte man schnell lernen.“
Sein Rat:
Thorsten Heissel.
„Wenn Sie einmal den Gedanken an ein MBO
gefasst haben: Tun Sie es! Man verfügt über
mehr Energie, als man denkt.“
Geschäftsführer,
Forbatech GmbH
Reinhard Gorissen,
Die Stolpersteine:
Ex-Geschäftsführer,
Mac Fash Textil GmbH
„In der Dealphase besteht die Gefahr, dass sich
ein Management so stark um den Kaufprozess
kümmern muss, dass das Geschäft wegbricht.“
Die Stolpersteine:
„Die öffentliche Finanzierung für Existenzgründer
ist viel zu langsam. Wenn der Finanzinvestor uns
„Die Schlüsselpositionen müssen durch selbstständig arbeitende und denkende Mitarbeiter
54
„Sie brauchen Mitarbeiter, auf die Sie sich
100-prozentig verlassen können.“
„Sprechen und überzeugen Sie den Betriebsrat.
Dann ziehen auch die Mitarbeiter mit.“
Sein Rat:
„Lassen Sie sich nicht zum Erfüllungsgehilfen für
die Maßnahmen des Finanzinvestors degradieren. Sichern Sie sich Ihre unternehmerischen
Freiheiten.“
Dr. Joachim Hank,
Geschäftsführer,
Erftcarbon GmbH & Co. KG
Dr. Werner Hildenbrand,
Die Stolpersteine:
Geschäftsführer,
Birkel Teigwaren GmbH
„Die Vorarbeit, also die Ausgliederung in eine
eigenständige, rechtliche Einheit, ist das
Wichtigste und muss deshalb vor der Verkaufsankündigung geschehen sein.“
„Mutter und Tochter müssen beide die Abspaltung
wirklich wollen.“
Sein Rat:
„Einigen Sie sich über die Höhe der Beteiligung
des Managements, bevor es in die kritische
Preisverhandlung geht.“
„Erstellen Sie das Konzept über die zukünftigen
Investitionen vor der Vertragsverhandlung.“
„Versuchen Sie, die Fremdverschuldung so
schnell wie möglich abzubauen.“
„Suchen Sie sich einen Pool von Banken zur
Finanzierung des MBOs, um ein bisschen mehr
Spielraum zu gewinnen.“
Die Stolpersteine:
„Der Finanzinvestor darf das Management nicht
unter Druck setzen und muss es in Ruhe arbeiten
lassen.“
„Im Businessplan sollten so viele Sicherheiten
eingebaut werden, dass das Unternehmen ein
oder zwei schlechte Jahre überleben kann.“
„Es ist weder sinnvoll noch hilfreich, die zu erreichenden Zahlen ganz konkret festzulegen.“
Walter Had,
Vorstandsvorsitzender,
Weru AG
Die Stolpersteine:
„Das Menschliche ist in Krisenzeiten das Entscheidende. Das Vertauen in die Kompetenz des
55
jeweiligen Partners und das Verständnis für seine Situation sind besonders wichtig. Persönliche
Eitelkeiten sind hier fehl am Platz und können
sogar den Deal zum Scheitern bringen.“
„Die Beteiligung muss so hoch sein, dass es
schmerzt, wenn man sie verliert. Der Verlust
darf den Manager aber nicht in den Ruin treiben.
Ohne diese faire Abmachung ist ein MBO
schwer.“
„Bringen Sie die Bereitschaft mit, den Finanzinvestor verstehen zu lernen. Sonst verstehen Sie
die Hintergründe der Fragen nicht und werden
misstrauisch. Das heißt vor allem, dass Sie verstehen und akzeptieren müssen, dass die Investition für den Finanzinvestor ein Geschäft auf
Zeit ist.“
Sein Rat:
„Bringen Sie den Verkaufsprozess so schnell wie
möglich zum Abschluss. Mitarbeiter und Kundenaufträge können wegen Ungewissheit verloren
gehen.“
„Suchen Sie einen Finanzinvestor, der professionell ist, ein langfristiges Konzept hat und keinen
schnellen Exit sucht.“
„Implementieren Sie die neuen Managementstrukturen so schnell wie möglich.“
Sein Rat:
Dr. Bernhard Ruffing,
„Suchen Sie sich einen Finanzinvestor mit Industrieerfahrung. Das erleichtert die Zusammenarbeit in einem schwierigen wirtschaftlichen
Umfeld. Wenn man aus der Industrie kommt,
weiß man, dass eins und eins auf dem Papier
nicht gleich zwei in der Praxis ist.“
„Entwickeln Sie einen ehrlichen Businessplan.
Ein realitätsnaher Businessplan in einer solchen
Transaktion steht und fällt mit der Erwartung
über den künftigen Cashflow. Ihre gesamte
Mannschaft muss hinter diesem Businessplan
stehen.“
56
Geschäftsführer,
AKsys GmbH
Die Stolpersteine:
Simone Blank,
Kaufmännische
„Das Geschäft muss stabil sein und auf soliden
Füßen stehen. Denn gerade in der Automobilindustrie sind die Vorlaufzeiten für neue Aufträge
und Umsatzsteigerungen sehr lange. Bis aus einem Entwicklungsauftrag Serienproduktionen
entstehen, vergehen oft drei bis vier Jahre.“
Geschäftsführung,
Sirona-Gruppe
Die Stolpersteine:
„Im Unternehmen muss Transparenz geschaffen
werden, damit der Kaufprozess beschleunigt
wird. Eine unklare Datenlage führt zu Unsicherheit und kann die Transaktion gefährden.“
wicklung des Unternehmens und des entsprechenden Industriezweigs mitbringt.“
„Ein Spin-off aus einem Traditionskonzern
kann scheitern, wenn das Management es
nicht schafft, die Mitarbeiter für das neue Unternehmen zu begeistern und ihnen eine eigene
Identität zu vermitteln. Ein Konzern bedeutet
oft Identifikation und Sicherheit.“
„Finanzinvestoren leiden immer noch unter dem
schlechten Ruf, nur Geld abschöpfen zu wollen.
Erläutern Sie die Rolle und die Aufgaben eines
Finanzinvestors dem Betriebsrat und auf
Betriebsversammlungen der gesamten Belegschaft.“
Dr. Josef Ertl,
Geschäftsführer,
Vinnolit GmbH & Co. KG
Die Stolpersteine:
Ihr Rat:
„Sie müssen sich darüber klar werden, ob Sie sich
mit der Strategie des Unternehmens identifizieren können.“
„Das Verhältnis zum Finanzinvestor und das
gemeinsame Verständnis der Aufgaben und Ziele
der Zukunft sind sehr wichtig.“
„Wenn man die Mitarbeiter nicht offen über die
Vorgänge und deren Hintergründe informiert,
kann das den Erfolg des MBOs gefährden.“
„Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie sehr viel
stärker als in der Vergangenheit an der Zielerreichung gemessen werden.“
„Bei einem größeren beteiligten Managementteam von zehn Leuten braucht man eine Kultur
der Kompromisse. Diese müssen schnell formuliert und vor allem bedingungslos von allen
getragen und konsequent gelebt werden.“
Sein Rat:
„Suchen Sie sich einen Finanzinvestor, der sich
nicht in das Alltagsgeschäft einmischt, sondern
Kompetenz für die strategische Weiterent-
57
B) Wo die Finanzinvestoren die Stolpersteine
sehen und welchen Rat sie ihren Kollegen
geben würden
„Finden Sie heraus, ob Auseinandersetzungen
sachbezogen oder emotional geführt
werden.“
„Versuchen Sie sich in die Motive und Interessen
der beteiligten Manager hineinzuversetzen.“
Sein Rat:
„Seien Sie mutig, aber realistisch bei der
Einschätzung des Potenzials.“
„Bringen Sie Ausdauer und Stehvermögen mit.“
Aman Miran Khan,
Geschäftsführer,
BPE Private Equity GmbH
Ronald Ayles,
Die Stolpersteine:
Investmentmanager,
3i Deutschland GmbH
„Es muss eine Interessenparität zwischen den
Beteiligten hergestellt werden. Die „Chemie“
muss stimmen.“
„Das MBO darf nicht um jeden Preis durchgedrückt werden.“
Partner,
Cornerstone Capital AG
Die Stolpersteine:
„Es muss ein starkes, unternehmerisches und
vollständiges Management im Unternehmen
sein.“
Sein Rat:
„Prüfen Sie den Neidfaktor der beteiligten
Führungskräfte untereinander, vor allem, wenn
alle unterschiedlich hohe Anteile halten.“
58
Oliver Böhme,
„Das Unternehmen sollte eine sehr gute
Marktstellung besitzen.“
Die Stolpersteine:
„Jedes Unternehmen braucht ein schlüssiges
Konzept, ein starkes Management und eine
herausragende Marktstellung. Sonst klappt
ein MBO nicht.“
Sein Rat:
„Mit der Mutter sollten klare Übergangsverträge
geschlossen werden. Die Sicherheit für eine
saubere Trennung in kleinen Schritten muss
gegeben sein, falls man sich nicht von heute
auf morgen trennen kann.“
Herbert-Ernst Finke,
Vorstand,
„Achten Sie darauf, dass Sie ein Unternehmen
mit klaren Trennlinien zum Konzern bei Einkauf,
Rechnungswesen, Vertrieb und Entwicklung
vorfinden.“
HannoverFinanz Gruppe
Sein Rat:
„Führen Sie mit dem Wirtschaftsprüfer die
Due Diligence extrem sorgfältig durch. Auf Grund
der Verflechtungen mit der Mutter ist die Unternehmensprüfung komplizierter als bei Familienunternehmen.“
„Testen Sie, ob der Manager wirklich den Unterschied zwischen einem Angestelltendasein und
dem Unternehmertum versteht.“
Die Stolpersteine:
„Prüfen Sie das Management, und schauen Sie,
ob Ihnen Unternehmer oder leitende Angestellte
gegenüberstehen.“
„Wenn das Management nur spezielle Anforderungen erfüllt, zum Beispiel im Vertrieb
oder im Einkauf, kann ein MBO scheitern.
Das Management muss den Willen und die
Fähigkeit besitzen, das Unternehmen ganzheitlich zu führen.“
„Die Finanzierung sollte so konservativ wie
möglich strukturiert sein. Wenn der LeverageEffekt zu überzogen ist, wird jeder Sturm zum
Orkan.“
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Rainer W. Sahler,
Investmentmanager,
Dr. Matthias Hillmann,
Dr. Wolfgang Lenoir,
Beteiligungsgesellschaft für
Investment Director,
Geschäftsführer,
die deutsche Wirtschaft mbH
Triton Beteiligungsberatung
Bridgepoint Capital GmbH
(BdW)
GmbH
Die Stolpersteine:
Sein Rat:
Die Stolpersteine:
„Wenn die Einschätzungen über die Qualität
des Geschäfts zwischen Käufer und Verkäufer
divergieren, kann ein MBO scheitern.“
„Prüfen Sie das Management auf Herz und
Nieren. Das Management spielt zu jeder Zeit eine
Schlüsselrolle für den Erfolg der Transaktion.“
„Die Parteien können sich nicht auf einen Unternehmenswert einigen.“
„Führen Sie eine ausführliche Due Diligence
durch und ziehen Sie alle verfügbaren Informationsquellen heran, um Fehleinschätzungen
hinsichtlich der Marktentwicklung und des im
Unternehmen vorhandenen Gestaltungspotenzials zu vermeiden.“
„Wenn der Finanzinvestor sich ausschließlich
auf Kennzahlen fokussiert und nie richtig verstanden hat, wie das Geschäft dahinter funktioniert, können die Hürden in harten Zeiten nur
sehr schwer genommen werden.“
Sein Rat:
„Analysieren Sie so früh wie möglich alle
Interessenlagen.“
„Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche.“
„Planen und besprechen Sie mit dem
Management den Exit.“
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„Ein Buy-out wird dann erfolgreich sein, wenn
im Unternehmen bereits eine gute Strategie auf
einem starken Fundament besteht, die man
gemeinsam fortsetzen kann. Wenn der Finanzinvestor eine Kursänderung vornehmen muss,
geht er ein sehr hohes Risiko ein.“
Sein Rat:
Sein Rat:
„Ohne detaillierte Kenntnisse der Marktrisiken
und des Marktumfeldes können Sie keine
Transaktion erfolgreich durchführen.“
„Treiben Sie die Verhandlungen zügig voran.
Die Gefahr, dass der Deal kippt oder die Motivation von Management und Belegschaft sinkt,
steigt mit der Länge des Kaufprozesses an.“
Helmut Irle,
Vorstand,
„Vertrauen Sie nicht auf die Möglichkeit, die
eine oder andere Schwäche im Management
durch jemand anderen auszugleichen.“
Deutsche Beteiligungs AG
Die Stolpersteine:
„Finden Sie heraus, ob das Management bereit
und in der Lage ist, mit Transparenz und Offenlegung von Zahlen umzugehen, die ein Buy-out
ständig begleiten.“
„Die Tochter sollte eine gute Marktposition
haben.“
„Klären Sie vor dem Dealabschluss, wie und
über welche Kanäle mit Mitarbeitern, Kunden
und Lieferanten kommuniziert werden soll.“
„Diskutieren Sie vor dem Abschluss des Deals
ausführlich über die Strategie, damit jeder weiß,
worauf er sich einlässt.“
„Management und Finanzinvestor sollen sich Zeit
lassen, um herauszufinden, ob die Fähigkeiten
des anderen wirklich ausreichen, um auch
schwierige Zeiten gemeinsam durchzustehen.“
„Eine Kontinuität im Management muss gegeben
sein.“
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Ralf Huep,
Geschäftsführer,
Advent International Deutschland GmbH
Die Stolpersteine:
„Ein MBO kann scheitern, wenn das Management
und der Investor keine klaren Zielvereinbarungen
getroffen haben.“
„Eine Gefahr besteht immer darin, das Risiko
falsch einzuschätzen und nur unzureichende vertragliche Zusicherungen vereinbart zu haben.“
Sein Rat:
„Holen Sie sich gute Spezialisten an Bord.“
„Diskutieren Sie zuerst mit dem Käufer und dem
Management ihre unterschiedlichen Ideen, um
die Zusammenhänge besser zu verstehen.“
62

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