Braucht der Mensch Masken?

Transcription

Braucht der Mensch Masken?
Moderationsbericht
Café Philosophique 22.02.2009
Thema: Braucht der Mensch eine Maske
Moderator: Dr. Ulrich Teich
Anlass des Themas war das bunte Karnevalstreiben in der Düsseldorfer Altstadt und auf der nahe gelegenen
Königsallee. Der Mensch, der eine Maske aufsetzt, wünscht sich eine willkürliche Veränderung seines
äußeren Erscheinungsbildes, er möchte eine andere Gestalt annehmen, eine andere Rolle spielen.
Einleitend wurde zunächst diskutiert, welche Arten von Masken es überhaupt gibt. Masken sind
Jahrtausenden aus den verschiedensten Anlässen und Motiven bekannt. Die Totenmasken der ägyptischen
Pharaonen, oftmals aus massivem Gold, sollten das Bildnis des Gesichts des verstorbenen Pharao für alle
Zeiten verewigen, ihn mit in die andere Welt der Toten begleiten. Auch heute noch werden von
bedeutenden Persönlichkeiten die Totenmasken abgenommen und sind in den Museen zu besichtigen.
In den vergangenen Kulturen der Inka und Maya spielten Masken ebenfalls eine wichtige rituelle und
religiöse Rolle. In vielen südlichen Ländern (Afrika, Südamerika, Australien) tragen die Ureinwohner heute
noch bei rituellen Anlässen Masken (z.B. Voodoo). Ethnologische Ritualmasken, z.B. aus der Südsee, hatten
im letzten Jahrhundert auch einen großen Einfluss auf die Malerei und Bildhauer der Moderne, z.B. bei Pablo
Picasso und Anderen.
Das Tragen von Masken im Karneval hat in der christlich-abendländischen Kultur eine lange Geschichte, die
bis ins Mittelalter zurückreicht. In den Tagen der Karnevalszeit herrschte vielerorts „Narrenfreiheit“, die Bürger
konnten sich hinter Masken verbergen, gegen die Obrigkeit auflehnen, oftmals derbe Scherze treiben, die
zuweilen blutig endeten. Bekannt sind Masken heute nicht nur in Karneval oder Fasching, sondern auch aus
dem Zirkus und Theater, ebenso neu eingebürgerten „Bräuchen“ wie Halloween.
Mit dem - im übertragenen Sinn des Wortes verstandenen - „Aufsetzen einer Maske“ im täglichen Leben, sei
es im Büro, in der Familie oder im Vereinsleben, schlüpfen Menschen in die verschiedensten Rollen. Von den
Teilnehmern der Diskussion wurde diese Form des Tragens einer Maske als „Spielen verschiedener Rollen“
verstanden, wozu der Mensch im Alltag oftmals gezwungen ist. Statt Maske oder Rolle wurde auch der
Begriff „Fassade“ gebraucht, wenn die Funktion eines Menschen in der Gesellschaft dies verlangt.
Eine besondere Form der Maske ist die Uniform, und zwar nicht nur im Karneval, sondern vor allem auch bei
Soldaten. Elitekämpfer verbergen heute ihr Gesicht hinter Spezialmasken, so dass nur noch Augen, Mund
und Nase zu erkennen sind. So wollen sie sich vor Verfolgung schützen. Auch Kriminelle tragen des Öfteren
Masken, z.B. bei einem Banküberfall, um nicht erkannt zu werden.
Masken werden in Süddeutschland und in der Schweiz auch als „Larve“ bezeichnet und sind oft besonders
hässlich, um „das Böse“ oder auch den Winter zu vertreiben. Der Begriff der „Larve“ hat etymologisch eine
ganz andere, negativere Bedeutung als „Maske“, er erinnert mehr an ein Gespenst, eine unangenehme
Erscheinung.
Die Diskussion beschäftigte sich auch mit der Frage, welche Rolle die Maske in der Sexualität spielt .
Angefangen bei der geheimnisvollen „Traumnovelle“ von Artur Schnitzler, in der ungestillte erotische
Begierden und Träume der bürgerlichen Gesellschaft geschildert wurden, die auch als Vorlage für den Film
„Eyes Wide Shut“ diente, bis hin zu den Masken in der SM-Szene und den unverhüllt erotischen Masken der
Sambagruppen in Rio de Janeiro - die Maske und das Sich-Verbergen, um loslassen zu können, spielen in
der Sexualität eine hocherotische Rolle.
Fest stand im Ergebnis, dass der Mensch häufig „in Masken“ schlüpft, um im Alltag und in der Partnerschaft
zu bestehen, er also verschiedene Rollen spielen muss oder will, andererseits Masken aber auch
willkommener Anlass sind, sei es in Zeiten des Karnevals oder auch in einer erotischen Umgebung, um eine
andere Gestalt annehmen, Konventionen zu sprengen etc.
Aktueller Literaturhinweis: „Kopfschmuck zum Lachen und zum Fürchten, ART 03/ 2009, S. 81
Düsseldorf, den 22.02.2009 Dr. Ulrich Teich