geschichtspolitik und erinnerungskultur im osteuropäischen raum

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geschichtspolitik und erinnerungskultur im osteuropäischen raum
GESCHICHTSPOLITIK UND ERINNERUNGSKULTUR IM
OSTEUROPÄISCHEN RAUM
Katarzyna Stokłosa
Die Zahl der Veröffentlichungen über Geschichtsbilder, Geschichtserinnerungen
und Geschichtskulturen hat in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen.
Insbesondere das Thema der Geschichtspolitik erlebt seit etwa zwei Jahrzehnten
eine neue Konjunktur. Der ganze europäische Raum scheint von Erinnerungsdebatten geprägt, ein „Schlachtfeld“, das Claus Leggewie (2011) jüngst besichtigt
hat. Obwohl man annehmen könnte, dass sich vor allem Ost-, Ostmittel-, Süd- und
Südosteuropa wegen der dort in den 1970er Jahren beziehungsweise Anfang der
1990er Jahre stattgefundenen Transformationen mit Erinnerungskonflikten auseinandersetzen müssen, gibt es auch in Westeuropa oft keinen Konsens bezüglich
der Geschichtsdarstellung und der Interpretation unterschiedlicher historischer
Ereignisse. So fragt Leggewie (2009: 81), ob die Europäerinnen und Europäer
Erinnerungen teilen und ein gemeinsames Geschichtsbewusstsein haben. Gleichzeitig stellt er fest, dass sich die einzelnen europäischen Nationen einen Vorrat an
Großerzählungen und Mythen zugelegt hätten, um innerhalb gesetzter Grenzen
solidarisch handeln zu können. Seine These lautet:
„Wer einer europäischen Gesellschaft kollektive Identität verleihen möchte (...), wird also die
Erörterung und Anerkennung der strittigen Erinnerungen genauso hoch bewerten wie Vertragswerke, Währungsunion und offene Grenzen.“ (ebd.: 82)
Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden der Schwerpunkt auf Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in den Transformationsländern gelegt. An deren Beispiel kann die Beeinflussung der politischen Sphäre durch erinnerungspolitische
Debatten analysiert werden. Dazu werden Ergebnisse neuerer Literatur über Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa ausgewertet. Werke, in denen historische Debatten in den Ländern dieser Regionen
vergleichend dargestellt werden, haben sich in ihrem Ertrag als besonders fruchtbar erwiesen.
Der Sammelband von Martin Aust, Krzysztof Ruchniewicz und Stefan
Troebst aus dem Jahr 2009 geht über den bloßen Vergleich von Erinnerungen
hinaus und fragt nach Verflechtungen zwischen diesen – und zwar über die Grenzen von Staaten, Nationen, Regionen und Ethnien hinweg. Rudolf Jaworski setzt
sich in seinem Aufsatz mit der Frage auseinander, ob die historische Gedächtnisund Erinnerungsforschung als eine vorübergehende Modeerscheinung anzusehen
sei oder ob sie eine dauerhaft notwendige Ergänzung der Geschichtswissenschaft
darstellen könne. Es dürfte kaum überraschen, dass der Verfasser dafür plädiert,
Jahrbuch für Politik und Geschichte 2 (2011), S. 167–185
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Katarzyna Stokłosa
die historische Gedächtnis- und Erinnerungsforschung uneingeschränkt als eine
Bereicherung, ja sogar eine notwendige Ergänzung der Geschichtswissenschaft
wahrzunehmen. Man müsse lernen, sie als „produktive Herausforderung“ zu begreifen, anstatt sie als eine „Demontage historischer Methoden“ oder als „bloße
Modeerscheinung“ abzuwerten (Jaworski 2009: 28). Festzuhalten ist jedoch, dass
die meisten Aufsätze in diesem Sammelband mehr das Phänomen isolierter als
das miteinander verflochtener Erinnerungen verdeutlichen. Das kommt in dem
Beitrag von Edmund Dmitrów besonders deutlich zum Ausdruck. Auf der Grundlage der Analyse von geschichtswissenschaftlichen Diskursen, Erinnerungen von
Teilnehmern und Zeugen, Mythen sowie Medienbildern vergleicht der Autor die
Deutungen des Warschauer Aufstandes in der Bundesrepublik und in der DDR, in
der Sowjetunion und in der Russischen Föderation sowie in Polen. Dmitrów kann
zeigen, dass der Warschauer Aufstand nur in Polen zum Gegenstand einer allgemeinen, lebendigen Erinnerung geworden sei. In Deutschland (sowohl in der
Bundesrepublik als auch in der DDR) und in der UdSSR/Russischen Föderation
sei er lange verschwiegen worden – auch, weil er keine bedeutende Rolle in den
nationalen Geschichten der genannten Länder gespielt und die Problematik von
Schuld und Verantwortung im kollektiven Gedächtnis der jeweiligen Bevölkerung
auf den Plan gerufen habe (Dmitrów 2009: 218).
Weiterführende Ergebnisse bietet der Sammelband von Wolfgang Petritsch
und Vedran Džihić Conflict and memory: bridging past and future in [South East]
Europe. Die Autoren gliedern ihr Buch in zwei Teile. Im ersten Teil „Conflict and
memory – European experiences“ zeigen acht Autoren, dass viele Länder, die
bereits der Europäischen Union angehören, „conflicting memories“ haben und bis
heute in einen komplexen Prozess der Aufarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit
involviert sind. Was Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien oder Polen betrifft, so beziehe sich diese Aufarbeitung in den meisten Fällen auf den Zweiten
Weltkrieg (Petritsch/Džihić 2010: 17). Gottfried Wagner (2010: 160) zeigt in seinem Beitrag auf, dass es „dem dunklen Kontinent“ Europa, der sowohl eine faschistische als auch eine kommunistische Vergangenheit hinter sich hat, immer
noch nicht gelungen sei, eine gemeinsame Erinnerung aufzubauen. In Spanien
gibt es weder in der Wissenschaft noch auf der politischen Ebene einen Konsens
darüber, wie die franquistische Vergangenheit aufgearbeitet werden sollte. Sophie
Milquet (2010: 129–141) stellt in ihrem Beitrag dar, wie Erinnerungen an den
Bürgerkrieg und die Franco-Zeit in literarischen Werken verarbeitet wurden.
Im zweiten Teil des Buches, überschrieben mit: „The Balkans between the
past and the future – dealing with conflicting memories“, analysieren dreizehn
Autoren den Zustand von „Konflikt und Erinnerung“ und den Prozess der Aufarbeitung der Vergangenheit seit dem Zusammenbruch Jugoslawiens bis heute auf
dem Balkan. All das, was in den meisten europäischen Ländern längst eingetreten
sei, stehe auf dem Balkan noch aus: eine EU-Mitgliedschaft (von der eine Stabilisierung erwartet wird), ein stabiler Staat und vor allem ein politischer Wille. Das
wiederum erschwere die Aufarbeitung der Vergangenheit und verstärke „konfliktbeladene Erinnerungen“ (Petritsch/Džihić 2010: 16). Edin Hajdarpašić zeigt in
seinem Beitrag auf, wie der Jugoslawien-Krieg und die anschließende Entstehung
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von „drei konkurrierenden nationalistischen Projekten“ (Hajdarpašić 2010: 211) –
Serbien, Kroatien und Bosnien – zur Ausprägung von verschiedenen Erinnerungsdiskursen geführt haben. Aber auch in Slowenien ist weder eine dominierende Erinnerungspolitik noch ein einheitlicher historischer Diskurs zu finden,
wie Peter Vodopivec (2010: 262) in seinem Beitrag feststellt. Seiner Meinung
nach gibt es in Slowenien, aufgrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts, unterschiedliche, miteinander konkurrierende Erinnerungen. Noch kritischer fällt die
Beurteilung über das Erinnern im Kosovo aus. Nora V. Weller (2010: 272–277)
zufolge gibt es im Kosovo lediglich Mythen und Legenden über eine grandiose
Vergangenheit, keine Erinnerungsarbeit, die diesen Namen verdiene.
Zweiter Weltkrieg
Verschiedene Themenbereiche spielen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa auf
der wissenschaftlichen und politischen Ebene gegenwärtig eine wichtige Rolle
und werden häufig auch für politische Zwecke instrumentalisiert. Der Zweite
Weltkrieg gehört unausweichlich zu den Themen, die im Rahmen der Geschichtspolitik und Erinnerungskultur vorrangig behandelt werden. Vor allem in Polen
gibt es lebhafte Erinnerungen an diese Epoche und entsprechend reichhaltige Literatur. Wenig erforscht blieb dagegen die Institutionalisierung kollektiver Vergangenheitsvorstellungen. Diese Forschungslücke füllt die Arbeit von Joanna
Wawrzyniak, die den größten polnischen Kombattantenverband „Związek
Bojowników o Wolność i Demokrację“ (ZBoWiD) (Der Verein der Kämpfer um
Freiheit und Demokratie) zum Untersuchungsgegenstand hat. Die Autorin hat sich
vorgenommen, „das Gedächtnis im kollektiven Handeln“ zu erforschen (Wawrzyniak 2009: 12). Sie konzentriert sich auf kollektive Bilder des Zweiten Weltkrieges zwischen 1949 und 1969, den Einfluss dieser Bilder auf die Politik des
Verbandes und die Beziehungen zwischen der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei und den verschiedenen sozialen Gruppen im Rahmen des Kombattantenverbandes ZBoWiD. Wawrzyniak analysiert drei Mythen, die in der Volksrepublik Polen das kollektive Gedächtnis an den Zweiten Weltkrieg prägten: den
Mythos des Sieges über den Faschismus, des einheitlichen Widerstandes und des
unschuldigen Opfers. Während der erste Mythos der Mobilisierung gedient und
auf Repressionen und Exklusion basiert habe, sei der zweite von Paternalismus,
Klientelismus und Inklusion geprägt gewesen. Der Opfermythos habe antideutsche Elemente enthalten. Polen sei immer wieder als Opfer Deutschlands dargestellt worden. Die Sowjetunion sollte dagegen als Garant der Stabilität der polnischen Westgrenze gelten. Alle drei Mythen, zu deren Entstehung der ZBoWiD
beigetragen hat, gehörten nach Wawrzyniak (2009: 311f.) zur polnischen Identität
und prägten im hohen Maße bis heute die polnische Geschichtswissenschaft.
Auch in der Ukraine gehört der Zweite Weltkrieg zu den wichtigsten historischen Erfahrungen des Landes. Grzegorz Motyka (2008: 119) stellt in seinem
Aufsatz fest, dass in der Ukraine, genauso wie in Polen, der Zweite Weltkrieg im
historischen Bewusstsein ständig präsent sei. Davon zeugten zahlreiche wissen-
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schaftliche Arbeiten, literarische Werke, Kunst und Film. Obwohl einige Jahrzehnte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen sind, bleibe die Erinnerung an das Geschehen in Polen wie in der Ukraine sehr lebhaft. Nach Motyka
erlebte dieses Gedächtnis in den letzten Jahren eine Renaissance. Dies sei etwa an
der Tatsache zu erkennen, dass die Erinnerung an die historischen Ereignisse einen immer größeren Einfluss auf die Politik ausübe. Neben den Historikern äußerten sich immer wieder auch Politiker zum Thema des ukrainisch-polnischen Konflikts der Jahre 1943 bis 1948 (die ukrainische Aufstandsarmee UPA, Aktion
„Weichsel“). Die zwischen den Polen und den Ukrainern herrschenden Vorurteile
seien unter anderem deshalb nicht überwunden worden, weil die Erinnerungen
beider Nachbarn immer noch eine nationale Perspektive besäßen und die Wahrnehmungen der anderen Seite zu wenig Berücksichtigung fänden. Von einer europäischen Perspektive sei man noch weit entfernt (Motyka 2008: 162).
In Litauen werde der Zweite Weltkrieg vom größten Teil der Bevölkerung als
deutsch-sowjetischer Krieg verstanden und genauso identifiziert, so Arūnas Bubnys in seinem Beitrag. Litauen war zwischen dem 22. Juni 1941 und dem Sommer
1944 direkt von den Kriegshandlungen betroffen. Bubnys stellt jedoch fest, dass
in Litauen die Meinung populär sei, der Zweite Weltkrieg sei erst im Jahre 1993
zu Ende gegangen, weil erst in diesem Jahr die russische Armee aus dem Land
abzog und Litauen die völlige Unabhängigkeit wiedererlangte (Bubnys 2008:
173).
In den meisten ehemals sozialistischen Ländern wurde nach 1991 die Forderung laut, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges umzuschreiben. Oto und Breda
Luthar schildern am Beispiel Sloweniens, wie der Zusammenbruch Jugoslawiens
das Ende des starren antifaschistischen Dogmas gebracht habe. Die Form der
Durchsetzung der neuen Inhalte durch die Anwendung von Propaganda sei jedoch
im Vergleich zur jugoslawischen Ära gleich geblieben. Jede Nation des ehemaligen Jugoslawiens habe eine mehr oder minder revisionistische Geschichtserzählung, entsprechend den eigenen nationalen Mythen, entwickelt (Luthar/Luthar 2010: 126). Mira Jovanović zeigt in ihrem Beitrag auf, wie nach dem
Zusammenbruch Jugoslawiens und der Unabhängigkeit Kroatiens 1991 eine Neubewertung des faschistischen Ustascha-Regimes einsetzte. Die Vergangenheitsbewältigung werde von verschiedenen Akteuren wie Historikern unterschiedlicher Generationen, Soziologen, Philosophen, Publizisten, Journalisten,
Politikern und Wirtschaftsexperten beeinflusst und mitgestaltet. Nach der politischen Wende der Jahre 1989 bis 1991 seien zwei Hauptströmungen entstanden:
auf der einen Seite Historiker, die die faschistische Vergangenheit professionell
aufzuarbeiten versuchten, und auf der anderen Seite diejenigen, die der nationalistisch orientierten Regierungspartei, der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), folgten und eine ausschließlich kroatische Geschichtsinterpretation favorisierten. Die HDZ habe aktiv Einfluss auf die Geschichtsschreibung genommen, was sich im Bereich der schulischen Lehre gespiegelt habe: Neue Geschichtsbücher mit exklusiv kroatischer Optik seien
geschrieben worden (Jovanović 2007: 178). Abschließend plädiert Jovanović für
die Aufarbeitung der Vergangenheit in Kroatien im gesamteuropäischen Kontext,
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um auf diese Weise den Gefahren und Versuchen des politischen Drucks als Wissenschaftler widerstehen zu können (ebd.: 181).
Holocaust
Wenn man die Geschichte des 20. Jahrhunderts schreibt, kann der Holocaust nicht
unerwähnt bleiben. Fast der gesamte europäische Kontinent wurde während des
Zweiten Weltkriegs zum Schauplatz von antijüdischer Diskriminierung und Massenmord. Dan Diner (2007: 12) stellt fest, dass sich der Holocaust nur langsam
zur „Gedächtnisikone des zerfurchten Zwanzigsten Jahrhunderts“ ausgewachsen
habe.
Claus Leggewie (2011: 12) zufolge bildete die Erinnerung an den Holocaust
über Dekaden den Kern des europäischen Geschichtsbewusstseins. Er ist nach
Dirk Rupnow das bisher einzige historische Ereignis, dessen Erinnerung man
auch auf supranationaler Ebene, ja weltweit, mit einem gewissen Erfolg zu institutionalisieren und zu standardisieren versuchte. Die transnationale Relevanz liege
bereits in den Ereignissen selbst und ihrer räumlichen Ausdehnung begründet. Die
Interpretationen und Repräsentationen des Holocaust hätten sich freilich verändert. Viele europäische Nationen hätten ihre Nachkriegsmythen revidieren und
sich mit ihrer Kollaboration mit und Mittäterschaft an den von Deutschen initiierten Verbrechen konfrontieren müssen (Rupnow 2008: 69–70).
In Ost- und Ostmitteleuropa hat es besonders lange gedauert, bis die Aufarbeitung des Holocaust begann. Thomas Flierl und Elfriede Müller stellen fest,
dass sich die Holocaust-Erinnerung in den postkommunistischen Ländern mit
neuen Herausforderungen konfrontiert sehe. Der Kampf um das Gedächtnis werde
in vielen dieser Länder erst noch ausgetragen: Die Erinnerung an die Opfer des
Holocaust einerseits und an die Opfer der kommunistischen Diktatur andererseits
führten zu „conflicting memories“. Häufig werde der Nationalsozialismus durch
den Vergleich mit dem kommunistischen System relativiert (Flierl/Müller 2010:
10). Die Autoren des von Micha Brumlik und Karol Sauerland herausgegebenen
Sammelbandes analysieren die Aufarbeitung des Holocaust in Polen und in der
DDR. In der Ukraine gibt es bis heute keine umfangreiche Bearbeitung der Frage
der Kollaboration der Ukrainer und ihres Verhältnisses zum Holocaust (Motyka
2008: 136). Diesen Befund verstärkt Franziska Bruder (2010: 179), die zum
Schluss kommt, dass in der heutigen Ukraine eine Diskussion über die Kollaboration von Ukrainern mit den Nationalsozialisten und die Teilnahme am Holocaust
kaum möglich sei.
Nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit wollten sich auch litauische
Historiker lange Zeit nicht mit dem Thema Holocaust beschäftigen. Heute herrsche in der litauischen Gesellschaft Zerrissenheit und Spaltung, was die Beteiligung von Litauern an den Morden wie das Verhalten der Gesellschaft insgesamt
angehe. Dennoch gebe es unter den Vertretern der kritischen litauischen Geschichtsschreibung Bemühungen, den Weg der historischen Wahrheit zu gehen
(Bubnys 2008: 178–179). Es gibt jedoch in Litauen – jedenfalls in Teilen der Poli-
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tik und Gesellschaft – Widerstände gegen eine Anerkennung der Mitverantwortung an der Ermordung von litauischen Juden. Die Gründe hierfür erläutert Vytautas Toleikis in seinem Beitrag „Verdrängung, Aufarbeitung, Erinnerung. Das jüdische Erbe in Litauen“. Ähnlich wie in der Ukraine hätten auch in Litauen überwiegend Privatpersonen begonnen, sich intensiver mit dem jüdischen Erbe und
dem Holocaust auseinanderzusetzen. Das sei überwiegend auf das Engagement
von nichtstaatlichen Initiativen und Vereinen zurückzuführen. Die meisten Beamten in den staatlichen Behörden besäßen dagegen nur sehr vage Vorstellungen von
der jüdischen Vergangenheit Litauens und zeigten wenig Bereitschaft, sich mit
diesem Aspekt litauischer Geschichte zu beschäftigen (Toleikis 2008: 460–463).
Auch in der Zeitschrift Osteuropa wird die Rolle des Holocaust im gegenwärtigen kollektiven Gedächtnis der Ost- und Ostmitteleuropäer analysiert. Anna
Lipphardt zeigt in ihrem Beitrag, dass sich der Blick der emigrierten Vilnaer Juden von denen unterscheide, die heute noch in Osteuropa leben. Während die litauischen Juden, die heute in den USA oder in Israel leben, ihre Erinnerung an die
Schoa seit der Auswanderung gepflegt hätten, fiele es Überlebenden in Osteuropa
– wegen der Tabuisierung des Holocaust über mehr als ein halbes Jahrhundert
hinweg – besonders schwer, sich ihre Erinnerungen zu bewahren (Lipphardt 2008:
353). Katrin Steffen (2008: 367) stellt in ihrem Aufsatz fest, dass – trotz des Umbruchs von 1989/90 – die Erinnerung an die Juden die polnische Gesellschaft nach
wie vor polarisiere. Zwischen Juden und Polen existierten Märtyrer- und Opferkonkurrenzen im Hinblick darauf, wer in der Vergangenheit mehr gelitten habe.
Anatolij Podol’s’kyj zeigt in seinem Beitrag, dass die offizielle ukrainische Erinnerungspolitik das jüdische Erbe ausblende. Lediglich Privatpersonen und private
Organisationen bemühten sich um eine Verankerung der jüdischen Kultur und
Geschichte im öffentlichen Bewusstsein der Ukraine – mit dem Argument, dass es
sich um einen Teil der ukrainischen Identität handele. Das Ausblenden des Holocaust in der Ukraine ließe sich zu einem Gutteil darauf zurückführen, dass hier
weder die nationalsozialistischen noch die stalinistischen Verbrechen juristisch
und historisch aufgearbeitet worden seien (Podol’s’kyj 2008: 453). In Diana Dumitrus Aufsatz ist zu lesen, dass die Erneuerung jüdischen Lebens in Moldawien
offenbar leichter vonstatten gehe als die Aufarbeitung des Holocaust und die Pflege der Erinnerung. Der Holocaust als ein Ereignis, das auch auf moldauischem
Boden stattfand, bleibe ein umstrittenes Thema in der moldauischen Gesellschaft.
Dieser Themenbereich werde in den Schulen verdrängt (Dumitru 2008: 481f.,
490ff.). Dumitru kommt zum Schluss, dass die Politisierung der Geschichte ein
Hindernis dafür sei, den Holocaust in Moldawiens Geschichte angemessen zu
würdigen und im kollektiven Gedächtnis zu verankern (ebd.: 492).
Bei Konstanty Gebert ist zu erfahren, wie unterschiedlich die polnische und
jüdische Rezeption der Schoa sei. Der Dialog zwischen beiden Nationen sei nach
wie vor notwendig (Gebert 2010: 118). In diesem Kontext ist das Buch von Natan
Sznaider zu erwähnen, das jüdische Stimmen präsentiert. Sznaider stellt nämlich
fest, dass das jüdische Gedächtnis, trotz aller Rituale und Gedenktage, aus dem
europäischen Diskurs verschwunden sei. Die Geschichte der Juden werde heute
oft so dargestellt, als ob es die Juden nie gegeben hätte. Sznaiders Ziel besteht
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darin, „dieses ausgelöschte Gedächtnis wieder in das Zentrum der europäischen
Debatten zu stellen“ (Sznaider 2008: 7). Es werden Geschichten vorgestellt, die
sich in Europa vor und nach der Vernichtung der Juden abspielten. So wird Drohobych jenseits der östlichen Grenze des geeinten Europas dargestellt, wo 1939
10.000 Polen, 10.000 Ukrainer und 15.000 Juden lebten. Dort verbrachte der Maler und Schriftsteller Bruno Schulz sein Leben (ebd.: 17). Sznaider schildert jüdischen Einfluss in Königsberg, Paris, Moskau, Prag, Frankfurt, Nürnberg, Zürich,
Wilna, Genf, Warschau und anderen europäischen Orten und weist auf starken
jüdischen Kosmopolitismus hin. Der jüdische Kosmopolitismus ist nach Sznaider
eine Antwort auf den Totalitarismus, der ihn auslöschen wollte: Jüdische Sprache,
Kultur, Leben, Politik hätten einen neuen Anfang gefunden. Die letzten Europäer,
die nun die ersten Kosmopoliten seien, kämen aus Europa. Jetzt werde aus den
USA ein „alt-neues“ kosmopolitisches Verständnis nach Europa reimportiert
(ebd.: 143).
Antisemitismus
Mit dem gegenwärtigen Antisemitismus haben sowohl westliche als auch östliche
Gesellschaften zu kämpfen. Bernd Kauffmann und Basil Kerski stellen in der Einleitung ihres Sammelbandes fest, dass der Antisemitismus in Europa keine exklusive „Krankheit“ der Transformationsgesellschaften sei. Dennoch dürfe er nicht
als unbedeutende Randerscheinung betrachtet werden. In den neuen EUMitgliedsländern wie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sei die Attraktivität antisemitischer Slogans groß. Sowohl bei den alten als auch den neuen Mitgliedern der Europäischen Union sei auf der politischen Ebene nicht selten noch
ein latenter Antisemitismus zu spüren. Bis heute seien beispielsweise einem großen Teil der polnischen Gesellschaft die „schmerzlichen Erkenntnisse über den
Antisemitismus polnischer Christen während des Holocaust verschlossen“ geblieben (Kauffmann/Kerski 2006: 9). Auf diese Weise gebe es immer noch geteilte
Erinnerungen.
Ireneusz Krzemiński behandelt diese Problematik am Beispiel Polens und der
Ukraine. Das Hauptergebnis seiner Studie erweist, dass man in beiden Ländern in
der Zeitspanne von 1992 bis 2002 einen Anstieg von Haltungen des modernen
Antisemitismus habe feststellen können. Die Feindseligkeit gegenüber Juden, die
sich auf antisemitische Ideologie stütze, habe bedeutend zugenommen. Während
für den traditionellen Antisemitismus der Bildungsfaktor entscheidend sei, verhalte es sich mit den Indikatoren des modernen Antisemitismus, einem emotional
aufgeladenen Massenphänomen, das sich immer neue Anhaltspunkte zur Bestätigung seiner Vorurteile sucht, anders: Der Unterschied zwischen dem Antisemitismus in den vorzüglich gebildeten und den weniger gut gebildeten Schichten sei
nicht groß. Die moderne Verbreitung des Antisemitismus ist in akademischen
Schichten Polens stark verbreitet. Mit der Entstehung des katholischen Radiosenders Maryja ist nach Krzemiński die traditionelle national-antisemitische Ideologie zurückgekehrt (Krzemiński 2006: 60ff.). Dieser Radiosender arbeitet mit E-
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motionen und instrumentalisiert auf diese Weise die polnischen Zuhörer. Die
Empfänger werden mit Hilfe der Gebete und sakralen Musik manipuliert. Krzemińskis Hypothese lautet, dass antisemitische Äußerungen in Polen Ausdruck
einer Abwehrhaltung seien. Im Alltagsbewusstsein seien die Überzeugungen populär, das Bild des Zweiten Weltkriegs werde vor allem vom Holocaust dominiert
und das jüdische Leiden habe die Kriegserlebnisse der Polen verdrängt (ebd.: 66).
In Bezug auf die Ukraine stellt Krzemiński fest, dass auch die alten Formen und
Stereotypen mit ihren feindseligen Inhalten zusammen mit der wiedererlangten
religiösen Freiheit und der Rückkehr der Religion ins Alltagsleben zurückgekehrt
seien (ebd.: 68).
Krzysztof Ruchniewicz analysiert in seinem Beitrag die Reaktionen in Polen
auf das Buch des Soziologen und Historikers Jan Tomasz Gross (2000) Sąsiedzi.
Historia zagłady żydowskiego miasteczka (Nachbarn. Geschichte der Vernichtung
eines jüdischen Städtchens). Ruchniewicz (2009: 190) stellt fest, dass Gross das
historische Bewusstsein der Polen und ihr Selbstbild auf schmerzhafte Weise berührt habe. Vor allem Historiker habe Gross in Verlegenheit gebracht. Während
man auf der Grundlage der Pressestimmen, der Fernsehdiskussionen und wissenschaftlichen Publikationen den Standpunkt der politischen und intellektuellen Eliten rekonstruieren könne, wisse man deutlich weniger, wie die Durchschnittspolen
einen Ort wie Jedwabne wahrnehmen (ebd.: 195). Die Ergebnisse der Meinungsumfragen aus dem Jahr 2008 hätten ein düsteres Bild der polnischen Gesellschaft
gezeichnet: 61 Prozent der Befragten hätten kein Interesse an den Feierlichkeiten
zum Gedenken an den 60. Jahrestag der Ermordung polnischer Juden in Jedwabne
gezeigt (ebd.: 196).
Zu welchen Veränderungen in der historischen Erinnerung in Polen die Debatten um Jedwabne geführt haben, schildert Christine Müller in ihrem Aufsatz.
Durch das Buch von Gross sei ein klassisches polnisches Geschichtsbild infrage
gestellt worden, nämlich das der Polen als dem „Christus unter den Völkern“,
wonach das Land mit seinem Leiden Europa erlösen könne. Plötzlich sei die polnische Gesellschaft vor die Tatsache gestellt worden, dass es auch in Polen während und nach dem Zweiten Weltkrieg starke antisemitische Tendenzen gab (Müller 2007: 207ff.). Nach dem Erscheinen des Buches von Gross habe sich auch die
Einstellung zu den Juden in Polen verschlechtert, wie Meinungsumfragen gezeigt
hätten: Im Jahr 2001 – ein Jahr nach dem Erscheinen des Buches – stimmten nur
39 Prozent der befragten Polen der Aussage zu, dass Juden als ältere Brüder im
Glauben bezeichnet werden könnten. Genauso viele Polen lehnten diese Aussage
ab (ebd.: 211).
Auch in anderen ostmitteleuropäischen Ländern ist Antisemitismus präsent.
Magdalena Marsovszky beschreibt in ihrem Aufsatz antisemitische Angriffe in
Ungarn in den Jahren 2006 und 2009 und warnt vor deren Verharmlosung (Marsovszky 2010: 86–89). In Litauen werde in der heutigen Politik oft vergessen,
dass viele Litauer mit Nationalsozialisten kollaborierten und antisemitische Ausschreitungen unterstützten, wie Roland Mischke (2010: 172f.) in seinem Beitrag
schildert.
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Vertreibungen
Über die Vertreibung der Deutschen sind inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen erschienen, die sowohl die rechtliche Lage der Umsiedler und Vertriebenen
als auch den Verlauf der Vertreibungen schildern. Eva Hahn und Hans Henning
Hahn (2008: 40) kommen zum Schluss, dass es eine enge Verbindung zwischen
populären Wegen der Erinnerung an die Vertreibung einerseits und der Erinnerung an den Holocaust andererseits gebe. Emotional über die Vertreibung zu
schreiben, sei vom deutschen Publikum akzeptiert worden und auf diese Weise zu
einem Bestandteil der kollektiven Identität der deutschen Nation geworden (ebd.:
54). Diesem Thema widmen sich Hahn und Hahn in ihrem zwei Jahre später veröffentlichten umfangreichen Werk. Das Buch, das „auf einer vier Jahrzehnte lang
währenden Beschäftigung“ (Hahn/Hahn 2010: 16) mit der Geschichte der
deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Beziehungen sowie mit dem Erinnern an die Vertreibung in Deutschland, Polen und im heutigen Tschechien beruht, soll – so die Autoren – als Anregung für eine weiterführende Erforschung
der zahlreichen offenen Fragen im Blick auf die Vertreibung dienen. Denn:
„Wer verzerrte Bilder der Vertreibung im Kopf hat, kann die Geschichte des Zweiten Weltkrieges nicht verstehen, und wer sie nicht versteht, kann sich in der europäischen Geschichte
des 20. Jahrhunderts nicht orientieren.“ (ebd.: 17)
Es geht in dem Buch um „das deutsche Erinnern“ (ebd.: 11). Für ihre Analyse
haben Hahn und Hahn Texte unterschiedlicher Genres herangezogen: Zeitzeugenberichte, historische Studien, Quelleneditionen, öffentliche Reden und private
Äußerungen von Politikern, Publizistik, Schulbücher, literarische und mediale
Darstellungen. Sie verwenden viele Quellenzitate und zitieren lange Textpassagen, um eine möglichst quellennahe Erzählweise zu erreichen. Obwohl beide Autoren die Bezeichnung „Vertreibung“ nicht für angemessen halten, „um die Lebenserfahrungen aller Betroffenen historisch adäquat zu benennen“ (ebd.: 15),
gebrauchen sie in ihrem Buch diesen Begriff, weil er sich in der deutschen Sprache als „metaphorisch fest verankerter Begriff“ (ebd.) etabliert habe.
Wichtig für die internationale Forschung ist die Tatsache, dass man in letzter
Zeit nicht nur die Vertreibung der Deutschen, sondern europäische Vertreibungen
in vergleichender Perspektive darstellt. Zu erwähnen ist an dieser Stelle das von
Detlef Brandes, Holm Sundhaussen und Stefan Troebst in Verbindung mit Kristina Kaiserová und Krzysztof Ruchniewicz herausgegebene Lexikon der Vertreibungen aus dem Jahr 2010, das zahlreiche Daten enthält. Peter Oliver Loew behandelt in seinem Aufsatz das Schicksal von deutschen und polnischen Vertriebenen aus Danzig sowie von polnischen Vertriebenen aus den kresy (den östlichen
Grenzgebieten der polnischen Adelsrepublik) in Danzig. Er stellt fest, dass sich zu
Beginn des 21. Jahrhunderts die Erinnerung an die verschiedenen Vertreibungen
in Danzig verflochten habe (Loew 2009: 244). Stefan Troebst beleuchtet in seinem Aufsatz „Europäisierung der Vertreibungserinnerung? Eine deutsch-polnische Chronique scandaleuse 2002–2008“ kritisch verschiedene Initiativen und
Debatten über eine Europäisierung der Vertreibungserinnerung. Bei aller Kritik
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müsse man den Umstand würdigen, dass ein so konfliktbeladenes Thema wie die
ethnopolitisch motivierte Zwangsmigration überhaupt Gegenstand grenzüberschreitender Gedächtnisdiskurse in Europa geworden sei. Denn die Erinnerungskulturen ganz Europas seien weiterhin national segmentiert und damit
nur ausnahmsweise kompatibel (Troebst 2009: 272).
Lustration
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und der Wiedererlangung der Unabhängigkeit standen postkommunistische Länder vor der schwierigen Aufgabe,
ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Die sogenannte Lustration (Überprüfung auf
eine Zusammenarbeit mit dem früheren Geheimdienst) betraf unter anderem folgende Aspekte: die Beseitigung von möglichen Einflüssen ehemaliger Geheimdienste auf die Situation im Lande und die Außenpolitik sowie die Bearbeitung
der Archive ehemaliger kommunistischer Dienste. In Bezug auf Deutschland und
Polen wurde dieses Thema bereits vor einigen Jahren erforscht. So ist der Sammelband von Agnés Bensussan, Dorota Dakowska und Nicolas Beaupré (2004:
12) zu nennen, der einen Vergleich „der deutschen und polnischen Erfahrungen in
ihrem jeweiligen Umgang mit den Polizeiarchiven des Kommunismus“ anstellt.
Die meisten Buchbeiträge betreffen die Öffnung der Archive der Geheimpolizeien
und deren Auswirkung auf politische und wissenschaftliche Debatten in Deutschland und Polen. Durch die vergleichende Perspektive beabsichtigen die Herausgeber „über die nationalen Einzelheiten des jeweiligen Kontextes hinaus, auch mögliche Analogien beziehungsweise Konvergenzen fest[zu]stellen“ (ebd.: 13). Lediglich ein Aufsatz befasst sich mit dem Umgang mit Quellen der Geheimpolizei
in Tschechien, so dass das Ziel, „die Perspektive zu erweitern“ (ebd.: 12, Anm.
10), in diesem Sammelband nur bedingt erreicht wurde.
Eine vergleichende Perspektive bietet das polnische Institut für Oststudien
(Ośrodek Studiów Wschodnich 2009) mit dem Bericht über Lustration in Mitteleuropa und den baltischen Staaten. In ihr werden die Länder Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Lettland und Estland behandelt. Dargestellt und analysiert werden spezifische Wege der Vergangenheitsaufarbeitung,
die Lustrationsgesetze und der Zugang zu den Archiven. Während in Tschechien,
in den baltischen Ländern, aber auch in Rumänien die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit bereits weit fortgeschritten sei, lasse die Auseinandersetzung in der Slowakei, aber auch in Bulgarien noch viel zu wünschen übrig. In
den zuerst genannten Ländern sei der Zugang zu den Archivquellen bereits weitgehend ermöglicht worden, in der Slowakei und vor allem Bulgarien sei die Nutzung der Archive zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit nicht
möglich.
Jan Pauer vergleicht in einem Aufsatz die Aufarbeitung des Kommunismus
und die Lustrationsgesetze in Tschechien und der Slowakei. Der Autor stellt fest,
dass das Verantwortungsgefühl für die Etablierung der kommunistischen Diktatur
in der Slowakei schwächer ausgeprägt sei als in Tschechien (Pauer 2010: 93).
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Während in Tschechien der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus nach
1989 ein zentraler Stellenwert zugekommen sei, habe dieser Themenkomplex
nicht im Zentrum slowakischer Vergangenheitsdiskurse gestanden (ebd.: 104).
Dennoch habe sich die Slowakei auf dem Gebiet der Lustration das Nachbarland
Tschechien als Vorbild genommen und viele ähnliche Gesetze eingeführt. Das
habe jedoch keine Folgen für die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in der slowakischen Gesellschaft und in wissenschaftlichen Kreisen in der
Slowakei gehabt (ebd.: 95–98).
Faschismus und Kommunismus – Diktaturen und Diktaturen-Vergleich
Trotz zahlreicher Kritiken an den Totalitarismus-Konzepten werden Nationalsozialismus und Kommunismus immer häufiger in vergleichender Perspektive erforscht. Umgekehrt entstehen neben diesen großflächigen Vergleichen immer
ausdifferenziertere Modelle zur Erklärung des Nationalsozialismus wie des Sowjetkommunismus. Stefan Troebst (2005: 381–400) hat in einer Analyse ehemals
kommunistischer Staaten vier Zonen unterschieden: Während in den baltischen
Staaten, in Kroatien und in der Slowakei ein klarer antikommunistischer und antisowjetischer Grundkonsens vorherrsche, finde in Polen, Ungarn, Tschechien und
der Ukraine eine kontroverse Aufarbeitung der Vergangenheit statt. In Bulgarien,
Rumänien, Serbien, Mazedonien und Albanien sei die Einstellung zur kommunistischen Vergangenheit ambivalent. Schließlich legten Russland, Weißrussland,
Moldawien und andere GUS-Staaten eine hohe Eliten- und Gedenkkontinuität an
den Tag.
In letzter Zeit sind verdienstvolle Arbeiten entstanden, die den Schwerpunkt
weg von der Diktaturerinnerung an die stalinistische Sowjetunion und das ‚Dritte
Reich‘ und hin zu dem postdiktatorischen Süden Europas verschieben. An dieser
Stelle ist der Sammelband von Stefan Troebst aus dem Jahr 2010 zu nennen, in
dem die geschichtskulturelle Prägung von Gesellschaften behandelt wird, deren
politische Systeme bis 1974/76 beziehungsweise 1989/91 nicht-totalitäre Diktaturen waren. Darin geht es um Portugal, Spanien, Griechenland, Polen, Lettland,
Bulgarien, Rumänien und die Ukraine. Dadurch soll eine Grundlage für einen sowohl ideologien- als auch regionenübergreifenden europäischen Vergleich gelegt
werden (Troebst 2010: 7). In dem interdisziplinär angelegten Sammelband von
Ulf Brunnbauer und Stefan Troebst kommt die Erinnerung an den Kommunismus
in Südosteuropa in vergleichender Perspektive zum Tragen. Das Hauptthema ist
die andauernde Präsenz des Kommunismus in den Erinnerungen der Gesellschaften Südosteuropas (Brunnbauer/Troebst 2007: 6). Die Herausgeber stellen
fest, dass es auch in Südosteuropa, ähnlich wie in Osteuropa, eine weit verbreitete
Nostalgie für den Realsozialismus gebe. Diese sei insbesondere unter den Transformationsverlierern verbreitet (ebd.: 5). Der Sozialismus als lebendige, aktive Erinnerung und nicht aufgearbeitete Vergangenheit sei noch sehr aktuell im heutigen
Südosteuropa (ebd.: 6).
178
Katarzyna Stokłosa
In dem von Lavinia Stan herausgegebenen Sammelband stehen die vergleichend untersuchten Dynamiken des Entkommunisierungsprozesses in Ostmitteleuropa und der früheren Sowjetunion im Mittelpunkt. Anhand von Fallstudien zu neun mittel- und osteuropäischen Ländern (der ehemaligen DDR,
Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Slowenien) und fünfzehn Republiken der früheren Sowjetunion werden solche Faktoren
wie Ausmaß, Tiefe und Erfolg verschiedener Methoden der Entkommunisierung
analysiert. Die Autoren der einzelnen Aufsätze schildern verschiedene politische
Änderungen, die von 1989/91 bis 2007 in den ehemals kommunistischen Gesellschaften stattfanden. Sie analysieren, warum manche Länder bezüglich der „Geschichtsbewältigung“ erfolgreicher, den westlichen Gesellschaften ähnlicher waren als andere. In einigen Ländern wurde der Kommunismus als totalitäres Regime streng verurteilt, während man den Faschismus nahezu ignorierte. Nach Lavinia Stan war das der Fall in den baltischen Ländern, in Ungarn und, in geringerem Ausmaß, auch in Polen (Stan 2010a: 10). In ihrem abschließenden, vergleichenden Kapitel vertritt Lavinia Stan den Standpunkt, dass es kein allgemeinverbindliches Rezept für die Aufarbeitung einer diktatorischen Vergangenheit gebe (Stan 2010b: 247–269).
Geschichtspolitik, Mythenbildung und imperiale Erfahrungen
Geschichte kann instrumentalisiert werden – und sie wird häufig instrumentalisiert. Wie der polnische Historiker Robert Traba (2006: 52) einmal feststellte,
könne die Kenntnis der Geschichte ein ausgezeichnetes Grundnahrungsmittel für
den ideologischen Gebrauch sein. Bei der Lektüre selektiere der Leser jene Informationen, die seine ideologischen Vorstellungen und Erwartungen befriedigten. In diesem Sinne werde die Geschichte zum Diener der Politik, zum Instrument in den Händen der Regierenden. Sie werde zu politischen Zwecken der regierenden Koalition oder des politischen Systems gebraucht. In Ost- und Ostmitteleuropa, wo der Diskurs über Geschichte ein wichtiges Element des Umbruches darstellte, konnte man immer wieder diese selektive Ingebrauchnahme
von Vergangenheit beobachten.
In dem von Michal Kopeček herausgegebenen Sammelband fragen die Autoren danach, wo die Grenzen zwischen legitimen, nachprüfbaren historischen Interpretationen, dem Versuch einer politischen Umschreibung von Geschichte und
der Degradierung oder sogar Verleugnung von historischen Fakten verlaufen. Kopeček analysiert Geschichtspolitik und Nostalgie – die Sehnsucht nach dem früheren Osten und dem Kommunismus – am Beispiel Tschechiens. Aus dem Aufsatz
von Owen V. Johnson (2008: 129) erfahren wir, dass auch in der Slowakei Historiker, Politiker und Journalisten an die früheren Geschichten und Traditionen ihrer
Nationen anknüpfen und versuchen, die Vergangenheit umzuschreiben und ihr
eine neue Bedeutung zu geben. Ferenc Laczó fragt, welche Rolle der Kommunismus im öffentlichen und politischen Leben Ungarns nach dem Umbruch sowie in
den Schriften professioneller Historiker einnahm. Die Letzteren behaupteten, sie
Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im osteuropäischen Raum
179
hätten ihre Isolierung genutzt und frei schreiben können. Zu Recht stellt Laczó
(2008: 154ff.) diese Behauptung infrage. Das, was theoretisch möglich gewesen
wäre, habe sich in der Praxis und im Alltag als schwierig erwiesen. So sei auch
die Forschung ungarischer Historiker zu politischen Zwecken genutzt worden. Die
Situation in Polen sieht nicht viel anders aus. Rafał Stobiecki stellt fest, dass polnische Historiker heutzutage nicht bloß Vergangenheit rekonstruierten. Vielmehr
teilten sie ihre Rolle mit Richtern, Zeugen, Journalisten und Gesetzgebern. Die
Grenze zwischen allgemeinem und wissenschaftlichem Diskurs werde immer unschärfer. So habe die Identifizierung der Geschichte mit Erinnerung zwei Konsequenzen: Erstens nehme die Nutzung der Vergangenheit für die Politik, den Tourismus und die Wirtschaft immer mehr zu, und zweitens gehe das traditionelle
Monopol der Historiker als Erzähler der Geschichte verloren (Stobiecki 2008:
191f.). Aleksander Smolar bestätigt diese Thesen. Er geht sogar noch weiter, indem er feststellt, dass Menschen mit der Manipulation von Vergangenheitsbildern
durch Politiker oder Ideologen unterschiedlicher Couleur tagtäglich konfrontiert
würden. Die Apologeten der polnischen Geschichtspolitik, darunter auch Spitzenpolitiker wie der durch ein Flugzeugunglück im April 2010 umgekommene Lech
Kaczyński, aber auch der liberal-konservative Donald Tusk, strebten eine Festigung der Volksgemeinschaft an. Ihr Ziel sei es, den Stolz auf die Leistungen früherer Generationen zu bestätigen und für einen starken Auftritt auf der internationalen Bühne zu sorgen (Smolar 2008: 50f.).
In Bulgarien wurden die Erinnerungskulturen zu einem Instrument parteipolitischer Auseinandersetzungen. Das verdeutlicht Michael Meznik (2007: 33), indem er schildert, wie politische Parteien durch emotional geführte Diskussionen
über die Periode zwischen 1944 und 1989 eine gewisse Spaltung in der Gesellschaft herbeigeführt hätten.
In der Ukraine sorgt ein Umdenken im Blick auf die sowjetische Periode für
die Konstruktion eines neuen kollektiven Gedächtnisses. Georgiy Kasianov zeigt,
wie der Holodomor (Hungertod) der Jahre 1932–1933 zum integralen Bestandteil
der Diskussionen auf der politischen Ebene der Ukraine geworden ist. In der Sowjetunion, noch nach der Periode des Tauwetters konsequent tabuisiert, sei der Holodomor Ende der 1980er Jahre erstmals zum Thema der öffentlichen Debatten
und der Forschung geworden. Den entscheidenden Anstoß dazu hätten politisch
interessierte Autoren und politische Institutionen gegeben. Kasianov (2008: 203f.)
betont auch die Rolle und Aktivitäten ukrainischer Forscher in den USA und in
Kanada. 2003 habe der Diskurs über den Holodomor politisch und ideologisch
einen Scheitelpunkt erreicht (ebd.: 211). Kasianov kommt zum Schluss, dass das
Thema Holodomor zu einem wichtigen funktionalen Element politischer Diskussionen und ideologischer Differenzen in der Ukraine geworden sei (ebd.: 213). In
seinem zwei Jahre später veröffentlichten Aufsatz urteilt Kasianov kritischer. Er
zeigt, auf welche Weise der Holodomor aus Anlass der Jahrestage 1993, 1998,
2002/03 und 2008 zu politischen Zwecken genutzt wurde. Der Schwerpunkt der
Betrachtung liegt auf der Präsidentschaftszeit von Viktor Yushchenko in den Jahren 2006–2008, als der Holodomor zu einem prominenten nationalen Symbol der
Ukraine geworden sei (Kasianov 2010: 625). Kasianov stellt fest, dass die Erinne-
180
Katarzyna Stokłosa
rung an den Holodomor, in ihrer durch den Staat finanzierten Version, die Gesellschaft nicht eine (ebd.: 641).
Vielversprechend erscheinen jene Beiträge, die das Thema Geschichtspolitik
vergleichend darstellen. Stefan Garsztecki widmet sich in seinem Beitrag dem
Vergleich des belarussischen und des polnischen Diskurses über die Vergangenheit. Eine der Fragen lautet, ob es Ansätze zu Mythenbildung gebe oder doch
Wahrheitssuche überwiege (Garsztecki 2008: 338). Garsztecki kommt zum
Schluss, dass zwischen dem belarussischen und dem polnischen Diskurs über die
Vergangenheit einige Gemeinsamkeiten feststellbar seien. In beiden Ländern
könne man Versuche beobachten, eigene politische Positionen über Geschichte zu
legitimieren und Geschichte zu instrumentalisieren. Insgesamt überwiegen nach
Garsztecki die Unterschiede zwischen Belarus und Polen hinsichtlich der historischen Diskurse. Im Falle Polens gebe es erheblich mehr Pluralität. Man könne
hier Ansätze eines europäischen Modus des Erinnerns antreffen, das heißt einen
historischen Diskurs, der perspektivisch offen, wissenschaftlich fundiert und gesellschaftlich begründet sei. Das sei in Belarus deshalb nicht der Fall, weil die
Voraussetzung einer demokratischen Gesellschaft fehle (Garsztecki 2008: 372ff.).
Dittmar Schorkowitz behandelt in seinem Werk das Verhältnis von Nationsbildung, Geschichtspolitik und Eskalationsdynamik am Beispiel der ehemaligen Sowjetrepubliken. Der Autor kommt zum Schluss, dass Nationalismus und
bewaffneter Separatismus für die ethnopolitische Lage des postkommunistischen
Transformationsraumes typisch seien. Das zeigten die Konflikte um Transnistrien,
in Krasnodar, Abchasien, Tschetschenien, Dagestan, Georgien und Aserbaidschan. Zur Durchsetzung der Bürgerrechte gehört nach Schorkowitz – neben einer
aktiven Vergangenheitspolitik und der offiziellen Anerkennung von Vergehen des
Zarismus und der Sowjetzeit – eine nachhaltige Distanzierung und Verurteilung
von Extremismus in der Öffentlichkeit (Schorkowitz 2008: 267ff.).
In dem Sammelband von Stefan Samerski wird die Wiederbelebung von Landesheiligen und Gründerfürsten sowie deren Umdeutung zu Nationalpatronen
vergleichend dargestellt. Die komparative Erforschung von Nationalpatronen in
Ostmitteleuropa soll es erlauben, diesen Raum auf Identitätsphänomene hin zu
untersuchen (Samerski 2007: 4f.). Betrachtet werden Landespatrone in Ostmitteleuropa, wie zum Beispiel Alexander Newskij in Russland, die Jungfrau Maria
in Polen, Wenzel/Václav in Tschechien, Kyrill und Method in der Slowakei, Stefan der Große in Rumänien, Sava in Serbien, Ivan von Rila in Bulgarien und Kliment von Ohrid in Makedonien.
Schließlich gehören Erinnerungen an imperiale Konstellationen, sowohl an
ausgeübte Macht als auch an erlittene Ohnmacht, zu den Themengebieten der Geschichtspolitik. Im Sammelband von Frank Hadler und Mathias Mesenhöller werden Erinnerungen an imperiale Konstellationen in Ostmitteleuropa geschildert,
„wie sie während der Hochphase des Nationalstaats als beherrschende politische
Organisationsvorstellung entworfen wurden“ (Hadler/Mesenhöller 2007: 13). So
werden beispielsweise die ‚jagiellonische Idee‘ in Polen, das Osmanische Reich in
der Geschichtsschreibung Ungarns und Makedoniens, Preußen in der deutschen
Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im osteuropäischen Raum
181
Geschichtsschreibung oder die Habsburgermonarchie in der österreichischen und
slowakischen Geschichtsschreibung analysiert.
Fazit
Trotz zahlreicher Berührungspunkte und gemeinsamer Forschungsfelder auf dem
Gebiet der Geschichtspolitik und Erinnerungskultur bleibt die Frage von Claus
Leggewie nach einem gemeinsamen Geschichtsbewusstsein der Europäerinnen
und Europäer offen. Sie bedarf weiterer Forschungsanstrengungen. Zutreffend ist
Leggewies (2009: 92f.) Feststellung, dass sich Erinnerung nicht regulieren und
durch offizielle Staatsakte und routinierte Gedenkrituale verordnen lasse. Ein markanter Unterschied zeigt sich historiografisch: Während für den westeuropäischen
Raum die transnationale Geschichtsschreibung schon weit fortgeschritten ist, benötigt dieser Prozess in Ostmitteleuropa noch Zeit.
Abschließend kann festgestellt werden, dass die bisherige Forschung über Geschichtspolitik und Erinnerungskultur hinsichtlich der Berücksichtigung Ost-,
Ostmittel- und Südosteuropas große Fortschritte gemacht hat. Weiterführend sind
vor allem Sammelarbeiten, die vergleichende Perspektiven bieten. Für die Zukunft wünschenswert sind Monografien, die auf der Grundlage der bisherigen
Forschung eine vertiefende Analyse und den Vergleich verschiedener Erinnerungskulturen in Ost- und Westeuropa leisten.
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