"Herausforderung Smart Metering".

Transcription

"Herausforderung Smart Metering".
Die Stadtwerke Rendsburg haben gemeinsam mit dem Beratungshaus VISOS ein Konzept zur
zukünftigen Ausrichtung im Messwesen entwickelt.
Die Einbauverpflichtung für intelligente Messsysteme ist für grundzuständige Messstellenbetreiber (MSB) im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) fest verankert. Auch wenn die technischen und
rechtlichen Rahmenbedingungen bereits in weiten Teilen abgesteckt sind, nehmen viele Verantwortliche im Moment noch eine abwartende Haltung ein, bis die letzten offenen Fragen geklärt
sind. Dabei können sich die Stadtwerke durch eine frühzeitige Vorbereitung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Stadtwerke Rendsburg haben sich als grundzuständiger MSB bereits
frühzeitig mit der Aufgabe der Gateway-Administration auseinandergesetzt, um eine eigene Positionierung am Markt herauszuarbeiten.
Bei der Beantwortung der Fragestellung, wie die neuen Aufgaben der Gateway-Administration
zukünftig umgesetzt werden können, arbeiteten die Stadtwerke Rendsburg mit der VISOS GmbH,
der Beratungstochter der Schleupen AG, zusammen. Die Schleupen AG hat ein umfassendes
Lösungspaket für die Smart-Meter-Gateway-Administration entwickelt, das neben den Beratungs- und Serviceleistungen den IT-Betrieb sämtlicher SMGW-Admin-Prozesse umfasst – unabhängig von den eingesetzten Enterprise-Ressource-Planning (ERP)- und Billingsystemen.
Ganzheitlicher Beratungsansatz
Ziel des im Sommer 2014 abgeschlossenen Beratungsprojektes war es, die internen und externen Rahmenbedingungen der Stadtwerke Rendsburg zu analysieren, um darauf aufbauend die
zukünftige Ausrichtung des Unternehmens in den Aufgabenfeldern Rollout und Gateway-Administration zu entwickeln. Bei der Entwicklung einer Smart-Meter-Strategie gibt es kein Patentrezept. Vielmehr gilt es, die spezifischen Gegebenheiten der Unternehmen vor Ort zu identifizieren
und bei der Analyse zu berücksichtigen. Deshalb wurde auch in Rendsburg im ersten Schritt eine
detaillierte Umwelt- und Unternehmensanalyse durchgeführt. In der Umweltanalyse wurden dabei
die Interessen und Ziele der Stakeholder der Stadtwerke betrachtet. So wurden u.a. die Kunden,
Lieferanten, Kooperationspartner und Dienstleister detailliert bewertet. Denn die Nachfrage der
Kunden, die Leistungsfähigkeit von Lieferanten und Dienstleistern sowie das Potenzial möglicher
Kooperationspartner stecken das Handlungsfeld ab, in dem sich die Stadtwerke Rendsburg positionieren können. Wie groß die Beweglichkeit und die Handlungsfähigkeit in diesem Rahmen
ausfallen, wurde in der sich anschließenden Unternehmensanalyse ergründet.
Das Projekt im Überblick
Gemeinsam mit der Next Level Integration GmbH hat die Schleupen AG ein Lösungspaket zur
Smart-Meter-Gateway-Administration (SMGW-Admin) entwickelt, das neben der Strategieund Organisationsberatung auch den IT-Betrieb sämtlicher SMGW-Admin-Prozesse umfasst –
unabhängig von den eingesetzten ERP- und Billingsystemen.
Das Lösungspaket der Schleupen AG deckt alle Bereiche, angefangen von der Datenhaltung
über die Technik bis hin zur Ausgestaltung der SMGW-Admin-Prozesse ab. Neben den Marktkommunikations-Prozessen müssen auch die nachgelagerten IT-Systeme (EDM, MDM, Billing
etc.) an die neuen Anforderungen angepasst werden. Deshalb werden neben den Systembausteinen „abgesicherter Rechenzentrums-Betrieb in der Schleupen.Cloud“, „Connectivity“, „Zertifikatsmanagement“, „SMGWA-Software“ auch die benötigten Schnittstellen zu den nachgelagerten Systemen auf einer leistungsstarken Plattform zur Verfügung gestellt.
Dieser Artikel wurde in der Netzpraxis np Jg. 54 (2015) Heft 1-2 veröffentlicht
Unternehmensanalyse zeigt Handlungsoptionen auf
Die Unternehmensanalyse umfasste aktuelle Organisationsstruktur und IT-Systemlandschaft, bewertete die verfügbaren Personalressourcen und nahm die übergeordnete Unternehmensstrategie und die Unternehmensziele auf. Auf dieser Grundlage wurden die Stärken und Schwächen
der Stadtwerke Rendsburg herausgefiltert und erste Indikatoren für den organisatorischen und
prozessualen Veränderungsgrad ermittelt.
Für die Stadtwerke Rendsburg ergaben sich aus der Bestandsanalyse und Analysephase zwei
zentrale Fragestellungen. So muss eine grundsätzliche make-or-buy-Entscheidung für die Aufgabe der Gateway-Administration getroffen werden. Den Verantwortlichen bei den Stadtwerken
war bewusst, dass es für sie keine Option ist, selber ein nach IT-Grundschutz zertifiziertes Rechenzentrum aufzubauen und den IT-Betrieb selbst zu übernehmen.
Dennoch existieren zwischen dem kompletten Outsourcing des gesamten Messwesens und der
Durchführung der Gateway-Administration in vollständiger Eigenregie einige Abstufungen. Am
Markt zeichnen sich für die Betriebsprozesse der Gateway-Administration sowohl ASP- (Application Service Providing, d.h. IT-Betrieb im Rechenzentrum des Dienstleisters) als auch BSP-Lösungen (Business Service Providing, d.h. Prozessdurchführung durch Dienstleister) ab.
Darüber hinaus muss grundsätzlich geklärt werden, ob die Aufgaben nur für das eigene Netz
erbracht werden sollen oder ob die Dienstleistungen zur Gateway-Administration auch für benachbarte Werke angeboten werden können. Die Antwort auf diese Frage ist von den Verantwortlichen in Rendsburg gemeinsam mit der make-or-buy-Entscheidung getroffen worden. Denn
nur ein hohes Marktpotenzial im näheren Einzugsgebiet rechtfertigt die notwendigen Investitionen
in den Aufbau der eigenen Ressourcen.
Aus der Diskussion mit den Projektverantwortlichen der Stadtwerke Rendsburg resultierten zwei
mögliche Geschäftsmodelle mit unterschiedlichen Leistungstiefen:
 Option 1: die komplette Vergabe des Messstellenbetriebs an einen Dienstleister
 Option 2: Die Auslagerung des Rechenzentrums an einen Dienstleister, während die Prozessverantwortung am abgesetzten Arbeitsplatz bei den Stadtwerken Rendsburg bleibt
(ASP).
Grundsätzlich können nur bei der Variante 2 externe Dienstleistungsangebote entwickelt und offeriert werden, was qualitativ in die Nutzungsbewertung mit einfloss.
Handlungsoptionen bewerten
Bei der Beurteilung der Handlungsoptionen wurden sowohl qualitative als auch quantitative Indikatoren berücksichtigt. In die Bewertung sind fundierte Antworten aus folgenden Fragekomplexen
eingeflossen:
 Passen die Chancen und Risiken, die mit den jeweiligen Szenarien verbunden sind mit
den Stärken und Schwächen der Stadtwerke zusammen?
 Verfügt das Unternehmen über die Personalausstattung und die Personalqualifikationen,
um die komplexer werdenden Prozesse in der gewünschten Leistungstiefe abzubilden?
 Welche Anzahl an intelligenten Zählern und Messsystemen ist auf Basis der Mengengerüste zu verbauen?
 Welche Kosten sind mit dem Rollout verbunden?
Auch wenn Einzelfaktoren in diesen komplexen Fragestellungen noch mit Unsicherheiten belegt
sind, lassen sich die Rahmenbedingungen bereits heute so definieren, dass die Fragen ausreichend beantwortet werden können. So werden in der Kostenanalyse verschiedene Expertenmeinungen gewichtet, um eine möglichst genaue Annäherung an die Kosten, die mit dem Rollout
intelligenter Messsysteme verbunden sind, zu erreichen. Neben eigenen Markteinschätzungen
Dieser Artikel wurde in der Netzpraxis np Jg. 54 (2015) Heft 1-2 veröffentlicht
der Stadtwerke und den Einschätzungen der Schleupen AG fließen Herstellerbefragungen, Expertenmeinungen, Einschätzungen und Verbände VKU (Verband kommunaler Unternehmen)
und BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.) und auch die Annahmen
der im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführten Smart-Meter-Kosten-NutzenAnalyse in die Analyse mit ein. Auf dieser Datenbasis und der vorher ermittelten Rolloutverpflichtung der Stadtwerke Rendsburg konnten so für jedes Jahr ab Beginn der Einbauverpflichtung die
Investitions- und Betriebskosten ermittelt werden. Somit können für jedes untersuchte Geschäftsmodell sowohl die Auswirkungen auf die Liquidität als auch der jährliche Aufwand erhoben und
in der Entscheidungsvorlage berücksichtigt werden.
Überdurchschnittliches Know-how im Messwesen
Im Ergebnis der Analyse der beiden Varianten ergab sich für die Stadtwerke Rendsburg folgendes Bild: Sowohl unter Berücksichtigung der Kosten als auch unter der Berücksichtigung der weichen Faktoren empfahlen die Experten die Variante 2 mit der ASP-Lösung. Neben Kostenvorteilen lassen sich in diesem Modell auch die Stärken der Stadtwerke am besten einbringen. So
verfügen die Verantwortlichen vor Ort bereits über überdurchschnittliches Know-how im Messwesen. Damit bleibt die strategische Option, zukünftig Dienstleistungen für Dritte (z.B. Netzbetreiber
in der regionalen Umgebung) anzubieten, weiterhin bestehen. Zeitlich empfahl VISOS mit dem
Rollout zu warten, bis marktreife Messsysteme nachweisbar vorhanden sind und die Einbauverpflichtung tatsächlich greift.
Konkrete Umsetzung gestartet
Das heißt jedoch nicht, dass die Stadtwerke Rendsburg bis dahin abwarten. Vielmehr wird die
verbleibende Zeit dafür genutzt, mit den Vorbereitungen in den Handlungsfeldern Prozesse, Organisation und IT zeitnah zu beginnen. Für eine reibungslose Umsetzung wurde dafür im letzten
Projektabschnitt gemeinsam ein direkt startender Maßnahmenplan samt Roadmap definiert.
Maßnahmen, die bereits heute angegangen werden können, sind beispielsweise die Marktsondierung hinsichtlich möglicher Dienstleister und die Erstellung eines Leistungskatalogs zur Verwendung in Ausschreibungen.
Dank des Beratungsprojekts wissen die Stadtwerke Rendsburg heute besser, wo sie in Bezug
auf die Aufgaben zur Gateway-Administration stehen und haben so ihre Handlungsfähigkeit gesichert. Auf Basis der im Projekt gewonnenen Erkenntnisse können sie aktiv in Verhandlungen
mit Dienstleistern eintreten, um sich mit einer auf sie zugeschnittenen Lösung rechtzeitig auf die
zu realisierenden Aufgaben vorzubereiten.
Dieser Artikel wurde in der Netzpraxis np Jg. 54 (2015) Heft 1-2 veröffentlicht