Rollouts mit Umsicht beschleunigen
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Rollouts mit Umsicht beschleunigen
Industrialisierter SAP Template Rollout Rollouts mit Umsicht beschleunigen 10 DMR MARKETS • Manufacturing & High Tech • Ausgabe 2014 Umfangreiche und internationale Rollouts sind aufwändig und binden viele Mitarbeiter. Umso wichtiger sind Tools, die das Vorgehen pragmatisch organisieren. Viele international tätige Konzerne weisen heterogene IT- Landschaften sowie unterschiedliche Geschäftsprozesse in den Landesgesellschaften und Konzerneinheiten auf. Oft sind multiple Instanzen von ERP-Systemen, deren Versionen oder unterschiedliche Systeme von verschiedenen Softwarelieferanten im Einsatz. Die Organisation ist dann typischerweise belastet durch nicht standardisierte Geschäftsprozesse, Datenmodelle und technische Plattformen. Trotz hoher, schon getätigter Investitionen für die Implementierung und Wartung dieser Systeme sind Anwender mit der vorhandenen ERP-Landschaft häufig unzufrieden. Demnach existieren noch viele ungenutzte Potenziale hinsichtlich der Konsolidierung von Prozessen, Daten und Technologieumgebung. Rollouts binden Ressourcen Um effiziente und harmonisierte Geschäftsprozesse zu schaffen, wird häufig die ERP-Software SAP mittels eines Zentralansatzes genutzt. Dabei werden in einem Konzern-Template allgemeingültige Prozesse definiert, typischerweise beginnend mit den kaufmännischen Prozessen und Reporting-Anforderungen aus Konzernsicht. Für die späteren Rollouts in die Sparten des Konzerns sowie internationale Niederlassungen werden diese Prozesse dann auf die jeweiligen Gegebenheiten, in der Regel legale und sprachliche Anforderungen, angepasst. Generell hat sich hierbei eine sogenannte „80-20-Regel“ durchgesetzt: 80 Prozent der Prozesse werden im Template standardisiert und sind fest vorgegeben, während die restlichen 20 Prozent entsprechend der Länderspezifika während des Rollouts angepasst werden. Diese Rollouts binden Ressourcen bei allen involvierten Parteien: Prozess-, IT- und Projektmanagement-Experten aus der Konzernzentrale sowie auf Seiten der auszurollenden Länder. Häufig wird zur Unterstützung der Rollouts ebenso auf die Hilfe von Servicedienstleistern und lokale Experten zurück gegriffen, die einen zusätzlichen Ressourcenverbrauch darstellen. Ein Rollout setzt auf einer zuvor definierten ProgrammGovernance und Projektmethodik auf, die vom Ressourcenund Zeitplan über das Qualitäts- und Risikomanagement bis hin zum Change Management die Vorgehensweise eines Rollout beschreibt. Ein Rollout in einem Land dauert unterschiedlich lang, abhängig von der Komplexität der lokalen Anpassungen, der Anzahl der Mitarbeiter der Landesgesellschaft und der eingesetzten Prozesse (Scope). Rollout-Beschleuniger nutzen Oberste Prämisse eines Rollouts ist es, bei bester Qualität möglichst effektiv und effizient vorzugehen, das heißt die gebundenen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Rollouts möglichst industriell abge arbeitet werden. Hierzu werden im Folgenden sogenannte „Rolloutbeschleuniger“ beschrieben und die Ergebnisse aufge zeigt, die eine Anwendung dieser Vorgehensweise mit sich bringt. Auf zwei Beschleuniger wird gesondert eingegangen: (1) Standardisierter Methodenbaukasten und (2) Sizing der Rollouts. Diese Beschleuniger erlauben das Zurückgreifen auf zuvor erarbeitete, allgemeingültige „Pakete“ und damit auf Materialien, die für einen Rollout nötig sind. Das heißt, dass für Projektpläne, Meeting-Routinen, Kick-Offs und Fragebögen Templates zur Verfügung gestellt werden und fertig einsetzbar sind. Diese Herangehensweise macht die „Neuerfindung des Rades“ bei jedem neuen Rollout überflüssig und erlaubt es allen Beteiligten, die bevorstehenden Aufgaben schnell und problemlos abzuarbeiten. DMR MARKETS • Manufacturing & High Tech • Ausgabe 2014 11 Standardisierter Methodenbaukasten gibt Leitplanken vor Der standardisierte Methodenbaukasten gibt sozusagen die Leitplanken eines Rollouts vor. Hier werden die für die relevanten Themen, von der Governance über das Projekt- und Change Management bis hin zur Systemlandschaft, standardisierten Arbeitsdokumente dem Roll-out-Projektleiter zur Verfügung gestellt. Der Methodenbaukasten umfasst somit eine Vielzahl an Dokumenten und Templates, wobei nicht alle zwingendermaßen für jeden Rollout einzusetzen sind. Der Methodenbaukasten beziehungsweise die darin erarbeiteten Dokumente und Templates stehen in einem zentralen Repository, zum Beispiel Sharepoint, zur Verfügung. Das Programm- oder Projektmanagement hat darauf Zugriff. Sobald die relevanten Themen für den jeweiligen Rollout bestimmt sind, werden die relevanten Daten zur Abarbeitung auf eine von allen Projektmitgliedern zugreifbare Plattform gestellt. Es empfehlen sich Onboarding-Trainings, um die Bausteine und die Logik der Rolloutmethodik den Projektmitarbeitern vorzustellen. Um Klarheit über den Umfang eines Rollouts und den Einsatz der verschiedenen Baukastenbestandteile zu erhalten, werden beim Start eines Rollouts zuerst die für den Rollout relevanten Unternehmensbereiche und Themen definiert. Diese Festlegung geschieht im Rahmen von Set-up-Workshops, bei denen Vertreter aus der Konzernzentrale – die „Hüter des Templates“ – und der vom Rollout betroffenen Gesellschaften anwesend sind. Sobald der Umfang geklärt ist und die Projektbeteiligten die für ihre Rolle nötigen Templates haben, sind sie in der Lage, die notwendigen Informationen in ihrem Team weiterzugeben beziehungsweise bei der Informationsbeschaffung für die Zentrale die richtigen Ansprechpartner zu identi- 12 DMR MARKETS • Manufacturing & High Tech • Ausgabe 2014 fizieren. Für letzteres werden die nötigen Daten in den Templates aus dem Baukasten geschrieben und an die Zentrale zurückgesendet. Ziel des Methodenbaukastens ist es, mindestens 90 Prozent der Anforderungen standardmäßig abzudecken. Bei einem internationalen Konzern ergeben sich für die einzelnen Länder jedoch unterschiedliche Voraussetzungen, weshalb der Baukasten dann anzupassen ist. Diese Anpassungen erzeugen jedoch deutlich weniger Aufwand als für jeden neuen Rollout in eine neue, maßgeschneiderte Lösung zu investieren. Sizing der Rollouts unerlässlich Zusätzlich zum Methodenbaukasten hat es sich bewährt, den Umfang eines Rollouts hinsichtlich seiner Komplexität einzuordnen. Gerade die organisatorischen Einheiten internationaler Konzerne wie etwa Landesgesellschaften, Produktions- oder Vertriebsstätten weisen zumeist große Unterschiede hinsichtlich Größe und Komplexität ihrer Prozesse auf. Bei der Rolloutplanung und -durchführung wirkt sich die Komplexität entscheidend auf die Anzahl eingesetzter Mitarbeiter, Ressourcen und die Auswahl von externen Dienstleistern aus. Sie ist daher bei einem SAP Rollout unbedingt zu berücksichtigen. Je nach Komplexität der Konzerneinheit wird der zuvor beschriebene Methodenbaukasten demnach entweder in Gänze oder aber in für den Rollout relevante Themen wie Produktion oder Service angewendet. In der Anwendung hat es sich bewährt, für das Sizing der Rollouts drei Kategorien zu definieren: Kleine, mittlere und große Rollouts. Bei großen Rollouts handelt es sich um ein Szenario, bei dem alle Prozesse der Wertschöpfung von der Herstellung, über Vertrieb und Service betroffen sind und folgerichtig integriert implementiert werden. Ein Sizing der Rollouts ist unerlässlich Das mittlere Rollout-Szenario findet Verwendung, wenn aus den im Template definierten Prozessen nur einige ausgesuchte Anwendung finden oder wenn die Prozesse und Abteilungen a priori schon eine hohe Deckungsgleiche zum Template vorweisen. Kleine Rollouts sind letztendlich solche, die nur einige wenige der definierten Prozesse aufweisen und folglich auch nur diese implementieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Gesellschaft sich beispielsweise rein auf den Vertrieb konzentriert, die Herstellung und der Service jedoch aus einer anderen Gesellschaft heraus geleistet wird. Grundsätzlich besteht also eine Korrelation zwischen der Anzahl der genutzten Prozesse in einer Gesellschaft und der Größe des Rollouts. teme schon vor dem Rollout aus der Zentrale heraus gesteuert wurde. Ein funktionsübergreifendes Kick-off-Meeting ist ebenso nicht zwingend erforderlich, wenn die auszurollende Gesellschaft lediglich den Produktvertrieb bedient. Weiterhin werden Kennzahlen wie die Anzahl der Buchungskreise, Prozessabdeckungsgrad, Anzahl der Mitarbeiter und lokales IT-Know-how für jedes Rollout-Programm als Indikator für die Sizing-Kategorie herangezogen. So kann beispielsweise die Nichtberücksichtigung des Produktionsprozesses beim Rollout in der Fertigungsindustrie ein Indikator dafür sein, dass es sich nicht um ein Rollout in der Kategorie „groß“ handelt. In anderen, beispielsweise Dienstleistungsindustrien, werden Rollouts andersherum als „groß“ kategorisiert, auch wenn eine eigenständige Produktion nicht vorliegt. Die Hauptkostentreiber eines Rollouts, also gebundene Ressourcen wie neue oder zeitweise nicht produktiv nutzbare Systeme, lassen sich auf diese Weise minimieren. Auf der anderen Seite haben interne Mitarbeiter sowie externe Berater mit diesem Vorgehen Tools an der Hand, die ihnen erlauben, ihre Arbeit effektiv und effizient durchführen zu können. Damit können die anfangs angesprochenen oft hohen Kosten des Rollout-Projektes nachhaltig gesenkt und die Qualität gesteigert werden. Entsprechend des vorgenommenen Sizings werden die Rollout-Vorgehensweise und der Methodenbaukasten konfiguriert. Für kleine und mittelgroße Rollouts werden bestimmte Teilaspekte herausgenommen, da diese keine Anwendung finden oder vom Program Management Office (PMO) als nicht relevant erachtet werden. Beispielsweise seien hier Templates zum System-Hosting genannt: Diese werden standardmäßig vom Baukasten mitgeliefert, sind bei einem kleinen Rollout gegebenenfalls nicht nötig, da das Hosting der Sys Signifikante Zeitersparnis realisieren Durch die Anwendung der beschriebenen Rollout-Beschleuniger lässt sich die Zeit eines Rollouts signifikant verkürzen. Standardisierung und portionsgerechte Zurverfügungstellung von Informationen und Templates tragen die wichtigsten Informationen schnell und einfach in die Gesellschaften und auch in die Zentrale. Florian Müller ist als Berater tätig. Mit seiner praktischen Erfahrung aus zahlreichen ERP-Implementierungs-Projekten hat er ein breites Wissen sowohl in der Konzeption als auch in der Durchführung und Steuerung von internationalen IT-Systemrollouts. Wilfried Kessler ist Managing Consultant und berät Unternehmen in den Bereichen Business / IT-Alignment und BPM sowie bei globalen Template-basierten ERP-Einführungen. DMR MARKETS • Manufacturing & High Tech • Ausgabe 2014 13