p r o f e s s i o n e l l - Deutscher Fundraising Verband
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DEUTSCHER FUNDRAISING VERBAND Die Halbjahresschrift Fundraising professionell 2/2006 2. Jahrgang/D 25988 F – ISSN 1861-0218 des Deutschen Fundraising Verbandes SPENDENMARKT Sind die Deutschen Spenden-Weltmeister? Spenden und ihre Erfassung in Deutschland Mehr Durchblick, mehr Spendenkuchen! Giving Germany Über den Tellerrand geschaut: Giving USA TELEFONMARKETING Das Telefon als Fundraising-Instrument: Planung und Aufbau einer Kampagne Praxis: Beispiel Johanniter-Unfall-Hilfe Das Telefon als etabliertes Fundraising-Instrument Praxis: Beispiel Mehr Demokratie e.V. – Erfahrungsbericht aus einer „kleinen“ Organisation Unlauter oder zulässig? Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Telefonfundraising 9.15: Bankdaten von gestern verarbeitet 11.30: Spendern gedankt 14.30: Zuwendungsbescheinigungen verschickt 16.00: Neueste Kennzahlen an Vorstand geliefert 18.15: Pünktlich mit Max beim Aufstiegswunder Haben Sie die Verwaltung Ihrer NPO optimal im Griff? 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Weil er es für sehr wichtig hält, möchte der Deutsche Fundraising Verband mit dieser Ausgabe „Fundraising professionell“ das Thema „Giving Germany“ anstoßen. Dabei hilft uns sicherlich ein Blick über den eigenen Tellerrand. Die Erfahrungen von „Giving USA“ können uns hier helfen bzw. Anstoß sein. Als Fundraising-Instrument stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe das Telefonmarketing vor. Auch wenn zum Teil von großen Erfolgen zu berichten ist, so steht doch immer wieder die Frage nach der Rechtmäßigkeit im Raum. Um es bereits vorwegzunehmen: Telefonfundraising ist für den Non-Profit-Sektor grundsätzlich erlaubt. Allerdings sind bestimmte Grundsätze wie das Widerspruchsrecht unbedingt zu beachten – ansonsten gibt es Ärger mit dem jeweiligen Landesdatenschutz. Wir wünschen Ihnen eine angenehme und nutzbare Lektüre! Und noch ein Hinweis in eigener Sache: Für die nächste Ausgabe „Fundraising professionell“ zu dem Thema Katastrophen- und Entwicklungshilfe und dem Instrument Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind wir auf Beiträge unserer Leser angewiesen. Redaktionsschluss ist der 11. Januar 2007. Ihre Redaktion Ursula Kapp-Barutzki Stellvertretende Vorsitzende Rüdiger Sornek Beisitzer SPENDENMARKT Sind die Deutschen Spenden-Weltmeister? Spenden und ihre Erfassung in Deutschland 5 Mehr Durchblick, mehr Spendenkuchen! Giving Germany 12 Über den Tellerrand geschaut: Giving USA 17 TELEFONMARKETING Das Telefon als Fundraising-Instrument: Planung und Aufbau einer Kampagne 25 Praxis: Beispiel JUH. Das Telefon als etabliertes Fundraising-Instrument 33 Praxis: Beispiel Mehr Demokratie e.V. Erfahrungsbericht aus einer „kleinen“ Organisation 40 Unlauter oder zulässig? Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Telefonfundraising. 51 IMPRESSUM FUNDRAISING professionell erscheint zweimal jährlich in den Monaten April und Oktober. Sie können die Zeitschrift über den Herausgeber für 28,- Euro pro Jahr inkl. Porto und Versand im Abonnement beziehen. Der Einzelpreis des Heftes liegt bei 14,- Euro zuzügl. Porto. Für Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes ist das Abonnement im Mitgliedsbeitrag enthalten. Vertriebskennzeichen: D 25988 F Herausgeber Deutscher Fundraising Verband e.V. Besuchsanschrift: Emil-von-Behring-Straße 3, 60439 Frankfurt am Main Postanschrift: Postfach 50 05 50, 60394 Frankfurt am Main • Tel.: 069 / 133 89 48-0 • Fax: 069 / 133 89 48-10 E-Mail: [email protected] • Internet: www.fundraisingverband.de Redaktion Rüdiger Sornek • Ursula Kapp-Barutzki Redaktionsbüro: Bergmoser + Höller Agentur • Karl-Friedrich-Str. 68, 52072 Aachen, Jacqueline Souren-Siemons, Friederike Sina Tel.: 0241/93 888 325 • Fax: 0241/ 93 888 333 • E-Mail: [email protected] Koordination Pia Preuß Vertrieb und Anzeigenverwaltung Silke Jüngling • Deutscher Fundraising Verband e.V. • Anschrift: s.o.Anzeigenschluss jeweils 14 Tage vor dem Monat des Erscheinens Druck Sieprath Druckservice GmbH Bildnachweis: S. 5, 12, 15, 17, 19, 20, 28, 40, 45, 46, 51, 52, 57: panthermedia; S. 25: Andreas Kuchem; S. 33: Sarah Spöttl; S. 38: Birgit Betzelt Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 11. Januar 2007 – Themen: Katastrophen- und Entwicklungshilfe, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Wir freuen uns über Anregungen und Vorschläge zu Themen oder Artikeln! Spendenmarkt 5 SIND DIE DEUTSCHEN SPENDENWELTMEISTER? SPENDEN UND IHRE ERFASSUNG IN DEUTSCHLAND von Ursula Kapp-Barutzki Sind wir Deutschen Weltmeister im Spenden oder sind wir es nicht? Spendet der Deutsche immer häufiger und immer mehr? Ist der Spender in der Regel gar kein „Er“ sondern eine „Sie“, die am liebsten Dirndl trägt und regelmäßig sonntags in die Kirche geht? Spenden die Deutschen – Männer, Frauen oder juristische Personen – immer häufiger, während für die einzelne Organisation immer weniger übrig bleibt, weil immer mehr von ihnen in Deutschland um Spenden bitten? Für welchen Zweck wird wann am liebsten gespendet? Gehört der Spender nach wie vor zur Gruppe der „silver“ oder „best ager“? Steht die Höhe des Einkommens eines Menschen in direkter Relation zur Höhe seiner Spende? Seit Anfang der 90er Jahre beschäftigen uns diese Fragen zunehmend – vor allem das Problem, sie verlässlich zu beantworten: Wie viele Spenden sammelnde Organisationen gibt es in Deutschland, wie hoch ist das tatsächliche Spendenaufkommen, wie sieht das Profil des Spenders bzw. der Spenderin aus, in welchem Umfang fördert der Staat das Spendenwesen, inwiefern unterstützen Unternehmen die gute Sache …? Bereits 1994 sollten im Rahmen einer „Großen Anfrage“ der SPD-Fraktion an die damalige Bundesregierung verlässliche Daten ermittelt werden. Aber weder auf diese Initiative hin noch nach der vom Bundestag im Jahr 2000 eingesetzten EnqueteKommission zum Thema ‚Bürgerschaftliches Engagement’ kamen die wahren Zahlen für den deutschen Spendenmarkt ans Licht. Die politischen Zusammensetzungen unserer Regierungen wechselten zwar seit Anfang der 90er Jahre, doch angesichts des staatlichen Haushaltsdefizits setzten sie sich unverändert für eine Stärkung der Bürgergesellschaft und für eine Steigerung der privaten Anteile an der Finanzierung der Aufgaben zur Verbesserung des Gemeinwohls ein. Die Grundlage für die Kontinuität dieses politischen Willens ist die Hoffnung, dass die Bürger zunehmend selbst für die Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen aufkommen mögen. Doch wie soll sich das soziale Engagement erhöhen, wenn wir alle nicht wissen, wie groß es wirklich in Deutschland ist? Und vor allem: wie groß der tatsächliche Geldtransfer von privater Seite für die sozialen Aufgaben im weitesten Sinne ist? Die staatlichen Institutionen zeigen bisher wenig Neigung, selbst in die umfassende Datenerhebung einzusteigen. Wissenschaftler und Forschungsinstitute, Marktund Meinungsforschungsinstitute, der Deutsche Spendenmarkt 6 Spendenrat und Dachverbände wie der Stifterverband und der Deutsche Fundraising Verband bemühen sich zunehmend, dieses Defizit an Wissen auszugleichen. So gibt es seit einigen Jahren eine Reihe von Untersuchungen, Erhebungen, Umfragen und Analysen, die teilweise von den Organisationen selbst in Auftrag gegeben und finanziert wurden, aber auch von der Wissenschaft, staatlichen Stellen und Verbänden. Die unterschiedlichen Auftraggeber stellen auch unterschiedliche Aspekte in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. So waren beispielsweise staatliche Stellen in den letzten Jahren vor allem am Potenzial der freiwilligen Arbeit interessiert. Inwieweit hier ein Zusammenhang zum Stellenabbau aus Kostengründen im sozialen Sektor besteht, lässt sich nur vermuten. Organisationen dagegen interessieren sich vor allem für Erkenntnisse über die finanziellen Ressourcen. Ähnlich wie im kommerziellen Bereich möchten sie mehr wissen über den Spendenmarkt und seine Teilnehmer. Das Deutsche Institut für soziale Fragen (DZI) stellt die Transparenz des Marktes in den Vordergrund, während die Wissenschaft Entwicklungen und Trends im Bereich der so genannten ‚Dritter Sektor Forschung’ möglichst differenziert betrachten möchte. Untersuchungsergebnisse unterschiedlich In den letzten zehn Jahren haben sich die verschiedenen Akteure zunehmend mit der Datenerhebung zur Charakterisierung des deutschen Spendenmarktes und seiner Entwicklungspotenziale beschäftigt – jeweils aus ihren unterschiedlichen Perspektiven. So kommen die diversen Daten zum Spendenaufkommen und zur individuellen Spendenhöhe zu unterschiedlichen Ergebnissen und die einzelnen Erhebungen können nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden. Selbst der Begriff ‚Spendenmarkt’, der sich seit Anfang der 90er Jahre immer stärker in Deutschland durchsetzt, wird unterschiedlich benutzt. Die Spendenmarktforscher der Universität Trier um Prof. Dr. Dietrich Dickertmann sahen Mitte der 90er Jahre die Spendenorganisationen als Anbieter und den Spender als Nachfrager, die beide eine „Koalition“ zur Erreichung eines gemeinnützigen wohltätigen Ziels eingehen. Für Prof. Dr. Michael Urselmann sind auf dem Spendenmarkt die Spender als Anbieter und die Organisationen als Nachfrager zu sehen. Die unterschiedlichen Interessen, Auftraggeber und Methoden führten zu einem Wildwuchs an Begrifflichkeiten. Noch dazu gibt es trotz der Vielzahl der Untersuchungen immer noch erhebliche Lücken in der aussagefähigen Erfassung der Spenderdaten. Vor diesem Hintergrund ist das Statement von DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke, der Deutschland in Sachen Spendenstatistik zum „Entwicklungsland“ erklärt, durchaus nachvollziehbar. Ergänzt wird Wilkes Aussage durch die Forderung von Dr. sc. Eckhard Priller (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, WZB) nach einer kontinuierlichen Spendenberichterstattung in Deutschland. Ohne eine solche Berichterstattung ist eine aktuelle und differenzierte Aussage zum Spendenwesen, wie es sie in USA, Großbritannien und Kanada gibt, nicht möglich. Überblick über die bekanntesten aktuellen Spendenerhebungen in Deutschland: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ziel: Entwicklungen mit Hilfe von Daten zum freiwilligen und ehrenamtlichen Engagement in Deutschland aufzeigen. Methode: Im Rahmen des Freiwilligen Survey wurden 1999 und 2004 jeweils 15.000 Bundesbürger im Alter über 14 Jahre zu ihrem freiwilligen Engagement und Spendenverhalten befragt. Kontakt: www.bmfsfj.de und www.wegweiser-buergergesellschaft.de Spendenmarkt 7 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung WZB Ziel: Analyse von Daten zu Zeit-, Sach- und Geldspenden in Deutschland, um Entwicklungen im Bereich „Dritter Sektor“ wissenschaftlich aufzuzeigen. Methode: Auswertungen und deskriptive Analysen vorhandener Daten und Untersuchungen, Mitarbeit bei der Erhebung relevanter Daten zum deutschen Spendenmarkt 1995 im Rahmen des Johns Hopkins Projektes. Aktuelle Studie zum Thema: „Wer spendet in Deutschland“, November 2005. Stützt sich auf die sozialstrukturelle Analyse vorhandener Erhebungen und Auswertungen – vor allem auf die Freiwilligen Survey 2004. Kontakt: www.wz-berlin.de Ansprechpartner: Dr. sc. Eckhard Priller, Telefon: 030 – 25 49 13 62, [email protected] Institut Stiftung und Gemeinwohl, Private Universität Witten/Herdecke Ziel: Erklärung und Überprüfung von Spendenentwicklungen in Deutschland. Methode: Auswertung und Analysen der offiziellen Steuerstatistiken, vor allem der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerstatistik. In der Regel erscheinen die Statistiken nur alle drei Jahre – und dann rückwirkend. Die wissenschaftliche Forschung hat hier die Möglichkeit, nachträglich zu prüfen, ob die veröffentlichten Ergebnisse über Spendenvolumina richtig sind. Ein Instrument der Überprüfung von Trends. Kontakt: www.uni-wh.de Ansprechpartner: Dr. Klaus Neuhoff, Telefon: 02302 – 92 61 71, [email protected] Prof. Dr. Michael Urselmann, Fachhochschule Köln Ziel: Angabe von Erfolgsfaktoren im Fundraising durch Analyse des Spendenmarktes. Methode: Empirische Untersuchung 1996 durch Befragung von Führungskräften von 106 Spenden sammelnden Organisationen, die seinerzeit zusammen ein Spendenvolumen von ca. zwei Milliarden DM erreichten. Mangels Kapazitäten konnte die Untersuchung bisher nicht kontinuierlich fortgeführt werden. Allerdings soll aufgrund des Interesses an den Ergebnissen eine Längsschnittanalyse entstehen, die regelmäßig alle zwei Jahre die Summe der Spendeneinnahmen der teilnehmenden Organisationen als Indikator für die Entwicklung des gesamten Spendenmarktes erheben soll. Kontakt: Ansprechpartner: Prof. Dr. Michael Urselmann, [email protected] Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen / DZI Berlin Ziel: Will mit seinem jährlichen Spendenalmanach zusätzliche Transparenz im Spendenwesen schaffen. Methode: Aus den bereitgestellten Informationen der DZI-Siegel-Empfänger werden die relevanten Zahlen aufbereitet. Ergebnis: ein DZI-Spenden-Index der 30 größten Spenden-Siegel-Organisationen. Der DZI Spenden-Almanach steht den DZI-Siegel-Empfängern zur Verfügung. Kontakt: www.dzi.de Ansprechpartner: Burkhard Wilke, Telefon: 030 – 839 00 10, [email protected] Deutscher Fundraising Verband, Frankfurt Ziel: Ermittlung und Veröffentlichung der Spendeneinnahmen unterteilt nach Spenden, Erbschaften und Bußgeldeinnahmen der Mitgliedsorganisationen. Methode: Schriftliche Befragung der Mitglieder. Die Untersuchung basiert auf freiwilliger Selbstauskunft. Seit ca. zehn Jahren trägt der Verband die Informationen von ca. 50 Organisationen zusammen und stellt sie seinen Mitgliedern zur Verfügung. Kontakt: www.fundraisingverband.de Ansprechpartnerin: Gabriele Rubner, Telefon: 069 – 13 38 94 80, [email protected] Spendenmarkt 8 Deutscher Spendenmonitor, TNS Infratest Ziel: Erkenntnisse zum Spendenumfang, zu Spendenzwecken und zur Spendermotivation bzw. zum Spenderverhalten. Methode: Bevölkerungsrepräsentative persönliche und mündliche Befragungen (Stichprobenumfang: 4.000 Personen) zum Spendenverhalten. Die Daten werden seit elf Jahren regelmäßig jeweils im Herbst im Auftrag von deutschen NPO erhoben. Der Monitor liefert Informationen zu den Einstellungen der Deutschen zum Spenden, Wertschätzungen der wichtigsten Spendenorganisationen in der Bevölkerung, Image und Positionierung der einzelnen Organisationen, aktuelle Kritikpunkte der Spender an den unterstützten Organisationen sowie soziodemographische Beschreibungen relevanter Spendergruppen. Kontakt: www.tns-infratest.com Ansprechpartner: Jan Borcherding, Telefon: 0521 – 925 74 96, [email protected] Arbeitsgemeinschaft „Spenden in Deutschland“ Ziel: Erkenntnisse zur Spendenbereitschaft von Privathaushalten in Deutschland. Methode: Telefonische bundesweite Befragung von ca. 5.200 Privatpersonen (Spendern und Nichtspendern). Will nicht nur das tatsächliche, sondern auch das potenzielle Spendenvolumen untersuchen. Der Bericht wurde 2005 zum ersten Mal erstellt, soll jährlich erscheinen. Kontakt: www.spenden-in-deutschland.de Ansprechpartner: Wilhelm Heermann, Telefon: 0541 – 409 94 40, [email protected] GfK – Charity Scope Ziel: Erkenntnisse zum Spendenvolumen und Spendenverhalten von Privatpersonen. Methode: Panelbefragung. 10.000 Panelteilnehmer (private Verbraucher, die freiwillig und ohne Honorarzahlung regelmäßig an den Panelbefragungen teilnehmen) werden kontinuierlich jeden Monat schriftlich bzw. online befragt. Sie schicken alle erhaltenen Werbesendungen an die GfK und berichten über die erhaltenen Werbeanrufe. Kontakt: www.gfk.de Ansprechpartner: Martin Günther, Telefon: 0911 – 395 41 57, [email protected] Deutscher Spendenrat und GfK Ziel: Auf Basis der vom GfK gewonnenen Daten relevante Informationen zum Spendenvolumen und Spenderverhalten liefern. Methode: Kontinuierliche monatliche Panelbefragungen mit 10.000 Panelteilnehmern. Kontakt: www.gfk.de Ansprechpartner Willi Haas, Telefon: 09128 – 50 22 65, [email protected] Telefon: 0911 – 395 41 57 DFV – GuideStar Deutschland Ziel: Nach dem Vorbild der Online-Datenbank von GuideStar USA (gegründet 1994) soll eine für die Öffentlichkeit frei zugängliche Datenbank zum gemeinnützigen Sektor aufgebaut werden. Methode: Erstellung einer Datenbank auf Basis freiwilliger Selbstauskunft der Organisationen. Zunächst soll ein Pilotportal mit der Konzentration der Datenerhebung auf die Region Berlin aufgebaut werden. Teilnehmer der Gründungsinitiative nach Selbstauskunft: DZI, BADFW, Deutscher Kulturrat, VENRO, DSB, Deutscher Naturschutzring, Maecenata Institut. Kontakt: www.guidestar-deutschland.de Ansprechpartner: Dr. Martin Vogelsang/Charlotte Buttkus, Telefon: 030 – 839 001 -17/-27 [email protected] Damit Sie weniger ausgeben, um mehr zu gewinnen! Direct Mail Programm 2005: Adfinitas verbessert den ROI des NABU um 35 Prozent Rechnen Sie mit uns. Rufen Sie uns an! adfinitas GmbH Goseriede 1 • 30159 Hannover Tel. (0511)524873-0 • Fax. (0511)524873-20 info@adfinitas.de • www.adfinitas.de HANNOVER (GER) • HAARLEM (NL) • LILLE (FR) • LONDON (GB) Spendenmarkt 10 Ergebnis-Beispiele: Fast alle Fragen zum Spendenmarkt werden unterschiedlich und mit verschiedenen Zahlenangeboten beantwortet. Die folgenden Beispiele zeigen, dass selbst bei der Betrachtung von nur zwei bzw. drei Untersuchungsmethoden unterschiedliche Ergebnisse auftauchen. Die Freiwilligen Survey gibt je nach Spendergruppe teilweise sogar selbst zwei verschiedene Varianten an. Beispiel Spenderquote: Spendenmonitor: 40 bis 42 Prozent (2002, 2003) Freiwilligen Survey: mehr als 60 Prozent (2004 und 1999) Europäische Studie ESS: 33 Prozent (2007) Beispiel Höhe der Durchschnittsspende: Spendenmonitor: 101 Euro (2003, 2004) Freiwilligen Survey: 42 bis 64 Euro (2004 und 1999) Beispiel Volumen des Spendenmarktes: Spendenmonitor: 2,6 Milliarden Euro (2004) Freiwiligen Survey: 3,4 bis 5,2 Milliarden Euro (2004 und 1999) Weniger kann mehr sein – auch in der Datenerfassung Seit Jahren variieren die Angaben zum finanziellen Volumen des Spendenmarktes zwischen drei und bis zu fünf Milliarden Euro. Solch eine Bandbreite hinsichtlich der statistischen Zahlenangebote, die alle von seriösen und renommierten Institutionen oder Wissenschaftlern stammen, kann niemanden zufrieden stellen, der in diesem Bereich arbeitet. Sie dient auch nicht der notwendigen Transparenz und damit der Glaubwürdigkeit gegenüber den Spendern, die den Organisationen ihr Geld oder auch ihre Arbeitsleistung anvertrauen. Eine Verbesserung staatlicher Datenerfassung zum Spendenmarkt wäre mit Blick auf das Fehlen volkswirtschaftlicher Kennzahlen nach wie vor wünschenswert. Für eine Weiterentwicklung des Spendenmarktes sind verlässliche Aussagen über Spendenvolumen, Struktur der Spendenverwendung und über die Spender selbst unerlässlich. Nur so ist mehr Transparenz für die Information und Spendenberatung der Bürgerschaft möglich. Die Initiative von Dr. sc. Eckhard Priller und dem WZB in Berlin, eine Fachtagung zu dem Thema „Spenden in Deutschland – Analysen und Projekte“ zu veranstalten, war insofern ein richtiger Anfang. Sie gab den verschiedenen Akteuren aus Politik, amtlicher Statistik, Meinungs- und Umfrageinstitutionen, Forschung, NPO und dem Deutschen Fundraising Verband Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch. Es wäre wirklich zu wünschen, dass die Etablierung einer gesamthaften kontinuierlichen Datenerfassung nach dem Vorbild ‚Giving USA’ in Deutschland gelänge. Hierzu ist es wichtig, dass sich die Akteure zu einer zweiten Tagung treffen, um Rahmenbedingungen, Finanzierungsmöglichkeiten und Kostenverteilung sowie die Durchführungsinstanzen festzulegen. Letztendlich würden alle von solch einer gemeinsamen Datenerhebung profitieren, die die wesentlichen Aspekte für die unterschiedlichen Akteure berücksichtigt – und sie wäre wahrscheinlich kostengünstiger als die bisherigen vielfältigen Einzeluntersuchungen. Es geht hier auch um einen wesentlichen Beitrag von Glaubwürdigkeit für den gesamten sozialen Sektor im weitesten Sinne. Übrigens: Wir sind keine Weltmeister im Spenden. Was die Höhe der pro-Kopf-Spenden angeht, besiegen uns die Schweden. Im europäischen Vergleich liegen wir allerdings auf einem guten Mittelplatz – gemäß der Europäischen Studie ESS aus dem Jahr 2002. Die Autorin URSULA KAPP-BARUTZKI Ursula Kapp-Barutzki ist Leiterin Kommunikation und Marketing bei CARE International Deutschland. Sie ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende im Deutschen Fundraising Verband und Mitglied des Prüfungskomitees der Fundraising Akademie. VERLAGSDIENSTLEISTUNGEN DIRECT-MARKETING MERCHANDISING Mehr Infos unter www.houseoftheraisingfunds.de Sozialmarketing FUNDRAISING BERATUNG SERVICE Fink Medien AG · Verlags- und Direct-Marketing Kontakt: Deutschland: Zeppelinstraße 29-32 · D –73760 Ostfildern · Telefon +49 711 450 64 46 · [email protected] Schweiz: Unterdorfstraße 12 · CH–8808 Pfäffikon/SZ · Telefon +41 79 444 75 56 · [email protected] Spendenmarkt 12 MEHR DURCHBLICK, MEHR SPENDENKUCHEN! GIVING GERMANY von Dr. Edeltraud Priddat 1 Der ZEIT ist es eine Titelgeschichte wert, wenn auf der anderen Seite der Weltkugel der zweitreichste Mann dem reichsten 37 Milliarden Dollar für dessen Stiftung schenkt. Eine solche Einzelspende hätte in Deutschland eine Verachtfachung des Spendenaufkommens zur Folge, wenn man von einer mittleren geschätzten Spendenhöhe von vier Milliarden Euro ausgeht. Um diese Summe zu stemmen, müssten aber die beiden reichsten Deutschen – Karl und Theo Albrecht – ihr Vermögen zusammenwerfen. Kuchen backen „Der Spendenkuchen ist begrenzt, deshalb ist es nicht gut, wenn immer mehr Institutionen etwas davon abhaben wollen – denn dann werden die einzelnen Stücke immer kleiner und reichen bald für niemanden mehr!“ So oder ähnlich hört man es gelegentlich. Unüberhörbar ist die Sorge des Fundraisers, nicht genug Spenden für die eigene Organisation zu bekommen, unüberhörbar die Sorge um konkrete Hilfen und Projekte, die Sorge um Arbeitsplätze. Unübersehbar sind aber auch die Phantasielosigkeit und die Beschränktheit die1 ZEIT Nr. 29 vom 13. 7. 2006: Milliarden-Segen ser Haltung, die sich ja nur auf den Erhalt von Pfründen richtet. Die Energie und die Freude, die im Gewinnen neuer Partner, neuer Methoden, neuer Instrumente, neuer Förderer und neuer Spendengelder besteht, bleiben hier ausgegrenzt. Wo ist das Problem? Wenn ‚zu wenig Kuchen’ da ist – lasst uns gemeinsam überlegen, wer wo mehr Kuchen backen kann. Wo bekommen wir alle so viel neuen und leckeren (besseren) Kuchen her, der dann auch für alle reichen wird? Der Blick auf Big Brother zeigt: In den letzten 30 Jahren hat sich das Spendenaufkommen in den USA verdoppelt, d.h. der Kuchen ist doppelt so groß geworden. Wo bekommen die Amerikaner die Backhilfen her? Welche gesellschaftlichen Konstellationen begünstigen philanthropische Einstellungen? Wir können auch darüber diskutieren, welchen Anteil das Backpulver „Giving USA“ an der Größe des amerikanischen Spendenkuchens hat! Es ist sicher eine rein spekulative Frage: Wie hoch (oder wie niedrig) könnte das Spendenaufkommen in den USA heute sein, wenn dort nicht seit 50 Jahren jedes Jahr eine Diskussion um Zahlen und gute Spendenmarkt 13 Taten, um Spendenmotive und Veränderungen im Spendenverhalten geführt worden wäre? Wir sprechen von 50 öffentlichen, journalistischen, wissenschaftlichen Diskussionen und Begutachtungen, Motivanalysen und Gegenstrategien rund um das Thema Giving USA! Ansporn und Vorbild: die Philanthropie in den USA Im Jahr 2005 wurden in den USA 260 Milliarden Dollar gespendet. Die 37 Milliarden-DollarMammut-Spende von Buffett macht gerade mal 14 Prozent des amerikanischen Gesamtkuchens aus. In Deutschland sieht das anders aus – das Verhältnis dreht sich: Das deutsche GesamtSpendenaufkommen entspricht nur 7 bis maximal 19 Prozent der Buffettschen Einzelspende. In Deutschland fehlt die gesicherte Datenbasis über den Spendenmarkt – wir sind weit entfernt von amerikanischen Verhältnissen. Das gilt in mehreren Hinsichten: Wir schätzen die Gesamtspendenhöhe zwischen 2,6 und 7 Milliarden, von einer Transparenz des Spendenmarktes kann man überhaupt nicht sprechen. Es gibt keine Veröffentlichungspflicht der NPO, es gibt nur gelegentliche Spendermotivuntersuchungen. Natürlich verbessern verlässliche Daten über Spenden die Orientierung für die deutschen Fundraiser! Wenn wir wissen, in welchen Bereichen die Deutschen (gerne und viel) spenden und in welchen sie das bisher noch nicht getan haben, können wir darauf reagieren; wir können Tendenzen verstärken und ggf. auch gegensteuern. Transparenz auch auf dem deutschen Spendenmarkt: Giving Germany Wünschenswert ist es, ein Giving Germany jetzt zu initiieren, auch wenn nicht alles von Anfang an perfekt, sicher, umfassend und ohne Fehler zusammengestellt wird. In einem ersten Schritt müssen zunächst die für Deutschlands Spendenmarkt relevanten Themenbereiche festgelegt werden. Diese gilt es zukünftig kontinuierlich zu beobachten und das Beobachtete einmal jährlich der Öffentlichkeit vorzustellen. Es sollte unverzüglich und konsequent mit der Zusammenführung der bereits vorliegenden Ergebnisse begonnen werden (Freiwilligen- Report; GFK, Bundesstatistik, Erbschaften, TVGalas; Unternehmensspenden, Bußgeld, öffentliche Förderungen, EU-Gelder, etc.). Wenn ein jährlicher Spendenreport erscheint – selbst in einer sehr bescheidenen Weise – verbessert sich die Datenlage kontinuierlich, Jahr für Jahr. Anfängliche Lücken und Ungenauigkeiten können identifiziert, die fehlenden Zahlen eruiert und ergänzt werden. Es können Methoden und Instrumente gesucht werden, die diese Lücken füllen bzw. ergänzen. Dazu gehört auch die Verbesserung der amtlichen Statistik. Eine wissenschaftliche Bearbeitung dieses Feldes drängt sich geradezu auf. Man könnte so beginnen: Einmal jährlich könnte man eine Tagung veranstalten, auf der die jeweiligen Ergebnisse vorgestellt werden. Auf einer Homepage stünden die Reports inklusive entsprechender Presseberichte zur Verfügung. Vielleicht findet sich eine Zeitung, die relativ kontinuierlich über die Stiftungslandschaft Deutschlands berichtet? Die im Fundraising Verband vorhandenen Kompetenzen für eine Analyse und Beurteilung des Spendenmarktes sollten gebündelt und für eine effektive Pressearbeit des Verbandes zur Verfügung gestellt werden. Giving Germany wäre nicht nur die berichterstattende Seite einer Initiative des deutschen Fundraising Verbandes. Über die Berichterstattungen und Statistiken hinaus wird der Spielraum sichtbar, den wir bezüglich der Aktivierung der Vermögen und der Erhöhung des Spendenaufkommens in Deutschland noch haben. Es geht um Sensibilisierung, Aufmerksamkeitsmanagement und kundige Beratung für eine Stiftungsverwendung privaten Vermögens. Auch in Deutschland wächst die Zahl der Stiftungen; es fehlen allerdings die großen Dimensionen, die Wagnisvermögen. Es wird sich zeigen, was alles bereits geleistet wird im Stiftungsrahmen, und welche ‚weißen Flecken’ der Stiftungslandkarte sich auftun. Warren Buffetts Großspende ist kein Einzelfall, sondern ein möglicher Trend, der auch in Europa und Deutschland, verzögert wie immer, einsetzen wird. Giving Germany kann diesen Trend verstärken zu Beginn einer Entwicklung, die ohne Frage auf uns zukommen wird. Ade? Wenn Ihre Mailings Mal für Mal ungelesen im Altpapier oder sonstwo landen, heisst das noch lange nicht, dass diese SpenderInnen verloren sind. Denn bis zu dreiviertel der Verlorengeglaubten spenden bei einem Telefonkontakt erneut, dies zeigt unsere Erfahrung mit vielen Organisationen. Und es kommt noch besser: Telefonisch kontaktierte SpenderInnen erweisen sich als überdurchschnittlich treu. Bevor Sie endgültig „ade“ sagen, holen Sie die SpenderInnen mit einer Telefonkampagne wieder an Bord. Deutscher Spendenhilfsdienst – DSH GmbH Tel: 0221 990 1000 – [email protected] – Fax: 0221 99 010 99 Wir sind für Sie da: Spender- und Mitglieder-Begrüßung, -Bindung, -Betreuung und -Reaktivierung; Durchführung Ihrer Service-Line und Telefonseminare Spendenmarkt 15 Wann wird es in Deutschland die erste 30 Milliarden-Euro-Spende geben? Wer ist unser (deutscher) Warren Buffett? Lasst uns anfangen, Spenden wie die seine wahrscheinlich zu machen und zu beschleunigen. Warum soll es in Deutschland nicht auch gelingen, Menschen noch zu Lebzeiten zu großen Spenden zu bewegen? Zumal hier ein großes, beinahe riesiges Potenzial an stiftungsfähigem Geld darauf wartet, für wohltätige und gemeinnützige Zwecke geweckt zu werden. Das Geld ist da, es liegen Billionen auf den Sparkonten und es werden Millionen und Milliarden immer wieder ins Ausland transferiert. Warum sollen wir in Deutschland so viel Geld spenden wie in den USA? Warum sollen wir die Aufgaben des Staates übernehmen? Die politischen Diskussionen der letzten Zeit haben es deutlich gemacht: Der deutsche Staat kann viele Aufgaben nicht mehr übernehmen. Er hat einiges (auch in der Vergangenheit) nicht so besonders gut gemacht – vielleicht lassen sich viele Dinge privat effizienter und besser organisieren. Warren Buffett hat 85 Prozent seines Vermögens gespendet und jetzt hat er immer noch mehr Geld, als er sinnvoll für sich selber ausgeben kann. Die Betonung liegt auf sinnvoll! Natürlich kann man auf jedem schönen Fleck dieser Erde ein teures Anwesen kaufen – aber man kann sie nicht alle bewohnen. Auch Buffett kann nur ein Schnitzel zu Mittag essen und um bis ans Ende seiner Tage im Luxus leben zu können, reichen die 15 Prozent seines verbleibenden Vermögens, sechs Milliarden Dollar, völlig aus. Das ist aber nicht das einzige Argument dafür, große Vermögenswerte in gemeinnützige Zwecke zu investieren. Nicht zuletzt macht es auch Spaß, etwas Gutes zu tun, sich finanziell und vielleicht auch persönlich für eine gute Sache erfolgreich einzusetzen. Es zeigt Verantwortung. Bald werden wir neue Theorien über den moderierten Kapitalismus lesen, wie er in den social capital-Theorien und in den corporate social responsibility-Konzepten längst Wirklichkeit geworden ist. Die Umverteilung zwischen großen Spendenmarkt 16 und geringen Einkommen wird nicht mehr staatlich, sondern privat, nämlich über gemeinnützige Stiftungen laufen. Unternehmen werden in einem Maße Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, wie wir es nicht gewohnt sind – weil wir uns auf den Staat verlassen haben, der aber die Produktion öffentlicher und sozialer Güter mindert oder zum Teil einstellen wird. Die Prozesse zu initiieren, sie zu begleiten, zu managen, zeigt die hohe Professionalität der Mitglieder des Fundraising Verbandes. Hierzu muss – für die neuen, größeren Dimensionen – auch genauer und zum Teil überhaupt ausgebildet werden, jeweils für die verschiedenen Bereiche: Gesundheitsfundraising, Hochschulfundraising, Sozialfundraising etc. Die Ausweitung der möglichen Dimensionen des Fundraising muss eine Ausbildung vorbereiten, die diese Dimensionen normal findet, nicht überheblich. Also: Eine schöne erste Reaktion auf die weltweit wohl größte Spende, die jemals ein Mensch getätigt hat, ist die Titelgeschichte der ZEIT. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn diese Tat Nachahmer in Deutschland findet! Wer wagt es als Stifter? Wer wagt es als Fundraiser, Stifter zu bewegen, hier neue Dimensionen zu eröffnen? Die Messlatte ist gelegt: 30 Milliarden Euro. Wie viele Jahre (oder Jahrzehnte) werden wir in Deutschland warten müssen auf eine solche Tat? Die Autorin DR. EDELTRAUD PRIDDAT Dr. Edeltraud Priddat ist promovierte Philosophin und hat zehn Jahre lang (1995 bis 2005) an der privaten Universität Witten/Herdecke im Fundraising gearbeitet. Sie war dort speziell im GroßspenderFundraising tätig, hat einen regionalen Freundeskreis aufgebaut und neue Fundraisingmethoden etabliert. Seit November 2005 ist sie für das Fundraising an der Zeppelin University in Friedrichshafen verantwortlich. Dr. Edeltraud Priddat ist Ansprechpartnerin für die Fachgruppe Spendenmarkt des Deutschen Fundraising Verbandes. Für Rückmeldungen, Anmerkungen und Ideen zum Thema Spendenmarkt Deutschland sind wir dankbar! Wir freuen uns auf Ihre E-Mails an [email protected] Spendenmarkt 17 ÜBER DEN TELLERRAND GESCHAUT: GIVING USA von Antje Kuchenbecker Mindestens einmal im Jahr ist der amerikanischen Non-Profit-Welt ein Platz im gesellschaftlichen Rampenlicht gewiss. Immer dann, wenn die Stiftung Giving USA ihren Jahresbericht vorstellt. Mitte Juni war es wieder soweit: New York Times und Washington Post, aber auch Radio und Fernsehen feierten die Großzügigkeit der Amerikaner. Rund 260,3 Milliarden Dollar haben sie im vergangenen Jahr gespendet – 6,1 Prozent mehr als noch 2004 (inflationsbereinigt 2,7 Prozent). Der Anstieg des Spendenvolumens wird vor allem den drei großen Katastrophen des vergangenen Jahres zugeschrieben: dem Tsunami in Asien, dem Erdbeben in Pakistan und dem Hurricane Katrina. „Desaster haben im Spendenjahr 2005 auf jeden Fall eine Rolle gespielt”, kommentiert Richard T. Jolly, Vorsitzender der Giving USA Foundation, die Ergebnisse. Rund drei Prozent des gesamten Spendenaufkommens seien in die Katastrophenhilfe geflossen. Seit genau 51 Jahren führt Giving USA die Bücher des amerikanischen Non-Profit-Sektors. Das Jahrbuch gilt als umfassendste und verlässlichste Quelle für Informationen in Sachen Spenden. Es synthetisiert Forschungsergebnisse und erarbei- tet systematische Schätzungen, woher das Geld kommt und wohin es fließt. Darüber hinaus werden Trends sowie gesellschaftliche Hintergründe und Entwicklungen anhand der Zahlen analysiert. Aus der Arbeit von Non-Profit-Organisationen und Stiftungen ist das Jahrbuch Giving USA nicht mehr wegzudenken. Ein Mitarbeiter des Foundation Centers in Washington erklärt, der Giving USA Report sei wie ein jährlicher Gesundheits-check-up des Dritten Sektors, dessen Temperaturkurve und Pulsschläge gemessen und ausgewertet würden. Der Report helfe beispielsweise dem Foundation Center, die Rolle von Stiftungen im Verhältnis zu anderen Spendern – wie Privatpersonen und Firmen – zu sehen. Non-Profit-Organisationen bietet das Jahrbuch vor allem die Möglichkeit zu prüfen, wie die eigene Organisation im Vergleich mit anderen abschneidet. Für eine Organisation, die sich Gesundheitsaufgaben widmet, ist die Information wichtig, dass religiöse Einrichtungen die meisten Spenden erhalten. Vorstandsmitglieder, zu deren wichtigsten Aufgaben in den USA Fundraising gehört, sind oft überrascht, dass die meisten und größten Summen von Privatpersonen kommen, und Spendenmarkt 18 nicht von Stiftungen oder Unternehmen. Giving USA zeigt auch die Tatsache auf, dass Spenden für Kunst und Kultur über Jahre rückläufig sind. All diese Informationen helfen Non-Profits, auf Veränderungen zu reagieren und ihre Planungen entsprechend auszurichten. Die amerikanische Spendenlandschaft Umfassende und kontinuierlich erhobene Daten über den Dritten Sektor erlauben, dessen Wachstum und Entwicklung sowie die Grundmuster amerikanischen Spendenverhaltens zu verstehen. In den vergangenen 50 Jahren ist der Dritte Sektor in den USA stetig gewachsen und hat sich zu einer ernstzunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Größe entwickelt. Das Spendenvolumen hat sich in den letzten drei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Waren es 1970 noch 94 Milliarden Dollar, so betrug die Summe 2005 rund 260,3 Milliarden. Seit 1965 liegt das jährliche Spendenvolumen zwischen 1,7 bis 2,3 Prozent des amerikanischen 2 Bruttosozialproduktes. Entsprechend ist auch die Zahl der Non-ProfitOrganisationen gewachsen. Auf rund 1,6 Millionen wird ihre Zahl heute geschätzt. Der Non-Profit-Sektor ist auch zu einem bedeutenden Arbeitgeber geworden. Fast jeder neunte erwerbstätige Amerikaner sowie mehr als 100 Millionen 3 ehrenamtliche Helfer arbeiten hier. Viele Non-Profit-Organisationen ähneln deutschen Vereinen. Sie müssen sich eintragen lassen (Incorporation), geben sich eine Satzung (Bylaws) und haben in der Regel einen Vorstand (Board of Directors). Der amerikanische Staat fördert den Non-Profit-Sektor und ermutigt potenzielle Spender, indem Spenden an steuerbefreite Organisationen in hohem Maße von der Steuer abgesetzt werden können. Die genaue Höhe ist abhängig vom Status des Spendenempfängers und dem eigenen Einkommensteuersatz. Im Falle von Geldspenden liegt die Höchstgrenze bei 50 Prozent des jährlichen Einkommens. Wenn zum Beispiel jemand mit einem zu versteuernden Einkommen von 50.000 Dollar seiner Kirche 2.000 Dollar spendet, dann beträgt seine Steuerersparnis 2 Statement von Richard T. Jolly, Vorstand der Giving USA Foundation und Herausgeber von Giving USA, Press kit. Das Press kit kann bestellt werden bei Sharon Bond, [email protected] 3 Lilya Wagner, Careers in Fundraising, New York 2002, S. 17. 540 Dollar bei einem Steuersatz von 27 Prozent. Die 2.000-Dollar-Spende kostet ihn dann lediglich 1.450 Dollar. Organisationen, die steuerbefreite Gelder einnehmen wollen, sind der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig. In Fragen der Transparenz sind die USA Deutschland um Einiges voraus. Seit der Steuerreform von 1969 müssen steuerbefreite Stiftungen und Organisationen eine Steuererklärung nach einem einheitlichen Format ausfüllen (Formular 990) und darin ausführliche Angaben zu ihren Finanzen und zur Höhe und Art der Förderung sowohl für Geber als auch für Empfänger machen. Die Gehälter der fünf höchstbezahlten Angestellten sind ebenfalls anzugeben. Die ausgefüllten 990 Formulare und Steuererklärungen sind öffentlich zugänglich und 4 auf verschiedenen Internetseiten einsehbar. Wie lässt sich nun das sensationelle Wachstum des Non-Profit-Sektors erklären? Die Gründe sind vielfältig: Der Wirtschaftsboom nach Ende des 2. Weltkrieges, die Sozialpolitik von Präsident Lyndon B. Johnson (Great Society), die Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren, die New Economy Euphorie der 90er Jahre und schließlich die Tatsache, dass es immer mehr Superreiche gibt, spielen hier eine 5 zentrale Rolle. Die Ergebnisse von Giving USA 2006 Die US-Spenden im Jahre 2005 erreichten die sensationelle Summe von 260,3 Milliarden Dollar und reichten damit fast an die Ergebnisse des Rekordjahres 2000 heran, als der Aktienboom der 90er Jahre reichliche Früchte trug. Im Vergleich zu 2004 stiegen die Spendengelder um 2,7 Prozent an (inflationsbereinigt). Dies ist die höchste Summe nach den Anschlägen des 11. September 2001. Allgemeine Verunsicherung und Zukunftsangst hatten die Spendenbereitschaft erheblich gedämpft. Lester M. Salamon, Direktor des Center for Civil Society Studies an der Johns Hopkins University, hält das Spendenergebnis 2005 für hervorragend. Doch Giving USA, so fügt er hinzu, könne leicht den Eindruck erwecken, Non-ProfitOrganisationen stünden 260 Milliarden Dollar Cash zur freien Verfügung. Das ist freilich nicht der Fall. Die Gesamtspendensumme enthält eben 4 5 Zum Beispiel unter http://tfcny.fdncenter.org/990s/990search/esearch.php Siehe auch den sehr informativen Artikel von Gisela Keller, Stiftungslandschaft USA. Fakten, Trends, Herausforderungen. In: Stiftung & Sponsoring, April 2006. http://www.gkcommunications.com/ Amerikanische%20Stiftungslandschaft.pdf Spendenmarkt 19 auch die Picassos, die Museen gespendet wurden sowie Endowment-Spenden (Kapitalstock), die 6 nicht zeitnah verwendet werden können. 2005 im Zeichen von Katastrophenhilfe Der Anstieg der Spenden im Jahre 2005 ist, wie oben erwähnt, vor allem den drei großen Katastrophen des vergangenen Jahres zuzuschreiben. Rund 7,4 Milliarden Dollar, fast drei Prozent der Gesamtspenden, flossen in die Katastrophenhilfe. Die Wirbelstürme Katrina, Wilma und Rita verwüsteten weite Teile der amerikanischen Golfküste und machten viele Menschen obdachlos. Privatpersonen und private Stiftungen spendeten geschätzte fünf Milliarden Dollar für die Hurricane-Opfer. Rettungs- und Wiederaufbauarbeiten in Südostasien nach dem Tsunami im Dezember 2004, der über 160.000 Menschen das Leben kostete, unterstützten die Bürger der USA mit fast zwei Millarden Dollar. Sammlungen für die Opfer des Erdbebens in Pakistan, das im Oktober 2005 rund 70.000 Menschen tötete, erreichten ca. 150.000 Millionen Dollar. „Amerikaner haben tief in ihre Taschen gegriffen, um Katastrophenopfern zu helfen”, kommentiert Greg Simoncini die Zahlen. Er arbeitet für The Alford Group, eine Consulting Firma, die 6 7 Lester M. Salamon in der New York Times vom 19. Juni 2006 Greg Simoncini in Business Week vom 19. Juni 2006, http://www.businessweek.com/investor/content/jun2006/ pi20060619_766177.htm Non-Profit-Organisationen berät. „Das Erdbeben traf eine entlegenere Weltgegend, die nur wenigen überhaupt ein Begriff ist. Dagegen konnten Menschen sich gut vorstellen, als Touristen in den Gebieten zu sein, die der Tsunami verwüstete. Und natürlich geht den Menschen hier in den USA besonders das Schicksal von New Orleans nahe.” Gerade angesichts von Katastrophen, stellt Simoncini fest, reagieren Menschen emotional und wollen helfen – oft sogar ohne Rücksicht darauf, ob sie es sich leisten 7 können oder nicht. Ohne die Spenden für die Katastrophenopfer hätte das Spendenvolumen von 2005 angesichts der wirtschaftlichen Lage wohl eher dem des Vorjahres entsprochen. Das bedeutet jedoch auch, dass Amerikaner zusätzlich zu ihren geplanten Gaben für die Katastrophenhilfe spendeten und nicht an ihren gewohnten Spenden sparten. Den weitaus größten Teil (79 Prozent) der Katastrophengelder spendeten Privatpersonen an humanitäre Hilfsorganisationen. Individuen spenden am meisten Dass die Spenden für die Desasterhilfe vor allem aus den Taschen von Privatpersonen kommen, spiegelt ein Muster, das tief eingegraben ist in die amerikanische Spendentradition. Auch die Gesamtstatistik für 2005 bestätigt aufs Neue das Altbekannte, nämlich dass die meisten Spenden von Individuen kommen. Insgesamt wird die Summe aus privater Hand für 2005 auf 199 Milliarden Dollar geschätzt – 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Dass vor allem Privatperson spenden, ist tief in der amerikanischen Mentalität verankert. Sich philanthropisch zu zeigen, ist eine Kulturtechnik, die zu beherrschen und auszuüben gesellschaftlich zum guten Ton gehört. Dabei kommt es nicht allein auf die Summe an. Oft ist viel wichtiger, dass sich alle beteiligen. Spendenmarkt 20 In Deutschland ist nicht selten zu hören, dass Personen sich mit ihren Spenden von der Verantwortung zu handeln „freikaufen” wollen. In den USA (wie in Deutschland häufig auch) gehen jedoch persönliches Engagement und Spenden eng miteinander einher. Lester Salamon, Direktor des Zentrums für Zivile Gesellschaft an der Johns Hopkins Universität in Baltimore, beschreibt die amerikanische Mentalität so: „Diese Organisationen (Non-Profit-Organisationen, Anm. d. Autorin) transportieren eine Lebenskraft, die schon lange das Kernstück amerikanischer Kultur ausmacht – der Glaube an die Macht individuellen Handelns, das die Qualität menschlichen Lebens zu verbessern vermag. Sie verkörpern zwei sich scheinbar widersprechende Impulse, die das Herz des amerikanischen Charakters bilden: ein tief sitzendes Bekenntnis zu Freiheit und individuellem Handeln und der gleichermaßen tief verwurzelte Glaube, dass Menschen in Gemeinschaften leben und konsequenterweise Verantwortung tragen, die 8 über sie selbst hinausreicht.“ Während die Summe der Spendengelder aus privater Hand anstieg, sank die Zahl der Testamentsspenden. Sie verzeichneten einen Rückgang um 5,5 Prozent, von 18,5 Millarden Dollar im Jahre 2004 auf 17,4 Millarden 2005. Fundraiser werden nicht darum herumkommen, auf diesen Trend zu reagieren. Robert F. Sharpe, ein Fundraising Consultant in Memphis, vermutet, dass Testamentsspenden in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch weiter fallen werden – zum einen aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge von 1924 bis 1935. Darüber hinaus ist auch die 8 Lester Salamon, The Resilent Sector. The State of Non-Profit America, in: Lester Salamon (Ed.), The State of Non-Profit America, Washington DC 2002, S. 3. Lebenserwartung und damit der Bedarf gestiegen, finanzielle Mittel vorzuhalten für etwaige Pflege und medizinische Versorgung. Sharpe empfiehlt Fundraisern deshalb, gut betuchte Mäzene davon zu überzeugen, eine Großspende doch zu Lebzeiten zu geben, und nicht ganz so begüterte Spender dazu zu bewegen, größere Summen in 9 Raten über mehrere Jahre zu stiften. Im Vergleich zu der gewaltigen Spendensumme von privaten Personen trugen Stiftungen im vergangenen Jahr rund 30 Milliarden Dollar bei und damit 11,5 Prozent des gesamten Spendenvolumens. Damit lagen Stiftungsspenden knapp über den Ergebnissen von 2004. Um bemerkenswerte 22,5 Prozent erhöhten sich dagegen die Spenden von Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr. Rund 13,8 Milliarden Dollar gaben Unternehmen für gemeinnützige Zwecke. (Damit ist nicht Sponsoring gemeint, da es sich dabei nicht um gemeinnützige Spenden handelt.) Der gewaltige Anstieg wird vor allem auf internationale Katastrophenhilfe in Form von Geld, aber auch Sachspenden zurückgeführt. Das Transportunternehmen DHL zum Beispiel richtete extra eine Abteilung ein, die Hilfsorganisationen beim Transport von Hilfsgütern unterstützt. Ferner haben Studien gezeigt, dass Käufer lieber von Firmen kaufen, die sich philanthropisch engagiert zeigen. Religion als wichtigster Spendenempfänger So, wie Privatpersonen traditionell die größte Spendenquelle darstellen, so bilden religiöse Organisationen einschließlich Kirchen und Synagogen die mit Abstand größte Gruppe von Spendenempfängern. Rund 36 Prozent aller Spenden, 93,2 Milliarden Dollar, erhielten sie 2005. In den USA gibt es keine Kirchensteuer, eine solche würde als grobe Verletzung der Trennung von Staat und Kirche empfunden. Religiöse Einrichtungen finanzieren sich ausschließlich über Spenden und Einnahmen aus Dienstleistungen wie z.B. Kindergärten, Schulen, soziale Dienste etc. In den USA ist es sehr üblich, einer Gemeinde anzugehören und sich dort zu engagieren. Darüber hinaus ist die Aufforderung zu spenden tief im christlichen und jüdischen Glauben sowie in anderen Religionen verwurzelt. 9 Robert F. Sharpe im Chronicle of Philanthropy vom 29. Juni 2006, http://philanthropy.com/free/articles/v18/i18/18002301.htm Spendenmarkt 21 An zweiter Stelle auf der Liste der Spendenempfänger stehen – ebenfalls dem traditionellen Muster entsprechend – die Bildungseinrichtungen wie Hochschulen, Schulen, Kindergärten etc. 2005 flossen ihnen geschätzte 39 Milliarden Dollar zu. Vor allem Ehemalige (Alumni) spenden ihrer Alma Mater, häufig aus dem Gefühl heraus, etwas zurückgeben zu wollen für die gute Ausbildung, die ihnen ihren Reichtum erst ermöglichte. Die gewaltigen Summen, die prominente Alumni ihren Universitäten spenden, sind auch in Deutschland legendär, so z.B. Fälle wie Roy Ash, der Harvard 2004 insgesamt 15 Millionen Dollar spendete. Oder Yale Alumnus Harry Cullmann, der seiner Alma Mater einen Scheck über 16 Millionen ausstellte. Krankenhäuser und andere Organisationen des Gesundheitssektors erhielten rund 23 Milliarden Dollar und verzeichneten damit einen leichten Zuwachs. Der enorme Zuwachs von 32 Prozent an Spendengeldern für soziale Dienste, insgesamt gut 25,4 Milliarden Dollar, ist vor allem den Spenden für Katastrophenhilfe zuzurechnen. Einen leichten Rückgang an Spendengeldern (2005: 13,5 Milliarden Dollar) verzeichneten dagegen das erste Mal seit 1998 Kunst und Kultur. Ein interessantes Detail mit weit reichenden Folgen für strategisches Fundraising ist die Tatsache, dass sich das Spenden via Internet großer Beliebtheit erfreut. Viele Non-Profit-Organisationen, kleine wie große, haben während der Spendenkampagnen für die Katastrophenopfer die Gelegenheit genutzt und ihre Kapazitäten und Fähigkeiten ausgebaut, Spenden online einzuwerben und weiterzuverarbeiten. So warb z.B. die Heilsarmee im vergangenen Jahr knapp 51 Millionen Dollar online ein, davon gingen 35 Millionen an Hurricane Opfer. 2004 hatte die Heilsarmee lediglich 5,5 Millionen Dollar online eingeworben. Die Katastrophenhilfe hat also zu einer Modernisierung von FundraisingMethoden beigetragen. Geschichte und Methoden von Giving USA Der Jahresbericht Giving USA erscheint in diesem Jahr zum 51. Mal. Er wird herausgegeben von der Foundation Giving USA (ehemals AAFRC Trust for Philanthropy), die 1985 von der American 10 Association of Fundraising Counsel (AAFRC) ins Leben gerufen wurde. Ziel der Stiftung ist es, den 10 Im vergangen Jahr zum 50. Jubiläum haben beide einen neuen Namen bekommen. „Giving Institute: Leading Consultants to NonProfits” ist der neue Name der American Association of Fundraising Counsel”, der AAFRC Trust for Philanthropy heißt nun „Giving USA Foundation”. Dritten Sektor zu erforschen und das Verständnis der Öffentlichkeit für Philanthropie zu stärken. Die Mutterorganisation AAFRC existiert bereits seit 1935 und machte sich zur Aufgabe, professionelle und ethische Standards für Fundraising zu entwickeln sowie die Gesetzgebung für den Non-Profit-Sektor mitzugestalten. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und Tradition gilt sie in den USA als echte Autorität. Den Jahresbericht Giving USA hat AAFRC lange Jahre von ihren Töchtern erstellen lassen, die Daten auswerteten und den Report verfassten – zunächst war es der Trust for Philanthropy, dann die Stiftung Giving USA. Im Jahr 2000 jedoch schloss AAFRC mit der wohl renommiertesten Institution des Landes in Sachen Philanthropie, dem Center on Philanthropy at Indiana University, einen Vertrag über fünf Jahre und beauftragte das Center mit Recherche und Auswertung der Daten sowie dem Schreiben des Reports. Der Vertrag mit Indiana wurde im vergangenen Jahr um fünf weitere Jahre verlängert. Allein die Recherche für das Jahrbuch kostet rund eine viertel Millionen Dollar. Ca 90.000 Dollar werden durch Fundraising aufgebracht, unter den größten Spendern sind Non-Profit Consulting Firmen wie etwa Marts & Lundy. Das Center on Philanthropy steuert Sachleistungen und Zeit bei. Der Restbetrag wird von der Stiftung Giving USA gedeckt. Die jährlichen Schätzungen von Giving USA basieren auf kontinuierlichen Befragungen von exemplarisch ausgewählten Non-Profit-Organisationen sowie ökonometrischen Studien, die sich auf Steuerdaten, staatliche Schätzungen wirtschaftlicher Indikatoren und die Untersuchungen anderer Forschungsinstitute stützen. Zu den Datenquellen, die für die Schätzungen benutzt werden, zählen die amerikanischen Steuerbehörden, das US-Finanzministerium, das „Bureau of Economic Analysis”, das „Foundation Center”, der „Independent Sector”, das „Council of Aid to Education”, das „National Center for Charitable Statistics at the Urban Institute” und das „National Council of Churches of Christ”. Über die Methodologie wacht ein gesondertes Komitee, das „Methodology Committee”, dem erfahrene und renommierte Vertreter des Non- Spendenmarkt 22 Profit-Sektors angehören. Die Methoden und Auswertungsmuster der Daten sind seit Erscheinen des ersten Reports angepasst und erweitert, aber nicht gravierend verändert worden, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Als das Center on Philanthropy die Erstellung des Jahrbuches übernahm, so Eugen Tempel, habe man die bisherigen Methoden überprüft und als sehr tauglich befunden. Dennoch seien die Methoden verfeinert worden. So seien exemplarische Untersuchungen ausgeweitet worden und basieren nun auf mehr Daten. Außerdem ergänzte das Center on Philanthropy Giving USA um eine Einleitung, ein Glossar und um ein gesondertes Kapitel, das Änderungen bei den Methoden zur Schätzung von Spenden erklärt. Schließlich fügte man auch eine Zusammenfassung anderer Studien hinzu, wie z.B. regionale oder auch internationale Untersuchungen. Ziel war es, das Jahrbuch benutzerfreundlicher zu gestalten. Darüber hinaus bietet das Center on Philanthropy Seminare für Fundraiser, Akademiker und andere Interessierte an und schult Teilnehmer, wie sie die Daten für ihre Organisationen nutzen und damit 11 arbeiten können. Der Bericht Giving USA 2006 gliedert seine Informationen nach Absendern und Empfängern von Spenden. Bei den Absendern unterscheidet er zwischen Privatpersonen, Unternehmen und Stiftungen. Die Spendenempfänger sind unterteilt in Religion, Bildung, Stiftungen, Gesundheit, soziale Dienste, Kunst, Umwelt, soziale Zwecke und internationale Angelegenheiten. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit Trends im Spendenverhalten sowie Benchmarking Informationen, die NonProfit-Organisationen erlauben, ihre Fundraisingaktivitäten an denen vergleichbarer Organisationen zu messen. Aus aktuellem Anlass enthält die diesjährige Ausgabe auch ein Kapitel über Spenden für Katastrophen. Gegen Honorar bietet Indiana Non-Profit-Organisationen Hilfe beim Benchmarking an. Non-Profit-Organisationen können beispielsweise ihre Daten der vergangenen zehn Jahre von Melissa Brown, die bei Indiana für Giving USA verantwortlich ist, (inflations-)bereinigen lassen. Dann analysiert Melissa Brown diese Daten im Verhältnis zu den Ergebnissen vergleichbarer Organisationen. Die NPO kann daraufhin 11 Ausführlich zur Methodendiskussion des Centers on Philanthropy siehe „Methodologies Used to Develop Estimates of the Sources of Giving and Contributions by Type of Recipient in Giving USA 2001 for Charitable Contributions in 2000, September 2002, http://www. philanthropy.iupui.edu/GivingUSA-Methodology-2001Edition.pdf ihre Strategien überprüfen und gegebenenfalls neu definieren. Eugen Tempel ist sich sicher: „Giving USA ist eine unschätzbare Quelle und die einzige ihrer Art, um das aktuelle und vergangene Spendenverhalten zu verstehen. Giving USA hilft Non-ProfitOrganisationen, ihre zukünftigen Optionen vorauszusehen und zu planen.” „Giving in the Netherlands” and „Giving Korea”! – Giving Germany? Befragt danach, was sie jemandem raten würde, der nach dem Vorbild von Giving USA ein Jahrbuch – etwa für Deutschland – herausgeben wolle, antwortet Sharon Bond von der Giving USA Foundation: Am wichtigsten seien gute, glaubwürdige Daten aus verlässlichen Quellen. Nur so sei es möglich, Autorität zu gewinnen. Natürlich sei es darüber hinaus von großer Bedeutung, eine saubere Methodologie zu entwickeln, am besten durch ein hochkarätig, von anerkannten Persönlichkeiten besetztes Komitee. Giving USA habe von Anfang an darauf geachtet, Spender und Spendenempfänger miteinander ins Verhältnis zu setzen und zu prüfen, ob beide Summen zusammen einen Sinn ergeben. In diesem Jahr beispielsweise habe das Methodologie Komitee lange darüber diskutiert, wie der enorme Anstieg der Spenden von Unternehmen zu erklären sei und ob es sich womöglich um ein methodisches Problem handele. Melissa Brown von Indiana gibt die Notwendigkeit zu bedenken, einheitliche Definitionen zu entwickeln, die gesellschaftlich anerkannt sein müssen. So muss es eine klare Vorstellung darüber geben, welche Organisationen beispielsweise zum Gesundheitssektor gezählt werden und welche nicht. Ferner sei für die Glaubwürdigkeit des Jahrbuchs unabdingbar, so Sharon Bond, dass die herausgebende und den Bericht erstellende Institution neutral sei und auch so von der Öffentlichkeit gesehen werde. Giving USA würde landesweit als unabhängiger Beobachter begriffen, der keinerlei Eigeninteresse am Inhalt der Ergebnisse habe. Und schließlich empfiehlt sich eine möglichst solide Finanzierung, die gewährleistet, dass gründliche Arbeit geleistet werden könne. Deutschland wäre nicht das erste Land, das Wir sammeln gerne ! • motivierte Neuspender • reaktivierte Förderer • aktuelle Datensätze • langfristige Spenden • interessierte Menschen Gerne sammeln wir auch für Sie mit unserem erfolgreichen Telefonfundraising. Wir sprechen mit Menschen www.TeleDialog.com TeleDialog GmbH Ludwigsplatz 17 D-83022 Rosenheim Tel. +49 (8031) 8066 - 0 Fax +49 (8031) 8066 -16 Spendenmarkt 24 einen Blick über den großen Teich wirft, um sich Ideen zu holen. Die Beautiful Foundation in Seoul/Korea habe sich ausführlich mit dem Center on Philanthropy beraten, berichtet Melissa Brown. 2004 erschien die erste Ausgabe von „Giving Korea”. Die Datenmenge, die koreanischen Forschern zur Verfügung steht, ist mit der amerikanischen nicht zu vergleichen. Die Beautiful Foundation führt deshalb selbst die Erhebungen durch und orientiert sich in ihren Fragebögen an denen von Indiana. Sie konzentriert sich dabei auf die beiden wichtigsten Quellen koreanischer Spenden: Privatpersonen und Unternehmen. Besonders die Befragungen von Unternehmen gestaltete sich schwierig, weshalb Indiana empfahl, gesellschaftlich hochstehende und glaubwürdige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Fürsprecher zu gewinnen. Sowohl die Gelder als auch die Initiative kommen von der Beautiful Foundation. Melissa Brown erklärt, es sei fast lebensnotwendig für das Gelingen eines solchen Projektes, dass eine Person oder Institution, wie im Falle Koreas die Beautiful Foundation, sich mit ganzer Kraft für ein solches Projekt einsetze. Es brauche jemanden, der wild entschlossen sei, dass 12 der Report auch wirklich erscheine. Das zweite Land, das mit der Publikation eines Spendenjahrbuches begonnen hat und sich an Giving USA orientiert, sind die Niederlande. Angesiedelt im Department of Philanthropy an der Faculty of Social Sciences an der Freien Universität Amsterdam arbeitet eine kleine Gruppe von Forschern seit 2002 an dem zwei-jährlichen Erscheinen von „Giving in the Netherlands Panel Survey” (GINPS). Bereits seit 1997 werden ausführliche Befragungen durchgeführt, die als „Giving in the Netherlands” und Vorläufer von GINPS 1997, 1999 und 2001 veröffentlicht wurden. GINPS enthält ausführliche Informationen über Spendengewohnheiten und Freiwilligenarbeit und basiert auf intensiven Befragungen von 1.707 als repräsentativ ausgewählten niederländischen 13 Haushalten. In der Einleitung der koreanischen Beautiful Foundation heißt es: „Philanthropisch entwickelte Länder untersuchen seit langem Spenden und Spendenverhalten und sammeln verlässliche Daten.” Die Zeit scheint reif für ein „Giving Germany”. 12 http://www.beautifulfund.org/eng 13 http://www.geveninnederland.nl/ und http://www.fss.uu.nl/soc/ homes/bekkers/ginps.pdf Informationsquellen zum amerikanischen Non-Profit-Sektor Giving USA: www.givingusa.org Foundation Center: www.fdncenter.org Council on Foundations: www.cof.org Independent Sector: www.independentsector.org Guidestar: www.guidestar.org Chronicle of Philanthropy: www.philanthropy.com Stanford Social Innovation Review: www.ssireview.org Die Autorin DR. PHIL. ANTJE KUCHENBECKER Dr. phil. Antje Kuchenbecker studierte Geschichte und Slawistik in Hamburg und promovierte 1998 am Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin. Sie war als Wissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Hamburg tätig, bevor sie 2002 in die USA ging. Dort arbeitete sie im Career Center von American University, im Alumni Relations und Fundraising Department der George Washington Law School, im Fundraising der Brookings Institution und von Counterpart International in Washington DC. Seit Januar 2005 repräsentiert sie die erste deutsche private Hochschule für Rechtswissenschaften in den USA, die Bucerius Law School. Telefonmarketing 25 DAS TELEFON ALS FUNDRAISINGINSTRUMENT: PLANUNG UND AUFBAU EINER KAMPAGNE von Johannes Bausch „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Dieser Leitsatz von Watzlawick gilt insbesondere für die Kommunikation im Fundraising. Das Zitat bringt prägnant zum Ausdruck, dass Kommunikation in jeder Situation stattfindet – auch ohne Worte. Was bedeutet das für das Marketing? In etwa 4/5 der Zeit des Wachseins eines Menschen verteilt sich seine Kommunikation auf folgende Bereiche: Schreiben: 9 Prozent Lesen: 16 Prozent Sprechen: 30 Prozent Zuhören: 45 Prozent Diese Kommunikationskanäle werden auch im Fundraising genutzt. Betrachten wir unter diesem Aspekt einmal die gängigsten Werbeträger: Der Brief – persönlich adressiert – bietet die Möglichkeit, persönliche und vertrauliche Informationen zu geben. Ein direkter Austausch mit dem Adressaten bleibt allerdings aus. Der Internetchat oder Austausch per E-Mail hat in der Darstellung mehr Möglichkeiten als gedruckte Medien. Aber der Austausch erfolgt nicht direkt und funktioniert zudem nur mit Hilfe einer technischen Lösung, über die nicht alle „Empfänger“ verfügen. Das Gespräch unter vier Augen (face to face) ist die beste Art und Weise, mit einem Menschen vertrauliche und persönliche Informationen auszutauschen. Bei einem Gespräch erfolgt immer eine wechselseitige Kommunikation, während beim Brief Informationen nur in eine Richtung fließen. Der goldene Mittelweg zwischen diesen beiden Kommunikationsformen ist das Telefongespräch. Einen kleinen Überblick vermittelt die nachfolgende Tabelle, in der die gängigsten Formen der Werbung gegenüber gestellt werden. Einsatz des Telefons im Fundraising Beim Telefonat wird ausschließlich der akustische Kanal genutzt. Daher sind die entscheidenden Faktoren das Sprechen und das Hören; Stimme und Ohr die wesentlichen Kommunikationsinstrumente des Telefonisten. Er setzt seine Stimme ein und ist darauf angewiesen, dass der Angerufene ihm zuhört. Die folgende Übersicht zeigt, welche Vor- und Nachteile dem Telefonfundraising eigen sind: Telefonmarketing 26 Persönliches Gespräch Telefonat Brief E-Mail Plakat/ Aushang zufällig, Termin zufällig, Servicezeit Zustellung ≠ Lesezeitpunkt Zustellung ≠ Lesezeitpunkt zufällig privat, beruflich, öffentlich privat, beruflich, öffentlich privat, beruflich privat, beruflich öffentlich Darstellungsmöglichkeit spricht alle Sinne an akustisch optisch optisch, akustisch optisch Interaktion direkt und unmittelbar direkt und unmittelbar mittelbar mittelbar mittelbar Glaubwürdigkeit sehr hoch hoch hoch gering gering Kosten pro Kontakt hoch mittel gering sehr gering sehr gering Zeitaufwand sehr hoch mittel gering gering gering Verfügbarkeit ständig ständig abhängig von der Auflage ständig Druck und Verteilung Zeitpunkt Situation Vorteile: interaktiv schnell (wenig Zeit und flexibel einsetzbar) hohe echte Kontaktrate Umfeld und Situation werden berücksichtigt kann ständig den Erfordernissen angepasst werden Ehrlichkeit nimmt zu, Hemmschwelle für Auskünfte sinkt aufgrund der Distanz (kein Sichtkontakt) individuell Nachteile: personalintensiv = hohe Kosten begrenzte Kapazitäten (technische Ausstattung) unverbindlich (schwieriger Nachweis) Darstellungsmöglichkeiten und Inhalte begrenzt persönlicher Einfluss begrenzt Ein Telefonat erfordert hohes Einfühlungsvermögen. Da das Telefon mittlerweile zum ständigen Begleiter in allen Lebenslagen geworden ist – u.a. durch schnurlose Telefone und Handys – gilt ein besonderes Augenmerk dem Schutz der Privatsphäre. Überlegen Sie deshalb vorher, wo Sie Ihre Zielperson erreichen: zu Hause, also im privaten Umfeld, oder per Handy z.B. in der Straßenbahn. Sie wissen beispielsweise nicht, ob Ihr Gesprächspartner alleine ist, in welcher Stimmung er sich zum Zeitpunkt des Anrufs befin- det, in welchem Raum und bei welcher Tätigkeit Sie ihn erreichen und gegebenenfalls auch stören. Ein guter Telefonist kann diese Ungewissheit ausgleichen und flexibel auf verschiedene Situationen reagieren. Diese Fähigkeit macht den Erfolg einer Telefonkampagne aus. Erscheinungsformen des Telefonmarketing Man unterscheidet zwischen Outbound (aktives Telefonieren) und Inbound (passives Telefonieren). Beim Outbound ruft die Organisation selbst ihre Zielperson an. Dabei ist der Vorteil des Überraschungsmomentes auf ihrer Seite. Für den Erfolg des Outbounds ist der verantwortliche Umgang mit dem Angerufenen von besonderer Wichtigkeit. Beim Inbound ruft die Zielperson eigenständig und aktiv die Organisation an. Das Interesse bzw. die Erwartung an den Nutzen dieses Anrufs muss so groß sein, dass der Anrufer bereit ist, aktiv eine bestimmte Rufnummer zu wählen, um von sich aus den Kontakt aufzunehmen. Dies gilt insbesondere bei kostenpflichtigen Servicerufnummern. Die Herausforderung liegt für die Organisation darin, möglichst schnell den Grund für den Anruf herauszufinden und dazu aus den vorbereiteten Lösungsmöglichkeiten (z.B. Telefonmarketing 27 Infomaterialien oder Kenntnissen) die entsprechenden Antworten zu geben. Beide Vorgehensweisen nutzen die gleiche Technik, erfordern aber unterschiedliche Profile und Kampagnendurchführungen. Zusammenfassend kann man sagen, dass sich das aktive Telefonieren dann lohnt, wenn die Organisation ein konkretes Anliegen hat, von dem sie weiß oder zu wissen glaubt, dass es den Angerufenen interessiert – sei es ein Spendenangebot, eine Projekt- oder Kampagneninformation. Passives Telefonieren ist dann lohnenswert, wenn der Anrufer einen Mehrwert erwartet (z.B. Dienstleistung, Auskunft, Gewinnspiel) oder die Organisation Dialogbereitschaft signalisieren möchte. Stellt man Inbound und Outbound gegenüber, ergibt sich folgendes Bild: 5. Gesprächsablauf 6. Vor- und Nachbereitung von Kampagnen 1. Zieldefinition Definieren Sie zunächst das Ziel Ihrer Telefonkampagne. Hilfreich für die Erfolgsmessung sind dabei messbare Größen und ein Zeitbezug. Z.B. „Bis zum 31.12. 2006 sollen 50 Prozent der Mitglieder eine zusätzliche Spende von durchschnittlich 50 Euro gegeben haben.“ 2. Bestimmung der Zielgruppe Grenzen Sie die Zielgruppe durch Kriterien wie Alter, Wohnort, Familienstand, Spendenverhalten, Funktion etc. ein. Bei einer aktiven Telefonkampagne ist die Bestimmung der Zielgruppe ganz besonders wichtig, da sich hieraus häufig die Rahmenbedingungen für die Zielerreichung, die zeitliche Dauer der Kampagne und die benötigten Mitarbeiter ergeben. Des Weiteren erleichtert eine Vergleich von Inbound und Outbound genaue Zielgruppenbestimmung auch die Ansprache der angerufenen Personen und die ThemenInbound Outbound auswahl. Zielsetzung Abbau der bestimmt der Telefonist Hinweis: Eingesetzte Adressen ≠ Hemmschwelle zur Anzahl von Kontakten! Denn die Kontaktaufnahme Adressen müssen in der Regel Zeitpunkt wird durch Dritten oder wird durch Dritten oder noch um die Telefonnummern angereichert werden. Dies bedeuServicezeiten bestimmt Servicezeiten bestimmt tet eine Trefferquote zwischen 60 Zielgruppe sehr breite Streuung abgrenzbar und 90 Prozent, je nach Aktualität (nicht abgrenzbar) und Pflege der Adressen. Davon werden aber wiederum nicht alle erreicht: Bei bis zu zehn Beispiele Serviceangebot, Akquisition, Kontaktpflege, Pannendienst, Beratung Wählversuchen dürften Sie etwa Sachbetreuung (Sorgentelefon), DRTV70 bis 80 Prozent der Adressaten kontaktieren können. Spot, TV-Gala Gerundet bedeutet das, dass „nur“ aus etwa 50 bis 60 Prozent der Durchführung einer Telefonkampagne ursprünglich eingesetzten Adressmenge tatsächWenn Sie sich vornehmen, eine Telefonkampagne lich ein echtes Gespräch resultiert. Natürlich führt durchzuführen, sollten Sie im Vorfeld die folgen- hier wieder nur ein bestimmter Prozentsatz zum den sechs Punkte gründlich bedenken: Erfolg, das heißt zur Spendenzusage … 1. Zieldefinition Auch bei Inboundkampagnen ist die Zielgruppen2. Bestimmung der Zielgruppe bestimmung möglich, jedoch sind hier die 3. Durchführung der Kampagne Streuverluste größer. „Streuverluste“ ist der Begriff 4. Auswahl der Telefonisten für die Kontakte zu Personen, die nicht zur Telefonmarketing 28 Zielgruppe gehören. Wie groß die Streuverluste sind, hängt davon ab, in welchen Medien die Rufnummer veröffentlicht wird. 3. Durchführung der Kampagne Beim Outbound können Sie entweder einen externen Dienstleister beauftragen oder die Kampagne in Eigenregie durchführen. Die Beauftragung eines professionellen Call-Centers lohnt sich in der Regel jedoch erst bei einer großen Anzahl an Adressdaten (mind. 2.000) und einer kurzen Durchführungszeit. Gerade der zeitliche Aspekt ist ein entscheidender Faktor für externe Dienstleister, weil die meisten Kosten durch die Personalkosten entstehen. Daher setzen viele Call-Center zur Steigerung der Kontaktrate automatische Wählhilfen ein, so genannte Dialer. Beim Power und Predective Dialer hat der Telefonist keinen Einfluss auf den Zeitpunkt, zu dem gewählt wird, und kann sich vorher nicht auf den Gesprächspartner einstellen. Der Preview Dialer hingegen bietet dem Telefonist einen Wählvorschlag an, bei dem der Agent vor dem eigentlichen Anruf die Daten angezeigt bekommt und selbst den Zeitpunkt bestimmt, wann die Verbindung aufgebaut werden soll. Natürlich kann eine Kampagne auch mit Hilfe der umfassenden Literatur zu diesem Thema und/oder eigenen Erfahrungen autodidaktisch vorbereitet und umgesetzt werden. Grundsätzlich und bis auf wenige Ausnahmen gilt jedoch: Je professioneller eine Kampagne aufgesetzt ist, desto größer sind ihre nachhaltigen Erfolgsaussichten. Die aktuellen Entwicklungen im Bereich Telefonmarketing schaffen viel Misstrauen und Ablehnung. Penetranz und Aufdringlichkeit im Gespräch selbst sind dabei nur ein Faktor – gleichzeitig wird die Privatsphäre nach 20.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen nicht respektiert. Deshalb müssen Non-Profit-Organisationen sich durch ein seriöses und transparentes Vorgehen von der Masse absetzen. Dazu gehört: Transparenz bei der Zielsetzung des Anrufes; dem Angerufenen auf seine Fragen antworten (Herkunft der Adresse, Name des Anrufers); wenn der Angerufene sich rückversichern will, muss eine Rückruf-/Nachfrageadresse bereit gehalten werden; idealerweise wird die Absenderrufnummer nicht unterdrückt; keine Hardselling- oder Drückermethoden. Soll die Kampagne in Eigenregie durchgeführt werden, so ist eine professionelle Schulung im Vorfeld oder die Unterstützung eines erfahrenen Beraters während der Kampagne sicher empfehlenswert. Beim Inbound stellt sich die Frage, welche Rufnummer die Organisation für Anrufe von außen angibt. Der eigene Anschluss hat nur begrenzte Leitungskapazität, dafür aber eine hohe Seriosität. Bedenken Sie auch die Frage, welche Zeiten Sie durch eigene Mitarbeiter abdecken können! Je nach Zielsetzung bieten sich verschiedene Möglichkeiten der so genannten Service- oder Mehrwertrufnummern an (s. Überblick am Ende des Artikels), so dass der finanzielle Aufwand auch im kleinen Rahmen überschaubar bleibt. In jedem Fall ist es unumgänglich zu planen, wer die Anrufe auf welche Art und Weise annimmt. Hierfür können Sie einen so genannten Routenplan erstellen. Er legt fest, wie der Verlauf (Route) eines Anrufs erfolgt. Zu welcher Zielrufnummer geht der Anruf? Achtung: Mehrwertrufnummern sind nicht vergleichbar mit „normalen Festnetzanschlüssen“. Mehrwertrufnummern sind nicht an eine Anzahl von Leitungen gebunden, sondern können an viele Ziele weitergeleitet werden. Das Routing richtet Wer ist eigentlich Deutschlands effektivster Werbeträger? Er. Wenn es um Dialog Marketing geht, sind wir der richtige Partner für Sie. Denn wir bieten Ihnen modernstes Adressmanagement und die passenden Versandlösungen an. Wir beraten Sie, entwickeln für Sie maßgeschneiderte Kommunikationskonzepte und setzen diese komplett um. Kurz: Wir erreichen die Menschen und Sie Ihre Geschäftsziele. Wie Sie uns erreichen? www.deutschepost.de Telefonmarketing 30 sich z.B. nach der Anzahl der Anrufe, nach den Anrufzeiten oder der Region, aus der der Anruf kommt. So können Sie planen, wie viele Leitungen Sie mit entsprechenden Telefonisten besetzen müssen. Ob diese die Telefonate zu Hause entgegen nehmen oder zentral in einem Gebäude, ist analog zu den Vor- und Nachteilen beim Outbound zu beurteilen. Die meisten externen Anbieter arbeiten hier mit so genannten Automatic Call Distribution-Anlagen (ACD). Dies ist die Bezeichnung für ein computergestütztes System, das Anrufe entgegennimmt und an einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen verteilt. ACD-Anlagen ermöglichen zudem die Auswertung zentraler Daten im Call-Center, wie die Anzahl der eingegangenen Anrufe, die durchschnittliche Wartezeit oder die durchschnittliche Gesprächsdauer. 4. Auswahl der Telefonisten Es gibt viele Faktoren, die einen guten Telefonisten ausmachen. Man sollte jedoch für sich entscheiden, welche Faktoren unbedingt erforderlich sind und auf welche man für die bevorstehende Kampagne verzichten kann. In jedem Fall gilt: Nicht das Erscheinungsbild, sondern die Stimme entscheidet. Machen Sie einmal die Augen zu und stellen Sie sich vor, wie sich Ihre „akustische Visitenkarte“ anhören sollte. Folgende Auswahlkriterien können Sie heranziehen: Stimme: Artikulation, Modulation, Tempo, Frequenz Persönliche Eigenschaften: Kontaktfreude, überzeugendes Auftreten, positive Einstellung zu sich/ zum Thema (Begeisterungsfähigkeit), Flexibilität, Intuition, Einfühlungsvermögen, Auffassungsgabe. In der Praxis hat sich gezeigt, dass nicht immer diejenigen, die am meisten Wissen besitzen, auch am besten überzeugen können. Manchmal sind solche Menschen „betriebsblind“. Sie können sich nur schwer auf „nicht Überzeugte“ einstellen und auf deren Vorbehalte reagieren. 5. Gesprächsablauf Um sicherzustellen, dass eine gute und gleich bleibende Qualität bei den Kontakten erreicht wird, ist ein verbindlicher inhaltlicher Kenntnisstand (z.B. Thema der Kampagne, Leistungsangebot) bei allen Mitarbeitern mit Außenkontakt notwendig. Die Telefonisten sollten den gleichen inhaltlichen Kenntnisstand aufweisen und bezüglich des Telefonierens zusätzliche Kenntnisse haben (Gesprächsführung, Besonderheiten beim Telefonieren). Eine kurze Übersicht über den Aufbau eines Gesprächs finden Sie in der nachfolgenden Tabelle. Bitte bedenken Sie beim Telefonieren: Nicht Worte sondern Menschen bilden eine Meinung! Gesprächsaufbau und Besonderheiten Gesprächsschritte Was will ich erreichen? Was tue ich während des Gesprächs? Worauf muss ich achten? Hilfsmittel Begrüßung das „Eis brechen“, ein vertrautes Klima schaffen eigenen Vor- und Nachnamen nennen, Gegenüber mit Namen ansprechen. Sprechtempo, Modulation der Stimme Angaben über Zielperson, Stimme, Tonfall Kennen lernen Vertrauen gewinnen, Position abklären durch Fragestellungen Gegenüber kennen lernen – aber nicht ausfragen; aufmerksam und aktiv zuhören sich selbst zurücknehmen, sich versichern, dass Gegenüber inhaltlich folgt Hintergrundwissen, positive Einstellung zu sich selbst, zum Gegenüber und zur „Sache“ Angebot/ Lösung eine Lösung anbieten, die zum Gegenüber passt Bewertung dem Gegenüber überlassen, Alternativen aufzeigen passende Lösung anbieten, nicht eigene Wunschlösung Hintergrundwissen, Kompetenz, Einfühlungsvermögen Verabschiedung eindrucksvolle „Visitenkarte“ hinterlassen, Positives hervorheben Zeit nehmen für die Verabschiedung, Gegenüber beim Namen nennen Verabschiedung ist die letzte Botschaft, höchste Konzentration Persönlichkeit, Stimme, Zeit Telefonmarketing 31 Überblick über die (Mehrwert-)Rufnummern bei Inboundkampagnen. Kosten in EUR für Anrufer/Minute 0190 Kosten in EUR Seit dem 1.1.2006 keine Schaltung mehr 0900 Je nach Festlegung Je nach Anbieter Wobei -1 für Information, -3 für Unterhaltung und -5 sonstige Dienste Freie Tarife (bis maximal 2,00 EUR/Minute bzw. 30,00 EUR/Anruf, danach Zwangstrennung). Etwa 50 Prozent, Auszahlung jedoch progressiv gestaffelt 0800 Keine Für Anbieter 0,06 0180 Kosten für Anrufer (EUR) Für Anbieter/Minute (EUR) 0180 - 1 0,06 je 90 Sekunden 0,04 0180 - 2 0,06 je Anruf 0,06 0180 - 3 0,09 je Minute 0,02 0180 - 4 0,24 je Anruf 0,05 0180 - 5 0,12 je Minute Keine Kosten 0137 Zwischen 0,12 und 0,96/Minute Hinweis: Gesprächsleitfaden oder freie Gespräche? Diese Frage wird durch den Gesamtkontext entschieden; insbesondere durch die Anzahl der einzusetzenden Telefonisten, deren Wissensstand, die Dauer und Zielsetzung der Kampagne. Bitte achten Sie darauf: Das gesprochene Wort unterliegt anderen Regeln als das geschriebene – gerade hinsichtlich der Erinnerung und Betonung. Vorteile eines Gesprächsleitfadens: Zielsetzung wird einheitlich umgesetzt Telefonisten haben einen verbindlichen Handlungsspielraum Erfolge sind nicht zufällig, sondern planbar Koordinationsaufwand für die Vor- und Nachbereitung ist geringer Nachteile eines Gesprächsleitfadens: Bei komplexen Sachverhalten oder sehr unterschiedlichen Zielpersonen kann ein Gesprächsablauf kaum geplant werden Spontaneität geht verloren Telefonisten fühlen sich eingeengt Trotz bester Planung: Jedes Gespräch hat Bestandteile, die nicht planbar sind. 6. Vor- und Nachbereitung der Kampagne Planen Sie die Kampagne anhand der Zieldefinition, der Zielgruppe und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Dazu folgende Checkliste: Überprüfen Sie, ob es hilfreich ist, vorab Informationen zu schicken oder Ihren Anruf anzukündigen. Dadurch kann eine bessere Gesprächsbasis erzielt werden. Bei Inbound müssen Sie überprüfen, welches Follow up Sie weiterleiten können (Infomaterial, Betreuung) Je besser die Qualität der Adressen (Zusatzinformationen) ist, desto persönlicher wird das Gespräch. Inbound: Je besser Sie den Wunsch und das Bedürfnis erfassen, desto qualifizierter können Sie das Gespräch zum Ziel bringen. Nicht jeder Wählversuch führt zu einem Gespräch, nicht jedes Gespräch führt zum gewünschten Ziel. Inbound: Es gibt Grenzen und auch Schwächen in einer Organisation, Diese zu kennen, heißt vorbereitet zu sein. Respektieren Sie Ruhezeiten, Sonnund Feiertage. Telefonmarketing 32 Stellen Sie sicher, dass alle notwendigen Arbeitsmaterialien zur Verfügung stehen, z.B. Gesprächsleitfaden, Kontaktbögen, Arbeitsplätze, Telefonistenplanung, Ansprechpartner (Supervisoren). Werten Sie Statistiken aus: Gesprächsdauer, Verteilung der Anrufe, Ergebnisse etc. Sagen Sie nichts zu, was Sie nicht halten können. Eine ausführliche Nachbereitung ist von großem Nutzen und der Garant für einen nachhaltigen Erfolg und die erfolgreiche Wiederholung. Bedenken Sie, dass ein Telefonat zunächst einmal völlig unverbindlich ist. Zwar gelten mündlich getroffene Vereinbarungen, sie sind aber schwer beweisbar und können außerdem eine Fehlerquelle für „Missverständnisse“ sein. Vieles wird durch den Filter selektiver Wahrnehmung im Gedächtnis gespeichert. Daher ist eine schriftliche Bestätigung der Zusage oder Zusendung von Informationsmaterial ein Muss. Gegebenenfalls kann ein mehrstufiges Vorgehen erforderlich sein (Ankündigung, Brief/ Mail, Telefonat, Nachfassen). Links Regulierungsbehörde: www.bundesnetzagentur.de Informationen zu Servicerufnummern Deutscher Direktmarketingverband: www.ddv.de (z.B. auch aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung) Deutscher Fundraising Verband: www.fundraisingverband.de Tipps und weitere Fundstellen für Informationen Der Autor JOHANNES BAUSCH Johannes Bausch, Dipl. Betriebswirt, seit 1998 Geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Spendenhilfsdienst-DSH GmbH in Köln, fünf Jahre Geschäftsführer einer NPO, seit 2003 im Vorstand des Deutschen Fundraising Verbandes. Der Spendenhilfsdienst ist Spezialist für In- und Outbound-Telefonkampagnen ausschließlich für NPO. Telefonmarketing 33 Praxis: Beispiel Johanniter-Unfall-Hilfe DAS TELEFON ALS ETABLIERTES FUNDRAISING-INSTRUMENT von Andreas Hauptmann Den Beginn des Weges zum neuen Fundraisinginstrument Telefon bei der Johanniter-Unfall-Hilfe markierte die Feststellung, dass die bis dahin eingesetzten Fundraisinginstrumente nicht mehr ausreichten, um die Ziele der Organisation zu verwirklichen. Insbesondere die Ergebnisse der Versuche, inaktive Spender zu reaktivieren, waren einfach nicht mehr zufriedenstellend. Diese Erkenntnis im Jahr 2004 führte dazu, dass die Johanniter das Angebot der FRC (Fundraising Company, Berlin) annahmen, Spendenwerbung per Telefon zu testen. Im Juni 2004 begann ein erster Test, seit Juli 2005 werden systematisch inaktive Spender angerufen. Auch ihre Erstspender begrüßen die Johanniter inzwischen per Telefon. Hier war die Erfahrung wichtig, dass es auch möglich ist, so genannte Katastrophenspender längerfristig zu binden. Der dritte Bestandteil des neuen Telefonfundraising startete erst vor einigen Wochen mit einer Großspenderkampagne. Bei allen Telefonkampagnen ist das primäre Ziel, Dauerspender per Einzugsermächtigung zu gewinnen. Aus rund 40.000 Kontakten konnten die Fundraiser mittlerweile 6.000 neue Dauerspender gewinnen – das entspricht einer Erfolgsquote von 15 Prozent. Hinzu kommen zahlreiche Einzelspenden. Die Großspenderkampagne nicht eingerechnet, erreichte das Fundraisinginstrument Telefon einen ROI von über 1,5. Der ROI bei den Großspendern liegt sogar bei um die 10. Der erste Test – ein vorsichtiger Anfang Telefonfundraising ist ein kostenintensives Instrument. Eine zentrale Anforderung an die Agentur war es daher, das Kostenrisiko abzusichern. Zudem war unsicher, wie die Angerufenen darauf reagieren, dass die Johanniter mit dem Telefon ihre Privatsphäre stärker tangieren als beispielsweise mit dem Mailing. Und zu guter Letzt musste der rechtliche Rahmen geklärt werden. Schon nach den ersten Beratungsgesprächen wurde deutlich, wie wichtig ein erfahrener Partner für den Erfolg einer Telefonkampagne ist. Im ersten Schritt plante die Agentur, bei einer Johanniter-affinen Gruppe die Telefontoleranz herauszufinden. Dabei wurde das Kosten- und Beschwerderisiko mit einer Kostendeckungsgarantie und einer SofortstoppOption abgedeckt: Die Agentur sicherte vertraglich zu, dass sie erstens auf 12 Monate nach Kampagnenschluss einen ROI von 1 garantierte Telefonmarketing 34 und andernfalls die Differenz ausgleichen würde. Zweitens räumte sie das Recht ein, den Test abzubrechen, wenn der Johanniter-Unfall-Hilfe ein Imageschaden aufgrund eventueller Beschwerden drohe. Bezüglich der rechtlichen Lage überzeugte die Agentur mit einem im Wettbewerbsrecht und Datenschutz kompetenten juristischen Partner. Zweifel bezüglich der Rechtmäßigkeit von telefonischer Spendenwerbung, die im Rahmen der Neuregelung des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) aufkamen, konnte ein anwaltliches Gutachten beseitigen. Gemeinsam mit der Agentur entwickelten die Johanniter ein Testdesign, das insgesamt 1.900 Kontakte umfasste, die wie folgt differenziert wurden: 400 inaktive Spender/Inland, deren letzte Spende 25 - 36 Monate zurückliegt 400 inaktive Spender/Ausland, deren letzte Spende 25 - 36 Monate zurückliegt 400 inaktive Spender/Inland, deren letzte Spende 37 - 48 Monate zurückliegt 400 inaktive Spender/Ausland, deren letzte Spende 37 - 48 Monate zurückliegt 300 inaktive Spender, deren letzte Spende 49 - 60 Monate zurückliegt Diese Struktur sollte bei der Auswertung zeigen, welche Potenziale mit welchen Ergebniserwartungen genutzt werden können. Ein wichtiges inhaltliches Element der Konzeption war die Auswahl der Projekte, aus denen sich die Spendenbeispiele und deren Höhe ergaben. Die Angerufenen erhalten nun Angebote über verschiedene Spendenbeträge und Überweisungsarten: von der telefonisch bestätigten unbefristeten Einzugsermächtigung bis zu einer Einmalspende per Überweisungsträger. Besonders für die Dauerspende gibt es am Telefon ein wichtiges Argument: Diese Johanniter-Spende hat eine besonders nachhaltige Wirkung, denn eine kontinuierliche Spende sichert die fortlaufende Finanzierung der wichtigen Projekte. Außerdem fallen weniger Verwaltungskosten an als z.B. bei einer einmaligen Einzugsermächtigung, die jährlich erfolgt. Der Test erreichte insgesamt einen ROI von 2. Zudem wurde deutlich, dass auch in der Spendergruppe, deren Spende am längsten zurückliegt, übers Jahr ein ROI von 1 möglich ist. Vor allem war es auch wichtig festzustellen, dass die Spender der Johanniter sich als affin hinsichtlich des Instruments Telefon erwiesen. Die Reklamationsquote war erfreulich gering, so dass der gute Erfolg der Kampagne nicht mit einem Imageschaden erkauft wurde. Wichtig war neben den eigenen Auswertungen die differenzierte Ergebnisstatistik der Agentur. In diesem Fall gab die Differenzierung eine wichtige Entscheidungsgrundlage und interne Argumentation für das weitere Vorgehen. Der Test legte es in jedem Fall nahe, das Telefonfundraising als neues Instrument in den Marketingmix der Johanniter zu integrieren. Die praktischen Vorbereitungen Besondere Aufmerksamkeit legten die Projektverantwortlichen auf den reibungslosen Exund Import der Spenderdaten. Die mit den Spendeninformationen angereicherten Daten müssen so importiert werden, dass die gewährten Einzugsermächtigungen auch abrufbar sind. Nichts ist schlimmer, als wenn ein neu gewonnener Dauerspender nachfragen muss, wann seine Spende nun endlich abgebucht wird. Um die Anzahl der Lastschrifteinzüge zu begrenzen ist es sinnvoll, wenn zwei Tage im Monat – beispielsweise der 1. und 15. – als Einzugstermine vorgegeben werden. Wichtig für den Erfolg einer Aktion ist es ebenfalls, dass dem Telefondienstleister möglichst viele Informationen über den Spender vorliegen. Neben den Adressdaten und den Informationen zum Spendenverhalten ist vor allem auch die Kenntnis der Spender-Bankdaten für den Erfolg einer Kampagne verantwortlich. Für die telefonische Bestätigung einer Einzugsermächtigung ist es praktikabler, wenn nicht gar eine ergebnisrelevante Voraussetzung, dass der Callagent (die FRC nennt ihre Mitarbeiter treffender „Telefonfundraiser“) die Bankverbindungen der Spender zum Vergleich auf seinem Bildschirm hat. Die Erfahrungen der Agentur zeigen, dass auch inaktive Spender zu fast 90 Prozent davon ausgehen, dass die Organisation ihre Bankdaten gespeichert hat. Fragt man hingegen den Spender nach der Bankverbindung, verunsichert ihn das. Erfolgreiche Adressen Suchen Sie Ihre Spender etwa immer noch so ? Wenn es um die Gewinnung neuer Spender geht, dann hat manch einer schon recht seltsame Methoden. Es ist ja auch nicht einfach, immer wieder neue Menschen für die gute Sache zu begeistern. Dann kommt es entscheidend auf responsestarke Adressen an. Denn Erfolg hat nur, wer die richtige Botschaft zur richtigen Zeit an die richtigen Menschen sendet. Gut, wenn Ihnen dabei ein Dienstleister zur Seite steht, der Ihnen perfekten Service auch bei der Auswahl der für social concept GmbH Agentur für Sozialmarketing Hohenstaufenring 29 -37 · 50674 Köln Telefon: 02 21 / 92 16 40 - 0 · Telefax: 02 21 / 92 16 40 - 40 [email protected] · www.social-concept.de Sie erfolgreichsten Zielgruppen bietet. Zugriff auf alle in Deutschland verfügbare Listen – haben wir. Exklusivlisten mit Responseraten von über drei Prozent – finden Sie bei uns. Durchschnitts-Spenden, die über dem Durchschnitt liegen – sind für uns normal. Und wenn es sein muss, liefern wir Ihnen unsere ErfolgsAdressen sogar am gleichen Tag. Darauf verlassen sich schon heute viele unserer Kunden. Und konzentrieren sich selbst auf das Wesentliche – erfolgreiches Fundraising. Wann gehören Sie dazu? Fundraising in der Praxis Telefonmarketing 36 Da die Johanniter ihre Spender vorwiegend über das Instrument Mailing gewinnen, liegen nur wenige Informationen rund um die Adresse vor. In den allermeisten Datensätzen mussten und müssen daher die Telefonnummern ergänzt werden. Für die Recherche der Telefonnummern gibt es eine Reihe von Möglichkeiten – die Johanniter nutzten den Rechercheservice der Telefonfundraising-Agentur. Erfahrungsgemäß ist die Quote der gefundenen Telefonnummern vom Alter der Adressdaten abhängig. Sie liegt zwischen 75 Prozent bei sehr alten Daten und knapp unter 90 Prozent bei aktuellen Adressen. Von besonderer Bedeutung ist die gesamte Spenderkommunikation. Die Johanniter legten ein ganzes Paket von Maßnahmen auf, um von Beginn an die Spenderbindung zu verstärken. 1. Die Texte für den Gesprächsleitfaden und die Dank-/Bestätigungsbriefe werden von der Agentur entworfen, mit den Johannitern abgestimmt und von ihnen verabschiedet. 2. Der Gesprächsleitfaden legt einige Inhalte wie die Begrüßung und die Projektbeispiele, mit denen geworben wird, verbindlich fest. Zudem umfasst er eine Reihe von Antworten zu Fragen, die häufig allgemein im Zusammenhang mit dem Spenden (z.B. nach dem DZI-Spendensiegel) oder der zu begünstigenden Organisation im Besonderen gestellt werden. 3. Im Zusammenhang mit der Begrüßung muss bestimmt werden, ob sich die Telefonfundraiser so melden, als riefen sie unmittelbar von oder im Auftrag der jeweiligen Organisation an. Hier spielen Fragen der Corporate Identity eine Rolle und das strikte Einhalten der seitens des Klienten vorgegebenen Nähe oder Distanz ist hohes Gebot. 4. Im Dank-/Bestätigungsbrief wird der Spendengrund skizziert. Vor allem aber wird die gewährte Spende in Höhe und Frequenz bestätigt. Diese Briefe werden als pdf-Datei aufbewahrt, um insbesondere die telefonisch bestätigten Einzüge zu dokumentieren. Nach diesen Vorbereitungen startete die Kampagne mit einem Briefing für die Telefonfundraiser. Im Briefing stellte die Johanniter-Unfall-Hilfe den Telefonfundraisern die eigene Organisation, die zu bewerbenden Projekte und die Zielgruppe vor. Ein solches Briefing trägt im Idealfall dazu bei, das Interesse und die Identifikation der Telefonfundraiser für die beworbene Organisation und ihre Projekte zu stärken und kann ein wirksamer Erfolgsfaktor sein. Anschließend begann das Telefonieren. Die Johanniter unterzogen das Skript zunächst mit einer kleinen Gruppe einem Praxistest. Nach der ersten Stunde und den ersten Gesprächen bestand die Möglichkeit, das Skript zu modifizieren und an neuen Erkenntnissen auszurichten. Zu Beginn verfolgten die Johanniter die Gespräche mit, um einen Eindruck von den Gesprächsverläufen und den Reaktionen ihrer Spender zu bekommen. Insgesamt zeigte sich, dass die Gespräche in einer angenehmen und seriösen Atmosphäre geführt wurden, die trotz der Erfolgsorientierung sicherlich der Schlüssel für die niedrige Beschwerdequote war. Der Ablauf einer Telefonkampagne Im Ablauf einer Telefonkampagne zeigt sich, ob die Organisation nicht nur zuverlässig in den Projekten arbeitet, sondern auch zuverlässig mit den Förderern kommuniziert. Um diesen Erfolgsfaktor für eine Telefonkampagne positiv einzusetzen, stimmten die Johanniter und die FRC sich im Workflow genau ab. Die folgende Grafik fasst den gesamten Ablauf zusammen: FRC Telefongespräch mit Spendenzusage Dank-/ Bestätigungsbriefe Ergebnisstatistik täglich Spender/-in einzelne Spendendaten und Zusatzinformationen täglich wöchentlich Johanniter-Unfall-Hilfe Schriftl. Einzugsgenehmigungen Überweisungen Erinnerungsschreiben FRC Spender ohne Eingang der zugesagten schriftlichen Einzugsgenehmigungen mit konkretem Betrag i.d.R. 14 Tage Telefonmarketing 37 Der Ablauf betrifft einerseits den Versand der Dank- bzw. Bestätigungsbriefe, der täglich erfolgt. Andererseits ist die tägliche Meldung der Ergebnisse ein wichtiges Controlling-Instrument, um festzustellen, ob eine Telefonkampagne erfolgreich verlaufen wird. Insbesondere die zuverlässige Abwicklung der Routineaufgaben (z.B. Versand der Bestätigungsbriefe) liegt im Fall der Johanniter in den Händen der Agentur. Die Grafik zeigt, dass das Nachbereiten der Spendengespräche eine organisatorische und logistische Herausforderung ist. Im konkreten Fall übernimmt das die Agentur. Die Johanniter müssen lediglich das bestellte Material wie Briefpapier, Versandhüllen und Überweisungsträger liefern. Zudem melden sie regelmäßig die eingehenden schriftlich erteilten Einzugsermächtigungen an FRC. Dort werden sie mit den Zusagen abgeglichen. FRC schickt den Spendern, deren zugesagte schriftliche Einzugsermächtigung 14 Tage nach Zusage nicht eingegangen ist, eine freundliche Erinnerung. Am Folgetag erhalten diejenigen, die am Telefon eine Spende zusagten, das vorstehend erwähnte Dank- und Bestätigungsschreiben. Es wird auf dem Briefbogen der Johanniter mit einer gescannten Unterschrift gedruckt, kuvertiert, frankiert und bei der Post aufgeliefert. Die Johanniter erhalten täglich per E-Mail eine differenzierte Statistik über verschiedene Ergebnisaspekte. Ausbau und Anpassung des Kommunikationsinstruments „Telefon“ an die Bedürfnisse der JUH Die Arbeiten haben sich schon wenige Wochen nach Projektbeginn so eingespielt, dass der operative Aufwand seitdem gering ist: Die Routineabstimmungen erfolgen telefonisch oder per E-Mail. Alle acht bis zwölf Wochen treffen sich die Optimale technische Unterstützung für das professionelle Fundraising im Internet. Die Bank für Wesentliches. Bernd Bauer macht Sie fit für das Fundraising. Telefon 0221.9 73 56-102 . [email protected] . www.sozialbank.de Telefonmarketing 38 Johanniter und FRC, um die Resultate zu bewerten, Modifikationen im Skript zu diskutieren oder neue Projekte für das Telefonfundraising zu entwickeln. Die Agentur übernimmt mittlerweile den größten Teil des Versands von Informationsmaterial, das die angerufenen Spender bestellt haben. Nach einem Jahr der kontinuierlichen Zusammenarbeit überlegen die Projektverantwortlichen, ob es zweckmäßig ist, die Datenschnittstelle zwischen FRC und den Johannitern so zu definieren, dass FRC direkt auf die Organisations-eigene Datenbank zugreifen kann. Über die geeigneten Modelle lässt sich auch mit nur geringen Kapazitäten in der eigenen Spenderverwaltung sicherstellen, dass die Qualität der Spenderkommunikation gewährleistet ist. Die besondere Stärke einer Telefonkampagne ist ihre Flexibilität. Ein Telefonskript kann mit den aktuellen Entwicklungen gewissermaßen über Nacht Schritt halten: Wird in den Abendnachrichten über ein Erdbeben, eine Flutkatastrophe oder ein Flüchtlingsdrama berichtet, kann bereits am nächsten Vormittag das Thema in den Gesprächsleitfaden eingearbeitet werden. Dies kommt den Johannitern als Akteur im Bereich der Soforthilfe entgegen. Die Schilderung der Hilfe, die Johanniter im Rahmen der Hilfsaktionen leisten, steigert die Spendenbereitschaft der Angerufenen regelmäßig. Ausweitung des Telefonmarketings für den Bereich der Großspender Auch Tests in anderen Bereichen haben gezeigt, dass das Telefon ein wichtiges Fundraisinginstrument für die Johanniter ist. So konnten z.B. Begrüßungscalls bei Neuspendern und Neuspendern aus Notfall-Mailings mit gutem Erfolg umgesetzt werden. Sie gehören mittlerweile zum festen Instrumentarium der Spenderbindung. Die positiven Erfahrungen haben die Johanniter ermutigt, aktive und inaktive Großspender des mittleren Segments mit einer Jahresspendensumme zwischen 500 und 1.500 Euro in das Telefonfundraising einzubeziehen. Nach rund 1.400 Kontakten wurde insgesamt einen ROI von 10 erreicht; je nach Untergruppe liegt er zwischen 5,7 und 13,3. Erfreulich ist, dass auch sehr hohe Spenden telefonisch bestätigt werden. Der Durchschnittswert der telefonisch bestätigten Einzugsermächtigungen liegt bei fast 290 Euro im Jahr. Der Anteil an den Gesamtspenden liegt deutlich über 50 Prozent. Telefonfundraising als etabliertes Instrument Das Telefonfundraising ist mittlerweile ein etabliertes Instrument bei den Johannitern. Das detaillierte, transparente und valide Berichtswesen der Agentur hat eine feste Vertrauensbasis geschaffen – nicht zuletzt, weil die befürchteten Beschwerden sich auf wenige Einzelfälle beschränken. Interessierte und vorsichtige Spender ließen sich durch die Telefonmarketing 39 Johanniter die Seriosität der Anrufer bestätigen. Dabei zeigten viele durchaus Verständnis dafür, dass die Johanniter das Telefon als Instrument der Spendenwerbung einsetzen. Die Steigerung der Dauerspenden für die Johanniter, die über das Telefon erreicht werden konnte, hat für die Organisation eine hohe, auch strategische Bedeutung. Gerade in einer Zeit, in der neue Spender für eine Organisation nur noch schwer gewonnen werden können, kommt der Reaktivierung der inaktiven Spender sowie der mittelfristigen Bindung der aktiven Spender und Neuspender eine große Bedeutung zu. Die kontinuierlichen Spendeneinnahmen können die Unabhängigkeit kleinerer Spendenprojekte stärken und die Nachhaltigkeit von Projekten ohne großes Medieninteresse sichern. Der Autor ANDREAS HAUPTMANN Andreas Hauptmann leitet den Fachbereich Fundraising/Spenderservice in der Bundesgeschäftsstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Der 35Jährige studierte in Mannheim Politikwissenschaften und BWL. Seit 2002 ist er bei den Johannitern für das klassische Direktmarketing und den Spenderservice verantwortlich. Im Jahr 2003 führte er dort das Telefonfundraising ein, das mittlerweile zum festen Instrument im Fundraising der Johanniter geworden ist. ������������������������� �������������������� ��������������� ������������������������������ ���������������������������� ���������������������������� ������������ ��������������������������� ������������������������� ������������������������������� ��������������������������������� Telefonmarketing 40 Praxis: Beispiel Mehr Demokratie e.V. ERFAHRUNGSBERICHT AUS EINER „KLEINEN“ ORGANISATION von Tim Weber Telefonieren ist toll. In kürzester Zeit kann ich mit jemandem sprechen und ihm mein Anliegen vortragen. Ich spare mir den Zeit- und Geldaufwand, den eine Reise verursachen würde. Dennoch trete ich in direkten Austausch mit meinem Gesprächspartner, kann auf Einwände und Bedenken individuell eingehen und meine Organisation präsentieren. Durch das Telefonieren bekomme ich Informationen und erziele Erfolge, die mir sonst versperrt blieben. Persönlicher Werdegang beim Telefonieren Vor 15 Jahren habe ich das Telefonieren nicht gemocht. Das Telefon hat nun einmal die Besonderheit, dass man den Angerufenen nicht sehen kann und auch nicht riechen – der Held in Bölls Roman „Ansichten eines Clowns“ ist hier sicher eine Ausnahme. Deswegen stehen beim Telefonieren wichtige nonverbale Informationen nicht zur Verfügung. Ich habe nicht die Möglichkeit, mir quasi wie von selbst ein (Vor)Urteil zu bilden, wie es dem Anderen gerade geht, ob er mir sympathisch ist oder nicht. Ist das aber ein Nachteil? Eigentlich nicht! Zumindest kann ich es auch als Vorteil begreifen. Denn wie oft verbauen mir meine Gefühle und Einstellungen den Zugang zu einem Menschen und damit zu einer Begegnung? Und das Geheimnis erfolgreichen Fundraisings ist es doch, eine gute Gesprächsbeziehung aufzubauen! 1994 trugen zwei Mitarbeiter die Aufgabe an mich heran, in Bayern lokale Gruppen zu gründen, die das Volksbegehren zur Einführung des Bürgerentscheids vor Ort durchführen sollten. Dafür musste ich jeden Tag viele Telefonate mit Menschen führen, die ich nicht kannte. Danach hatte ich vor dem Telefonieren weniger Angst und ich nahm 1995 einen Job als Telefonist im kommerziellen Bereich an. Ich wollte den Verkauf am Telefon lernen. Ich verkaufte Fußballund Märchenkarten, vereinbarte für Verkäufer Termine. Nach neun Monaten hatte ich die für mich neue Idee: Was im Profit-Bereich möglich ist, muss auch im Non-Profit-Bereich möglich sein. Ich Telefonmarketing 41 beschloss, bei Mehr Demokratie die telefonische Mitgliederwerbung auszuprobieren. Das war im Mai 1996. und Verabschiedung. Man könnte auch das angelsächsische AIDA einsetzen: Attention, Interest, Desire und Agreement. Telefonfundraising: Worauf kommt es an? Das Telefon zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Gesprächspartner nicht sehen können, gleichzeitig aber eine hohe Unmittelbarkeit besteht. Ich greife zum Hörer, wähle die Nummer und bin nach einigen Freizeichen (höchstens sechs) in der Privatsphäre des Anderen. Zu unseren kulturellen Gepflogenheiten gehört es, dass der Angerufene nicht einfach auflegt, sondern sich das Anliegen des Anderen anhört. Es versteht sich von selbst, dass aggressives Telefonmarketing sowie Kaltakquisitionen das Telefonfundraising nicht gerade erleichtern. Zivilgesellschaftliche Organisationen müssen sich von solchen Formen der telefonischen Kommunikation abheben. Zum Telefonfundraising benötigt man: ein Ziel, z.B. die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages und Datenpflege, Adressen (mit Telefonnummern), ein Telefon (bei häufigem Einsatz mit Headset), einen Gesprächsleitfaden für die Gesprächsführung, eine Protokollierung der Ergebnisse sowie eine Auswertung. Es ist gar nicht so einfach, ein Ziel zu formulieren und dieses auch zu verfolgen. Nur so ist es aber möglich, messbar erfolgreich zu telefonieren. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Aktion, dass es mehrere Ziele mit unterschiedlichen Prioritäten gibt. Ein Beispiel: Erstens Erhöhung des Mitgliedsbeitrags um durchschnittlich 3 Euro im Monat, zweitens Datenpflege und drittens ein Ergebnis erzielen. Wenn ich mir dies verdeutliche, dann ist ein klares „Nein“ viel angenehmer als ein „Ich überlege es mir mal“. Sollte diese Antwort kommen, fragen Sie, wann Sie wieder anrufen dürfen. Wenn Ihr Gesprächspartner das nicht möchte, können Sie davon ausgehen, dass seine Antwort soviel bedeutet wie ein „Nein“. Der Begriff „Gesprächsleitfaden“ (GLF) klingt möglicherweise ungewohnt. Er dient zur Strukturierung und damit Beschleunigung des Gespräches. Ich baue es auf nach dem Schema BAAVV: Begrüßung, Aufhänger, Angebot, Vereinbarung Der Gesprächsleitfaden Die Begrüßung sollten Sie nach bestimmten Regeln gestalten. Zum Beispiel so: „Einen schönen guten Tag! Mein Name ist Tim Weber (Vor- und Zuname aussprechen) von Mehr Demokratie e.V. Ich rufe Sie aus Bremen an. Ich würde gerne mit Lars Pulver (Vor- und Zuname aussprechen) sprechen.“ Lars Pulver (LP): „Ich bin am Apparat.“ Tim Weber (TW): „Schön, dass ich Sie erreiche.“ Die Begrüßung ist abgeschlossen. Übrigens, wenn Sie bereits zehn andere Personen nicht erreicht haben, sollten Sie sich wirklich freuen, dass Sie nun erfolgreich waren. Das sollte Ihr Gesprächspartner auch an Ihrer Stimme merken! Jetzt ist es wichtig, dass Sie Ihrem Gesprächspartner die Möglichkeit geben, aus dem Telefonat auszusteigen. Das kann ungefähr so aussehen: TW: „Haben Sie einen Moment Zeit? Ich möchte mit Ihnen über Mehr Demokratie e.V. sprechen.“ LP: „Ja, worum geht es denn?“ Nun folgt der Aufhänger. TW: „Herr Pulver, Sie unterstützen Mehr Demokratie e.V. seit 2002 als Mitglied und mit Spenden. Das macht unsere Arbeit erst möglich und sichert unsere Unabhängigkeit. Dafür möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken.“ LP: „Oh, bitte!“ Und da kommen schon wieder die alten Bedenken. „Darf ich denn einfach anrufen? Ich störe doch vielleicht?“ Vergessen Sie nicht: Ihre Organisation ist eine Eintrittskarte. Wenn das nicht so ist, arbeiten Sie bei der falschen Organisation oder Ihre Organisation macht etwas nicht richtig. Mitglieder und Spender freuen sich in der Regel über Ihren Anruf. TW: „Nochmals vielen Dank! Mehr Demokratie e.V. setzt sich seit Jahren für die Demokratie ein. Uns ist es wichtig, dass man nicht nur alle vier Jahre ein Kreuz machen darf, sondern bei wichtigen Fragen selber abstimmen kann.“ LP: „Ja, aber leider tut sich nichts. Weder über den Euro noch über die Europäische Verfassung durften wir abstimmen. Sie machen da zu wenig!“ Hoppla, das Gespräch nimmt eine nicht erwartete Telefonmarketing 42 Wendung. Nun würden Sie gerne widersprechen und alle Ihre Erfolge auflisten. Das wäre aber nicht zielführend, sondern würde Barrieren errichten. Es gilt, hinzuhören und den Gesprächspartner abzuholen. TW: „Das Gefühl kenne ich. Bei wichtigen Fragen werden wir außen vor gelassen. Und da frage ich mich manchmal auch, wie lange soll das noch dauern.“ LP: „Ja, genau das meine ich.“ TW: „Aber wissen Sie, vor 20 Jahren wurde das Thema ‚Volksentscheid’ nicht einmal diskutiert. Und jetzt ist nur noch die CDU-Fraktion dagegen. Da haben wir als Verein einiges erreicht.“ LP: „Auch wieder wahr!“ Der Einwand wurde behandelt. Nun bereite ich das Angebot vor. TW: „Auch dieses Jahr wollen wir die Demokratie wieder voranbringen: In Bremen steht ein Volksbegehren zur Reform des Wahlrechts an, wir möchten ein Demokratie-Mobil anschaffen. Und in Berlin wird am 17. September ein Volksentscheid zur Verbesserung der Volksgesetzgebung stattfinden. Natürlich kostet das auch Geld!“ LP: „Hm“ Herr Pulver ahnt schon etwas. TW: „Da dachten wir uns, wenn Viele ein bisschen geben, dann können wir unsere Vorhaben umsetzen. Herr Pulver, können Sie sich vorstellen, Ihren Beitrag zu erhöhen?“ Diese Frage muss deutlich im Raum stehen, damit Sie ein „Ja“ oder „Nein“ erhalten können. Die meisten sagen jetzt „Nein“. Das ist eine wichtige Fundraisingerfahrung. Generell gilt: Freuen Sie sich über jedes Nein. Denn jedes Nein macht das nächste Ja wahrscheinlicher. Weil es mehr Spaß macht, nehmen wir an, dass Herr Pulver seinen Beitrag erhöhen möchte. LP: „An wie viel dachten Sie denn?“ Nun ist man versucht, „zwei oder drei Euro im Monat“ zu antworten. Besser ist aber eine Antwort, die dem Gesprächspartner die Initiative überlässt: TW: „Im Moment zahlen Sie fünf Euro und elf Cent. Wählen Sie einen Beitrag, mit dem Sie sich wohl fühlen.“ LP: „Das ist ja ein krummer Betrag. Sagen wir zehn Euro?“ TW: „Das ist wunderbar. Vielen Dank! Für uns ist das eine große Hilfe!“ Der Gesprächspartner hat unser Angebot angenommen. Nun muss die Vereinbarung fixiert werden. TW: „Bisher haben wir Ihren Beitrag von (Bankverbindung vorlesen) abgebucht. Ist die Bankverbindung noch gültig?“ LP: „Ja, die stimmt noch.“ TW: „Der Beitrag wird jährlich abgebucht. Soll das so bleiben?“ LP: „Ja, das können Sie weiterhin so machen.“ TW: „Ich wiederhole noch einmal unsere Vereinbarung. Wir ziehen ab dem 1.8.2006 statt fünf Euro elf zehn Euro monatlich ein. Ihr Beitrag wird einmal jährlich von der ... (Bankverbindung vorlesen) abgebucht. Ist das so richtig?“ LP: „Stimmt genau!“ Nun können Fragen zu Adresse, E-Mail, Newsletter und Geburtsdatum folgen. Anschließend gilt es, sich ein letztes Mal zu bedanken und zu verabschieden. TW: „Vielen Dank für das Gespräch und Ihre tolle Unterstützung. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend! Auf Wiederhören!“ Die getroffene Vereinbarung sollten Sie zusätzlich schriftlich per Post oder per E-Mail an Ihren Gesprächspartner schicken, um Missverständnisse auszuschließen und eine Ausstiegsmöglichkeit zu bieten. Wenige werden davon Gebrauch machen. Das schriftliche Festhalten erhöht die Verbindlichkeit und macht einen guten Eindruck. Außerdem wünschen wir uns freiwillige Beitragserhöhungen. Regeln und Tipps Telefonieren kann jeder. Nicht geschliffenes Auftreten und brillante Rhetorik sind entscheidend, sondern Natürlichkeit und Identifikation mit dem Anliegen. Auch schüchterne Charaktere müssen sich nicht zieren. Im Gegenteil: Sie haben sogar den Vorteil, dass sie beim Gesprächspartner bestimmt nicht den Eindruck der Überlegenheit vermitteln. Ich selbst habe schon am Telefon gestottert oder erlebt, wie Telefonisten den Gesprächsleitfaden abgelesen haben, so dass es deutlich zu hören war. Die Gespräche waren trotzdem erfolgreich. Natürlich gibt es Regeln und Tipps, die die Gesprächsführung erleichtern und Nachhaltiges Fundraising? Aus Daten Geld machen! WIE? Mit dem Kompetenzcenter Fundraising, unserem Netzwerk für modernes Beziehungsmanagement: Mit MFplus®, unserer Datenbank im Lizenz- oder ASP-Modell für große und schlanke Organisationen: Sponsoring und Unternehmenskooperationen, ehemals Geschäftsführer Kommunikation beim BUND und Vorstand der NaturEnergie AG, Mitbegründer BSM (Heute: Deutscher Fundraising Verband) Andreas Fußer Projektmanagerin an der Universität Witten/Herdecke, Fachbuchautorin „Erbschaftsmarketing in Non-ProfitOrganisationen“, Beraterin und Trainerin Claudia Severin Marken- und Produktpolitik, Autor „Handbuch Sozialmarketing“, Geschäftsführer Spendwerk GmbH Ihre Ansprechpartner: Ehrenfried Conta Gromberg List-Management und Direktmarketingberatung, Fachliteratur Direktmarketing und Fundraising, Heinz Fischer: Ehrenpräsident des Deutschen Direktmarketing Verbands DDV Fischer und Partner Dieter Wenz Leiter Vertrieb MFplus® Fon: 06431 / 95 78 -25 [email protected] Thomas Haubrich Leiter des Kompetenzcenter Fundraising Fon: 06431 / 95 78 -28 [email protected] Telefonmarketing 44 die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen. Erfolgsfaktoren für eine gute Gesprächsbeziehung sind: • eine deutliche Aussprache, • das Vermeiden von Slang und Mundarten, • die angemessene Lautstärke, • die Anpassung des Sprechtempos an das Tempo des Anderen • sowie die Fähigkeit, sich auf die Gesprächsgewohnheiten des 14 Gesprächspartners einzulassen Diese Faktoren erleichtern das Fundraising am Telefon. Darüber hinaus gibt es Regeln, die zu angenehmen Telefonaten führen und Ihre Ergebnisse verbessern: a) Die erste Regel klingt banal, betrifft jedoch die größte Hemmschwelle im Telefonfundraising: Greife zum Hörer und wähle die Nummer! Langwierige Vorbereitungen oder Recherchen sind oft nur Vermeidungsstrategien, weil man den ersten Schritt hinauszögern möchte. Am Anfang darf man sich schon zwei Minuten eine Adresse ansehen, um sich einzustimmen. Aber 15 Sekunden sollten eigentlich genügen, um die wichtigsten Informationen zu erhalten: Wie heißt die Person? In welcher Beziehung stehen wir zu ihr? Wie hoch sind ihre Spendenzuwendungen? Wenn die Information vorhanden ist: Wie alt ist der Gesprächspartner? Alle anderen Informationen können Sie während des Telefonats aufnehmen. Und ist das Telefonat vorbei, heißt es sofort nach der kurzen Ergebnissicherung wieder: zum Hörer greifen und Nummer wählen. Wenn Sie sich über ein Gespräch geärgert haben, sollten Sie sich damit nicht zu lange aufhalten, sondern das nächste Gespräch führen. Wenn Sie sich über einen Erfolg freuen, sollten Sie den Schwung für das nächste Gespräch nutzen! b) Nehmen Sie sich nicht zu wichtig! Wenn Ihr Gesprächspartner schlechte Laune hat, liegt das in der Regel nicht an Ihnen. Versuchen Sie, seine Laune zu heben oder gehen Sie höflich aus der Gesprächssituation wieder heraus. c) Sie rufen an, also führen Sie das Gespräch! Das Gespräch ist dann erfolgreich verlaufen, wenn Sie Ihr Angebot unterbreitet und eine klare Antwort erhalten haben. 14 Klaus Steinke, Kompetent und kundenfreundlich telefonieren, CD, study&train d) Sie haben ein gutes Angebot. Führen Sie sich klar vor Augen, dass Sie Ihrem Gesprächspartner einen Gefallen tun, wenn Sie es ihm unterbreiten! e) Es gilt die Mengenregel: Die häufigste Antwort beim Fundraising ist „Nein“. Deswegen müssen Sie viele Telefonate führen, um die Chancen für ein „Ja“ zu erhöhen. Sie sollten 25 Anrufversuche und fünf Gespräche pro Stunde führen. Wenn Sie ein Headset benutzen, können Sie die Zahl um 20 Prozent erhöhen. Das sind Richtwerte, die sich je nach Gesprächsziel und Gesprächspartner verändern. Sie müssen eigene Erfahrungen sammeln, um Ihre Adressen beurteilen zu können. Umgangsformen beim Telefonieren Lassen Sie es sechsmal klingeln. So hat der Angerufene die Chance, abzuheben, ohne dass Ihr Dauerklingeln aufdringlich wirkt. Ich bespreche fast immer den Anrufbeantworter. Ich hinterlasse meine Telefonnummer und den Grund meines Anrufes. Manche rufen auch zurück. Andere wieder warten, wer auf den AB spricht, bevor sie abnehmen – oder sie gehen dann beim nächsten Mal ans Telefon. Von denjenigen, die es nicht tun, erfahre ich natürlich nicht. Trotzdem finde ich es ehrlicher und höflicher, eine Nachricht zu hinterlassen. Als gute Telefonzeiten für Privatleute haben sich 17.30 bis 20.30 Uhr erwiesen. Günstig ist auch Samstag von 11 bis 14 Uhr oder der Samstagnachmittag. Ihre Gesprächspartner sind dann entspannter. Notieren Sie die Daten und Zeiten, wann Sie es probiert haben und variieren Sie die Anrufzeiten. Rentner und Geschäftsadressen können Sie selbstredend auch vormittags anrufen. Ein- und Durchführung des Telefonfundraisings bei Mehr Demokratie e.V. Mehr Demokratie e.V. konnte im Oktober 1995 in Bayern einen Erfolg erzielen. In einem Volksentscheid stimmte die Mehrheit (über 1,8 Millionen Menschen) für einen Gesetzentwurf zur Einführung des Bürgerentscheids auf der Kommunalebene. Dieser Erfolg spiegelte sich keineswegs in den Mitgliederzahlen wider. Im Herbst 1995 zählte Mehr Demokratie ca. 150 Mitglieder. Zwar konnte die Mitgliederzahl bis Sommer 1996 auf knapp 300 gesteigert werden, jedoch verhinderte das nicht, dass der Verein in eine Finanzkrise Telefonmarketing 45 geriet. Monatliche Ausgaben in Höhe von 30.000 DM standen Einnahmen von 3.000 DM gegenüber. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Verein ausschließlich Mailings und Organisationsbeiträge als Fundraisingsinstrumente genutzt. Aufgrund der Finanzkrise erkannte er Fundraising als allgemeine Aufgabe, führte es systematisch ein und erhöhte die eigene Bereitschaft zu Experimenten. Dadurch entwickelte sich eine Fundraisingkultur, von der Mehr Demokratie e.V. bis heute profitiert und die für die Größe der Organisation ungewöhnlich ist. Neben dem politischen Erfolg, der Finanzkrise und der auch dadurch bedingten Offenheit kam als vierter Einflussfaktor das vorhandene Knowhow hinzu. Erste Erfahrungen Zu Beginn telefonierte ich alleine. Als Adressgruppe wählte ich unsere Spender aus den Jahren 1995 und 1996, weil ich dort die besten Ergebnisse erwartete. Wir verfügten über 4.000 aktuelle Spenderadressen, die wir noch nie angerufen hatten. Zunächst fragte ich die Spender, ob sie Interesse an einer Mitgliedschaft hatten. Wenn sie dies bejahten, schickten wir ihnen Unterlagen mit einem frankierten Rücksendekuvert zu. Falls sie sich nicht meldeten, rief ich sie nach drei bis vier Wochen erneut an. Die Erfolgsquote lag bei über 23 Prozent, der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag bei über 125 DM im Jahr. Nach dem Erstanruf waren 30 Prozent der Angerufenen zu einer Mitgliedschaft bereit. Von dieser Gruppe schickten 25 Prozent (also 7,5 Prozent der Gesamtgruppe) die Unterlagen innerhalb von drei Wochen zurück. Über 50 Prozent reagierten nach dem Zweitanruf (also über 15 Prozent der Gesamtgruppe). Der Rest entschied sich trotz Zusage beim ersten Gespräch gegen die Mitgliedschaft. Wir ließen die Mitgliedschaft per Einzug, Dauerauftrag und Rechnung zu. Diese Ergebnisse ermutigten uns. Die Maßnahme versprach aufgrund des Adressenpotenzials eine bessere Absicherung der dauerhaften Aufgaben. Natürlich gab es auch Kritik und Widerstände. Im Vorstand wurde diese Art der Mitgliederwerbung als zu offensiv bemängelt – niemand wollte die Privatsphäre der Spender verletzen. Solchen Bedenken begegneten wir mit einem Grundsatz, mit dem wir immer gut gefahren sind: Wir wollen Erfahrungen und Ergebnisse ehrlich diskutieren – auch mit der Konsequenz, dass Maßnahmen wieder eingestellt werden müssen. In der Diskussion kam uns zu Gute, dass der Verein in einer finanziellen Notlage war und dass wir auch in qualitativer Hinsicht gute Ergebnisse berichten konnten. Die meisten Spender freuten sich über den Anruf, zeigten sich teilweise sogar begeistert. Das Projekt wird ausgeweitet Nach diesem Start fanden Schulungen für Mitarbeiter und Vorstände statt. Anschließend stellte Mehr Demokratie e.V. Studenten ein und nahm dabei in Kauf, dass die Identifikation der Telefonisten mit den Zielen des Vereins abnahm. Es war den Ergebnissen förderlich, dass das Telefonieren in der Geschäftsstelle stattfand, ein Coach das Projekt leitete sowie die Telefonisten inhaltlich geschult und motiviert wurden. Die Ergebnisse verschlechterten sich ein wenig: Die Response sank auf knapp 20 Prozent und der durchschnittliche Beitrag auf 120 DM. Aufgrund des Erfolges in Bayern gründeten sich in anderen Bundesländern Landesverbände: u.a. in Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg und Telefonmarketing 46 Nordrhein-Westfalen. D i e neuen Büros führten zu einem erhöhten Finanzbedarf. Einerseits wurden dort Telefonschulungen durchgeführt, andererseits entwickelten die Landesverbände eigene Wege. Ein konsequentes Projektcontrolling fand leider nicht statt. Da sich aber oft ehrenamtliche Helfer einsetzten und die Erfolgsquote sich zwischen 20 und 25 Prozent bewegte, erzielte der Verein im ersten Jahr stets mehr Einnahmen als Ausgaben. Bei älteren Spendergruppen (älter gleich drei Jahre) sank die Erfolgsquote auf 10 bis 15 Prozent, die Telefonaktionen waren im ersten Jahr aber dennoch kostendeckend. Das Projekt schläft wieder ein Trotz dieser Ergebnisse wurde das Projekt wieder eingestellt. Dies hatte verschiedene Gründe: Die Finanznotlage wurde gemeistert, die Telefonisten beendeten den Job nach einigen Monaten – was durchaus üblich ist – vor allem der Coach konnte nicht ersetzt werden und schließlich standen politische Aufgaben an. Es fehlte an der Zeit, das Fundraisingniveau zu erhalten. Ein Landesverband wurde gar „Opfer seines erfolgreichen Großspendenfundraisings“: Da eine Spende die Finanzierung bis Ende des Jahres sicherte, wurde das Telefonieren eingestellt. Dennoch blieb das Know-how im Verein erhalten. Bis heute führen wir die Reaktivierung ausgetretener Mitglieder, die Überprüfung geplatzter Bankverbindungen und Spendenwerbung von 50 bis 2.500 Euro und mehr durch. Hervorheben möchte ich eine Spendenkampagne im Jahr 2001. Es drohte ein Defizit in Höhe von ca. 40.000 Euro. Wir riefen über 200 Personen an, die im Jahr 2000 über 100 Euro, aber im Jahr 2001 noch gar nicht gespendet hatten. Die Erfolgsquote lag bei über 40 Prozent, der Spendendurchschnitt bei 250 Euro. Die Zusammenarbeit mit Agenturen Auf dem Fundraisingkongress 2000 lernten wir die Mitarbeiter einer im Non-Profit-Bereich spezialisierten Agentur kennen. Da wir immer noch über relativ große Adressbestände verfügten, selber aber nicht in der Lage waren, diese Adressen zu bedienen, bot sich die Zusammenarbeit mit der Agentur an. Wir gaben der Agentur Spenderadressen aus dem Jahr 2000, weil wir wollten, dass sie gute Ergebnisse erzielte. Wir fanden, Erfolge seien für alle Beteiligten (man denke auch an die Telefonisten) gleichermaßen motivierend und konnten uns sowieso nicht selbst um die Adressen kümmern. Zudem sahen wir die Möglichkeit, das Projekt nach 50 oder 100 Testanrufen bei Misserfolgen abzubrechen. Die Ergebnisse übertrafen unsere Erwartungen. Die 2007 DEUTSCHER FUNDRAISING KONGRESS 25. – 27. APRIL KULTUR- UND KONGRESSZENTRUM FULDA Neuer Ort. Bessere Information. Und Top-Referenten. Zum Deutschen Fundraising-Kongress 2007 erwarten Sie gleich drei Neuerungen: Die Barockstadt Fulda als neuer Kongressort und das Tagungshotel Esperanto mit 330 Vier-Sterne-Zimmern. Vier weitere Hotels unterschiedlicher Kategorien sind fußläufig erreichbar. Die Möglichkeit, sich bereits Mitte Dezember über das vollständige Kongressprogramm zu informieren und bis zum 13. Januar 2007 den FrühbucherRabatt zu nutzen. Die Verpflichtung interessanter internationaler Referenten, unter anderem zu den Themen Management und Führung im Fundraising, z.B. � � Jim Greenfield, einen der führenden Fundraising-Experten in den USA Konstanze Frischen, Geschäftsführerin von Ashoka Deutschland, die internationale Organisation von und für Social Entrepreneurs (angefragt) � Alan Clayton, Gründer und Managing Director der Cascaid Group, einer der führenden Direktmarketing- und strategischen Beratungsagenturen in Großbritannien � Reto Wilhelm, Managing Partner von panta rhei PR und Berater internationaler Kunden aus Wirtschaft und Wissenschaft in Fragen des Reputationsmanagements � Martin Oetting, Berater und Forscher im Viralmarketing, Europäische Wirtschaftshochschule Berlin Information und Online-Anmeldung ab Anfang November: www.fundraisingkongress.de Fundraising-Kongressbüro neues handeln GmbH Lindenstraße 20 · 50674 Köln Telefon 0221/160 820 [email protected] Hauptsponsoren: Medienpartner: Telefonmarketing 48 Erfolgsquote lag bei über 28 Prozent, der durchschnittliche Beitrag bei über 124 DM. Zusätzlich forderten elf Prozent der Angerufenen ein Einzugsermächtigungsformular an. Allerdings war aufgrund des fehlenden Zweitanrufs der Rücklauf bescheiden. Weitere 28 Prozent ließen sich einen Überweisungsträger mit Betrag zusenden. Der Gesamtertrag war trotz der besseren Ergebnisse natürlich geringer als bei eigener Durchführung, da die Agentur höhere Kosten verursachte. Das Projekt konnte im ersten Jahr dennoch gewinnbringend durchgeführt werden. Begünstigend kam hinzu, dass wir im Mai 2000 ein Volksbegehren durchführten, was unseren Bekanntheitsgrad steigerte. In demselben Jahr setzten wir auch eine Upgradingaktion mit unseren Mitgliedern um, bei der wir ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielten. Über 42 Prozent erhöhten ihren Beitrag durchschnittlich um 57 Euro. Dies lag auch an der Einführung des Euro als Zahlungsmittel. Im Jahr 2001 begannen wir mit einem zweistufigen Konzept. Auf der Straße wurden Passanten auf eine Mitgliedschaft angesprochen und auf den Anruf einer Agentur vorbereitet. Die Straßenarbeit wurde von Mitarbeitern und Ehrenamtlichen geleistet. Die Kosten pro geworbenes Mitglied lagen bei eineinhalb Mitgliedsbeiträgen. Wir konnten aber die ehrenamtliche Fundraisingarbeit nicht aufrechterhalten. Im Zweifelsfall verzichten Ehrenamtliche auf den Fundraisingaspekt – was sicherlich auch an unserem politischen Thema liegt. Professionelle Dialoger, die auf der Straße direkt werben, verursachten höhere Kosten (größer gleich zwei Mitgliedsbeiträge). Die Zusammenarbeit mit der Telefonagentur musste herunter gefahren werden, weil wir nicht mehr hinreichend große Adressbestände (mindestens 500 Adressen) liefern konnten. Über eine befreundete Organisation ergab sich dann der Kontakt zu einer kleineren Agentur, die auch Adressbestände bis 100 Adressen telefonierte. Telefonmarketing 49 Auch diese Agentur erzielte gute Ergebnisse. Fast alle Projekte wurde im ersten Jahr kostendeckend telefoniert. Mittlerweile sind alle Adressen in der Regel zweimal angerufen. Die Herausforderung unserer Organisation liegt nun darin, genügend neue Spenderadressen zu erzeugen. Bei der Zusammenarbeit mit Agenturen muss beachtet werden, dass trotz Delegation Arbeit anfällt: Schulung und Motivation der Telefonisten, Adresstransfer, Controlling und Beschwerdemanagement. Da die Identifikation der Telefonisten mit der Sache abnimmt, steigt die Gefahr unmotivierter und mechanischer Anrufe. Dies muss der Auftraggeber durch ein gutes Beschwerdemanagement und strenges Controlling auffangen. Persönliche Erfahrungen Telefonieren macht Spaß. Sie lernen eine Menge über Ihre Spender und Mitglieder und was diese über ihre Organisation denken. Nach einiger Erfahrung lernen Sie auch, die Verfassung des Anderen besser zu erspüren und angemessen damit umzugehen. Sie werden bemerken, wie sie mit Ihrer Stimme und Ihrem Lächeln die Stimmung des Anderen heben können und auch umgekehrt. Begeisterte Reaktionen wie: „Gut, dass Sie anrufen. Natürlich werde ich Mitglied und mein Mann auch“ ermutigen ungemein. Auch Spenden in Höhe von 1.000 Euro sind möglich, wenn man die Probleme der Organisation erklärt – und wie man sie lösen möchte. Sie werden auf aufmerk- same Zuhörer stoßen, die Ihnen Anerkennung zukommen lassen. Dann können Sie auch potenzielle Großspender kennen lernen, die Ihnen 500 Euro spenden, obwohl ihr durchschnittlicher Spendenbetrag vorher bei 100 Euro lag. Freilich gibt es auch Misserfolge. Es kann schon vorkommen, dass Sie nach einem zu hohen Betrag fragen. Peinlich! Aber trösten Sie sich, in der Regel fragen Sie nach einem zu geringen Betrag. Das merken Sie daran, dass Ihr Gesprächspartner sofort freudig einwilligt. Einmal sprach ich einen Spender, der immerhin im Jahr davor 500 Euro gespendet hatte, mit falschem Namen an. Ich fing an zu stottern und das Gespräch verlief nicht gut. Auch das darf passieren. Wichtiger ist es, dass Sie natürlich und mit Herz telefonieren. Die Misserfolge stärken einen letztlich und bleiben Einzelfälle. Hätten wir vor diesen Misserfolgen Angst gehabt, hätten wir eine wichtige Einnahmequelle nicht erschlossen. Es lohnt sich, im Telefonfundraising Erfahrungen zu sammeln und Know-how aufzubauen. Greifen Sie zum Telefon! Wer ist Mehr Demokratie e.V.? Der 1988 in Bonn gegründete gemeinnützige Verein setzt sich für die Weiterentwicklung der Demokratie, insbesondere durch Volksbegehren und Volksentscheid ein. Der Verein arbeitet wissenschaftlich, berät Initiativen und initiiert Volksbegehren und Kampagnen. Der Jahresumsatz liegt bei ca. 650.000 Euro. Der Autor TIM WEBER Tim Willy Weber, geboren 1971, lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bremen. Er ist Mitinitiator mehrerer Volksbegehren und Kampagnen zur Weiterentwicklung der Demokratie. Seit 1996 ist Weber im Bereich Fundraising bei Privatpersonen tätig und kümmert sich um Mailings, Telefon, Dialoging und Großspenden. Seit 2004 berät und trainiert er Aktive und Mitarbeiter aus Initiativen und Nichtregierungsorganisationen. B &O GESELLSCHAFT FÜR DIALOG-MARKETING MBH & CO. KG Erfolgreiche Charities wissen es genau: Wer A sagt, sagt auch B&O! Werden Sie mit uns aktiv! Ihr erfolgreiches Spendenmailing ist unsere Profession. Nehmen Sie den Dialog auf mit Michael Oßwald und Volker Ruckgaber. Unsere Referenzen (Auszug): Michael Oßwald Volker Ruckgaber AWO Stuttgart/Ludwigsburg BUND Baden Württemberg Caritas Diözese Rottenburg/Stuttgart Deutsche Bibelgesellschaft Deutsche Cleft-Kinder-Hilfe Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Deutsche MS-Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Deutsche Umwelthilfe Diakonie Kehl-Kork Diakonie Neuendettelsau Diakonisches Werk Nürnberg Diakonisches Werk der EKD, Katastrophenhilfe Diakonisches Werk in Schleswig-Holstein Don Bosco Global Nature Fund Greenpeace Lebenshilfe Lepra-Mission Liebenzeller Mission Methorst Bildungsforum NABU Stiftung peace brigades Plan International Quäker-Hilfe Stiftung Sign of hope Stiftung Gedenken und Frieden Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge WWF CONSUMER · B - TO - B · FUNDRAISING Stresemannstraße 79 · 70191 Stuttgart · Tel. 0711/8 90 27- 0 · Fax 0711/8 90 27- 50 ISDN 0711/8 90 27- 20 · www.bo-dialog.de · [email protected] · Mitglied im BSM und DDV Telefonmarketing 51 UNLAUTER ODER ZULÄSSIG? DIE RECHTLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN DES TELEFONFUNDRAISING von Ass. Jur. Anette Brücher-Herpel Das Telemarketing ist häufig Baustein im Fundraising-Mix gemeinnütziger Organisationen und hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu einem wesentlichen Instrument der Kommunikation mit Spendern, Förderern und Interessenten entwickelt. So nutzen Non-Profit-Organisationen das Telefon beispielsweise bei der aktionsbezogenen Förderer-/Mitgliederansprache, zur Bearbeitung von Wünschen und Anfragen, zur Information sowie nicht zuletzt zur telefonischen Spendenakquisition und zur Reaktivierung von Mitgliedern. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Telemarketing ist jedoch die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen. Deshalb befasst sich dieser Beitrag mit den einschlägigen Regelungen insbesondere des Wettbewerbsrechts. Schutz der Privatsphäre im Verhältnis zur Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Novellierung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) im Juli 2004 für ein so genanntes „optin-Modell“ im Bereich des Telefonmarketing entschieden. Das bedeutet, dass der Angerufene explizit eingewilligt haben muss, von dem Anrufer per Telefon kontaktiert zu werden. Nach §§ 3 und 7 Abs. 2 Nr. 2 des UWG handelt daher derjenige „unlauter“ oder wettbewerbswidrig, der telefonisch unzumutbar belästigt, d.h. gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung und gegenüber „sonstigen Marktteilnehmern“ ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung mittels Anrufen wirbt. Unerbetene telefonische Marketingmaßnahmen („Cold Calls“) sind grundsätzlich unlauter und unzulässig. Das Verbot der unerbetenen Telefonwerbung dient zwar einerseits dem Schutz des Verbrauchers vor einer unzumutbaren Beeinträchtigung seiner Privatsphäre, andererseits ist hierbei jedoch stets die ebenfalls geschützte Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers zu berücksichtigen. So ist kommerzielle Kommunikation als solche wiederum grundsätzlich erlaubt und wird Telefonmarketing 52 unter anderem durch die Freiheitsgrundrechte 15 geschützt. Dementsprechend soll das UWG den Verbraucher nur vor unlauterem, nicht aber vor jedem Wettbewerb schützen. usw.) versprochen werden – am Merkmal eines unternehmerischen Handelns. Die Tätigkeit einer gemeinnützigen Organisation ist im Regelfall gerade nicht darauf ausgerichtet, Waren oder Dienstleistungen abzusetzen bzw. den Absatz 20 durch andere zu fördern. Dies gilt in ähnlicher Weise für die Gewinnung von Mitgliedern durch Verbände; auch hier fehlt es am Merkmal des „unternehmerischen Handelns“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Zumindest für den Rahmen von Fundraisingaktivitäten verneint deshalb die herrschende Meinung die Anwendbarkeit des UWG auf Gemeinnützige. Dementsprechend sind die wettbewerbsrechtlichen Regelungen für das Telefonmarketing in diesen Bereichen nicht anwendbar. 21 Laut Hefermehl/Köhler/Bornkamm fallen darüber hinaus generell solche Marketingmaßnahmen nicht unter den Anwendungsbereich des UWG, die der reinen Unternehmenskommunikation bzw. Kundenpflege dienen. Grund: Auch diesen Maßnahmen fehlt regelmäßig das Merkmal der Absatzförderung. Dies gilt jedoch nur, soweit mit einer derartigen Maßnahme – z.B. einem Telefonanruf – tatsächlich ganz überwiegend andere Kommunikationsziele als das der Absatzförderung verfolgt werden. Maßgeblich ist also, ob und inwieweit sich bei einer Gesamtbetrachtung des Vorgangs ergibt, dass die Beziehungspflege im Vordergrund steht. Anwendbarkeit des UWG auf gemeinnützige Organisationen Maßgeblich für die Zulässigkeit von Telemarketingmaßnahmen gemeinnütziger Institutionen ist, ob derartige Anrufe beim Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmern als „Wettbewerbshandlung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu qualifizieren sind. Nur wenn ein (werbender) Telefonanruf durch die gemeinnützige Organisationen diese Voraussetzung erfüllt, sind die Regelungen des UWG überhaupt anwendbar bzw. müssen die Organisationen diese Regelungen beachten. Eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist „jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zu Gunsten des eigenen oder fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.“ Vor diesem Hintergrund sind Anrufe von Unternehmen zu Werbezwecken ohne Einwilligung des Angerufenen stets als unlauter zu qualifizieren. Ob und inwieweit die für Unternehmen geltenden wettbewerbsrechtlichen Regelungen auch auf Anrufe von gemeinnützigen Organisationen übertragbar sind, ist bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Zwar ist der Begriff des „Unternehmens“ im Sinne des UWG grundsätzlich weit auszulegen, so dass es wettbewerbs16 rechtlich weder auf die Rechtsform des Anrufers 17 noch auf eine etwaige Gewinnerzielungsabsicht ankommt und somit grundsätzlich auch gemeinnützige Institutionen, beispielsweise Vereine, den Regelungen des Wettbewerbsrechts unterstehen 18 können . Dies gilt insbesondere, wenn sie Waren oder Dienstleistungen an Dritte gegen Entgelt abgeben. Für den Begriff der Entgeltlichkeit reicht es aus, wenn ein Entgelt zwar nicht gefordert, 19 aber genommen wird . Jedoch fehlt es nach herrschender Meinung bei der Einwerbung von Geldspenden durch Gemeinnützige – jedenfalls soweit allenfalls immaterielle Gegenleistungen (Veröffentlichung des Namens in Spenderlisten So hat ein Sprecher des Bundesjustizministeriums nach Inkrafttreten des UWG mündlich dargelegt, dass telefonische Spendenwerbung nicht vom 22 UWG erfasst werde . In ähnlicher Weise verneinte die Bundesjustizministerin, Brigitte Zypries, die 23 Frage , ob ein Anruf einer als gemeinnützig anerkannten Körperschaft bei einem Verbraucher ohne dessen Einwilligung mit dem Ziel, Geldspenden einzuwerben, eine unlautere Handlung nach dem UWG darstelle. Dabei verwies sie jedoch ausdrücklich darauf, dass die verbindliche Entscheidung über die Frage den unabhängigen Gerichten obliege. Anders – und damit unternehmerisch im Sinne des UWG – wird das Handeln gemeinnütziger Organisationen jedoch beurteilt, wenn sie telefonisch um Sachspenden werben und diese dann gewinnbringend veräußern. In diesem Fall 15 16 17 18 19 20 vgl. Ralf Rößler, Fundraising aktuell online Nr.130 vom 26.5.2006 S.6, Hefermehl/Köhler Bornkamm§ 2 Rdnr. 20 21 Engels, Stulz-Hernstadt WRP 2005, 1218 (1220) 22 vgl. Ralf Rößler, Fundraising aktuell online a.a.O. 23 vgl. Anfrage von Ralf Rößler in Ralf Rößler a.a.O. S.7 Vgl. BVerfG GRUR 1996, 899 (903f); BVerfGE 71, 162 (175) BGH GRUR 1976, 370,371 Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. Rdnr. 8 Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O BGH GRUR 1981, 665,666 Fundraising-Fullservice mit Visionen und Perspektive: Fundraising-Strategie – die richtige Positionierung. Scope-Fundraising-Datenbank – dialog- und webbasiert. Multichannel-Fundraising – der Kommunikations-Mix. Informations-Management – der Weg zu neuen Spendern. Ihr Partner für Fundraising-Management. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Rufen Sie uns an: Telefon +41 (0)41 798 19 49. dm michelotti ag, Direkt Marketing, Blegistrasse 1, CH-6343 Rotkreuz Telefon +41 (0)41 798 19 49, e-mail [email protected], www.dmm.ch part of arvato direct services: a Bertelsmann company Telefonmarketing 54 ist nämlich ein Absatzwettbewerb mit privaten 24 Unternehmen möglich. Da bislang höchstrichterliche Entscheidungen zum Thema Telefonfundraising gemeinnütziger Organisationen fehlen und man nur für Teilbereiche des Telemarketings von NPO das unternehmerische Handeln eindeutig verneinen kann, sollten sich gemeinnützige Organisationen generell mit den allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Telemarketing nach dem UWG beschäftigen, die in den nächsten Absätzen skizziert werden. Anruf zu Werbezwecken Von zentraler Bedeutung für das Telemarketing und etwa erforderliche Einwilligungen ist, ob ein Anruf ganz überwiegend zur Betreuung von Spendern oder Mitgliedern etc. erfolgt, oder ob es sich um Werbung handelt. Nach herrschender Meinung liegt ein Anruf zu Werbezwecken vor, wenn der Angerufene zu 25 einem Geschäftsabschluss bestimmt werden soll. In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass die wettbewerbsrechtlichen Normen auch im Vorfeld eines beabsichtigten Vertragsabschlusses 26 Ein Anruf zu Werbezwecken kann gelten. darüber hinaus jedoch auch bei einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis vorliegen, wenn der Anruf mit dem Ziel erfolgt, einen bestehenden Vertrag auszuweiten, zu verändern oder 27 zu ergänzen. So hat das Oberlandesgericht 28 Frankfurt im Jahr 2005 die Telefonanrufe eines Versicherungsunternehmens zu Werbezwecken mit dem Ziel der Änderung eines bestehenden 24 vgl. Rößler a.a.O. m.w.N. 25 Köhler a.a.O. Rdnr. 42 26 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wetttbewerbsrecht 24. Aufl. 2006, § 2 UWG Rdnr. 76 und 78, Fezer UWG, 2005, § 2 Rdnr. 166, Keller in Harte/Henning, UWG 2004, § 2 Rdnr. 7 27 vgl. OLG Frankfurt K & R 2005, 519 (520) Vertragsverhältnisses als Werbung nur dann für zulässig angesehen, wenn der Verbraucher zuvor in den Anruf eingewilligt hat. In ähnlicher Weise hat das Landgericht Wiesbaden mit Urteil 29 vom Juli 2005 ebenfalls hinsichtlich eines Versicherungsvertragsverhältnisses entschieden, dass „alle Anrufe, die über die Klärung von Fragen innerhalb bestehender Versicherungsverträge hinausgehen“, unlautere Werbung darstellen. Ein Anruf zu Werbezwecken liegt auch vor, wenn ein abgesprungener Kunde zur Wiederaufnahme der 30 Geschäftsbeziehung ermutigt werden soll. Bedenklich erscheint diese pauschale Einordnung von Telemarketingaktivitäten vor dem anerkannten Bild des mündigen Verbrauchers und dessen Entscheidungsfreiheit. So erwarten Kunden, Förderer und Mitglieder häufig eine individuelle Ansprache und Betreuung, die über die reine Abwicklung des bestehenden Beziehungsverhältnisses hinausgeht – z.B. Informationen über weitere Aspekte. Dementsprechend wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass bei einem Vertragsverhältnis, das nicht von einem einmaligen Austausch von Leistungen geprägt ist, sondern in dessen Rahmen vielmehr eine Betreuung durch den Partner erwartet wird, eine Kontaktaufnahme jedenfalls mit Bezug auf das bestehende Vertragsverhältnis zur Betreuung des Kunden nicht pauschal als Werbung betrachtet 31 werden kann. Erfordernis und Form der Einwilligung Erfolgt ein Telefonanruf zumindest auch zu Werbezwecken, so richtet sich die Zulässigkeit danach, wer angerufen wird bzw. in wessen Sphäre der Anruf erfolgt. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG differenziert hinsichtlich der Art der Einwilligung ausdrücklich zwischen Anrufen bei Verbrauchern und „sonstigen Marktteilnehmern“. Grund für die Differenzierung ist der überragende Schutz der Privatsphäre von Verbrauchern. Werbliche Anrufe unter der Privatnummer einer Person sind grundsätzlich als Werbung gegenüber Verbrauchern zu werten, gleichgültig ob der Angerufene in seiner Eigenschaft als Privatmann oder Unternehmer 32 angesprochen werden soll. Der Anruf stellt gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dann keine unzumutbare Beeinträchtigung dar, wenn eine wirk28 K&R 2005, 519 29 LG Wiesbaden 13 O 87/3 30 Köhler a.a.O, BGH GRUR 1994, 380 (382); OLG Koblenz WRP 1991, 332, Steinbeck GRUR 1995, 492, 493 31 Eckhardt, K&R 2005, 520 (521) 32 OLG Köln GRUR-RR 2005, 138,139; KG WM 1988,1144,1146 Jeder Mensch ist anders Erleben Sie Fundraising! Mit Visionen. Und Perspektive. Mehr Informationen unter: +41 (0)41 798 19 49 - www.dmm.ch Telefonmarketing 56 same Einwilligung vorliegt. Unter dieser versteht man grundsätzlich die vorherige einseitige Zustimmungserklärung, vgl. § 183 S. 1 BGB. Während die Zulässigkeit eines Anrufs beim Verbraucher grundsätzlich von dessen ausdrücklicher Einwilligung abhängt, genügt für die Telefonwerbung bei einem „sonstigen Marktteilnehmer“ bereits eine mutmaßliche Einwilligung. Die Norm bezweckt den Schutz der geschäftlichen Betätigungsfreiheit des 33 Angerufenen . Die geringeren Anforderungen an die Einwilligung basieren u.a. darauf, dass Unternehmer mit geschäftsbezogenen Anrufen rechnen und ihnen sogar aufgeschlossen gegenüberstehen können. „Marktteilnehmer“ in diesem Sinne sind alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. Für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses gelten jedoch strenge Anforderungen. Eine bestehende Geschäftsbeziehung alleine genügt ebenso wenig 34 wie die Eintragung in ein Telefonverzeichnis. Vielmehr muss „auf Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden“ am Anruf durch den Anrufer vermutet werden 35 können. Maßgeblich ist, ob im Einzelfall die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Anzurufende den Anruf erwartet oder ihm jedenfalls positiv 36 gegenübersteht. Das bezieht sich sowohl auf die Art der Werbung (Telefonanruf) als auch 37 auf ihren Inhalt. Hierbei können die jeweilige Branchenzugehörigkeit, die Größe und konkrete Zielsetzungen des Unternehmens eine Rolle spielen. Bei Telefonanrufen zu Werbezwecken bei Verbrauchern muss die Einwilligung des Angerufenen grundsätzlich vor dem Anruf vorliegen. Sie kann mündlich oder schriftlich erteilt werden. Da der Werbende jedoch die Beweislast für das Vorliegen 38 einer Einwilligung trägt, empfiehlt es sich, diese in schriftlicher Form einzuholen. Generell kann die Einwilligung sowohl ausdrücklich wie konkludent (d. h. aus dem Sachzusammenhang) erklärt werden. Eine ausdrückliche Einwilligung liegt vor, wenn der Umworbene konkret um Anruf oder Rückruf gebeten oder bei Aufnahme des Kontakts erklärt hat, mit einer telefonischen 33 Köhler a.a.O. Rdnr. 56 34 Köhler a.a.O., LG Münster WRP 2005, 639, 640 35 BGH GRUR 1991, 764,765; BGH GRUR 1995, 220,221; BGH GRUR 2001, 1181, 1183; BGH WRP 2004, 603, 605 36 BGH GRUR 1991, 764,765; BGH WRP 201, 1068,1070 37 Köhler a.a.O. Rdnr. 62 38 so für die E-Mail-Werbung: BGH GRUR 2004, 517,519 39 Köhler a.a.O. Rdnr. 52, BGH GRUR 1989, 753,754 39 „Betreuung“ einverstanden zu sein. Eine konkludente Einwilligung kann vorliegen, wenn der Kunde auf einem Formular des Geschäftspartners (neben der Adresse) seine Telefonnummer in der Erkenntnis mitgeteilt hat, diese werde von dem werbenden Unternehmen zur Fortführung 40 des geschäftlichen Kontakts genutzt. Vorliegen, Dauer und Umfang der Einwilligung sind durch 41 Auslegung zu ermitteln. Dem Anrufer muss eine Erklärung oder Äußerung vorliegen, aus der er den Schluss ziehen darf, der Anzurufende sei mit einem Anruf zu dem betreffenden Zweck einver42 standen. Eine nachträgliche Billigung durch den 43 Angerufenen genügt nicht. Vorformulierte Einwilligungserklärungen Die Einwilligung kann sowohl vertraglich, d.h. zweiseitig, als auch einseitig erteilt werden. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere zu klären, inwieweit die Einholung von Einwilligungen in Form vorformulierter Telefonklauseln möglich ist. Bislang stand die Rechtsprechung vorformulierten Einwilligungen in Telefonwerbung eher ablehnend gegenüber und hat diese mehrfach 44 als generell unzulässig qualifiziert. Begründet wird dies mit den Gefahren für die Privatsphäre durch Telefonwerbung: Wollte man derartige Klauseln zulassen, würden die Mitbewerber zur Nachahmung gezwungen und es käme zu einer massiven Belästigung der Kunden, der gerade durch das Erfordernis der ausdrücklichen oder konkludenten Einwilligung entgegengewirkt werden sollte. 45 So hat beispielsweise das Landgericht Hamburg die auf einer Teilnahmekarte für ein Gewinnspiel versteckte und klein gedruckte vorformulierte Einwilligungserklärung „ich bin damit einverstanden, dass mir die …AG telefonisch weitere interessante Angebote macht (gegebenenfalls bitte streichen)“, in deren Rahmen für den Abschluss eines Zeitungsabonnements geworben werden sollte, auch dann als unwirksam angesehen, wenn der entscheidende Satz nicht gestrichen war. Wird für die Einwilligung eine Standardformulierung verwendet, ist nach gefestigter 46 eine Kontrolle allgemeiner Rechtsprechung Geschäftsbedingungen nach den §§ 305ff BGB 40 41 42 43 44 45 46 Köhler a.a.O. BGH GRUR 1995, 220 Köhler a.a.O. Rdnr. 45 OLG Köln U 155/04 BGH NJW 1999,1864; BGH NJW 2000, 2677 – Telefonwerbung VI LG Hamburg 312 O 975/04 MMR 2005, 630-631 BGH NJW 2000, 2677 – Telefonwerbung VI Telefonmarketing 57 vorzunehmen. Prüfungsmaßstab ist dann das 47 Verbot der unangemessenen Benachteiligung. So können Einwilligungsklauseln insbesondere unwirksam sein, wenn sie gegen das Transparenzgebot verstoßen, weil sie für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Kunden nicht klar und verständlich sind und damit eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers darstellen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Text der Einwilligungsformulierung pauschal und nicht hinreichend konkretisiert ist (z.B. allgemeine Floskeln enthält, wie „…erklären Sie sich einverstanden, Werbung und andere Informationen von … und seinen Partnern zu erhalten“). Unwirksam ist die Klausel auch, wenn sie überraschend ist, d.h. beispielsweise an versteckter Stelle im Text untergebracht ist. Um diese Risiken der Unwirksamkeit einer vorformulierten Einwilligungserklärung zu reduzieren, sollte Folgendes beachtet werden: Fordern Sie von Ihrem Spender/Förderer eine positive Handlung – z.B. das eigenständige Ankreuzen bzw. Leisten seiner Unterschrift, wodurch sich Überraschungen vermeiden las48 sen. Optimalerweise sollte Ihr Spender die Einwilligungen gesondert unterschreiben. Geben Sie Ihrem Förderer möglichst viel Einfluss auf die Gestaltung seiner Einwilligung. Lassen Sie ihn die Telefonnummer angeben, unter der er angerufen werden möchte. Bitten Sie ihn, 47 BGHZ 141,124,128; BGHZ 141,137,149 48 Ayad/Schafft BB 2002,1715; Splittgerber/Zscherpe/Goldmann WRP 2/2006 180 49 Ayad/Schafft, BB 2002,1715 durch Ankreuzen mitzuteilen, welchen Inhalt und welche Form der Werbung er vorzieht, welche zeitlichen Präferenzen er hat, welche 49 Themen er favorisiert etc. Darüber hinaus sollten Sie dafür sorgen, dass die Beitrittserklärung zur Mitgliedschaft o.ä. und der Text der Einwilligungserklärung räumlich, optisch und textlich voneinander getrennt sind. So vermeiden Sie den Eindruck, die Einwilligungserklärung sei Bedingung für die Wirksamkeit der restlichen 50 Erklärung. Geben Sie außerdem einen Hinweis 51 auf die Freiwilligkeit der Einwilligungserklärung. Die Einwilligung sollte tatsächlich zur Disposition des Förderers stehen. Genügt eine Einwilligungsklausel diesen Anforderungen, so stellt sie nur dann eine unangemessene Benachteiligung des Einwilligenden (z.B. Mitglied) dar, wenn sie nicht auf Werbung im Rahmen des angebahnten konkreten Mitgliedsverhältnisses o.ä. beschränkt ist, sondern auch die Werbung für sonstige vertragliche 52 Bindungen ermöglichen soll. Denn damit wird ein vom Mitglied/Spender o.ä. nicht überschaubares und von seinem Interesse nicht abgedecktes Risiko geschaffen. Generell zeichnet sich derzeit eine Tendenz in der Rechtsprechung und Literatur ab, die eine Lockerung der bisherigen restriktiven Bewertung von vorformulierten Einwilligungsklauseln erkennen lässt. So haben beispielsweise das Landgericht Stuttgart und das Oberlandesgericht Frankfurt im Jahr 50 Mankowski in: Fezer UWG Bd.2,2005 § 7 Rdnr. 104 51 BGH NJW 1999, 1864 52 Köhler a.a.O. Rdnr. 47 Telefonmarketing 58 2005 Einwilligungsklauseln einer ausführlichen Inhaltskontrolle unterzogen und der vielfach vertretenen Auffassung eine Absage erteilt, vorformulierte Einwilligungsklauseln begründeten stets eine 53 unangemessene Benachteiligung. Hinweispflicht Nach § 312c Abs. 1 S. 2 BGB muss bei Telefongesprächen mit Verbrauchern zur Anbahnung oder zum Abschluss von Fernabsatzverträgen zu Beginn des Gesprächs der geschäftliche Zweck und die Identität des Unternehmers eindeutig erkennbar sein. Eine Verletzung dieser Hinweispflicht kann zur Wettbewerbswidrigkeit des Anrufs führen, auch wenn eine Einwilligung vorliegt. Widerrufsrecht Am Telefon abgeschlossene Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unterliegen grundsätzlich einem Widerrufsrecht des Verbrauchers nach den §§ 312d Abs. 1, 355 BGB. Zu beachten ist im Übrigen, dass ein unerbetener Anruf bei einem Verbraucher zu Werbezwecken einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen und damit Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche auslösen kann. Ein Anruf bei einem Unternehmer zu Werbezwecken stellt grundsätzlich einen Eingriff in das Recht am Unternehmen dar, gegen den sich der Unternehmer nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog zur Wehr setzen kann. Ist Telefonfundraising nun rechtens? Die komplexe rechtliche Lage hinterlässt den Fundraiser mit dem unangenehmen Gefühl, auf seine Frage nach der Rechtmäßigkeit von Telefonfundraising keine klare Antwort zu erhalten. Und das ist auch tatsächlich der Fall: Zwar fällt Telefonfundraising in den meisten Fällen laut herrschender Meinung nicht unter die Regelungen des UWG – eine unmissverständliche Entscheidung gibt es zu dieser Frage bisher jedoch noch nicht. Es ist daher sehr empfehlenswert, sich auch als gemeinnützige Organisation so weit wie möglich an die Vorschriften des UWG im Bereich Telemarketing zu halten. 53 Vgl. Dr. Stulz-Herrnstadt, „Telefonwerbung – Zur Zulässigkeit vorformulierter Einwilligungserklärungen“ Mitgliederbereich der DDV-Website Die Autorin ANETTE BRÜCHER-HERPEL Anette Brücher-Herpel ist Volljuristin und Fundraiserin (FA). Sie ist Leiterin Recht und Beteiligungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Seit 2002 ist sie Vorstandsmitglied des Deutschen Fundraising Verbandes. Spendenverwaltung Findet die nächste Katastrophe etwa bei Ihnen statt ? Auf Erdbeben, Flutwellen, Hungersnöte sind Sie bestens vorbereitet. Innerhalb weniger Stunden wird geholfen. Dann ist auch in Ihrer Spendenverwaltung schnelle Reaktion und ein perfektes Management gefordert. Adressen erfassen, Spenden buchen, Dankbriefe schreiben. Jetzt entscheidet sich, ob Ihre Förderer Sie auch in Zukunft unterstützen werden. Gut, wenn Ihnen dabei ein Dienstleister zur Seite steht, der Ihnen perfekten Service bietet. 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