Erfahrungsbericht für Reisende an Partnerunis des WELTWEIT
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Erfahrungsbericht für Reisende an Partnerunis des WELTWEIT
Erfahrungsbericht für Reisende an Partnerunis des WELTWEIT-Programms der OVGU PJ-Tertial Chirurgie in Mexiko, Guadalajara, Hospital Civil viejo Motivation Ich wollte das PJ nutzen um eine Zeit lang im spanischsprachigen Ausland zu leben. Mexiko hatte mich schon immer gereizt und ist wegen der Hochschulpartnerschaft zwischen Magdeburg und Guadalajara relativ einfach zu organisieren. Vorbereitung Ich habe mich im Studiendekanat erkundigt mit welchen spanischsprachigen Ländern wir ein Austauschprogram haben und dann mit Hilfe von Erfahrungsberichten der bvmd (http://bvmd.de/) mich genauer über die Länder und Städte informiert. Meine Entscheidung ist schnell auf Mexiko und Guadalajara gefallen und etwa ein Jahr vor PJ-Beginn habe ich mich beim Dekanat erkundigt, welche Unterlagen erforderlich sind und wie der Austausch abläuft. Sprachliche Vorbereitung fiel bei mir relativ kurz: ich habe mit Null Vorkenntnissen in den Semesterferien einen ein monatigen Intensivkurs in Salamanca, Spanien gemacht und mich dann noch am Sprachenzentrum ein Spanischkurs (Unicert I Teil 3) belegt. (Einstufungstest bei Frau Bolívar, sehr nett und freundlich). Ich habe viel Selbststudium betrieben und hatte ein Spanisch-Deutsch-Tandem-Partner (hervorragend, hat mir am meisten gebracht, kann ich nur herzlich weiter empfehlen!), habe viel versucht spanischsprachige Musik, Radio, Filme zu hören und Bücher/Zeitungen zu lesen. Sprachlich war ich dann auch ausreichend vorbereitet, es ist also kein Problem ein Jahr vor dem eigentlichen Aufenthalt erst zu beginnen, dann sollte man sich aber auch wirklich dran halten. Als objektives Maß: das Unicert I habe ich mit sehr gut bestanden. Wichtig ist, dass du das gesprochene Spanisch verstehst und nicht sofort hilflos darstehst wenn du unvorbereitet etwas sagen musst. In Mexiko hilft es wenn du keine Panik vor Fehler machen hast, Hauptsache verstanden werden und auch wenn alles etwas länger dauert und kompliziert am Anfang erscheint, die mexikaner sind alle sehr hilfsbereit und freundlich. Insgesamt war die Bewerbung relativ unkompliziert. Mein Motivationsschreiben wurde von meinem Tandempartner Korrektur gelesen, bevor ich das Ganze über das Dekanat abgeschickt habe. Zur Suche einer möglichen Unterkunft kann ich nur empfehlen die ersten Tage in einem Hostal zu wohnen, sich bei http://www.compartodepa.com.mx/ eine Unterkunft zu suchen und angucken(!) und alle mögliche Leute nach Unterkünften zu fragen. Ich habe meine Unterkunft über eine mexikanerin, die ich im Flugzeug kennen gelernt habe gefunden. Visum Wenn man über die USA fliegt, ist es ausgesprochen wichtig eine ESTA nicht zu vergessen. Die Universität in Guadalajara hätte gerne, dass du schon mit einem Studentenvisum einreist (auch empfehlenswert, das umschreiben eines Touristenvisums in ein Studentenvisum ist ausgesprochen anstrengend und Zeitfordernd). Ich hatte dies nicht getan, im Flugzeug nach Mexiko erhält man eine Touristenkarte, auf der in der Regel immer vom mexikanischen Zoll 180 Tage eingetragen werden. Gesundheit Außer den Standard-Impfungen sind meines Wissens in Mexiko keine weiteren Impfungen nötig. Ich habe alles Auffrischen lassen und zusätzlich die Typhus-Impfung und die Cholera- Schluckimpfung gemacht. Meine Reiseapotheke bestand nur aus Schlaftabletten zur erleichterung des Jetlags und für den Flug, Pflastern und Insektenschutz. Ein Antibiotikum (z.B. Ciprofloxacin) gegen Reisediarrhö ist sicherlich sinnvoll. Ansonsten ist es wichtig guten Insektenschutz v.a. an den Strand mitzunehmen oder vor Ort zu kaufen, Sonnenschutz ist in Mexiko teuer, lieber ausreichend selber mitbringen. Es gibt eine Reihe parasitärer Erkrankungen(Amöben, Wurminfektionen), die beim Essen unhygienischer Nahrung auftreten, mit gesundem Menschenverstand kann man sich aber gut schützen. In der Regenzeit im Sommer kommt es in Jalisco zu Dengue-Infektionen, Malaria tritt in den Höhen nicht auf. Sicherheit Die meiste Zeit habe ich mich in Mexiko ausgesprochen sicher gefühlt. Nachts ist es sinnvoll keine größeren Strecken alleine zu laufen, sondern das Geld für ein Taxi zu investieren oder sich ein Fahrrad zu kaufen. In den besseren langstrecken Bussen erhält man immer eine Bestätigung beim Check-in von Gepäck, so dass bei der Fahrt eigentlich nichts wegkommen sollte. Auf Handgepäck sollte im Bus geachtet werden, da Gegenstände laut Berichten während des Schlafs aus der Kopfablage geklaut werden. Wer geplant hat in Hostals zu übernachten benötigt für die Spinde ein kleines Bügelschloss. Im Krankenhaus sollte man seine Sachen - falls nicht in einem Spind verschließbar - am besten die ganze Zeit mit sich führen, da auch in den Aufenthaltsräumen geklaut wird. So nehmen viele Ärzte ihre Laptoptaschen einfach mit in den OP-Saal. Mexiko ist aufgrund des sehr blutigen Krieges zwischen Kartellen und Staat vs. Kartelle häufiger in den Medien. Dieser spielt sich jedoch größtenteils im Grenzgebiet zu den USA oder in auswärtigen Stadtbezirken ab, sodass man sich in Guadalajara keine Sorgen zu machen braucht. Geld In Mexiko rollt der Peso. In Tauschbüros werden in der Regel Euros akzeptiert. Am sinnvollsten ist es einige Pesos von der Reisebank für den Anfang (Weg Flughafen-Centrum, erster Tag) mitzunehmen. Für die restliche Zeit ist es einfach und günstig eine Kreditkarte dabeizuhaben, mit der man im Ausland gebührenfrei abheben kann (z.B. DKB oder MLPBank). Mexiko ist sehr viel günstiger als Deutschland. Lebensmittel, Essen gehen und HostalAufenthalte kosten etwa die Hälfte, Busse verhältnismäßig viel. WG-Zimmer sind ausgesprochen günstig erhältlich, ab 120€ aufwärts. Eine praktische Sache ist der mexikanische Studentenausweis, mit dem man kostenlos/sehr vergünstigt in alle Museen und Ruinen kommt. Während der Uni-Ferien kann man damit auch für den halben Preis Bus fahren. Der ISIC-Ausweis wird lediglich in einigen Hostals angerechnet, hat somit keinen größeren Nutzen. Sprache Das mexikanische Spanisch wird sehr viel langsamer und deutlicher als in Spanien gesprochen, so dass es insgesamt leichter zu verstehen ist. Viele Ärzte sprechen sehr gutes Englisch und in Civil viejo sind auch viele ausländische Ärzte/Ärzte mit Auslandserfahrungen, also nich überrascht sein, wenn im OP-Saal auch mal Hindu, Suahili oder Deutsch gesprochen wird. In der Sprache gibt es sehr viele doppeldeutige, häufig mit einer sexuellen Bedeutung belegte Ausdrücke. Ansonsten werden viele altsprachliche Begriffe benutzt, die in Spanien nicht mehr verwendet werden. Verkehrsverbindungen Zwischen den größeren mexikanischen Städten verkehren regelmäßig Busse, die sehr zuverlässig von meist außerhalb der Stadt gelegenen Busbahnhöfen abfahren. Für eine 7 Stunden dauernde Reise von Guadalajara nach Mexico Stadt zahlt man z.B. etwa 30€. Es ist sinnvoll nach Flügen bis Mexico City zu gucken und von dort mit dem Bus nach GDL zu fahren, so kann man Hin-und-Rückreise einige hundert € sparen. In den Städten fahren sehr günstige kleinere Busse für etwa 5$. Als Student kann man in Guadalajara an unterschiedlichen Ecken der Stadt sogenannte Transvales kaufen, mit denen die Fahrt nur noch die Hälfte kostet. Taxis sind viel günstiger als in De. Meist sollte man nach dem Taximeter fragen, ansonsten ist v.a. nachts Verhandlungsgeschick gefragt. Kommunikation Zu Anfang ist es sehr sinnvoll, sich möglichst zügig eine mexikanische prepaid-SIM-Karte (mex: chip) bzw. ein Handy zu kaufen, am weitesten verbreitet und damit empfehlenswert ist Telcel. Aus rechtlichen Gründen muss jedes Handy in Mexiko registriert werden, dies gelingt einfach mit einem Anruf aus dem Handy aus. Zum telefonieren nach Hause ist Skype am günstigsten und einfachsten, ansonsten kann man sich auf einem Festnetz-Anschluss zurückrufen lassen. Internet-Cafes sind zumindest im Zentrum leicht zu finden. Die Öffnungszeiten sind lediglich sehr flexibel schwankend. Die mexikanische Post ist sehr langsam (Postkarten ca. sechs Wochen nach DE). Unterkunft Zur Suche einer möglichen Unterkunft kann ich nur empfehlen die ersten Tage in einem Hostal zu wohnen, sich bei http://www.compartodepa.com.mx/ eine Unterkunft zu suchen und angucken(!) und alle mögliche Leute nach Unterkünften zu fragen. Ich habe meine Unterkunft über eine mexikanerin, die ich im Flugzeug kennen gelernt habe gefunden. Das WG-Zimmer war zwar sehr nah am Civil Viejo gelegen, sehr praktisch, aber alle mit einem leichten Schlaf sollten sich das „Zona Centro“ jedoch gut überlegen da es sehr laut mit viel Verkehr, Clubs und Kultur ist. Literatur Ich hatte den Rough Guide Mexico dabei, würde mir aber das nächste Mal eher den Reiseführer von Stefan Loose zulegen. Ansonsten hatte ich mich ein Kittel-Wörterbuch medizinisches Spanisch gekauft, was nur bedingt nötig ist, da man die meisten Wörter im klinischen Alltag lernt. Mitzunehmen Eine Kopie vom Reisepass, den Flugtickets, Visum und Reisekrankenversicherung separat verstaut mitzunehmen ist sinnvoll. Arbeitsklamotten, es wird nichts bereit gestellt, auch die OP-Kleidung musst du selber bringen. Ich habe zu viel Kleidung mitgenommen. In Guadalajara gibt es eine Menge Läden mit allen möglichen Stilrichtungen für Klamotten und Schuhe - zum Teil zu europäischen Preisen. Im Sommer ist eine Regenjacke wichtig, da es häufiger starke Schauer gibt, allerdings betont auf Nachmittag/Abend, mit 85% Garantie gegen 19 Uhr täglich. Reise und Ankunft Es ist empfehlenswert so viel früher wie möglich nach Mexiko zu fliegen um sich an die Zeitzone und Spanisch zu gewöhnen. Es gibt einen internationalen Flughafen in GDL, allerdings empfehlenswert auch über Mexico City zu schauen. Ich bin 1 Woche vor PJ-Beginn in GDL agekommen, habe mich im Hostal einquartiert und die PJ-Formalitäten (zur zentralen Stelle für Auslandsangelegenheiten bei Sra. Castelazo Andre [email protected], zur Unidad de Becas y Intercambio bei Sra. Maclovia auf dem MedizinerCampus CUCS-centro universitario de ciencias de la salud) erledigt. Aber man kann die Sachen auch erst am ersten Arbeitstag erledigen. Am ersten Tag wurde ich nach Vorstellung im Büro der Enseñanza des Hospital Civil Viejo (Fray Antonio Alcalde) von einem Adscrito (Art Oberarzt) einem Residente (Assistenzarzt) zugeteilt, mit dem ich den Resttag verbracht habe. Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke Für die Arbeit in der Chirurgie benötigt man Hosen und Kasacks, die man sich in Geschäften rund ums CUCS kaufen kann. Die Farbwahl ist dabei persönliche Geschmackssache - es geht auch in rosa oder mit Teddybären auf der Kleidung. Ich wurde, wie auch alle anderen Austauschstudenten in die Allgemeinchirurgie eingeteilt, die eigentlich der Bereich ist, indem man als Ausländer am wenigsten eigenständig arbeiten kann. Dort gibt es sehr viele Assistenzärzte, die abhängig von ihren Arbeitsjahren bestimmte Aufgaben übernehmen. Daher bleibt meist nicht mehr viel für deutsche Austauschstudenten übrig. In einigen Abteilungen wird man nach kurzer Zeit als Austauschler mit in die Arbeit/das Team integriert und die Arbeit eingebunden, darf z.B. Aufnahmen eigenständig machen, nähen oder bei Geburten assistieren in anderen hingegen wird man vom Großteil der Ärzte zumindest die erste Zeit ignoriert. In der Cirugia general beginnt der Tag morgens um sieben Uhr mit der Visite, die etwa eine Stunde dauert, bevor man den Oberarzt abholt und ein großer Teil der Visite in Begleitung wiederholt wird. Um neun gehen etwa die OPs los, bei denen man in der Regel nur zusieht, auf Nachfrage und eigene Iniziative aber auch assistieren und im Nachtdienst instumente anreichen und nähen darf. Der Großteil des Nachmittags wurde von den Assistenten im 1. Jahr mit Dokumentation verbracht. So werden jeden Tag etwa eine Seite Verlaufsbericht pro Patient von Hand geschrieben. Für Blutabnahmen und Blutgasanalysen sind die Internos (Studenten vom 4ten bis im letzten Jahr) zuständig, die froh sind wenn man ihnen etwas Arbeit abnimmt. Die meiste Zeit habe ich in Guadalajara in der Cirugia Medicina Legal verbracht, eine spezialisierung für schuß-, stich-, fragliche Autounfallverletzte. Dort habe ich mich mit mexikanischen Ärzten angefreundet, mit denen ich gemeinsam ein Zeit lang zumindest unter der Woche die Dienste mitgemacht habe (07-13/14 Uhr des folge Tages, nächster Tag normal, abhängig von der Spezialisierung alle 3-4 Tage, alle freiwillig für Ausländer). Gerade in den Nächten war es häufig möglich zu nähen, gipsen, Magensonden zu legen und kuriose Dinge wie Schuss- oder Stichwunden zu sehen. Nach dem Dienst sind wir meist mit der Equipo noch etwas Trinken oder morgens Frühstücken gegangen. Aus Interesse habe ich mir 3 Tage die Geburtshilfe und Schwangerenvorgsorge angeschaut, wo ich aber leider nicht bei Geburten assistieren konnte. Im Prinzip kann man während des Chirurgie-Tertials in jegliche Abteilung, die einen interessiert. Einfacher ist es, wenn man Internos/Ärzte schon kennt und mit diesen dann in die Abteilung rotieren. Land und Leute Von Guadalajara aus kann man in 5 Stunden an die Küste gelangen. Ansonsten bieten sich für Wochenendtrips Guanajuato, Mexico Stadt, Colima mit Vulkanen oder Zacatecas an. Für Tagesausflüge kann ich außer Tequila die Barranca in Guadalajara empfehlen: Am besten mit einem Ortskundigen zur Metrobus-Haltestelle Zoologico fahren und von dort gibt es einen schönen Pfad in die Schlucht. In Tonala, einem Stadtteil von Guadalajara finden regelmäßig Konzerte von international bekannten Gruppen statt. Guadalajara ist eine Stadt die einiges an Kultur für jüngere Menschen zu bieten hat, so finden 2 mal abends Fahrradtouren durch die Stadt mit anschließendem Kino-/Theaterbesuch statt. Im Cafe Benito Juarez und Cafe Andalucia gibt es jeden Donnerstag Livemusik mit vier unterschiedlichen Bands. Mexikaner sind sehr freundlich und aufgeschlossen und fremden gegenüber immer neugierig eingestellt. Außerdem sind sie sehr höflich, bieten Freunden häufig ihr eigenes Essen an oder laden einen zu sich nach Hause ein, um die Familie und die Lebensweise kennenzulernen. Leider sind viele Mexikaner sehr unzuverlässig was Pünktlichkeit und Zusagen angeht, sodass man häufig sehr lange warten muss oder bei einer Feier Personen gar nicht kommen. Fazit Meine Erwartungen wurden erfüllt, dass ich ein stressfreies PJ-Tertial nach meinen Interessen gestalten konnte. Ich hätte gerne mehr eigenständig gearbeitet. Das schöne an der Arbeit im Krankenhaus war der intensive Austausch mit den mexikanischen Studenten. Das Land ist traumhaft zum Reisen, zum Arbeiten kann ich es mir trotz der schlechten Arbeitsbedingungen für Residentes und der absolut strikten Hierarchie im Moment gut vorstellen. Ich kann jedem nur empfehlen ein Tertial im Ausland zu verbringen, um noch einmal vor dem Arbeitsstart eine längere Zeit in eine andere Kultur einzutauchen.