Erfahrungsbericht: Guadalajara, Jalisco, México

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Erfahrungsbericht: Guadalajara, Jalisco, México
Erfahrungsbericht: Guadalajara, Jalisco, México
Kathedrale im Stadtzentrum
Guadalajara Skyline
Strand in der Nähe Guadalajaras
Stadtzentrum
Mexican Fastfood: Tacos
Auslandssemester in Mexiko; da sieht man sich Corona-trinkend unter Palmen an schönen
Sandstränden liegen, durch Maya-Ruinen mit Dschungelambiente schlendern, Vulkane im
Hochland erklimmen, Tequila zu Ranchero-Musik verköstigen und vor allem viel viel Sonne
genießen. So ähnlich jedenfalls sahen die Bilder in meinem Kopf aus, als ich mir vor Abflug
meine kommenden sieben Monate in Mexiko und Zentralamerika ausmalte.
Bei meiner Ankunft in Guadalajara - der mit gut 4 Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt
Mexikos - am 16.08.2007 musste ich dann jedoch schnell erkennen, dass ein Auslandssemester in
einem von Deutschland nicht nur räumlich, sondern vor allem auch kulturell soweit entfernten
Land auch einige Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Schlecht vorbereitet wie ich war, mit
nur marginalen Spanischkenntnissen ausgestattet und ohne mich vorher um eine Unterkunft in
der neuen Heimat gekümmert zu haben, gestaltete sich die Eingewöhnungsphase zunächst doch
etwas schwierig. Zwar war ich zuvor schon einmal für eine längere Zeit im Ausland gewesen und
hatte in Indien meinen ersten Kulturschock schon hinter mich gebracht, doch ist das Erleben des
kulturell Fremden beim Spaziergang durch die Straßen Kolkatas einfach etwas anderes, wenn
dies aus den Augen eines Touristen geschieht, welcher jederzeit die Möglichkeit hat, den Ort des
Schreckens wieder zu verlassen. Guadalajara mag zwar eine moderne und weltoffene Stadt sein,
nichtsdestotrotz unterscheidet sich sowohl ihr Äußeres, sprich ihr Erscheinungsbild, wie auch ihr
inneres, sprich die Mentalität und Lebensweise ihrer Bewohner, deutlich von der einer
europäischen Großstadt.
Nachdem ich meinen ersten Schreck überwunden hatte, begann eine längere Akklimatisierungsund Einlebungsphase, die ich nicht gerade als eine der besten Zeiten meines Lebens bezeichnen
würde. Dank einer hilfsbereiten Viadrina-Kommilitonin, welche das vergangene Semester an der
Universidad de Guadalajara (UDG) verbracht hatte, fand ich schnell eine Wohnung in einem
nördlich vom Stadtzentrum gelegenen, ziemlich runtergekommenen Stadtteil, ca. 20 Minuten
Busweg vom Centro Universitario de Ciencias Sociales y Humanidades (CUCSH), meinem
Universitätszentrum, entfernt. Ich wohnte nun also zunächst für schlappe 80 Euro monatlich in
einem ungefähr 5 qm großen Zimmer mit einem gleichaltrigen Mexikaner und seiner Mutter
zusammen. Abgesehen von meinen nicht gerade optimalen Wohnbedingungen waren es zunächst
vor allem die Sprachhindernisse, die mir die Eingewöhnung so erschwerten. Neben den
Schwierigkeiten bei allen organisatorischen Dingen (Auswahl der Kurse an der Uni,
Registrierung als in Guadalajara studierender ausländischer Student, etc.) und den aufgrund der
Verständnisprobleme quälend langweiligen Unikursen war es vor allem die Unmöglichkeit sich
mit den Einheimischen, die nur in den seltensten Fällen Englisch oder Deutsch sprachen, zu
verständigen, welche mir die ersten Wochen meines Aufenthalts ziemlich vermiesten.
Andererseits förderte vor allem die Tatsache, dass ein Großteil der Mexikaner keiner
Fremdsprachen mächtig ist, meine Motivation möglichst schnell (und gut) Spanisch zu lernen.
Und so kostete es mich nur gute zwei Monate fleißigen Übens inklusive vier Stunden
Spanischkurs pro Woche, mein quasi nicht vorhandenes Spanisch auf an akzeptables Niveau zu
bringen. Innerhalb dieser Zeit änderten sich meine zunächst eher negativen Eindrücke hin zum
Positiven. Erste Erfolgserlebnisse durch auf Spanisch bewältigte Gespräche und die Offenheit
und Herzlichkeit der Mexikaner, die einen schnell und einfach Freunde finden lässt,
verwandelten meinen Auslandsaufenthalt innerhalb dieser ersten zwei Monate in das einmalige
Erlebnis, welches es dann auch die ganze restliche Zeit über hin bleiben sollte und was ich neben
den Menschen zum großen Teil auch der Stadt selbst zu verdanken habe.
Guadalajara ist eine unheimlich lebhafte Stadt, Ursprung vieler mexikanischer Traditionen wie
Tequila und Mariachis, verliebt in jegliche Form von Musik und Fiesta, dank den unzähligen
Parks für eine mexikanische Stadt sehr grün geraten und gesegnet durch ein tolles Klima. Das
Kulturangebot sowie Nachtleben ist reichhaltig und es ist eigentlich beinahe unmöglich sich an
diesem Ort zu langweilen. Sollte man dann doch mal nicht wissen, was man in seiner Freizeit so
anstellt, ist Guadalajara dank seiner zentralen Lage und Pazifiknähe der perfekte Ort für
Wochenendausflüge. Hier ist auch die Uni selbst ein guter Ansprechpartner, bietet sie doch
regelmäßig Wochenendausflüge zu verschiedensten Orten im Lande an. So habe ich z.B. an einer
Klassenfahrt der Geographen teilgenommen, welche uns auf einen Vulkan und in einen
Nationalpark, in dem sich jeden Winter Millionen von Schmetterlingen sammeln, im Bundesstaat
Michoacán geführt hat. Abgesehen von besagten Ausflügen lässt sich von meiner Seite jedoch
relativ wenig Positives über die Universität verlieren. Kurse waren oft chaotisch, Profs und
Studenten kamen häufig erst eine halbe Stunde nach Unterrichtsbeginn und die Qualität der Lehre
ließ, sobald ich denn dann mal was verstanden habe, deutlich zu wünschen übrig.
Als Fazit würde ich jedem ein Auslandssemester in Guadalajara auf jeden Fall ans Herz legen,
auch wenn er/sie ähnlich wie ich nicht über gute Spanischkenntnisse verfügt. Dies erschwert
einem zunächst zwar vieles, aber die Erfolgserlebnisse, welche einem die langsamen und
schrittweisen Verbesserungen der eigenen Sprachkenntnisse liefern, machen für vieles wieder
wett. Und schließlich sollte man auch nicht die Lage der Stadt sowie des Landes vergessen. Ich
habe nach abgeschlossenem Semester (Ende Dezember) sofort meinen Rucksack gesattelt und die
verbleibenden drei Monate reisenderweise in Südmexiko, Guatemala und Honduras verbracht.
Eine wunderschöne Zeit, die jeglichen anfängliche Hindernisse ins Vergessen gerückt haben.