automobil entwicklung 5/99 - neue
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C-Techniken Rapid Prototyping Immer mehr Metall-Modelle Als reiner Prototypen-Spezialist versteht sich die Rheinhessische Schneider-Prototyping. Ihr Credo: Zeit einsparen durch Auswahl des jeweils am besten geeigneten Verfahrens. Tankbehälter für VDO (oben) und Getriebegehäuse für Ford: Die Einbaumuster wurden per Stereolithographie sowie Masken-Stereolithographie Cubital hergestellt. Bilder: Schneider Prototyping »Am Anfang jeder Prototypen-Erzeugung steht für uns die genaue Analyse der Anforderungen an den Prototypen. Da wir praktisch über alle Verfahren verfügen, können wir stets die optimale Herstellungsmethode einsetzen.« Dr. Henri-Jacques Topf, Geschäftsführender Gesellschafter der Schneider-Prototyping GmbH, Bad Kreuznach, grenzt sich bewußt ab von den breiten Angeboten vieler Wettbewerber. Während klassische Modell-, Werkzeug- und Formenbauer oftmals als Serienlieferanten oder Ingenieurbüros agieren, verstehen Dr. Topf und sein Kompagnon Christoph Kappler die strenge Konzentration auf den Prototypenbau als Alleinstellungs-Merkmal. Ihre Kunden wissen, daß sie in Bad Kreuznach nichts anderes als Prototypen erhalten – die aber in kurzer Zeit. Dr. Topf: »Unser Produkt ist die Zeit.« 64 Automobil-Entwicklung · September 1999 Eines der Geheimnisse des Erfolges: Mitarbeiter, die »praktisch alle für ihre jeweilige Aufgabe überqualifiziert sind«. In der Branche wurde Dr. Topf belächelt, aber sein Konzept scheint aufzugehen. »Uns bleibt keine Zeit, Fehler auszumerzen, sie müssen also im Vorfeld vermieden werden.« Nicht von ungefähr finden sich die Kreuznacher – nur acht Jahre nach Firmengründung – laut Dr. Topf und Kappler bei den Ur- und Kunststoffmodellen in Deutschland unter den Top-Fünf und in Europa zumindest unter den ersten zehn Anbietern. Im Metallguß sehen sie sich in der Pole-Position, europaweit unter den ersten fünf. 1991 hervorgegangen aus der Abteilung Prototypenbau der Optischen Werke Schneider Kreuznach, gestartet mit sechs Mitarbeitern, stehen heute 50 Spezialisten auf der Lohnliste. Umsatz im vergangenen Jahr: zehn Millionen Mark, im Jahr zuvor 8,5 Millionen und 1996 6,5 Millionen Mark. Eine Entwicklung, die sich weiter fortsetzen soll. Urmodelle steuern etwa 20 Prozent zum Umsatz bei, Tendenz fallend. Kunststoffmodelle kommen auf 35 Prozent, Metallmodelle auf 45 Prozent. Deren Anteil nimmt zur Zeit deutlich zu. Nicht näher äußern will sich Dr. Topf zur Ertragslage: »Zufriedenstellend.« Die Auftraggeber stammen zu etwa 80 Prozent aus der Automobilindustrie. Ein Drittel davon OEMs, etwa Opel, BMW/Rover, die VWGruppe oder DaimlerChrysler. Zwei Drittel des Umsatzes steuern Zulieferer wie Delphi, Hella, aber auch andere Dienstleister wie Cadform und Bertrandt bei. Neben den Aktivitäten mit der Automobilbranche setzen Dr. Topf und Kappler einen Schwerpunkt in der zukunftsträchtigen Medizintechnik, um so ihr Unternehmen gegen Schwankungen der Automobilkonjunktur zu feien. Für das eigentliche Prototyping steht eine Vielzahl an Verfahren zur Verfügung. Folgerichtig liegt der Schwerpunkt des Wertschöpfungsprozesses in der intensiven Beratung der Kunden. Kurzdaten: Schneider Prototyping Unternehmenssitz: Bad Kreuznach Büros: Ingolstadt, weitere in Vorbereitung Mitarbeiter: 50 Umsatz 1998: 10 Millionen, davon 80 Prozent mit der Automobil-Branche Produkte und Dienstleistungen: 3DKonstruktion, Rapid Prototyping, Vakuumguß von PU-Harzen, Werkzeugbau für Prototypen, Bau von Modelleinrichtungen, Metallguß, Finish- und Zusammenbau. Hauptwettbewerber: ACtech, Freiberg; Alphaform, Feldkirchen; Hofmann Modellbau (Lichtenfels); Modelltechnik Rapid Prototyping, Waltershausen. ➔ C-Techniken Rapid Prototyping Dr. Henri-Jacques Topf, Geschäftsführender Gesellschafter der Schneider Prototyping GmbH, Bad Kreuznach: »Ausschließlich überqualifizierte Mitarbeiter für die jeweilige Aufgabe einsetzen.« Bild: AE/Pyper Automatik-Schaltung für Daimler-Chrysler, Hamburg: Prototyp mittels AluminiumGipsguß. Ansaugkrümmer-Prototyp für Pierburg: hergestellt nach dem Gipsguß-Verfahren. 66 Automobil-Entwicklung · September 1999 raubend, aber darüber dürfe auf keinen Fall der klassische Modellbau vergessen werden: »Es gibt immer wieder Fälle, in denen konventionelle Technologien modernen HighTech-Verfahren überlegen sind. Gerade bei großen und einfachen Geometrien lassen sich durch den Verzicht auf 3D-CAD-Daten Zeit und Kosten sparen.« zur Verfügung. Kappler: »Wir fertigen Aluminium oder Stahlwerkzeuge in CNC-Bearbeitung oder mit Funkenerosion. Außerdem produzieren wir Harzgesenke, die aus Prototypenmodellen gegossen und in genormte Chassis eingesetzt werden.« Eine weiterere Spezialität von Schneider-Prototyping: sämtliche Auf den klassischen Modellbau kann noch nicht verzichtet werden Viel Sorgfalt verwendet Schneider Prototyping auch auf die CNC-Bearbeitung, die bei vielen Geometrien der Stereolithographie überlegen sei. Die CNC-Datensätze werden direkt aus den CAD-Daten erzeugt, um Schaumstoffe, Kunststoffe und Metalle zu bearbeiten. Der Frästechnik attestieren die Manager dank jüngster Entwicklungen wie des High-Speed-Cuttings ein weiterhin großes Potential. Für Kunststoff-Prototypen stehen Vakuumguß, RIM-Guß (auch glasfaserverstärkt) und Spritzguß Arten von Gußverfahren. Zum Einsatz kommen Sand-, Gips- und Feinguß sowie das SoliCast-Verfahren, das mit verlorenen Solider-Modellen arbeitet. Dr. Topf: »In der Mehrzahl der Fälle bildet ein Formmodell die Grundlage, oft werden aber immer noch konventionell gefertigte Modell-Einrichtungen verwendet.« Eine Entscheidung, die – ungeachtet der zur Verfügung stehenden Palette an modernen Verfahren – in jedem Einzelfall wieder neu gefällt werden muß. ➔ »Dieser Anteil wird eher noch steigen«, so Kappler, denn auch bei den Prototypenbauern zeichne sich ein Trend vom Komponenten- zum Modul- oder Systemlieferanten ab – und damit die Kombination unterschiedlicher Verfahren. Technologisch startete SchneiderPrototyping ursprünglich mit einer ›Cubital‹-Stereolithographie-Maschine nach dem Solider-Prinzip. Die leistungsfähige Einrichtung bietet bis zu 25fache Kapazität von Laser-Stereolithographie-Maschinen. Genau das sei aber ein Problem, erläutert Dr. Topf. Eine Kapazität von etwa 1 000 Teilen pro Monat könnten nur wenige Anwender wirklich ausnutzen. Wohl mit einer der Hauptgründe, warum sich weltweit nur etwa 25 Anlagen im Einsatz befinden. Wo es sinnvoll erscheint, setzt Schneider Prototyping außerdem das Lasersintern, das LOM (Laminated Object Manufacturing)-Verfahren sowie das FDM (Fused Deposition Modelling)-Verfahren ein. Dr. Topf warnt jedoch vor allzu großer Technik-Euphorie. Zwar seien die Fortschritte geradezu atembe-