Urs Stanger

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Urs Stanger
SPORT
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DER LANDBOTE DONNERSTAG, 5. SEPTEMBER 2013
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Sieg im Zeitfahren
Volleyball-EM
GP von Italien
Fabian Cancellara scheint
für die WM bereit
Das «Projekt Nationalteam»
vor dem Höhepunkt
Lewis Hamilton will sich
noch nicht geschlagen geben
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Wawrinka – vorsichtig optimistisch
NEW YORK. Anstelle von Roger
Federer tritt Stanislas Wawrinka
im Viertelfinal des US Open
auf – gegen Andy Murray.
Stanislas Wawrinka lässt die TennisSchweiz in New York weiter träumen.
Der Romand qualifizierte sich mit
einem beeindruckenden 3:6, 6:1, 7:6
(8:6), 6:2 gegen Tomas Berdych für das
Viertelfinalduell mit Murray.
Vor Turnierbeginn hatte Stanislas
Wawrinka verlauten lassen, er spiele
das beste Tennis seiner Karriere und
sei dementsprechend zuversichtlich.
Diese Aussage zeigt auch den «neuen»
Wawrinka, der mit viel Selbstvertrauen
ausgestattet an sich glaubt. Was dieses
Selbstvertrauen ausmachen kann, sah
man zuletzt zweimal innert 24 Stunden
im Louis Armstrong Stadium. Zuerst
am Montag, als Roger Federer nicht in
der Lage war, seine Chancen gegen
Tommy Robredo auch nur ansatzweise
zu verwerten, was letztlich in eine der
bittersten Niederlagen seiner Karriere
mündete. Und dann kam am Dienstag
Wawrinka.
Er liess sich nicht davon beeindrucken, dass er im ersten Satz kein Mittel
gegen das Hochgeschwindigkeitstennis
von Tomas Berdych fand (3:6). Wawrinkas Reaktion: Er gewann acht der neun
nächsten Games und produzierte im
ganzen zweiten Satz nur zwei unerzwungene Fehler.
nicht gut. Ich war traurig für ihn, weil
er ein guter Freund ist und ich will, dass
er weitere Grand-Slam-Titel gewinnt.
Ich hoffe, er kommt stärker zurück.»
Im Moment gehört aber alle Aufmerksamkeit Wawrinka, der erstmals
in einem Jahr 40 Spiele gewonnen und
nun schon sechs Top-Ten-Spieler bezwungen hat. Gegen Titelverteidiger
und Wimbledon-Sieger Murray steigt
er zwar als Aussenseiter ins 14. Duell
(Bilanz 5:8), darf aber legitime Ambitionen auf einen weiteren Coup hegen.
Zudem hat er an einige dieser Partien
gute Erinnerungen. In Monte Carlo
fegte er den Schotten zuletzt mit 6:1, 6:2
vom Platz, allerdings war es dessen erster Sandauftritt des Jahres. Wichtiger
war Wawrinkas Erfolg am US Open
2010, dank dem er erstmals an einem
Major in den erlauchten Kreis der letzten acht vorstiess. Wawrinka ist vorsichtig optimistisch: «Es kann sein, dass
mir der beste Match meines Lebens gelingt und ich trotzdem verliere. Andy
ist so stark und einer jener Spieler,
gegen die nicht alles von mir abhängt.
Wenn mir aber ein guter Start gelingt
und ich ihm so zeigen kann, dass ich bereit bin, dann ist einiges möglich.»
Novak Djokovic übrigens, die Nummer 1 des Turniers, spielte sich so ziemlich locker in die Viertelfinals. 6:3, 6:0,
6:0 hiess es gegen Marcel Granollers.
Als Gegner, der ihm vor dem Halbfinal
(gegen Andy Murray oder Wawrinka)
steht, präsentierte sich Michael Juschni.
Meisterstück im Tiebreak
Pennettas erster Halbfinal
Sein Meisterstück in Sachen «Big
Points» lieferte er dann im Tiebreak
des dritten Satzes ab, nachdem er vorher zweimal vergeblich zum Satzgewinn serviert hatte. Nach einem Rückstand von 1:4 zeigte er eines seiner
zweifelsfrei besten Tiebreaks überhaupt. Den Punkt zum 3:4 holte er sich,
nachdem er sich zweimal in extremis
aus der Defensive befreit hatte. Den
Ausgleich zum 4:4 schaffte er mit einem
Vorhand-Winner aus der RückhandEcke nach einem langen Grundlinienduell. Mit einem Servicewinner und
einem Ass holte er sich dann nach
4:5-Rückstand einen Satzball, mit
einem weiteren Ass verwertete er wenig später den zweiten Satzball. Damit
war der Widerstand des so schlagstarken wie phasenweise mental fragilen
Kraftpakets aus Tschechien schon fast
gebrochen. Wawrinka liess kein Jota
Im Frauenturnier überraschte die ungesetzte Flavia Pennetta mit dem 6:4,
6:1 über Landfrau Roberta Vinci und
der ersten Halbfinalqualifikation überhaupt an einem Grand-Slam-Turnier.
Vinci, die Nummer 10, hatte sich ihren
Platz in den Viertelfinals mit Erfolgen
über die Italienerinnen Karin Knapp
und Camila Giorgi erkämpft. Gegen
ihre bereits 31-jährige Freundin gelang
ihr indes wenig. Pennetta hatte Anfang
Jahr wegen einer Knöchelverletzung
pausieren müssen, hatte für alles, was
Vinci versuchte, eine Antwort. Sie verwertete die Hälfte ihrer Breakchancen.
Pennetta liegt das Turnier in Flushing
Meadows ausgezeichnet, alle ihre Bestresultate erzielte sie auf der Anlage des
US Open. Dass muss Warnung genug
für ihre Halbfinalgegnerin Daniela
Hantuchova oder Victoria Asarenka
sein. (si/red)
Stanislas Wawrinka hat in diesem Jahr bereits sechs Top-10-Spieler geschlagen – wird Andy Murray der siebte? Bild: key
nach und konnte nach 167 Minuten den
Sieg bejubeln.
Er überzeugte auch durch Variationen. Enorm häufig setzte er tiefe Slicebälle ein, um das Spiel zu verlangsamen. «Tomas ist einer der wenigen
Spieler, die mehr Druck machen als ich.
Normalerweise ist ja meine TopspinRückhand mein bevorzugter Schlag,
aber so konnte ich gegen ihn den Punkt
vorbereiten und ihn dann, wenn immer
möglich, mit der Vorhand unter Druck
setzen.»
Lohn für die starke Leistung mit 36
Gewinnschlägen und nur 28 unerzwungenen Fehlern ist seine vierte
Major-Viertelfinalqualifikation, die
zweite in New York nach 2010. Zeichen seiner Entwicklung ist auch, wie
wohl er sich in New York mittlerweile
fühlt. Er ist nicht mehr der kleine
Schweizer aus einem Nest bei Lausanne, der mit staunenden Augen
durch den «Big Apple» geht. Vielmehr scheint er bereit für die Schlagzeile: «St-Barthélemy rocks New
York». «Es hat sich bei mir schon viel
verändert seit damals. Wenn man
erstmals hierherkommt aus der kleinen Schweiz, dann ist alles gross, ja zu
gross. Mittlerweile liebe ich aber die
Atmosphäre.»
Erstmals in seiner Karriere ist Wawrinka bei einem der grossen Turniere
auch der letzte Schweizer Hoffnungsträger. Noch nie war er bei einem
Grand-Slam-Event weiter gekommen
als Roger Federer, seit elf Jahren
(George Bastl, Marc Rosset, Michel
Kratochvil in Wimbledon) war dies generell keinem Schweizer mehr gelungen. Auf diese Si­tua­tion könnte Wawrinka verzichten: «Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich dieses Jahr erreiche und jetzt leiste. Ich würde es aber
vorziehen, wenn Roger noch dabei
wäre. Ich sah sein Spiel gestern (am
Montag, Red.) und es war wirklich
Gleich das Duell mit dem Vater
WINTERTHUR. Heute präsentiert
sich das neue Pfadi-Team mit
dem Heimspiel gegen die Lakers
Stäfa, was vor allem für Kevin
Jud zum speziellen Abend wird.
URS STANGER
«Aufs erste Spiel einer Saison freut man
sich immer besonders», sagt Kevin Jud.
«Und heute wirds noch spezieller.» Denn
Pfadis neuer Spielmacher trifft in der Eulachhalle (19.30) auf seinen bisherigen
Klub – dessen Trainer im siebten Jahr
Markus Jud ist, sein Vater.
Als U17-Junior verliess Kevin Jud den
TV Uster Richtung Stäfa, wo er die letzten vier Saisons in der NLA-Mannschaft
stand. Der Wechsel des 21-Jährigen nach
Winterthur stellt nun den nächsten logischen Schritt dar: «Ich will mich selbst
weiterentwickeln und mit einem Topverein wie Pfadi eine höhere Stufe erreichen», erklärt Kevin Jud, der nächsten
Sommer die Berufsmatur abschliessen
will. «Das ganze Konzept von Pfadi, mit
einer jungen und dynamischen Mannschaft, kommt mir sehr entgegen.»
Pfadis neuer, temporeicher Stil ist auf
ihn zugeschnitten. Kevin Jud sei einer,
sagt Trainer Adrian Brüngger, «der den
Ball schnell nach vorne treiben und die
richtigen Entscheide treffen kann, in welche Richtung der Angriff gehen soll».
Jud gehörte zu allen Nachwuchs-Nationalteams von Trainer Michael Suter,
die sich in den letzten Jahren in der erweiterten Weltspitze eta­bliert haben. Mit
dem 6. Platz an der EM 2010 in Montenegro – als er Torschützenkönig des Turniers war – begann seine Erfolgsserie
als Junioren-Internationaler, mit dem
7. Rang diesen Sommer an der WM in
Bosnien endete sie. Nun hofft er auf Aufgebote aus dem A-Nationalteam. «Wobei
das in nächster Zeit vermutlich noch
nicht passieren wird.»
Keine Wette am Laufen
Die unmittelbare Zukunft beinhaltet
den Match heute gegen «seine» Lakers.
Stäfa ist seit 2008 zurück in der Nationalliga A, stand noch nie in der Finalrunde und verlor alle acht Vergleiche
mit Pfadi. Aber die Lakers sind eine
Mannschaft, die unbequem für jeden
Gegner sein kann, was auch die Winterthurer schon erfahren mussten. Die
gewichtigen Abgänge von Kevin Jud
und Aufbauer Sören Möller Nielsen
wurden durch Filip Maros, zuvor Regisseur GC Amicitias, und den Deutschen Jan-Torben wettgemacht. «Sie
haben mehr Durchschlagskraft, aber
spielen mit weniger Tempo als letzte
Saison», sagt Kevin Jud über die Lakers, bei denen sein zwei Jahre jüngerer
Bruder Tim (auch er Spielmacher) auf
dem Sprung ins NLA-Team ist.
Irgendwie wäre Kevin Jud an der
Quelle der Informationen über die Lakers, denn schliesslich wohnt er weiterhin zu Hause in Uster. Aber: «Mein
Vater hat nichts über seine Taktik gesagt und ich erzähle auch nichts über
Pfadi», lächelt Kevin Jud. «Es wird zu
Hause spürbar weniger über Handball
gesprochen als früher …» Ab und zu
gebe es gegenseitig Sprüche. Eine
Wette fürs heutige Duell dagegen sei
nicht am Laufen. «Solche Sachen haben keinen Platz. Wir kon­
zen­
trie­
ren
uns beide aufs Spiel», sagt Kevin Jud.
Mag sein, dass er sich mit der Mutter
neutraler über Handball unterhalten
kann – sie ist Trainerin der NLA-Frauen des TV Uster.
Pfadi-Spielmacher Kevin Jud. Bild: hd

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