Urs Stanger
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Urs Stanger
SPORT l DER LANDBOTE DONNERSTAG, 5. SEPTEMBER 2013 l 27 Sieg im Zeitfahren Volleyball-EM GP von Italien Fabian Cancellara scheint für die WM bereit Das «Projekt Nationalteam» vor dem Höhepunkt Lewis Hamilton will sich noch nicht geschlagen geben SEITE 31 SEITE 28 SEITE 29 Wawrinka – vorsichtig optimistisch NEW YORK. Anstelle von Roger Federer tritt Stanislas Wawrinka im Viertelfinal des US Open auf – gegen Andy Murray. Stanislas Wawrinka lässt die TennisSchweiz in New York weiter träumen. Der Romand qualifizierte sich mit einem beeindruckenden 3:6, 6:1, 7:6 (8:6), 6:2 gegen Tomas Berdych für das Viertelfinalduell mit Murray. Vor Turnierbeginn hatte Stanislas Wawrinka verlauten lassen, er spiele das beste Tennis seiner Karriere und sei dementsprechend zuversichtlich. Diese Aussage zeigt auch den «neuen» Wawrinka, der mit viel Selbstvertrauen ausgestattet an sich glaubt. Was dieses Selbstvertrauen ausmachen kann, sah man zuletzt zweimal innert 24 Stunden im Louis Armstrong Stadium. Zuerst am Montag, als Roger Federer nicht in der Lage war, seine Chancen gegen Tommy Robredo auch nur ansatzweise zu verwerten, was letztlich in eine der bittersten Niederlagen seiner Karriere mündete. Und dann kam am Dienstag Wawrinka. Er liess sich nicht davon beeindrucken, dass er im ersten Satz kein Mittel gegen das Hochgeschwindigkeitstennis von Tomas Berdych fand (3:6). Wawrinkas Reaktion: Er gewann acht der neun nächsten Games und produzierte im ganzen zweiten Satz nur zwei unerzwungene Fehler. nicht gut. Ich war traurig für ihn, weil er ein guter Freund ist und ich will, dass er weitere Grand-Slam-Titel gewinnt. Ich hoffe, er kommt stärker zurück.» Im Moment gehört aber alle Aufmerksamkeit Wawrinka, der erstmals in einem Jahr 40 Spiele gewonnen und nun schon sechs Top-Ten-Spieler bezwungen hat. Gegen Titelverteidiger und Wimbledon-Sieger Murray steigt er zwar als Aussenseiter ins 14. Duell (Bilanz 5:8), darf aber legitime Ambitionen auf einen weiteren Coup hegen. Zudem hat er an einige dieser Partien gute Erinnerungen. In Monte Carlo fegte er den Schotten zuletzt mit 6:1, 6:2 vom Platz, allerdings war es dessen erster Sandauftritt des Jahres. Wichtiger war Wawrinkas Erfolg am US Open 2010, dank dem er erstmals an einem Major in den erlauchten Kreis der letzten acht vorstiess. Wawrinka ist vorsichtig optimistisch: «Es kann sein, dass mir der beste Match meines Lebens gelingt und ich trotzdem verliere. Andy ist so stark und einer jener Spieler, gegen die nicht alles von mir abhängt. Wenn mir aber ein guter Start gelingt und ich ihm so zeigen kann, dass ich bereit bin, dann ist einiges möglich.» Novak Djokovic übrigens, die Nummer 1 des Turniers, spielte sich so ziemlich locker in die Viertelfinals. 6:3, 6:0, 6:0 hiess es gegen Marcel Granollers. Als Gegner, der ihm vor dem Halbfinal (gegen Andy Murray oder Wawrinka) steht, präsentierte sich Michael Juschni. Meisterstück im Tiebreak Pennettas erster Halbfinal Sein Meisterstück in Sachen «Big Points» lieferte er dann im Tiebreak des dritten Satzes ab, nachdem er vorher zweimal vergeblich zum Satzgewinn serviert hatte. Nach einem Rückstand von 1:4 zeigte er eines seiner zweifelsfrei besten Tiebreaks überhaupt. Den Punkt zum 3:4 holte er sich, nachdem er sich zweimal in extremis aus der Defensive befreit hatte. Den Ausgleich zum 4:4 schaffte er mit einem Vorhand-Winner aus der RückhandEcke nach einem langen Grundlinienduell. Mit einem Servicewinner und einem Ass holte er sich dann nach 4:5-Rückstand einen Satzball, mit einem weiteren Ass verwertete er wenig später den zweiten Satzball. Damit war der Widerstand des so schlagstarken wie phasenweise mental fragilen Kraftpakets aus Tschechien schon fast gebrochen. Wawrinka liess kein Jota Im Frauenturnier überraschte die ungesetzte Flavia Pennetta mit dem 6:4, 6:1 über Landfrau Roberta Vinci und der ersten Halbfinalqualifikation überhaupt an einem Grand-Slam-Turnier. Vinci, die Nummer 10, hatte sich ihren Platz in den Viertelfinals mit Erfolgen über die Italienerinnen Karin Knapp und Camila Giorgi erkämpft. Gegen ihre bereits 31-jährige Freundin gelang ihr indes wenig. Pennetta hatte Anfang Jahr wegen einer Knöchelverletzung pausieren müssen, hatte für alles, was Vinci versuchte, eine Antwort. Sie verwertete die Hälfte ihrer Breakchancen. Pennetta liegt das Turnier in Flushing Meadows ausgezeichnet, alle ihre Bestresultate erzielte sie auf der Anlage des US Open. Dass muss Warnung genug für ihre Halbfinalgegnerin Daniela Hantuchova oder Victoria Asarenka sein. (si/red) Stanislas Wawrinka hat in diesem Jahr bereits sechs Top-10-Spieler geschlagen – wird Andy Murray der siebte? Bild: key nach und konnte nach 167 Minuten den Sieg bejubeln. Er überzeugte auch durch Variationen. Enorm häufig setzte er tiefe Slicebälle ein, um das Spiel zu verlangsamen. «Tomas ist einer der wenigen Spieler, die mehr Druck machen als ich. Normalerweise ist ja meine TopspinRückhand mein bevorzugter Schlag, aber so konnte ich gegen ihn den Punkt vorbereiten und ihn dann, wenn immer möglich, mit der Vorhand unter Druck setzen.» Lohn für die starke Leistung mit 36 Gewinnschlägen und nur 28 unerzwungenen Fehlern ist seine vierte Major-Viertelfinalqualifikation, die zweite in New York nach 2010. Zeichen seiner Entwicklung ist auch, wie wohl er sich in New York mittlerweile fühlt. Er ist nicht mehr der kleine Schweizer aus einem Nest bei Lausanne, der mit staunenden Augen durch den «Big Apple» geht. Vielmehr scheint er bereit für die Schlagzeile: «St-Barthélemy rocks New York». «Es hat sich bei mir schon viel verändert seit damals. Wenn man erstmals hierherkommt aus der kleinen Schweiz, dann ist alles gross, ja zu gross. Mittlerweile liebe ich aber die Atmosphäre.» Erstmals in seiner Karriere ist Wawrinka bei einem der grossen Turniere auch der letzte Schweizer Hoffnungsträger. Noch nie war er bei einem Grand-Slam-Event weiter gekommen als Roger Federer, seit elf Jahren (George Bastl, Marc Rosset, Michel Kratochvil in Wimbledon) war dies generell keinem Schweizer mehr gelungen. Auf diese Situation könnte Wawrinka verzichten: «Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich dieses Jahr erreiche und jetzt leiste. Ich würde es aber vorziehen, wenn Roger noch dabei wäre. Ich sah sein Spiel gestern (am Montag, Red.) und es war wirklich Gleich das Duell mit dem Vater WINTERTHUR. Heute präsentiert sich das neue Pfadi-Team mit dem Heimspiel gegen die Lakers Stäfa, was vor allem für Kevin Jud zum speziellen Abend wird. URS STANGER «Aufs erste Spiel einer Saison freut man sich immer besonders», sagt Kevin Jud. «Und heute wirds noch spezieller.» Denn Pfadis neuer Spielmacher trifft in der Eulachhalle (19.30) auf seinen bisherigen Klub – dessen Trainer im siebten Jahr Markus Jud ist, sein Vater. Als U17-Junior verliess Kevin Jud den TV Uster Richtung Stäfa, wo er die letzten vier Saisons in der NLA-Mannschaft stand. Der Wechsel des 21-Jährigen nach Winterthur stellt nun den nächsten logischen Schritt dar: «Ich will mich selbst weiterentwickeln und mit einem Topverein wie Pfadi eine höhere Stufe erreichen», erklärt Kevin Jud, der nächsten Sommer die Berufsmatur abschliessen will. «Das ganze Konzept von Pfadi, mit einer jungen und dynamischen Mannschaft, kommt mir sehr entgegen.» Pfadis neuer, temporeicher Stil ist auf ihn zugeschnitten. Kevin Jud sei einer, sagt Trainer Adrian Brüngger, «der den Ball schnell nach vorne treiben und die richtigen Entscheide treffen kann, in welche Richtung der Angriff gehen soll». Jud gehörte zu allen Nachwuchs-Nationalteams von Trainer Michael Suter, die sich in den letzten Jahren in der erweiterten Weltspitze etabliert haben. Mit dem 6. Platz an der EM 2010 in Montenegro – als er Torschützenkönig des Turniers war – begann seine Erfolgsserie als Junioren-Internationaler, mit dem 7. Rang diesen Sommer an der WM in Bosnien endete sie. Nun hofft er auf Aufgebote aus dem A-Nationalteam. «Wobei das in nächster Zeit vermutlich noch nicht passieren wird.» Keine Wette am Laufen Die unmittelbare Zukunft beinhaltet den Match heute gegen «seine» Lakers. Stäfa ist seit 2008 zurück in der Nationalliga A, stand noch nie in der Finalrunde und verlor alle acht Vergleiche mit Pfadi. Aber die Lakers sind eine Mannschaft, die unbequem für jeden Gegner sein kann, was auch die Winterthurer schon erfahren mussten. Die gewichtigen Abgänge von Kevin Jud und Aufbauer Sören Möller Nielsen wurden durch Filip Maros, zuvor Regisseur GC Amicitias, und den Deutschen Jan-Torben wettgemacht. «Sie haben mehr Durchschlagskraft, aber spielen mit weniger Tempo als letzte Saison», sagt Kevin Jud über die Lakers, bei denen sein zwei Jahre jüngerer Bruder Tim (auch er Spielmacher) auf dem Sprung ins NLA-Team ist. Irgendwie wäre Kevin Jud an der Quelle der Informationen über die Lakers, denn schliesslich wohnt er weiterhin zu Hause in Uster. Aber: «Mein Vater hat nichts über seine Taktik gesagt und ich erzähle auch nichts über Pfadi», lächelt Kevin Jud. «Es wird zu Hause spürbar weniger über Handball gesprochen als früher …» Ab und zu gebe es gegenseitig Sprüche. Eine Wette fürs heutige Duell dagegen sei nicht am Laufen. «Solche Sachen haben keinen Platz. Wir kon zen trie ren uns beide aufs Spiel», sagt Kevin Jud. Mag sein, dass er sich mit der Mutter neutraler über Handball unterhalten kann – sie ist Trainerin der NLA-Frauen des TV Uster. Pfadi-Spielmacher Kevin Jud. Bild: hd