Langfassung der Bemerkung Nr. 26

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Langfassung der Bemerkung Nr. 26
26
Marine gibt über 3 Mio. Euro für nur eingeschränkt einsatzfähige
Schlauchboote aus
(Kapitel 1416 Titel 554 12)
26.0
Die Marine hat für ihre Kampfschwimmer in den Jahren 2004 und 2005 vier
Schlauchboote beschafft. Sie hat statt der geplanten 1,5 Mio. Euro über 3 Mio. Euro
ausgegeben. Die Boote verfügen trotz umfangreicher Nachbesserungen nicht über
die geforderten Transport- und Einsatzmöglichkeiten. Die Marine kann die Boote
deshalb nur eingeschränkt nutzen. Sie plant, die Boote für eine weitere Million Euro
nachzurüsten.
26.1
Die Kampfschwimmer der Marine nutzen seit dem Jahre 1988 drei Schlauchboote.
Da sich die Aufgaben für die Kampfschwimmer verändert haben, stellte die Marine
neue Anforderungen an Schlauchboote, insbesondere:
•
eine umfangreiche Bewaffnung,
•
eine mehr als doppelt so große Besatzung,
•
eine um 15 Knoten höhere Maximalgeschwindigkeit sowie
•
einen deutlich größeren Aktionsradius.
Die Boote sollen weltweit eingesetzt werden. Deshalb müssen sie von Schiffen ausgesetzt sowie über Land und in der Luft zum Einsatzort transportiert werden können.
Die Marine beantragte vier dieser Boote und plante dafür Ausgaben von 1,5 Mio. Euro ein. In den Jahren 2004 und 2005 beschaffte das Bundesamt für Wehrtechnik und
Beschaffung (Bundesamt) vier Boote sowie zwei Anhänger für den Landtransport.
Der Bundesrechnungshof prüfte mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes
Hannover diese Beschaffung. Er stellte fest, dass die Bundeswehr die Boote entgegen eigener Vorschriften mit den Planungsunterlagen des Vorgängermodells beschaffte. Die neuen Anforderungen beschrieb sie nur allgemein. Sie stellte die Kosten unvollständig dar. Notwendige Ausstattungen, z. B. für die Bewaffnung und das
Radar, berücksichtigte sie bei ihren Planungen überhaupt nicht.
Im Sommer 2006 prüfte das Kommando Truppenversuche der Marine die Boote unter Einsatzbedingungen. Es stellte fest, dass wichtige Forderungen der Marine nicht
erfüllt waren. So konnten die Boote aufgrund der Abmessungen des beladenen Anhängers nur eingeschränkt auf öffentlichen Straßen transportiert werden. Die Anhänger konnten abseits befestigter Straßen und auf weichem Untergrund nicht eingesetzt werden, weil sie dort einzusinken drohten. Die Boote konnten weder mit dem
Transportflugzeug „Transall C 160“ noch mit einem Hubschrauber der Bundeswehr
transportiert werden. Ein Aussetzen der Boote von Bord des Einsatzgruppenversorgers war nur ohne Besatzung und unter günstigen Witterungsbedingungen möglich.
Bis Ende 2009 gab die Bundeswehr mehr als das Doppelte für die Beschaffung und
Nachrüstung der Boote aus als geplant. Die Mängel konnte sie nur teilweise beheben. Für drei der Boote erteilte sie eine eingeschränkte ,,Genehmigung zur Nutzung“.
Diese gilt ausschließlich für Ausbildungsfahrten im nationalen küstennahen Bereich.
Das vierte Boot nutzte das Bundesamt für Erprobungen.
Testfahrt eines der neuen Schlauchboote der Marine
Quelle: Prüfungsamt des Bundes Hannover
26.2
Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass die Bundeswehr die Boote trotz
neuer Anforderungen mit den Planungsunterlagen des Vorgängermodells beschafft
hat. Damit vermied sie die geforderten technischen und organisatorischen Untersuchungen sowie eine vollständige Darstellung der Kosten für Entwicklung, Beschaffung und Nutzung. Sie beschrieb die neuen Anforderungen unvollständig und unpräzise. Trotz umfangreicher Änderungen und Umbauten und mehr als doppelt so hoher
Ausgaben als geplant, stand den Kampfschwimmern auch fünf Jahre nach der Beschaffung kein Boot zur Verfügung, das den Einsatzanforderungen entsprach.
Der Bundesrechnungshof hat das Bundesverteidigungsministerium aufgefordert, keine weiteren Ausgaben zu tätigen. Er hat empfohlen, dass
•
die Marine ihre noch zu erfüllenden Anforderungen an die Boote darlegt und
•
das Bundesamt untersucht, ob diese realisierbar und wirtschaftlich zu erfüllen
sind.
Auf dieser Grundlage sollte die Marine über das weitere Vorgehen entscheiden.
26.3
Das Bundesverteidigungsministerium hat bei der Beschaffung der Boote Mängel eingeräumt. Es hat die Marine angewiesen, künftig die Vorschriften zu beachten. Es hat
für das Jahr 2010 weitere Ausgaben von 1 Mio. Euro eingeplant, um die Boote nachzurüsten. Hierdurch ergäben sich Gesamtausgaben von 4,15 Mio. Euro. Die gegenüber der ursprünglichen Planung gestiegenen Ausgaben führt das Bundesverteidigungsministerium im Wesentlichen auf nachträgliche Nutzerforderungen zurück.
Nach Aussage des Bundesverteidigungsministeriums können die Kampfschwimmer
die Boote ab Mitte 2010 auch für räumlich begrenzte Einsätze nutzen.
26.4
Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes hätte die Bundeswehr bei zusätzlichen
Ausgaben von 1 Mio. Euro zuvor festlegen müssen, welche Anforderungen der
Kampfschwimmer zwingend erforderlich sind. Zudem hätte sie untersuchen müssen,
ob diese durch die Nachrüstung tatsächlich uneingeschränkt erfüllt werden können.
Die Begründung des Bundesverteidigungsministeriums, die Boote hätten sich aufgrund veränderter Nutzerforderungen verteuert, ist unzutreffend. Die Marine hat nach
der Beschaffung nur eine zusätzliche Ausstattung gefordert. Diese soll den Kampfschwimmern helfen, von ihrem Boot an Bord fremder Schiffe und Boote zu gelangen.
Die übrigen Änderungen und Umbauten sind Folge der unpräzisen Planungsunterlagen.
Der Bundesrechnungshof hält weiterhin eine Nachrüstung der Boote ohne vorherigen
Nachweis der Wirtschaftlichkeit nicht für vertretbar.

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