Das Deutsche IVF-Register als Instrument der Qualitäts

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Das Deutsche IVF-Register als Instrument der Qualitäts
Gynäkologe
2000 · 33:800–811 © Springer-Verlag 2000
Zum Thema
R. Felberbaum1 · W. Dahncke2
1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,Medizinische Universität zu Lübeck
2 D-I-R-Bundesgeschäftsstelle Ärztekammer Schleswig-Holstein
Das Deutsche IVF-Register
als Instrument der Qualitätssicherung und zur Beratung
der Patienten
Zusammenfassung
Die Forderung der Öffentlichkeit nach Information und Transparenz in dem hochsensiblen Bereich der humanen Reproduktionsmedizin erscheint mehr als gerechtfertigt.
Allein die zuverlässige Auswertung der
durch die Fortpflanzungsmedizin erzielten
Ergebnisse und deren öffentliche Diskussion
kann es erlauben, deren gesellschaftliche
Akzeptanz als sichere und erfolgreiche Behandlungsform zu erhöhen, und gleichzeitig
Missverständnissen vorzubeugen.Außerdem
stellt eine solche Analyse ein wertvolles
Hilfsmittel zur verlässlichen Beratung der
betroffenen Paare dar.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden,
bemühen sich nationale Register in 19 europäischen Staaten um die Datenerhebung
und Datenauswertung.Für Deutschland liegen Daten zu reproduktionsmedizinischen
Behandlungen seit 1982 vor.Über die Jahre
hat die Zahl der teilnehmenden Zentren und
die der registrierten Behandlungen dramatisch zugenommen.Auch wenn eine detailliertere Darstellung zeigen würde, dass die
Ergebnisse des Deutschen IVF-Registers zum
jetzigen Zeitpunkt bemerkenswert sind, so
bedarf es dennoch weiterer Verbesserungen.
Eine verpflichtende vollständige Erfassung aller in Deutschland durchgeführten
Behandlungen, eine vollständige Verfolgung
aller erzielten Schwangerschaften und der
geborenen Kinder, sowie eine neutrale Kontrolle der praktizierenden Zentren sollte das
Ziel sein.
Schlüsselwörter
Information · Transparenz ·
Humane Reproduktionsmedizin · Beratung ·
Nationale Register
800 |
Der Gynäkologe 11•2000
D
urch die in den letzten 22 Jahren seit
der Geburt von Louise Brown gemachten Fortschritte in der Methode der Invitro-Fertilisation (IVF) und in der hierfür notwendigen Stimulationsbehandlung der menschlichen Eierstöcke ist es
gelungen, aus einer ursprünglich experimentellen eine klinisch fest etablierte
Behandlungsform mit akzeptabler Erfolgswahrscheinlichkeit zu machen [1].
Schließlich wurde es durch die 1992 erstmals publizierte Technik der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI)
möglich, die Behandlung der männlich
bedingten Unfruchtbarkeit zu revolutionieren [2].
Die Tatsache, dass die menschlichen
Keimzellen und auch der menschliche
Embryo medizinisch verfügbar geworden waren, weckte ein enormes öffentliches Interesse. Die moderne humane
Reproduktionsmedizin fokussiert auf
die biologischen Grundlagen der
menschlichen Existenz und führt damit
zwangsläufig in Grenzgebiete der Rechtsprechung, Ethik und Religion. Gleichzeitig bestand von Anfang an die Sorge,
dass die Schwangerschaftsmorbidität,
ebenso wie die neonatale Morbidität
und Mortalität dieser durch assistierte
Reproduktion entstandenen Kinder erhöht sein könnten. Daher erscheint die
Forderung der Öffentlichkeit nach Information und Transparenz in diesem
hochsensiblen Bereich der Humanmedizin mehr als gerechtfertigt. Allein die
zuverlässige Auswertung der durch die
Fortpflanzungsmedizin erzielten Ergebnisse und deren öffentliche Diskussion,
ebenso wie die langfristige Verfolgung
und Untersuchung der geborenen Kinder kann es erlauben, die gesellschaftli-
che Akzeptanz der humanen Reproduktionsmedizin als sichere und erfolgreiche Behandlungsform zu erhöhen und
gleichzeitig Missverständnissen vorzubeugen.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, bemühen sich nationale Register in
19 europäischen Staaten um die Datenerhebung und Datenauswertung für die
durchgeführten Behandlungen, erzielten
Schwangerschaften und geborenen Kinder. Dabei nimmt das britische IVF-Register der „human fertilisation and embryology authority“ (HFEA) eine Sonder- und Vorbildstellung ein. In diesem
Fall wird das Register von einer behördlichen Einrichtung getragen und die verpflichtende Datenübermittlung durch
die praktizierenden Zentren mit einer
strengen Kontrollfunktion verknüpft.
Dies erlaubt eine unvergleichliche Qualität und Härte der erhobenen Daten [3].
Für Deutschland liegen Daten des
Deutschen IVF Registers (D-I-R) zu reproduktionsmedizinischen Behandlungen seit 1982 vor. Die Tatsache, dass diese
ersten Arbeitsgruppen, die 1982 noch alle universitäre Einrichtungen waren, die
Notwendigkeit einer solchen zentralen
Datenerfassung eingesehen haben, kann
nicht hoch genug gewürdigt werden.
Da zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei rechtliche Regulatorien bestanden, war dies eine aus freien Stücken unternommene Anstrengung. Über die
Jahre hat die Zahl der teilnehmenden
Prof. Dr. R. Felberbaum
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,
Medizinische Universität,
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck,
E-Mail: [email protected]
Gynäkologe
2000 · 33:800–811 © Springer-Verlag 2000
R. Felberbaum · W. Dahncke
The German IVR Registry as a quality
assurance tool and for use in patient
counseling
Abstract
The public demand for information and clarity in the highly sensitive area of human reproductive medicine is more than justified.
Only after a reliable evaluation and an open
discussion of the results which have been
achieved will the success of these forms of
treatment be socially accepted and at the
same time misunderstandings prevented.
Furthermore, such an analysis represents a
valuable aid for reliable counseling of the
couples involved.
To meet this challenge, national registries in 19 European countries are collecting
and evaluating pertinent data.In Germany
there are records of reproductive medical
treatments dating back to 1982.Over the
years the number of participating centers
and registered treatments has increased
drastically.Although a detailed presentation
of the German IVF registry data would show
remarkable results, further improvement is
still required.
Our goal should be to require complete
data on all treatments which have been conducted in Germany, complete follow-up of all
pregnancies which have been achieved and
the children born of them, and a neutral
control of all practicing centers.
Keywords
Information · Clarity · Human reproductive
medicine · Counseling · National Registry
Zentren und die der registrierten Behandlungen deutlich zugenommen. Die
Tatsache, dass im Jahre 1998 91 reproduktionsmedizinische Einrichtungen an
der Datenerhebung teilgenommen haben, zeigt, dass weitestgehend Einvernehmen in die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zur Qualitätssicherung
besteht. Dies spiegelt sich auch in der
hohen Zahl von 46730 dokumentierten
Behandlungen wider. Sicherlich hat die
zweite Novellierung der Richtlinien zur
Durchführung der assistierten Reproduktion durch die Bundesärztekammer
mit der ausdrücklichen Einbindung des
D-I-R wesentlich zu diesem Resultat beigetragen [4].
Erstmals konnten im Jahre 1998 die
Behandlungsergebnisse durch ein einheitliches Computerprogramm erhoben
werden. Da dieses Erfassungsprogramm
nur die Eingabe vollständig dokumentierter Behandlungen erlaubte, hat die
Qualität der Daten ein hohes Niveau erreicht. Das D-I-R erlaubt neben einer
hervorragenden Darstellung der historischen Entwicklung der Reproduktionsmedizin in Deutschland sehr exakte Aussagen zur aktuellen Situation [5, 6, 7].
Die Etablierung eines
nationalen Standards in der
Reproduktionsmedizin –
ein lohnendes Ziel?
Die Qualität der erhobenen Daten, ihre
„Härte“, und die Möglichkeit, das Deutsche IVF-Register als Instrument zur
Qualitätssicherung zu gebrauchen, war
und ist auch weiterhin ein umstrittenes
Thema. Um Qualität messen zu können,
benötigt man in der Medizin klar definierte Standards.Aber solche Standards
fehlen häufig in der assistierten Reproduktion, national und international.
Fast jeder Schritt in der Behandlung
eröffnet verschiedene Möglichkeiten, die
wiederum Anlass zur Diskussion geben.
Dies mag die korrekte Indikationsstellung für die IVF oder IVF mit Intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI)
betreffen, die verschiedenen Stimulationsprotokolle, die Unterstützung der
Gelbkörperphase, die Zahl der zurückzusetzenden Embryonen usw.Allerdings
könnte ein valides nationales Register die
Etablierung einer Art von nationalem
Standard erlauben. Dies erscheint um so
wichtiger, als die Bedingungen, unter denen die Techniken der assistierten Re-
produktion angewendet werden können,
von Land zu Land verschieden sind.
Es stellt einen großen Unterschied
dar, ob die Regelungen eines Embryonenschutzgesetzes wie in Deutschland
greifen, oder aber keinerlei juristische
Vereinbarungen getroffen wurden [8].
Dies wiederum kann von großer Bedeutung für die korrekte Information und
Aufklärung der betroffenen Paare selbst
sein. Die Vorstellungen, was die assistierte Reproduktion an Erfolgswahrscheinlichkeit und Schwangerschaftsraten zu
erreichen vermag, sind oft deutlich
überhöht gegenüber dem, was ein IVFZentrum zu leisten vermag [3].
Ein nationaler Standard – in verständlicher Form publiziert – könnte
den betroffenen Paaren helfen, ihre
Wahl für ein IVF-Zentrum, dem sie ihre
Behandlung anvertrauen wollen, zu treffen. Auf der anderen Seite könnte es ein
Anreiz sein für solche Arbeitsgruppen,
die den nationalen Standard nicht einhalten können, ihre Therapiemodalitäten entsprechend zu ändern.
Das Deutsche IVF-Register
Das Deutsche IVF-Register (D-I-R) ist
eine Einrichtung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG e.V.) mit eigener Geschäftsordnung. Das Deutsche IVF-Register
wird getragen von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endokrinologie
und Fortpflanzungsmedizin (AGGEF)
und dem Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren (BRZ). Sitz
der Bundesgeschäftsstelle des D-I-R ist
zzt. die Landesärztekammer SchleswigHolstein (Bismarckallee 8–12, 23795 Bad
Segeberg) unter der Schirmherrschaft
der Bundesärztekammer in Köln.
Das D-I-R stellte bisher einen freiwilligen Zusammenschluss aller in
Deutschland die Techniken der assistierten Reproduktion ausübenden medizinischen Einrichtungen dar. Seit der
Novellierung der Richtlinien zur
Durchführung der assistierten Reproduktion in Deutschland durch die Bundesärztekammer im Jahre 1998 ist die
Teilnahme jedoch verpflichtend geworden [4]. So heißt es hier wörtlich: 4.3.1:
„Zum Zwecke der Verfahrens- und
Qualitätssicherung richten die Ärztekammern gemeinsam ein Dokumentationszentrum ein. Jede Arbeitsgruppe
hat eine EDV-gestützte Dokumentation
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Zum Thema
Abb.1 Verlauf der Behandlungszahlen pro Jahr 1982–1998
entsprechend dem Fragenkatalog des
D-I-R zu erstellen.“ Im Kommentar zu
diesen novellierten Richtlinien zur
Durchführung der assistierten Reproduktion wird sogar die prospektive Dateneingabe gefordert, was einen erheblichen qualitativen Fortschritt für das
Register darstellt.
Material und Methode
Vor 1997 konnten die Behandlungsdaten
und Behandlungsergebnisse als schriftlicher Fragebogen oder aber als Computerdatei unter Benutzung eines D-BaseProgramms dem D-I-R zur Auswertung
zur Verfügung gestellt werden. Seit 1997
wurde bei allen am D-I-R teilnehmenden Zentren ein auf der Basis von „filemaker-pro®“ neues Datenerfassungsprogramm installiert. Seit diesem Zeitpunkt ist die Dateneingabe über einen
Fragebogen nicht mehr möglich. Dabei
deckt der Fragenkatalog des Datenerfassungsprogramms alle relevanten Aspekte der Behandlung zur assistierten Reproduktion ab.
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Die Dateneingabe selbst kann in retrospektiver oder aber prospektiver
Form erfolgen. Im letzteren Fall muss
die Anlage der Datei innerhalb von 8 Tagen nach Beginn der Stimulationsbehandlung erfolgen, damit der Behandlungszyklus als prospektiv erfasst gelten
kann. Das Register versucht also, Kriterien, wie wir sie aus prospektiven klinischen Studien her gewohnt sind, auf die
bundesweite Datenerhebung zu übertragen. Dies allein stellt schon ein wichtiges Qualitätskriterium dar.
Es ist als außerordenlich erfreulich
zu bezeichnen, dass über 80% der dokumentierten Behandlungen in prospektiver Form erhoben werden konnten. Bei
37.775 prospektiv registrierten Behandlungen war es möglich, bei vielen Auswertungen auf die retrospektiv erhobenen Daten zu verzichten. Hinter diesen
Tatsachen verbirgt sich eine enorme Anstrengung und Arbeitsleistung der einzelnen teilnehmenden Zentren. Um so
mehr muss diese im Jahre 1998 noch aus
freien Stücken unternommene Anstrengung gewürdigt werden.
Ergebnisse des D-I-R 1998
Das D-I-R gibt einen ausgezeichneten
historischen Überblick zur Entwicklung
der assistierten Reproduktion in
Deutschland. Während 1982 nur 742 Behandlungen zur IVF in fünf Zentren im
gesamten damaligen Bundesgebiet
durchgeführt wurden, wurden 1992 bereits 12.867 solcher Behandlungen registriert. Während 1993 ICSI in Deutschland noch nicht als Behandlungsmodalität durch das D-I-R registriert wurde,
belaufen sich die Zahlen für 1995 auf
13598 Zyklen und im Jahre 1998 auf
23.578 Behandlungen für IVF mit ICSI
pro Jahr.
Bereits 1996 wurden erstmals mehr
ovarielle Stimulationen für die IVF mit
ICSI als für die konventionelle IVF
durchgeführt. Dies spiegelt den revolutionären Einfluss der ICSI auf die Behandlung der männlichen Subfertilität
wider. 1992 erstmals von Palermo et al.
[2] beschrieben, wird diese Methode
nun in allen Zentren, die die konventionelle IVF durchführen, gleichfalls angewendet (Abb. 1).
Im Jahre 1998 wurden mindestens
16.763 Behandlungen zur IVF und 23.578
Tabelle 1
Schwangerschaftraten pro Embryotransfer nach IVF, ICSI und
Kryokonservierung von Eizellen im Pronukleusstadium
Schwangerschaften
IVF
ICSI
Kryo
Behandlungszyklen (n)
Klinische Schwangerschaften (n)
Schwangerschaftsrate /ET [%]
Abortrate [%]
12150
2498
22,64
21,84
19966
4525
23,53
22,42
1823
205
11,34
31,22
Behandlungen zur ICSI durchgeführt.
Diese Zahlen unterstreichen nochmals
die Bedeutung der männlich bedingten
Sterilität in Deutschland und lassen die
Diskriminierung der Paare, die aufgrund einer Einschränkung des Spermiogramms des männlichen Partners
kein Kind bekommen können, gegenüber solchen, die sich z. B. aufgrund einer Schädigung des Eiauffangmechanismus in reproduktionsmedizinische Behandlung begeben müssen, als unerträglich erscheinen. Tatsächlich stellt jedoch die Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen,
die ICSI aus dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenkassen herauszunehmen, eine solche eklatante Diskriminierung dar.
Die Entscheidung, wer sich einer
solchen Behandlung unterziehen darf,
fällt somit auf der Grundlage monetärer
Überlegungen. Eine unsoziale Entscheidung als direkter Weg in eine Zweiklassenmedizin. Dabei können die Registerdaten eindeutig zeigen, dass es sich nicht
um die Behandlung alter, bisher als hoffnungslos betrachteter Fälle von Paaren
mit männlicher Sterilitätsproblematik
handelt, sondern ein aktuelles Problem
junger Paare darstellt.
Die durchschnittliche Dauer des unerfüllten Kinderwunsches unterscheidet
sich nicht bei IVF- und ICSI-Paaren und
liegt im Durchschnitt in beiden Kollektiven zwischen 3 und 5 Jahren. Die klinischen Schwangerschaftsraten pro durchgeführten Embryotransfer betrugen
22,64% nach IVF und 23,53% nach ICSI.
Nach der Rücksetzung kryokonservierter und zu einem späteren Zeitpunkt aufgetauter Eizellen im Pronukleusstadium
betrug die durchschnittliche Schwangerschaftsrate pro durchgeführtem Embryotransfer immerhin 11,34%. Die Abortrate nach IVF betrug 21,84% und nach
ICSI vergleichbare 22,42%, während sie
nach Kryokonservierung von Eizellen im
Pronukleusstadium deutlich höher lag
und 31,22% betrug (Tabelle 1).
In Anbetracht der Einschränkungen und Auflagen, die das Deutsche Embryonenschutzgesetz macht, sind das
sehr gute Behandlungsergebnisse, die
auch den internationalen Vergleich nicht
scheuen müssen. Selbst bei Verwendung
von Spermien aus dem Nebenhoden
oder aus Hodenbiopsien können Schwangerschaftsraten von über 20% pro
durchgeführtem Embryotransfer erzielt
werden (Tabelle 2). Dabei zeigt sich die
eminente Bedeutung des Lebensalters
der betroffenen Frauen für die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges. Liegen die Schwangerschaftsraten
bis zum 39. Lebensjahr der Frau bei über
20%, so fallen sie danach dramatisch ab
(Abb. 2, 3). Dies bedeutet, dass es wichtig
ist, bei der Behandlung steriler Paare
keine wertvolle Zeit unnötig zu verlieren, z. B. durch Anwendung erwiesenermaßen nicht wirksamer konservativer
Behandlungsformen.
Schwangerschaftsraten
in Abhängigkeit von
der Stimulationsbehandlung
Insgesamt konnten 31.863 Stimulationsbehandlungen zur assistierten Repro-
duktion in prospektiver Form registriert
werden; 25.383 davon (entsprechend
79,7%) wurden entsprechend dem sog.
„langen“ Protokoll unter Verwendung
eines agonistischen GnRH-Analogons
durchgeführt. Dieses Protokoll zeichnet
sich durch die Verabreichung eines
GnRH-Agonisten zur Desensitisierung
der Adenohypophyse vor Beginn der
ovariellen Stimulation mit Gonadotropinen aus.
Das sog. „kurze“ Protokoll oder
aber die ovarielle Stimulation ohne Verwendung eines GnRH-Analogons kamen in 14 bzw. in 4,8% zur Anwendung.
GnRH-Antagonisten, die im Jahre 1998
nur im Rahmen klinischer Phase-IIIStudien eingesetzt werden konnten, kamen in 437 Zyklen entsprechend 1,4% aller prospektiv registrierten Behandlungszyklen zur Anwendung. Dabei
konnte das D-I-R erstmals höhere
Schwangerschaftsraten im langen Protokoll bei der Verwendung gentechnisch
hergestellter, sog. rekombinanter FSH(follikelstimulierendes Hormon)Präparationen ohne LH- (luteinisierendes
Hormon)Aktivität im Vergleich zu urinären Postmenopausengonadotropinen
mit FSH- und LH-Aktivität (HMG) ermitteln.
So betrug die Schwangerschaftsrate pro durchgeführtem Embryotransfer
im langen Protokoll im Falle von IVF
nach Stimulation mit rekombinantem
(rec.) FSH 24,11% im Vergleich zu 17,9%
nach Stimulation mit HMG. Im Falle von
ICSI betrugen die entsprechenden
Schwangerschaftsraten 26,86% nach rec.
FSH und 22,91% nach HMG. Wurde allerdings rec. FSH mit HMG kombiniert,
so konnten höhere Schwangerschaftsraten als bei alleiniger rec. FSH-Medikation beobachtet werden, nämlich 23,42%
nach konventioneller IVF und 27,36%
nach IVF mit ICSI (Tabelle 3 und 4) [4].
Tabelle 2
Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer (%) nach ICSI
in Abhängigkeit von der Herkunft der Spermien
Schwangerschaften
Schwangerschaftsrate/ET [%]
Behandlungszyklen (n)
Orthograde Ejakulation
MESAa
TESEb
23,57
29,89
22,86
18089
90
890
a mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration, btestikuläre Spermienextraktion
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Zum Thema
Tabelle 3
Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer nach IVF in Abhängigkeit von der ovariellen Stimulation
(nur prospektiv erfasste Behandlungen berücksichtigt)
GnRH-kurz (n)
SS/ET [%]
GnRH-lang (n)
SS/ET [%]
Ohne Analoga (n)
SS/ET [%]
rec-FSH
u-FSH
HMG
rec-FSH+HMG
u-FSH+HMG
Andere Kombinationen
282
13,21
1857
24,11
28
26,92
408
17,76
4214
22,80
369
25,49
724
17,90
1842
21,67
166
26,42
173
18,62
934
28,95
18
43,75
126
23,42
550
17,87
10
0
7
14,29
24
50
146
36,11
Dies sind erfreulich normale Werte, die
sich mit den Ergebnissen von Wennerholm et al. decken, die für eine Population von ICSI-Kindern ein mittleres Geburtsgewicht von 3470 g errechneten
[9].Allerdings weisen die deutschen Daten eine Frühgeburtlichkeit vor der vollendeten 37. SSW von 11,5% auf, was gegenüber der Verteilung in einer Normalpopulation deutlich erhöht ist (5,6%).
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die
Daten des D-I-R in diesem Fall nicht
nach IVF und ICSI differenzieren. Hier
konnte wiederum die Gruppe von Wennerholm et al. eine höhere Inzidenz der
Frühgeburtlichkeit im IVF-Kollektiv ermitteln gegenüber dem ICSI-Kollektiv.
Diese wurde auf das durchschnittlich
höhere Lebensalter der IVF-Patientinnen zurückgeführt.
Bei Zwillingen und Drillingen verändern sich die Verhältnisse dramatisch.
Während die Zwillinge im Median in der
36. SSW geboren wurden und zu diesem
Zeitpunkt im Median 2405 g wogen, so
lag der Median des Gestationsalters zum
Zeitpunkt der Geburt bei den Drillingen
bei nur 33 SSW. Die Drillinge wogen zu
diesem Zeitpunkt im Median nur 1745 g.
Dabei stieg die Frühgeburtlichkeit vor
der vollendeten 37. SSW bei den Zwillingen auf 53%. Bei den Drillingen wiesen
nur 2,8% der geborenen Kinder ein Gestationsalter jenseits der abgeschlossenen 37. SSW auf (Abb. 5, 6).
Diese Daten bedürfen eigentlich
keiner weiteren Kommentierung. Die
Rate der Mehrlingsschwangerschaften
nach assistierter Reproduktion muss gesenkt werden, um das Risiko der Behandlung, die Inzidenz der Schwangerschaftspathologie und der neonatalen
Morbidität und Mortalität senken zu
können.
Dabei konnte das Deutsche IVF-Register im Jahre 1999 erstmals eine klare
Korrelation zwischen der Zahl der geborenen Mehrlinge und der Zahl der zurückgesetzten Embryonen nachweisen.
Bei der Rücksetzung von nur einem Embryo waren 97,7% der geborenen Kinder
Einlinge und 2,3% Zwillinge, während
keine Drillinge und Vierlinge auftraten.
Wurden 2 Embryonen zurückgesetzt, so
stieg die Rate der Zwillinge auf 17,5%
und die der Drillinge auf 0,6%. Bei der
Rücksetzung von 3 Embryonen waren
nur noch 68,07% der geborenen Kinder
Einlinge, während die Rate der Zwillinge 26,5% und die der Drillinge 5,37% be-
trug. Eine Vierlingsgravidität wurde
nach Rücksetzung von drei Embryonen
beobachtet (Abb. 7).
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen
und in Kenntnis der Risiken, die eine höhergradige Mehrlingsgravidität für Mutter und Kinder bedeutet, sollte die klare
Empfehlung erfolgen, bei jüngeren Patientinnen unter 35 Jahren nicht mehr als
2 Embryonen zurückzusetzen. Allerdings muss man zur Kenntnis nehmen,
dass diese Politik der Rücksetzung von
weniger Embryonen auch zu einer reduzierten Schwangerschaftsrate führen
kann. So betrug die Schwangerschaftsrate nach Rücksetzung von 3 Embryonen im Durchschnitt 26,15% pro durchgeführtem Embryotransfer, während
nach Rücksetzung von nur 2 Embryonen
die durchschnittliche Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer auf 20,73% abfiel. Nach der Rücksetzung von nur einem Embryo fiel sie sogar auf nur 8,49%
(Abb. 8).
Bei der Diskussion dieser Daten
und Ergebnisse gilt es zweierlei zu berücksichtigen. Zum einen konnte das
Deutsche IVF-Register nicht zwischen
„erzwungenen“ Transfers von nur 1 oder
2 Embryonen (wenn keine weiteren be-
Tabelle 4
Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer nach ICSI in Abhängigkeit von der ovariellen Stimulation
(nur prospektiv erfasste Behandlungen berücksichtigt)
GnRH-kurz (n)
SS/ET [%]
GnRH-lang (n)
SS/ET [%]
Ohne Analoga (n)
SS/ET [%]
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rec-FSH
u-FSH
HMG
rec-FSH+HMG
u-FSH+HMG
Andere Kombinationen
312
17,38
2354
26,86
31
31,03
706
19,82
6921
23,31
472
26,32
1242
20,95
3828
22,91
190
31,32
301
24,73
1675
27,36
47
29,55
202
13,99
1123
18,33
15
21,43
11
0
61
38,98
57
35,19
Abb.2 Behandlungsergebnisse in Abhängigkeit vom Alter der Frau – IVF, 1998
Diese Beobachtungen werden sicherlich der Diskussion um die Bedeutung des LH für die suffiziente ovarielle
Stimulation neue Nahrung geben, ebenso wie man vermuten kann, dass sie der
Entwicklung von rekombinanten Kombinationspräparaten mit FSH- und LHAktivität Vorschub leisten werden.
In Deutschland geborene
Kinder nach assistierter
Reproduktion 1997–1999
Im Jahre 1999 war das Deutsche IVF-Register erstmals in der Lage, konkrete Angaben zum Geburtgewicht und dem Gestationsalter von insgesamt 6191 zwi-
schen 1997 und 1999 nach Maßnahmen
der assistierten Reproduktion geborenen Kindern zu machen. Dabei konnte
gezeigt werden, dass bei 2608 nach im
Jahre 1998 durchgeführten reproduktionsmedizinischen Maßnahmen geborenen Einlingen das mediane Gestationsalter zum Zeitpunkt der Geburt 40
Schwangerschaftswochen (SSW) betrug.
Im Median wogen diese Einlinge zum
Zeitpunkt der Geburt 3465 g (Abb. 4).
Abb.3 Behandlungsergebnisse in Abhängigkeit vom Alter der Frau – ICSI, 1998
Der Gynäkologe 11•2000
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Zum Thema
Abb.4 Gestationsalter und Geburtsgewicht der nach im Jahre 1998 durchgeführten
reproduktionsmedizinischen Maßnahmen geborenen Einlinge [7]
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Der Gynäkologe 11•2000
Abb.5 Gestationsalter und Geburtsgewicht der nach im Jahre 1998 durchgeführten
reproduktionsmedizinischen Maßnahmen geborenen Zwillinge [7]
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Zum Thema
Abb.6 Gestationsalter und Geburtsgewicht der nach im Jahre 1998 im Jahre 1998 durchgeführten
reproduktionsmedizinischen Maßnahmen geborenen Drillinge [7]
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Der Gynäkologe 11•2000
lassung der Embryoselektion vor dem
Embryotransfer einen wesentlichen Gewinn für die betroffenen Patientinnen
darstellen. Ob Beurteilungskriterien im
Pronukleusstadium die Selektion im
Embryonalstadium gleichwertig ersetzen können, muss zum jetzigen Zeitpunkt als noch nicht endgültig entschieden bezeichnet werden.
Keine Unterschiede zwischen
IVF und ICSI hinsichtlich
Gestationsalter
und Geburtsgewicht
Abb.7 Mehrlingsgeburten in Abhängigkeit von der Zahl der zurückgesetzten Embryonen nach im
Jahre 1998 durchgeführten reproduktionsmedizinischen Maßnahmen [7]
fruchteten Eizellen zur Verfügung standen) und bewusst vorgenommenen
Transfers von nur 1 oder 2 Embryonen
differenzieren. Bei einer solchen differenzierteren Auswertung könnten etwas
abweichende und für die Rücksetzung
von nur 2 Embryonen günstigere Ergebnisse hinsichtlich der erzielten Schwangerschaftsraten zu erwarten sein [10, 11].
Auf der anderen Seite reflektieren
diese Ergebnisse die Tatsache, dass in
Deutschland die Embryoselektion nicht
erlaubt ist. Dies bedeutet, dass in
Deutschland die Entscheidung, welche
befruchteten Einzellen sich zu Embryonen weiterentwickeln dürfen, in dem
frühen Stadium der Pronukleusbildung
gefällt werden muss. Entsprechend dem
Deutschen Embryonenschutzgesetz ist
die Eizelle im Pronukleusstadium keine
befruchtete Eizelle und darf sowohl
kryokonserviert als auch verworfen
werden. Auch wenn dies eine rein akademische Definition darstellt, so hat sie
doch massiven Einfluss auf die Resultate der Behandlung.
In Ländern, in denen die Embryoselektion gestattet ist, können für den
Embryotransfer die nach mikroskopisch-morphologischen Kriterien besten Embryonen mit der höchsten Implantationswahrscheinlichkeit für den
Transfer ausgesucht werden, was die Erfolgsaussichten eines Transfers von nur
2 oder auch nur 1 Embryo deutlich erhöht [11]. Anhand der Deutschen Daten
kann zumindest gezeigt werden, dass bei
der Rücksetzung von 2 „regulären“ Em-
bryonen, also Embryonen von guter
Qualität entsprechend mikroskopischmorphologischen Kriterien, die durchschnittliche Schwangerschaftsrate pro
Embryotransfer 24,11% beträgt, während sie bei Rücksetzung von 2 „irregulären“ Embryonen, also Embryonen von
schlechter Qualität entsprechend mikroskopisch-morphologischen Kriterien
nur noch 9,38% beträgt. Dieser Unterschied ist statistisch hoch signifikant
(p<0,005), (Tabelle 5).
Sollte im Rahmen eines neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes das ganze
Paket des Embryonenschutzgesetzes neu
aufgeschnürt werden, so würde eine Zu-
Beim Vergleich der im Zeitraum von
1997–1999 in Deutschland nach IVF
oder nach IVF mit ICSI geborenen Kinder konnte kein Unterschied hinsichtlich
der Verteilung von Gestationsalter und
Gewicht zum Zeitpunkt der Geburt
nachgewiesen werden. Hinsichtlich der
Bedeutung der Mehrlingsschwangerschaften für die Inzidenz der Frühgeburtlichkeit konnte ebenfalls kein Unterschied in den beiden Populationen aufgezeigt werden. Entscheidend ist also
nicht die angewandte Methode, sondern
die Rate der Mehrlingsschwangerschaften für das „Outcome“ der erzielten
Schwangerschaften (Abb. 9).
Fehlbildungsraten
Die entscheidenden Fragen in der Diskussion um die Entwicklung der
Schwangerschaften nach Einsatz der
Techniken zur assistierten Reprodukti-
Abb.8 Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer (%) in Abhängigkeit von der Zahl der
zurückgesetzten Embryonen, DIR - 1998 [7]
Der Gynäkologe 11•2000
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Zum Thema
Tabelle 5
Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer in Abhängigkeit von der Zahl und
Qualität der zurückgesetzten Embryonen
Anzahl zurückgesetzter
„regulärer Embryonen“
Anzahl zurückgesetzter
„irregulärer Embryonen“
Zahl der
Transferzyklen (n)
Schwangerschaftsraten
pro Embryotransfer [%]
0
0
0
1
1
1
2
2
3
1
2
3
0
1
2
0
1
0
3135
8479
16100
473
1095
1985
640
924
754
9,41
24,11
28,76
3,81
12,79
21,46
9,38
18,61
11,41
on sind die nach der Sicherheit dieser
Behandlungsformen und die nach der
Inzidenz der Fehlbildungen bei den geborenen Kindern, wobei in beiden Fäl-
len v. a. die ICSI im Zentrum des Interesses steht. Die konventionelle IVF wird
im Vergleich zur ICSI in weit geringerem
Ausmaß in Frage gestellt. Simplifiziert
ausgedrückt lautet die zentrale Frage:
„Ist ICSI eine sichere Methode?“
Die Tatsache, dass Spermien, z. T.
Teil von gestörter Morphologie, die unter normalen Bedingungen niemals eine Befruchtung erzielen könnten, bei
der ICSI-Methode mechanisch unter
Überwindung der Zellgrenzen in die
weibliche Keimzelle eingebracht werden, hat viele, auch irrationale Ängste
heraufbeschworen. Bei 1570 im Jahre
1998 nach IVF geborenen und vom D-I-R
erfassten Kindern betrug die Inzidenz
der Fehlbildungen 1,34%, nach Anwendung der ICSI-Methode bei 2665 Kindern 1,8%. Beide Fehlbildungsraten liegen im Bereich der Norm.
Diese Ergebnisse entsprechen den
publizierten Daten des „Centre for Reproductive Medicine“ der Freien Universität Brüssel, die weltweit über die
sorgfältigst erhobenen Daten zu dieser
Fragestellung verfügen. Bei 1987 gebore-
Abb.9 Gestationsalter und
Geburtsgewichte der im Zeitraum
von 1997–1999 nach IVF oder ICSI
geborenen Kinder [7]
810 |
Der Gynäkologe 11•2000
nen Kindern betrug die Inzidenz der
„major malformations“ nach ICSI bei
Einlingen 2,1%, bei Zwillingen 2,7% und
bei Drillingen 2,0% [13].Auf der Grundlage dieser Daten sollte davon ausgegangen werden können, dass die Fehlbildungsrate bei den nach ICSI geborenen
Kindern nicht erhöht ist.
noch im Jahre 1997 die Inzidenz des
OHSS III im sog. „langen Protokoll“
2,9% betragen hatte, so deutet die im
Jahre 1998 erheblich niedrigere Inzidenz
möglicherweise eine Sensibilisierung
der Kollegen für diese Problematik und
eine Abkehr von ausgesprochen aggressiven Stimulationen an.Auf jeden Fall ist
diese Entwicklung zu begrüßen.
Komplikationen
Neben der Inzidenz der Mehrlingsschwangerschaften registriert das D-I-R
Komplikationen bei der Eizellgewinnung sowie Fälle eines schweren, hospitalisationsbedürftigen ovariellen Überstimulationssyndroms (OHSS III). Bezüglich der Inzidenz von Komplikationen bei der Eizellentnahme kann gesagt
werden, dass die Follikelpunktion eine
außerordentlich sichere Maßnahme darstellt.
Bei 37.067 registrierten Punktionen
wurden nur 253 Komplikationen gemeldet, entsprechend einer Inzidenz von nur
0,67%. Von diesen Komplikationen wiederum waren 83% vaginale Blutungen
nach der Punktion. Nur in 5 Fällen war
eine operative Versorgung notwendig.
Nach wie vor ist die Inzidenz des
schweren, hospitalisationsbedürftigen
ovariellen Überstimulationssyndroms
(OHSS III) nach einer Stimulation mit
Gonadotropinen entsprechend dem sog.
„langen“ agonistischen Protokoll mit
1,25% doppelt so hoch wie nach einer
Stimulation entsprechend dem sog.
„kurzen Protokoll“ (0,6%) oder aber
nach einer Stimulation ohne die Verwendung von GnRH-Analoga (0,59%).
Nimmt man jedoch zur Kenntnis, dass
Fazit für die Praxis
Erstmals war es im Jahrbuch 1998 des
D-I-R möglich, verlässliche Daten zu
Geburtsgewicht und Schwangerschaftswoche von 6191 im Zeitraum von 1997 bis
1999 geborenen Kindern nach IVF oder
nach ICSI zu liefern, ohne dabei Unterschiede zwischen den beiden Verfahren
festzustellen.
Die Fehlbildungsraten der geborenen Kinder lagen dabei im Bereich der Norm und
betrugen 1,34% nach IVF und 1,8% nach
ICSI. Auch wenn die Ergebnisse des Deutschen IVF-Registers schon zum jetzigen
Zeitpunkt bemerkenswert sind, so bedarf
es dennoch weiterer Verbesserungen.
Eine verpflichtende vollständige Erfassung
aller in Deutschland durchgeführten Behandlungen und eine vollständige Verfolgung aller erzielten Schwangerschaften
und der geborenen Kinder sollte das Ziel
sein. Das Instrument der Qualitätskontrolle
sollte so sensibel werden, dass es erlaubt,
Fehlentwicklungen und Gefahren frühzeitig zu erkennen. Dies erscheint deutlich
sinnvoller, als die Ausgrenzung einer erfolgversprechenden Therapieoption aufgrund unzuverlässiger Studienergebnisse,
wie dies durch den Bundeausschuss der
Ärzte und Krankenkassen im Falle der ICSI
betrieben wurde. Hierzu sollte eine finanziell und personell entsprechend ausgestattete zentrale Beratungs- und Prüfstelle
der Deutschen Fortpflanzungsmedizin,
z. B. an der Bundesärztekammer geschaffen werden, die auf dem bisher existierenden D-I-R aufbaut.
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Bundesgeschäftsstelle Bad Segeberg
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Bundesgeschäftsstelle Bad Segeberg
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Der Gynäkologe 11•2000
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