Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus

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Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus
Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus
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Tourismus
Vorwort
Auszeichnung für Christine Plüss
Internationale Tourismus-Börse ITB Berlin 2005
Veranstaltungen (Auswahl)
Boykott-Aufrufe: Burma
Botswana
Survival International mit deutschem Büro
Paradies oder Sündenfall in Brandenburg?
Nepal: Urlaub unter dem Maschinengewehr?
Menschenhandel in Burma
Illegale Trophäenjagd in Uganda
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Di e Folgen des Tsunami
Mangroven statt Touristen und Garnelen
Küstenabschnitte unbebaut lassen
Sextourismus, Alkohol und eine Atombombe
Ein Hotel packt an
Katastrophen-Tourismus in Sri Lanka
44 Nationen betroffen
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Bücher
21 "Tourismuspolitik"
22 Urlaubskartell?
22 Neue SympathieMagazine
Tagungen i m Juni
22 Interkulturelle Kompetenz im Tourismus
23 Kooperation zwischen Freizeitwissenschaft und –wirtschaft
23 Umwelt-Werkstatt Alpen – Himalaya
Anhang
Weltsozialforum 2005, Porto Alegre, Brasilien:
Solidarity with the Victims of the Tsunami in the Indian Ocean
Nummer
38
Mär z 2005
Herausgeber:
Evangelischer Entwicklungsdienst e.V. (EED)
Redaktion: Ludmilla Tüting
Verantwortlich: Heinz Fuchs,
EED-Arbeitsstelle TOURISM WATCH
Ulrich-von-Hassell-Straße 76
53123 Bonn
Telefon +49(0)228/8101-2303
Fax +49(0)228/8101-150
[email protected]
www.tourism-watch.de
Druck: typopress GmbH, Leinf.-Echterdingen
gedruckt auf 100 % Altpapier
TourismWatch erscheint viermal jährlich
Nachdruck mit Quellenangabe erwünscht
Zwei Belegexemplare erbeten
Nummer 38 – März 2005
TW 38 (3/2005)
EED TourismWatch
Seite 1
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
die Internationale Tourismus-Börse ITB steht in Berlin wieder vor der Tür. Ein beherrschendes
Thema werden sicherlich die Folgen der entsetzlichen Tsunami-Katastrophe sein. Auch
Teilnehmer des Weltsozialforums (WSF), das in diesem Januar wieder im brasilianischen Porto
Alegre stattfand, richteten einen Appell an die internationale Staatengemeinschaft, aktive
Solidarität zu zeigen. Wir dokumentieren ihn im Anhang. Natürlich wünschen wir allen Menschen in
den Flutgebieten eine rasche Rückkehr zur Normalität, soweit das überhaupt möglich ist! Dabei
gehören wir zu denen, die für einen behutsamen, fairen und ökologisch nachhaltigen
Wiederaufbau plädieren - ohne "Schnäppchen" und "Traumpreise". Sie finden dazu einige
Ausführungen in dieser Ausgabe und zusätzlich auf unserer Website: "Tourismus nach dem
Tsunami - ein kommentierender Zwischenruf" (vom 27. Januar 2005).
Im Bereich des entwicklungspolitischen Dialogs ist TOURISM WATCH bekanntlich eine
Arbeitsstelle
im
Evangelischen
Entwicklungsdienst
(EED).
Der
EED
unterstützt
Partnerorganisationen bei langfristigen Entwicklungsprogrammen in über 80 Ländern, vor allem
durch finanzielle Förderung, Beratung und Vermittlung von Fachkräften. Partner des EED waren
von der Katastrophe nicht unmittelbar betroffen. Durch ihre Ortskenntnis, gute
Organisationsstrukturen sowie ihr hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz, waren einige – wie
z. B. in der indonesischen Provinz Aceh – zur Hilfestellung allerdings mit als erste vor Ort.
Auf der ITB ist TOURISM WATCH in der neuen jung-dynamischen Halle 1.1 "Trends & Events" am
Stand 204 präsent. Ausgesuchte Veranstaltungshinweise haben wir im Anschluss
zusammengestellt. TOURISM WATCH selbst befasst sich am Freitag und Samstag mit sozialer
Verantwortung im Tourismus unter dem Thema "Ein anderes Wachstum ist möglich".
Am Samstag und Sonntag der ITB verleiht der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung wieder
Preise für Filme und sozialverantwortliche Projekte. Am "To Do!" ist TOURISM WATCH ebenfalls
beteiligt. Die Auszeichnungen gehen dieses Mal an sehr interessante Bewerber aus Costa Rica,
Nicaragua und Tanzania, s. Seite 3. Die ausführlichen Preisbegründungen und
Projektbeschreibungen werden während der Preisverleihung verteilt und sind danach auch in der
"To Do!"-Fundgrube auf der Seite www.studienkreis.org nachzulesen.
Vielleicht sehen wir uns auf einer Veranstaltung, am Stand oder bei anderer Gelegenheit auf der
ITB!
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Fuchs
Ludmilla Tüting
Auszeichnung für Christine Plüss
Dr. Christine Plüss, langjährige Geschäftsführerin des Basler Arbeitskreises Tourismus &
Entwicklung, wurde im Januar in Lissabon mit dem "European Tourism Gold Stars Award 2004"
geehrt. Damit würdigte die Europäische Reisejournalisten-Vereinigung (European Travel
Press/ETP) ihren kontinuierlichen Einsatz für eine faire und maßvolle Tourismusentwicklung. Der
ETP gehören Fachjournalisten aus Belgien, Großbritannien, Italien, Portugal, Schweden und der
Schweiz an.
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Internationale Tourismus-Börse ITB Berlin, 11. bis 15. März 2005
Die größte Tourismus-Messe der Welt beginnt in diesem Jahr zum letzten Mal am Freitag und
endet am Dienstag, wobei Montag und Dienstag den Fachbesuchern vorbehalten sind.
Öffnungszeiten: 10 - 18 Uhr. Info: www.itb-berlin.de
Achtung: Ab 2006 findet die ITB von Mittwoch (8.3.) bis Sonntag (12.3.2006) statt!
Fachbesuchertage: Mittwoch bis Freitag.
Das Pressezentrum, erstmals ohne den langjährigen, pensionierten Pressesprecher Peter
Köppen, liegt unverändert in Halle 6.3. Kostenloser Presse-Shuttle, schnell und direkt, auf dem
Messegelände ab Funkturm. Neue Pressesprecherin ist Angelica Germis.
Die alternative "Naturerlebnishalle/Travel with Sense" konnte leider nicht überleben und wurde in
eine Trends & Events-Halle 1.1 verwandelt. "Die junge Kommunikationsplattform der ITB vereint
erstmals die trendigen Segmente 'Youth Travel Center', 'Experience Adventure' und 'ECOtourism'
unter einem Dach", so die offizielle Lesart. Neu dabei sind "Reisen für Alle" (inkl. Anbieter von
Behinderten-Reisen) und der "Gay Travel Point", Reisen von und für Schwule und Lesben.
Unter dem kleinen Segment ECOTourism sind versammelt: EED-TOURISM WATCH mit den
Partner-Organisationen KATE-Turismovision (Stuttgart), ECPAT Deutschland (Schutz von
Kindern vor kommerzieller sexueller Ausbeutung, Freiburg) und dem Arbeitskreis Tourismus &
Entwicklung (Basel), Stand 204. (Veranstaltungen s.u.) Ferner das Bundesumweltministerium,
die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das Europäische
Umweltzeichen für Tourismus, das Forum Anders Reisen u.a. Die Halle liegt beim ITB-Eingang
Süd.
Die UNESCO präsentiert ihr Programm Tourismus und Weltkultur- und Naturerbe am Stand B14
in der Halle 4.2. Die Halle KulturTourismus wurde im vergangenen Jahr von Fachbesuchern zum
interessantesten ITB-Segment gewählt. Sie ist unterteilt in "Theater/Festspiele", "Museum der
Museen" und "Städte, Regionen, Länder".
Die ITB-Buchwelt als Forum für (Online-)Reiseführer, Reisebücher und Kartografie ist in Halle 25
untergebracht. Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung ist mit seinen
SympathieMagazinen und Studien am Stand 142 vertreten. Veranstaltungen s.u.
Das frühere ITB-Wissenschafts-Zentrum, heute "Training and Education in Tourism", ist wieder
in Halle 5.1 zu finden. Zu den Ausstellern gehören Fachhochschulen, Universitäten,
Berufsakademien, Privatinstitute und Arbeitsagenturen. Ein angeschlossenes Vortragsprogramm
findet in der Halle 7.1b im Raum London 3 statt.
Zahlreiche weitere Fachvorträge werden während der gesamten ITB in Halle 7.1a + 7.1b im
Segment "ITB Kongress Market Trends & Innovations" geboten, www.itb-kongress.de. Der
Besuch aller Kongressveranstaltungen - mit Ausnahme eines China-Workshops - ist kostenlos und
ohne Anmeldung möglich. Kongress-Sprachen sind Deutsch und Englisch (Simultanübersetzung).
Asien, Halle 26, erhielt die zusätzliche Halle 5.2. Der Nahe Osten präsentiert sich in den Hallen
22 und 23, Lateinamerika in den Hallen 2.2 (z.T.), 4.1und 4.2, der afrikanische Kontinent in den
Hallen 20 und 21.
VERANSTALTUNGEN (Auswahl)
Urlaubsflieger in Tsunami-Länder ausgebucht – und die Trendwende im Tourismus
verpasst?
Freitag, 11. März, 10.00 Uhr, Presse- u. Informationsamt Bundesr., (Pressezentr.), Reichstagsufer 14, Raum 4
Am Rande der ITB berichten der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und seine Fachstelle
TOURISM WATCH über konkrete Risiken, aber auch über Chancen beim Wiederaufbau der
touristisch attraktiven Gebiete, die von der Flutwellen-Katastrophe betroffen sind. Vorgestellt
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werden Beispiele aus unterschiedlichen Ländern für eine neue Partnerschaft im Tourismus, die die
Entwicklungsperspektive der Menschen vor Ort mit einschließt.
Pressekonferenz, Gäste: Heinz Fuchs (TOURISM WATCH), Jennifer Seif (Siegel-Initiative Fair
Trade South Africa), KT Suresh (Equations, Indien)
Veranstaltungen von EED-TOURISM WATCH, KATE-Turismovision, ECPAT, Arbeitskreis
Tourismus und Entwicklung:
Wachstum einmal anders: Gesellschaftliche Verantwortung im Tourismus
Another Growth is Possible: Social Responsibility in Tourism
Freitag, 11. März 15.00 – 16.30, Halle 1.1, Raum 55
Wie sieht es im Tourismus mit der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen (Corporate
Social Responsibility/CSR) aus? Welche Erfahrungen gibt es bereits?
Podiumsdiskussion europäischer NGOs u. a. aus Mallorca und England.
Samstag, 12. März, 15.00 - 16.00 Uhr, Bühne der Halle 1.1 "Trends & Events"
Einschätzungen, Erwartungen, Herausforderungen an einen zukunftsfähigen Tourismus u.a. mit
Jennifer Seif (Fair Trade in Tourism South Africa/FTTSA), KT Suresh (Equations, Indien) und
anderen internationalen TourismusexpertInnen. Moderation: Daniela Siebert (RBB Berlin)
Stand der Umsetzung des Verhaltenskodex der deutschen Reisebranche zum Schutz von
Kindern vor kommerzieller sexueller Ausbeutung durch Touristen
Samstag, 12. März, 12.00 – 13.00 Uhr, ICC Lounge
Pressekonferenz DRV / ECPAT Deutschland
Mit ersten Ergebnissen einer Exklusivfrage zum Thema aus der Reiseanalyse 2005.
Alle Veranstaltungen werden zweisprachig in deutscher und englischer Sprache abgehalten.
Studienkreis für Tourismus und Entwicklung (www.studienkreis.org):
Präsentation SympathieMagazin "Jordanien verstehen"
Samstag, 12. März, 13.30 - 14.00 Uhr, Buchwelt, Halle 25, Stand 137
TOURA D'OR 2004 - Filmwettbewerb Zukunftsfähiger Tourismus
Samstag, 12. März, 16.00 - 17.00 Uhr, ICC Saal 8
Preisverleihung. Laudatio: Tamina Kallert (WDR). Moderation: Karl Mertes (WDR)
Sympathie für die Welt? - Tourismus zwischen Politik und Religion,
Kulturkampf und Völkerverständigung
Sonntag, 13. März, 11.55 - 13.00 Uhr, ICC Dachgartenfoyer
Gesprächsreihe "Zwischenrufe" in Zusammenarbeit mit dem WDR. DiskussionsteilnehmerInnen:
Caroline Emcke (Der Spiegel), Freimut Duve (Publizist), Vural Öger (Reiseveranstalter und
Mitglied des Europa-Parlaments), Moderation: Gerd Ruge (ehemaliger ARD-Korrespondent).
Anschließend Cocktail-Empfang
TO DO! 2004 - Projektwettbewerb Sozialverantwortlicher Tourismus
Sonntag, 13. März, 16.00 - 17.00 Uhr, ICC Saal 8
Preisverleihung an Gewinner aus Costa Rica, Nicaragua und Tanzania. Laudatio: Heidemarie
Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Anschließend Cocktail-Empfang
Weitere Termine:
Colombus Reisejournalisten-Preise, VDRJ-Preis:
Samstag, 12. März, 17.30 Uhr, C&C Mediencafé, Pressezentrum:
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Columbus-Preisverleihung für die beste kontinuierlichen Reiseberichterstattung in deutschen
Zeitungen.
Montag, 14. März, 11 Uhr, ICC Saal 7:
Columbus-TV-Preise für die beste deutschsprachige Reiseberichterstattung.
Montag, 14. März, 14 Uhr, ICC Dachgartenfoyer:
VDRJ-Preis für besondere Verdienste um den Tourismus an Dr. Wolfgang Isenberg,
Leiter der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.
Veranstalter: ITB und Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ), www.vdrj.org
ITB BuchAwards 2005
Montag, 14. März, 16 Uhr, Buchwelt, Halle 25
Preisverleihung, u.a. Sonderpreis für die SympathieMagazine des Studienkreises für Tourismus
und Entwicklung
Reporter ohne Grenzen: Die Kehrseite der Paradiese
Freitag, 11. März, 11.30 Uhr, ICC Raum 56
Pressekonferenz. Gäste: Ibrahim Lutfy, Malediven (im Schweizer Exil), Frau Sihem Bensedrine,
Tunesien (z.Z. Hamburg)
www.reporter-ohne-grenzen.de, Tel. 030/615 85 85
28. Kirchenforum:
Kostbare Zeit? Urlaub und Freizeit. Zwischen Sinnerfüllung und Erlebnisstress
Samstag, 12. März, 10.00 - 12.00 Uhr, ICC Saal 6
Veranstalter: Katholische Arbeitsgemeinschaft Freizeit und Tourismus (KAFT)
Neuer Schwung im Nahost-Friedensprozess:
Sind Reisen ins Heilige Land wieder sicher?
Sonntag, 13. März, 10.00 - 11.30 Uhr, VIP-Raum 2, Großer Stern
Podiumsdiskussion. Veranstalter: Studiosus Reisen, München
Good Jobs or Bad Jobs Tourism, Social Responsibility and Labour Standards"
Montag. 14. März, 10.00 - 12.00 Uhr, Palais am Funkturm, Westflügel
Podiumsdiskussion mit internationaler Besetzung sowie Heinz Fuchs/TOURISM WATCH,
Moderation: Susy Karammel (GTZ), www.gtz.de
Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)
Reiseanalyse RA 2005 - Erste Ergebnisse
Montag, 14 März, 15.00 - 16.00 Uhr, ICC Saal 3
Veranstalter: Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (F.U.R.), Kiel, www.fur.de
World Tourism Organisation (WTO), Madrid:
Emergency Task Force (Tsunami):
Donnerstag, 10. März, 13.00 - 15.00 Uhr, ICC Raum 4/5
Samstag, 12. März, 9.00 - 13.00 Uhr, ICC Saal Raum 43
ST-EP Foren (Sustainable Tourism - Eliminating Poverty):
Freitag, 11. März, 10.00 - 13.00 Uhr, ICC Raum 25/25a
Sonntag, 13. März, 9.30 - 13.30 Uhr, ICC Saal 4/5
Samstag, 12. März, 12.00 - 14.00 Uhr, ICC Saal 4/5: Pressekonferenz
Samstag, 12. März, 14.00 - 17.00 Uhr, ICC Saal 9: Task Force for the Protection
of Children from Sexual Exploitation in Tourism
Die Presse hat zu allen WTO-Veranstaltungen Zutritt.
Stand: Halle 20, Nr. 115, www.world-tourism.org
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Boykottaufrufe
Burma
Die "Burma Campaign UK" verstärkt ihren Boykott-Aufruf von Urlaubsreisen nach Burma mit dem
Aufruf "I'm Not Going". Dazu schaltete sie die neue Website www.imnotgoing.com, auf der
unterzeichnet werden kann.
Botswana und "Zentraler Kalahari Wildpark" - Proteste vor der ITB
Die internationale Menschenrechts-Organisation "Survival International (SI)", die Stammesvölker
weltweit unterstützt, ruft zu einem Boykott von Reisen nach Botswana auf. Der Grund: Die
Vertreibung von San, "Buschmännern", zugunsten von Touristen. SI: "Die Ghana und Gwi
Buschmänner Botswanas kämpfen um ihr Leben. Zuerst wurden sie wegen ihrer Jagd auf Tiere,
von denen ihre Ernährung abhängt, verfolgt und gefoltert. Dann vertrieb sie die Regierung von
ihrem angestammten Heimatland im "Zentralen Kalahari Wildreservat" und schob sie in
Zwangsansiedlungslager ab, in denen sie Alkoholismus, Prostitution und HIV/AIDS zum Opfer
fallen. Ihre Heimat preist die Regierung nun als Touristenattraktion an. Auch aus anderen
touristischen Zielgebieten, z.B. den Tsolido Hills, wurden die Buschmänner vertrieben.
"Bitte reisen Sie nicht nach Botswana, bis die Menschen wieder in ihre Heimat zurückkehren
dürfen und dort ungestört jagen und sammeln können".
Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, wird Survival International am Samstag, 12. März, in
Berlin vor den Toren der ITB mit Flugblättern protestieren.
(1.372 Anschläge, 18 Zeilen, März 2005)
Vgl. TW 29, Dezember 2002: "Überlebenskünstler der Kalahari-Wüste - Botswana vertreibt
'Buschleute' aus Wildpark"
Survival International mit deutschem Büro
Im März 2005 eröffnet die 1969 in London gegründete Menschenrechts-Organisation "Survival
International" ein Büro in Deutschland. Die angesehene Institution unterstützt Stammesvölker in
der ganzen Welt. Verantwortlich ist der Ethnologe Jörg Endres:
Survival Deutschland, Postfach 35 06 61, 10215 Berlin-Friedrichshain, Tel. 030/2900 2372, Fax
2904
3900,
www.survival-international.deutschland.de
international.org, [email protected])
(555 Anschläge, 6 Zeilen, März 2005)
(bis
geschaltet:
www.survival-tü-
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Globalisierte Tropen
Paradies oder Sündenfall in Brandenburg?
Ein ökologischer Blick auf “Tropical Islands" – Lagune statt Zeppeline
Von Hannelore Gilsenbach
Der Traum vom größten Luftschiffbauer Cargolifter endete vor drei Jahren im insolventen
Alptraum. Doch die Superlative in Brand (Dahme-Spreewald-Kreis) haben überdauert. Die größte
freitragende Halle wurde zum größten künstlichen Tropenparadies der Welt umgebaut. Ein
Bauwerk von umweltpolitischer Brisanz, 60 km südöstlich von Berlin. Über die Eröffnung im
Dezember 2004 berichteten Medien aus der ganzen Welt.
Es ist unverkennbar: Das Paradies beginnt zu welken. Viele Pflanzen in der dämmrigen
Cargolifter-Halle kränkeln. Doch üppiges Grün findet sich noch genug. Im Januar betrete ich zum
ersten Mal das Lausitzer “Urlaubsparadies von Menschenhand". Die Uhr zeigt halb zwölf.
Zur selben Zeit, sieben Längengrade ostwärts. Flutlicht zerreißt die Nacht im Dschungel von
Neuguinea, das Kreischen der Motorsägen, das Krachen uralter Bäume. Die Holzfäller haben es
eilig. Fällen, Zerstückeln, Verladen. Zu Hause lohnt sich die Ernte kaum noch. Ihre Firmen zählen
zu den Großen im millionenschweren Tropenholzgeschäft. Ihre Heimat heißt Malaysia.
“Malaysia und Tropenwald?" Für viele Brandenburger ein toller Zweiklang, seit es die “Tropen vor
den Toren Berlins" gibt. Deren Schöpfer, der Chinese Colin Au, stammt aus Malaysia. “Nahezu
jeder Deutsche" wünsche sich, der “tristen Stimmung und den grauen Tagen" zu entfliehen, “die in
mitteleuropäischen Breitengraden fast der Normalzustand sind", meint Au. Dabei hatten wir doch
jüngst so schöne heiße Sommer. Im Pressetext heißt es weiter: “Als ehemaliger Chef der
führenden Kreuzfahrtlinie im asiatisch-pazifischen Raum, kehrte Au (55) das Prinzip der Kreuzfahrt
um: "Nicht die Fehrnwehgeplagten besuchen die Tropen, sondern die Tropen kommen hierher."
Mit Superlativen gespickte Marketingtexte nerven mich, aber vielleicht sind sie ja unumgänglich.
Die Prospekte preisen das “größte Lifestyle-Resort in Europa mit dem größten Regenwald
außerhalb der Tropen". Die Angebote: “exklusiv, schillernd, fantastisch, luxuriös, rauschend,
fulminant, exotisch, imposant, opulent." Deutsche Sprache, lustvoll. Wellness und Barcadi-Feeling.
Auch für den kleinen Geldbeutel, 24 Stunden am Tag. Die 360 Meter lange, 210 Meter breite Halle
einmal zu durchwandern, braucht Zeit - entlang der Südsee, der Bali-Lagune mit 150 Liegestühlen
aus Teakholz, vorbei an Restaurants und dem globalen Tropendorf mit “exotischem
Bühnenzauber". Anmutige Thai-Mädchen tanzen vor essenden, trinkenden Zuschauern. Auch
Künstler aus China, Bali, Indien, Borneo. Das ganze vier Mal am Tag auf der Wayang-Bühne.
Abends “Viva Brasil" - Tanztheater auf der Südseebühne.
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Warum kein Eispalast in der Kalahari?
“Sind Sie auch zum ersten Mal hier?", frage ich zwei Rentnerinnen, die mit geröteten Gesichtern in
Richtung Regenwald schlendern. “Nein, wir sind aus Halbe, das ist nicht weit." Erschrocken fasst
sich die eine Frau plötzlich auf den Kopf und guckt 107 Meter in die Höhe. “Kondenswasser",
beruhige ich sie. Eigentlich müsste die schwülfeuchte Halle überall tropfen, vor allem im Winter.
Ein Vorhang aus Heißluft verhindert dies, erfahre ich später.
Meine Sicht auf “Sonne, Strand und Palmen" in der Lausitz ist kritisch. Die Halle misst 6,6 Hektar
(acht Fußballfelder) und fasst fünf Millionen Kubikmeter. Die “traumhafte Lufttemperatur" liegt bei
25º C, teilweise 35º C. Tropenklima in dieser Dimension als Freizeitspaß zu installieren und
gleichzeitig mit dem Lockmittel Regenwald Geschäfte zu machen, halte ich für doppelt fragwürdig.
Ein Holiday-Eispalast in der Kalahari? Undenkbar! Dennoch trifft der Vergleich. Zumindest
energetisch.
“Das Tropical Islands Resort ist eine weltweit einzigartige Tropenlandschaft, in der die AsienPazifik-Region, Afrika und Südamerika aufeinander treffen", schwärmt der Pressetext. Ein Blick ins
Internet zeigt, dass dies nicht stimmt: www.edenproject.com. Tropenwald aller Kontinente ist seit
Jahren im englischen Cornwall zu erleben; in einem riesigen sonnendurchfluteten Rundwabenbau;
ausgetüftelt klimatisiert. Dort sind sogar Tiere zugelassen. In der Cargo-Halle gibt es lediglich
Regenwald “light". Keine Vogelspinnen, Schlangen und was sonst noch dazugehört.
Pressesprecher Hess nimmt sich Zeit für meine Fragen. “Laut der Welternährungsorganisation
FAO wird weltweit jede Minute soviel Regenwald zerstört, wie in diese Halle passt. Indigene Völker
verlieren ihre Heimat. Könnten Sie sich Regenwaldschutz als Thema künftiger Workshops
vorstellen?" frage ich. Herr Hess könnte es. “Und wann darf Sonnenlicht in den Dom?" Die
Spezialfolie auf der Südseite werde demnächst eingebaut. Dann ginge es den Pflanzen besser; sie
hätten in der Bauphase gelitten. 20.000 Quadratmeter Dachumbau bei laufendem WellnessBetrieb? Ich drücke dem Regenwald die Daumen; er wird schon durchhalten!
Countdown der Tropenwälder
Als sich das Paradies hinter mir schließt, sind die Parkplätze gut gefüllt. Kalter Wind fegt über die
ehemalige Startbahn sowjetischer Düsenbomber, auf der sich der graue Koloss erhebt. Herr Au
wünscht sich drei Millionen Besucher pro Jahr, 8.000 pro Tag. In den vier Stunden meines
Besuches ist der Countdown der Tropenwälder weitergegangen - eine Fläche von 240 CargolifterHallen ist verloren. Tropenwald, von dessen Überleben unser Weltklima abhängt. Aber auch vom
sparsamen Verbrauch fossiler Energien hängt es ja ab, unser Weltklima.
Mit meiner Skepsis bin ich nicht allein. Detlef Bramigk von der “Gesellschaft für rationelle
Energieverwendung"
warnte,
die
Cargolifter-Halle
werde
zur
“größten
Energieschleuder
Brandenburgs"; die Pläne seien “bedenklich" bis “kriminell". Prof. Rolf Kreibich, Direktor des
Instituts für Zukunftsforschung und Technologiebewertung (Berlin) und Vorsitzender des
Ausschusses für Immissionsschutz des Landes Brandenburg, hält sie “für absolut unvertretbar".
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Politik, Baurecht und Umweltschutz des Landes Brandenburg hatten zu entscheiden. Wer hat wen
dominiert? Eine Chronik. Sommer 2002: die Cargolifter-Pleite vererbt ein Problem: die 78Millionen-Euro-Halle (darin 38 Millionen Fördermittel). Colin Au, gemeinsam mit dem britischmalaysischen Tanjong-Konzern, erwirbt den Bau für 17,5 Millionen Euro, verspricht 70 Millionen
Investitionen und 700 Arbeitsplätze. Seine Bedingung: keine Behördentrödelei. Februar 2004: Der
Landkreis Dahme-Spreewald genehmigt nach drei Monaten Prüfzeit. Spätherbst 2004: Das
Energiekonzept ist noch immer nicht offengelegt; der Immissionsschutz bleibt “außen vor". Prof.
Kreibich hat seine Einwände schriftlich an Ministerpräsident Platzeck gerichtet, an die Minister
Birthler, Woidke, Schönbohm und Speer, an die Landtagsparteien. Weitgehend Schweigen. 19.
Dezember 2004: Der RBB1 überträgt die Eröffnungsgala live. Begeisterung pur!
Energieschleuder ohne Umwelt-Check
Baugenehmigungen erfordern energetische Gutachten. Welche Baustoffe; welche Dämmwirkung?
Im Auftrag von Au begutachtete die Firma SIAT (München); Prof. Klaus Hänel (Cottbus) prüfte den
Bericht. Beide stellen fest: Die Energieeinsparverordnung von 2001 sei eingehalten. Schwer zu
begreifen, doch mein Telefonat mit Prof. Hänel löst das Rätsel. Die Verordnung bezieht sich auf
19º C Innentemperatur; Berechnungen für die Zusatz-Tropenwärme waren nicht gefordert! “Und
der Ausstoß an Treibhausgasen? Der Energieverbrauch insgesamt?" “Wird von den Baubehörden
nicht geprüft."
Bliebe der Umweltschutz und seine “Umweltverträglichkeitsprüfungen" (UVP). Für Tropical Islands
- erfahre ich aus Umweltministerium und Landesumweltamt - habe sich eine UVP erübrigt. Die
Halle sei nur “umgewidmet" worden. Karsten Sommer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, ist
anderer Meinung. “Die Prüfung ist bei größeren Bauprojekten vorgeschrieben".
Die für Tropical Islands genutzte Heizzentrale erzeugt den Jahresbedarf von etwa 4.000
Einfamilienhäusern. Wenn das kein größeres Bauprojekt war! Kalter Wind fegt über die Lausitz.
Das Paradies steht offen. Auch ohne geprüfte Umweltverträglichkeit. Oder gerade deshalb. Es gibt
700 Lausitzern Lohn und Brot. Wer sollte daran mäkeln?
Bliebe als letztes die Ethik. Fragen nach dem Sinn unseres Lebensstils. Vielleicht schreibt ja ein
Poet irgendwann die Mär vom gefesselten Zyklopen Lausitz, dessen Riesenauge aus dem Beton
quillt und in den Nächten vor Zorn glüht; weil die Leute ihn verspotten. Denn sie feiern das
Paradies, aus dem Horno und so viele seiner Braunkohle-Dörfer längst vertrieben sind.
1
RBB = Rundfunk Berlin-Brandenburg, früher Sender Freies Berlin (SFB) und Ostdeutscher Rundfunk (ORB)
Vgl. auch www.my-tropical-islands.com
(8.466 Anschläge, 102 Zeilen, März 2005)
TW 38 (3/2005)
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Urlaub unter dem Maschinengewehr?
Nepal betont neue Sicherheit nach Abschaffung der Demokratie
Von Sonja Sonnenschein
Auf große Empörung unter Touristen und Reiseveranstaltern stieß eine neue Werbekampagne der
staatlichen Tourismusbehörde Nepals. Kaum hatte König Gyanendra
am 1. Februar
verfassungsrechtlich die alleinige Macht übernommen, die Demokratie abgeschafft und das
Kriegsrecht ausgerufen, warb das "Nepal Tourism Board" mit "Vertrauen, Frieden und Stabilität".
Ab sofort könne man einen sorgenlosen Urlaub im Hindu-Königreich verbringen. Vor allem
Generalstreiks, die die Bewegungsfreiheit in der Vergangenheit beeinträchtigt hätten, seien nun
ein "Phänomen der Vergangenheit".
Tatsächlich sei die Unsicherheit jetzt erheblich gestiegen, stellen Kritiker fest, denn die Armee
könne nun gänzlich unkontrolliert agieren. Jede Kontrolle, Berichterstattung und Kritik sei verboten
worden. Touristen drohe keine Gefahr, aber die Bevölkerung sei dem Militär schutzlos ausgeliefert.
Gyanendra, Oberbefehlshaber der Königlichen Armee und eines neu installierten MarionettenKabinetts, hatte im Februar sämtliche Grund- und Menschenrechte außer Kraft gesetzt, eine totale
Pressezensur verhängt und das gesamte Land für eine Woche von der Außenwelt abgeschnitten.
Sobald konkrete Pläne für - inzwischen verbotene - Demonstrationen oder Mahnwachen
auftauchen, werden die Telefonleitungen erneut und willkürlich abgeschaltet. Lediglich königstreue
Aufmärsche dürfen stattfinden.
Das kleine Land im Himalaya wird seit 1996 von maoistischen Rebellen brutal bekämpft, die die
Monarchie abschaffen und einen kommunistischen Staat errichten wollen. Tatsächlich träumt die
Guerilla von der Weltrevolution nach nepalischem Muster, den sie nach einem Anführer
"Prachanda-Weg" nennt. Ihre Ideologie setzt sich aus Marxismus, Leninismus und Maoismus
("MALEMAISMUS") zusammen.
Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten haben erschreckende Ausmaße erreicht, wie
"amnesty international" und "Human Rights Watch" eindrücklich dokumentierten. Mindestens
11.000 Nepalis sind bereits umgekommen, viele hundert für immer verschwunden. Willkürliche
Verhaftungen nach GESTAPO-Methoden sind an der Tagesordnung. In- und ausländische
Experten sind überzeugt, dass der Konflikt nicht mit Waffengewalt zu lösen ist, sondern nur durch
politische Verhandlungen.
(2.220 Anschläge, 28 Zeilen, März 2005)
Vgl. auch TW 36, "Maoisten in Nepal - Wie sicher sind Reisen im Himalaya-Königreich?"
EED TourismWatch
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Seite 10
Menschenhandel in Burma
Die größten "Absatzmärkte" liegen in Thailand und China
Von Ulrike Bey
Mit fünfzehn entschloss sich Mai aus Kengtung im burmesischen Shan-Staat, für ihre Familie in
Thailand Geld zu verdienen. Sie verkaufte Ihren Körper. Ihre allein stehende Mutter konnte für sie
und ihre sechs Geschwister nicht mehr aufkommen. Ein "Vermittler" zahlte 10.000 Baht (250 USDollar). Im thailändischen Mae Sai arbeitete Mai drei Monate unbezahlt in einem Bordell, bis sie
ihre "Schulden" abgearbeitet hatte. Später wurde sie an ein Freudenhaus in Chiang Mai verkauft,
wo die heute 20jährige lebt.
Diese Geschichte ist typisch für viele junge Frauen und Mädchen aus Burma. Seit mehr als vierzig
Jahren
herrscht
dort
eine
Militärdiktatur,
die
verantwortlich
ist
für
jahrzehntelanges
Missmanagement, schlechte Wirtschaftspolitik, eine illegale Schattenwirtschaft und massive
Menschenrechtsverletzungen. Staatsausgaben werden in den Militärapparat gesteckt statt in die
dringend benötigte Grundversorgung der Bevölkerung. Heute gehört Burma, einst eines der
reichsten Länder Asiens, zu den Least Developed Countries. Der Großteil der 50 MillionenBevölkerung lebt in Armut. Neben der Armut ist die Bevölkerung dem täglichen Terror ausgesetzt.
Bei der Bekämpfung von Widerstand erfahren insbesondere Zivilisten der ethnischen Minderheiten
willkürliche Zwangsumsiedlungen, Zerstörung und Konfiszierung der Ernten, Tötungen und
Zwangsarbeit durch das burmesische Militär.
Die Armut und die tägliche Bedrohung führen dazu, dass viele Menschen nach besseren
Überlebensmöglichkeiten im Ausland suchen. Menschenhändler nutzen diese Situation aus und
bieten den ärmsten Familien Geld für ihre Kinder unter der Vorgabe, für diese eine lukrative Arbeit
im Ausland zu finden. Die Kinder leisten Dienste als Haushaltshilfen, Fabrikarbeiter oder als
Sexarbeiterinnen. Sie müssen zuerst ihre "Schulden" gegenüber Händlern und Fabrik- oder
Bordellbesitzern abarbeiten, werden vielfach weiter verkauft. Illegal und ohne Sprachkenntnisse
sind sie besonders leicht Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt. In den Bordellen Thailands sind
vor allem junge Frauen aus Burma gefragt. Die Mädchen wissen häufig nichts über die Gefahren
ungeschützten Geschlechtsverkehrs oder ihnen wird aus Geschäftsgründen untersagt, auf der
Benutzung von Kondomen zu bestehen. Viele der jungen Frauen infizieren sich mit HIV.
Es gibt keine verlässlichen Angaben über das Ausmaß des Menschenhandels in Burma und über
seine Grenzen hinweg. Die größten Absatzmärkte sind das wirtschaftlich überlegene Thailand,
zunehmend auch die Grenzstädte Chinas und südchinesische Provinzen. In einigen Fällen geht
der Verkauf sogar bis nach Japan, Australien oder in die USA. Menschenhändler-Netzwerke
verlassen sich bei ihren Aktivitäten auf die Kooperation korrupter Beamter auf beiden Seiten der
Grenze. Gerade Burma zählt nach Einschätzung der Organisation Transparency International zu
den fünf korruptesten Ländern der Welt.
TW 38 (3/2005)
EED TourismWatch
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Doch auch innerhalb Burmas werden Menschen von ländlichen in städtische Gebiete als
Haushaltshilfen oder Zwangsarbeiter verkauft, Kinder als Soldaten rekrutiert. Die Regierung hat
weder die Kapazitäten noch den politischen Willen, diese illegalen Aktivitäten zu unterbinden.
Hochrangige Offiziere haben zum Teil erheblichen Anteil an Geschäften mit Drogen, Teakholz und
Edelsteinen und auch mit Menschen.
Ein Beispiel kann verdeutlichen, dass der Jahrzehnte andauernde Konflikt mit der Diskriminierung
der ethnischen Minderheiten zusammenhängt. Die Familie von Naw Doh, einer Angehöriger der
Karen, wurde auf dem Weg zur Feldarbeit von burmesischen Soldaten abgefangen. Die Soldaten
töteten ihren flüchtenden Mann und Sohn, nahmen Naw Doh und ihre beiden kleinen Töchter
gefangen. Nach einigen Monaten im Armeelager wurde sie in die Hauptstadt Rangun verschleppt,
um im Haushalt eines Offiziers zu arbeiten. Kurz darauf wurde sie von ihrer siebenjährigen Tochter
getrennt, die bei einem anderen Offizier Hausarbeit verrichten musste. Sie konnte ihre Tochter
seitdem nur einmal sehen. Eine Bezahlung für ihre Arbeit hat sie nie erhalten. Naw Doh gelang
schließlich die Flucht und sie konnte in ihr Dorf zurückkehren, wo sie für ihre jüngere Tochter sorgt.
Über das Schicksal ihrer älteren Tochter ist ihr nichts bekannt.
Blühende Prostitution trotz Verbot
Obwohl Prostitution in Burma gesetzlich verboten ist, erfährt sie derzeit eine Blüte. Polizei und
Beamte profitieren vom Geschäft und lassen die Bordellbesitzer gewähren. Doch auch einige
Führer von ethnischen Waffenstillstandsgruppen, bekannte Drogenbarone, eröffneten in Rangun
unter Billigung des Militärs Bordelle, die als Massagesalons oder Karaoke-Bars geführt werden.
Die dort arbeitenden Mädchen und jungen Frauen kommen zumeist aus dem Shan-Staat.
Armeeangehörige, wohlhabende Geschäftsleute, auch Minister und Touristen gehören zu den
regelmäßigen Kunden. LKW-Fahrer und Soldaten suchen vor allem die billigen Bordelle in den
Grenzgebieten auf und tragen so zur rasanten Verbreitung von HIV/AIDS bei. Zeitweilig versuchte
die Regierung zwar, die Prostitution zu unterbinden, indem sie die Reisefreiheit von jungen Frauen
beeinträchtigte und die Ausgabe der Pässe für Burmesinnen beschränkte. Doch konnte sie den
Trend kaum stoppen. Auf Staatsebene wollen die Länder der Mekong-Region - Thailand,
Kambodscha, Burma, Laos, Vietnam, China - den Menschenhandel eindämmen. Ein Abkommen
zur Bekämpfung des Menschenhandels in der Region soll abgeschlossen werden. Erst im Januar
flog ein Menschenhändlerring in Südchina auf, der mit Babys u.a. aus Burma handelte, die
teilweise noch keine Woche alt waren. Doch die Vereinten Nationen beklagen, dass noch immer
nicht genug getan werde, um das Problem zu lösen. Die geplante Öffnung der Grenzen in der
Region - zur Erleichterung des Warenverkehrs und der Bewegungsfreiheit von Personen - wird
auch dem Menschenhandel weiter Vorschub leisten. Die ehrgeizige Erschließung der MekongRegion für den Tourismus wird die Probleme eher verschärfen als beheben.
(5.938 Anschläge, 68 Zeilen, März 2005)
TW 38 (3/2005)
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Illegale Trophäenjagden in Uganda
Deutscher Reiseveranstalter bietet Abschüsse selbst in Schutzgebieten an
Der deutsche Jagdreiseveranstalter CS Jagdkontor vertreibt ohne Genehmigung Ugandas über
einen ugandischen Ableger Jagdreisen. Bis zu 2.400 US Dollar kostet in dem ostafrikanischen
Land der Abschuss von Kaffernbüffel, Pavian oder seltenen Antilopen. Viele Arten sind in der
Internationalen Roten Liste als bedroht eingestuft, einige sogar international geschützt. Der
Abschuss erfolgt zum Teil sogar in Reservaten und Nationalparks. Pro Wildlife hat die
Artenschutzbehörden in Deutschland und der EU alarmiert: "Die Einfuhr illegaler Jagdtrophäen
muss verhindert werden. Dann fehlt den Hobbyjägern der Anreiz, solche Reisen zu buchen!",
betont Daniela Freyer, Artenschutzexpertin der Münchener Organisation.
Auch die ugandische Artenschutzbehörde selbst warnt auf ihrer Homepage vor dem illegalen
Jagdangebot von "Uganda Savannah Hunting", dem Ableger einer deutschen Jagdreiseagentur:
"Die Uganda Wildlife Authority möchte die Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft vor
Geschäften mit der Firma Uganda Savannah Hunting warnen, die behauptet, Safari-Jagden in
Uganda zu organisieren... Die Uganda Wildlife Behörde stellt kategorisch klar, dass sie zu keiner
Zeit Jagdlizenzen an Uganda Savannah Hunting erteilt hat." Der Jagdreiseveranstalter habe
zudem nie einen Genehmigungsantrag gestellt. Die ugandische Regierung betont weiter, dass die
Jagd in Wildschutzgebieten und Nationalparks generell verboten sei, da sie manche Arten in den
70er und 80er Jahren an den Rand der Ausrottung brachte.
Recherchen von Pro Wildlife ergaben, dass sich hinter Uganda Savannah Hunting der deutsche
Jagdreiseveranstalter CS Jagdkontor verbirgt. "Mitbesitzer dieser in Ostbevern (NordrheinWestfalen) ansässigen Firma ist Christian Weth, der gleichzeitig auch Direktor der Uganda
Savannah Hunting ist". CS Jagdkontor biete auch in anderen Ländern (z.B. Kamerun und
Tansania) Jagdreisen an, z.B. auf Elefant, Leopard oder Löwe.
Die Liste der von CS-Jagdkontor in Uganda zum Abschuss angebotenen Tiere ist lang und
umfasst zahlreiche bedrohte Arten wie Sitatunga (Sumpfantilope), Kaffernbüffel, Leier- und
Grasantilope oder großer Kudu. Vor allem für Jagdreiseanbieter ist die Großwildjagd ein lukratives
Geschäft: CS-Jagdkontor verlangt für eine Jagdreise in Uganda zwischen 6.000 und 27.300 Dollar.
Pro Abschuss werden zusätzliche Kosten fällig. Selbst vor geschützten Arten, wie Pavian,
Wüstenluchs, Nilpferd oder Krokodil (geschützt in Anhang B der EU-Artenschutzverordnung bzw.
Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens), macht das Angebot nicht halt.
Das Anbieten und der internationale Transfer von Trophäen dieser Arten ist ohne die
Genehmigung Ugandas illegal. "Bei der Suche nach dem ultimativen Jagd-Kick auf neue Arten in
immer neuen Ländern sind Veranstalter und Trophäenjäger oft völlig skrupellos", so Pro Wildlife.
www.prowildlife.de
(2.850 Anschläge, 33 Zeilen, März 2005)
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Mangroven statt Touristen und Garnelen
Die unnatürliche Naturkatastrophe
Von Norbert Suchanek
Über 300.000 Menschen starben am 26. Dezember des vergangenen Jahres durch die große
Flutwelle in Süd- und Südost-Asien. Auch etwa 3.500 Touristen waren unter den Todesopfern, vor
allem in Thailand. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Profiteure des Massentourismus, ihre
hörigen Spitzenpolitiker und thailändische Bordellbesitzer für eine schnelle Wiederaufnahme des
Tourismusgeschäfts plädieren und dazu aufrufen, jetzt erst recht nach Thailand zu reisen, um mit
den
Tourismuseinnahmen
den
Wiederaufbau
mitzufinanzieren.
Doch
viele
betroffene
Einheimische, Wissenschaftler und Umweltschützer sehen dies anders: Die vom Tsunami
zerstörten Regionen brauchen kein rasches Wiederaufleben des Massentourismus, sondern neue
Mangrovenwälder.
"Urlaubsreisen in das Katastrophengebiet sind die beste Aufbauhilfe", diktierte der CDUHaushalts-Experte Albrecht Feibel im Januar der Bildzeitung und setzte noch eins drauf, indem er
eine Steuerbefreiung deutscher Südostasien-Urlauber vorschlug. Doch dieser Vorschlag ist
genauso kurzsichtig und von Profitinteressen der Tourismusindustrie geleitet, wie die Meinung des
Präsidenten des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes (DRV). Würden die
Reiseländer nach der verheerenden Flutkatastrophe jetzt auch noch von den Touristen
geschnitten, so Klaus Laepple, wäre dies ein zweiter katastrophaler Schlag für die Bevölkerung.
Tatsächlich ist es aber genau anders herum.
Viele der vom Tsunami betroffenen Fischerfamilien seien bereits Opfer einer katastrophalen
Küstenentwicklung gewesen, lange bevor die Killerwelle zuschlug, so die Tourismusexpertin Anita
Pleumarom vom Tourism Investigation & Monitoring Team (tim-team) in Bangkok. Natürlich
stünden viele tausend Thailänder nun vor dem Risiko, ihre Jobs im Gastgewerbe dauerhaft zu
verlieren, weshalb es wichtig sei, ihnen zu helfen, so Anita Pleumaron. "Aber es muss darauf
hingewiesen werden, dass es noch viel mehr von der Flutkatastrophe betroffene Menschen gibt,
die in der Fischerei und anderen Branchen gearbeitet haben." Und viele seien erst durch die
Tourismusentwicklung verarmt und an den Rand geschoben worden. An "Traumstrände" geklotzte
Touristenressorts mit Süßwasser-Pools und Luxushotels mit Tennis- und Golfplätzen kreierten
zwar einige Billigjobs für Einheimische. Andere aber, die zuvor an diesen Stränden lebten und
durch Fischfang oder nachhaltige Nutzung der Mangrovenwälder ein Auskommen fanden, verlören
im Gegenzug mehr als nur einen Job. Sie verlören Haus und Hof, ihre Existenz und den Schutz
vor den Naturgewalten.
Tourismus verschlimmerte die Auswirkungen des Tsunami
Es
sei
wachsender
Konsens
unter
Wissenschaftlern,
Umweltschützern
und
Asiens
Fischergemeinden, so der Autor John Vidal in der britischen Tageszeitung The Guardian, dass die
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Auswirkungen des Tsunami durch Tourismus, Garnelenzuchtfarmen und andere industrielle
Entwicklungen erheblich verschlimmert wurden. Denn sie haben die Mangrovenwälder,
Küstendünen, Korallenriffe und Seegrasgebiete zerstört oder soweit degradiert, dass diese kaum
noch Schutz vor der großen Flutwelle bieten konnten.
Nicht
anders
sieht
es
Jeff
McNeely,
Südostasien-Experte
und
Wissenschaftler
der
Weltnaturschutzunion (IUCN). Die am schlimmsten verwüsteten Gebiete an Thailands AndamanKüste, vor allem Phuket, Phang Nga und die Krabi-Provinz, hatten als Folge einer rücksichtslosen
Küstenentwicklung keinen natürlichen Schutz mehr. Insgesamt wurden in den vergangenen dreißig
Jahren rund 80 Prozent der Mangrovenwälder an Thailands Ostküste zerstört, so John Pernetta,
Projektdirektor der Umweltbehörde der Vereinten Nationen (UNEP).
Mangroven sind Bäume mit Stelzwurzeln, die in der Gezeitenzone zwischen Meer und Land
gedeihen. "Sie sind extrem wichtig, weil sie eine effektive Barriere gegen jede Art von Welle
bilden", erklärt John Pernetta. "Mangroven nehmen den Wellen die Energie." Während der Wald
selbst von der Welle zu "Kleinholz" werde, schütze er das Land und die Gebäude dahinter, wie
beispielsweise in der Provinz Ranong. Dort noch vorhandene Mangrovengürtel schützten einige
der Fischerdörfer wie Tha Klang vor der Kraft der Killerwelle. Zwar haben auch dort die Fischer
ihre Boote verloren, aber keines ihrer Häuser. Dies bestätigt Maitree Duangsawasdi vom
thailändischen Ministerium für Meeres- und Küstenressourcen. "Die Mangroven in Ranong und
Phang Nga retteten Hunderten von Menschen das Leben."
Die Erfahrungen decken sich mit denen in den anderen betroffenen Ländern wie Indien (16.000
Tote) und Sri Lanka, wo etwa 45.000 Menschen starben. So meldete das Mangrove Action Project
(MAP) - ein Netzwerk von rund 400 Nichtregierungsorganisationen und über 250 Wissenschaftlern,
die sich in 60 Ländern mit dem Schutz und der Erforschung der Mangroven beschäftigen -, dass in
den überfluteten Gebieten von Pichavaram und Muthupet dichter Mangrovenwald zu geringen
menschlichen Verlusten und zu geringen Schäden an der Infrastruktur führte. "Gebiete mit
Mangroven hatten die geringsten Zerstörungen zu erleiden, wie auf den Andamanen oder NicobarInseln zum Beispiel, wo an vielen Stellen noch Mangrovenwälder und Korallenriffe intakt sind.
Wenn sie nicht da gewesen wären, hätte es viel schlimmer kommen können", ist sich der
Umweltschützer Debi Goenka von der Bombay Environmental Action Group sicher.
Aceh-Küste war übersät von Shrimp-Farmen
Auch in dem Land, das die meisten Flutopfer zu beklagen hat, trägt der Kahlschlag der Mangroven
eine beträchtliche Mitschuld an der Tragödie. Wie selbst der indonesische Forstminister Malam
Sambat Kaban zugeben musste, hat Indonesien nämlich in den vergangenen Jahrzehnten rund
650.000 Hektar seines grünen Schutzgürtels - 30 Prozent seiner gesamten Küstenwälder abgeholzt. Besonders betroffen von der Mangrovenvernichtung: Die Sumatra-Provinz Aceh, wo ein
Großteil der Küstenlinie schon vor dem Tsunami durch zahlreiche Shrimp-Farmen degradiert und
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TW 38 (3/2005)
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Sturmfluten schutzlos ausgeliefert war. Viele Menschen bezahlten am 26. Dezember für diesen
Umweltfrevel mit ihrem Leben.
Die einstige Mangrovenfläche Acehs wird auf 60.000 Hektar geschätzt, so Ben Brown, MAPKoordinator in Indonesien. Heute ist nur noch etwa ein Sechstel, 10.000 bis 12.500 Hektar, davon
übrig. Die meisten Küstenwälder der Provinz wurden Ende der 1980er Jahre vernichtet, um
Devisen bringende Garnelen-Zuchtteiche, so genannte Aquakulturen, und Ölpalm-Plantagen
anzulegen. Sowohl Palmöl als auch die Shrimps (Garnelen) sind in den Industriestaaten begehrte
Importwaren,
weshalb
deren
Produktion
auch
durch
Entwicklungsorganisationen
und
Kreditinstitute seit Jahren in möglichst vielen tropischen Staaten gefördert wurde. Schließlich ging
es darum, durch ein möglichst großes Angebot, die Preise so niedrig wie möglich zu halten. Die
auf Exporteinnahmen - für den Schuldendienst - angewiesenen Länder der "Dritten Welt" gerieten
damit in einen Abwärtsstrudel, der sie zwang, immer mehr Shrimps und noch mehr Palmöl zu
produzieren, was die Aufkäufer aus den Industriestaaten leidlich ausnutzten, um die Preise noch
weiter zu drücken.
Das Ergebnis dieser "Geiz ist Geil-Mentalität" europäischer, japanischer und US-amerikanischer
Konzernmanager und Konsumenten, denen intakte Ökosysteme und Küstenschutz in den fernen
Tropen offensichtlich gleichgültig sind, sieht man zum einen in jedem Supermarkt in Deutschland,
wo die tropischen Garnelen in allen Kühltruhen billigst auf Käufer warten, und zum anderen vor Ort
in den Flutkatastrophengebieten Südostasiens, wo Hunderttausende starben. Erst 2003 hatte
Indonesiens Ministerium für Fischerei in Nordsumatra bekannt gegeben, man wolle die ShrimpProduktion demnächst mehr als verzehnfachen, um mit dem größten Shrimp-Exporteur Asiens,
Thailand, zu konkurrieren, selbst wenn es die Abholzung von 800.000 Hektar Mangroven kosten
sollte - einem Drittel des restlichen Küstenwaldes Indonesiens.
"Die Konsumenten der Zuchtgarnelen in den reichen Nationen sind Schuld an der Vernichtung der
Mangrovenwälder und anderer Küstenpuffer, die so viele Menschen vor der Raserei des Tsunami
hätten schützen können", zieht der langjährige MAP-Direktor Alfredo Quarto nüchtern Bilanz. Doch
auch Regierungen, Shrimp- und Tourismusindustrie sowie Finanzinstitutionen wie die Weltbank
trügen eine Schuld an den Tausenden von Toten. Neben der so wichtigen Schutzfunktion stellen
diese einmaligen Waldökosysteme - wenn man sie denn intakt ließe – eine ebenso nachhaltig
sprudelnde Einkommens- und Jobquelle dar. Mangrovenwälder liefern nicht nur Waldprodukte wie
Honig, Holz, Tannin, Medizinpflanzen und Wildfleisch. Als wichtigste Kinderstube zahlreicher
Fischarten bringen sie der nachhaltigen Küstenfischerei auch bares Geld ein. Etwa 10.000 USDollar jährlich je Hektar, so schätzen die Experten des MAP. "Mangroven sind der Supermarkt für
die Menschen an der Küste", sagt der thailändische MAP-Mitbegründer Pisit Charnsnah.
Ein grüner Schutzgürtel wäre am sinnvollsten
Statt nun - wie die thailändische Regierung – den schnellstmöglichen Wiederaufbau des
Tourismusgeschäfts
und
der
Garnelenzuchtfarmen
anzukurbeln,
halten
Ökologen
die
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EED TourismWatch
Seite 16
Wiederherstellung des grünen Schutzgürtels für die langfristig sinnvollste Aufbaumaßnahme. Der
nächste tropische Wirbelsturm mit meterhohen Wellen, vielleicht auch der nächste Tsunami stehen
bereits in den Startlöchern. Einheimische Wissenschaftler wie Anuchat Poungsomlee von der
Universität Mahidol oder
Bancha Pongpanich, Koordinator des Gemeindeentwicklungsprojekts
von Pattana Chumchon Pen Suk in Thailand, sprechen sich dafür aus, die Flutkatastrophe für eine
Pause, eine Bedenkzeit zu nutzen. "Schneller Wiederaufbau könnte zu einer anderen Art von
Desaster führen", warnt Anuchat Poungsomlee. "Aus der Sicht eines Ökologen ist das Unglück
ein Signal, dass es Zeit ist für die Natur, sich auszuruhen." Die Regierung sollte nicht zu ihrer
Entwicklungsstrategie zurückkehren, die auf das schnelle Geld aus der Reiseindustrie fokussiert
ist.
Auch nach Ansicht der Tourismusexpertin Anita Pleumarom mache es einfach keinen Sinn mehr,
weiterhin auf dieses wankelmütige Geschäft namens Tourismus zu setzen. Die gebürtige
Deutsche: "In der Mitte von Tod, Verwüstung und Chaos, warum können die betroffenen
asiatischen Länder nicht wenigstens eine Pause vom Tourismus einlegen?" Jetzt nach der
Soforthilfe sei eine vollständige Bestandsaufnahme der mehrdimensionalen Auswirkungen und
Ursachen der Katastrophe notwendig. Ob der Tourismus eine richtige Wahl für den Wiederaufbau
darstellt, sollten dann die betroffenen, lokalen Gemeinschaften entscheiden - und nicht ferne
Zentralverwaltungen und Manager von außerhalb, die bereits jetzt mehr Schaden als Nutzen
angerichtet haben, indem sie eine Tourismusentwicklung um jeden Preis erzwangen.
Weitere Informationen:
tourism investigation & monitoring team (tim-team), P.O. Box 51, Chorakhebua, Bangkok 10230,
Thailand, [email protected], www.twnside.org.sg/tour.htm
Alfredo Quarto, Executive Director, Mangrove Action Project, PO Box 1854, Port Angeles,
WA
98362-0279,
USA,
Tel./Fax
001-360/452-5866,
[email protected],
www.earthisland.org/map/map.html
Phuket Action Plan, www.world-tourism.org
www.mangroverestoration.com, Ben Brown [email protected]
www.workers.org/ww/2005/tourism0113.php
(11.235 Anschläge, 135 Zeilen, März 2005)
Küstenabschnitte unbebaut lassen
Auch Klaus Töpfer, Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi,
plädiert dafür, Küstenabschnitte unbebaut zu lassen. "Gebäude und Straßen müssen außerhalb
dieser Gebiete gebaut werden, da sie ökologisch empfindlich und und gleichzeitig durch extreme
Wetterereignisse besonders gefährdet sind". Neueste Untersuchungen im Februar hätten gezeigt,
dass intakte Mangrovenwälder und Korallenriffe die Bevölkerung vor der Wucht der Wellen
schützen konnten. Bereits eine erste Schadenserhebung in Indonesien hatte im Januar ergeben,
dass die Umwelt stärker beschädigt worden sei als befürchtet. Neben Indonesien hätten die
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Malediven, Sri Lanka und Thailand um Unterstützung in verschiedenen Bereichen des
Umweltmanagements gebeten. Einzelheiten: www.unep.org
-tü-
(832 Anschläge, 9 Zeilen, März 2005)
Sextourismus, Alkohol und eine Atombombe
Bizarre Verschwörungstheorien über die Ursache des Tsunami
Von Ludmilla Tüting
Wie schon der Terroranschlag "Nine Eleven" in den USA regte auch der Tsunami die Fantasie von
Verschwörungstheoretikern und religiösen Fundamentalisten aller Glaubensrichtungen an. An der
Spitze der weltweiten Hitliste rangiert der Vorwurf, das sündige Treiben der Touristen habe die
"Strafe Gottes bzw. Allahs" herausgefordert. Ähnlich beliebt ist die bizarre Behauptung, ein
geheimer indisch-israelisch-amerikanischer Atomtest habe das Erdbeben vor der Küste
Indonesiens verursacht und somit den Tsunami ausgelöst. Vorwürfe islamistischer Prediger und
einiger deutschsprachiger "Verschwörungsexperten" trugen zudem deutlich antisemitische Züge.
Beispielsweise hätten - wie schon beim Anschlag auf das World Trade Center in New York Tausende Israelis den Unglücksort rechtzeitig verlassen und seien deshalb nicht betroffen
gewesen (in "Panorama", ARD, 27.1.2005).
Die F.A.Z. dokumentierte am 11.1.2005 einige "Erklärungsmuster", die das amerikanische "Middle
East Media Research Institute“ (Memri) aus dem Arabischen übersetzt hatte. Neben der jüdischindisch-amerikanischen Atombombe schossen sich radikale Prediger auf den sündigen Tourismus
ein. "Ihr habt wahrscheinlich alle von Bangkok gehört. Wir kennen es als weltweites Zentrum der
Korruption. Dort gibt es zionistische und amerikanische Investitionen...und Strände, die sie
Touristenparadiese nennen, während nur wenige Meter weiter die Einheimischen in einer Hölle auf
Erde leben. Die Stunde Null ist gekommen" (Aus einem Freitagsgebet im palästinensischen
Fernsehen). "Es geschah an Weihnachten, als sich unzüchtige und korrupte Menschen auf der
ganzen Welt in Unzucht und sexueller Perversion ergingen. Da geschah die Tragödie, erschlug sie
alle und zerstörte alles". (Ein Professor aus Beirut im arabischen Fernsehen). "Das Problem ist,
dass die Feiertage von verbotenen Dingen begleitet werden, von Unmoral, Scheußlichkeiten,
Ehebruch, Alkohol, betrunkenem Tanzen....Bauchtänzerinnen und Sänger...hüpfen von einem
Hotel zum anderen, vom Abend bis zum Morgengrauen...Auf der Höhe der Unmoral nahm Allah
Rache an diesen Kriminellen. Sie verbrachten, was sie Silvester nennen, in Ferienorten, Kneipen
und Hotels. Allah erschlug sie mit einem Erdbeben". (Saudischer Prediger im arabischen
Fernsehen).
Die arabische Zeitung "Attajdid" löste in Marokko eine Debatte aus. Der Tsunami sei nicht nur eine
Vergeltung Allahs für den Sextourismus gewesen, sondern zugleich eine Warnung an das
Königreich. Schließlich verdürben dort Prostitution, Homosexualität und der dadurch angezogene
TW 38 (3/2005)
EED TourismWatch
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Tourismus die guten Sitten. Sowohl die Regierung als auch einige Parteien und Medien kritisierten
die Behauptung laut F.A.Z. vom 21.2.2005 als "Beleidigung der Opfer".
In der "arte reportage" vom 19.1.2005 wurde ein Lehrer aus Aceh gezeigt, der seinen Schülern auf
der Tafel eine seltsame Theorie vorrechnete. Er versuchte, die Strafe Allahs durch Zahlen und
Datumskombinationen, vermischt mit Hinweisen auf den Koran zu belegen. Im Koran sage die
Sure 39 voraus, dass Aceh am 26.12.2004 von einem Tsunami überflutet werde. (Was nicht
zutrifft). Mehr wollte der Lehrer dem Fernsehteam nicht verraten.
Eine Reporterin der New York Times (17.1.2005) hatte in Sri Lanka Stimmen eingefangen.
Militante Buddhisten, die seit langem gegen christliche Singhalesen Stimmung machen und in der
jüngsten Vergangenheit mehrere Kirchen abfackelten, sagten, Christen seien für den Tsunami
verantwortlich. Auch einige Hindus vermuteten, dass Alkohol und Drogen am Strand, insbesondere
von Ausländern, die Götter erzürnten. Der Verzehr von Fleisch an Weihnachten könne ebenfalls
eine Rolle spielen.
(3.621 Anschläge, 41 Zeilen, März 2005
Ein Hotel packt an
Ayurveda-Ressort leistet praktische Aufbauhilfe im Süden Sri Lankas
Von Christina Kamp
Zwei Monate nach dem Tsunami hat an der Küste Sri Lankas der Wiederaufbau begonnen. Doch
viele Menschen sind immer noch in Flüchtlingszelten untergebracht. "Es ist wichtig, dass die
Leute so schnell wie möglich aus den ‚Relief Camps’ herauskommen", sagt Ranmali de Silva von
den "Barberyn Ayurvedic Resorts". Ein Team des Familienunternehmens arbeitet in Weligama mit
den Dorfbewohnern der Umgebung zusammen, um den Wiederaufbau zu unterstützen.
Die Ganzheitlichkeit der ayurvedischen Lehre, die die beiden Barberyn-Hotels an der Süd- und
Westküste Sri Lankas prägt, schlägt sich auch in den Aktivitäten nach dem Tsunami nieder. Wie
bereits nach den Einbrüchen im Tourismus nach dem 11. September 2001 steht das
Unternehmen zu seiner Personalverantwortung und hat laut Eigentümer Manik Rodrigo keinen
seiner 350 Mitarbeiter entlassen. Einige der Angestellten haben durch die Flutwellen Angehörige
und ihr Zuhause verloren. "Es wäre schlimm, wenn sie nun auch noch ihren Arbeitsplatz verlieren
würden. Viele Hotels in Beruwela haben ihre Mitarbeiter einfach entlassen", bedauert Manick
Rodrigo.
Er geht einen anderen Weg. Das Haus in Beruwela wurde selbst von den Wellen erfasst und zu
großen Teilen zerstört. Der Wille, wieder aufzubauen und schon die nächste Saison neu eröffnen
zu können, ist groß. Von morgens bis spät in die Nacht wird gesägt, gehämmert und Stein auf
EED TourismWatch
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Stein gesetzt. Keller, Reinigungspersonal und die Mitarbeiterinnen des "Health Centres"
übernehmen völlig neue Aufgaben. Aus den Trümmern der Bungalows haben sie alles noch
verwendbare Material gesammelt. Jedes Stück Holz, jeder Ziegelstein, der noch irgendwie
brauchbar ist, wurde zusammentragen. "Rund 25 Prozent der Substanz an Möbeln und
Gebäuden konnten wir so retten", sagt Manick Rodrigo. "Einige unserer Leute arbeiten zwei
Schichten."
Möglich wurde dies auch Dank der Initiative und Spendenbereitschaft vieler deutscher
Stammgäste, die einen stattlichen Euro-Betrag sammelten, um den Mitarbeitern, ihren Familien
und der Bevölkerung der beliebten Urlaubsregion zu helfen. Direkt nach den verheerenden
Flutwellen versorgte das Unternehmen die Flüchtlinge im nahegelegenen Tempel mit Essen aus
der Hotelküche. Doch wie in so vielen Orten an den süd- und südostasiatischen Küsten stellt sich
nun, Wochen nach dem Tsunami, die Frage: Wie können wir das Geld am sinnvollsten
einsetzen? Zum einen wurden die Basisgehälter der Angestellten aufgestockt, denn der
erfolgsabhängige Anteil an der Entlohnung fällt in diesen sonst so guten Monaten – der
Hauptsaison – völlig weg. Zum anderen helfen Management und Mitarbeiter der vom Tsunami
betroffenen Bevölkerung in den Dörfern.
Im Gegensatz zum "Barberyn Reef" blieb das "Barberyn Beach" Hotel in Weligama Dank der
günstigen Lage auf einem Kliff vom Tsunami verschont. Auch das nächstgelegene Dorf linker
Hand ist weitgehend intakt. Dennoch ist Hilfe dringend nötig. Die Fischer haben ihre Boote und
Netze verloren, und damit ihr Einkommen. "Wir arbeiten mit der Regierung zusammen, die erfasst,
was wo getan werden muss", sagt Manick Rodrigo. "Und wir berichten dann auch wieder an die
Regierung, wo wir wie geholfen haben". Das ist wichtig, um bedarfsgerecht zu helfen und
Doppelungen zu vermeiden.
Das Hotel-Team steht mit seiner Arbeit am Wiederaufbau vor völlig neuen Herausforderungen.
Ohne Erfahrung in der Dorfentwicklung können die Mitarbeiter die sinnvollste Hilfe nur in engem
Dialog mit den Menschen vor Ort ermitteln. So wurde in Jothi Koratuwa, dem nächstgelegenen Dorf
linker Hand, ein Gebäude für eine Vorschule errichtet - gebaut von den Fischern selbst, die von
Hotelmitarbeitern angeleitet werden, und deren Löhne für diese Arbeit aus den Spendengeldern
finanziert werden. So haben die Männer erst einmal Arbeit, und gleichzeitig entsteht ein
zukunftsfähiges
Projekt,
das
der
Dorfgemeinschaft
langfristig
hilft.
Es
schafft
wichtige
Voraussetzungen für die nächsten Schritte. "Denn die Frauen haben uns gesagt, dass auch sie
gerne arbeiten und etwas Geld verdienen möchten. Jetzt sind wir dabei, Einkommensmöglichkeiten
zu identifizieren und das nötige Training zu organisieren", sagt Ranmali de Silva. In einem ersten
Schritt haben die Frauen vom Barberyn Stoffe zur Verfügung gestellt bekommen, aus denen sie
kleine Handarbeiten anfertigen. Eine erste Testrunde zeigte schon beachtliche Potenziale, aber
auch den Trainingsbedarf: "Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis wir die Deckchen und
Servietten in unserem Laden verkaufen können." meint Ranmali de Silva. Aber die Frauen des
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Dorfes sind auf dem richtigen Weg. Wenn die Kinder tagsüber betreut sind, werden sie ein wenig
mehr Zeit haben, sich der Verbesserung ihrer Produkte zu widmen.
Eine andere Art der Hilfe brauchen die Dörfer rechter Hand des Hotels, in denen der Tsunami
große Zerstörung angerichtet hat. "Wir waren überrascht, dass einige Häuser sogar noch stehen",
sagt Ranmali de Silva. "Die Bausubstanz muss sehr gut sein. Doch die Toilettenhäuschen und
Küchen wurden von den Wellen meist völlig weggerissen." Um schnelle Hilfe zu leisten, ließ er in
Kadabeda Gama bereits eine ganze Reihe Küchen und Toilettenhäuschen neu errichten. Auch das
nächste Dorf hat um Hilfe gebeten. "Doch wir stehen vor einem Dilemma", sagt Ranmali de Silva.
"Die Regierung hat ein Gesetz eingeführt, das Gebäude innerhalb einer Zone von 100 Metern vom
Strand verbietet." In Denuwela, wie fast überall an der Küste Sri Lankas, liegen aber viele Häuser
innerhalb dieser Zone. "Wenn wir hier aufbauen helfen, geraten wir in Konflikt mit der Regierung",
befürchtet das Wiederaufbau-Team. So lange die Lage unklar ist, wurde deshalb beschlossen, erst
einmal den Familien zu helfen, deren Häuser mehr als 100 Meter vom Strand entfernt liegen. Was
das Ressort in Beruwela angeht, so wird auch dort, wie bei fast allen Hotels in dieser Gegend, die
Einhaltung der Schutzzone eine Illusion bleiben. Denn die Arbeitsplätze und Steuereinnahmen
durch den Tourismus werden für die Regierung letztlich den Ausschlag geben – und Touristen
suchen eben die Nähe zum Strand.
(6.048 Anschläge, 70 Zeilen, März 2005)
Katastrophen-Tourismus in Sri Lanka
Die Stelle, an der ein fahrender Zug am 26. Dezember von der Flutwelle erfaßt wurde, entwickelt
sich in Sri Lanka zu einem touristischen "Hot Spot". Vor allem einheimische Besucher und
asiatische Touristen ziehe es am Wochenende nach Peraliya, einem Dorf zwischen der Hauptstadt
Colombo und der südlich gelegenen Hafenstadt Galle, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters
am 27. Februar. Etwa 1.500 Passagiere und 400 Dorfbewohner kamen in der Wasserwalze um.
Drei zerstörte Wagons wurden als Mahnmal auf den alten Schienen stehen gelassen. Die
Überlebenden aus Peraliya sind geteilter Meinung. Einige finden Picknicks neben der Unfallstelle
"geschmacklos", andere nutzen die Gelegenheit, um als fliegende Händler Eiskrem, Getränke und
Lotterie-Lose zu verkaufen.
-tü(764 Anschläge, 9 Zeilen, März 2005)
44 Nationen vom Tsunami am 26.Dezember 2004 betroffen
Die meisten Touristen stammen aus Deutschland
Genaue Opferzahlen werden sich wohl nie ermitteln lassen. Fest steht jedoch, dass Menschen aus
44 Ländern ihr Leben verloren, von Argentinien über Japan und Südafrika bis Europa und
Nordamerika. Davon sind 11 Länder direkt von der Killerwelle betroffen. Die mit Abstand höchste
Zahl der Toten und Vermissten hat Indonesien zu beklagen, wobei die Angaben - je nach dem ob
sie vom Gesundheits- oder Sozialministerium stammen - zwischen rd. 135.000 und 236.000
schwanken. Sri Lanka rechnet mit rd. 45.000 Opfern (auch hier gibt es eine Diskrepanz zwischen
dem Ministerium für öffentliche Sicherheit und dem Zentrum für Nationales
Katastrophenmanagement), Indien mit 16.000. In Thailand kamen offiziell 9.700 Menschen um,
wobei lt. BBC allerdings bis zu 3000 Burmesen unter den Tisch fallen. Viele hätten illegal im Süden
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des Landes gearbeitet. Überlebende versteckten sich nach der Flut im Dschungel und erhielten so
gut wie keine Hilfe. Die Behörden hatten eine Hatz auf sie begonnen, nachdem örtliche Zeitungen
behaupteten, vor allem Burmesen seien an Plünderungen beteiligt gewesen - zu Unrecht, wie sich
später herausstellte. Bemühungen, sie zu identifizieren, gebe es nicht. Burma selbst gibt 90 Tote
im eigenen Land an. Die Malediven verzeichnen 136 Tote und Vermisste, Malaysia beklagt 68
Tote, Somalia 298, Tanzania 10.
Unter den Touristen betraf es die Deutschen am stärksten. 609 kamen bis Redaktionsschluss nicht
aus dem Urlaub zurück: 107 konnten identifiziert werden, 502 sind noch vermisst. Die Gesamtzahl
der schwedischen Toten und Vermissten beträgt nach Angaben der Schwedischen Botschaft in
Berlin 552 (davon 113 identifiziert). Die Schweiz beklagt 136 Tote und Vermisste, Österreich 107.
Insgesamt beträgt die Zahl der Flutopfer wahrscheinlich rund 300.000.
-tü(1.750 Anschläge, 20 Zeilen, März 2005)
Bücher
Tourismuspolitik - Einblicke in komplizierte Netzwerke
Ähnlich wie in der Politikwissenschaft ist Tourismuspolitik in den Ausbildungsgängen angehender
Touristiker kaum vorhanden. Das ist um so erstaunlicher, da gerade der Tourismus in der
Weltpolitik und -wirtschaft eine höchst gewichtige Rolle spielt. Mit seinem Lehrbuch
"Tourismuspolitik" schließt Jörn Mundt diese weit klaffende Lücke in der akademischen
Tourismusausbildung. Gleichzeitig versucht er, den Blick für die Brisanz des Themas zu schärfen
und vermittelt einen "Einblick in ein bislang kaum bearbeitetes Forschungsfeld, das aufgrund
seiner umfassenden Netzwerkstruktur spannende Möglichkeiten für internationale policy-networkAnalysen" biete. "Tourismus ist, auch wenn es in freiheitlichen Staaten auf den ersten Blick nicht
auffällt,
hoch
politisch",
schreibt
der
Professor,
Leiter
des
Studiengangs
Tourismusbetriebswirtschaft der Berufsakademie Ravensburg. Schon der zweite Blick aber zeige,
dass Tourismus eng mit der Politik verflochten sei: "Kommunale Tourismusstellen, regionale
Tourismusverbände, nationale Tourismusorganisationen - sie alle verdanken ihre Existenz
politischen Entscheidungen. Entsprechend sind auch ihre strategischen und operativen
Handlungsspielräume politisch bestimmt". Wer mit entscheiden will, muss die Strukturen von
Macht und Interessengruppen kennen und durchschauen. Auch private Tourismusunternehmen
bewegten sich mehr oder weniger direkt im politischen Raum. Vor dem Hintergrund weltweiter
Verflechtungen sei es kein Nachteil, über den Tellerrand des eigenen Landes hinauszuschauen.
"Deshalb und weil der Rückblick auf die heimischen Verhältnisse dann vieles deutlicher werden
läßt", versammelt der Autor in seinem spannenden Buch auch viele Beispiele und Analysen aus
anderen Ländern. Weniger berücksichtigt wurden im entwicklungs- und umweltpolitischen Teil
leider Thesen und Ausführungen bekannter deutschsprachiger Tourismuskritiker. Im Gegenzug
bietet er ein breites Spektrum englischsprachiger Autorenmeinungen und Zitate an.
Das Buch ist der Versuch, ein hochpolitisches Thema weitgehend ohne Polemik, Polarisierung
oder politisch eindeutige Haltung zu analysieren, was nicht immer möglich ist. Dennoch versucht
der Autor, unterschiedliche Standpunkte, Verflechtungstendenzen, Machtkonzentrationen und
Interessenlagen zu vielen brisanten Themen aufzuzeigen. Aktuell sei es insbesondere denjenigen
empfohlen, die am Wiederaufbau des Tourismus nach dem Tsunami in Asien beteiligt sind.
"Tourismuspolitik" ist ein akademisches Grundlagenwerk, das Zusammenhänge aufzeigt, ohne
Konsequenzen zu kritisieren. Die Lektüre kann daher durchaus an manchen Stellen durch kritische
Lesebücher ergänzt werden.
Claudia Brözel, Ludmilla Tüting
Mundt, Jörn W.: Tourismuspolitik, Oldenbourg Verlag, München/Wien 2004, 462 S., ISBN 3486-27556-9. Das erste Kapitel kann als Leseprobe heruntergeladen werden:
www.oldenbourg.de/verlag
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Jörn Mundt war mit der positiven Besprechung des Buches "Das Urlaubskartell", vgl.
TourismWatch Nr. 37, überhaupt nicht einverstanden. Wir baten ihn um eine zusätzliche
Rezension aus seiner Feder:
Urlaubskartell?
Schon der Titel des Buches enthält eine Unterstellung. Er setzt nämlich die Existenz eines
Zusammenschlusses von Großunternehmen voraus, das den Wettbewerb auf dem Reisemarkt
aushebelt. Um es gleich vorwegzunehmen: Den Beweis dafür bleibt Rüdiger Liedtke uns schuldig.
Beweise und Belege sind generell die Sache des Autors nicht. Gleich auf der ersten Seite
behauptet er ohne Beleg, sechs Großveranstalter beherrschten über 85 Prozent des deutschen
Marktes. Nach mehrfachen Wiederholungen rückt er erst auf S. 66 seine Datenquelle heraus: Es
ist, wie vermutet, die Dokumentation "Deutsche Veranstalter 2001" der deutschen Fachzeitschrift
FVW, die ganze fünfzig (!) von den ca. 2.000 deutschen Reiseveranstaltern erfasst. Einem Autor,
der vorgibt, sich kritisch mit dem Reisemarkt auseinandersetzen, hätte ein solcher Lapsus nicht
passieren dürfen. Aber auch begriffliche Genauigkeit ist ihm fremd. Er setzt "die Reisebranche"
durchgängig mit dem Veranstaltermarkt gleich und lässt so den Eindruck entstehen, als
dominierten die Konzernreiseveranstalter den gesamten Reisemarkt. Dass die Mehrheit der
Urlaubsreisen in Deutschland individuell organisiert sind, wird damit ebenso ignoriert wie fast der
gesamte Busreisemarkt, auf dem die großen Veranstalter kaum eine Rolle spielen. Dazu kommen
weitere Begriffsverwirrungen und Ungenauigkeiten, die an der Recherchefähigkeit des Autors
zweifeln lassen. Unangebracht polemische Formulierungen lassen zudem auf ein Feindbild des
Autors schließen, das offensichtlich auch bei der Formulierung Pate gestanden hat, nach der "die
drei großen deutschen Reisekonzerne … in teilweise neureicher Attitüde die wichtigsten
Absatzmärkte in Europa … okkupiert" haben (S. 73). Schlampigkeiten, Wiederholungen und
terminologische Kapriolen verstellen nicht nur den Blick auf ein in der Tat interessantes Thema,
sondern machen weitgehend noch das Wenige zunichte, was der Autor mit seinen Recherchen zu
diesem Buch zutage gefördert hat. Damit bleibt eine ernstzunehmende und für ein großes
Publikum geschriebene kritische Auseinandersetzung mit den Entwicklungen auf dem Reisemarkt
weiterhin ein Desiderat.
Jörn W. Mundt
Rüdiger Liedtke: Das Urlaubs Kartell. Der Reisemarkt im Griff der Konzerne. Frankfurt am
Main 2002, Eichborn Verlag, 167 Seiten, ISBN 3-8218-3911-2
Neue SympathieMagazine
Erneut sind beim "Studienkreis für Tourismus und Entwicklung" in Ammerland drei
SympathieMagazine erschienen, Einzelheiten: www.sympathiemagazin.de
"Globalisierung verstehen", Redaktion: Uwe Birnstein, Daniela Prüter,
"Indien verstehen", Redaktion: Rainer Hörig, Pune/Indien,
"Mexiko verstehen", Redaktion: Susanne Asal, Sandra Weiss,
"Jordanien verstehen", Redaktion: Martina Sabra.
(Das Heft wird auf der ITB im Beisein der Autorin vorgestellt, s. Veranstaltungshinweis auf Seite 3)
Tagungen
Interkulturelle Kompetenz im Tourismus
Reisen in islamisch geprägte Länder - Chancen in schwierigen Zeiten
Am 27. und 28. Juni 2005 in der Evangelischen Akademie Tutzing, Starnberger See.
Veranstalter: Evangelische Akademie Tutzing, Studienkreis für Tourismus und Entwicklung,
InWent. Information und Anmeldung:
Susanne Satzger, Tel. 08158/251-126, [email protected]
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Träume und Wirklichkeiten: Fakten, Trends und Paradoxien in Freizeit und Tourismus Kooperation zwischen Freizeitwissenschaft und -wirtschaft
Europäische Gesellschaft für Freizeit (European Leisure and Recreation Association/ELRA), an
der Hochschule Bremen. 16. - 18. Juni 2005.
Der 13. ELRA-Kongress versteht sich als Forum für Freizeitwissenschaftler, Politiker, Planer und
Anbieter von Freizeitdienstleistungen. Geboten werden Symposien, Workshops und die
Besichtigung von Freizeitparks in Bremen. Der Kongress möchte zu Nachdenklichkeit und
verantwortungsbewusstem Handeln anregen.
Kontakt: Prof. Dr. Jürgen Klimpel, 13. ELRA-Kongress, c/o Hochschule Bremen, Neustadtswall 30,
28199 Bremen. Tel. 0421/5905-2758/-2750, Fax -2753, [email protected]
Umwelt-Werkstatt: Ein Thema kehrt zurück - Waldsterben im Klimawandel
Ursachen und Folgen am Beispiel Alpen und Himalaya. Theorie und Praxis mit Exkursion und
Naturschutzaktion. (Als Bildungsurlaub anerkannt).
12. bis 19. Juni 2005 in Unterjoch, Allgäu.
Veranstalter: Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW), Umwelt-Werkstatt, Hedemannstr. 14,
10969 Berlin, Fax 030/259 40811, www.aswnet.de/Mitmachen
Weltsozialforum 2005, Porto Alegre, Brasilien
Solidarity with the Victims of the Tsunami in the Indian Ocean
Solidarity in Tourism?
A Call for Action
The killer waves of 26th December 2004 in the Indian ocean regions left a trail of
devastation with over 220.000 people dead, (many of these children and women),
more than half a million people injured and five million homeless. Coastal stretches of
Indonesia, Sri Lanka, India (including the Andaman and Nicobar Islands), Thailand,
Maldives, and East Africa have suffered. The livelihoods of millions of fisher folk,
farmers and their families in the coastal regions were wiped out in a matter of
minutes. People are traumatised, trying to cope with the shock of loss of their loved
ones, the loss of virtually everything they owned and faced with the painful prospect
of rebuilding their lives from the wreckage.
The extent of destruction caused by the Tsunami is incalculable and comprehensive
assessments of the losses - economic, social, ecological, and psychological have yet to
be completed. While relief operations are mostly in place, it has yet to reach many
communities and people in an equitable manner. While unprecedented amounts of aid
are pouring in, now, more than ever, in their hour of greatest need, the peoples of the
South must be heeded in their long-standing demand for debt cancellation.
The world and popular media has also highlighted the devastation of several ‘paradise
destinations’ once frequented by holiday-makers. We need to recognise that this
disaster has rendered workers and communities, dependent on travel and tourism,
virtually destitute. There are persistent calls to hurriedly re-establish tourism
infrastructure, especially in those countries that strongly depend on tourism. The
tourism industry is calling for international solidarity while tourists in Western
countries have abandoned the people that once served them in better times.
This raises the question:
‘What does solidarity in tourism mean at this point in time?’
There is need to urgently put in place mid and long-term reconstruction plans based
on people’s aspirations to rebuild livelihoods, while, at the same time, to be able to
live in safety and security. This should include restoration of mangrove forests and
other coastal ecosystems, which in the past have protected these coastal regions from
storms and waves. In fact, mangrove forests which remained, have protected people
and their property from this Tsunami, whereas areas where the mangroves had been
cleared for `development` have shown huge losses of life and damage to property.
Such unsustainable industries including tourism stand out as primary causes of
mangrove loss. These developments particularly the violations of coastal zone
regulations have been protested by groups and peoples concerned with the protection
of coastal ecology and sustainable livelihoods, and we call upon governments to pay
serious attention to the consequences of such impunity.
We are also concerned with the reports of some government’s plans for “permanent
relocation and rehabilitation of affected persons.” The apprehension that governments
are planning to `use` this natural calamity to ‘clean the beaches’ and make them
available for tourism and big fishing businesses, is not misplaced.
In line with this, we, the participants of the World Social Forum 2005, call upon
people, NGOs, civil society groups, trade unions, aid agencies, relief agencies and
development organisations, the media, the tourism industry and tourists,
governments, the UN and its relevant agencies to:
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2
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6
Work towards just and transparent conditions in international cooperation,
comprehensive debt cancellation, as preconditions for sustainable development.
Establish comprehensive and authenticated information on the situation and the
needs of people particularly in the non-tourist areas and to begin assisting them
as required.
Ensure and encourage the central role and participation of local peoples and
civil society in the rebuilding efforts.
Restore the natural barrier or ‘greenbelt’ around coastal areas that are now
vulnerable to future storms and tsunamis. Towards this objective we would
endorse sustainable hydrological restoration of mangrove forests areas and
protection of coral reefs.
In areas dependent on tourism, not to focus an area only as a ’tourism
destination’ but on the people most urgently in need of aid; not to support the
hasty reconstruction of tourism infrastructure in the areas dependent on
tourism, but to observe, in every project, strict and clear criteria of
environmentally friendly, socially responsible and participatory tourism, with a
view to an overall sustainable development that benefits the whole population.
To set up mechanisms and processes of disaster warning and management
systems in areas that are vulnerable and to pay special attention to phenomena
such as the trafficking of women and children that are often outcomes of such
disasters
31st January, 2005
Members of the Global Tourism Interventions Forum (GTIF)
Organizers of the Tourism Interventions at the World Social Forum 2005, Porto Alegre
EQUATIONS (India)
Ecumenical Coalition on Tourism – ECOT (Hong Kong)
EED - Tourism Watch (Germany)
Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung (AKTE), Switzerland
Instituto Terramar (Brazil)
Brazilian Forum of NGOs and Social Movements for Environment and Development
(Brazil)
Afrika
frankophon
anglophon
Aufbruch und Niedergang
• Kenia auf Reformkurs
• Abgenabelt von Paris
• Kongo:
Was die Hydra füttert
• Jugend:
Die Geister die ich rief
• Beten gegen Mugabe
• Côte d’lvoire:
Tücken der Einmischung
Als „Afrika-Paket“
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Herausgegeben vom Evangelischen
Entwicklungsdienst und von
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Brot für die Welt
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20354 Hamburg
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17:20
Seite 2
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EED TOURISM WATCH
Reisen in Entwicklungsländer bieten vielfältige Begegnungen
mit Menschen in den Ländern des Südens. Der EED engagiert sich
gemeinsam mit ökumenischen Partnern für eine nachhaltige,
sozialverantwortliche und umweltverträgliche Tourismusentwicklung.
Dies geschieht vor allem durch
Sensibilisierung von Touristen und Touristinnen
Qualifizierung kirchlicher Reiseangebote
Engagement für Menschenrechte und soziale Standards
Dialog mit der Tourismusindustrie
Zusammenarbeit mit Medien und politischen
Entscheidungsträgern
Förderung von Alternativen im Tourismus
Veröffentlichung des TourismWatch –
Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus