Der frühe Vogel fängt den Wurm! - NET
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Der frühe Vogel fängt den Wurm! - NET
K O M M U N I K AT I O N S M A N A G E M E N T Der frühe Vogel fängt den Wurm! Neue Geschäftsmöglichkeiten für Provider mit Parlay/OSA Marc Kahabka In den Diskussionen um das Netz der nächsten Generation kommt die Diensterealisierung oft zu kurz. Mit der Spezifikation Parlay/OSA eröffnen sich nunmehr aber Chancen für neue, verlockende Geschäftsmöglichkeiten. Die Innovationsführer unter den Betreibern – etwa Telecom Italia, British Telecom, O2 und H3G – haben dies bereits erkannt und nutzen Parlay/OSA. Und diejenigen, die als erste in die Parlay/OSA-Welt investieren, könnten schnell einen vielleicht uneinholbaren Vorsprung hinsichtlich eines überlegenen Diensteportfolios erlangen. Das ungekürzte Manuskript des Beitrags steht Ihnen im Internet zum Download bereit unter www.NET-im-web.de/pdf/Kahab ka Parlay/OSA.pdf Marc Kahabka ist als Market Segment Manager bei der Marconi Communications GmbH für Next Generation Networks zuständig NET 3/05 Bislang wurde das Realisieren von Mehrwertdiensten auf Service Control Points (SCP), also auf intelligenten Netzplattformen (Intelligent Networks – IN), für jedes Netz getrennt vollzogen. Das Einführen einer solchen INServerplattform war nicht trivial, die Schnittstellen meist proprietär und die Integration aufwendig. Gerade kleinere Netzbetreiber entschlossen sich oft aus diesen Gründen dazu, keine weitere IN-Plattform zu integrieren, da der Aufwand gescheut wurde. Im Bereich der Vermittlungstechnik wurde deshalb oft auf die Lösungen des Vermittlungsstellenherstellers zurückgegriffen, um den Interoperabilitätsärger klein zu halten. Eine Folge dieser Entwicklung war die völlige „Dienstesynergiefreiheit“ zwischen den einzelnen Netzdomänen. Im Zuge der Einführung von konvergenten Netzen der nächsten Generation (Next Generation Networks – NGN) hat sich die Situation jedoch geändert. Das Internet-Protokoll (Internet Protocol – IP) stellt die gemeinsame Plattform dar und ermöglicht somit eine deutlich bessere Interoperabilität nicht nur von Diensten in Richtung Endkunde, sondern auch bei der Einführung von neuen IN-Plattformen in ein öffentliches TK-Netz. Nichtsdestotrotz ist IP aus technischer Sicht ein einfaches Medium zum Transport und zur Lenkung von Daten – es hat mit einem Dienst als solchem grundsätzlich nichts zu tun. Die Schnittstellen zu neuen IN-Plattformen nutzen wie auch in der Vergangenheit höhere Protokollschichten, die im Falle einer Netzintegration aneinander angepaßt werden müssen. Da jeder IN-Hersteller stets versucht, neue gewinnbringende Dienste zu vermarkten, werden und wurden oft proprietäre Protokolle verwendet, die sich nicht in einer x-beliebigen Infrastruktur nutzen lassen. Dies erschwert dem Service Provider die Ein- führung neuer Plattformen und Dienste ganz erheblich. Somit mußte eine einheitliche Schnittstelle für intelligente Diensteplattformen her, so etwas Ähnliches wie CORBA für das Netzmanagement. Der neue Standard hierzu heißt Parlay/OSA. Der Name entstand aus dem Zusammenschluß der Arbeitsgruppen Parlay Group und Open Service Access. Was man für Parlay/OSA braucht Zum einen werden Serverplattformen benötigt, auf denen die neuen Dienste in Software abgebildet werden können, sog. Application Server. Diese können von den klassischen Lieferanten der IN-Welt kommen, aber wir werden hier zukünftig auch neue Spieler aus der Internet-Society sehen. Zum anderen sind es die existierenden Diensteplattformen, die integriert werden müssen. Hier merkt der aufmerksame Leser, daß zwischen diesen zwei Welten ein Lücke klafft, die es zu schließen gilt. Genau das ist die Aufgabe eines Application Mediation Gateways (AMG). Es agiert als Vermittler zwischen diesen Welten und öffnet mittels Bereitstellung einer standardisierten Schnittstelle das TK-Netz eines Betreibers für Drittanbieter von Telekommunikationsdiensten. Zu den Grundfunktionen eines AMG gehören: • Teilnehmerregistrierung; • Teilnehmerauthentifizierung; • Umsetzung der IN-Protokolle zu Telekommunikationsnetzen (INAP, CAMEL, SIP usw.); • Aktivieren von Diensten auf mehreren Application Servern; • Gatekeeper-Funktionalität zur Authentifizierung und Steuerung der Dienstenutzung. Wichtige Komponenten im Parlay/OSA-Umfeld eines TK-Netzbetreibers sind: 11 Der frühe Vogel fängt den Wurm! • Parlay Application Server; hier sind die Dienste realisiert (könnte auch komplett an Drittanbieter ausgelagert bzw. für Drittanbieter gehostet werden); • VoiceXML Server; ermöglicht Internetnavigation durch Sprachbefehle; • traditionelle IN-Funktionalitäten (Service Logic Programs – SLP); • Serverplattform; • Multiserviceswitche als Transportplattform. Alle eingesetzten Komponenten einer Parlay/OSA-Lösung sollten wie üblich sog. Carrier-Class-Attribute besitzen, das heißt, sie sollten standardisierte Schnittstellen unterstützen, eine hohe Verfügbarkeit garantieren und ordentliche OAM-Funktionalitäten (Operation Administration and Maintenance) gewährleisten, da ansonsten die Gefahr besteht, die vermeintlichen Einsparungen im CAPEX mit dem OPEX teuer zurückzahlen zu müssen. Was Parlay/OSA bringt Mit der Einführung von Parlay/OSASchnittstellen kann der Netzbetreiber sein Netz bezüglich der Dienste für Drittanbieter öffnen. Das gilt nicht nur für ein spezielles Netz oder für eine spezielle Diensteplattform, sondern es ist technologieübergreifend und herstellerunabhängig. Somit kann der Netzbetreiber die Diensteintelligenz an Fremdanbieter (ASPs, ISPs o.ä.) outsourcen. Vorteile sind: • Die Entkopplung des Netzbetriebs von der Diensteschicht schafft Kostentransparenz im OPEX. • Netzbetreiber können den Erfolg einzelner Dienste(pakete) wirtschaftlich besser beurteilen. • Durch Partnerschaften mit Diensteanbietern können Netzbetreiber ihr Leistungsportfolio erweitern und somit attraktiver gestalten. • Es entstehen neue Geschäftsfelder und somit neue Umsatzpotentiale. • Die Einführung neuer Dienste geht schneller, günstiger und reibungsloser vonstatten. • Netzbetreiber mit eigener Softwareentwicklung können Dienste an andere Netzbetreiber verkaufen. Parlay/OSA-Schnittstellen ermöglichen einen geregelten und kontrol12 lierten Zugang für Diensteanbieter, dard, noch lange nicht durchspezifidie z.B. über das Internet, aber auch ziert. Dennoch gibt es bereits heute durch Festverbindungen, bei einem über einhundert Applikationen, die Parlay/OSA-fähigen Netzbetreiber ihre technisch realisierbar sind. Das ist eigenen Dienste vermarkten können. natürlich erst der Startschuß, schnell Es entsteht eine Win-Win-Situation: wird im Laufe der Zeit das Portfolio an Diensteanbieter profitieren von völlig Möglichkeiten wachsen. neuen Geschäftssegmenten, die ihnen bisher aufgrund fehlenden Kundenzugangs verwehrt blieben. Netzbetreiber können unterschiedlichste Dienste realisieren, die sie wegen fehlender Ressourcen oder Budgets nicht hätten anbieten können. Parlay/OSA könnte also als der Enabler hierfür in die Geschichte der Telekommunikation Der Parlay/OSA-Standard öffnet die Dienste- und Anwendungsschicht von bislang geschlossenen Netzdomänen für andere Anbieter eingehen. Zusätzlich bringt Parlay/OSA eine deutlich einfachere Was nach Parlay/OSA kommt Integration neuer Diensteserver mit sich, da das Adaptieren proprietärer Wie schon dargestellt, ist Parlay/OSA Schnittstellen und die Integration, wie das Vehikel der Dienstemigration in man es aus der alten TDM-VermittTelekommunikationsnetzen. Man belungstechnik kannte, entfallen. Gleichnötigt wenig Fantasie, um sich vorzeitig wird die Realisierung von neuen zustellen, daß in einer zukünftigen Diensten für NGNs durch SOAP- und Welt, in der es Bandbreite satt gibt, HTML-Schnittstellen erleichtert. das Wesentliche wieder in den Vordergrund rückt. In der Vergangenheit und auch heute noch mußten sowohl Was zu beachten ist Endanwender als auch DiensteanbieMit den neuen Möglichkeiten der Parter mit technischen Restriktionen lelay/OSA-Technik vor Augen, sollte jeben. Diese waren hauptsächlich durch doch die Komplexität der öffentlichen fehlende Bandbreite begründet. Diese Netze nicht vergessen werden. Es Flaschenhälse werden langfristig im handelt sich in diesem Bereich nicht Rahmen von Fiber-to-the-Home-Rollum ein Heim-LAN, sondern um geouts und breitbandigen Funktechniwachsene Netze. Bei der Implemenken wie UMTS und IEEE 802.16 (Wimax) weitestgehend verschwinden. tierung einer solch hochkomplexen Die Applikation, also der Grund, warTechnik sollte man sich deshalb eher den etablierten Netzanbietern anverum man Telekommunikations- und trauen als einer trendigen SoftwarefirDatennetze überhaupt braucht, wird ma mit bunten Broschüren. Möge Parin den Fokus rücken. Die Grenzen zwischen Mobilfunk und Festnetz lay/OSA diensteseitig die Tore der Tewerden verschwimmen. Aus der Anlekommunikationsfestung auch aufwendersicht wird man schon bald schließen – das Fundament sollte man nicht mehr merken, ob man nun über nicht auf Sand bauen. ein Mobilfunk- oder Festnetz telefoParlay ist allerdings, wie manch andeniert. (we) rer neuer Telekommunikations-Stan- NET 3/05