Globetrotter in Sachen Bluesrock

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Globetrotter in Sachen Bluesrock
Niedergrafschaft | 11.12.2012
Globetrotter in Sachen Bluesrock
Paul Millns in Emlichheim
Bereits Stammgast in Emlichheim ist der aus dem englischen Norfolk stammende Bluespianist Paul
Millns. Er und seine Band setzten mit ihrem dritten Auftritt im Haus Ringerbrüggen den besinnlichen
Schlusspunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe „Konzept Kultur“.
Von Marcus Pfeifer - Emlichheim. Mit altbekannten und neuen Liedern gelang es Millns wieder
einmal, den Nerv des Publikums zu treffen. Und wer den englischen Text seiner oft von eher bitteren
Lebenserfahrungen erzählenden Liedern nicht verstand, der konnte sich umso stärker an den
ungemein eingängig vorgetragenen, lässig monotonen Bluesrhythmen ergötzen, mit denen er seine
Zuhörer ständig in einen Zustand gutgelaunter Beschwingtheit versetzte.
Es sind nicht gerade Lieder über ein beständiges, von Regelmäßigkeit geprägtes Leben, die Millns da
zum Besten gibt. Sie erzählen stattdessen vom Leben in Bars und im Rotlichtmilieu („Stuck in a Bar“),
oder in der „Distillery Street“. Letzteres setzt sich auf geradezu abgründig schwermütige Weise mit
den Folgen des Alkoholkonsums auseinander. Was Millns übrigens – wie schon bei den Konzerten
zuvor – nicht davon abhält, sich gelegentlich auch auf der Bühne selbst ein paar Schlückchen
erfrischenden Bieres zu gönnen, ohne dass dies sich in irgendeiner Weise auf seine Taktsicherheit
ausgewirkt hätte. Und bei dieser Gelegenheit gibt er dann auch gerne in einem gut verständlichen
englischen Plauderton ein paar launige oder bissige Pointen – etwa über britische Politiker – zum
Besten, die von seinem gesunden Sinn für Humor zeugen.
In „Undercover Man“ und „The Way of the World“ verbreitet Millns wiederum eine geballte Ladung
einer zutiefst skeptizistischen und fatalistischen Lebensphilosophie. Er stellt das Treiben der Welt als
irrational, betrügerisch und von ungerechten Zufällen geprägt dar, wobei man sich unheimlichen
Herren des Schicksals gegenüber zu beugen habe oder aber zerbreche.
Auf der anderen Seite gibt es in Millns Repertoire auch deutlich positive Lieder, etwa ein emphatisch
vorgetragenes musikalisches Dankeschön an alle, denen es auch angesichts der harten sozialen
Realitäten gelingt, sich immer wieder für ihre Menschen aufzuopfern oder einfach für sie da zu sein.
Ihnen widmete er den Song „World on your Shoulders“. Millns bietet auch gefühlvollvolle Hymnen auf
die sinnliche Liebe wie etwa „History of a Kiss“ oder „That Perfume“, das die Faszination eines Duftes
auf weiblicher Haut zu erfassen sucht, ein Lied angeregt durch Patrick Süskinds weltberühmten
Roman.
Auch stellt er anhand einzelner Titelhelden seiner Songs wie „City Boy“, „Slippery Sam“ oder „Happy
Go Lucky Joe“ vor, wie man positive Überlebensstrategien für den Alltag entwickeln könnte. Im
Zweifelsfall gelte es, die Verantwortung für alles Schiefgegangene auf andere abzuwälzen, wie er
humorvoll in „Blame it on You“ erklärt. Diese stimmungsvolleren und auch kämpferischeren Lieder
wurden mit entsprechend deutlich lebendigeren und kräftigeren Rhythmen vorgetragen.
Paul Millns wurde bei nahezu allen Liedern kongenial von Vladi Kempf am Schlagzeug und Ingo Rau
an E-Bass beziehungsweise einem musikalischen Novum, einem „Electric Upright“, begleitet, das sich
sehr überzeugend nach Cello oder Kontrabass anhört. Vorne auf der Bühne positioniert, erhielt dabei
Ingo Rau meist deutlich mehr Aufmerksamkeit, er bekam Gelegenheit zu einer Vielzahl an
musikalischen Solos, die das Publikum meist mit großzügigem Zwischenapplaus honorierte. Aber
schließlich demonstrierte Vladi Kempf beim Abschluss des Konzerts mehrere Minuten lang sein
virtuoses Können am Schlagzeug im Rahmen einer ebenso fulminanten wie spannungsgeladenen
Einzeldarbietung.