Text und Foto: Samantha Franson

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Text und Foto: Samantha Franson
Rund um den Förderverein
Kornspeicher Freiburg/Elbe
Expedition ins Elbreich
Text und Foto: Samantha Franson
Los geht‘s in Balje
an der Elbe
Es ist quatschig, es ist rutschig , es ist nass
Unendliche Weiten
Förderverein Historischer Kornspeicher
Nicht weit entfernt im eigenen Land reisen und trotzdem neue Welten entdecken?
Ja, es geht! Wo wir hinfahren, ist es sogar
abwechslungsreicher als in manchen anderen Urlaubsregionen. Hier gibt es nicht nur
Sonne, sondern auch Regen und Nebel. Das
ist nicht sarkastisch gemeint, sondern das
gehört an der Elbe in Nordostniedersachsen einfach dazu und macht den Aufenthalt
erst perfekt! Hier ziehen die Wolken selbst
im Sommer manchmal so tief über das platte Land, dass sie die Baumwipfel zu streifen
scheinen. Der Strand und die See locken mit
Badefreuden, und direkt vor uns zeichnet
das zurückziehende Meer im Watt Schlieren
in den Sand. Hier trifft der breite Elbstrom
auf die nahe Nordseeküste.
Und genau hierhin zieht es meine Familie und mich. Auf unseren Fahrrädern folgen
wir ein Wochenende lang der Elbe von Balje
nach Glücksstadt auf dem sogenannten Elbradweg. Mein Freund ist „Star Trek“-Fan und
murmelt: „Der Elbradweg, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2013. Dies sind
die Abenteuer dreier wackerer Drahtesel
mit ihren drei Humanoiden – einem Kind,
einer Frau und einem Mann – auf der Suche
nach neuen Unternehmungen, anderen Behausungen und unvertrauten Gerüchen.“
Los geht es in Balje an der Elbe, rund
25 Kilometer von Cuxhaven, von der Elbmündung, entfernt. Wir fahren mit gut 20
Kilometern pro Stunde über den (Asphalt)Radwanderweg. Es quietschen die Pedale,
der Matsch fliegt auf. Nur die eigene Muskelkraft treibt uns voran.
Wir fahren der aufgehenden Sonne entgegen und fühlen uns frei. Das klingt kitschig, und ist es auch. Rechts und links von
uns liegen nur Felder und Wiesen, so weit
das Auge reicht. Alles ist grün und sauber,
rote, blaue und gelbe Blumen blühen und
leuchten im Grün. Wir sind nur für uns – singen und erzählen. Wir fühlen uns ein wenig
entrückt – weit entfernt von Stress, Lärm
und Hektik. Keine Menschenseele weit und
breit. Wir hören das Muhen der grasenden
Kühe, fühlen nur den Wind, der uns an der
Nase kitzelt.
Ich komme ins Schlenkern. Ich kann den
Sturz gerade noch abfangen und springe ab.
Neben uns der Deich und Schafe. Da, plötz-
lich, Dutzende, nein, Hunderte von Gänsen
fliegen über uns hinweg. Was für ein Schauspiel der Natur, was für ein Abenteuer. Mein
Herz klopft laut. Aufgesessen und weiter
geht’s ...
Da, am Horizont, ein Leuchtturm – da
wollen wir hin. Er ist unser erstes Etappenziel. Die Sonne steigt gemächlich ihrem Zenit entgegen. Nun begegnen wir allmählich
immer mehr Drahteselabenteurern wie wir
selbst. Weiter geht es am Deich entlang, am
Naturfreibad Krummendeich vorbei. Am
Mittag kommen wir am historischen Kornspeicher in Freiburg an der Elbe an. Wir machen an der angrenzenden Fahrradstation
halt. Es ist Zeit zum Durchschnaufen und
Zeit für kleine Reparaturen: Ein Schlauch
ist zu flicken, an allen Rädern Luft nachzupumpen.
Der historische Kornspeicher ist kulturelle Begegnungsstätte und soll bis 2014
weiter ausgebaut werden. Kaum sind wir
abgestiegen, erwarten uns vor der Tür des
Kornspeichers Herbert Bruns und seine Frau
Ilse. Er ist Vorstandsvorsitzender des Fördervereins „Historischer Kornspeicher Freiburg/Elbe“. Beide erzählen uns angeregt,
wie der Innenausbau des Kornspeichers zu
einem Kulturzentrum vor sich ging, ja immer noch im Werden ist, denn erst 2014 soll
alles fertiggestellt sein. Nach der Betriebsaufnahme im Sommer 2014 wird dann eine
kleine Gastronomie-Einrichtung im Speicher alle Radler herzlich zur Rast einladen.
Eifrig entwerfen die beiden ein imaginäres
Bild: „Stellen Sie es sich vor: Bei schönem
Wetter nehmen Sie Platz auf der großzügigen Außenterrasse und schauen auf den romantischen kleinen Freiburger Hafen.“
Die angrenzende Fahrradstation ist im
April dieses Jahres mit einem großen Fest
eingeweiht worden. Heute ist sie voll ausgestattet mit einem Werkraum für kleinere Fahrradreparaturen, mit Schließfächern
und Toilettenräumen. Herbert und Ilse
Bruns laden uns spontan zum Übernachten
ein, was wir dankend annehmen. Wir bekommen Abendbrot und zum Nachtisch Ilses berühmten „Apple Crumble“ mit selbstverständlich frisch gepflückten Äpfeln aus
Kehdingen. Mit einem Feierabend-Bier und
Apfelschorle beschließen wir den Tag und
freuen uns heute schon auf das nächste Mal,
wenn wir wieder hier sein können, um mit
dem Tidenkieker, dem Niederelbe-SafariSchiff, zur Insel Krautsand zu fahren oder
Robben anzusehen, die sich auf Sandbänken
sonnen.
Ein neuer Tag bricht an. Wir fahren weiter, weg vom historischen Kornspeicher,
durch die Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Das Watt ist unberührte Natur,
und das Spiel der Gezeiten von Ebbe und
Flut schafft immer wieder neue Eindrücke.
Also Schuhe aus, Hosen hochgekrempelt,
die Fahrräder zur Seite gelegt und noch ein
Blick auf den Tidenkalender. Los geht’s: Wir
gehen ins Watt wandern. Es ist quatschig,
es ist rutschig, es ist nass, es ist glibberig.
Mal tief, mal tiefer ... Beeindruckend!
Wir sehen Krebse und Fußspuren von
Vögeln. Das Blau des Himmels wetteifert mit dem Blau des Wassers. Es ist alles so kitschig! Aber wir fühlen uns wohl.
Schlammverschmiert gehen wir wieder ans feste Land, um uns die Füße zu
waschen. Dafür steht eine Wasserpumpe
bereit. Brrrr – das ist kalt. Aber wir wollen
ja wieder in unsere Schuhe hinein. Weiter
geht’s in Richtung Hafen, den wir am späten
Nachmittag erreichen.
Was wäre die Elbe ohne Küstenschiffe
und Dampfer. Wir haben das Glück, welche
zu sehen. Ja, sogar auf einer Fähre mitzufahren. 30 Minuten dauert die Überfahrt
von Wischhafen nach Glücksstadt. Dort angekommen wird unser Tag sogar gekrönt
durch den Genuss von frisch zubereiteten
Matjes, die am Anlegeplatz verkauft werden.
Das ist genau das Richtige für kleine ausgehungerte Abenteurer als Schlussstrich unter einem fantastischen Tag und einer tollen
Tour.
Auf dieser Tour haben wir Ruhe und Beschaulichkeit zum Auftanken und Entspannen gefunden. Es gibt noch so viel zu entdecken direkt vor der eigenen Haustür. Man
muss sie nur öffnen und den ersten Schritt
machen.
Neben uns der Deich und Schafe
Es gibt noch so viel zu entdecken
Es ist Zeit zum Durchschnaufen
Was wäre die Elbe ohne Küstenschiffe?
Der historische Kornspeicher ist kulturelle Begegnungsstätte
Förderverein Historischer Kornspeicher