Obdachlosenhilfe St. Bonifaz München

Transcription

Obdachlosenhilfe St. Bonifaz München
Obdachlosenhilfe
St. Bonifaz München
Jahresbericht 2014
Unser Team – Unser Projekt
3.000 km Hoffnung auf ein besseres Leben
Menschen Interview mit der Leiterin unserer Arztpraxis, Frau Dr. Irene Frey-Mann
Aktionen Chiemgauer Fastensuppe für das Haneberghaus
2
|
|
3
Liebe Freunde
des Haneberghauses,
wir haben uns bemüht,
den Jahresbericht 2014 wieder
abwechslungsreich und informativ
zu gestalten. Wir hoffen, Sie
gewinnen manche neuen Einblicke
in unsere Arbeit und haben Freude
beim Lesen. Ganz herzlichen Dank
für Ihre großzügige Unterstützung
unserer Arbeit – vor allem natürlich
im Namen der von uns betreuten
Gäste.
Um Portokosten zu sparen,
haben wir uns wie immer entschlossen, auch diesen Jahresbericht
ohne Anschreiben zu versenden.
Wir hoffen, Sie haben dafür
Verständnis.
Der Eingang des Haneberghauses mit der Bronzebüste des Ordensgründers der Benediktiner (Benedikt von Nursia, ca. 480-547) von Josef
Henselmann
Foto: Frater Matthias Leidenberger OSB
4
| Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
5
Grußwort Abt Johannes
6
Vorwort Frater Emmanuel
UNSER TEAM – UNSER PROJEKT
8
Das Team der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
10
3.000 km Hoffnung auf ein besseres Leben
12
Die Farben der Obdachlosigkeit
14
Im Reich der Armen – Leben im Abseits
15
Mord im Klosterhof
16
Gutes tun – ganz wie Abt Bonifatius
17
Unterstützen Sie unsere Arbeit – dauerhaft
18
In memoriam
19
Wir gratulieren von Herzen
20
Ruhe auf der Kirchenbank
22
Herzlichen Dank allen Sachspendern!
23
Bewegte Zeiten für Kirche und Staat
MENSCHEN
24
„Wir haben hier einfach viel mehr als ein normales DoktorPatienten-Verhältnis“ – Interview mit Dr. Irene Frey-Mann
27
Kein Platz – alles voll
31
Die Nonne von der Alimaus
AKTIONEN
35
Chiemgauer Fastensuppe für das Haneberghaus
36
Marmelade direkt aus dem Garten
37
Andechser am Dom für das Haneberghaus
38
Vielfältige Aktionen zugunsten unserer Arbeit
39
Ein Herz für Obdachlose
40
Für 170 Gäste warme Nächte
41
Presseecho
STATISTIK
43
Die Arztpraxis arbeitet am Limit
48
Wieder mehr Sozialberatungen
51
Impressum
Grusswort Abt Johannes |
5
Liebe Förderer und Freunde
des Haneberghauses,
Wasser ist in unseren nördlichen
Breitengraden fast schon zu einem
selbstverständlichen Gut geworden.
Tagtäglich sind wir es gewohnt uns
zu duschen, zum Zähneputzen
den Hahn aufzudrehen oder nach
der Wasserflasche in der Küche zu
greifen. Erst Einschränkungen wie
ein Wasserrohrbruch machen uns
bewusst, welches kostbare Gut das
Wasser darstellt. Dies ist auch die
Erfahrung des Volkes Israel. Auf
seiner Wanderung durch die Wüste
wird es von Durst gequält. Murrend
über die missliche Lage wendet es
sich von Gott, seinem Befreier, ab.
Erst als Mose auf Gottes Weisung
hin mit dem Stab gegen den Felsen
schlägt und sprudelndes Wasser
hervortritt, findet das Volk erneut
zum Glauben zurück.
Dr. Johannes Eckert OSB,
Abt der Abtei St. Bonifaz
in München und Andechs
Wüstenstrecken in unserem
Leben wecken Durst. Das erfahren
wir auch immer wieder in der
Begegnung mit den Gästen in
unserem Haneberghaus. Vieles
erscheint in ihrem Leben verwüstet.
Oft genug bringen sie ihren Durst
nach Heimat, Anerkennung und
Angenommensein ins Wort. Wir
sind daher unseren Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern sehr dankbar. Mit
ihrer tatkräftigen Unterstützung
kann dieser Lebensdurst ein wenig
gestillt werden. Das Haneberghaus
wird so für viele zur Oase, in der sie
neue Lebenskraft für ihren Alltag
schöpfen.
So sei an dieser Stelle auch
allen unseren Spenderinnen und
Spendern gedankt, mit deren Hilfe
wir bildlich gesprochen „das Wasser
sprudeln lassen“ können.
Momentan sind wir dabei,
die sanitären Anlagen, vor allem
die Duschen im Haneberghaus
zu erneuern. Das ist freilich mit
einem hohen finanziellen Aufwand
verbunden. Doch diese Investition
lohnt sich, denn: Frisch geduscht,
fühlt man sich wie neu geboren!
So hoffen wir, dass wir auch
zukünftig mit Ihrer Hilfe neues
Leben wecken können.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
6
| Vorwort Frater Emmanuel
Liebe Freundinnen, liebe
Freunde unserer Obdachlosenhilfe im Haneberghaus,
„Der Christliche Glaube
unterstreicht, dass die Menschen im Tiefsten eine gemeinsame Natur haben, ein
gemeinsames
Wesen,
ein
Gewissen, das unterscheiden
kann zwischen Gut und Böse,
dass eben alle Ebenbilder Gottes
sind. Das ist die Grundlage
unseres Miteinanders, die sich
auch ausdrückt im Konzept
der Menschenrechte und der
Menschenwürde. Aber diese
Botschaft hat zutiefst religiöse
Fundamente. Sie ist ohne
die revolutionären Worte der
Bibel kaum zu verstehen. Und
diese Botschaft muss auch zur
konkreten Tat werden.“
Diese Stelle aus dem Hirtenbrief
zur Fastenzeit 2015 von Erzbischof
Reinhard Kardinal Marx hat mir
so sehr aus der Seele gesprochen,
dass ich ihn an den Anfang meines
Vorwortes für unseren diesjährigen
Jahresbericht stellen möchte. In der
Tat können wir diese Botschaft für
unser Haus übernehmen.
Eine Art von Heimat
Auch im letzten Jahr konnte
unsere Obdachlosenhilfe im Haneberghaus vielen Menschen eine
Art von Heimat, ein – wenn auch
vielleicht nur kurzes – Gefühl der
Geborgenheit geben, so gut es ging
die Würde eines jeden einzelnen
unserer Besucher wahren. Egal aus
welchen Beweggründen Menschen
unsere Einrichtung aufgesucht
haben, sie konnten es, ohne dass
sie irgendwelche Vorleistungen
erbringen mussten. Unsere Arbeit
mit unseren „Gästen“, wie wir sie
nennen, hat sich in den letzten
Jahren stark gewandelt. Sie verlangt
unseren Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern viel an Bereitschaft zu
Veränderungen ab, an Bereitschaft
sich von Gewohnheiten zu verabschieden, Dinge aus völlig anderer
Perspektive zu betrachten, eigene
Einstellungen zu hinterfragen und
auch zu ändern. Dies ist ein Prozess,
der noch lange andauern oder nie
ein Ende finden wird.
Für diese Bereitschaft und
Fähigkeit zur Veränderung möchte
ich allen unseren Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, ob im Hauptoder Ehrenamt tätig, meinen
großen Respekt zollen und mich bei
ihnen allen herzlich bedanken. Nur
durch das Engagement eines jeden
Einzelnen von ihnen war es uns als
Konvent möglich, die Aufgabe, die
unsere Obdachlosenhilfe darstellt,
in dieser Form zu bewältigen.
Natürlich möchte ich mich an
dieser Stelle, wie jedes Jahr, auch bei
Ihnen allen bedanken, die Sie uns
unermüdlich Ihre Treue halten und
unserer Arbeit Ihre Verbundenheit
zuteilwerden lassen. Ich möchte
mich nicht nur für die vielen Geldund Sachspenden bedanken, die Sie
der Obdachlosenhilfe im letzten
Jahr zukommen ließen, sondern
auch für die Wertschätzung, die
unserem Dienst von Ihrer Seite
entgegengebracht wurde.
Freilich haben die Veränderungen, denen sich unsere Obdachlosenhilfe gegenüber sah und auch
weiterhin sieht, auch manchen
Spender derart verunsichert, dass er
seine Unterstützung einstellte, da er
sich wegen des massiven Anstiegs
der Zahl nichtdeutscher Besucher
nicht mehr voll mit unserer Arbeit
identifizieren konnte.
Reale Wanderungsbewegungen
Es scheint für manchen schwer
nachvollziehbar, warum wir uns im
Haneberghaus auch und gerade um
die Menschen kümmern, die nach
Deutschland kommen und in Not
leben, auch wenn sie hier (noch)
nicht zu Hause sind. Dies ist kein
„Betriebsunfall“, sondern Ausdruck
unserer tiefsten, benediktinisch
geprägten Überzeugung und unseres
„niedrigschwelligen“ Konzeptes.
Ob es uns allen nun gefällt oder
nicht, die weltweiten Wanderungsbewegungen, seien sie verursacht
durch Arbeitsimmigration aus
Süd- und Osteuropa oder durch die
Flucht vor Krieg und Verfolgung,
sie sind eine Realität. Eine Realität,
Frater Emmanuel Rotter OSB, Gründer und
Leiter der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
Vorwort Frater Emmanuel |
vor der wir unsere Augen nicht
verschließen dürfen und können.
Natürlich fällt auf, dass die
Lebenssituation obdachloser Menschen, die schon lange hier leben,
in der Presse und der Politik,
wenn überhaupt, nur noch am
Rande auftaucht. Die Schlagzeilen
beherrschen die katastrophale
Situation der Asylbewerber in
unserem Land und die Not
mancher Arbeitsimmigranten aus
Südosteuropa, die hier in einem
Kreislauf aus Ausbeutung und
Elend gefangen sind. Wie aber
schon erwähnt, gehören auch diese
Besucher/Gäste zu unserer Arbeit,
auch sie sind, wie man heute so gern
sagt, unsere „Zielgruppe“.
Am Erfolg ersticken?
Ich möchte an dieser Stelle
nochmals betonen, dass wir unser
Augenmerk auch weiterhin auf
unsere „Stammkunden“ richten, sie
sind ja nicht aus der Stadt oder aus
dem Haneberghaus verschwunden,
genauso wenig wie die Armut und
Obdachlosigkeit Einheimischer aus
unserer Stadt verschwunden sind,
nur weil ihnen weniger öffentliche
Aufmerksamkeit zuteilwerden.
Ganz im Gegenteil, die Rahmenbedingungen verschlechtern
sich weiter. Die Landeshauptstadt
hat auf absehbare Zeit jedes Jahr
einen Zuzug in der Größenordnung
einer mittleren Stadt zu verkraften,
ohne dass Wohnungsbau und
Infrastruktur Schritt halten könnten.
Die Stadt München scheint an ihrer
wirtschaftlichen Attraktivität und
ihrem Erfolg zu ersticken. Dies ist
gerade für arme und obdachlose
Menschen, seien sie nun von hier
oder Zuwanderer, eine katastrophale
Entwicklung, denn sie können in
dieser Goldgräberstimmung nicht
Schritt halten.
Es sind aber nicht nur arme
Menschen, denen es immer schwerer
fällt, in München einigermaßen
über die Runden zu kommen,
auch für Normalverdiener ist es
aufgrund der Situation auf dem
Wohnungsmarkt und der hohen
Lebenshaltungskosten oft genug
ein Problem, ein materiell einigermaßen gesichertes Leben zu führen.
Wie Sie sehen, unsere Arbeit
wird nicht weniger, ja es geht uns
fast so wie der Stadt im Ganzen,
auch uns erscheint es oft so, dass
wir in unserem eigene „Erfolg“
ertrinken. Wobei wir auf diese Art
von Erfolg auch gerne verzichten
würden, ist der verstärkte Zulauf
doch nur ein Beweis dafür, dass das
soziale Gleichgewicht in unserer
Gesellschaft sich stetig zu einer
ernsthaften Schieflage hinneigt.
Viele der Menschen, die uns
aufsuchen, wüssten nicht, an wen
sie sich sonst wenden sollten, auch
und gerade die Zuwanderer aus
Ost- und Südeuropa. Für uns ist
die Niedrigschwelligkeit, dieses sich
um Menschen in Not zu kümmern,
ohne nach deren Nationalität oder
rechtlichen Ansprüchen zu fragen,
lebendiger Ausdruck unserer Regel,
die uns vom Heiligen Benedikt vor
fast 1500 Jahren gegeben wurde.
Von Herzen Dank ...
Umso wichtiger ist für uns
Ihre Unterstützung, für die ich
mir hier nochmals bei Ihnen
allen ganz herzlich bedanken will.
Besonders möchte ich diesmal die
„Strickerinnen“ der Katholischen
Frauengemeinschaft
Albaching
erwähnen, die schon seit Jahren
auf dem dortigen Adventsmarkt
selbstgestrickte Schals, Mützen etc.
zugunsten unserer Obdachlosenhilfe verkaufen. Ebenso gilt mein
besonderer Dank den Erlinger
Landfrauen, die ebenfalls seit
Jahren beim Andechser Familientag
7
selbstgebackenen Kuchen und
anderes Süßgebäck verkaufen
und den Erlös unserer Arbeit
zukommen
lassen.
Weitere
Aktionen in diesem Jahr zugunsten
unserer Obdachlosenhilfe können
Sie ab Seite 38 nachlesen.
Alle anderen Spender und
Spenderinnen möchte ich bitten,
sich nicht zurückgesetzt zu
fühlen, die Aufzählung aller, die
unsere Arbeit unterstützt haben,
würde nicht nur den Rahmen
dieses Vorworts, sondern wohl
auch des gesamten Jahresberichts
sprengen. Ihnen allen nochmals
ein herzliches Vergelt‘s Gott !
Mit einem weiteren Ausschnitt
aus dem Fastenbrief 2015 des
Erzbischofs, der mir aus der Seele
spricht, möchte ich mein Vorwort
beschließen:
„Wird es uns gelingen,
eine Gesellschaft zu werden,
in der Menschen mit verschiedenen Überzeugungen,
Weltanschauungen und Religionen friedlich zusammenleben? Werden wir unseren
christlichen Glauben, der unser
Land geprägt hat, so leben,
dass wir auch den neu zu uns
Kommenden und denen, die
diese
christliche
Identität
nicht teilen, mit Respekt, ja
mit Nächstenliebe begegnen?
Das ist unsere Aufgabe, unser
Beitrag in Wort und Tat für eine
zukunftsfähige Gesellschaft.“
So verbleibe ich mit den besten
Wünschen und Gottes reichem
Segen für Ihr Leben in dieser
unserer Welt!
Ihr
8
| Unser Team – Unser Projekt
Das Team der
Obdachlosenhilfe
St. Bonifaz im
Haneberghaus
Träger
Benediktinerabtei St. Bonifaz
München / Andechs
Hausleitung
Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB
(Stand Juni 2015)
Aktuell Bedarf nach Ehrenamtlichen
Im Augenblick haben wir wieder Bedarf nach Ehrenamtlichen in allen
Bereichen des Haneberghauses: Bei der Infothek, in der Arztpraxis, der
Essensausgabe, der Kleiderausgabe und in unserer neu gestalteten
Bäderabteilung.
Wichtig sind uns eine längerfristige zeitliche Verfügbarkeit am
Morgen bzw. Vormittag, große Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit.
Hilfreich ist es, wenn Sie sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen
und idealerweise sogar noch Sprachkenntnisse haben.
Ein Glücksfall wären für uns ehrenamtliche Krankenschwestern, die
vielleicht frisch pensioniert sind.
Bei Interesse melden Sie sich bitte bei Frater Emmanuel Rotter OSB,
Kontaktdaten siehe Impressum S. 51.
Unser Team – Unser Projekt |
Infothek
Essensausgabe
Kleiderausgabe
Herbert Becke
Peter Döbbeler
Frauke Vineta Bülow
Nathalie Bentenrieder
Sara Bürkle
Gaudensia Degenhardt
Robert Grünewald
Angela Heckenbücker
Hans Heidelck
Andreas Knüpffer
Heinrich Kohler
Elke-Anna Müller
Marcus Rumpf
Maria Rumpf
Sebastian Schuster
Evi Weger
Esther Wissel
Günther Wissel
Monika Wissel
Roman Krivsky
Dr. Hubert Bauer
Hendrik Bernau
Daniel Erdmann
Sr. Dolore Fischbacher
Manfred Karch
Kasim Mehmedovic
Sozialdienst
Robert Greiner
(Stellvertretende Hausleitung)
Sr. Monika Plank CS
Arztpraxis
Dr. Irene Frey-Mann
Maria Fichtinger
Sr. Ogmunda Gabler
Sr. Dr. Antonia Hippeli
Irmgard Hüttinger
Prof. Dr. Hans Lauter
Kirstin Lucia
Bernadette Riederer
Waltraud Stettner
Prof. Dr. Roswitha Thurmayr
Dr. Gabriele Zöllner
Haupt- und
ehrenamtliche
Mitarbeiter der
Obdachlosenhilfe
St. Bonifaz beim
Jubiläumsausflug
iin Kloster
Weltenburg
Bäderabteilung
Eduard Bielesch
Georg Neudecker
9
10 | Unser Team – Unser Projekt
3.000 km Hoffnung auf ein besseres Leben
Viele unserer Gäste haben nichts. Sie hoffen auf Arbeit und ein gutes Leben –
Omar* aus Marroko ist einer von ihnen
Obdachlose sieht man oft
mit Tüten durch die Straßen
der Großstadt ziehen. Omar
hat keine Tüten – denn er hatte
nichts und ist auch mit nichts
nach München gekommen. Viele
der Obdachlosen in Deutschland sind Ausländer. Sie hofften
auf Arbeit und ein gutes Leben,
doch bald wird ihnen klar: Sie
werden wohl auch mit nichts
wieder gehen.
Ein libyscher Schleuser, 380
Passagiere, 1.000 Euro, ein Boot
– „Das Boot des Todes, so nenne
ich es seitdem“, sagt Omar und
versteckt sein Kinn in der blauweißen
Kapuzenjacke.
Der
schlaksige 26-Jährige tritt von
einem Bein auf das andere, ihm
scheint kalt zu sein. Er steht im
Innenhof der Obdachlosenhilfe im
Haneberghaus von St. Bonifaz in
München.
In Omars marokkanischer Heimatstadt Khouribga hat es zu dieser
Zeit um die 20 Grad. Von dort
reiste er im Juli 2014 nach Libyen,
um nach Europa zu kommen.
Obwohl das für ihn als Marokkaner
ein Umweg ist, hat ihn der Preis
von umgerechnet 1.000 Euro für
die Überfahrt überzeugt. Nach dem
Sturz Gaddafis hätten libyische
Schleuserbanden die instabilen
Verhältnisse für sich genutzt,
erzählt Omar. Heute reicht ihr Ruf
bis nach Eritrea, Somalia und eben
auch bis nach Khouribga.
Während er spricht, stecken
seine Hände in einer verwaschenen
Jeans. Er trägt eine Kappe mit
dem Logo des Baseball-Teams
der New York Yankees auf dem
Kopf. Ob er das weiß? Er hat sie
aus der Kleiderkammer, meint er
schulterzuckend. Ihm scheint es
unangenehm zu sein. In Marokko
hat Omar Literatur studiert, aber
wie die meisten Jugendlichen
in seinem Land war er danach
arbeitslos. „Es gab keine, wirklich
gar keine Arbeit“, sagt er auf
Arabisch. Bislang spricht er noch
kein Wort Deutsch. Es klingt wie
eine Rechtfertigung, als er das sagt.
Er zieht seine Kappe zurecht, eine
schwarze Locke springt in seine
Stirn.
Einfach ein paar Stunden sein
Ohne die Obdachlosenhilfe
von St. Bonifaz hätte Omar nicht
gewusst, wo er so früh am Morgen
hin soll. Hier darf er duschen,
etwas essen und sich Kleidung
holen. Das Haneberghaus von St.
Bonifaz ist das Lebenswerk von
Frater Emmanuel Rotter. In seinem
Büro steht eine gemütliche Sitzecke,
durch die Fenster im Erdgeschoss
scheint die Morgensonne. Er trägt
das schwarze klösterliche Gewand,
einen Habit, seine klaren blauen
Augen blicken aus den runden
Brillengläsern.
Er lebt seit 25 Jahren in
München und kommt ursprünglich
aus Wasserburg am Inn. Anfang der
Neunziger hat er mit einem anderen
Benediktiner die Gegend rund um
den Königsplatz, den Botanischen
Garten und die Innenstadt
abgesucht und Obdachlose nach
ihren Grundbedürfnissen befragt
Die meisten von ihnen klagten
darüber, dass sie keinen Ort finden,
Unser Team – Unser Projekt | 11
an dem sie „tagsüber für ein paar
Stunden sein können“, erzählt
Frater Emmanuel. Mit diesen
Erkenntnissen ausgestattet begann
er die Obdachlosenarbeit. 2001
schließlich wurde das Haneberghaus eröffnet. Seitdem können
Obdachlose hier von sieben bis
zwölf Uhr dreißig kostenlos eine
warme Mahlzeit zu sich nehmen,
duschen und bei Bedarf kostenlos
eine Arztpraxis aufsuchen. Mehr
als 200 Obdachlose nehmen pro
Tag das Angebot in St. Bonifaz an.
Um die große Nachfrage stemmen
zu können, hat Frater Emmanuel
acht ehemalige Obdachlose fest
angestellt.
75 Prozent der Obdachlosen, die
zu ihm kommen, sind Ausländer,
erzählt Frater Emmanuel. „Die
müssen von daheim weg, weil sie
dort keine Arbeit mehr finden. Die
Behörden sagen: ‚Die gibt’s nicht!´“,
erklärt Rotter die Situation vieler
ausländischer Obdachloser. Der
Zugang zu sozialen Einrichtungen
sowie privaten Obdachlosenheimen
bleibt Ausländern aus sogenannten
negativen Drittstaaten, also nicht
EU-Mitgliedsstaaten, oft verwehrt.
Länder wie Marokko und
Tunesien gelten trotz der prekären
wirtschaftlichen Lage nicht als
Krisengebiet. Dementsprechend
aussichtslos ist ihre Chance auf
ein Asylverfahren. „Der Staat sagt:
‚Nein nein nein, es werden nur
die gefördert, die hier gelebt und
Aufenthaltsraum im Haneberghaus
gearbeitet haben´“, erzählt Frater
Emmanuel. Er schüttelt den Kopf.
Zumindest im Winter hat die
Stadt München einen Kälteschutz
eingerichtet. „Eine Stadt wird sich
nie so blamieren wollen, dass da
einer erfriert, egal woher er auch
kommt“, sagt Frater Emmanuel. Im
Haus 12 der Bayernkaserne dürfen
Obdachlose im Winter übernachten.
Im Sommer müssen Menschen wie
Omar wahrscheinlich wieder auf
der Straße schlafen.
Keinen Cent in der Tasche
Die vergangene Nacht hat der
unverheiratete Marokkaner nicht
draußen geschlafen, es ist zu kalt.
Dabei ist er es gewöhnt, draußen
zu schlafen. Die ersten Tage in
München verbrachte er auf der
Straße. Auch in Italien, seiner ersten
Station in Europa, schlief er bereits
unter freiem Himmel. Während
der 26-Jährige die letzten Monate
Revue passieren lässt, bleibt sein
Ton unverändert. Er erzählt es
geradezu nebenbei, als wäre es die
Geschichte eines anderen.
„Heute habe ich in der Kaserne
geschlafen. Jeden Tag um sieben Uhr
müssen wir das Gebäude verlassen.
Dann nehmen wir die U-Bahn und
fahren hierher“, sagt er und zeigt
auf den Speisesaal von St. Bonifaz.
Ein Ticket habe er nicht, die Frage
scheint ihn zu amüsieren. „Ich habe
keinen Cent in der Tasche“, sagt er
und grinst dabei, sein großer Mund
wird dabei immer größer. Mit „wir“
meint er seine Bekanntschaften.
Männer aus Tunesien, Marokko,
Palästina und Ägypten, die hierher
gekommen sind, um nach Arbeit zu
suchen. „Es heißt doch immer, es
gibt hier so viel Arbeit, aber davon
spüre ich nichts“, er redet sich in
Rage, nimmt die Hände aus der
Hosentasche. „Alle wollen Papiere,
Papiere. Gebt mir doch welche,
und ich arbeite!“, hilflos wirft er die
Hände in die Luft. Ob er sich Sorgen
um seine Zukunft macht? „Bislang
– Gott sei Dank – wurde ich wegen
meiner Papiere noch nicht erwischt.
Ich vertraue auf Gott, dass sie
mich nicht zurückschicken.“ Ein
befreundeter Palästinenser möchte
ihn offenbar beruhigen und bietet
ihm einen Zug von seiner Zigarette
an. Omars Zukunftspläne? Sein
palästinensischer Freund kommt
dem jungen Marokkaner zuvor,
lacht zynisch und antwortet dann
grinsend: „Er plant hier Medizin
zu studieren. Na, was soll er schon
vorhaben?“ Der 26-Jährige zögert,
nimmt einen letzten, kräftigen Zug
von der Zigarette. Er weiß nur, dass
er morgen wieder im Innenhof des
Haneberghauses sein wird. Ohne
Plastiktüten. Und ohne einen Plan.
Dann hebt er seinen Kopf gen
Himmel und pustet den warmen
Rauch in die kalte, bayerische Luft.
Dunja Ramadan
* Namen von der Red. geädert
Foto: Margret Paal
12 | Unser Team – Unser Projekt
Die Farben der Obdachlosigkeit
Tagsüber Arbeit suchen, nachts überleben: Obdachlose Migranten überwinden ihre Schmerzgrenze – für die Zukunft ihrer Familien
6 Uhr, Samstagmorgen: Die
Autoscheiben sind noch vereist,
die Straßenlaternen leuchten und
München schläft. Nur auf der
Karlstraße bewegt sich etwas.
Menschenmengen vor St. Bonifaz.
Er warte schon seit einer Stunde,
sagt Aiman*. Er weiß; spätestens
um 7 Uhr öffnet das Kloster seine
Pforten. Dann gibt es warme
Speisen und Getränke, wie jeden
Tag seit 25 Jahren. Eine Tasse Tee
im Aufenthaltsraum, ein Gespräch
mit Bekannten, die Zeitung.
„Wir erfüllen Grundbedürfnisse
für unsere Gäste“ sagt Frater
Emmanuel Rotter OSB, Gründer
und Leiter der Obdachlosenhilfe.
Die Menschen wirken erschöpft,
aber sie lächeln, wenn sie die
Mitarbeiter sehen. „Guten Morgen“
auf Deutsch, Rumänisch, Arabisch,
Ungarisch. Café International,
gefüllt mit bewegenden Einzelschicksalen.
Obdachlosigkeit für die Zukunft
der Familie
Aimans Geschichte beginnt in
Italien. Oder eigentlich noch früher,
zu Hause in Tunesien, wo er auf
dem Gymnasium war und später die
Prüfung als Masseur ablegte. „Meine
Kinder sind die Nummer eins in
meinem Leben“, sagt er. „Sie sollen
eine gesicherte Zukunft haben“.
25 Jahre lang war er in Italien, um
den Lebensunterhalt für seine
dreiköpfige Familie zu finanzieren.
Dann kam die Arbeitslosigkeit. Seit
zwei Monaten ist Aiman jetzt in
Deutschland. Auf nach München,
auf ins Paradies. Arbeit finden
und vielleicht auch Unterstützung.
Sein Tag beginnt seitdem im
Kloster. Sich stärken und dann
ins Arbeitsamt, stundenlang. Auf
Veränderung hoffen. Was macht
er nachts? Bedrückt schaut Aiman
auf den Boden und murmelt, dass
er sich schmutzig fühle und sich
schäme. Erst seit drei Tagen hat
er einen sogenannten „Bettzettel“
für die Bayernkaserne. Vorher war
seine Unterkunft die Straße.
Überleben während der Wintermonate
Aiman ist kein Einzelfall.
Armutszuwanderer wie er, die
keine Sozialleistungen beziehen
können,
sind
zahlreich
in
München. Schiller 25 ist eine
ganzjährige
Migrationsberatung
für Menschen, welche überhaupt
keine Sozialansprüche haben, seien
es Wohnungs- oder finanzielle
Ansprüche, und somit nicht
in das reguläre Sozialsystem
integriert werde können. „Wir
haben einen Dauerbestand von
600 bis 700 Klienten, die das
akut betrifft“, bestätigt Franziska
Liegl, die Sozialwissenschaftlerin
der Einrichtung. Hauptklientel
seien Roma-Bürger, wobei diesen
Winter die Arabisch-Stämmigen
zunähmen.
Seit drei Jahren betreibt Schiller
25 von November bis Ende
März eine Notunterkunft, damit
Menschen auf der Straße nicht
erfrieren müssen. Nach einem
Beratungsgespräch
bekommen
Betroffene ein Bett für eine oder
mehrere Nächte. In diesem Winter
Unser Team – Unser Projekt | 13
In der Kleiderkammer im Haneberghaus
Foto: Margret Paal
sind es etwa 500. Die Lage ist prekär,
da auch die Bayernkaserne an ihre
Grenzen stößt. Bei Überfüllung
tritt die „0-Grad-Regelung“ in
Kraft: Bei 0 Grad aufwärts und
voller Unterkunft wird zugemacht.
12 bis 20 fremde Menschen in
einem Raum
Zurück ins Kloster. Draußen am
Brunnen sitzt Radu*. Vor einem
Jahr ist der Rumäne nach München
gekommen, um seine Familie
finanziell zu unterstützen, hat
jedoch nach sieben Monaten seinen
Arbeitsplatz verloren und schläft
seit kurzem in der Bayernkaserne.
„Gestern hat ein Mann einfach in
unser Zimmer gepinkelt. Es wurde
zwar gesäubert, aber der Gestank
bleibt. Die Luft ist für uns zwölf
erstickend.“ Trotzdem lächelt er.
Musik ertönt aus seinem Handy
und Radu singt mit. Er ist dankbar
für die Hilfe von St. Bonifaz. „Ich
bin hier für den Traum von meinem
Sohn.“ Radu möchte dessen
fußballerische Talente fördern
und hier ein gesichertes Leben für
sich und seine Familie aufbauen.
Mit einem Wörterbuch bewaffnet
macht er sich täglich auf die
Suche. Deutsch hat er sich selbst
beigebracht und spricht mittlerweile
fast problemlos. „Wer arbeiten
möchte, muss die Sprache sprechen
und wer will, kann sie auch lernen.“
Nicht allen Obdachlosen ist die
Initiative des Klosters bekannt, auch
Lukovich* nicht. Der Slowake sitzt
täglich auf der Straße und bittet um
Essen. Er zittert und hat traurige
Augen. „Eine Woche noch“, sagt er.
Auf die Frage, was in einer Woche
passiert, erhellt sich schlagartig sein
Gesicht und ein weites Lächeln
breitet sich aus. „Arbeit! In einer
Woche darf ich arbeiten und kann
Geld für meine Familie verdienen!“
Momentan ist auch er nachts in
einer Notunterkunft geschützt.
Der Traum von Arbeit
Die instabilen Verhältnisse und
die hohe Arbeitslosigkeit verleiten
viele Menschen, nach Deutschland
zu kommen. Frater Emmanuel ist
beeindruckt: „Ich würde mich das
nicht trauen, einfach in ein Land
zu gehen, dessen Sprache ich nicht
einmal spreche.“ Ihre Motivation
ist häufig die gleiche: Die Liebe für
ihre Familie und die Chance, ihnen
eine Zukunft zu bieten. Doch was
passiert nach dem 1. April, wenn
die Notunterkünfte geschlossen
sind? Auch Aiman fürchtet sich vor
diesem Tag. Wieder auf die Straße,
weiter die Familie im Stich lassen,
wenn der Traum von Arbeit noch
nicht wahrgeworden ist.
Nadine Cibu
* Namen von der Red. geändert
14 | Unser Team – Unser Projekt
Im Reich der Armen – Leben im Abseits
In der Serie stationen.dokumentation berichtete das Bayerische Fernsehen
im Juni 2014 über die Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
Eine 76-jährige Rentnerin,
die an Krebs erkrankt ist und
der zum Leben nur 150 Euro
im Monat bleiben; ein türkischstämmiger Junge, der kein
eigenes Zimmer hat und sich
wertlos fühlt; ein Obdachloser,
dessen einziger Freund ein
Bernhardinerhund
ist.
Sie
haben eins gemeinsam: für das
Nötigste zum Leben, Wohnung,
Kleidung und Essen, sind sie
auf fremde Hilfe angewiesen.
Sie leben am Rande der
Gesellschaft, laut Definition sind
sie arm. Obwohl die deutsche
Wirtschaft boomt, steigt die Zahl
der Armen. Zwölf Millionen
Menschen gelten hierzulande als
armutsgefährdet. Das heißt, sie
haben weniger als 60 Prozent des
durchschnittlichen Einkommens
zur Verfügung. Die paritätischen
Wohlfahrtsverbände stellen in ihrem
Armutsbericht 2011 fest, dass jeder
siebte Bürger in Deutschland von
Armut bedroht ist.
Leben mit der Armut
Doch wie fühlt es sich an, in einer
Gesellschaft des Wohlstands, in der
es um Erfolg, Geld und Status geht,
arm zu sein? Welches Schicksal
haben die Menschen erfahren, bevor
sie in Armut gerieten? Ist Armut
nur schlecht oder verbirgt sich in ihr
auch ein innerer Wert? Wie leben
Mönche, die sich in ihren Gelübden
bewusst für Armut entschieden
haben? Wieviel Reichtum braucht
der Mensch?
Menschenschicksale
Zu Wort kommen Menschen aus
München und Berlin, die erzählen,
wie sie mit wenig Geld und wenig
Zuwendung
zurechtkommen.
Nicht alle sehen ihre Lage nur
Szene aus stationen.Dokumentation des Bayerischen Fernsehens
negativ, sie zeigen auch, wie wichtig
Menschlichkeit und Solidarität sind.
Ein Beispiel dafür ist der Berliner
Jesuit Christian Herwartz, der seinen
Alltag, seine Wohnung und sein Geld
mit Armen teilt. Er ist überzeugt,
die Kluft zwischen Arm und Reich
auszugleichen, ist der einzige Weg
zu Frieden und Menschlichkeit. Die
Dokumentation stellt auch private
Initiativen vor, die armen Menschen
helfen, nicht im Abseits zu stehen,
sondern ihnen neue Perspektiven
eröffnen.
Dorit Vaaring
Unser Team – Unser Projekt | 15
Mord im Klosterhof
München – Kommissar Wilfling ermittelte im Bayerischen Fernsehen. Die tz
stellte die Originalfälle vor, auf denen die Filmkrimis basieren.
Es bleibt spannend: Das
Bayerische Fernsehen setzt die
insgesamt vierteilige Sendereihe
„Lebenslänglich Mord“ fort. In
der vierten und letzten Folge
werden heute die letzten drei von
insgesamt zwölf authentischen
Mordfällen des ehemaligen Chefs
der Münchner Mordkommission
und Erfolgsautors Josef Wilfling
gezeigt. Alle vier Folgen werden
vom 14. Nov. bis 5. Dez. 2014
jeweils freitags um 21 Uhr noch
einmal wiederholt.
Die Fälle wurden in Teilen
verfilmt und werden von Josef
Wilfling persönlich erläutert. Nach
42 Jahren Polizeiarbeit – 22 davon
bei der Münchner Mordkommission
– ist der berühmte Ermittler
überzeugt: „Jeder kann zum
Mörder werden.“ In den Filmen
wird Wilfling von dem Nürnberger
Schauspieler Klaus Meile dargestellt. Ein Darsteller, vom dem
Wilfling sagt: „Er spricht und denkt
wie ich. Manchmal dachte ich, ich
bin es selbst.“ Die tz stellte die
Originalfälle vor, auf denen die
Filmkrimis basieren.
Dorita Plange
Eine weiße Siamkatze namens
Puma war im Sommer 1999 der
Auslöser für ein Morddrama,
dessen
Auswirkungen
Josef
Wilfling zuweilen am Verstand
der Menschen – speziell gewisser
Damen der Gesellschaft – zweifeln
ließen. Die Katze und noch dazu
ein Hütehund namens Wolf
gehörten dem charismatischen
Weltenbummler Steve T. (50, Name
geändert), der mit seinen Tieren
bettelte, an manchen Tagen bis zu
400 D-Mark (200 Euro) bekam und
dennoch stets unter freiem Himmel
lebte. Ein Asket aus Kanada, der
nur von Tomaten und Wasser
lebte und im Englischen Garten
spirituelle Lesungen hielt. Die
Damen der Gesellschaft hingen an
seinen Lippen.
An einem stürmischen AugustAbend suchte Steve T. wegen seiner
Tiere Schutz im Klosterhof von St.
Bonifaz in der Karlstraße. Er wurde
von anderen Obdachlosen verjagt
und ging zurück in den Englischen
Garten. In der Nacht verschwand
Puma. Von Hunden zerrissen,
wurde die Katze später gefunden.
Steve T. schrie vor Trauer.
Am Abend des 25. August
1999 soll er im Klosterhof den
schlafenden Obdachlosen Thomas
S. (35) mit einem Rambomesser
nahezu enthauptet haben. Zwei
Zeugen hatten Steve und den
Hund am Tatort gesehen, doch vor
Gericht waren sie sich nicht mehr
sicher. Mangels Beweisen wurde
der Kanadier freigesprochen. Seine
Anhängerinnen jubelten – und
Wilfling sagt heute: „So funktioniert
der Rechtsstaat. Unter diesen
Umständen war das Urteil richtig.“
T. kehrte zurück in die kanadischen
Wälder. Wochen nach dem Prozess
fanden Gärtner im Englischen
Garten ein halb vergrabenes
Rambo-Messer. Daran haftete noch
das Blut des Mordopfers und die
DNA des Kanadiers …
TZ, 7. November 2014, S. 8
Ende August 1999 wurde auf
dem Gelände von St. Bonifaz
tatsächlich ein Obdachloser
ermordet. Ein Verdächtiger,
ebenfalls wohnungslos, wurde
vor Gericht angeklagt, aber
mangels Beweisen freigesprochen. Erst später fand
man seine Tatwaffe mit den
verräterischen Spuren.
Der „Klostermord“ war einer
von
zwölf
portraitierten
Fällen in einer Sendereihe
des Bayerischen Fernsehens
über authentische Mordfälle,
die der ehemalige Leiter der
Münchner Mordkommission
und erfolgreiche Autor Josef
Wilfling vorstellte.
Steve T. nach dem Freispruch im Gericht
(Foto Unfried/TZ)
16 | Unser Team – Unser Projekt
Gutes tun – ganz wie Abt Bonifatius
Ziel der Bonifatius-Haneberg-Stiftung ist eine langfristige Absicherung der
Obdachlosenarbeit im Haneberghaus
Die Anfänge der Betreuung von
Obdachlosen durch die Abtei St.
Bonifaz liegen schon mehr als 100
Jahre zurück. Da die Lebenssituation
von Menschen ohne Obdach in
München aber immer schlimmer
wurde, begannen Frater Emmanuel
und ein Mitbruder 1990, die
Arbeit für die Obdachlosen zu
intensivieren. Bereits Ende 1994
wurde dann durch zwei Münchner
Unternehmer
die
BonifatiusHaneberg-Stiftung gegründet.
Daniel Bonifatius Haneberg, der
Namensgeber unserer Stiftung, war
1854-72 zweiter Abt der Abtei St.
Bonifaz in München und Andechs
und später (1872-76) Bischof von
Speyer. Haneberg kümmerte sich
wegweisend um die zahlreichen
Waisenkinder und die vielen
Obdachlosen, die schon damals auf
Münchens Straßen lebten
Alleiniges Ziel unserer Stiftung
ist es, die soziale Arbeit der Abtei
St. Bonifaz zu unterstützen. Dazu
benötigen wir aber Geld. Ihr Geld!
Eine solche Zuwendung kann
durch ein Spende an unsere
Stiftung geschehen oder aber durch
eine Schenkung, eine Zustiftung,
ein Vermächtnis (ein bestimmter
Vermögensgegenstand aus einem
Nachlass) oder eine Erbschaft.
So haben wir in den vergangenen
Jahren von einer großzügigen
Münchner Gönnerin ein Mietshaus
in Sendling mit 13 Wohnungen
geschenkt bekommen. Ein Ehepaar
hat uns in seinem Testament
mit einer Eigentumswohnung in
München bedacht.
Abt Dr. Daniel Bonifatius Haneberg OSB
(Gemälde in der Klausur des Konventes)
Aber: Eine gemeinnützige
Stiftung darf nur das Geld ausgeben,
das durch Geldanlage oder wie
in den geschilderten Fällen durch
Mieteinnahmen
erwirtschaftet
wird. Bei den derzeit extrem
niedrigen Zinsen ist das fast nichts.
In Abstimmung mit der Stiftungsaufsicht investieren wir inzwischen
auch in die Renovierung der
Mietobjekte, soweit dies möglich ist,
d.h. wenn eine Wohnung leersteht.
Selbstverständlich arbeiten Stiftungsrat und -vorstand komplett
ehrenamtlich, auch sämtliche Sachkosten wir Papier, Porto etc. werden
übernommen. So ist sichergestellt,
dass jeder Cent Ihrer Spende
oder sonstigen Zuwendung dem
Stiftungszweck zukommt.
Vielen Dank!
Peter Haslacher
Peter Haslacher, Vorstand der BonifatiusHaneberg-Stiftung zugunsten der
Obdachlosenarbeit im Haneberghaus
Unser Team – Unser Projekt | 17
Unterstützen Sie unser Arbeit – dauerhaft
Stärken Sie die Bonifatius-Haneberg-Stiftung mit Ihrer Zustiftung oder Spende
– oder bedenken Sie unsere Obdachlosenarbeit in Ihrem Testament
Mit Ihrer Zuwendung können Sie dazu
beitragen, unsere Arbeit mit obdachlosen
und armen Menschen auf eine wirtschaftlich
dauerhaft verlässliche Grundlage zu stellen
– mit einer Zustiftung, einer Spende oder
indem Sie unsere Obdachlosenarbeit in
Ihrem Testament bedenken.
Sollten Sie in Erwägung ziehen, sich
durch eine Zuwendung an der BonifatiusHaneberg-Stiftung zu beteiligen, so wenden
Sie sich bitte an die beiden Vorstände
Peter Haslacher
oder
Tel.: 089 – 300 1819
[email protected]
Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB
Tel.: 089 – 55 17 10
[email protected]
die Ihnen gerne jederzeit für ein völlig unverbindliches, ganz persönliches Informationsgespräch zur Verfügung stehen.
Die Bonifatius-Haneberg-Stiftung ist als
gemeinnützig anerkannt, so dass alle
Zuwendungen steuerlich absetzbar sind.
Wir freuen uns über jede Zuwendung
auf unser Konto, jede Summe ist uns
willkommen. Bitte vergessen Sie für eine
Zuwendungsbestätigung nicht Ihren
Absender (Name + Adresse) im Textteil.
Bonifatius-Haneberg-Stiftung
Konto
99 525 99
bei der Kreissparkasse München Starnberg
BLZ 702 501 50
IBAN
BIC
DE56 7025 0150 0009 9525 99
BYLADEM1KMS
Haben Sie von Herzen Dank für Ihre
großzügige Unterstützung!
Als Vorstände der BonifatiusHaneberg-Stiftung fungieren:
Peter Haslacher
Vorstand
Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB
Stellvertretender Vorstand
Dem Stiftungsrat gehören an:
Abt Dr. Johannes Eckert OSB
Dr. Jürgen Hanreich
Gerhard Johann Huber
Jürgen Langer
Fr. Marcus Riemer OSB
Treppenhaus des an die Bonifatius-Haneberg-Stiftung
geschenkten Hauses in der Alramstraße in München-Sendling
18 | Unser Team – Unser Projekt
In memoriam – wir gedenken
Verstorbene Gäste des
Haneberghauses in 2014
Der Auferstandene , Holzplastik in St. Bonifaz Foto: Fr. Emmanuel
Am 14. Februar 2014 verstarb
nach langer Krankheit Herr
Diakon Horst Thomas Esterer,
Ehrenpräfekt der Marianischen
Männerkongregation Maria
Verkündigung am Bürgersaal
zu München.
Herr Diakon Esterer leitete
zwölf Jahre lang die Geschicke
der MMK und war ein treuer
Freund und Förderer der
Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
im Haneberghaus.
Wir gedenken seiner im Gebet.
Andrzej Augustynek
Waldemar Wroblewski
Bernd Haase
Helmut Schwarz
Anna-Maria Breu
Werner Reindl
Else Linseisen
Dorin Vasilescu
Jon Udeanu
Alfred Haag
Klaus-Peter Fischer
Bruno Runge
Erich Haala
Victor Ugulava
Dragica Wodissch
Dennis Hellex
Franz-Josef Frank
Manrico-Adalbert Pitoni
Uwe Fuchs
Grzegorz Kusik
Lisbeth Geldhauser
Meinolf Lutter
Jerzy Chlipala
Ivo Tomic
67 Jahre
57 Jahre
68 Jahre
49 Jahre
68 Jahre
56 Jahre
62 Jahre
50 Jahre
53 Jahre
58 Jahre
66 Jahre
69 Jahre
70 Jahre
66 Jahre
61 Jahre
37 Jahre
63 Jahre
59 Jahre
56 Jahre
48 Jahre
74 Jahre
71 Jahre
50 Jahre
73 Jahre
Unser Team – Unser Projekt | 19
Wir gratulieren von Herzen ...
... zum 60. Geburtstag von Georg Neudecker, Küche und Bäderabteilung
Im März wurd‘ 60 Jahre alt der Schorsch,
dabei ist er noch rüstig, fit und forsch,
obwohl ihn manchmal zwickt die Hand oder der Arm
und auch der Rücken hat zu wenig warm.
So ist der Schorsch trotz aller dieser Plagen
zur Stelle immer hier, an allen Tagen,
und fängt sein Tagwerk früher auch noch an
als für ihn vorgesehen ist im Plan.
So ist die Küche vorbeireitet mit der nöt’gen Ruh,
denn Hektik kommt gleich reichlich auf ihn zu.
Kaum, dass für die Gäste öffnet sich das Tor,
so kommt es leider manchmal bei uns vor,
da wird ein Streit dann sehr schnell absehbar,
wer heut‘ der Erste in der Schlange war.
Da bricht es dann schon los, das Donnerwetter,
und auch der Schorsch ist gar nicht mehr ein Netter,
nein, klar wird angesagt, im Notfall auch gedroht,
mit baldigem und auch mit striktem Hausverbot.
Denn anders als die Fische, sein Sternzeichen,
tut er doch eigentlich dem Löwen gleichen.
Der Schorsch, der schafft stets zuverlässig und mit Fleiß,
bis ihm oft tropfet von der Stirn der Schweiß.
Drum ziehen wir den nicht vorhand’nen Hut,
und wünschen, dass das neue Lebensjahr wird gut.
Auf dass er zukünftig manchmal hat sein Ruh‘,
was er noch braucht, gibt ihm der liebe Gott dazu:
Gesundheit, Zufriedenheit und Glück soll’s sein,
da er so alt nun – wie sein Lieblingsverein.
Roman Krivsky
Neue Duschen auch in Rom
Sein Ordnungsruf, mit starker Stimme vorgetragen,
schnell haben alle Kontrahenten sich vertragen,
und jeder Streit wird umgehend zur Nebensach‘,
unter den Gästen herrscht kein weit’res Ungemach.
So geht es munter in der Küche und im Bad,
ja, mit dem Schorsch, da ist es niemals fad.
Er ist nicht leise und schon gar nicht stumm,
ja, bei ihm, da ist es eher andersrum.
Geburtstagskind Georg Neudecker
Mobile Duschcontainer auf dem Petersplatz
Nicht nur in der Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz
wurden in 2014 Vorbereitungen für die Installation
neuer Duschgelegenheiten getroffen. Konrad Krajewski,
Almosenmeister des Vatikan und Sozialbeauftragter
des Papstes, hat auf Bitten von Papst Franziskus am
Petersdom sowie in zehn weiteren römischen Pfarreien
die Pilgertoiletten um Duschcontainer erweitert. „Wir
geben diesen Menschen, die sich waschen können, ein
Stück Würde zurück.“ Die Zahl der Obdachlosen in Rom
wird auf knapp 8000 geschätzt. Dazu kommen jährlich
Millionen von Pilgern.
Auch die Badeabteilung im Haneberghaus wird
gerade um- und ausgebaut. Mehr darüber erfahren Sie
im nächsten Jahresbericht 2015.
20 | Unser Team – Unser Projekt
Ruhe auf der Kirchenbank
In der katholischen Kirche Saint Boniface in San Francisco dürfen sich Obdachlose den Tag über aufhalten und schlafen
Patron unserer Abtei ist der
heilige Bonifatius, der im 8.
Jahrhundert einer der bekanntesten
Missionare und der wichtigste
Kirchenreformer im Frankenreich
war. Seine geschichtliche Bedeutung wird je nach Blickwinkel
unterschiedlich gesehen. Bonifatius
war wohl eher Latein-Gelehrter
als bedeutender Theologe, aber
er verband missionarischen Eifer
mit einer seltenen Begabung für
Organisation und Administration.
Selbst in England als „Wynfreth“
geboren und in Benediktinerklöstern
erzogen, trat er in den Orden
ein, wurde Priester, Abt, später
Missionserzbischof,
päpstlicher
Legat für Germanien, Bischof
von Mainz und zuletzt Bischof
von Utrecht. Und er hat mehrere
Klöster gegründet, darunter Fulda.
Apostel der Deutschen
Wegen seiner umfangreichen
Missionstätigkeit im damals noch
überwiegend heidnischen Germanien wird Bonifatius seit dem
16. Jahrhundert als „Apostel der
Deutschen“ verehrt, wobei ein
Schwerpunkt zunächst im Umfeld
des Amtssitzes Mainz und des
Klosters Fulda lag, wo sich das Grab
des Märtyrers befindet. Erst im 19.
Jahrhundert verbreitete sich die
Verehrung des heiligen Bonifatius
deutschlandweit und so kam auch
unsere Abtei bei ihrer Gründung in
1835 zu ihrem Patron.
Aus katholischer Sicht gilt er
als ein wichtiger Gründervater der
europäischen Idee, dessen Todestag
am 5. Juni inzwischen mehr als
100 Kirchen in unserem Land als
Patronatstag feiern. Nicht nur in
England und den Niederlanden ist
er vereinzelt Kirchenpatron, auch
noch weiter entfernt, z.B. in der
katholischen Kirche Saint Boniface
in San Francisco, Kalifornien.
Und auch hier wird in seinem
Namen besonders viel Gutes für
Obdachlose getan.
Wie Franz von Assisi
Seit 2004 hat Saint Boniface im
Rahmen von „The Gubbio Project“
seine Türen geöffnet, damit den Tag
über, wenn alle Nachtunterkünfte
geschlossen sind, Obdachlose sich
in Ruhe aufhalten und auch schlafen
können. Die 1902 erbaute neoromanische Franziskanerkirche in
der Golden Gate Avenue im kulturell
vielfältigen, aber auch von großen
sozialen Problemen geprägten
Stadtviertel Tenderloin ist die
älteste deutsche katholische Kirche
in San Francisco. Heute versteht
sie sich nicht nur als eine Oase
für die Mitglieder ihrer englisch-,
spanisch- und vietnamesischsprachigen Gemeinde. Ganz im
Sinne von Franz von Assisi will
sie auch Schutzbereich sein für die
Armen ganz am Rande unserer
Gesellschaft.
Das Gubbio-Projekt wurde
nach der italienischen Stadt in
Umbrien benannt, in der eine
der bekanntesten Legenden von
Franziskus spielt. Dort verursachte
ein großer, aggressiver Wolf Angst
und Schrecken, und alle Versuche,
Saint Boniface Church in San Francisco
Foto: Wikimedia Commons
Gäste von „The Gubbio Project“
Fotos: Jeanette Antal
Unser Team – Unser Projekt | 21
ihn zur Strecke zu bringen, waren
vergeblich. Doch Franz von Assisi
stimmte nicht in den allgemeinen
Ruf „Schlagt den Wolf tot“ ein. Er
suchte ihn ohne Waffen auf, nannte
ihn „Bruder Wolf“, zähmte ihn und
verschaffte ihm einen Futterplatz,
denn er war eigentlich nur hungrig.
Aus dem Feind wurde ein Freund
und als der Wolf Jahre später starb,
trauerten die Menschen um ihn.
100 schlafen auf Kirchenbänken
Der Innenraum der St. Boniface
Church ist heute ein sicherer,
einladender und wunderschöner
Ort für täglich um die 100
Menschen, um sich auszuruhen
und zu schlafen. Ganz wie bei
unserer Obdachlosenhilfe ist es
ein niedrigschwelliges Angebot,
das von Montag bis Freitag, 6 h
bis 13 h geöffnet hat. Neben den
Kirchenbänken zum Schlafen
gibt es saubere Toiletten und
Duschgelegenheiten, eine Kleiderkammer und Sozialberatung. Eine
Handvoll von Festangestellten, außer
der Projektleiterin einige ehemalige
Gäste und junge Leute, wir würden
sagen FSJ-ler, wird von vielen
Ehrenamtlichen unterstützt, die für
ein ordentliches Frühstück sorgen.
Diese Morgenmahlzeit wird von
wechselnden Freiwilligen-Gruppen
vorbereitet und gemeinsam mit den
bedürftigen Gästen eingenommen,
so dass es viele Möglichkeiten
zu Gespräch und Begegnung
gibt.
Fundraising-Events
wie
eine Reihe von Jazz-Frühstücken
oder Vorträgen mit berühmten
Künstlern stellen gemeinsam mit
Anträgen bei Stiftungen und viel
Öffentlichkeitsarbeit sicher, dass
alle Kosten abgedeckt sind.
Schlichtheit und Schönheit
Das
Gubbio-Projekt
hat
sich in den elf Jahren seit seiner
Gründung stetig weiterentwickelt
und kooperiert eng mit zahlreichen
anderen
Einrichtungen
und
Stellen. Es kann die Gründe von
Obdachlosigkeit nicht bekämpfen,
aber es trägt dazu bei, die
Schlafende in den Kirchenbänken der Saint Boniface Church in San Francisco, Kalifornien
Lebenssituation der Betroffenen
gerade in Zeiten schlechten
Wetters, das ist in San Francisco
auch im Sommer häufig der Fall,
spürbar zu verbessern. Vor allem
aber hilft „The Gubbio Project“,
die Obdachlosen mitten in die
Gemeinde zu holen und damit
Stigmata und Ausgrenzung zu
überwinden.
Gefragt, was die Gründe für
den Erfolg des Projektes ausmache,
antwortet Laura Slattery, die
Projektleiterin, mit zwei Begriffen:
„Es ist die Schlichtheit, denn es
macht einfach Sinn, den Leuten
einen Raum zu geben, der geheizt
und in dieser Zeit nicht anders
genutzt wird. Und die Schönheit,
denn nicht nur der Innenraum der
Kirche ist schön, auch in Ruhe und
Sicherheit schlafende Menschen
sind ein schönes Bild.“
Vera Schäfer mit Material von
www.saintbonifacesf.org
und www.thegubbioproject.org
Foto: Jeanette Antal
22 | Unser Team – Unser Projekt
Herzlichen Dank allen Sachspendern ...
Die Obdachlosenhilfe erhält von zahlreichen Sachspendern vielfältige
Unterstützung – ihnen wollen wir danken
Im vergangenen Jahr hatten wir
im Jahresbericht 2013 die Namen
unserer Sachspender genannt, um
ihnen allen von Herzen zu danken.
Doch wie es manchmal leider
so kommt: Einige Spender waren
nicht erwähnt worden, weil uns
ihre Sachspende vielleicht nicht
im Kalenderjahr erreichte, andere
wollten doch lieber nicht genannt
werden und einige wenige hatten
wir wohl einfach übersehen – kurz:
Wir haben uns entschieden, diesmal
keine Namen zu nennen, sondern
uns nur von ganzem Herzen zu
bedanken.
Auch Ihr Beitrag ist entscheidend
für das Gelingen der Obdachlosenarbeit im Haneberghaus. Darum ein
herzliches „Vergelt‘s Gott“!
Wir freuen uns immer über
saubere gebrauchte Herrenbekleidung, vor allem über neue
Unterwäsche und Socken, aber
auch über Körperpflegeartikel und
(bitte nur nach Absprache) über
Lebensmittel- und Medikamentenspenden.
Fr. Emmanuel Rotter OSB
Wir danken insbesondere ...
• den zahlreichen Stiftungen, Vereinen und kommunalen Organen
• einer Reihe von Unternehmen für ihre Sachspenden
• befreundeten Klöstern v.a. für ihre Kleiderspenden
• den Spendern von Kleiderspenden im großen Stil und den vielen kleinen Spendern
• unseren Freunden und Förderern für Brot, Gebäck, Kuchen und Gemüse
• und allen unseren sonstigen Sachspendern
Haneberghaus und
Benediktus-Brunnen
im Frühjahr 2015
Foto: Fr. Matthias Leidenberger OSB
Unser Team – Unser Projekt | 23
Bewegte Zeiten für Kirche und Staat
Die Sommerakademie 2014 widmete sich dem Thema „Reformation und
Gegenreformation – das Zeitalter der Glaubensspaltung in Bayern“
Seit 2011 ist ein Höhepunkt der
jährlichen Bildungsveranstaltungen
in St. Bonifaz die „Sommerakademie“, die vom Kuratorium
der Freunde von St. Bonifaz unter
der Leitung und Organisation
von Herrn Prof. em. Dr. HansMichael Körner, Ludwig-Maximilians-Universität, ins Leben
gerufen wurde. Rahmenthema
einer Akademie ist jeweils eine
im Hinblick auf das Verhältnis
von Staat und Kirche in Bayern
besonders interessante Phase.
Spannende Vorträge
Ging es im Sommer 2011 um
die Säkularisation von 1803 und
ihre Folgen, im Jahr 2012 um
die Katholische Kirche und den
Nationalsozialismus und 2013 um
dem Kulturkampf in Bayern, so
hatte man sich für den Frühsommer
2014 wieder ein spannendes Thema
vorgenommen: Reformation und
Gegenreformation – das Zeitalter
der Glaubensspaltung in Bayern.
Den Zyklus begann Prof.
Dr. Manfred Eder, Inhaber des
Lehrstuhls für Kirchengeschichte
an der Universität Osnabrück,
mit dem Vortrag „Das Profil der
spätmittelalterlichen Kirche in
Bayern“, bevor Prof. em. Körner
zu „Die bayerische Entscheidung
gegen Luther“ sprach. Im Anschluss
stellte Prof. Dr. Klaus Unterburger,
Professor für Kirchengeschichte
an der Universität Regensburg,
„Herzog Albrecht V. von Bayern“
ins Zentrum seiner Betrachtungen
(1528-1579, reg. Herzog ab 1550).
Es folgte der Vortrag von Dr.
Tobias Appl, Bezirksheimatpfleger
der Oberpfalz sowie Lehrbeauftragter
am
Lehrstuhl
für
Landesgeschichte der Universität
Regensburg, der zum Thema
„Zwischen
Staatsraison
und
persönlicher
Frömmigkeit
–
Kirchenpolitik Herzog Wilhelms
V.“ sprach. Wilhelm V. lebte 1548
-1626 und war 1579-1597 Herzog
von Bayern. Dessen Nachfolger
Maximilian I. (*1573 +1651), seit
1597 Herzog von Bayern und
ab 1623 Kurfürst des Heiligen
Römischen
Reiches,
widmete
Dr. Gerhard Immler seinen
Vortrag, Leitender Archivdirektor
des Bayerischen Staatsarchives.
Schließlich sprach Dr. Katharina
Weigand vom Historischen Seminar
der LMU und rundete den Zyklus
mit ihrem interessanten Vortrag zu
„Reformationsjubiläen und LutherDenkmäler“ ab.
Bitte um Spenden
Auch 2014 hat Fr. Emmanuel
im Rahmen der Sommerakademie
immer wieder die Gelegenheit
genutzt, die Obdachlosenarbeit
vorzustellen und bei den zahlreichen
Zuhörern um Spenden zu bitten,
denn nur so kann im Haneberghaus
jeden Tag des Jahres unseren
ärmsten Mitmenschen geholfen
werden. So wird deutlich, dass in St.
Bonifaz nicht nur der Dreiklang von
Kirche, Wissenschaft und Kunst
gelebt wird, welchen sein Gründer,
Ludwig I., für das Bauensemble rund
um den Königsplatz im Sinn hatte.
Kloster Andechs, Stich von Merian um 1644
Vielmehr nimmt auch die tätige
Nächstenliebe im Haneberghaus
längst einen zentralen Platz im
Wirken unserer Abtei ein.
Vom 23. Juni bis zum 28. Juli 2015
findet unter dem Rahmenthema
„Das barocke Bayern“ schon zum
fünften Mal jeweils dienstags um 20
h die Sommerakademie der Freunde
von St. Bonifaz statt. Sollten Sie
sich für dieses Programm, für das
Colloquium Benedictinum (z.B.
die Vortragsreihe „Wie heute von
Gott sprechen – aus der Sicht
von drei großen Ordensfrauen“
im November 2015) oder andere
Bildungsveranstaltungen unserer
Abtei interessieren, so finden Sie
unter www.sankt-bonifaz.de oder
in der Tagespresse stets aktuelle
Hinweise.
Vera Schäfer
24 | Menschen
„Wir haben hier einfach viel mehr als ein normales
Doktor-Patienten-Verhältnis“
Die Ärztin Dr. Irene Frey-Mann über ihre Arbeit im Haneberghaus
Mit Leidenschaft und vollem Einsatz für ihre
Patienten: Die gebürtige Heidelbergerin Dr.
Irene Frey-Mann ist Leiterin der Arztpraxis
der Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz. Schon
während ihres Medizinstudiums setzte sie sich
für notleidende Menschen in Tansania ein.
Anschließend arbeitete sie als Allgemeinärztin in
verschiedenen Städten und konnte so Erfahrungen
in unterschiedlichen medizinischen Bereichen
sammeln. Dabei begleitete sie ständig der
Wunsch, mehr für die Menschen tun zu können.
Als berufliche Veränderungen ihres Mannes Frau Dr.
Seit 19 Jahren arbeiten
Sie nun in der Arztpraxis im
Haneberghaus und sind schon
lange deren Leiterin. Wie ist es
dazu gekommen?
Das war eigentlich ein glücklicher
Zufall. Als ich nach München
gezogen war, habe ich mir die
BISS-Zeitung gekauft und bin beim
Lesen auf eine mir bekannte Ärztin
gestoßen, die in der ObdachlosenPraxis des Klosters arbeitete.
Diese Ärztin habe ich dann gleich
angerufen und gesagt, dass mich die
Tätigkeit interessieren würde. Nach
einigen Vertretungen habe ich die
Praxis ein Jahr lang alleine geleitet,
als meine Kollegin im Mutterschutz
war. Und so bin ich nach und nach
einfach reingewachsen.
Wieso hat Sie besonders diese
Tätigkeit interessiert? Was ist
Ihr Beweggrund?
Ich hatte schon den Drang,
etwas Sinnvolles zu machen. Ich
dachte früher, dass ich in die
Frey-Mann nach München führten, weckte ein Artikel
der BISS-Zeitung über die Praxis des Klosters ihr
Interesse. Nicht nur medizinische Versorgung bieten,
sondern mit ihrer Arbeit zusätzlich Gutes bewirken –
dieses Prinzip setzen Frau Dr. Frey-Mann und ihr Team
seit 19 Jahren in unserer Arztpraxis um. Patienten
erhalten eine medizinische Versorgung, aber auch
weitere Unterstützung. Es ist ein Gesamtpaket. Das
Haneberghaus ist auch durch Dr. Irene Frey-Mann
viel mehr als nur eine Obdachlosenspeisung, eine
Kleiderkammer oder Arztpraxis. Es ist eine echte
Anlaufstellte für Hilfsbedürftige.
Entwicklungshilfe gehen würde,
weil ich auch mal ein Vierteljahr
während des Studiums in Afrika
gearbeitet habe und mir das große
Freude gemacht hat. Hier im
Hahneberghaus habe ich wieder
das Gefühl, dass ich etwas zutiefst
Sinnvolles mache.
Das Ziel Ihrer Arbeit ist, …?
Dass wir mehr als normale
Medizin für die Menschen machen,
die zu uns kommen. Diese haben
oft keine Möglichkeit, woanders
medizinisch versorgt zu werden. Wir
sind ihre Anlaufstellte. Jeder kann
hier herkommen, auch wenn er nicht
aus dem Ei gepellt ist oder sich nicht
Dr. Irene Frey-Mann, Leiterin der Arztpraxis im Haneberghaus, mit einem Patienten
Menschen | 25
gut ausdrücken kann, jeder soll sich
angenommen fühlen.
Menschen antreiben muss, dass sie
das auf sich nehmen.
Gibt es Vorgaben oder Einschränkungen vom Kloster?
Keiner macht mir große
Vorschriften – weder das Kloster
von innen, noch die Bürokratie von
außen. Das Kloster ist sehr liberal
und tolerant. Dadurch kann ich für
meine Patienten machen, was ich
für wichtig und gut halte.
Wie ist der Zustand ihrer
Patienten, wenn sie das erste
Mal kommen?
Das ist ganz gemischt. Wir
haben viele Patienten, die nicht nur
eine, sondern vielerlei Krankheiten
haben. Und diese sind oft so
schlimm, wie ich es früher in der
Allgemeinpraxis noch nie gesehen
habe, insbesondere bei Hautkrankheiten.
Gibt es Schwierigkeiten bei
Ihrer Arbeit?
Die Sprache ist ein riesiges
Problem. Wir können kein
Rumänisch oder Bulgarisch. Ich
habe in meinem Computer ein
Übersetzungsprogramm.
Wenn
es gar nicht geht, dann muss ich
darauf zurückgreifen. Das ist aber
sehr zeitraubend. Ich versuche dann
auch andere Patienten zu finden, die
mir helfen können. Ich spreche zwar
Englisch, Französisch, Italienisch
und Spanisch – aber leider keine
osteuropäischen Sprachen.
Somit behandeln Sie viele
ausländische Patienten. Kennen
Sie deren Beweggründe nach
Deutschland zu kommen?
Die Menschen kommen aus den
schlimmsten Zuständen her. Es ist
immer noch besser hier in München
auf der Straße, als beispielsweise
in Rumänien auf der Müllkippe
zu leben. Es gibt Anlaufstellen
für Essen und Kleidung. Wenn
man Glück hat, kann man auch
duschen. Das muss man sich mal
vorstellen, dass die Bedingungen
im Herkunftsland so schlimm sind,
dass man lieber in ein Land kommt,
dessen Sprachen man nicht spricht
und versucht sich durchzuschlagen.
Ich frage mich auch immer, was die
Können Sie sich erklären
warum?
Auf der Straße gibt es viele
Dinge, die man zuerst klären muss,
bevor man an die Gesundheit
denken kann. Die Menschen haben
dadurch andere Prioritäten. Zum
Beispiel: „Wo kriege ich einen Platz
zum Schlafen her oder etwas zum
Essen?“. Diese Hürden führen
dazu, dass die Patienten oft sehr
spät im Verlauf ihrer Erkrankung
kommen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu den
Patienten?
Ich vertrage mich mit den
Patienten sehr gut, auch wenn
ich streng bin. Das erkennen die
Patienten aber auch an. Einer
sagte mal zu mir „Du hast dich so
aufgeregt, da habe ich das Gefühl
gehabt, ich bin dir wichtig!“
Können Sie sich auf Ihre
Patienten verlassen?
Leider kann man sich auf gar
nichts verlassen, besonders nicht
auf eine regelmäßige Einnahme
von Medikamenten. Wir bieten den
Patienten eine Wochenschachtel
an, in der wir tageweise die
Medikamente portionieren und
Foto: Margret Paal
26 | Menschen
sagen ihnen, wann sie diese holen
müssen. Aber auch diese Schachtel
liegt oft wochenlang bei uns und
wird nicht abgeholt, teilweise bei
lebenswichtigen Medikamenten.
In der Arztpraxis im Haneberghaus
Was war einer der einprägsamsten Momente für Sie?
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Alkoholpatient.
Ja, damals wusste ich, dass er
sterben wird. Ich hatte ihm so
oft gesagt „Geh doch nochmal
zur Entgiftung. Ich möchte nicht
zu deiner Beerdigung gehen“.
Alle Bemühungen haben nichts
geholfen. Irgendwann wurde er
tot in der Wohnung gefunden.
Ganz furchtbar. Kurz darauf kam
seine Schwester zu uns, obwohl
er gesagt hatte, dass es keinen
Kontakt zu seiner Familie gibt. Sie
wollte von uns seine Geschichte
hören, da sie ihn seit Jahren nicht
gesehen hatte. Ich habe ihr von
unserem guten Verhältnis erzählt
und dass ihm leider nicht zu helfen
war. Jetzt kommt diese Frau jede
Weihnachten, seit bestimmt zehn
Jahren, und bringt uns 50 Euro
Spende, damit wir den Leuten
auch mal etwas kaufen können.
Wir haben hier einfach mehr als
ein normales Doktor-PatientenVerhältnis.
Somit werden Ihre Patienten
nicht nur körperlich versorgt,
sondern
auch
moralisch
unterstützt.
Wir gehen auf verschiedene
Bedürfnisse ein, wenn es uns
möglich ist. Ich habe auch schon
Patienten zu Hause oder im
Gefängnis besucht. Natürlich auch
im Krankenhaus, wenn wir wissen,
denen geht es nicht gut. Einfach
mal schauen, braucht er noch etwas
wie Hausschuhe oder eine Jacke
für später. Ist der Patient dann
Fußballfan von 1860, muss die Jacke
natürlich blau sein, bei Bayern-Fans
rot. Wir freuen uns, wenn wir neben
der medizinischen Versorgung noch
etwas Gutes tun können.
Was wäre Ihr Wunsch für die
Zukunft?
Dass die Menschen nicht mehr
aus ihrer Heimat wegmüssen. Dass
die Situationen vor Ort besser
werden. Dass es einfach in den
Ländern nicht so schrecklich ist.
Und für Ihre Praxis?
Ich hoffe, dass wir einen
Nachfolger oder Nachfolgerin für
mich finden. Meine Kollegin, Sr. Dr.
Antonia Hippeli, ist sehr gut, aber
sie kann es nicht alleine schaffen.
Wir suchen jemanden, der auch sein
Herzblut reinhängt.
Wenn es etwas gäbe, dass Sie
ändern könnten, dann..?
Da müssten wir uns – Sr.
Ogmunda und mich – 20 Jahre
jünger machen, dann könnten wir
nochmal 20 Jahre länger arbeiten!
Und gibt es einen Leitspruch,
der Sie täglich motiviert?
Tatsächlich hängt einer an
meinem Computer: „Ich weinte,
weil ich keine Schuhe hatte, bis
ich jemanden sah, der keine Füße
hatte.“ [Helen Keller].
Interview:
Nadine Cibu
Menschen | 27
Kein Platz – alles voll
Im Winter, wenn kalter Wind weht und die Temperaturen unter null Grad fallen,
haben es Wohnungslose besonders schwer.
• Immer mehr Menschen in Deutschland haben keine Bleibe, weil Wohnraum knapper und teurer wird.
• Momentan sind bundesweit etwa 280 000 Menschen ohne Wohnung, bald sind es 100 000 mehr.
• Auch zunehmend junge Leute sind betroffen.
Harald Schnett weiß nicht, wohin
mit sich. Wenn andere morgens die
Wohnungstür zuschlagen und sich
auf den Weg zur Arbeit machen,
schlägt Harald Schnett nur eine
Autotür zu. Doch nicht mal die
gehört ihm. Seit mehreren Wochen
lebt der 56-Jährige in einem
geparkten Kleinbus, ohne Heizung,
ohne Strom. Eine Bekannte hatte
ihm das Auto geliehen, als Schnett
wegen eines Streits mit anderen
Bewohnern sein Zimmer in einem
Münchner
Obdachlosenheim
verlor. „Dabei konnte ich da nichts
dafür, schon wieder“, sagt Schnett,
und es klingt, als hätte er diesen Satz
schon viele Male in seinem Leben
gesagt. Ob er immer stimmt, ist eine
andere Frage. Eine von vielen.
Denn wie lange Schnett keine
Wohnung mehr hat, weiß er heute
nicht mehr: acht, zehn, oder waren
Gäste im Aufenthaltsraum des Haneberghauses
es doch elf Jahre? Er verlor damals
seinen Hausmeisterjob, kurz danach
war auch die Wohnung weg. „Na
toll“, sagt Schnett, wenn er darüber
spricht. Er versucht den Gram in
seinem Gesicht wegzulächeln. Es
misslingt. Auf der Straße geschlafen
habe er so gut wie nie, immer bekam
er am Ende einen Schlafplatz bei
Bekannten, in einer Notunterkunft
oder später einem Wohnheim. Aber
eine Wohnung? Nein, die war nie in
Aussicht, antwortet er. Kein Geld,
keine Arbeit, keine Wohnung - keine
Wohnung, kein Job.
Arme als auch reiche Städte trifft
es gleichermaßen
4500
akut
Wohnungslose
zählt München momentan, nach
Angaben des örtlichen Amtes für
Wohnen und Migration kommen
jeden Monat 40 bis 60 Menschen
Foto: Margret Paal
hinzu.
Trotz
wirtschaftlicher
Stärke schafft die Stadt es nicht,
all ihre Bewohner unterzubringen.
Denn
Wohnungslosigkeit
ist
schon lange nicht mehr nur ein
Problem der wirtschaftsschwachen
Städte, wie zum Beispiel Athen.
Dort ist aufgrund der jahrelangen
Rezession im Land und der hohen
Arbeitslosigkeit die Zahl der
Wohnungslosen seit 2009 um 25
Prozent gestiegen. Mittlerweile
liegt sie Schätzungen zufolge
bei mehr als 10 000 Menschen.
Die
wohlhabenden
Städte
aber stehen vor den gleichen
Herausforderungen, wenn auch aus
anderen Gründen: Hier sind es der
Reichtum und das Wachstum, die
dafür verantwortlich sind, dass es
nicht mehr selbstverständlich ist,
eine Wohnung zu haben.
Arme als auch reiche Städte
trifft es gleichermaßen, in ganz
Deutschland nimmt die Zahl der
Wohnungslosen zu. Im Jahr 2012
waren den jüngsten Schätzungen
der
Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe zufolge etwa
280 000 Menschen wohnungslos, bis
2016 soll die Zahl noch mal um 100
000 ansteigen. Wohnungslosigkeit
ist
allerdings
nicht
gleich
Obdachlosigkeit. Als obdachlos
gilt, wer auf der Straße schläft, also
„Platte macht“. Akut wohnungslos
ist, wer keine durch einen
28 | Menschen
Mietvertrag abgesicherte Wohnung
und keine Eigentumswohnung
besitzt. Nordrhein-Westfalen führt
bisher als einziges Bundesland eine
Statistik, offizielle Erhebungen für
die gesamte Bundesrepublik gibt es
deshalb nicht. In die Schätzungen
der
Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe
fließen
unterschiedliche Faktoren mit
ein, zum Beispiel Mietpreise oder
Zwangsräumungen.
Die kleinen Wohnungen wollen
nicht mehr nur diejenigen mit
kleinem Einkommen
Die Zahl der Wohnungslosen
nimmt zu, weil Wohnraum immer
knapper und teurer wird. Nicht nur
in den Großstädten, sondern auch in
Klein- und Mittelstädten fehlt es an
preiswerten, kleinen Wohnungen.
„Gerade bei denen gibt es eine
besondere
Konkurrenzsituation:
Die wollen nicht mehr nur diejenigen
mit geringem Einkommen –
sondern auch die Singles, die gut
verdienen“, sagt Werena Rosenke
von der Bundesarbeitsgemeinschaft.
Vor allem Hartz-IV-Empfängern
würden die hohen Mieten wegen
der Mietobergrenzen zusetzen
– werde die Mieterhöhung vom
Job-Center als nicht angemessen
eingestuft, müsse sie der Arbeitslose
aus eigener Tasche zahlen. Oder
sich eine neue, günstigere Wohnung
suchen.
Harald
Schnett,
der
in
Wirklichkeit anders heißt, doch
anonym bleiben möchte, hätte
gerne wieder eine solche günstige
Wohnung, irgendwann. Das Auto
ist nur eine Übergangslösung, in
ein paar Wochen will die Bekannte
es zurück. Momentan beginnt
jeder seiner Tage früh und endet
früh, wie damals in seiner Jugend,
als er während der Lehre mitten in
der Nacht in der Backstube stand.
Heute verlässt der 56-Jährige gegen
vier Uhr den Bus, steigt auf sein Rad
und fährt seine gewohnte Route
ab, von Container zu Container.
Flaschen sammeln, um die
Sozialhilfe von monatlich etwa 390
Euro aufzubessern. Eine Etappe
endet, wenn der Rucksack voll ist.
Schnett selbst sagt, dass er beim
Amt für Wohnen und Migration
schon lange auf einer Warteliste für
eine Sozialwohnung stehe – doch
bisher trotz generellen Anspruchs
immer vertröstet wurde.
Der Boom der Städte
Ein Besuch in der Franziskanerstraße an einem anderen Tag,
an einem anderen Abend. Die
meisten Mitarbeiter sind bereits auf
dem Nachhauseweg, die Gänge sind
leer, doch Rudolf Stummvoll, Leiter
des Münchner Amts für Wohnen
und Migration, sitzt noch immer in
seinem Büro im vierten Stock. Der
60-Jährige blickt aus dem Fenster,
während er spricht. Fast, als wolle er
seine leisen, bedächtig klingenden
Worte an die Stadt richten und nicht
an seinen Besucher: „Dieses Amt
ist mehr als 100 Jahre alt. Wenn du
Geld hattest, konntest du in dieser
Stadt schon immer gut leben, auch
heute – aber sonst? Irgendwann
wird München an seinem eigenen
Erfolg ersticken, wenn es nicht
gelingt, das Wohnungsproblem zu
lösen.“ Es klingt nicht verbittert,
wenn Stummvoll das sagt. Nur
ehrlich.
Wenn man den Erfolg einer Stadt
daran misst, ob sie für Menschen
attraktiv ist, dann hat München
Erfolg: Der Nettozuzug – die
Fortzüge sind von diesen Zahlen
schon abgezogen - liegt derzeit bei
Im Haneberghaus
Foto: Margret Paal
Menschen | 29
25 000 bis 30 000 Menschen im Jahr.
Sie alle drängen in die Stadt, in die
Wohnungen und Häuser. Doch wer
zu wenig Geld hat, um die Kaltmiete
von im Schnitt mehr als zehn Euro
pro Quadratmeter zu zahlen oder
sich gar eine eigene Wohnung zu
kaufen, hat es schwer: 90 Prozent
der Münchner Wohnungen sind in
Privatbesitz. 10 Prozent bleiben der
Stadt. Zu wenig.
Die Stadt als Projektionsfläche in
einer individualisierten Gesellschaft
Immer und immer wieder zu
wenig. Stummvoll blickt aus dem
Fenster. Wäre die Wohnungsnot in
Städten wie München weniger groß,
wenn mehr Leute bereit wären,
in den Randgebieten zu wohnen?
Nein, sagt Stummvoll und schüttelt
den Kopf. Wer bei ihm durch die
Tür tritt, muss bereits bis weit
in den Speckgürtel hinein nach
Wohnungen gesucht haben, muss
Absagen und Annoncen vorweisen,
sein
gesamtes
Einkommen
offenlegen. Erst dann bringt die
Landeshauptstadt einen unter, oder
besser gesagt, versucht es: 20 000
Menschen haben sich in diesem
Jahr beim Amt um eine Wohnung
bemüht, 13 000 von ihnen haben
die Anforderungen erfüllt und
eine Vormerkung erhalten, 9000
davon waren besonders dringlich.
Doch nicht einmal für die Hälfte
all dieser dringenden Fälle haben
die Wohnungen gereicht: „3500
geförderte Wohnungen haben wir
in diesem Jahr vergeben“, sagt
Stummvoll. Er weiß, es reicht nicht.
Dass die Städte boomen, während
auf dem Land immer mehr Häuser
leerstehen, liegt nicht nur an den
wirtschaftlichen Vorteilen, die die
Städte bieten: mehr Unternehmen,
mehr Arbeitgeber. Sondern auch
am subjektiven Lebensgefühl, das
die Großstädte verheißen, sagt der
Stadtsoziologe Florian Schmidt.
Er ist Mitgründer der Initiative
„Stadt neu denken“ in Berlin und
seit Kurzem Atelierbeauftrager
der Hauptstadt: „Das Individuum
findet in den Städten eine Vielfalt
von Lebensentwürfen, an denen es
sich orientieren kann. Die Städte
werden zur Projektionsfläche der
individuellen Sinnsuche in unserer
Konsumgesellschaft.
Deshalb
drückt vor allem die Wissens- und
kreative Elite in die Innenstädte –
und verdrängt andere.“
Auch Berlin, das lange für
billige Mieten bekannt war,
kämpft wie so viele deutsche
Städte mit der Wohnungslosigkeit:
Die Nettokaltmieten sind im
vergangenen
Jahr
doppelt
so stark gestiegen wie im
Bundesdurchschnitt.
Nach
Angaben der Senatsverwaltung
für Gesundheit und Soziales sind
momentan etwa 12 000 Menschen
ohne Wohnung. Nicht alle leben in
Heimen, manche auch in Pensionen
oder Hostels. Während der kalten
Monate richten die Bezirke
der Stadt jedes Jahr bis zu 500
Notschlafplätze ein, in diesem Jahr
sollen es 600 sein. Noch reicht das,
da die Temperaturen relativ milde
sind. Doch das kann sich schnell
ändern. „Das Wohnungsproblem
hat massiv zugenommen. Immer
mehr Menschen kommen in
unsere Beratungen, all unsere
Einrichtungen sind nahezu voll
ausgelastet“, sagt Kai GerritVenske, Referent der Berliner
Caritas für Wohnungslosen- und
Straffälligenhilfe.
In der Hauptstadt bietet die
Caritas unter anderem betreutes
Einzelwohnen
an;
Menschen
im Anschluss eine Wohnung zu
vermitteln, werde allerdings immer
schwieriger. „Unsere Mitarbeiter
sind mittlerweile mitunter mehr
Makler als Sozialarbeiter“, sagt
Venske. Eigentlich habe Berlin
zwar ein sehr dichtes Netz, von
Streetwork bis hin zur stationären
Betreuung. Aber das System komme
an seine Grenzen. Das zeige das
veränderte Stadtbild, sagt Venske:
„Unter
den
S-Bahn-Brücken
schliefen früher ein paar Einzelne,
heute sind es ganze Gruppen.“
Noch in der Ausbildung, schon
wohnungslos
In München merken die
Sozialarbeiter und Ehrenamtlichen
der Teestube „Komm“ ebenfalls,
dass sich etwas verändert hat. An
diesem Nachmittag ist wie so oft
jeder Tisch besetzt, manche der
Gäste haben ihren Kopf in den
verschränkten Armen verborgen
und versuchen ein wenig Ruhe zu
finden, andere gehen von Tisch zu
Tisch und grüßen mit vertrautem
Handschlag. Wer keine Wohnung
hat, der kann sich hier in der
In der Kleiderkammer
Foto: Margret Paal
30 | Menschen
Teestube aufwärmen, eine warme
Mahlzeit zubereiten, Kleidung
waschen.
Dass die Listen für Küche und
Dusche voll sind, ist kein neues
Phänomen. Doch viele, die sich auf
diesen Zetteln eintragen, sind neu:
„Es kommen mittlerweile immer
mehr zu uns, die erst vor Kurzem
wohnungslos geworden sind, also
nicht nur die typischen Obdachlosen
mit Rauschebart, die man sich
gemeinhin so vorstellt“, sagt
Franz Herzog, der die Einrichtung
des Evangelischen Hilfswerkes
leitet. Zunehmend junge Leute
seien dabei, die noch während
der Ausbildung ihre Wohnung
verloren haben oder arbeitslos
und damit auch wohnungslos
geworden sind. Gerade die würden
sich oft nicht immer trauen, die
eigene Notsituation vor Freunden
zuzugeben, sagt Herzog. Vor der
Küche wartet wenig später eine
junge Frau, die dunklen Haare hat
sie zum Zopf nach oben gebunden.
Auch hier innen trägt sie trotz
Wärme eine dicke Steppjacke, ihre
Essensausgabe im Haneberghaus
Stofftasche mit Topf und Pfanne
drückt sie fest gegen ihren Bauch.
Den Blicken der anderen weicht
sie aus. Wer sie anspricht, hört: „Ist
jetzt ganz schlecht, ist jetzt schlecht,
ich bin gerade beschäftigt.“ Ihre
Stimme zittert dabei, ihre Tasche
umklammert sie noch ein wenig
fester.
Ausgespuckt von der Großstadt
Momentan bleiben Herzog
zufolge viele länger in den
Obdachlosenheimen als nötig, da
keine Wohnungen frei werden.
Eine bedenkliche Entwicklung,
die sich auch in anderen Städten
abzeichnet, sagt Stadtsoziologe
Florian
Schmidt:
„Gerade
diejenigen, die zahlungsschwach
oder in den schönen Wohnwelten
nicht gern gesehen sind, haben es
nun besonders schwer. Sie werden
von den Großstädten wieder
ausgespuckt.“ Doch eine Stadt lebt
von einer Mischung, von Vielfalt
statt Uniformismus. Wenn sich nur
noch eine bestimmte Klientel das
Leben in der Stadt leisten kann,
führt das zu einer klaren Trennlinie
quer durch die Gesellschaft.
„Bedenklich“, sagt Schmidt.
Diese Trennlinie spürt Harald
Schnett schon jetzt. Noch immer
wohnt er in seinem geparkten
Kleinbus. Er fürchtet die Kälte,
die in den kommenden Wochen
hereinbrechen
könnte.
„Ich
habe Angst, dass mir die Füße
wegfrieren.“ Er hofft, dass er
irgendwann wieder ein Türschloss
zu seiner eigenen Wohnung
aufsperren wird. Mit seinem
eigenen Schlüssel. „Das wäre das
Größte“, sagt er. Doch noch ist das
sehr weit weg. Noch weiß Schnett
nicht einmal, was passiert, wenn er
den Bus verlassen muss. Er weiß
noch immer nicht, wohin mit sich.
Pia Ratzesberger
Mit freundlicher Genehmigung
der Süddeutsche Zeitung,
dort erschienen Weihnachten,
24./25./26. Dezember 2014,
Nr. 296, S. 22
Foto: Margret Paal
Menschen | 31
Die Nonne von der Alimaus
Mitten in Hamburg-Altona sichern Freiwillige das Überleben von Obdachlosen.
Die Einrichtung ist auch Rettungsanker für Gestrandete aus Osteuropa.
Hamburg, 11 Uhr. Zum späten
Frühstück kommen an diesem
Montag die unterschiedlichsten
Gäste: Torsten Wöhler, der im Park
nebenan schläft, sich bereits einen
Liter Weißwein reingeschüttet hat.
Raducanu Viorel, der mit seiner
hochschwangeren Frau und seiner
zweieinhalbjährigen Tochter in
einem schrottreifen Campingbus
haust, ohne Strom und ohne
Wasser. Ana Maria Yoldaş, die ihren
sechs Wochen alten Säugling in
einer Tragetasche mitschleppt und
andere Mütter um Windeln anfleht.
Oase im Großstadtdschungel
Willkommen im Speisesaal
der Alimaus, dem Treffpunkt für
alle, denen es in Hamburg dreckig
geht. Das rote Holzhaus mit den
blauen Fensterläden und den
Blumenstauden drum herum steht
mitten in Altona, eine Oase im
Großstadtdschungel, neben der
S-Bahn-Station am Nobistor. Die
Reeperbahn mit ihren Theatern,
Bordellen und Neppläden liegt
nur 200 Meter entfernt, und zum
Hafen, wo die Kreuzfahrtschiffe
festmachen, ist es auch nicht weit.
Das Haus mit der putzigen
Bezeichnung, benannt nach dem
Kosenamen einer früh verstorbenen
Tochter der Gründerin, ist für seine
Besucher oft der einzige Fixpunkt
in ihrem Dasein. Und für viele geht
es schlicht ums Überleben.
Rund 500 Menschen werden hier
jeden Tag kostenlos verköstigt und
Die Alimaus
Foto: Julia Janssen
teilweise auch eingekleidet, mehr als
in jeder anderen Einrichtung der
Hansestadt. Rund 150 Freiwillige,
darunter viele sozial engagierte
Jugendliche, Rentner, Hausfrauen,
kaufen ein, kochen, servieren,
putzen. Der Hilfsverein St. Ansgar,
der keinerlei öffentliche Gelder
erhält, finanziert sich ausschließlich
aus Spenden.
„Der dachte, ich wäre tot.“
Roy, der Jazzer, kommt dreimal
pro Woche. Mehr als 35 Jahre lang
spielte er in Kapellen die Trompete,
lebte drei Jahre im Mekka des Jazz, in
New Orleans, musizierte als einziger
Weißer in schwarzen Bands. Heute
ist er übergewichtig und krank, die
Schachtel mit den Herztabletten
ragt aus seiner Hemdtasche. Seine
Rente, meist war er nicht versichert,
liegt unter hundert Euro, dazu
bekommt er Stütze. Als er kürzlich
für mehrere Wochen in die Klinik
musste und keiner wusste, wo
er war, ließ der Verwalter seines
Eineinhalb-Zimmer-Apartments
kurzerhand die Tür aufbrechen
und die Einrichtung auf den Müll
karren. „Der dachte, ich wäre tot“,
berichtet Roy. Weil alle Zeugnisse
seiner Lebensgeschichte vernichtet
sind, die Jazzbücher, die Fotos, die
alten Instrumente, erzählt er beim
Essen ständig Anekdoten aus seiner
Vergangenheit.
Auch Torsten Wöhler hat
seine Wohnung verloren. Seit sie
abgebrannt ist – sein Mitbewohner
schlief mit der Zigarette ein – , pennt
der 52-Jährige, der mindestens
zehn Jahre älter aussieht, auf
Parkbänken und in Hauseingängen.
Morgens, wenn er seinen Rausch
ausgeschlafen hat, setzt er seine St.Pauli-Kappe auf und schleppt sich
zu Aldi, um den ersten Literkarton
Weißwein zu kaufen. „Den hau ich
mir vor dem Frühstück rein“, sagt
der Hartz-IV-Empfänger, „wenn
ich gut drauf bin, schaff ich vier
Kartons am Tag.“
Im Rausch vergisst er nach und
nach seine Kindheit in mehreren
Heimen, seine Knastaufenthalte,
seine drei gescheiterten Ehen und
den Umstand, dass er schon zwei
Herzinfarkte hatte und seit ein
paar Monaten mit einem Bypass
herumläuft. Ohne die regelmäßigen
Mahlzeiten im Holzhaus, glaubt er,
„wäre ich schon tot“.
Seit 1993 gibt es die Alimaus.
32 | Menschen
Bis 1999 diente ein ausrangierter
Zirkuswagen als Zufluchtsort,
es gab Kaffee, Kuchen und
Hilfestellung beim Überleben auf
der Straße. Besucher wie Roy und
Torsten Wöhler waren damals in
der Überzahl: Trinker, Junkies,
Obdachlose aus ganz Deutschland,
dazu Punks und Strichjungen.
Inzwischen bevölkern den
Speisesaal mehrheitlich Hilfesuchende aus anderen Regionen,
darunter vereinzelte Flüchtlinge aus
dem Nahen Osten und aus Afrika.
Vor allem aber Arbeitsuchende und
mittellose Familien aus Osteuropa.
Arbeit, egal welcher Art
Montag, 14 Uhr. Vor der Alimaus
fahren ein Dutzend Autos mit
bulgarischen Kennzeichen vor. Aus
alten Lieferwagen und gebrauchten
Pkw klettern rund 30 abgekämpft
wirkende Männer in verschwitzten
Unterhemden und T-Shirts, packen
Plastiktüten, Müllsäcke und alte
Koffer mit ihren Habseligkeiten
aus, auch ein paar Matratzen. Mehr
als 20 Stunden waren die Männer
unterwegs, in Hamburg suchen sie
Arbeit, egal welcher Art. Arbeit, die
sie in ihrer Heimat nicht finden.
Die Männer wissen, dass es hier
kostenlos zu essen und zu trinken
gibt. Und sie wissen auch, dass hier
montags diverse Kleinunternehmer
aufkreuzen, meist Türken, aber
auch einige Deutsche, die billige
Arbeitskräfte für Baustellen suchen.
Schwarz, versteht sich.
Mehr als drei Euro pro Stunde
sind nicht drin, auf diesem Markt
gibt es keinen Mindestlohn. Nach
vier Wochen wollen die Bulgaren
zurück, dann werden sie von der
nächsten Karawane aus ihrem
Dorf abgelöst. Wer nicht viel Geld
mitbringen kann, traut sich kaum
heim. Andere haben nicht mal Geld
für den nächsten Tag.
„Ich besitze noch 1,50 Euro“,
sagt Raducanu Viorel aus Rumänien,
„wir können keine Milch für die
Kleine kaufen.“ Der 47-jährige
Mann, klein, kurz geschnittene
Haare, düstere Miene, deutet auf
Ariane, seine zweieinhalbjährige
Tochter mit dem dunklem
Lockenkopf, die umherspringt,
dabei ständig auf den Fahrradweg
läuft, heute schon fast überfahren
wurde. Die hochschwangere Mutter,
eine zierliche Frau mit verhärmten
Zügen und einem riesigen Bauch,
kann sich nicht mehr schnell genug
bewegen, das Kind nicht ständig
festhalten. Aber die Tochter den
ganzen Tag einsperren, das will sie
auch nicht.
Leben im alten Campingbus
Als Unterkunft dient der Familie
seit Wochen ein ausrangierter,
vergammelter Campingbus, der auf
einem Parkplatz vor der Alimaus
steht und nicht mehr fahrtüchtig
ist. Die Nummernschilder sind
Schwester Clemensa
Foto: Julia Janssen
abmontiert, in den Reifen ist kaum
noch Luft, auf der Karosserie
liegt eine Staubschicht. Sobald die
Sonne scheint, wird es im Innern
unerträglich stickig. Der bulgarische
Vorbesitzer habe ihm die Karre
verkauft, erzählt Raducanu Viorel,
für 200 Euro, Raducanus letztes
Geld. Trotzdem sei er froh, dass
seine schwangere Frau und seine
Tochter ein Dach über dem Kopf
hätten. Aber für wie lange?
Polizisten, die den abgemeldeten
Wagen kontrollierten, drohten schon
mehrfach mit dem Abschleppdienst,
klebten gelbe Warnzettel an die
Windschutzscheibe. Das Ehepaar
lebt deshalb in ständiger Angst.
„Nehmt doch das Kind gleich mit“,
empörte sich der Familienvater bei
der letzten Kontrolle. Er kann nicht
verstehen, dass Verkehrsgesetze
wichtiger sein sollen als das
Schicksal seiner Angehörigen.
In Ploieşti, einer Industriestadt
nördlich von Bukarest, malochte
er jahrelang in einer Raffinerie,
bevor er entlassen wurde. Landsleute hätten ihm von tollen
Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland vorgeschwärmt. Doch ohne
Deutschkenntnisse – Viorel kann
nur wenige Brocken – und ohne
Beziehungen gibt es kaum Chancen.
Manchmal putzt der Rumäne
an einer Ampelkreuzung die
Frontscheiben von Autos, das wirft,
wenn es gut läuft, ein paar Euro
ab. Den Aufenthalt in Deutschland
hatte er sich ganz anders vorgestellt.
Und staatliche Unterstützung? „Ich
weiß nicht, wo ich die beantragen
soll“, sagt Viorel.
Obwohl die Familie auf die
Lebensmittel in der Alimaus
angewiesen ist, kommt es zu
Konflikten, Viorel legt sich öfter
mit den Helfern an. Verbittert über
Menschen | 33
seine Situation, fühlt er sich schnell
übervorteilt und zurückgesetzt,
diskutiert mit Händen und Füßen.
Warum gibt es kein Obst für seine
Tochter? Wieso bekommt seine Frau
keine Schwangerschaftsklamotten?
77 Jahre alt, aber unerschütterlich
Schwester Clemensa, die mit
bürgerlichem Namen Agnes Möller
heißt, tritt dazwischen. Sie holt ein
paar Äpfel für die Kleine, beruhigt
den Vater, sorgt dafür, dass die
werdende Mutter nochmals in der
Kleiderkammer stöbern kann. Die
Schwester, die das Haus mithilfe
von drei weiteren Nonnen leitet,
strahlt Autorität aus.
77 Jahre ist sie alt, klein,
schmächtig, aber unerschütterlich.
Seit sie vor mehr als 50 Jahren in den
Franziskanerorden eintrat, ist sie
ständig mit Elend konfrontiert: In
Heimen betreute sie misshandelte
und verlassene Kinder, in Wärmestuben kümmerte sie sich um
verwahrloste Alkoholiker, in Obdachlosenunterkünften versorgte
sie gescheiterte Berber. Seit fünf
Jahren bemüht sich Schwester
Schwester Clemensa
Foto: Julia Janssen
Clemensa täglich um die Mittellosen
und Ausgehungerten im reichen
Hamburg. „Ich gehe dorthin, wohin
man mich schickt“, sagt sie.
Die Nonne, die mitten auf
dem Kiez wohnt, hat es sich
längst abgewöhnt, über andere zu
urteilen. Jemand trinkt, jemand
spritzt Heroin, jemand klaut – na
und? „Die Realität ist, wie sie ist“,
sagt sie. „Ich kann sie nicht ändern.
Aber ich kann das Schicksal der
Leute erleichtern.“
Wenn sie spätabends über die
Reeperbahn zu ihrer Wohnung
radelt, trifft sie manchmal auf
alte Bekannte: Türsteher von
Rotlichtschuppen, die mittags noch
in der Alimaus gegessen haben,
laden sie zu einem Drink ein. „Ich
freue mich, aber bisher habe ich
immer abgelehnt“, sagt sie.
Im Umgang mit aggressiven
oder alkoholisierten Besuchern
behält die Nonne ebenso Ruhe und
Übersicht wie bei Massenandrang.
Das war im Frühjahr besonders
nötig, die Schlangen vor dem
Speisesaal wurden täglich länger.
Grund: die Ankunft obdachloser
Familien
mit
Kindern
aus
Osteuropa, die auf den Parkwiesen
gegenüber Zelte aufschlugen und,
weil sie ausgehungert waren, keine
Mahlzeit versäumten. „Erst haben
die Männer gegessen, dann die
Frauen“, beobachtete Schwester
Clemensa, „es gab ständig Unruhe.“
Die Neuankömmlinge zofften
sich mit anderen Gästen und dem
Personal, meist ging es nur um
kleine Vorteile, um die Größe von
Portionen, um die besten Plätze.
„Es sind Menschen, die ständig
ums Überleben kämpfen müssen“,
zeigt die Schwester Verständnis,
„die fühlen sich ganz schnell mies
behandelt oder verachtet.“
Nachts versuchten jüngere
weibliche
Familienmitglieder,
auf dem Straßenstrich Geld zu
verdienen, am Tag wurden die
Kinder zum Betteln geschickt.
Als Bewohner der angrenzenden
Hochhäuser gegen Lärm, Dreck
und Gestank protestierten, als die
Stimmung kippte, Anrainer und
Camper aufeinander losgingen,
ließ das Bezirksamt HamburgAltona den Zeltplatz mithilfe der
Polizei räumen; die Reisenden
gingen schließlich freiwillig. Doch
inzwischen lagern im Park wieder
Familien mit kleinen Kindern.
„Alles wird gut.“
Montag, 15.30 Uhr. Schwester
Clemensa betet wie vor jeder
Mittagsmahlzeit ein Vaterunser, im
Saal wird es ganz still. Alle stehen
auf: die Muslime, die Christen,
auch die Verbitterten, die längst
aufgehört haben, an irgendeinen
Gott zu glauben. „Eine Minute
Einkehr tut allen gut“, findet die
Schwester.
Ihren eigenen Glauben habe
die tägliche Konfrontation mit der
Not nicht erschüttert, versichert sie,
Gott sei für sie immer gegenwärtig.
Allerdings: „An manchen Tagen
spürt man seine Gegenwart weniger
als an anderen.“
Auf den Holztischen, dekoriert
mit Blumen, stehen Teller mit
belegten Broten, zum Mitnehmen.
Als Hauptgericht gibt es wahlweise
Spinatauflauf mit Fleisch oder
alternativ, für Vegetarier, Nudeln
mit Tomatensoße, zum Nachtisch
Obstsalat. An der Wand hängt
eingerahmt ein optimistischer
Spruch: „Alles wird gut.“
Kommen kann jeder, der sich
an die wenigen Regeln hält: kein
34 | Menschen
Alkoholkonsum, keine Zigaretten,
keine Tiere. Niemand muss seine
Bedürftigkeit nachweisen wie in
anderen Einrichtungen.
Eine Gruppe Afrikaner hat
sich einen eigenen Tisch gesichert,
auch mehrere Rumänen wollen
unter sich bleiben, scheuchen einen
älteren Mann im Bademantel und
an Krücken mit barschen Gesten
weg, auch seine Begleiterin, eine
ängstlich wirkende Frau mit
Kopftuch, wird fortgeschickt.
Ein deutscher Obdachloser, der
heftig zittert, packt sich mit steifen
Fingern fünf belegte Brote in
den Rucksack, guckt sich dabei
mehrfach um, eigentlich ist nur
eines erlaubt.
Als Ana Maria Yoldaş zum
Essen kommt, zum zweiten Mal an
diesem Tag, drückt das Personal ein
Auge zu, auch zum zweiten Mal.
Eigentlich sollen Kinder nicht in
den Speisesaal, wegen der vielen
rauen Gesellen, der manchmal
rüden Atmosphäre. Doch die Frau
mit den rötlich gefärbten Haaren
und dem traurigen Gesicht hat
ihren sechs Wochen alten Säugling
dabei, wer will da auf Vorschriften
pochen? Das Kind schläft.
Die Rumänin ist gerade mal 23,
hat aber neben dem Baby noch
einen vierjährigen Sohn und eine
zweijährige Tochter. Keiner der drei
Väter kümmert sich, Ana Maria
muss sich allein durchschlagen,
irgendwie. „Kinder sind wichtig,
Männer nicht“, sagt sie. Und
versucht, sich das Notwendigste
zum Überleben zu besorgen: „Kein
Geld, keine Arbeit, drei Kinder,
bitte.“ Seit 20 Monaten lebt sie in
Deutschland, ohne Einkommen,
ohne festen Wohnsitz, ohne
Krankenversicherung. Das Baby ist
in Hamburg zur Welt gekommen,
nach einer Risikoschwangerschaft
per Kaiserschnitt. Zur Geburt
reiste noch Ana Marias Mutter aus
Rumänien an.
Die Stadt hat die Familie befristet
in einem Billighotel am Stadtrand
untergebracht, fünf Personen auf
ein paar Quadratmetern. Zwischen
dem Mobiliar, bestehend aus einem
großen Bett und einer Babywippe,
stapeln sich Kleider, Koffer,
Plastiktüten, Essensvorräte. Wenn
Ana Maria mit dem Baby in die
Stadt fährt, bleibt die Mutter, die
kein Wort Deutsch spricht, mit
ihren beiden Enkeln allein im Hotel,
schaltet den Fernseher ein.
Versuche der Familie, in
Hamburg dauerhaft Unterstützung
zu beziehen, sind gescheitert:
Ana Maria Yoldaş kann nicht
nachweisen, dass sie nach Deutschland eingereist ist, um zu arbeiten.
Eine Einwanderung direkt in
die deutschen Sozialsysteme soll
es jedoch nicht geben – es ist
schon strittig, ob jemand, der
ausschließlich zur Arbeitssuche
kommt, hier Hartz IV beziehen
soll. Im Herbst will der Europäische
Gerichtshof darüber entscheiden.
Abseits
aller
juristischen
Feinheiten steht fest: Ana Maria und
ihre Familie brauchen Kleidung,
Geld für Lebensmittel, Wohnraum,
Fürsorge für die Kinder. Ihr
Schicksal wirft unbequeme Fragen
auf: etwa die, ob die deutsche
Gesellschaft bereit ist, Menschen
zu helfen, die dafür erst mal keinen
Gegenwert bieten können.
Im Fall von Ana Maria Yoldaş
und ihren Kindern muss diese Frage
womöglich nicht mehr beantwortet
werden. Ihre Bekannten haben
seit Tagen nichts mehr von ihr
gehört. Ob die Familie zurück
nach Rumänien gereist oder in
einer anderen deutschen Großstadt
untergetaucht ist, weiß niemand.
Im Speisesaal der Alimaus wurde
die junge Frau nicht mehr gesehen.
Die Alimaus liegt in Hamburg-St.
Pauli in unmittelbarer Nähe der
Reeperbahn und ist das zentrale
Projekt des Hilfsvereins St. Ansgar
e.V. Der Verein wurde 1993 von
der Gemeindereferentin Gabriele
Scheel und Pastor Alfons Rohtert
gegründet und finanziert sich
ausschließlich durch Spenden.
Schon früh wurden in die Arbeit
des Projkets Ordensgemeinschaften
eingebunden, um die Kontinuität zu
sichern. Leiterin der Alimaus ist die
Thuiner Franziskanerin Schwester
Clemensa Möller, die von weiteren
Schwestern und 200 Ehrenamtlichen
unterstützt wird. Die Alimaus
bietet nicht nur Aufenthaltsraum
und Essensausgabe für mittellose
Menschen, es gibt auch Kleider-
kammer, medizinischen Dienst
und Sozialberatung. Es existieren
also viele Parallelen zwischen
dem Haneberghaus und der
Alimaus, deswegen wollten wir
diesen eindrucksvollen Artikel
gerne abdrucken.
Unbequeme Fragen
Bruno Schrep
Mit freundlicher Genehmigung
des Spiegel, dort erschienen am
18. 8. 2014, Nr. 34/2014, S. 42
Nähere Informationen erhalten
Sie unter www.alimaus.de
Aktionen | 35
Chiemgauer Fastensuppe für das Haneberghaus
In Wildenwart bei Prien fand das traditionelle Fastensuppen-Essen am
Palmsonntag 2014 zugunsten unserer Obdachlosenhilfe statt.
Wildenwart ist ein kleines Dorf
in den Chiemgauer Voralpen und
gehört zur Gemeinde Frasdorf.
Hier steht etwas außerhalb des
Dorfes die weithin sichtbare
Pfarrkirche Christkönig mit ihrem
achteckigen Grundriss und dem
charakteristischen
Zwiebelturm,
die zusammen mit Pfarrheim,
Pfarr- und Friedhof ein schönes
Ensemble bildet. Vor allem aber
gibt es in Wildenwart, einem Teil
des Pfarrverbundes Prien, ein
aktives und buntes Gemeindeleben,
auf das Pfarrgemeinderat und
Kirchenverwaltung stolz sind.
Vielfältige Gruppen von Gläubigen
aller Altersgruppen engagieren sich
und tragen dazu bei, die Feste im
Kirchenjahr gebührend zu feiern.
Ein wichtiger Tag in Wildenwart
ist der Palmsonntag, mit dem die
„Heilige Woche“ begonnen wird.
Umrahmt von der Blaskapelle
Wildenwart segnet der Pfarrer in
der Schule die Palmbuschen und
Zweige, die an den Einzug Jesu in
Jerusalem erinnern. Nach Verlesung
des Evangeliums formiert sich die
Palmprozession zur Pfarrkirche
Christkönig, wo die heilige Messe
gefeiert wird.
Danach lädt der Wildenwarter
Pfarrgemeinderat traditionell zum
Essen der Fastensuppe ins Pfarrheim ein. Die meisten Gottesdienstbesucher lassen sich an
voll besetzten Tischen eine der
vielen selbstgemachten Suppen
schmecken und kein Gast muss
hungrig nach Hause gehen. Am
Palmsonntag 2014 ging der Erlös
für die Fastensuppen in Höhe von
540 Euro an die Obdachlosenhilfe
von St. Bonifaz. Mit weiteren
460 Euro aus dem Verkauf von
selbstgebastelten Osterkerzen kam
so eine Spende von insgesamt 1.000
Euro zusammen, die bei einem
persönlichen Besuch in München
überbracht wurde.
Drei Mitglieder vom Pfarrgemeinderat Wildenwart (Sieglinde
Fuihl, Rosemarie Anner und Rosi
Hötzelsperger) waren gemeinsam
mit Franz Riesinger als Vertreter
der
Kirchenverwaltung
nach
St. Bonifaz gekommen. Frater
Emmanuel bedankte sich von
Herzen für die Spende, zeigte
den Chiemgauer Gästen das
Haneberghaus und berichtete von
der wichtigen Arbeit, die auch dank
ihrer finanziellen Unterstützung
Tag für Tag für die Obdachlosen
von St. Bonifaz geleistet wird.
Es wäre schön, wenn noch
mehr Pfarrgemeinden und andere
Gruppen das Haneberghaus mit
Aktionen wie dem FastensuppenEssen unterstützen könnten.
Vera Schäfer
Fastensuppen-Essen am Palmsonntag in Wildenwart
Rosi Hötzelsperger, Sieglinde Fuihl, Fr. Emmanuel, Rosemarie Anne, Franz Riesinger (v.l.n.r.)
36 | Aktionen
Marmelade direkt aus dem Garten
Herr Dr. Müller, ein pensionierter Kinderarzt aus München, spendet uns seit
Jahren die köstlichsten Marmeladen aus seinem Garten im Bayerwald.
„Jo-Qui-Mar-Gel“ – Was ist denn
das? So etwas könnte auf einem
der zahlreichen Marmeladengläser
stehen, die Herr Dr. Müller
im Laufe der Jahre schon ins
Haneberghaus gebracht hat. Hinter
der scheinbaren Geheimformel
verbirgt sich die Abkürzung für
eine Marmeladen-Gelee-Mischung
aus Johannisbeeren und Quitten.
In dem großen Garten im
Bayerischen Wald, in dem der
Quittenbaum und die vielen
Johannisbeersträucher
stehen,
reifen auch noch andere Früchte,
darunter Stachelbeeren, Himbeeren,
Brombeeren und Jostabeeren.
Bis vor Kurzem stand da auch
noch ein Zwetschenbaum neben
der Mirabelle. Die Johannisbeersträucher tragen klingende Namen
wie „Heinemanns Rote Spätlese“,
„Rolonda“, „Traubenwunder“ und
mehr.
1978 hat Herr Dr. Müller
angefangen, seinen Garten anzulegen. Zwei Jahrzehnte lang hat
Herr Dr. Müller und seine Enkelin Cordula
er ihn nur an den Wochenenden
und im Urlaub versorgen können
und hat doch über die Jahre ein
Gartenparadies geschaffen, in dem
es vom Frühjahr an immer blüht. Im
Juni sind es allein neun verschiedene
Arten von Pfingstrosen, rote, gelbe
und weiße, frühe und späte, gefüllte
und gesprenkelte.
Er hat die Mühen gerne auf sich
genommen, der Garten war ihm
willkommener Ausgleich zu seiner
Arbeit als Kinderarzt. Vierzig Jahre
lang kümmerte er sich in seiner
Praxis in der Münchner Maxvorstadt
zusammen mit seiner Frau um
kranke Kinder und war auch für die
Katholische Jugendfürsorge und
deren Heime tätig.
Seit er 1998 seine Praxis aufgegeben hat, lebt Herr Dr. Müller
im Bayerischen Wald. Die tägliche
Gartenarbeit hält ihn jung. Lange
ist er dem Rasen ausschließlich
mit seinem zuverlässigen Spindelmäher zu Leibe gerückt; erst seit
letztem Jahr greift er auch zu einem
Akkumähgerät.
In seinem Bayerwald-Paradies
gibt es zwar keine Schlangen,
aber dafür sind Wühlmäuse und
Werren am Werk, die Blasenläuse
an den Johannisbeersträuchern und
die Schnecken im Gemüsebeet.
Der Quittenbaum, der schief
wuchs, wird gestützt, dass er
sich wieder aufrichten kann. Die
schöne Forsythie daneben, die
dem Obstbaum zu viel Wasser
wegnimmt, muss weichen –
strahlend gelbe Frühjahrspracht
hin oder her. Herr Dr. Müller setzt
sich ein für seine Früchte und
Früchtchen!
Bis wir sie als süße Marmelade
genießen können, ist es ein
gehöriges Stück Mühe. Aber Herr
Dr. Müller nimmt sie gerne und aus
Überzeugung auf sich – mir geht
es so gut hier, da möchte ich, dass
andere auch etwas davon haben!
Angela Demattio
Aktionen | 37
Andechser am Dom für das Haneberghaus
Festgottesdienst in St. Bonifaz – über 12.000 Euro für die Obdachlosenarbeit
der Abtei: Der Andechser am Dom wird 20 und Sepp Krätz wird 60.
Sein
20-jähriges
Jubiläum
feierte der Andechser am Dom
Mitte Oktober 2014 mit einem
Festgottesdienst in St. Bonifaz, den
Pater Valentin Ziegler zusammen
mit vielen Gästen und Freunden
der Andechser Gastlichkeit in
München feierte. Zugleich wurde
auch der 60. Geburtstag von Sepp
Krätz begangen und so schloss sich
ein gemütliches Beisammensein im
Andechser am Dom an. Anstelle
von Geschenken zeigten sich die
Geburtstagsgäste und die Familie
Krätz großzügig.
Über 12.000 Euro kamen
insgesamt für die Obdachlosenhilfe
im Haneberghaus der Abtei Sankt
Bonifaz zusammen. Fr. Emmanuel
Rotter, Leiter der Obdachlosenhilfe,
zeigte sich beeindruckt: „Das ist
ein deutlich sichtbares Zeichen
der Verbundenheit der Gäste des
Andechsers am Dom mit unseren
Gästen in der Obdachlosenhilfe.
Dieses Zeichen hilft uns helfen, das
Leben für Menschen ohne Obdach
in München Tag für Tag ein klein
wenig menschenwürdiger und
erträglicher zu machen.“
Bei seiner Predigt in Sankt
Bonifaz spannte Pater Valentin mit
Blick auf das Evangelium „Vom
Herrschen und Dienen“ (Lk 22)
den Bogen zwischen Jesus, der den
Jüngern und der Tischgemeinschaft
dient, und der Geschichte des
Andechsers am Dom:
„Christus selbst ist unter uns
wie einer, der bedient. Und er gibt
uns damit ein untrügliches Zeichen
mit auf den Weg, dass auch wir
immer wieder zum Dienst an den
Tisch gerufen sind, dass wir als
Christen auch niemals die vergessen
dürfen, die am Rande stehen, die
ausgegrenzt worden sind oder sich
selbst ausgegrenzt haben. (…)“
Nach dem Gottesdienst in Sankt
Bonifaz wurde im Andechser am
Dom auf die beiden Jahrzehnte
Andechser
Gastlichkeit
im
Einladung zum
Geburtstagsfest
zugunsten des
Haneberghauses
Herzen der Isarmetropole ebenso
angestoßen wie auf den 60.
Geburtstag von Sepp Krätz. Pater
Valentin, Frater Emmanuel und viele
Freunde des Andechsers am Dom
konnten sich an diesem Tag von
der herzlichen Gastfreundschaft
von Stefanie Krätz und ihrem Team
überzeugen.
Gerade im Rückblick auf die
erfolgreichen 20 Jahre, in denen der
Andechser am Dom zu einem der
wichtigsten Gastronomiestandorte
des Klosters gewachsen ist, sieht die
Klosterbrauerei die Entwicklung des
Andechsers positiv. Der Neustart
unter der Leitung von Stefanie Krätz
als alleiniger Geschäftsführerin
des Andechsers am Dom hat sich
gelohnt: „Wir waren vor einem
Vierteljahr überzeugt und sind
es heute nach wie vor: In dieser
Konstellation
sind
optimale
Voraussetzungen geschaffen, so
dass unsere Gäste auch in Zukunft
die typische Andechser Gastlichkeit
in München genießen können“, so
Christian Rieger, kaufmännischer
Leiter der klösterlichen Wirtschaftsbetriebe. Stefanie Krätz, Geschäftsführerin des Andechser am Dom:
„Mein Vater hat in 20 Jahren der
Andechser Gastlichkeit in München
ein unverwechselbares Gesicht
gegeben. Das ist eine schöne
Verpflichtung für unser ganzes
Team. Ich bin mir sicher, dass die
Erfolgsgeschichte des Andechser
am Dom gemeinsam mit dem
Kloster Andechs und seiner
Brauerei weitergehen wird.“
38 | Aktionen
Vielfältige Aktionen zugunsten unserer Arbeit
Engagierte Firmlinge, die großzügige Weitergabe eines unverhofften Gewinns
oder fleißige Handarbeiterinnen – es gibt vielfältige Formen, uns zu helfen
Die Firmlinge der Pfarreiengemeinschaft
Anhausen
und
Willishausen-Deubach
(Dekanat
Augsburg-Land) haben an Ostern
nach dem Gottesdienst selbstgefärbte Brotzeiteier verkauft und
dafür 245,50 Euro erlöst, die sie
der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
gespendet haben.
Dafür danken wir Franziska,
Josephine, Nele, Regina und
Veronika von Herzen!
Großes Gewinnspiel bei Galeria
Kaufhof „Wünsche werden wahr!“
Herzenswunsch
von
Rudolf
Schmelzer: ein regenundurchlässiger
Anorak, Hauptgewinnerin Monika
Peiker bat um Unterstützung
unserer Obdachlosenhilfe mit 5.000
Euro. Rudolf Schmelzer, Undine
Weidener, Geschäftsführerin der
Galeria Kaufhof Stachus, Monika
Peiker und Abt Johannes (v.l.n.r.)
1.000 Dank, Frau Peiker!
Die StudentInnen vom „Diakonischen Kaffeekränzchen“ am
Ausbildungszentrum für PastoralreferentInnen der Erzdiözese M
und FS haben gemeinsam mit einer
Gruppe aus Simbach am Inn fleißig
für unsere Gäste gehandarbeitet. So
konnten Katharina Eiblmeier und
Christina Binder an Weihnachten
2014 zahlreiche warme Socken
sowie farbenfrohe Mützen bringen.
Von Herzen Dank, gerne wieder!
Aktionen | 39
Ein Herz für Obdachlose
Das Gasthaus Boschner in Maitenbeth vermittelt ein Gefühl von Weihnachten
– ein Festessen, ein Päckchen und ein paar vergnügte Stunden
Frater Emmanuel Rotter von
der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
im Haneberghaus in München
hatte als Initiator angefragt und
Andi Dichtler, Wirt vom Gasthaus
Boschner in Maitenbeth (Landkreis
Mühldorf), hatte spontan zugesagt,
Obdachlose
aus
München
am Heiligabend kostenlos zu
verköstigen. Das ortsansässige
Busunternehmen V.I.M übernahm
den Transport von München
nach Maitenbeth und zurück. Die
katholische Frauengemeinschaft,
das Seniorenteam, die Nachbarschaftshilfe und die Abteilung Fitness
des FC Maitenbeth organisierten
für alle Weihnachtspäckchen.
Gegen Mittag trafen die 53
Obdachlosen aus München dann ein
und wurden mit Leberspätzlesuppe,
Schweinsbraten und Getränken
bewirtet. Charlie Willnhammer
sorgte mit seiner Ziehharmonika
für musikalische Umrahmung, die
Showtanzgruppe „Sweet Devils“
vom Schützenverein Alpenblick
Weihnachtsfeier für Obdachlose von St. Bonifaz im Gasthof Boschner, Maitenbeth
präsentierte als Überraschung ihr
Faschingsprogramm. Es war schon
beindruckend, die Dankbarkeit,
Herzlichkeit und Freude erleben
zu dürfen, welche diese oft als
Außenseiter unserer Gesellschaft
abgestempelten Menschen ausstrahlten und rüberbrachten. Es
war jedem einzelnen förmlich
anzusehen, wie sehr er diesen
Hauch von Weihnachten genoss,
ehe alle wieder den Weg zurück
in ihre gewohnte Umgebung
antreten mussten. Gegen 14:30 Uhr
bekam dann jeder noch eines der
vorbereiteten Weihnachtspäckchen
ausgehändigt, das alle sichtlich
gerührt entgegennahmen und
dann ging es wieder zurück nach
München. Was blieb, war bei allen
Beteiligten jede Menge Stoff zum
Nachdenken und Diskutieren
und eine völlig andere Sicht auf
Menschen, welche, aus welchen
Gründen auch immer, in diese
Situation hineingeraten sind.
40 | Aktionen/Presseecho
Für 170 Gäste warme Nächte
Das Haneberghaus war schon zum dritten Mal lokaler Partner in München für
die „Kältehilfe-Aktion“ der Firma Globetrotter Ausrüstung
Schon zum dritten Mal wurde
bei Globetrotter München im
Dezember Wärmendes für unsere
Obdachlosenhilfe
gesammelt:
170 Schlafsäcke, dazu Isomatten,
Schuhe und sechs Säcke voller
warmer Kleidung. Wir danken von
Herzen für diese Unterstützung!
Presseecho | 41
Viel Unterstützung auch im Haneberghaus für die
deutschen Jungs bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien
42 | Presseecho
Alle Jahre wieder:
Geschenke für
unsere Gäste
von den Kindern
des Katholischen
Kindergartens St.
Barbara in Pliening –
Von Herzen Dank!
BILD München, 20. März 2014, S. 13
Statistik | 43
Die Arztpraxis arbeitet am Limit
Wieder 5.000 Behandlungen an über 1.700 Patienten – 76% sind Männer, die
meisten zwischen 40 und 60 Jahre alt
,
Anzahl der Patienten:
Anzahl der Behandlungen:
1.737
4.999
Entwicklung
Die Gesamtzahl der Patienten und
Behandlungen ist etwa gleich hoch
wie im Vorjahr und zeigt, dass wir an
unserer Kapazitätsgrenze angelangt
sind. Immer wieder müssen wir
deshalb Patienten an andere Stellen
der medizinischen Versorgung
weiterverweisen.
Mehr als drei Viertel unserer Patientien
sind Männer.
Die Patienten kommen aus allen
Altersgruppen, der Schwerpunkt liegt
aber zwischen 40 und 60 Jahren.
Geschlecht
Männer
Männer
76%
76%
Frauen
Frauen
Frauen
24%
24%
24%
Männer
76%
Anzahl
Patienten
Altersverteilung
550
489
499
450
350
271
250
229
150
129
98
50
3
19
0-10
11-20
-50
Das Team der Arztpraxis
(v.l.n.r.):
Maria Fichtinger
Irmgard Hüttinger
Sr. Dr. Antonia Hippeli
Dr. Irene Frey-Mann
Bernadette Riederer
Waltraud Stettner
Sr. Ogmunda Gabler
Prof. Dr. Roswitha Thurmayr (verdeckt)
Fr. Stettner sen.
Prof. Dr. Hans Lauer
21-30
31-40
41-50
51-60
61-70
>70
44 | Statistik
45% unserer Patienten leben auf der Straße, 40% von ihnen sind ohne jede
Versicherung – 55% kommen aus dem Ausland
Unterkunftsstatus
45%
55%
Haben Schlafgelegenheit
Leben auf der
Straße
Versicherungsstatus
40%
60%
Mit Krankenversicherung oder
durch Sozialamt
Nicht versichert
Staatsangehörigkeit
55%
55%
Foto: Margret Paal
45%
45%
Deutschland
Deutschland
Ausland
Andere Länder
Statistik | 45
Immer mehr ohne Obdach, unversichert und aus anderen Ländern –
die Struktur unserer Patienten hat sich grundlegend verändert
Entwicklung Unterkunft
100%
80%
30%
25%
70%
75%
2006
2007
17%
22%
25%
29%
27%
71%
73%
2011
2012
41%
45%
59%
55%
2013
2014
60%
40%
83%
78%
75%
20%
0%
2008
2009
Bett
2010
Straße
Entwicklung Versicherungsstatus
100%
12%
13%
17%
80%
22%
24%
24%
28%
78%
76%
76%
72%
2009
2010
2011
2012
39%
40%
61%
60%
2013
2014
60%
40%
88%
87%
83%
20%
0%
2006
2007
2008
Versichert
Nicht versichert
Entwicklung Staatsangehörigkeit
100%
80%
25%
27%
27%
31%
33%
33%
40%
50%
55%
50%
45%
2013
2013
2014
2014
60%
40%
75%
73%
73%
20%
20%
0%
0%
2006
2006
2007
2007
2008
2008
69%
67%
67%
60%
2009
2009 2010
2010 2011
2011 2012
2012
Deutschland
Ausland
Deutschland
Andere
Länder
Entwicklung
Ein Blick auf die Veränderung im Zeitverlauf zeigt, dass die Struktur unserer
Gäste sich grundlegend verändert hat:
Heute leben 2,5-mal so viele unserer
Patienten auf der Straße wie in 2008,
verglichen mit 2006 sind mehr als
3-mal so viele ohne Versicherung und
2014 hatten erstmals deutlich über der
Hälfte der Menschen, die in unserer
Arztpraxis behandelt wurden, eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Diese tiefgehende Veränderung der
letzten Jahre ist zum Großteil auf
Zuwanderer aus (Süd-)Osteueropa
zurückzuführen, viele von ihnen aus
Ländern der letzten EU-Erweiterung,
die in öffentlichen Statistiken nicht
erscheinen, da sie nirgends registriert
sind.
Die Texte weiter vorne in diesem
Jahresbericht, z.B. S. 6, 10, 12 oder 34,
erzählen ihre Geschichten.
46 | Statistik
Unverändert großer Schwerpunkt bei inneren Krankheiten, aber auch Haut-,
Sucht-, chirurgische und psychische Probleme
Diagnosestatistik 2014
Anzahl
Innere Krankheiten
Herz-Kreislauf, Blut
Diabetes, Fett, Gicht
Lunge
Magen, Darm
Leber, Galle, Pankreas
Adipositas
Schilddrüse
Niere
Infektionskrankh., Grippe
Onkologisch
Rheumatisch
2.208
582
427
223
215
213
191
168
77
59
28
25
Hautkrankheiten
669
Sucht
576
Chirurgische Krankheiten
480
Psychisch
423
Neurologisch
222
Urologisch
123
Gynäkologisch
Weitere Diagnosen
HNO
Augenerkrankung
Zahnprobleme
Kopfschmerzen
27
362
211
83
40
28
Irmgard Hüttinger und
Fr. Dr. Irene Frey-Mann
im Einsatz
Foto: Margret Paal
Statistik | 47
Schließlich spielen vielfältige Pflegemaßnahmen in der Arztpraxis des
Haneberghauses eine wichtige Rolle
Pflegestatistik 2014
Fälle Pflegeversorgung
453
374
Einreibung
Fußpilzbehandlung
Kompressionsverband
421
139
349
Handbad
Fußbad
Fußpflege
Unterschenkelbad
Vollbad selbstständig
Vollbad mit Hilfe
Hilfe beim An- und Ausziehen
Entlausung
Krätze-Behandlung
Haare waschen
Haare schneiden
Bart schneiden
Rasur
Kleider richten, auch für KH
Socken
Schuhe
Brille
Medikamente richten
Entwurmung
Ohrspülung
102
387
149
3
54
36
24
7
10
32
7
6
3
243
433
206
65
356
1
12
Besuch im KH, Altenheim u.a.
Besuch ‚zu Hause‘
Suchen auf der Straße
Briefe ins Gefängnis, KH u.a.
Telefongespräch in KH u.a.
Verbandmaterial mitgegeben
Foto: Margret Paal
827
Große Wundbehandlung
Kleine Wundbehandlung
Behandlungsort außer Haus
Allerhand Utensilien
in der Arztpraxis
Anzahl
189
30
0
6
0
15
130
48 | Statistik
Wieder mehr Sozialberatungen
Mehr als 11% Zunahme bei den Beratungen des Sozialdienstes – und immer
mehr Gäste mit unklarem Unterkunftsstatus
Anmerkungen
2014AnteilVerände-
absolut
in %
rung gegen-
über 2013 Postadresse
Aufgrund der Vorgaben
Anzahl beratener Gäste 926 + 11,3%
Kontoliste 136
+ 2,3%
Postadresse 632+ 15,1%
Nationalität
Deutsch 34236,9+ 14,8%
EU, Mittel-/Osteuropa 395
42,7
+ 4,5%
davon Bulgarien
107
Rumänien
99
Polen
91
Ungarn
55
Sonstige
43
Sonstige EU
59
6,4
Sonstige 130 14,0
Unterbringungen 14
Unterkunftsstatus
Mit Unterkunft29031,3 + 7,0%
Überwiegend obdachlos30132,5 – 2,1%
Unterkunftsstatus unklar33536,2 + 45,2%
des Jobcenters München
werden Privatadressen
bei anderen Personen
nicht als Postadressen
akzeptiert. Dies führt dazu,
dass auch Personen, die im
eigentlichen Sinne nicht
akut wohnungslos sind, in
unserer Einrichtung eine
Postadresse haben.
Unterkunftsstatus
Unter ‚unklar‘ sind alle
Personen aufgeführt,
über die aufgrund von
Sprachproblemen,
wechselnder Unterkunftssituation oder
mangelndem Informationsstand keine eindeutigen
aktuellen Aussagen
getroffen werden können.
Altersstrukur
bis 25
47
5,1
26 - 2515616,8
26 - 5038741,8
51 - 6022324,1
ab 6111312,2
Geschlecht
Männlich78885,1
Weiblich13814,9
Bemerkungen zur Statistik des Sozialdienstes
• Nur ein kleiner Teil der Besucher des Haneberghauses (< 20%) will eine Sozialberatung.
• In dieser Statistik ist nur enthalten, wessen Grunddaten erfasst wurden, weil er beim Sozialdienst zur
Beratung war.
• Im Servicebereich des Haneberghauses (Essen, Bäder, Kleiderkammer) liegt der Anteil von Gästen aus
dem Ausland, v.a. Süd-/Osteuropa, erheblich höher, vermutlich bei etwa 80%.
Notizen | 49
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________
50 | Werbung
Impressum | 51
Impressum
Das Haneberghaus ist eine Einrichtung
der Benediktinerabtei St. Bonifaz
Karlstr. 34, 80333 München
Tel. 089/55 171 – 300
Fax
089/55 171 – 302
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.sankt-bonifaz.de
Herausgeber
Benediktinerabtei St. Bonifaz
Vertreten durch
Frater Prior Emmanuel Rotter OSB
Redaktion und Layout
Frater Prior Emmanuel Rotter OSB,
Dr. Vera Schäfer
Fotos
Margret Paal (auch Titelbild),
Benediktinerabtei St. Bonifaz
Frater Matthias Leidenberger OSB
Unser besonderer Dank gilt
Allen Autoren
sowie für den Druck:
Agentur Beckenbauer mit
F & W Mediencenter
Finanzielle Unterstützung,
die natürlich steuerlich abzugsfähig ist,
erbitten wir auf das Spendenkonto
Liga-Bank eG München
Konto Nr. 22 14 300
BLZ
750 903 00
IBAN
BIC
DE94 7509 0300 0002 2143 00
GENODEF1M05
Kennwort OFW (ohne festen Wohnsitz)
+ Kontoinhaber-/Adressinformationen
für Zuwendungsbestätigung
Öffnungszeiten des Haneberghauses
Pforte des Haneberghauses
Speisesaal
Ausgabe warmes Essen
Kleiderausgabe*
Bäderabteilung*
Arztpraxis*
Sozialdienst/-beratung*
* = außer an Feiertagen
Täglich 7 – 15 h
Täglich 7 – 12.30 h
Täglich 8 – 10 h
Mo/Di/Do/Fr 8 – 11.40 h
Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.40 h
Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.30 h
Mo – Fr 7 – 15 h
Wir haben keine Vorschriften
zu machen, sondern Türen aufzutun.
Frater Prior Emmanuel Rotter OSB
Kat
h.-v
on-
Bor
a-S
tr.
Obdachlosenhilfe im Haneberghaus
Benediktinerabtei St. Bonifaz
Karlstr. 34 80333 München
Tel. 089 /55171 – 300
[email protected]
www.sankt-bonifaz.de

Documents pareils