Muskeln aus der Dose

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Muskeln aus der Dose
Nahrungsergänzung für Sportler
Muskeln aus der Dose
Sport ist nicht nur gesund, Sport
ist auch ein blühender Geschäftszweig.
Beim Streben nach tüchtigen Gewinnen
blüht leider oft auch der Unsinn.
Universal Animal Pak: Prohormone, aber auch Erlaubtes
sind zu hoch dosiert.
Ultimate Nutrition 5-HTP:
Prohormone in dopingrelevanter Menge.
I
n Fitnessstudios, Spezialgeschäften,
aber auch im Internet werden sie
haufenweise angeboten: Nahrungsergänzungsmittel für Sportler. 72 Produkte haben wir uns genauer angeschaut, vor allem solche, die als Helfer
beim Muskelaufbau angepriesen werden. Besonders interessierte uns, ob verbotene Stoffe enthalten waren, speziell
Prohormone. Auch bewerteten wir die
enthaltenen Nährstoffe aus ernährungswissenschaftlicher Sicht.
Kaum verbotene
Substanzen
Nur 3 von 72 geprüften Produkten enthielten verbotene Substanzen. Zwei der
beanstandeten Proben, „Ultimate Nutrition 5-HTP“ sowie „Universal Animal
Pak“, enthielten dopingrelevante Prohormone, in „Ultimate Nutrition BCAA“
war ein Prohormon nachweisbar, allerdings nicht in dopingrelevanter Menge.
Hersteller sind Firmen mit Sitz in den
USA. „Universal Animal Pak“ wurde von
einem österreichischen Anbieter bezogen, die anderen beiden Produkte über
ein Internet-Unternehmen mit Sitz auf
der Isle of Man. In „Universal Animal
Pak“ fanden sich auch für fast alle ent-
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Konsument 4/2004
Ultimate Nutrition BCAA:
Prohormone, aber nicht in
dopingrelevanter Menge.
haltenen Mikronährstoffe Dosierungen,
die bisweilen mehr als das Zehnfache der
von der Wissenschaftern empfohlenen
Tagesmenge ausmachen.
Das muss zwar nicht immer gesundheitsgefährdend sein, ist aber jedenfalls
unnötig. Bei einigen Produkten gab es
Überschreitungen der Unbedenklichkeitsgrenze für einzelne Nährstoffe, darunter Vitamin B6 bei „Goldfield NitroForce HGH-Protein“, Zink bei „Ultimate
Nutrition ZMA“ und „Biotest ZMA“. Bei
einigen Produkten lag auch die Magnesiumdosierung über 350 mg pro Tag (Empfehlung der Ernährungsgesellschaften
von Deutschland, Österreich und der
Schweiz). Alle übrigen Produkte konnten
als unbedenklich oder zumindest nicht
gesundheitsgefährlich eingestuft werden.
Mittel,
die nichts bringen
Aber: Die Einnahme solcher Erzeugnisse
ist für all jene weitgehend sinnlos,
die nicht hauptberuflich Leistungssport
betreiben. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ambitioniertes Training in der Kraftkammer
oder für einen Marathon fällt nicht
darunter, auch wenn der Schweiß fließt.
Zur optimalen Proteinzufuhr für Sportler
existieren unzählige Studien mit teils
sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Aber: Generell ist die Proteinzufuhr mit
der üblichen Ernährung in unseren Breiten zu hoch. Es wird mehr Protein zugeführt, als – selbst bei extremem Training
– für den Aufbau von Muskelmasse
benötigt wird. Zusätzliche Mittel sind also vollkommen unnötig, ab einer Menge
von 4 Gramm pro Kilo Körpergewicht
drohen sogar Schäden durch die erhöhte Belastung der Nieren.
Ähnlich uneinheitlich ist die Lage bei
Aminosäurepräparaten. Für verzweigtkettige Aminosäuren gilt, dass sie die
Ausdauer steigern könnten, erwiesen ist
das nicht zweifelsfrei. Grundsätzlich
werden aber mit einer ausgewogenen
Nahrung ausreichend Aminosäuren
auch für sportliche Betätigung aufgenommen.
Die unterschiedlichen Auffassungen
über diese Mittel zeigen sich auch an den
Dosierungsempfehlungen der Hersteller.
Bei den Aminosäurepräparaten lagen die
Empfehlungen für die minimale Tagesdosis etwa zwischen 3 und 60 Gramm,
bei den Proteinen zwischen 20 und 300
Gramm.
Beachten sollte man auch den Energiegehalt. Bei den Proteinpräparaten lag er
bei etwa 300 bis 400 kcal pro 100 Gramm,
wobei die empfohlene maximale Tagesdosis bei „H.N.T.Fat Free Protein“ stolze
1135 kcal ausmachte, was etwa der Hälfte des gesamten Tagesbedarfs eines am
Schreibtisch arbeitenden Menschen entspricht! Auch die Kohlenhydratpräparate
kamen bei maximal empfohlener Tagesdosis vielfach auf Werte zwischen 500
und fast 900 kcal. Wer da nicht aufpasst,
könnte bald feststellen, dass nicht nur
die Muskeln, sondern auch die Fettpölster wachsen. Bei Preisen für die empfohlenen Tagesdosen von bis zu 10,80 Euro
heißt unser Rat für alle Freizeitsportler
daher: „Teure Nahrungsergänzungsmittel – nein, danke!“
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